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Bloody Eternity

von

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Eignungstest

Bereits auf der Fahrt zu dem Restaurant bereute Aiden die Entscheidung, Jane zu helfen, aber dann dachte er wieder an ihren strahlenden Gesichtsausdruck und er fragte sich, wie er ihr überhaupt so lange hatte wiederstehen können. Wenn ihre Freude doch nur einen anderen Grund gehabt hätte…

Nun, jetzt hatte er ihr jedenfalls sein Wort gegeben und hing mit ihr in der Sache, bis sie den Killer gefasst oder – Weit weniger erstrebenswert – bei dem Versuch drauf gegangen waren. Der Vampir betrachtete die Sache recht nüchtern; würde er sterben, wäre Janes Leben sehr wahrscheinlich verwirkt, also würde er nicht sterben.

Die Fahrt dauerte knapp zehn Minuten, dann machten sie sich auf den Weg in ein gemütliches aber gut besuchtes Pub. Noch immer war Aiden ein wenig überrascht darüber, wie bereitwillig die Jägerin auf seine Einladung eingegangen war; Bisher hatte sie ja immer abgelehnt, im freundlichsten Fall noch mit einem sarkastischen Lachen. Mit einem zufriedenen Lächeln folgte er ihr durch das Lokal; wenn das war, wie sie ihn als Partner behandeln würde, wäre er sofort dabei~

Jane suchte einen Tisch direkt am Fenster aus und bestellte bei einem Kellner, der Aiden böse anstarrte, bis dieser wiederstrebend einen Tee bestellte. Wie immer schien die junge Frau höchst engagiert und kam gleich zur Sache, sobald sie alleine waren.

„Also? Was hast du dir ausgedacht?“

„Ich habe mich ein wenig umgehört, was unsere Beute angeht, allerdings hat wohl niemand etwas gesehen. Wenn er nicht jagt, passt er sich also an. Deswegen nehme ich an, er möchte auch weiterhin in diesem Viertel bleiben; Er hat es sich als Revier ausgesucht “, erklärte er etwas ausführlicher das territoriale Verhalten seiner Rasse „Das heißt, er wird keinen anderen Jäger dort dulden… Was dich in noch größere Gefahr bringt“, fügte er mit gerunzelter Stirn hinzu.

Er hatte aufgehört, Jane als Mädchen zu betrachten, das mit besseren Zahnstochern spielte, und teilte ihr das hierdurch indirekt mit; sie war eine Jägerin, das erkannte er gerade zum ersten Mal an.

Während er sprach, war Janes Lasagne gekommen, aber sie sah Aiden noch immer mit großen Augen an, während sie aß. Der Vampir sah ihr ein wenig neidisch zu. Für ihre Ernährung mussten zwar auch Tiere sterben, aber immerhin kein Wesen mit einem dem Menschen vergleichbaren Bewusstsein. Aber dieser beunruhigende Gedanke war nicht, was ihn grade aufmerken ließ. Aiden hatte sich lange nicht mit anderer Nahrung als Blut beschäftigt, fand den Gedanken, ein Stück Brot zu essen, aber plötzlich so interessant, dass er tatsächlich eine Scheibe aus dem kleinen Korb nahm und sie näher begutachtete. Allerding wusste er nicht, was passieren würde, wenn er menschliches Essen zu sich nahm, deswegen gab er seiner Neugierde nicht nach. Wahrscheinlich würde nichts Schlimmeres passieren – Er war so gut wie unzerstörbar, das hatten die letzten vierhundert Jahre eindrucksvoll gezeigt – Aber man musste es ja nicht darauf anlegen.

Als Jane auffordernd die Brauen hochzog, beendete Aiden die philosophische Betrachtung der Backwaren. „Jedenfalls möchte ich nicht, dass du alleine mit ihm bist, deswegen denke ich, dass es besser wäre, wenn ich in seinem Revier jagen würde – Natürlich ohne zu töten“, erwähnte Aiden aus Respekt vor ihrer Rasse und ihrer Organisation. „Er wird kommen. Ich könnte auch alleine gegen ihn kämpfen, aber ich nehme an, ich habe richtig verstanden, dass du ihn sprechen möchtest?“

Sie nickte zwar, sah aber so konzentriert aus, wie sie da an ihrem Wasser nippte, dass Aiden fast sicher war, dass das noch nicht alles war. Er beschloss, ihre Beweggründe vorerst hintanstellen zu können und fuhr fort: „Dann ist das also abgemacht. Ich werde ihn zu einem abgesprochenen Ort lotsen, wo wir ihn gemeinsam festsetzen, dann kannst du ihn befragen… Und töten, wenn du möchtest“, sagte er zögerlich, weil sie in Bezug auf diesen Auftrag fast schon gierig an Eldric herangetreten war und es Aiden nicht passte, die junge Frau so mordlüstern zu sehen.

„Hm… Mir gefällt es nicht, dass du dort jagen gehst und ich eher unbeteiligt warten soll.“

„Ich werde ja nicht wirklich jagen“, beruhigte er sie sanft und rührte mit dem Löffel in seinem Tee. „Und du sollst nicht untätig sein, sondern dafür sorgen, dass der Vampir nicht mehr gehen kann, wenn er mal da ist.“

„Gut, dann werden wir das vorerst als unseren Plan annehmen. Jedoch sollten wir bedenken, dass Eldric anscheinend noch andere Informationen über diesen Serienkiller besitzt. Sollte er etwas Signifikantes haben, können wir den Plan zu unseren Gunsten und bezüglich den zusätzlichen Informationen abändern“, schlug sie vor, woraufhin Aiden nur nickte.

„Bleibt nur noch zu klären, wo das ganze stattfinden soll. Wir könnten ein Zimmer nehmen, aber die meisten Räume sind zu klein, als das drei Leute darin kämpfen könnten – Vor allem in der Gegend.“

Er rümpfte leicht die Nase. Aiden hatte sich in dem Viertel, das der Serienkiller als Revier ausgesucht hatte, ein wenig umgesehen, und es hatte ihm nicht gefallen. Eine Gegend voller billiger, langsam verfallender Hochhäuser, so arm wie übervölkert. Das einzige, was es dort mehr gab als Menschen, waren Ratten.

„Und wir wollen ja nichts kaputt machen“, neckte er Jane ein wenig, immerhin wollte er die Geschichte von Lucas auch nicht ganz umsonst gehört haben. Allerdings hoffte er, Jane in seiner Obhut vor derartigen Eskapaden bewahren zu können.

Sie überging die Stichelei, indem sie weiter über einen geeigneten Standort nachdachte. „Wie wäre es mit dem Park in der Nähe? Er ist groß genug und ich denke kaum, dass da jemand während der Nacht unterwegs sein wird – Vor allem nicht jetzt, wo blutige Morde stattgefunden haben.“ Noch während sie sprach, zog die Brünette ihr Smartphone aus der Tasche und suchte ein wenig, ehe sie Aiden das Telefon hinhielt, der es nur unsicher nahm. „Was hältst du von diesem kleinen Feld zwischen der Woodlands Avenue und der Cannon Lane? Falls das zu klein ist, können wir auf die umliegenden Felder ausweichen.“

„Gut… Und es sind keine Strommasten oder Flüsse in der Nähe, hoffe ich?“, fragte er mit einem Zwinkern nach. Ok, vielleicht fand er die Geschichte doch ganz lustig und hatte vorhin nur so reserviert reagiert, weil der Mann Jane ´Kleines` genannt und ihr Haar berührt hatte.

Statt darauf einzugehen, ließ die Vampirjägerin den Blick durch das Lokal wandern, was Aiden während ihres gesamten Aufenthalts noch nicht getan hatte. Viel zu fasziniert war er von Jane, ganz davon abgesehen, dass er es gewittert hätte, hätte Gefahr in der Luft gelegen, und gehört, hätte sich ihnen jemand genähert.

„Ich werde heute Abend noch mit Eldric telefonieren und die wichtigsten Dinge für den Vertrag abwickeln, damit wir so bald wie möglich offiziell losziehen können“, fuhr die junge Frau fort und aß nebenbei das Stück Brot, das Aiden zuvor schweren Herzens hatte zurücklegen müssen. „Ich schätze, dass wir bereits dieses Wochenende diese mordlustige Kreatur jagen können.“

„Ich würde es vorziehen, wenn du aufhören könntest, uns ´Kreaturen` zu nennen, Jane“, erinnerte Aiden sie sanft.

„Hm? Oh… Ich dachte, dass das eher eine neutrale Art wäre, Vampire zu bezeichnen“, erwiderte die Vampirjägerin mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Neutral… Alleine die Konnotation dieses Wortes ist doch schon negativ. Dir würde es doch auch nicht gefallen, wenn ich dich als ´Futter` bezeichnen würde.“ Er war nicht beleidigt, vor allem, da sie sich lernwillig gab, aber ein wenig Höflichkeit schadete nie und Jane schien in manchen Dingen noch etwas Erziehung zu brauchen.

Sie zuckte die Schultern. „Wie sieht es mit ´Wesen` aus? Ist das auch ein No-Go?“

„Wenn du nicht ´Vampir` sagen willst, geht ´Wesen` denke ich. Der Vorname wäre am besten. Apropos, ich habe versucht, den Namen des Killers rauszufinden, bin aber gescheitert. Nun, Eldric meinte ja, er wüsste mehr.“

„Ob ich das im Kampf berücksichtigen kann, weiß ich nicht, aber ich werde es versuchen“, versprach sie, woraufhin Aiden lächelte.

„Das genügt mir.“

Jane hatte aufgegessen und nippte an ihrem Glas, wobei sie ihren Ellbogen auf dem Tisch und ihr Kinn in der Innenfläche ihrer Hand abstützte. „Gibt es noch andere Bedingungen? Keine ´Kreaturen`, kein kopfloses Hineinrennen in Gefahr, keine Feindseligkeit dir gegenüber. Sonst noch was?“

„Ich bin wunschlos glücklich damit, deine Leibgarde spielen zu dürfen, danke.“ Sie verschluckte sich – Wohl wegen der geschwollenen Ausdrucksweise – Und Aiden schob ihr diskret eine Serviette zu. „Viel mehr sollte ich dich das fragen. Muss ich noch irgendwas unterzeichnen? Wann muss ich zum Psychologenbesuch antreten?“, fragte er ein wenig spöttisch. Es war ja wohl wahrscheinlicher, einen einmaligen Partner zu töten als jemanden, den man gut kannte und zu dem man eine Beziehung aufgebaut hatte. Auch Vampire schlossen schließlich Bindungen zu anderen Lebewesen.

„So, wie ich es einschätzen konnte, schien Eldric deinen Worten Glauben zu schenken. Ansonsten hätte er den längerfristigen Pakt nicht vorgeschlagen. Deshalb denke ich, dass du für diesen einmaligen Auftrag mit einer gekürzten Form des eigentlichen Tests auskommen wirst. Wann und wo dieser stattfinden soll, werde ich noch herausfinden“, erklärte sie und winkte einer blonden Kellnerin zu.

Aiden wusste immer noch nicht, was er von Eldric halten sollte, der zwar scheinbar freundlich war, Jane jedoch in die Obhut eines Mannes gab, den er nach einmaligem Gespräch für ´geeignet` hielt. Womit hatte Aiden sich diese Einschätzung verdient? Es beunruhigte ihn, wie leicht der alte Vampir ihn akzeptierte, und noch mehr beunruhigte dieser ihn. Als er seinen Artgenossen gewittert hatte, wäre er am liebsten umgedreht, und als er merkte, wie alt dieser war – Weit über tausend Jahre, schätze Aiden - hatte er sich restlos unwohl gefühlt. Ihm war schleierhaft, wie einer der ihren eine Organisation leiten konnte, die sich der Jagd auf Vampire verschrieben hatte.

Allerdings gedachte er ja selbst, sich dieser Organisation – Ob kurzfristig oder länger – Anzuschließen, also brauchte er sich wohl nicht zu wundern.

Kurz darauf kam die Serviererin zu ihnen und legte die Rechnung auf den Tisch, nach der Aiden selbstverständlich griff – Er hatte ja versprochen, die junge Frau einzuladen – Doch da hatte Jane bereits den Zettel in der Hand.

Nach ein paar Sekunden schmunzelte sie jedoch und schob dem Vampir den Zettel zu. „Ich glaube, diese Rechnung ist ganz speziell für dich“, erklärte sie leicht grinsend und deutete auf das Ende der Notiz, wo die Kellnerin ihren Namen (Lucy) und ein kurzes ´Ruf mich an ;)` unter ihre Nummer gekritzelt hatte.

Neugierig drehte Aiden sich nach der hübschen Kellnerin um, die kicherte und kurz winkte. Du meine Güte. Er hatte ja gemerkt, dass ihn ein paar Frauen beobachteten, aber das war er gewohnt; so reagierten Menschen nun mal auf Vampire. Aber dass es schon so weit gekommen war, war ihm völlig entgangen, weil er sich völlig auf Jane fixiert hatte.

„Du scheinst ihr ziemlich den Kopf verdreht zu haben“, meinte diese amüsiert.

„Jaaaa, das passiert manchmal unabsichtlich“, seufzte er gedehnt, als hielte er das Interesse von jungen hübschen Frauen für eine Bürde. Tat er in den meisten Fällen auch tatsächlich. „Leider ist diese anziehende Wirkung ziemlich unpräzise“, fügte er mit einem sehr eindeutigen Blick zu seiner Begleitung hinzu. Gegen Interesse von ihr, das sich nicht auf seine kämpferischen Fähigkeiten bezog, hätte er nichts einzuwenden gehabt.

„Und? Rufst du sie an?“, ignorierte Jane diese Andeutung.

„Wieso, bist du eifersüchtig?“, interpretierte der Vampir Janes Frage einfach mal frei.

Natürlich antwortete sie nicht und natürlich würde Aiden die Kellnerin nicht anrufen. Das wäre ja wie eine Essensbestellung (Bei dem Gedanken grinste er in sich rein) und anderweitiges Interesse hatte er auch nicht an dieser Lucy. Sie war nur ein kleines Mädchen, und es war für Frauen generell schwierig, Aidens Aufmerksamkeit zu gewinnen. Da mussten sie schon aussehen wie die Reinkarnation seiner großen Liebe.

Statt auf die Telefonnummer achtete der Vampir jetzt auf den Rechnungsbetrag und tastete in seinen Hosentaschen nach seinem Geldbeutel, der dort jedoch nicht war. Etwas irritiert versuchte er es mit den Manteltaschen, bis er eingestehen musste, dass er kein Portemonnaie bei sich hatte. Wieso hätte er es auch mitnehmen sollen, er brauchte so gut wie nie Geld.

„Das ist mir jetzt wirklich sehr unangenehm, aber ich muss meine Einladung zurücknehmen… Ich habe meinen Geldbeutel vergessen“, gestand er verlegen und verfluchte sich dafür, in der letzten Nacht gejagt zu haben, denn nur, weil noch so viel frisches Blut durch seine Adern floss, konnte er erröten und das tat er gerade auch. „Wie peinlich… Entschuldige bitte.“

Jane zog erst nur die Brauen hoch, doch als sie merkte, wie verlegen ihr Gegenüber wurde, konnte sie nicht anders, als leise hinter vorgehaltener Hand zu lachen. Sie tat ihm den Gefallen, seinen Fauxpas nicht mehr als mit einem Grinsen zu kommentieren, als sie die Rechnung bei Lucy selbst beglich, dann verließen die beiden das Restaurant. Natürlich entschuldigte Aiden sich hundert Mal und versprach hoch und heilig, die Einladung nachzuholen.

Erst vor dem Auto hörte er damit auf und fragte stattdessen: „Sagst du mir Bescheid, wenn du die Informationen von Eldric erhalten hast?“ Anstalten, selbst einzusteigen, machte er nicht. Sie hatten schon fast den ganzen Tag zusammen verbracht und vorerst nichts mehr zu klären, da wollte Jane sicher ihre Ruhe.

Sie öffnete gerade die Tür, hielt jedoch mit schiefgelegtem Kopf inne und sah ihn überrascht an. „Du kommst nicht mit? Das ist ja schon fast eine Premiere, dass sich mein Stalker mal freiwillig zurückzieht und ich ihn nicht regelrecht wegscheuchen muss“, meinte sie ein wenig scherzend.

Er wäre zwar gerne bei ihr geblieben, hatte aber das Gefühl, es würde nur schlecht enden, wenn er Jane zwang, ihn tatsächlich davon zu scheuchen. „Du musst nur sagen, wann ich gehen soll“, erklärte er ihr deshalb sanft. Wenn sie es verlangte, würde Aiden sie schon alleine lassen, nur wegbleiben würde er eben nicht, das war der Unterschied.

Ein wenig überrascht zog sie die Braue hoch, doch dann nickte sie langsam. „Wie du meinst… Jedenfalls werde ich Eldric gleich benachrichtigen, wenn ich zu Hause ankomme. Ich denke, es wird nicht lange dauern, bis du den Test ablegen kannst“, wechselte sie das Thema und wollte schon einsteigen, als sie doch nochmal kurz innehielt. „Da wir jetzt – Vorerst – Partner sind, bitte ich dich noch einmal darum, keinen Mist anzustellen.“

Ohne auf seine Antwort zu warten, stieg Jane dann auch in den Wagen und fuhr los. Aiden ließ sie mit seinem Lachen alleine; Es war einfach lustig, dass dieses junge, unbesonnene Ding ihn zur Vorsicht oder eher Rücksicht mahnte, ihn, der Ärger länger aus dem Weg ging, als sie lebte. Ihn, den praktisch niemand kannte und für den sich auch niemand interessierte.

Er lachte noch, als er den Parkplatz vor dem Restaurant verließ.
 

In dem kleinen Zimmer eines Hostels, das er im Moment bewohnte, las er so ziemlich jede Zeitung, in der etwas über die Taten des Serienkillers stand. Inzwischen war nicht nur das schmale Bett, auf dem er lag, sondern auch die Kommode auf der ein selten genutzter Fernseher stand, der kleine Schreibtisch sowie der dazugehörige Stuhl und Teile des Fußbodens mit Berichten voll. Vor dem Fenster mit den altmodischen Vorhängen ging gerade die Sonne unter und Aiden spielte gedankenverloren an der Halskette herum, die es ihm erlaubte, auch im Licht zu wandeln, als sein Handy vibrierte.

Ein wenig überrascht – Er bekam nicht viele Nachrichten – nahm er das Telefon und las die SMS von Jane.
 

» Aiden,

Die Akten werden uns übergeben, sobald du den Test abgelegt (Und natürlich bestanden) hast. Wie sieht es mit morgen vor den Vorlesungen aus? So gegen neun? «
 

Als er den sehr kurzfristigen Termin bestätigte, spielte er wieder dem Anhänger, seine Gedanken aber waren anderswo. Dieses Blutbad, das der andere Vampir jedes Mal anrichtete, wenn er trank, beunruhigte Aiden. In den Zeitungen stand etwas von vollgeschmierten Wänden, abgetrennten Körperteilen. Der Fremde verschwendete das Blut durch rohe, gierige Gewalt…

Bevor sie versuchten, ihn zu stellen, musste Aiden auf jeden Fall jagen gehen, sonst wäre Jane in viel zu großer Gefahr.
 

Das Jägerteam auf Zeit hatte sich direkt vor dem Zirkel verabredet, und so stand Aiden um kurz vor neun am Rand der verlassenen Gasse. Er wusste nicht, wie lange das ganze Prozedere dauern würde, aber bis ihre Vorlesungen anfangen würden, hatten sie noch fast vier Stunden, das sollte für eine temporäre Einstellung ja wohl genügen.

Der Vampir stieß sich von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, als Jane auf ihn zukam. „Morgen.“

Sie ignorierte den Gruß und ging ohne zu zögern zu der Tür, um diese zu entriegeln und mit ihrem momentanen Partner in die Tiefe zu fahren.

„Hast du noch ein paar Tipps für mich?“, fragte Aiden munter. Er hatte sich nicht allzu große Gedanken um diesen Test gemacht. Was sollten sie ihn auch fragen? ´Haben Sie vor, Ihren Partner zu fressen?` Und darauf konnte er ehrlich ´Nein` antworten.

„Ich habe gestern noch ein wenig mit Eldric gesprochen und mich über den Test erkundigt“, gab die junge Frau zu und schielte zu ihrem Begleiter, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und darauf wartete, endlich im untersten Stockwerk anzugelangen. „Sie werden – neben den üblichen Fragen – versuchen, dich zu reizen, also versuch einfach, die Nerven zu bewahren und nicht aggressiv zu reagieren.“

Aiden nickte nur gelassen und verließ mit seiner neuen Partnerin den Lift, von dem aus sie ein größeres Gebäude ansteuerten. Solange sie Jane nicht in ihrem eigenen Blut badeten, und für so makaber hielt er die Leute im Zirkel nicht, würde er sich schon im Griff haben. Gemeinsam traten sie an einen Tressen und Jane nannte der Empfangsdame Aidens Namen.

„Ah… McCollins und Hunt. Ja, hier stehen Sie. Bitte begeben Sie sich in den Warteraum zwei. Sie werden abgeholt“, wies die junge Blondine die beiden lächelnd an, woraufhin die Vampirjägerin nickte und zum besagten Warteraum ging. Es dauerte einige Minuten, bis ein junger Mann im weißen Kittel und mit roter Hornbrille auftauchte.

„Wir sehen uns in ein paar Minuten“, verabschiedete die Brünette sich knapp.

Aiden schenkte ihr noch ein Lächeln, dann folgte er unbefangen dem Rotbebrillten in ein Nebenzimmer, in dem auf einem kleinen Tisch ein Fragebogen und ein Aufnahmegerät lagen.

„Nehmen Sie Platz, Mr Hunt.“

„Aiden, bitte“, erwiderte der Vampir, als er sich auf einen recht unbequemen Plastikstuhl sinken ließ.

Der Prüfer lächelte unter seinen unbezwingbaren schwarzen Kringellocken hervor. „Gut. Ich werde Ihnen nur einige Fragen stellen, kein Grund zur Besorgnis. Fangen wir am besten sofort an. Zunächst etwas einfaches; wieso möchten Sie Mitglied in unserem Zirkel werden?“

„Ich möchte Jane McCollins beschützen.“

Scheinbar wartete der junge Mann auf weitere Ausführungen, aber es kamen keine, also räusperte er sich und fuhr fort. „Schön. Wie haben Sie Ihre potentielle Partnerin kennengelernt?“

Aidens zuvor stoisches Lächeln wurde breiter. „Sie hat versucht, mich zu töten… Nicht sehr erfolgreich, wie ich anmerken möchte.“

„Und da haben Sie sich entschlossen, es ihr beim nächsten Mal leichter zu machen?“, fragte der Junge mit hochgezogenen Brauen.

„So könnte man es ausdrücken, ja.“

„Na gut… Als was betrachten Sie Menschen im Allgemeinen?“

Das war schon kniffliger und Aiden überlegte eine Weile, ob der Prüfer die Wahrheit hören wollte oder das, was gut klang. Die folgenden Fragen wurden komplexer, dennoch dauerte es höchstens zwanzig Minuten, ehe Jona, der junge Psychologe, sein Testobjekt bat, ihm in den Nebenraum zu folgen, wo bereits Jane stand. Das Zimmer war groß und leer, Spiegel an den Wänden. Wahrscheinlich ein Trainingsraum.

Lächelnd machte Aiden einen Schritt auf Jane zu. „Sind wir schon…?“, fing er an, unterbrach sich jedoch, als der andere Jäger an ihm vorbei auf Jane zuging, die zwar einen Schritt zurückwich, sich halbherzig gegen ihren Kollegen wehrte und schließlich in dessen Armen hing, ein Messer an ihrer Kehle.

Natürlich waren sie noch nicht fertig.

Hätte Aiden nicht gewusst, dass dies ein Test war, er hätte dem Mann bereits den Kopf abgerissen – Beziehungsweise ihn windelweich geprügelt, töten durfte er ihn ja nicht. So aber duckte er sich leicht, zwinkerte den Beiden zu – „Darf ich dir weh tun, oder bin ich dann durchgefallen?“ – Und war im nächsten Moment neben Jona, den er mit einem Faustschlug in die Rippen überraschte, ehe er sich rühren konnte. Keuchend riss der junge Mann das Messer von Janes Kehle, um sich gegen den Angriff zu verteidigen, und schnitt ihr dabei den Hals auf. Im ersten Moment war Aiden zu sehr auf seinen Gegner fixiert, doch dann wehte der Geruch von Janes Blut von der Messerklinge zu ihm herüber und er geriet ins Stocken.

Sein Blick war auf seine Partnerin gerichtet, aber nicht auf ihre Augen, die ihn und Jona beobachteten, sondern auf ihren von ihren Fingern bedeckten Hals. Sein Kopf füllte sich augenblicklich mit Watte, seine Lungen weiteten sich, als er bewusst tief einatmete, und in diesem quälenden Moment spürte er, wie er sich erneut duckte. Seine brennende Kehle löschte alle Gedanken aus, außer den einen: Er brauchte Blut. Ihr Blut.

Wie in Trance merkte er, dass der Junge ihn angriff, aber Aiden schickte ihn mit einem Fauststoß in den Magen zu Boden, ohne auch nur richtig hinzusehen.

Sein Blick war auf Jane geheftet, die zwar nicht zurückwich, aber merklich beunruhigt schluckte.

Was sollte ihn davon abhalten, dieses Mädchen zu nehmen? Es stand ihm zu, sie zu haben, ihr Tod war Teil der natürlichen Ordnung…

Er machte einen Schritt auf sie zu, hielt aber wieder inne.

Ihr… Tod?

Aber sie durfte nicht sterben, nicht sie, nicht wieder… Nie wieder…

Aiden blinzelte.

Seine Augen, die gerade noch geglänzt hatten wie die einer Katze bei Nacht, nahmen wieder ihre normale Farbe an und er wandte sich schwer atmend ab, zog sich zurück, bis ans Ende des Raumes, wo er sich an die Wand lehnte, die Hände über den Kopf, die Augen geschlossen.

„Er… Er braucht einen Arzt, denke ich“, sagte er mit rauer Stimme. Eigentlich war ihm egal, was mit dem Prüfer war, er wollte nur, dass Jane ging und ihren Blutgeruch mitnahm, der immer noch an seinem Verstand zerrte und die Bestie aus ihm herauslocken wollte. Wenn sie nur nicht gerochen hätte wie die Sünde selbst…

Er bekam nicht wirklich mit, wie zwei Sanitäter in den Raum liefen, den am Boden liegenden Psychologen und Jane mitnahmen und durch einen anderen Jäger ersetzt wurden. Erst, als ein Wurfmesser sich in seinen Oberarm bohrte, sah er das Metall (Zum Glück Eisen, kein Silber) wie in Trance an und dann zu dem Mann vor sich.

„Was würdest du tun, wenn euer Ziel auf der Flucht ist, während dein Partner ohnmächtig und stark blutend auf dem Boden liegt?“, brüllte der Fremde mit der Glatze, als er die nächste Waffe auf Aiden schleuderte. „Wie würdest du dich entscheiden: Deinen Partner in Gefahr bringen und so ein weiteres Opfer retten oder deinen Partner retten und ein weiteres Opfer in Kauf nehmen?“

Aiden hatte Durst und er fühlte sich krank, sodass es schwer war, die Fragen überhaupt zu hören, aber er antwortete und duckte sich vor den Messern genauso wie vor seinem eigenen Instinkt, der ihm riet, diesen Menschen zu töten, damit er ihn nur endlich in Ruhe ließ. Bei seinen Antworten ergab sich das klare Bild, dass er Janes Leben in jedem Moment dem eines anderen Opfers vorziehen würde. Weil er weder darauf aus war, Vampire zu töten noch darauf, Menschenleben zu schützen, gingen diese Fangfragen in seinem Fall nach hinten los, das einzig schwierige war, die Bestie genug zu bezähmen, um überhaupt etwas zu sagen und nicht einfach zu töten.

Stunden später, so kam es Aiden vor, hörte der Jäger endlich auf, ihn zu bedrängen, und führte ihn in ein Wartezimmer, in dem schon Jane saß. Der Vampir hatte inzwischen Schatten unter den Augen und er spürte seine Zähne gegen die Lippen pressen, als er das getrocknete Blut am Hals seiner potentiellen Partnerin roch. Seine Hände zitterten, als ihm jemand die Blutkonserven in die Hand drückte.

„Dürfe ich… Alleine?“, fragte er erschöpft.

So ausgelaugt hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt, und er dachte gar nicht daran, dass er gerade einen Test abgelegt hatte, als man ihn zurück in den zweiten Prüfungsraum führte, wo er trinken konnte. Erst, als Aiden die Konserve geleert hatte, kam ihm der Gedanke, dass er sich ziemlich mies angestellt hatte. Verdammt, er hätte Jane beinahe angefallen… Der Gedanke entsetzte ihn so sehr, dass er am liebsten abgehauen wäre, aber dafür hätte an den Jägern vorbei gemusst, an ihr.

Er rieb sich das Gesicht, schüttelte den Kopf und kehrte zurück in das Wartezimmer, in dem er mit einem leisen „Danke.“, an eine Assistentin seine Konserve zurückgab. Einen Moment schloss er die Augen, dann drehte er sich zu Jane um, die er bereits beim Hereinkommen gewittert hatte, er aber nicht ansah.

„Es tut mir leid“, sagte er schuldbewusst zu ihren Schuhen. Er hatte nicht nur ihr Leben in Gefahr gebracht, sondern auch noch ihren Wunsch, diesen Vampir zu jagen, weiter verzögert – Dass sie ihn als ihren Partner akzeptieren würde, glaubte Aiden nämlich einfach nicht. Er sah jetzt zwar nicht mehr so mitgenommen aus, fühlte sich aber immer noch furchtbar, als würde die Schuld an seinen Eingeweiden fressen.

„Was denn?“

Überrascht hob er den Kopf, denn Jane schien tatsächlich nicht zu wissen, für was er sich entschuldigte. Er kam allerdings nicht dazu, ihr zu erklären, dass er sie in Lebensgefahr gebracht hatte und ihr Kollege nur noch lebte, weil Aiden ihn im Blutrausch völlig vergessen hatte, denn da wurden sie bereits von dem zweiten Prüfer in einen Raum mit einer verspiegelten Seite geleitet. Der Vampir hatte sich schon gedacht, dass so eine Vorrichtung oder Kameras in den Prüfungsräumen installiert waren… Zumindest, bevor er alles um sich herum vergessen hatte.

An einem Tisch saßen neben Eldric zwei Männer im Alter zwischen 30 und 40, die in der Gegenwart des uralten Vampirs so unbefangen wirkten wie neben jedem Menschen. Wie schon am letzten Tag reagierte Aiden selbst wesentlich vorsichtiger auf seinen Artgenossen, denn er konnte wittern, wie alt und entsprechend stark der Anführer der Vampirjäger war. Im Gegensatz zu Menschen verfiel ihresgleichen nämlich nicht mit der Zeit, sondern ihre Fähigkeiten verfeinerten sich, ihre Kraft stieg und ihre Sinne wurden schärfer. ´Wir sind wie Wein`, hatte sein Erschaffer zu Aiden gesagt, vor Jahrhunderten, als der neugeborene Vampir es nicht hatte verstehen können. Doch jetzt, wo er die drei ausgebildeten Jäger alleine außer Gefecht setzen konnte, wusste er, was Vincent damals so hochmütig gemacht hatte; Der größte Feind ihrer Beute, die Zeit, war der beste Freund der Vampire.

„Setzt euch doch“, sprach der alte Vampir lächelnd und deutete mit einer kurzen Geste auf die zwei bereitgestellten Stühle, die vor den Männern standen wie vor einem Richterpult. Jane kam der Aufforderung ohne zu zögern nach, während Aiden, der sich sonst nahe bei ihr hielt, jetzt auf möglichst viel Abstand achtete. Er setzte sich nicht, sondern stellte sich mit verschränkten Armen auf, um sein Urteil zu erfahren. Sie war sicher sauer, wenn man ihr eröffnete, dass er nicht als Partner geeignet war, und es tat ihm leid, sie zu enttäuschen.

„Nun, ich muss sagen, dass mich das Ergebnis überhaupt nicht überrascht hat“, erklärte Eldric schmunzelnd, fast schon grinsend. „Wie erwartet hast du bestanden, Aiden.“

„Was?“, keuchte dieser, als hätte er ein negatives Ergebnis erhalten. Das musste ein schlechter Scherz sein. Erst stützte er sich auf den Stuhl an seiner Seite, dann ließ er sich doch darauf sinken, als der Anführer weitersprach und deutlich wurde, dass er keine Witze machte.

„Du hast sehr akzeptable und nachvollziehbare Antworten gegeben. Außerdem hast du dich – Im Gegensatz zu anderen Anwärtern, welche die Fassung verloren haben – Sehr gut im Schach gehalten, als das Blut ins Spiel kam.“

Aiden konnte nicht fassen, dass man ihm Jane überantworten wollte, die er doch vor fünf Minuten erst beinahe umgebracht hätte. Dabei war ihm völlig egal, ob andere Anwärter sich noch schlechter angestellt hatten. Es ging um ihn und die einzige Person auf dieser Welt, die ihm wirklich noch etwas bedeutete. Er wollte nicht, dass dieses ´beinahe` ihre einzige Sicherheit war, wenn sie mit ihm arbeitete.

Aiden warf seiner frischgebackenen Partnerin einen hilflosen Blick zu, doch diese musterte nur reglos ihren Mentor, als wäre sie kein bisschen überrascht. Normalerweise hätte ihn ihr Vertrauen geschmeichelt, doch jetzt wünschte er sich den Zorn auf ihr Gesicht zurück, Zorn auf diese verantwortungslosen Narren.

„Was den letzten Teil der Prüfung angeht…“, fuhr Eldric fort. „Nun, ich würde nicht gerade sagen, dass wir nicht zufrieden sind. Es ist einfach so, dass deine Fixierung auf Jane bemerkenswert ist.“

Jetzt sah Jane doch zu Aiden und runzelte die Stirn.

„Wir schätzen es sehr, dass dir ihr Wohl so am Herzen liegt und du das anscheinend über alles andere stellst. Nur wären wir froh, wenn du versuchst, weiterhin einen kühlen Kopf zu bewahren, falls sie sich irgendwie verletzt oder so. Ansonsten kann das sehr schnell ins Auge gehen.“

„Aber ich…“

„Heißt das also…?“, begann die Brünette, die Aiden wohl nicht mal gehört hatte. Ihr Mentor lachte leise und legte eine Akte auf den Tisch. Die Vampirjägerin stand auf und schnappte sich die Dokumente so schnell, als würde Eldric es sich sonst doch noch anders überlegen und verstaute sie in ihrer Tasche.

„Gut, dann werden wir uns wieder auf den Weg und so bald wie möglich an die Arbeit machen!“, beschloss die junge Frau merklich gut gelaunt und deutete ihrem Jagdpartner mit einer kleinen Kopfbewegung an, mit ihr nach draußen zu gehen.

Wie in Trance folgte er dem glänzenden Pendel ihrer Haare. Sie verließen den Raum, weiter kamen sie nicht, denn Aiden nahm ihr noch im Vorzimmer das Blatt ab, als könne es Jane sonst im nächsten Moment beißen.

„Das willst du doch nicht wirklich machen?“, fragte er unruhig.

Sie hob nur eine Augenbraue an und musterte ihn irritiert. „Wieso denn nicht? So war es doch ausgemacht.“

„Das ist… Da drinnen, das war… Jane…“, sagte er ihren Namen verzweifelt, wie als letzten Rettungsanker, doch sie verdrehte nur die Augen.

„Ich weiß nicht, was dein Problem ist, aber wenn du es nicht schaffst, volle Sätze zu sprechen, werden wir wohl noch eine Ewigkeit hier stehen. Darum schlage ich vor, du überlegst, was du sagen willst, und wir reden oben weiter.“

Ihre Worte brachten Aiden tatsächlich zum Schweigen, wenn auch nur, weil ihr Unverständnis ihn überrumpelte. Sie war sonst in keinerlei Gefahr in seiner Gegenwart, er würde nicht mal im Traum daran denken, sie zu verletzen, aber jetzt, da er erlebt hatte, wie er auf ihr Blut reagierte, war ´Sorge` noch eine Untertreibung, wenn man seine Gefühle beschreiben wollte. Er war nicht durstig gewesen vor dieser kleinen Auseinandersetzung und jetzt würde er jagen müssen… Ohne zu töten, denn er war jetzt, Ironie des Schicksals, temporäres Zirkelmitglied.

Er war in Gedanken versunken während sie durch die unterirdische Stadt wanderten, und wachte erst wieder auf, als sie vor dem Lift standen. Nur zögerlich stieg er ein. Die Wunde an ihrem Hals war noch so frisch… Mit verschränkten Armen lehnte er sich an die Jane gegenüberliegende Seite des Aufzugs.

„Was ich sagen wollte…“, griff er das Gespräch diesmal artikulierter und ernster wieder auf. „War, dass ich nicht verstehe, wie ich mit dieser… ´Leistung` auch nur im Entferntesten als dein Partner geeignet sein soll. Ich will mich nicht davor drücken, versteh mich nicht falsch. Ich habe dir versprochen, dir zu helfen, und das möchte ich auch tun. Nur ist meine Reaktion auf dich meiner Meinung nach viel zu gefährlich, um mit dir zu jagen.“

„Ganz einfach. Weil du eben trotz des Blutes und der Möglichkeit nichts getan hast. Ich meine… Du wusstest doch bestimmt, dass noch mehr Leute anwesend waren und eingegriffen hätten, wenn du dich wirklich auf mich gestürzt hättest. Alleine die Tatsache, dass du trotz dieses Wissens keine ´lockere` Haltung eingenommen und dich zur Besinnung gerufen hast, zeigt doch schon, wie viel dir daran liegt, mich nicht zu verletzen und dass du die Regeln befolgen willst.“

Das Problem in ihrer Kommunikation war wohl, dass Aiden schon der Gedanke beunruhigte, was hätte sein können, während Jane daran festhielt, dass es eben nicht geschehen war. Für sie war das einfach, sie musste ja nicht mit den Schuldgefühlen leben. Und ihren Vorgesetzten war es scheinbar egal, was mit ihr passierte. Weniger fixiert auf sie sollte er sein, dass er nicht lachte. Außer ihm passte ja scheinbar niemand auf sie auf, wenn sie Monsterjäger spielte.

Noch dazu hätte ihn außer Eldric vermutlich niemand so leicht aufgehalten. Wenn er sich in den Kopf gesetzt hätte, sie zu töten, hätte er sie auch als seine Beute verteidigt. Jona, der Psychologe, war gut gepanzert gewesen, würde aber wohl eine Weile flach liegen, und damit hatte er noch Glück gehabt. Hätte er nicht aufgegeben, hätte Aiden ihn ohne zu Zögern umgebracht.

„Ich wusste in dem Moment gar nichts mehr“, versuchte er erneut zu erklären. Vielleicht war es besser, wenn sie es nicht wusste, aber er hatte das Gefühl, sie müsse verstehen, wie er tickte, wenn er Blut, vor allem ihres, roch. Er war dann einfach nicht der, den sie, wenn auch nur flüchtig, kannte, sondern genau das, für was sie seine Rasse hielt: ein Monster.

Jane zuckte nur die Schultern, scheinbar genervt und auch ein wenig verwirrt von diesem Gespräch, also versuchte Aiden es nochmal anders.

„Hör zu, du hast eine stärkere Wirkung auf mich als andere Menschen“, erklärte er ihr behutsam, nicht sicher, wie sie das aufnehmen würde. „Wenn sich jemand anderes verletzt hätte – Dieser Prüfer zum Beispiel – Wäre es nicht so schlimm gewesen. Aber dein Blut… es so direkt zu riechen ist… Überwältigend. Ich weiß nicht, ob du dir vorstellen kannst, aber ich kann an nichts anderes denken. Ich wollte dich töten und glaub mir, dieses Gefühl kannte ich bis eben nicht.“

Zumindest nicht so heftig, im Wald war es wesentlich leichter gewesen, nicht auf sie loszugehen, denn das Blut in der Konserve war nicht Janes gewesen. Und jetzt wäre es so einfach, den Kragen ihrer Lederjacke beiseite zu schieben, ganz behutsam ihren wunderschönen Hals freizulegen…

Die Aufzugtüren glitten auf und Aiden riss sich von dem Anblick los, suchte augenblicklich Abstand zu seiner neuen Partnerin.

„Wie meinst du das?“, fragte diese mit hochgezogener Augenbraue. „Inwiefern habe ich auf dich eine stärkere Wirkung? Ist mein Blut irgendwie anders als das anderer Menschen?“, wollte Jane neugierig wissen.

„Zum einen bist du eine junge Frau und somit von Natur aus… Anziehender als deine männlichen Artgenossen“, drückte er es mal vorsichtig aus. „Zum anderen bist du meine… Du bist mit meiner Lady direkt blutsverwandt. Du riechst wie sie, und ich denke, deswegen reagiere ich stärker auf dich. Du bist nicht anders als andere Menschen, du bist nur… Wie sie“, endete er, wobei er sie sehnsüchtig ansah.

Diese Sehnsucht war sogar noch stärker als der Wunsch nach ihrem Blut. Er wollte sie in den Arm nehmen, nur einmal ihr Haar durch seine Finger gleiten lassen… Es tat weh. In diesem Moment tat es ihm tatsächlich körperlich weh, sie vor sich zu sehen und zu wissen, dass er sie nicht berühren durfte, dass sie sich vor ihm ekelte.

„Verstehe…“, murmelte die Vampirjägerin leise und öffnete bereits den Mund zu einer neuen Frage, als sie ihm in die Augen blickte und darin den schmerzvollen, sehnsüchtigen Ausdruck erkannte, bei dem ihr die Worte praktisch im Halse stecken blieben. Instinktiv wandte sie den Blick von ihm ab. Aiden verstand ja, dass ihr diese Gefühle von einem Fremden, noch dazu von einem Vampir, unangenehm waren, aber er konnte nichts dagegen tun, bei ihrem Anblick nichts als bedingungslose Liebe und Hingabe zu empfinden.

Er rieb sich die schmerzende Brust, ohne den Blick von ihr zu lösen. Sie nicht mehr zu sehen, wäre noch schlimmer, das wusste er aus Erfahrung. „Ich gehe heute nicht in die Universität. Mir geht es noch nicht so gut“, entschied er in diesem Moment. Mehrere Stunden neben ihr in einem warmen Lehrsaal, wenn die Wunde an ihrem Hals noch so frisch war, wäre zu viel, da war er ziemlich sicher.

„Mhm… Wie du willst. Es ist nachvollziehbar, dass dieser Test an deinen Nerven gezerrt hat“, erwiderte die Brünette schlicht und öffnete ihre Autotür, ehe sie auf die Akte deutete, die Aiden noch immer bei sich trug. „Bring mir die aber spätestens morgen wieder. Ich will mir das immerhin noch genau ansehen.“ Man sah ihrem Blick an, dass sie die Dokumente am liebsten sofort an sich genommen hätte, doch dann stieg sie nur in ihren Wagen und sagte, bevor sie die Autotür schloss: „Wenn noch etwas ist, weißt du ja, wie du mich erreichen kannst.“

Aiden seufzte, als er ihr nachblickte. Er war noch aufgewühlt von der Prüfung und dieser spontane, heftige Anfall von Gefühlen hatte es nicht besser gemacht. So sehr er sich auch immer wieder sagte, dass er diese Frau erst seit zwei Wochen kannte, wollte er doch eine Nähe von ihr, die sie ihm nie geben könnte. Das könnte sie nicht, weil sie nicht die Frau war, nach der er sich sehnte. Und doch würde er mit ihr diesen Vampir jagen, weil er alles tun würde, damit sie ihm erlaubte, bei ihr zu sein.

Alles, und wenn es ihn den Kopf kostete.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo ihr Lieben. :)
Mal wieder haben die beiden eine ziemlich andere Vorstellung der Ereignisse. Was meint ihr, wie hat unser Jäger-Neuling sich geschlagen? xD

Beim nächsten Kapitel geht es endlich zur Sache, Jane bricht zu ihrer heißersehnten Jagd auf. Schaffen die beiden es trotz ihrer Differenzen, ihre Beute zu erlegen? Ist der gesuchte Vampir auch der Mörder ihres Vaters, den sie so hartnäckig sucht?
Ich hoffe, ihr seid wieder dabei. ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  TigerNagato
2016-08-26T14:03:17+00:00 26.08.2016 16:03
Zum ersten Mal in der Geschichte merkt man, wie überzeugt Jane von sich ist. Das bei der Prüfung hätte echt ins Auge gehen können. Am liebsten hätte ich zu dieser Szene einen Absatz über Eldrics Gedanken gehabt.

Ich bin mal gespannt, was die Jagd bringt. Auch wenn es fast Schade ist, dass ich nicht Aidans Sicht der Dinge lesen werde. Immerhin ist Jane an der Reihe.
Bis zum nächsten Kapitel...
LG Tiger
Antwort von:  RedRidingHoodie
27.08.2016 13:28
Vielen Dank für den Kommentar :)
Ja, das ist einer von Janes vorrangigen Charakter-Traids. Zusammen mit ihrer Sturheit xD° Ich hoffe wirklich, sie wird dir im Verlauf der Geschichte noch sympathischer ;)

Ah, das hätte ich vielleicht ankündigen können, entschuldige. Das nächste Kapitel wird von der Perspektive her halb-halb geschrieben sein, also keine Sorge, du bekommst "Aiden in Action". xD Ich fand es schon schade, dass er in der Bar-Szene nicht der Handlungsträger war, weil er beim Kämpfen ziemlich… Anders ist. Aber das bekommt ihr jetzt ja beschrieben. ^^

Bis zum nächsten Mal, lg
Von:  Sunshinera
2016-08-25T19:48:05+00:00 25.08.2016 21:48
Klasse Kapitel und nebenbei hast du mir heute den Tag gerettet.
Erst konnte ich mich zwei Tage lang gar nicht bei Animexx einloggen oder wurde direkt raus geschmissen... Aber das ich gleich als es geklappt hab die Benachrichtigung bekommen hab das ein neues Kapitel draußen ist war mein tag gerettet. ^^
Macht weiter so und bis demnächst.
L.g. Sunshinera
Antwort von:  RedRidingHoodie
26.08.2016 08:22
Ohje, hoffentlich klappt es von jetzt an wieder :<
Freut mich, dass ich dich etwas aufheitern konnte. ^^


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