Die Grotten von Necrandolas von -wolfsmoon- ================================================================================ Kapitel 9: Schlechte Nachrichten -------------------------------- Durch den Traumlostrank bekam Harry keine Albträume mehr, wodurch es ihm schon etwas besser ging. Zu seiner ersten Okklumentikstunde war Harry ein wenig nervös. Ihre letzte Unterrichtsstunde lag schon ein wenig zurück und sie hatte kein schönes Ende genommen. Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, klopfte der Grünäugige an die schwere Tür zu Snapes Büro. Kurz darauf war auch schon ein „Herein“ zu hören und Harry trat ein. „Sie sind ja ausnahmsweise mal pünktlich, Potter”, wurde er von seinem Tränkeprofessor begrüßt, der gerade das Denkarium ins Regal stellte. Harry schluckte und sah zu, wie die Oberfläche der Flüssigkeit blaue Muster auf die Regalwand warf. Snape drehte sich zu seinem Schüler und bemerkte dessen Blick, was bei ihm gleich wieder für schlechte Laune sorgte. „Sie lassen die Pfoten davon, verstanden?! Ich denke nicht mal Sie sind dumm genug, noch einmal so eine Aktion zu starten.” Sofort ging der Gryffindor an die Decke und sagte: „Sie glauben immer noch, dass mir diese Erinnerung Vergnügen bereitet hat, nicht wahr?” Wieder sah Snape kurz zu ihm, bevor er antwortete: „Warum wollen Sie das jetzt unbedingt ausdiskutieren? Ich habe damals gesagt, dass wir nicht mehr darüber sprechen werden und dass Sie es niemandem erzählen sollen. Woran Sie sich hoffentlich gehalten haben.” „Natürlich habe ich das, aber...” „Zu Ihrem Glück. Ich wüsste nicht, was es da weiter zu besprechen gibt”, versuchte der Tränkemeister die Unterhaltung zu beenden, doch er vergaß dabei den Dickkopf des anderen. „Warum wollen Sie mir eigentlich nicht zuhören? Und vor allem nicht glauben?” „Und warum können Sie einige Dinge nicht einfach auf sich beruhen lassen und froh darüber sein, dass es für Sie noch keine großen Folgen hatte?” „Warum weichen Sie mir durch eine Gegenfrage aus?” „Das tue ich gar nicht.” „Und ob Sie das tun.” „Potter!” Schnaubend sah der Gryffindor zu Snape, der ihn mit seinen Blicken offenbar einschüchtern wollte. „Na also, Sie können ja auch mal ruhig sein”, sprach der Tränkemeister nach einer kurzen Stille. „Wenn Sie so weitermachen können Sie gleich wieder gehen. Falls Sie es schon vergessen haben sollten, machen wir diesen ganzen Aufwand nur, um Ihnen zu helfen. Ich kann mir den Abend wesentlich schöner vorstellen, als Ihnen Unterricht zu geben.” Sich geschlagen gebend verschränkte der Gryffindor die Arme. „Also”, setzte Snape an, als er sich sicher war, dass Harry endlich Ruhe gab. „Den Ablauf des Unterrichts kennen Sie ja bereits: Ich werde in ihren Geist eindringen und Sie versuchen mich irgendwie abzuwehren. Außer mit Schildzaubern.” „Ist mir klar.” „So, bereit machen”, sagte Snape während er den Zauberstab auf Harry richtete. „Eins... Zwei... Drei, Legilimens.” Harrys Sicht verschwamm für einen kurzen Moment, ehe er seine Vergangenheit vor sich sah. Er war wieder mit den Dursleys und Piers im Zoo vor dem Eisstand...die Frau fragte ihn lächelnd, was für ein Eis er wolle und widerwillig kaufte Tante Petunia ihm das billigste Eis...... Er lag in seinem Zimmer auf dem Bett...vor seinem Fenster waren Gitter angebracht und die Tür war verriegelt...Tante Petunias Hand erschien in der Katzenklappe, die eine Schüssel voll kalte Dosensuppe abstellte...halb verhungert stürzte Harry sich darauf und gab Hedwig das Grünzeug...Hedwig sah ihn angewidert an...... „Ich schließe dich ein - Du gehst nie wieder in diese Schule zurück – nie – und wenn du versuchen solltest dich hier herauszuzaubern – dann werfen sie dich dort raus.”²...... „Und du?”, war erneut Onkel Vernon zu hören und Harry antwortete gelangweilt: „Ich bin in meinem Schlafzimmer, mache keinen Mucks und tu so, als ob ich nicht da wäre.”²...... Er war neun Jahre alt und rannte so dicht an einer Schaukel vorbei, dass das darauf sitzende Kind fast herunterfiel...Harry achtete nicht darauf, sondern sah nur panisch hinter sich, um festzustellen, dass Dudleys Gang immer noch hinter ihm war...... Er saß in seinem Schrank und zupfte eine Spinne von seinen Socken...... Onkel Vernon sah mit rot angelaufenem Kopf wütend zu dem siebenjährigen Harry, holte aus und schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass er hinfiel...Harry wurde wieder gepackt, vom Boden aufgehoben und... 'Nein! Das will ich nicht sehen! Er soll es nicht sehen! Das braucht ihn gar nicht zu interessieren!', dachte Harry auf einmal und das Bild verschwamm. Langsam konnte er Snape erkennen, der nun den Zauber löste und den Gryffindor mit erhobener Augenbraue ansah. Der Grünäugige war währenddessen auf die Knie gesunken und atmete schwer. Für kurze Zeit war es still, da Harry noch zu atemlos war und Snape mit sich rang. Harry sah auf und stellte verwundert fest, dass Snape ein wenig blass aussah. Hatte ihn diese Erinnerung so sehr geschockt? Besagter drehte sich zur Seite und nahm einen Schluck aus dem Glas, welches auf seinem Schreibtisch stand. Unschlüssig öffnete er den Mund, um ihn dann nur wieder zu schließen, ohne einen Ton gesagt zu haben. Währenddessen rappelte sich der Gryffindor auf und setzte sich einfach in den nächsten Sessel. „Kam so etwas öfter bei Ihnen zu Hause vor?”, wurde auf einmal leise gefragt und Harry sah erstaunt auf. Der Slytherin hatte bei seiner Frage nicht aufgeblickt, sondern stand immer noch an seinem Schreibtisch mit dem Glas in der Hand. Der Brillenträger sah auf seine Hände und überlegte, ob er antworten sollte. Schließlich sagte er leise und knapp: „Nicht in diesem Ausmaße.” „Und das Ausmaß wäre...?”, bohrte der Tränkemeister weiterhin mit ruhiger Stimme. Fragend sah der Grünäugige auf, weil er erstens das Gefühl hatte auf dem Schlauch zu stehen und zweitens, weil Snapes Tonfall so außergewöhnlich war. Er hatte seinen Professor noch nie so ruhig, ernst und ohne jeglichen Spott oder Vorwurf reden hören. Mit einem kurzen Seitenblick bemerkte Snape Harrys fragenden Blick und half nach: „Die Erinnerung war noch nicht zu Ende, stimmt's?” „N-Nicht... ganz”, antwortete Harry zögernd, runzelte verwundert die Stirn und stellte fest, dass sich Snapes Griff ums Glas so stark festigte, dass seine Knöchel weiß wurden. Ansonsten war jedoch keine Regung zu erkennen. „Warum fragen Sie mich das überhaupt? Das ist allein meine Sache.” Der Gryffindor wusste, dass er gerade ziemlich respektlos war, aber er hatte wirklich keine Lust über diesen Vorfall zu reden. „Sie haben Recht, es geht mich nichts an”, antwortete Snape kurz darauf und nahm noch einen letzten Schluck aus dem Glas, um sich dann wieder seinem Schüler zuzuwenden. Harry verstand nun gar nichts mehr. Zuerst zeigte Snape so ein Interesse an seinem Leben und das ohne Spott, dann ging er auf keine Provokationen ein und dann gab er dem Jüngeren auch noch Recht. Wo war der alte Snape geblieben? „Die Pause war lang genug. Starten wir den nächsten Versuch”, begann der Tränkemeister und stellte sich mit erhobenem Zauberstab vor Harry. Dieser stand langsam auf und sah seinen Lehrer an. „Legilimens”, sprach Snape auch schon und Harrys Sicht verschwamm. Er saß im Hogwartsexpress Ron gegenüber...in der Tür standen die Weasley-Zwillinge und sprachen ihn an: „Harry, haben wir uns eigentlich schon vorgestellt? Fred und George Weasley. Und das hier ist Ron, unser Bruder. Bis später dann.”(1)...... Harry saß im Auto... „Ich habe von einem Motorrad geträumt. Es konnte fliegen.”...Onkel Vernon machte eine Vollbremsung und drehte sich mit rot angelaufenem Gesicht zum Rücksitz... „MOTORRÄDER FLIEGEN NICHT!”(1)...... Harry lag auf seinem Bett und Onkel Vernon stand in seinem besten Anzug im Türrahmen... „Wir gehen aus.” - „Wie bitte?” - „Wir, das heißt deine Tante, Dudley und ich, wir gehen aus.” - „Schön.” - „Du bleibst in deinem Zimmer während wir weg sind.” - „Okay.” - „Du rührst den Fernseher, die Stereoanlage und auch keine anderen Sachen von uns an!” - „Gut.” - „Du stiehlst kein Essen aus dem Kühlschrank.” - „Okay.” - „Ich schließe die Tür ab.” - „Tu das.”...argwöhnisch verschwand Onkel Vernon und schloss ab³...... Harry flog Diggory hinterher, um den Schnatz noch vor ihm zu bekommen, als auf einmal der Ton abgestellt wurde...da sah er auf einmal Dementoren unter sich...... Vor Harry hockten Lupin und Sirius vor dem Kamin und unterhielten sich mit ihm...Lupin sprach: „Ich möchte nicht, dass du deinen Vater nach dem beurteilst, was du dort gesehen hast, Harry. Er war erst 15...” - „Ich bin auch 15”, warf Harry ein...Sirius sprach weiter: „Sieh mal Harry. James und Snape haben einander gehasst, seit sie sich zum ersten Mal gesehen hatten, es war eben so, das kannst du doch verstehen, oder?”... Harry spürte, dass die Erinnerung immer deutlicher und detaillierter wurde. Was war das? Bohrte Snape etwa weiter nach? Das muss es wohl sein. Ihn interessierte diese Erinnerung und er wollte sie komplett sehen. Egal wie sehr Harry sich anstrengte, er konnte nicht verhindern, dass sich diese Szene klar und deutlich vor ihm abspielte. ...Harry argumentierte weiter: „Aber er hat Snape ohne richtigen Grund angegriffen, nur weil – also, nur weil du sagtest, du würdest dich langweilen.” - „Darauf bin ich nicht stolz”, erwiderte Sirius... „...wenn sie sich da manchmal ein bisschen haben hinreißen lassen...” - „Wenn wir manchmal arrogante kleine Hohlköpfe waren, meinst du”, fiel Sirius Lupin ins Wort... „Mir kam er wie ein ziemlicher Idiot vor”, sprach Harry... „Natürlich war er ein ziemlicher Idiot! Wir waren alle Idioten!...”, konnte man Sirius hören, „...Im Alter von 15 sind eine Menge Leute Idioten. Er ist da rausgewachsen.”.... „Ja, schon gut”, würgte Harry seine Entschuldigungen ab, „Ich hätte nur nicht gedacht, dass mir Snape jemals Leid tun würde.”³ Abrupt hörte die Erinnerung auf und Harry lag auf dem Boden. Snape hatte sehr lange und tief gebohrt, mehr als sonst und das hatte dem Gryffindor seine gesamte Kraft gekostet. Schwer atmend lag er da, mit leicht zuckenden Armen und Beinen aufgrund der extremen Überanstrengung der Muskulatur. Kurz überlegte Snape, ob er den Bengel da liegen lassen sollte, doch dann ging er um seinen Schreibtisch herum und holte aus dem Regal eine kleine Phiole, gefüllt mit einem grünlich-braunen Gebräu, und ging damit zum Gryffindor. Neben ihm hockte er sich hin, öffnete die Phiole und hielt sie dem Jüngeren an den Mund. Harry zögerte kurz, ehe er den Trank freiwillig schluckte. Sofort verzog er das Gesicht und hätte das Zeug am liebsten gleich wieder ausgespuckt. „Was eklig schmeckt hilft”, kommentierte Snape Harrys Reaktion nur und ging wieder zum Schreibtisch, um die Phiole wegzustellen. Am liebsten hätte der Brillenträger jetzt einen bissigen Kommentar abgegeben, doch er wollte den Professor nicht schon wieder reizen. Langsam beruhigten sich seine Extremitäten und er machte einen vorsichtigen Versuch, sich mit den Armen abzustützen. Das schien ganz gut zu klappen und so schaffte er es, sich zittrig auf den Sessel zu ziehen. „Da sehen Sie, was es für Folgen hat, wenn Sie ihren Gegner zu tief in Ihrem Gedächtnis schnüffeln lassen”, fing Snape wieder an, was in Harry die Wut hochkochen ließ. „Schnüffeln ist das richtige Wort”, murmelte der Gryffindor leise vor sich hin, doch Snape überhörte das nicht. „Bei der Legilimentik gibt es keine Privatsphäre. Es ist Ihre eigene Schuld, wenn Sie mich an solche Erinnerungen heranlassen.” „Sie haben sich doch speziell diese Erinnerung herausgesucht”, erwiderte Harry etwas müde. Zum Streiten war er eigentlich viel zu erschöpft und sein Schädel pochte fürchterlich. Harry sah zu seinem Lehrer auf, doch dieser erwiderte den Blick nicht. Stattdessen stieß der sich von seinem Schreibtisch ab und sprach: „Jetzt, wo Ihre Muskeln sich wieder beruhigt haben, können Sie verschwinden. Die nächste Stunde ist nächste Woche Donnerstag um die selbe Uhrzeit.” Damit schien für ihn das Gespräch beendet zu sein. Der Brillenträger seufzte lautlos und nickte dann. Zittrig stand er auf und mit einem grummelndem „Gute Nacht, Professor“ verließ er das Büro.   Die Wochen vergingen und der Okklumentikunterricht war nicht ganz so schlimm, wie der Gryffindor befürchtet hatte. Betonung auf 'nicht ganz so schlimm'. Er versuchte jeden patzigen Kommentar zu vermeiden und Snape schien dafür die Anzahl seiner Sprüche etwas zu regulieren. Vielleicht lag diese Veränderung aber auch daran, dass Snape das Gespräch mit Sirius und Lupin gesehen hatte. Jedenfalls verkniff sich Snape einige Kommentare und ließ Harry sogar Pausen zwischen den Versuchen, wenn er gute Laune hatte. Voldemort hatte bisher keinen Versuch mehr gestartet Harry zu kontrollieren und obwohl der Gryffindor ganz froh darüber war, verwunderte es ihn ein wenig. Er dachte schon, dass es nun endgültig aufgehört hatte, doch gerade heute Vormittag in der zweiten Pause wurde er eines besseren belehrt. Harry hatte sich gerade mit Ron und Hermine in eine ruhige Ecke des Schulgeländes zurückgezogen, als seine Sicht plötzlich verschwamm. Er befand sich auf einmal auf einer Straße vor einem Gebäude, das von Todessern gestürmt wurde. Die Vorderseite war bereits komplett eingestürzt und aus den restlichen heilen Fenstern kamen hohe Flammen zum Vorschein. Vereinzelt kamen Männer und Frauen aus dem brennenden Gebäude und lieferten sich dabei einen Kampf gegen die Todesser. Doch das interessierte ihn weniger. Er wartete auf eine bestimmte Person, die auch schon bald auftauchte: Ein maskierter Todesser kam von der rechten Seite um das Gebäude herum und kniete sich vor ihm nieder. „Herr, wir haben ihn. Die Mission ist erfüllt”, sprach der Todesser unterwürfig und schon brach Harry in schallendes Lachen aus. „Harry! Harryy!”, hörte der Gryffindor auf einmal eine vertraute Stimme. Verwundert blinzelte er und sah nach einigen Versuchen Hermines Gesicht vor sich. „Hermine, was...?”, begann er, doch dann fiel ihm auf, dass er auf dem kalten Steinboden lag, Ron und Hermine neben ihm kniend. „Du bist gerade voll abgegangen! Was war denn los?“, versuchte Ron zu erklären und langsam dämmerte es ihm. „Du hast wieder was gesehen?!” Anstatt zu antworten setzte Harry sich erstmal hin und versuchte seine Gedanken zu sortieren. Ja, er war wieder in Voldemorts Kopf gewesen. „J-Ja, ich glaube schon”, antwortete Harry endlich und stand auf. „Und?!”, fragte Ron neugierig nach und Hermine sah auch nicht gerade desinteressiert aus. „Da war ein brennendes Gebäude. Jemand sagte die Mission sei erfüllt und darüber hat sich Voldemort gefreut. Es schien sehr wichtig gewesen zu sein.” „Was für eine Mission?”, hakte Hermine stirnrunzelnd nach. „Ich weiß es nicht”, Harry kratzte sich am Hinterkopf, „Er sagte was von... er sagte sie hätten ihn.” „Ihn? Was meinen die damit?” „Keine Ahnung”, sagte Harry schulterzuckend. In dem Moment läutete die Schulglocke und Harry sah überrascht auf. „Wir sollten uns beeilen”, meinte Hermine und ging zurück ins Schulgebäude. Die anderen beiden folgten ihr nachdenklich. Zum Glück hatte niemand diesen Vorfall bemerkt und so wurde Harry nicht mit Blicken durchbohrt oder ausgefragt. Er hatte also die ganze Unterrichtsstunde Zeit sich Gedanken zu machen. Doch die Informationen waren einfach zu wenig, um eine vernünftige Schlussfolgerung ziehen zu können. Als es zur Mittagspause läutete, machte Harry sich mit seinen beiden Freunden auf den Weg zur Großen Halle. Ihm war ein wenig mulmig. Voldemort hatte irgendetwas oder irgendwen bekommen, was ihn unheimlich glücklich machte und das war kein gutes Zeichen.   „Der Traumlostrank scheint bei ihm wahre Wunder bewirkt zu haben”, stellte Syndia fest, als sie Harry vom Lehrertisch aus beobachtete, doch der Tränkemeister sah skeptisch drein. „Selbst wenn, die Phiole müsste bereits leer sein und noch mehr kann ich ihm von dem Trank nicht geben, das wäre zu gefährlich. Er wird sich jetzt also wieder mit seinen Träumen herumschlagen müssen.” „Wir werden sehen, wie er sich schlägt. Wie läuft es denn mit dem Okklumentikunterricht?” Ihr Bruder warf ihr kurz einen Seitenblick zu, ehe er sich wieder seinem Essen zuwandte. „Was glaubst du denn wie es läuft? Potter hat überhaupt kein Talent dafür. Er scheint im allgemeinen absolut talentfrei zu sein”, grummelte er in seiner typischen Art. Die Hexe wollte protestieren, doch auf einmal stockte sie und griff sich an ihr linkes Handgelenk. Mit hochgezogener Augenbraue sah ihr Bruder auf ihren Arm. Syndia zog den Ärmel hoch und zum Vorschein kam ein Armband, das leicht glühte. „Was...?”, setzte der Slytherin an, doch er wurde von seiner Schwester unterbrochen. „Das ist ein Notsignal”, flüsterte Syndia schnell und zog den Ärmel wieder runter. „Ich muss los und mit meinem Chef sprechen.” Kaum hatte sie das ausgesprochen, war sie auch schon aufgesprungen und verschwunden. Etwas irritiert sah Severus ihr nach.   Nach dem Essen machten sich Harry, Ron und Hermine auf den Weg in die Kerker, da sie jetzt Zaubertränke hatten. Gerade als Snape in Sichtweite kam, ging Levin vom anderen Gang her auf die Gruppe zu. Sie hatte mal wieder ihre typische snapesche Maske aufgesetzt und ging schließlich an den Schülern vorbei. „Guten Tag, Professor”, grüßte Hermine sie höflich, doch sie erhielt nur ein stummes Nicken von der Lehrerin. Stirnrunzelnd sahen die drei Gryffindors ihrer Lehrerin hinterher, die nun auf Snape zuging, der verwundert stehenblieb. Levin trat ganz dicht an ihn heran und griff nach seiner Hand. Dann ging sie den Gang hinunter, aus dem Snape gerade gekommen war und zog den Tränkemeister hinter sich her. „Gehen Sie schonmal in die Klasse. Es wird aber nichts angerührt, verstanden?!”, rief Snape der Klasse noch zu und folgte dann seiner Schwester. Die Schüler sahen sich fragend an und kamen der Aufforderung nur zögernd nach. Was war das denn gerade? So eine Aktion hätten sie von ihrer Lehrerin nie erwartet und es passte auch nicht zum Tränkeprofessor, dass er das einfach mit sich machen ließ.   Severus war schon fast bei seinen Schülern angekommen, als Syndia ihm entgegenkam. Sie ging direkt auf ihn zu und er blieb verwundert stehen. Er erkannte sofort, dass mit ihr irgendetwas nicht stimmte. Seine Schwester kam so dicht an ihn heran, dass sie sich fast an den Schultern berührten. Dann griff die Hexe nach seiner Hand und flüsterte ein kaum hörbares „Sev”. Viel lauter hätte sie wahrscheinlich auch gar nicht sprechen können, denn ihre Stimme war unheimlich dünn und zerbrechlich. Der Slytherin war sofort alarmiert. Irgendetwas schreckliches musste passiert sein. Syndia zog ihn nun den Gang hinunter, aus dem er gekommen war. Er drehte sich noch einmal um, um den Schülern Anweisungen zu geben und folgte dann der Schwarzhaarigen. Severus bemerkte, dass Syndia mit ihm in sein Büro gehen wollte, da es näher war als ihres. Dort angekommen öffnete die Hexe schnell die Tür und ihr Bruder ging hinterher. Die Tür war noch gar nicht richtig zu, da schmiss sich Syndia schon gegen Severus' Brust und fing an zu weinen. Der Tränkeprofessor schloss sie etwas hilflos in die Arme und streichelte ihr beruhigend den Rücken. „Was ist los?”, fragte er ungewöhnlich sanft nach, doch Syndia war noch nicht in der Lage etwas zu sagen. Einige Minuten lang standen sie einfach nur da und die Schwarzhaarige beruhigte sich ein wenig. Schließlich löste sie sich von ihrem Bruder und wischte ihre Tränen weg, doch es kamen immer wieder neue. „Was ist passiert?”, fragte Severus erneut nach. Nach einem kurzen Zögern fing Syndia stotternd, schniefend und mit zittriger Stimme an zu erklären: M-mein Chef... er sagt, dass...”, weiter kam sie nicht, denn erneut fing sie an zu weinen. Severus nahm seine Schwester wieder in die Arme, welche ihr Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub und leise schluchzte. „Vol- Voldemort hat...”, begann die Hexe nach einigen Augenblicken in Severus' Robe zu nuscheln. Sie atmete einmal tief durch und sah wieder zu ihrem Bruder auf. Dieser dirigierte sie nun langsam zum Sessel, der vor dem Kamin stand und Syndia setzte sich brav hin, während sich Severus neben den Sessel hockte. „Er...”, begann Syndia wieder, „Er hat... herausgefunden, w-wo unser H-Hauptquartier ist.” Die Augen des Tränkemeisters weiteten sich, als er eine dunkle Vorahnung hatte. „D-Die Todesser haben das... Gebäude gestürmt. Es w-war ein Überraschungsangriff. Zu-Zuerst dachten d-die andern... dass die T-Todesser einfach nur d-das Hauptquartier... zerstören wollten, aber... ihr eigentliches Z-Ziel war...”, wieder stoppte Syndia und versuchte, sich in Griff zu bekommen. „S-Sie sind in die Wohnquartiere eingedrungen.” Verzweifelt sah Syndia ihren Bruder an, der sich in seiner Vermutung bestätigt fühlte. „Wie geht es deiner Familie?”, fragte der Tränkemeister vorsichtig nach. Kurz zögerte die Hexe, doch dann sah sie auf ihre Hände und sagte: „M-Mein Mann... ist im Krankenhaus. O-Ob er... überlebt, wissen die Heiler n-nicht.” Beruhigend strich Severus ihr über den Rücken, doch er ahnte, dass das noch nicht alles war. „Und dein Sohn?” Die Schwarzhaarige schloss die Augen und ihr lief stumm eine Träne hinunter. „Luca wurde...”, nun sah sie ihren Bruder wieder an, „wurde entführt.” Severus setzte sich auf die Sessellehne und zog Syndia in eine Umarmung, welche wieder in Tränen ausbrach. „Ganz ruhig. Wir werden ihn finden”, versuchte Severus seine Schwester zu beruhigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)