The Voice von ScarsLikeVelvet ================================================================================ Kapitel 9: Chapter Nine ----------------------- Wärme und Geborgenheit waren das Erste, was Kyo wahrnahm, als er langsam zu sich kam. Er vergrub sein Gesicht an einer warmen Brust und atmete tief ein. Der Geruch war angenehm und vertraut, ebenso das Gefühl der Arme, die sich um seinen Körper schmiegten und ihn zärtlich umfangen hielten. Es dauerte eine Zeit, bis ihm bewusst wurde, in wessen Armen er da lag und er blinzelte träge, rieb sich mit der unverletzten Hand über seine Augen und sah, dass es tatsächlich Daisuke war, der ihn da so sanft hielt. Er biss sich auf die Unterlippe und brauchte seine ganze Willenskraft, um sich von Daisuke zu lösen. Er rutschte zur Bettkante und bevor es jemand verhindern konnte, stand er auf wackligen Beinen und ging zu der breiten Fensterbank, ließ sich darauf nieder und starrte zu Daisuke, der sich im Bett aufgesetzt hatte und ihn beobachtete. Kein Wort kam über seine Lippen. Er sah den Rotschopf einfach nur fragend an und ließ zu, dass Ryohei ihn nebenbei untersuchte, den Verband kontrollierte. Auch zwischen ihnen fiel kein Wort. Der Arzt fuhr Kyo sanft mit einer Hand durchs Haar und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich dann in den Hintergrund zurückzog. Kyo legte seinen Kopf schief und betrachtete Daisuke eine ganze Weile lang still. „Warum?“, fragte er ihn schließlich. Nicht mehr und nicht weniger. Dieses Wort beinhaltete so viele Fragen. Daisuke spürte, dass Kyo eine tiefer gehende Antwort, als ein einfaches ‚Darum‘ benötigte und schluckte einmal schwer. „Ich habe E-Mails von dir erhalten, in denen stand, dass du mich und auch die anderen im Moment nicht sehen möchtest, weil du Zeit für dich brauchst, um deine Gedanken zu ordnen ... um zu schreiben und die Situation zu verarbeiten ... ich nahm an, dass das dein Wunsch ist und ich habe versucht ihn zu respektieren. Ich habe dir trotzdem jeden Tag geschrieben ... wie ich mittlerweile herausgefunden habe, waren die Mails, die ich erhalten habe, gefaket und du hast nicht eine einzige meiner Mails erhalten, sondern nur zwei Nachrichten, die aussagten, dass wir in nächster Zeit keinen Kontakt haben können ... ich wäre so gern bei dir geblieben, aber unser liebenswertes Management hat uns systematisch von einander abgeschnitten ... sie wollen nicht, dass es dir gut geht, weil du wesentlich produktiver für sie bist, wenn es dir schlecht geht“, erklärte Daisuke, rührte sich aber immer noch nicht vom Bett weg, auch wenn er Kyo liebend gerne in den Arm genommen hätte. Kyo nickte nach einem Moment des Überlegens langsam. „Okay ... und wie kommt es, dass du jetzt hier bist?“, wollte er dann wissen. „Kiriyama-san hat mich angerufen und mir erzählt, was hier abgegangen ist. Wir haben das überprüft und sind abgehauen ... die Plattenfirma ist fällig. Wir haben uns der Klage, die Kiriyama-san in deinem Namen angestrengt hat, angeschlossen und werden die Firma und das Management platt machen ... und wenn du wieder fit bist, nehmen wir fünf das selbst in die Hand. Wir haben genug Mittel zu unserer freien Verfügung, dass wir unsere Platten auch selbst vertreiben können und den Rest haben wir ja ohnehin schon selbst organisiert, weil unsere Manager dazu nicht in der Lage waren“, beantwortete der Rotschopf auch diese Frage, bevor er doch seinen Mut zusammen nahm und aufstand. Langsam glitt er um das Bett herum und ging zum Fenster, ging vor Kyo in die Knie und lächelte ihn an. „Aber wirklich wichtig ist uns allen und mir ganz besonders, dass du erst mal wieder gesund wirst ... körperlich und ... seelisch, soweit es geht“, sagte er und legte seine Hand an Kyos Knie. Kyo starrte eine Weile auf Daisukes Hand, bevor er seine darauf legte und Daisuke urverwandt anblickte.Er studierte ihn regelrecht und seine Augen suchten nach auch nur einem Funken Unehrlichkeit in dem Rotschopf, aber er fand nichts in der Art. Als drückte er sanft seine Hand und ließ seinen Blick sinken, zeigte deutlich seine eigene Unsicherheit. Kyo hatte nicht die geringste Ahnung, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Schließlich wandte er sich an Ryohei. „Keisuke hat geklagt? Heißt das, er hat die Klausel angewandt?“ Ryohei ging langsam zu ihm und nickte leicht. „Ja ... er hat sie angewendet, zu deinem eigenen Wohl ... so wie ihr es damals besprochen habt. Die Familie wurde informiert und sie haben acht Leute zu deinem Schutz hergeschickt ... wir bleiben vorerst hier und behandeln dich weiter und wenn wir sicher sind, dass dir nichts passiert und du dir auch nichts antun wirst ... werden wir zumindest einen Teil der Klausel widerrufen und dich in die Obhut von Kaoru-san und seinen ... Mitarbeitern übergeben“, sagte er. Die letzten Worte klangen ein wenig erzwungen und Kyo lachte leise. „Dachtest du, ich weiß nicht, mit wem ich da zusammenarbeite, Ryo? Ich wusste es von Anfang an ... ich habe die vier danach ausgesucht ... ich wollte sie ... sie sind die besten und ich will nur mit den besten zusammenarbeiten ... ich will meine Karriere fortsetzen und vielleicht ... irgendwann, wenn das nicht mehr läuft, werde ich in den Schoß der Familie zurückkehren oder aber einfach ein Teil von Kaorus Familie werden.“, sagte Kyo und ließ sich dann von der Fensterbank in Daisukes Arme sinken. Er kuschelte sich an den warmen Körper des Rotschopfs. Ihm selbst war kalt und er zitterte ein wenig. Daisuke hörte still zu und hob Kyo schließlich sanft hoch, trug ihn zum Bett. Er setzte sich neben ihn und deckte ihn zu. Kyo sah zu ihm hoch und streckte die Arme nach ihm aus, als Zeichen, dass er kuscheln wollte und der Rotschopf streckte sich neben ihm aus, nahm ihn in die Arme. Kyo bettete seinen Kopf auf der Brust des Gitarristen und schloss seine Augen. Er lauschte dem gleichmäßigen Herzschlag und nach einer Weile war er wieder eingeschlafen. Dai blickte auf ihn hinab und kraulte ihn weiterhin im Nacken, auch als der Sänger schon schlief. Er hatte nicht gewusst, dass Kyo bereit wäre ein Teil ihrer Familie zu werden. Sie alle hatten gewusst, dass Kyo zu einer der berühmt-berüchtigten Yakuzafamilien von Kyoto gehörte und das er wusste, dass Kaoru die Familiengeschäfte nach dem Tod seines Vaters übernommen hatte, aber zu hören, dass er bei ihnen bleiben wollte, dass ihre Beziehung mehr als nur ein Geschäft war, tat ihm gut. Er hatte immer tiefere Gefühle für den Sänger gehegt und ihre Beziehung nicht als reinen Sex empfunden, aber er war sich nie wirklich sicher gewesen, wie Kyo das empfand. Der Sänger war immer sehr verschlossen gewesen, was seine eigenen Gefühle belangte. Ganz so, als hätte er Angst verletzt zu werden und wahrscheinlich war dem auch so. Nachdenklich sah Daisuke zu Ryohei, der lächelte. „Ich lasse euch jetzt allein ... wenn etwas sein sollte, ruf einfach. Keisuke und ich schlafen nebenan.“, sagte der Arzt und verließ das Zimmer, zog die Tür hinter sich mit einem leisen Klacken ins Schloss. Daisuke sah ihm hinterher und wünschte ihm eine gute Nacht. Dann konzentrierte er sich auf den kleinen Körper in seinen Armen. Er war froh, dass Kyo ihm erlaubte, ihm so nahe zu sein und ihn zu schützen. Shinya und Toshimasa kümmerten sich um Kaoru und er war seit Beginn der Band für ihren Sänger zuständig gewesen. Für seinen Schutz und sein körperliches und geistiges Wohl. Mit der Zeit hatte er tiefere Gefühle für den kleineren Mann entwickelt, obwohl dieser emotional mehr als nur kompliziert war. So in seine Gedanken versunken, dauerte es nicht lange und Daisuke folgte Kyo ins Traumland, auch wenn ein Ohr immer auf die Außenwelt gerichtet war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)