Lust'n'Needs II von Anemia ================================================================================ Kapitel 34: Wake Up Call ------------------------ Wake Up Call   Noch immer war Jamies Betthälfte leer. Und das, obwohl er laut eigener Aussage nur noch ein Bier mit einem Kumpel hatte trinken wollen, welchen er lange nicht mehr gesehen und zufällig getroffen hatte. Cari, der nur ungern von Jamies Seite wich, aber genau deshalb aufpassen musste, dass er nicht zu einem Klammeräffchen mutierte, hatte sich gemeinsam mit Tim und Martin in das Hotel verzogen, in welchem sie während ihres Aufenthaltes in Berlin wohnten. Doch nun zweifelte der Drummer ernsthaft daran, ob es richtig gewesen war, Jamie sich selbst zu überlassen. Freilich brauchte sein bester Freund kein Kindermädchen, schließlich war er schon groß, aber Cari beschlich dennoch ein ungutes Gefühl, so wie er nachdenklich an die Decke starrte und nicht in den Schlaf finden konnte. Zwei Stunden waren vergangen, seitdem sich ihre Wege getrennt hatten. In zwei Stunden konnte so viel passieren. Insbesondere Jamie konnte vieles passieren, schreckte dieser doch im alkoholisierten Zustand nicht dafür zurück, sich auf irgendwelche Scheiße einzulassen. Und auch wenn Cari es vorhin noch als Einbildung abgetan hatte, so dachte er nun ganz bewusst darüber nach, dass Jamie sich den ganzen Tag über schon recht merkwürdig verhalten hatte. Er hatte matt und erschöpft gewirkt, was seiner Meinung nach am Alkohol lag. Doch Cari hatte ihm nicht recht glauben können. Cari kannte seinen besten Freund nun seit zehn Jahren, weshalb er eine ziemlich gute Intuition für das Befinden Jamies entwickelt hatte. Nachdem eine weitere halbe Stunde ohne Jamies Auftauchen verstrichen war, hielt Cari nichts mehr in seinem Bett. Ein letztes Mal versuchte er, Jamie telefonisch zu erreichen, doch wieder sprang nur die Mailbox an. So zog er sich provisorisch seine Klamotten vom vergangenen Tag über und schnappte sich den Zimmerschlüssel. Ohne Jamie bei sich und in Sicherheit zu wissen konnte er nicht einfach einschlafen, als ob nichts wäre. Er hatte trotz des selbstbewussten Auftretens und der körperlichen Stärke seines Freundes das Gefühl, ihn beschützen zu müssen. Und das würde er auch tun, ganz egal, wie lächerlich er sich deshalb eventuell machen würde. Jamie war nicht so stark, wie er schien, zumindest nicht im Herzen. Seine Jugend war gefüllt mit schlechten Erinnerungen, genau wie die von Cari, der es ebenfalls nie leicht gehabt hatte, weil er einfach etwas anders war. Aber er brauchte einen Halt nicht so sehr wie der Sänger, welcher manchmal äußerst nah am Abgrund balancierte. Dass Jamie heute tatsächlich genau das tat - im übertragenen Sinne am Abgrund balancieren - konnte Cari spüren. Aber dennoch hatte er gehofft, dass er einem Trugschluss unterlegen war. Die Nacht war kalt, beinahe so eisig wie eine in Schweden zu dieser Jahreszeit, weshalb Cari sich den Reißverschluss seiner Jacke noch ein wenig höher zuzog und sein Kinn und seinen Mund in seinem Schal vergrub. Trotzdem stieg sein Atem als Rauch in die Luft der unglücksseligen Nacht, die den beiden Freunden zeigen sollte, wie sehr sie sich brauchten und wie wenig sie ohne einander konnten. Eine Gestalt ließ sich ein paar Meter vom Hotel entfernt ausmachen. Dass es sich bei dieser nicht um einen normalen Passanten handeln konnte, wurde Cari augenblicklich klar, so wie er deren torkelnden Gang beobachtete und ihr unbeholfenes Zusammenstoßen mit der Hauswand. Natürlich hätte es sich um einen x-beliebigen Betrunken handeln können, trieben sich von diesen sicherlich noch eine ganze Menge um diese Uhrzeit in der Großstadt herum. Aber Cari besaß seine Intuition, welche ihn nun loslaufen ließ, direkt auf diese hilflos wirkende Gestalt zu. Der kalte Wind, der ihm ins Gesicht blies, konnte ihn ebenfalls nicht mehr davon abhalten, den jungen Mann am Arm festzuhalten und besorgt an sich zu ziehen. Dass es sich bei dem Kerl tatsächlich um Jamie handelte, wurde klar, so wie der Verwirrte den Kopf hob und Cari direkt anschaute. Allerdings blitzte nicht das Geringste Anzeichen eines Erkennens in seinem Blick auf. "Hey, Jamie", versuchte Cari ihm gut zuzureden, doch die Miene des anderen blieb verstört und leer. "Mann, Jamie, ich bins doch!" Auch ein Tätscheln seiner kalten Wange brachte ihn nicht zur Besinnung. Seine blau angelaufenen Lippen zitterten und sein ganzer Körper wirkte steif vor Kälte, was Cari genauso wenig gefiel wie sein geistiger Zustand. Was hatte sein Freund nur getan? Es tat dem Drummer im Herzen weh, dass er nicht mehr zu erkennen schien, wer er war. Die leise Angst beschlich ihn, dass er sich niemals wieder an ihn erinnern würde. Dass sie sich erst neu kennenlernen mussten, und dass nichts mehr wie vorher sein würde... Gerade, als er dafür Sorge tragen wollte, dass Jamie ins Warme kam und ihn deshalb am Arm in Richtung Hoteleingang zu führen versuchte, riss der Sänger sich mit einem wütenden Aufschrei los. "Verpiss dich, du Penner!", ranzte er Cari ärgerlich an und in seinem Blick funkelte eine Wut, wie er sie zuvor noch nie für seinen Freund übrig gehabt hatte. Abermals erschrak Cari und verharrte einen Moment traurig in Sprachlosigkeit, ehe er beharrlich erneut die Hand nach Jamie ausstreckte und ihn an der Jacke packte. "Ich will dir nichts Böses", redete Cari ihm gut zu, während Jamie abwesend in eine ganz andere Richtung starrte. Schrecklich, dass er seinen besten Freund überhaupt erst von dieser Selbstverständlichkeit überzeugen musste. "Komm, wir gehen ins Hotel, ins Warme. Du bist bei mir in Sicherheit." Zum Glück setzte Jamie sich nun nicht mehr zur Wehr, ja wirkte gar überraschend handzahm. Wie ein verletztes Hündchen drängte er sich schwer gegen Cari, der seine liebe Mühe hatte, ihn in die richtige Richtung zu bugsieren. Sein Atem streifte die Wange des Drummers und dieser nahm mittels des beißenden Geruchs dessen war, wie stark alkoholisiert Jamie sein musste. Selbst Cari, welcher auch gern einmal einen Schluck zu viel trank, hätte beinahe gekotzt aufgrund dieses derben Gestankes. Aber dieser sollte nicht die einzige schreckliche Entdeckung bleiben, die Cari in dieser Nacht machen würde. Da Jamie ihm bereitwillig folgte, ja regelrecht auf ihm draufhing, konnte er ihn immerhin sicher in ihr Zimmer geleiten. Wahrscheinlich wäre er ihm in seinem Zustand überall hin gefolgt, wirkte er doch ganz eindeutig so, als wäre er nicht mehr bei Sinnen. So setzte er seinen kaputten Freund auf der Kante des Bettes ab, und noch während er sich Schal, Mütze und Jacke abstreifte, sank Jamie nach hinten und fiel der Länge nach auf die weiche Matratze. Die Augen hielt er geschlossen, und als Cari sich schließlich neben ihm niederließ und seine Wange tätschelte, während er Jamie beim Namen nannte, konnte er feststellen, dass er bereits tief und fest schlief. Was sicherlich auch das Beste für ihn, aber auch für den besorgten Drummer war, welcher noch immer keine schlüssige Erklärung für das seltsame Verhalten seines Freundes besaß. Diese jedoch sollte er sehr bald finden. Als er nämlich kurzerhand beschloss, Jamie aus seinen Klamotten zu befreien, was nicht nur seine schweren Stiefel, sondern auch seine Jeans betraf, fiel ein kleines Tütchen zu Boden, welches eben aus der Hosentasche Jamies geglitten war. Stirnrunzelnd bückte Cari sich rasch danach und musterte das weiße Pulver, welches sich in dem durchsichtigen Beutelchen befand. Anschließend richtete er seinen Blick auf seinen schlafenden, nun halbnackten Freund und starrte ihn lange an. Enttäuschung und Sorge vermischten sich in seinem Herzen miteinander, während er die Gewissheit in sich aufsog, dass Jamie tatsächlich nicht nur zu viel Alkohol zu sich genommen hatte. Nur das 'Warum' blieb wie ein Dämon in seinen Gedanken hocken und ließ ihn auch dann nicht los, als er sich behutsam zu seinem Freund legte und sich an seinen Rücken schmiegte. Bevor die erschöpfungsbedingte Müdigkeit um sich griff und ihn zu Jamie in das Land der Träume holen konnte, beschlich ihn das Gefühl, als Freund versagt zu haben. Mit einem Mal fühlte er sich Jamie so fremd, fast genauso fremd, wie er Jamie vorhin vorgekommen war, als er Cari schlichtweg nicht erkannt hatte in seinem Rausch. Was war nur passiert zwischen ihnen, dass Jamie Gefühle und Gedanken mit sich herumtrug, von denen er glaubte, sie nicht mit Cari teilen zu können? Trotzdem ihm das Herz schwer wie ein Felsbrocken wog, kam Cari erst wieder zu sich, als die Sonne ihre ersten Strahlen in das kleine, aber gemütliche Hotelzimmer schickte und der anbrechende Tag seine Schläfrigkeit vertrieb. Doch nicht nur dieser wusste ihn zu wecken - schließlich kamen ihm all die Begebenheiten und Gefühle der letzten Nacht wieder ein, die ihm jedoch so irreal vorkamen, wo Jamie doch in seinen Armen schlief und so unendlich friedlich wirkte. Insgeheim wünschte er sich, dass, wenn sein Freund aufwachte, alles so war wie zuvor und dass es weder diese Drogen noch diese Distanz zwischen ihnen je gegeben hätte, aber er wusste, dass das Leben so nicht spielte. Und doch glaubte er ganz fest daran, als er seine Hand langsam hob und die Fingerspitzen vorsichtig, wie ein Hauch nur, über Jamies nackten Oberarm gleiten ließ. Seine Nase vergrub sich in den langen, duftenden Haaren, die über seine Schultern flossen und seine Lippen formten ein Wort nur. Einen Namen. "Jamie..." Es verstrichen wenige Sekunden, ehe der Sänger sich langsam zu regen begann. Er sagte nichts, aber dafür lag seine raue Hand alsbald auf Caris ihn streichelnder und hielt sie ganz fest in der seinen. Eine Geste, so wertvoll und haltgebend für den Drummer, dass das Glück fast seine Brust zu sprengen drohte. Vielleicht, ja vielleicht würde doch noch alles gut werden… "Ich wollte das nicht." Jamies Stimme klang rau und heiser, wie sehr lange nicht mehr benutzt, als er schwerfällig zum Sprechen anhob. Als würden die Narben auf seiner Seele seine Stimmbänder lähmen. "Ich wollte das nicht. Niemals..." "Shhh..." Cari schmiegte seine Wange gegen den Rücken seines Freundes und schloss die Augen. Er wollte, dass Jamie schwieg, denn mit Schweigen konnte man so viele Dinge verblassen lassen, von denen man nicht wollte, dass sie existierten. Aber dann erinnerte er sich daran, dass es auch das Schweigen gewesen war, welches dafür gesorgt hatte, dass Jamie zu solch einem zerstörerischem Mittel gegriffen hatte. So öffnete er die Augen wieder und hauchte. "Warum hast du es gemacht?" Die Antwort kam rasch, aber doch gewissermaßen zögerlich. "Ich habe nichts mehr gefühlt", erklärte ihm Jamie leise, während er noch immer die Hand seines Freundes an seinem Arm hielt. "Ich war so lange so schrecklich leer...aber ich habe versucht, es zu überspielen, weil ich nicht wollte, dass ihr und dass vor allem du dir Sorgen um mich machst. Du weißt, ich hasse Mitleid." Ein bitteres Lächeln konnte Cari aus den Worten seines Freundes heraushören. "Ich habe geglaubt, dass es irgendwann wieder besser wird, denn ich hatte stets einen Halt...doch gestern Morgen bin ich aufgewacht und konnte nicht einmal mehr fühlen, wie sehr ich dich liebe. Obwohl mich das eigentlich immer begleitet, egal, was ich tue." Ein großes Glück wallte in Caris Brust auf, so heftig, dass er die Augen schließen musste, aus Angst, dass sich Tränen in ihnen bilden mochten. "Und...", setzte er mit vor Überwältigung bebender Stimme an. "Kannst du es jetzt wieder fühlen?" Noch ein wenig enger schmiegte er sich an den warmen Körper seines Freundes, welcher nun wieder so klar wirkte und gar nicht mehr fremd. Überhaupt nicht mehr. Die Nähe zwischen ihnen war größer als jemals zuvor. "Ja", wisperte Jamie und warf Cari einen Blick über seine Schulter hinweg zu. Seine Augen glänzten wunderschön, da die Seele hinter ihnen endlich Erleichterung gefunden hatte und sich an ihrem Ziel wähnte. Er brauchte seiner Liebe nur ins Gesicht zu sehen, um wieder spüren zu können, dass sein Herz nur für Cari schlug und sich dies wohl auch niemals wieder ändern würde. "Ja, ich spüre es ganz deutlich." Cari drückte ihm einen zärtlichen Kuss auf das Ohr und schlang die Arme um seinen Freund, legte die Hände auf dessen Bauch und Jamie verdeckte sie mit einen eigenen. "Und fühlst du auch, dass ich dich liebe?" Das Glück schwand nicht aus Jamies Augen, für keine einzige Sekunde, und dennoch erwiderte er: "Noch nicht so richtig." Caris Mundwinkel zuckten optimistisch. "Dann will ich es dir zeigen." Er küsste sich über den Hals seines Liebsten und saugte in seinem Übermut alsbald an der empfindlichen Haut, die Jamie ihm genießerisch und mit einem seligen Lächeln auf den Lippen darbot. Es fühlte sich an wie im Himmel zu sein, obwohl Jamie nie sonderlich viel Wert darauf gelegt hatte, von Engel in weißen Kleidern umringt zu werden. Aber vielleicht befand sich der Himmel ja tatsächlich in Caris Armen und die Engel gab es gar nicht wirklich, waren sie doch in Wirklichkeit all die süßen Küsse, die ihm an diesem Morgen zuteilwurden. In jedem von ihnen schwelte die große Zuneigung, welcher der Drummer für seinen Freund empfand und die sich so lange als bloße, tiefe Freundschaft und vermeintliche Bruderliebe getarnt hatte. Dass Jamie jedoch kein Bruder für ihn war, wurde ihm gewahr, als der Wunsch, eins mit ihm zu werden, immer heftiger in seinem Herzen tobte und schließlich auch ein sanftes Kribbeln in seinen Lenden heraufbeschwor. Es war keine große, schwere Lust, die Jamies Körper, der an seinen eigenen geschmiegt war, an diesem Morgen in ihm auslöste, sondern eher ein zartes Flimmern, welches der Liebe geschuldet war, die er für diesen Mann empfand, ohne jede Bedingung. Und offenbar empfand Jamie ganz ähnlich, denn es gab keine hektischen Bewegungen und fahrigen Berührungen, nicht einmal dann, als der Sänger sich seine eigene Unterhose über den Po zog, um diesen seinem Freund darzubieten. "Oh, Jamie", hauchte Cari relativ perplex, da er nicht damit gerechnet hätte, dass es Jamie derart umtrieb und er sich so heftig nach seiner Nähe sehnte. "Willst du das wirklich?" "Ich brauche es", erwiderte der Sänger und linste mit einem kecken Lächeln über seine Schulter. "Mit dir in mir erlebe ich den größten Glücksrausch, da bin ich mir ganz sicher." Der Überzeugung war auch Cari, der sich nun glücklich schätzte, dass er in weiser Vorrausicht tatsächlich Kondome und Gleitgel in die Reisetasche gepackt hatte. Insgeheim hatte er wohl längst geahnt, dass es früher oder später zwischen ihnen passieren würde, aber natürlich hatte er seine Chancen nicht für sonderlich hoch gehalten, Jamie einmal im Arm zu halten und mit ihm zu verschmelzen. Doch nun war es tatsächlich so gekommen. Rasch bereitete er zuerst Jamie auf ihre Vereinigung vor, welcher es genoss, sich Caris einfühlsamen Fingern hingeben zu dürfen und von dieser in seiner Sehnsucht noch angestachelt zu werden. Dieser Vorgeschmack auf das Kommende genügte, um seine Lust so groß werden zu lassen, dass er sich sicher war, zu explodieren, wenn Cari es endlich wahrmachte. Und er tat es, nachdem er sich das Kondom übergestreift und sein Glied mit reichlich Gleitgel benetzt hatte. In diesem Moment wähnten sie sich dem Himmel ganz nah, und sie nahmen sich bei den Händen, wissend, dass sie so nichts mehr in ihrem Glück trennen konnte. Träge bewegte Cari sein Becken gegen den Po seines Freundes, welcher alsbald genauso schwer ächzte wie er. Ihre Laute der Lust verschmolzen ineinander und es trieb sie geruhsam auf ihren Höhepunkt zu, welcher lediglich mittels eines kurzen Zuckens durch ihre Leiber fuhr und sie anschließend selig zurückließ, frei jeglicher Sorge und jeden Kummers. Denn sie hatten sich gefunden, und Cari war sich sicher, dass er nie wieder solch eine entsetzliche Leere in Jamies Augen erblicken musste, jetzt, wo er ihn hatte spüren lassen, dass die Liebe, die er empfand, von seinem Freund erwidert wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)