Leave Time For Love von Aphrodi ================================================================================ Umi no Hi - Marine Day (3) -------------------------- Als Sakuma zu ihrem Platz zurückgekehrt war, staunte er nicht schlecht. Die Jungs hatten einen kleinen quaderförmigen Grill angefacht, auf dem die Kohle allerdings noch nicht ganz zu glühen begann. Beklagen würde er sich über die Idee natürlich nicht, sein Magen hatte beschlossen, dass sie sogar wundervoll war. Und grillen am Strand hatte was.   „Yo, Sakuma! Komm her und guck dir das an!“, tönte es von Tsunami herüber, als Angesprochener sich gerade sein Handtuch vom Boden aufsammelte und es ein wenig ausklopfte, um sich abzutrocknen.   „Huh?“   „Komm schon!“   Mit leichter Skepsis ging er zu Tsunami und hockte sich zu ihm – ungeachtet dessen, dass er gerade mit seiner nassen Badeshorts die Decke voll tropfte, die sie zum gemeinsamen Sitzen ausgebreitet hatten. Ein kurzer Blick ging zu Kidou, noch bevor er auf das fremde Handy schaute, das ihm so penetrant vors Gesicht gehalten wurde.   Tachimukai. Tachimukai in ein Yappi gehüllt, um ihn herum noch andere, die Sakuma allerdings nicht kannte.   „Macht er sich nicht gut in dem Aufzug?“, fragte Tsunami grinsend, seine Stimme klang von einem Hauch stolz begleitet nur noch euphorischer. „Zugegeben, ein paar Muckis mehr würden ihm gut tun, aber das kommt noch! Er wird noch groß und kräftig.“   Bei seinen letzten Worten zog Tsunami das Handy zurück und sah sich das Foto selbst noch einmal an, das riesige Grinsen überzog dabei sein halbes Gesicht. Wie recht er mit der Annahme hatte, ahnte Tsunami heute natürlich nicht.   „Ist das von heute?“   „Ja! Ich hatte eigentlich gehofft, dass er auch kommen könnte, aber er ist in Fukuoka eingespannt. Macht aber nichts. Dafür kommt er nächste Woche für ganze 10 Tage!“   Sakuma hob eine Augenbraue an, sein Blick wurde ein bisschen skeptischer. Offenbar standen sich die zwei immer noch ziemlich nahe oder Tsunami freute sich über jeden Besucher so sehr. Vermutlich nicht, denn dass er und Tachimukai eine besondere Verbindung miteinander hatten, war ihm schon bei der Football Frontier International nicht entgangen. Er selbst hatte gar keinen Kontakt mehr zu denen, die er bei dem Turnier damals getroffen hatte. Weder zu den Italienern, noch zu seinen alten Mannschaftskollegen, wenn die nicht gerade auf seine Schule gingen und das taten doch überraschend viele.   Schuld daran war Kidou gewesen, der unbedingt weiterhin mit Gouenji und Endou auf die selbe Schule gehen wollte. Und jetzt war er da – mit Genda und Fudou – wobei sich der Rest von Teikoku irgendwo anders tummelte. Seine alten Freunde. Vielleicht war er bei all dem hier nicht besser gewesen als Kidou, der egoistischerweise seine alten Freunde hinter sich gelassen hatte – nicht zum ersten Mal.   Jetzt, wo Sakuma sah, dass es auch Freundschaften gab, die sich über eine Distanz von mehr als 1000 km hielten, fühlte er sich mies. Er bereute es und wollte versuchen, in den anstehenden Ferien zu versuchen, das wieder zu kitten, was er in den letzten Monaten fahrlässig zerstört hatte.   Erst eine Bewegung holte Sakuma aus seinen tiefen Gefühlen voll von Reue. Zu seinem Entsetzen musste er feststellen, dass Genda wieder da war – er hatte es gar nicht bemerkt – und dass Kidou und Otomura aufgestanden waren. Gemeinsam entfernten sie sich von ihrem kleinen Lager. Sakuma spürte einen Drang aufzustehen und ihnen nachzulaufen, aber sein Körper reagierte nicht. Er war immer noch mitgenommen von seinen letzten Gedanken – träge und antriebslos.   „Lauft lieber nicht zu weit weg, sonst essen wir hier alles alleine!“, drohte Tsunami scherzend, während er den kleinen Grill mit Fleisch und Schaschlikspießen vollpackte. Wie viel davon allerdings wirklich nur ein Spaß war, war fraglich, schließlich gab es beim BBQ nur ein Regel: Iss so viel du kannst, bevor es ein anderer tut!   „Wohin gehen die?“, fragte Sakuma ganz und gar nicht glücklich mit der Situation und starrte ihnen regelrecht hinterher, doch das brachte ihm auch nicht die erhoffte Information. Genda schwieg ihn mit ernster Miene an, wodurch er seinen Blick automatisch eine Antwort fordernd zu Tsunami wechselte.   „Huh? Wer weiß das schon“, begann der schließlich heiter und wedelte mit den großen Stäbchen in seiner Hand, die er dazu benutzte, das Fleisch auf dem Grill zu wenden. „Hier gibt es viele schöne Orte, an denen man ungestört sein kann.“   „Ungestört?“, fragte Sakuma unglaubwürdig und die Alarmglocken in seinem Kopf begannen zu läuten. Sie würden doch nicht etwa-?!   „Klar! Ich hab Otomura lange genug gesagt, er soll seine Chance nutzen, wenn sie da ist. Entweder man schafft es, die Welle zu reiten, oder man scheitert bei dem Versuch. Aber wenn man sich von vorn herein nicht traut, wird man das Meer nie bezwingen!“   „W-Was?“   „Ihr müsst wissen, Otomura hat es auf seinen Tanabata-Zettel geschrieben. Eigentlich guck ich ja nicht, aber es hat sich zufällig so ergeben, da hab ich es gesehen. Ich möchte Kidou noch einmal wiedersehen, stand da! Und da hab ich gedacht, hey, ich lad ihn hier her ein. Cool oder? Das macht mich zu einem Amor der See!“   Sakumas Gesicht war wie versteinert, dafür brodelte es in seinem Inneren wie verrückt. Panik, Angst, Eifersucht. Ein abscheuliches Gemisch aus Emotionen machte sich in ihm breit und überforderte ihn so weit, dass er kaum mehr klar denken konnte. Es war so als bewegte sich sein Körper von ganz allein, während er aufstand, doch losrennen konnte er nicht. Eine Hand hatte sich fest um sein Handgelenk geschlungen und ließ es nicht zu, dass er lospreschte. Mit Schock und Wut in seinen Augen lodernd sah er herunter zu dem Übeltäter, der ihn nicht gehen lassen wollte. Als er Genda in das strenge Gesicht sah, zogen sich die Augenbrauen nur noch tiefer und enger zusammen, sein Mund verzog sich zu einem dünnen Strich.   „Lass mich los, Genda!“   „Nein.“   Die verdächtig ruhige, aber betonte und ziemlich knappe Antwort, veranlasste Sakuma dazu, wild an seinem Arm herumzureißen. Auch seine Stimme wurde heller und kratziger. Die orangefarbenen Augen glühten förmlich unheilvoll.   „Ich sag es noch einmal. Lass los, sonst-!“   „Du wirst ihnen nicht nachgehen“, war die eindringlich ruhige Antwort von Genda, der seinem Blick stand hielt, mit dunklen Augen, die fest auf Sakuma gerichtet waren. „Mach das Kidou nicht mit deinem Egoismus kaputt.“   Der Spruch saß und schmerzte viel mehr als jeder Schlag, den Genda hätte austeilen können. Und weil geschlagene Hunde beißen, feuerte Sakuma zurück: „Du bist der schlechteste Freund, den man haben kann!“ Er riss sich von der Hand los, die ihn plötzlich gar nicht mehr richtig festhielt und rannte wütend davon, zu Gendas Erleichterung in eine andere Richtung als die, in der Kidou mit Otomura verschwunden war. Aber das machte sein krampfendes Herz nicht wett.   „Tut mir leid, dass du das mit anhören musstest“, entschuldigte sich Genda betont ruhig bei Tsunami als er ebenfalls aufstand, um Sakuma nachzugehen. Es dauerte nicht lange, bis er ihn gefunden hatte. Ein paar hundert Meter weiter saß er vorne am Strand, das Wasser umspielte dabei immer wieder seine Füße bei jeder kleinen Welle, die den Sand um ihn herum mit Meerwasser benetzte. Sakuma hatte die Knie angezogen und das Kinn auf seinen Unterarmen aufgestützt. Sein Blick ging weit in die Ferne auf das Meer hinaus.   Genda setzte sich schweigend zu ihm, was Sakuma dazu veranlasste, den Kopf wegzudrehen.   „Geh weg, ich will dich nicht sehen.“   „Sakuma, sei nicht albern.“   „Bin ich nicht. Macht es Spaß mich so zu hintergehen?“   „Du weißt, dass das nicht stimmt. Hör lieber auf damit, du bereust es später nur“, merkte Genda wieder betont ruhig an. Eine Hand wischte sich angestrengt über sein Gesicht, dann seufzte er. Doch Sakuma schien sich nicht beruhigen lassen zu wollen.   „Aber ich bin im Recht! Kidou ist irgendwo da draußen mit diesem Kerl und macht weiß Gott was! Und du lässt mich nicht einmal zu ihm, um das zu verhindern!“, meckerte Sakuma frustriert und stark angesäuert. Allein wenn er daran dachte, wurde ihm schlecht und sein Magen war kurz davor zu rebellieren. Sein Kidou war mit einem anderen Kerl zusammen! Das konnte er jawohl nicht zulassen! Dass Genda dazu nur resigniert schwieg, veranlasste Sakuma weiterzumachen.   „Dabei weißt du, was ich für ihn fühle! Und nicht einmal an unsere Abmachung hast du dich gehalten. Du solltest rausfinden, was Kidou über mich denkt und hast mir bis heute nichts gesagt! Hast du es überhaupt versucht?!“   „Hab ich. Ich wusste nur nicht... wie ich es dir sagen soll“, murmelte Genda und hatte seinen Blick nun selbst aufs Meer gerichtet, als wäre es so viel leichter als Sakuma anzusehen, der natürlich den Kopf zu ihm herum wendete. Große geweitete Augen lagen auf ihm, was er förmlich spüren können musste.   „Du hast es gewusst und die ganze Zeit über kein Wort gesagt?!“   „Ich konnte nicht.“   „Also was- Was hat er gesagt?!“   ~   „Es gibt da schon jemanden, den ich mag. Ich fühle mich geehrt, aber leider muss ich ablehnen.“   Otomura sah ihn einen Moment lang angespannt an, dann verzog sich sein Mund zu einem leichten, aber irgendwie schiefen Lächeln. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ließ seinen enttäuschten Blick über die Wasseroberfläche schweifen.   „Verstehe. In den zwei Jahren ist viel passiert, da ist es verständlich, dass du jemand anderen gefunden hast.“   „Ich hätte das selbst nicht gedacht, und dann traf es mich plötzlich wie ein Schlag, als ich es verstand. Aber unabhängig davon – ich hab unseren Sommer nie vergessen und das werde ich auch nicht.“   „Ich auch nicht“, sprach Otomura und musste ehrlich schmunzeln bei dem Gedanken daran, wie grün hinter den Ohren sie damals noch waren. Auch wenn es jetzt vorbei war und ewig eine schöne Erinnerung bleiben würde, war er froh über Kidous Ehrlichkeit und seinen eigenen Mut. Nun war er vollkommen frei und musste nicht ewig einer Fernbeziehung hinterher träumen, die er nie eingegangen war.   Sein Herz würde sich jemand anderem öffnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)