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Ein würdiger Traum

Der Preis des Vertrauens
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Start in die neue Woche.
Ich möchte mich ganz herzlich bei blackholmes94, Lexischlumpf183 und LittleMarimo für euren treuen Kommentare bedanken, sowie bei meiner tollen Beta-Leserin, die immer dafür sorgt, dass ich mich beeile;-)
Heute kommt endlich der Moment auf den alle - nun ja zumindest ich - gewartet haben, der finale Tanz!
Und damit wünsche ich euch nun viel Spaß
Liebe Grüße
Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 28 - Das Ende

Kapitel 28 – Das Ende

 

-Zorro-

Er hatte nicht eine Sekunde aufgehört zu tanzen, bewegte sich im Takt der Musik und sah den Mann der Marine an, der durch Zorros Tat beinahe alles verloren hatte, bis auf sein Leben.

„Wie viele haben überlebt?“, fragte er tonlos.

„Neben dem Kollegen noch drei weitere“, antwortete der Mann mit dem er tanzte ebenso emotionslos.

Nur vier, wirklich nur vier Männer hatten seinen Ausbruch damals überlebt. Was er doch für ein Monster geworden war. Es fühlte sich ganz surreal an, hier im schicken Kleid, unter der Maske, zur Musik.

Der Vizeadmiral begann wieder zu sprechen:

„Wie du sehen kannst, sind einige meiner Untergebenen nicht ganz glücklich über deine Anwesenheit.“

Zorro folgte während einer Drehung seinem Blick zu einem der kleinen Tische, wo sechs unterschiedlichste Weißhemden in typischer Uniform saßen. Sie alle hatten ihre bedrohlichen Blicke aus dem Schatten heraus auf ihn gerichtet und auf jedem ihrer Gesichter stand abgrundtiefer Hass.

Der Pirat überlegte kurz.

„Also?“, fragte er dann und wandte seinen Blick wieder seinem Tanzpartner zu, „Was habt ihr jetzt vor? Wie werdet ihr mich zur Rechenschaft ziehen?“

Er wusste, dass ein Kampf sinnlos war, alleine der Vizeadmiral vor ihm musste so stark sein wie Hakkai selbst, gegen den noch nicht mal Ruffy eine Chance gehabt hatte. Außerdem hatte er selbst keine Waffe und nebenbei war der komplette Saal nur so erfüllt von hochrangigen Marinemitgliedern.

Wie aufs Stichwort tanzte der tollpatschige Admiral blauer Fasan in sein Blickfeld, stolperte sogleich über seine eigenen Füße und brachte sich und seine vollbusige Tanzpartnerin zu Fall.

Er musste also eine Auseinandersetzung verhindern, bei der seine Freunde von Sasaki in Gefahr geraten konnten. Zumindest das konnte er tun. Vielleicht würde man ihm sogar noch die Gnade gewähren, sich von ihnen zu verabschieden.

„Das ist ja das Problem“, meinte Vizeadmiral Comil und sah zu ihm herab, „Unsere Treue zur Marine steht hier gegen die Familie.“

Zorro stockte. Nicht eine Sekunde lang hatte er geglaubt, dass sie überhaupt überlegen würden, dass diese Kleinigkeit für sie in irgendeiner Form relevant sein könnte, nicht nachdem, was er getan hatte.

„Die Familie der Wiedergeborenen“, murmelte er ruhig, nur für den Marinemann hörbar.

Dieser nickte.

„Alle unserer Art, die es in der Marine gibt, nehme ich in meine Einheit auf um für sie zu sorgen und um ihnen bei ihrer Selbstfindung zu helfen. Diese Spezialeinheit besteht mittlerweile aus genau sechs Mitgliedern, die du dort siehst.“

Wieder beobachtete der Pirat die Kadetten, die ihn feindselig anstarrten, doch diesmal richtete er seinen Blick eher auf ihre Schatten, die immer wieder verschwammen und scharf wurden.

„Unter anderen Umständen hätte ich dir angeboten, uns beizutreten. Einige von uns waren früher Gesetzeslose und haben bei der Marine ihr neues Zuhause gefunden. Natürlich ist der ein oder andere auch in sein altes Leben zurückgekehrt, nachdem er gelernt hatte, wie er wieder seinen anderen Körper annehmen konnte.“

Nun sah der Pirat den Schatten seines Tanzpartners an. Sah die uralte Frau, deren langer Flechtzopf, wie ein Schal um ihren Hals gelegt war und die aus zusammengekniffenen Augen zurück blickte und mit dünnen Lippen freundlich lächelte, ebenso wie ihr reales Ebenbild, Comil.

„Ich habe entschieden, mir erst ein Bild von dir zu machen, ehe ich mich entscheide, was ich tun werde. Deine Verbrechen sind unverzeihlich und ich verstehe jeden meiner Kollegen, der deine Eingeweide aus diesem schmächtigen Körper reißen möchte“, sprach der Vizeadmiral höflich weiter, als wenn er über das Wetter sprechen würde, „Aber du gehörst nun mal zur Familie und wie du von Banri mit Sicherheit weißt, ist unser Zusammenhalt in dieser Welt unverzichtbar. Wenn wir dir den Prozess machen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass unser aller Geheimnis gelüftet wird und darauf möchte ich gerne verzichten.“

Als Banris Name fiel, schaute Zorro überrascht auf. Es schien, als würden sie sich alle kennen.

„Woher wissen Sie, dass ich Banri kenne?“

Der Vizeadmiral zuckte mit den Schultern: „Woher wusste ich, dass du weißt was wir sind? Woher wusste ich, dass du bei meinem Anblick nicht schreiend davon laufen würdest? Ich kenne fast sämtliche Mitglieder unserer Familie und bin über dieses Netzwerk immer auf dem Laufenden.“

Immer noch tanzten sie im Takt der Musik, doch Zorro ignorierte alles andere um ihn herum.

„Mein anderer Name ist Gensui Jade, mein lieber Neuling. Ich gehöre zu den ältesten, die von uns noch leben und bin sozusagen die Mutter der Familie, also nenn mich ruhig Jade.“

Es war seltsam, wenn ein Mann sich Mutter nannte, aber wer war Zorro schon um darüber zu urteilen.

Sein Tanzpartner war eine Spur zu freundlich, wenn man bedachte, dass Zorros Schicksal in der Hand des Vizeadmirals lag.

„Jade“, meinte er ruhig, „Sie sind sehr nett zu mir. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Kollegen das gut finden.“

Die verzauberte Frau grinste ihn an, was bei den schwulstigen Lippen des Marinemannes irgendwie bedrohlich wirkte.

„Mein junger Freund, in meinem zweiten Leben wurde ich Mann der Marine und habe dieses Leben auch der Gerechtigkeit verschrieben, aber ich lebe deutlich länger auf dieser Erde als die meisten und habe viele Menschen kommen und gehen sehen.  Ich habe mich ebenso unserer Familie verschrieben und auch dir werde ich dir Möglichkeit geben, die dir das Schicksal geboten hat, sofern du sie denn wahrnimmst.“

„Sie wissen mehr als Banri, oder?“

„Natürlich“, antwortete sie lachend, „der dumme Kauz ist zwar ein netter Zeitvertreib, aber er weiß nur die Hälfte von dem, was es zu wissen gibt.“

Das Lied endete und beide verbeugten sich kurz, aber keiner von ihnen ging.

Mit dem nächsten Ton ergriff Zorro wieder die Hände des Offiziers.

„Auch wenn es mir nicht zusteht, bitte ich um Ihre Hilfe, Jade.“

Sie hielt seinem Blick tonlos stand.

„Ich weiß bereits, was ich in diesem Leben lernen muss, aber trotzdem ist es mir nicht möglich, meine Gestalt zu wechseln. Was mache ich falsch? Wissen Sie das?“

In langsamen Schritten ging er zurück und wieder vor, nicht eine Sekunde seine Augen abwendend. Dieser Tanz hier konnte seine Möglichkeit sein, wieder Lorenor Zorro zu werden, aber genauso sehr konnte es auch sein Todesurteil sein, sein Endgültiges!

„Worte sind sinnlos“, meinte sie schlicht, „Wir alle wissen, was besser für uns ist. Mehr Training, eine bessere Ernährung, ein gesünderer Lebensstil, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir unser Leben ändern.“

Allmählich drehten sie sich, die Musik als Schutz vor ungewollten Zuhörern.

„Du wirst erst in der Verfassung sein, deinen anderen Körper zu erhalten, wenn du deinem Wissen Taten folgen lässt.“

Sie sahen einander an.

„Danach, wenn du das Gelernte umgesetzt hast, musst du nur noch die Stärke finden, deine Gestalt zu wechseln.“

Diese Aussage war sehr ungenau, aber trotzdem wusste er in etwa, was sie meinte. Er verstand.

Plötzlich veränderte sich der freundliche Gesichtsausdruck zu einer kalten Maske.

„Und jetzt sprechen wir über die G6!“
 

-Mihawk-

Sein mittlerweile fünftes Glas Wein drückte er einem Sklaven in die Hand.

Aus zusammengekniffenen Augen beobachtete er den Wildfang, der gerade unglaublich intim mit Vizeadmiral Comil tanzte. Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

Warum sprachen Lady Loreen und der Kommandant der G2, Vorgesetzter seines alten Herrn, so vertraut miteinander?

Das machte ihn rasend.

Aber er wusste auch, dass sein Eingreifen eher kontraproduktiv sein würde. Lorenor würde ihm schon andeuten, wenn er in Gefahr wäre.

Auch entgingen ihm nicht die feindlichen Blicke der sechs Marinekadetten von einem der nicht weit entfernten Tische. Es war äußerst seltsam, dass so niedriges Fußvolk auf so einem Ball anwesend war. Aber sein Problem sollte es nicht sein.

Mühsam erhob er sich.

Mit gezielten Schritten ging er auf den einzigen Mann im Saal zu, der für ihn noch in irgendeiner Form interessant sein konnte: Vizeadmiral Hakkai.

Überrascht stellte er fest, wie viele von den Marineoffizieren hier rumliefen. Deutlich mehr als früher. Naja auf der anderen Seite hieß diese Veranstaltung nicht umsonst Marineball. Aber keiner, kein einziger von ihnen traute sich zum angeschlagenen Kollegen, welcher ganz alleine den Tanzenden zusah.

Der Vizeadmiral sah ihn milde erstaunt an, als er sich zu ihm stellte.

„Na, Sie sind wohl der einzige hier, der sich nicht vor mir fürchtet“, meinte er ruhig. Zeigte sein wohl bekanntes, freundliches Lächeln, welches selbst durch seine Verletzung nicht verloren gegangen war.

„Keine Sorge, Hakkai, ich bin Ihnen in den Punkten Feindseligkeit und Abscheu weit voraus. Sie müssen sich schon etwas mehr anstrengen, wenn sie der meistgehasste Anwesende werden möchten.“

Der andere lachte leise, seine einst helle Stimme war mittlerweile rau und trocken geworden. Dulacre erinnerte sich an den anderen noch aus seiner eigenen Zeit bei der Marine, damals war der sanfte Mann ein ruhiger, freundlicher Kamerad gewesen, der oft genau deswegen unterschätzt worden war.

Sein verbliebenes Auge hatte den damaligen Glanz verloren, seine Körperhaltung die alte Kraft abgelegt.

Was auch immer die Marine mit seiner Anwesenheit auf diesem Ball beweisen wollte, sie hatte kläglich versagt. Wenn sie sagen wollte, dass sie diesen schwarzen Punkt ihrer Geschichte überstanden hatten, dann bewies Hakkai höchstpersönlich, dass die Wunden nach drei Wochen noch nicht verheilt sein konnten.

„Ich wollte Ihnen meinen Respekt ausrichten“, sprach er schließlich kühl weiter, „Es ist vielleicht nicht viel, von einem Piraten.“

Sein Gegenüber sah ihn ruhig an, dann nickte er ihm kurz zu, ehe er zum nächstbesten Stuhl hinüber humpelte. Erst da wurde es Dulacre bewusst. Sein rechtes Bein schien eine Prothese zu sein.

Ohne sich etwas anmerken zu lassen, ließ er sich neben ihn sinken.

Wie auf Geheiß standen zwei Gläser Wein plötzlich neben ihnen, ohne dass nur einer von ihnen nach den Sklaven Ausschau hielt.

„Es ist ungewöhnlich für einen der sieben Samurai hier anwesend zu sein“, erwähnte Hakkai wie immer höchst höflich, „Gehe ich recht in der Annahme, dass das mit dem jungen Fräulein einher geht?“

„Sie scheinen gut informiert.“

Der Vizeadmiral lachte halbherzig. „Es ist eher so, dass Ihr Blick für sämtliche Anwesenden zu offensichtlich ist.“

Nun gut, das konnte er sich denken, bisher hatte er seinen Wildfang kaum aus den Augen gelassen, selbst jetzt konnte er ihn immer noch aus den Augenwinkeln sehen. Irgendwann musste das den anderen Kriegern hier natürlich auffallen.

„Verzeihen Sie meine Direktheit, aber ich bin überrascht, dass Sie noch nicht degradiert worden sind.“

Er brauchte Antworten und die würde er sich holen.

Wieder grinste der andere äußerst sarkastisch.

„Da sind Sie nicht der Einzige. Nach meinem Versagen müsste ich eigentlich der Marine verwiesen werden.“

„Vielleicht hat Sie genau diese Ansicht davor bewahrt.“

Seine Vermutung war eher eine höfliche Floskel, das war beiden von ihnen bewusst.

„Sagen Sie, Falkenauge, was wollen Sie wirklich wissen?“

Sein kalter Blick traf den seinen. Er schien so müde. Er hatte keine Lust auf Versteckspielen und aus Respekt würde Mihawk das auch nicht tun.

Er drehte sich weg von den Tanzenden und sah sein Gegenüber entschieden an.

„Wieso haben Sie versagt?“
 

-Zorro-

Tief verbeugte er sich vor Vizeadmiral Comil, ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Jetzt würde sich sein Schicksal entscheiden.

Kühl sahen ihn die kleinen Augen des breitkreuzigen Mannes durch seine schwarze Maske hinweg an, während die Musik um sie herum leiser wurde.

„Wenn möglich, wäre ich Ihnen dankbar, wenn wir das hier ohne größeres Aufsehen hinter uns bringen könnten.“

Langsam erhob er sich wieder.

„Die Menschen, die mir geholfen haben, wissen nichts von meiner wahren Gestalt und es läge nicht in meinem Interesse, wenn sie sich in Schwierigkeiten bringen würden, um einer verhafteten Lady Loreen zur Hilfe zu kommen.“

Er hatte seine Bitte klar formuliert. Er würde sich der Entscheidung seines Gegenübers fügen, denn ein Kampf war aussichtslos. Doch vor allem wollte er nicht, dass seine Verhaftung zu einem Tumult führte. Es gab einige Leute in diesem Raum, die sich auf seine, beziehungsweise Lady Loreens Seite stellen würden und im Zweifel sogar für einen Kampf bereit wären und bis auf Homura wollte er nicht, dass auch nur einer von ihnen wegen ihm leiden musste.

Selbst den Samurai musste er außen vor lassen, wenn er sicher gehen wollte, dass niemand mit hineingezogen würde.

Es würde für ihn noch schlimm genug werden, wenn die Welt herausfinden würde, wer Lady Loreen in Wirklichkeit war. Er bezweifelte, dass sie ihn im stillen Kämmerchen hinrichten würden. Durch seinen Tod könnte die Marine schließlich ihr Gesicht retten. Es ging hier um deutlich mehr, als nur um Rache.

Das nächste Lied setzte ein. Sein hüpfender, fröhlicher Rhythmus passte so gar nicht zu der Bedrohung, die Zorro gegenüberstand.

„Eine Schande“, begann nun der Vizeadmiral zu sprechen, „Es tut mir wirklich leid.“

Das verzauberte Mädchen biss die Zähne fest zusammen.

Die andere Gestalt des Vizeadmirals war eine alte Frau, das hieß aber noch lange nicht, dass sie gütig war. Wenn Jade entscheiden würde, ihn hier vor allen geladenen Gästen zu entlarven, musste er sich schnell etwas überlegen, um vor allem Jiroushin und Koumyou davon abzuhalten ihm zu helfen.

Dulacre traute er zu, nicht so dumm zu sein, einzugreifen.

Innerhalb weniger Sekunden hatte er sich bereits ein paar gute Sätze zusammengelegt, die ein typischer Bösewicht wohl sagen würde. Seine Freunde von Sasaki mussten ihn hassen, damit sie ihm nicht helfen wollten.

Tja, diese Rolle passte doch zu ihm. Irgendwie entspannte es ihn sehr. Die Welt wurde ruhiger. Er machte den anderen Wiedergeborenen keinen Vorwurf, er konnte sie sogar verstehen. Er hoffte nur, dass sie es beenden konnten, ohne Menschen, die ihm wichtig waren unnötig zu verletzen.

„Das ist ein Française“, meinte sein Gegenüber nur schlicht und nickte zum Orchester hinüber, „ich liebe diesen Tanz. Mit meinem verstorbenen Mann habe ich ihn damals zu meiner Hochzeit getanzt.“

Zorro kannte den Tanz, es war einer der ersten, die er gelernt hatte. Ein Tanz, bei dem man mit wechselnden Partnern verschiedene Figuren tanzte. Es war ziemlich lächerlich in seinen Augen.

„Aber leider sind unsere drei Tänze bereits um.“

Er schluckte. Das war es also nun.

„Sie sollten ihn sich aber auf jeden Fall nicht entgehen lassen, Lady Loreen.“

Überrascht sah er die verstorbene Frau an.

„Ich danke Ihnen sehr für die angenehme Zeit und freue mich bereits jetzt schon auf ein baldiges Wiedersehen.“

Dann salutierte der Vizeadmiral knapp, drehte sich um die eigene Achse und schritt zügig davon.

Etwas geschockt starrte er dem Rücken des anderen nach, der sich zu seinem Gefolge gesellte und in ruhigen Worten mit ihnen sprach.

War das gerade…? Hatte er gerade…? Hatte sie vielleicht…?

„Meine Dame?“

Ein Mann in roter Maske und blauer Schleife bot ihm seinen Arm an. In diesem Moment forderten drei Trompeten zum Beginn auf.

Immer noch unsicher darüber, was gerade geschehen war, nickte er kurz und hakte sich ein. Nach drei Schritten vorwärts löste er sich, klatschte mit hunderten anderen uni solo in seine Hände, drehte sich Rücken an Rücken mit einer anderen Dame und stand nun jemand anderem gegenüber.

Und so ging es vor und zurück. Von rechts nach links.

Mal änderte sich der Takt, mal das Lied, doch nie setzten sämtliche Musikanten aus, sodass es für Zorro unmöglich war, abzuhauen.

Nach mehreren Minuten und verschiedensten Variationen endete der volkstümliche Tanz und er applaudierte höflich mit den umstehenden Menschen.

Jade hatte ihn nicht verraten. Sie würden ihn nicht festnehmen. Sie hatte ihm sogar geholfen, hatte ihm verraten, wie er wieder er werden würde.

Doch auch sie hatte ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er nie wieder nur Zorro sein konnte. Loreen gehörte nun genauso zu ihm, wie sein rechter Lungenflügel.

Seufzend wollte er die Tanzfläche verlassen, als ihm der Mann entgegen kam, der ihm diesen Ball eingebrockt hatte.

Eizen!

Sein schwarzer Anzug mit silbernen Verzierungen und seine silberne Maske stellten ein perfektes Gegenstück zu Zorros eigenem weiß-silbernen Outfit da.

Tief verbeugte sich der Politiker vor ihm und Zorro sah sich gezwungen ebenfalls zu knicksen.

Seine Füße taten ihm langsam weh, er wusste nicht, wie lange es her war, dass er am Tisch des Samurais gesessen hatte, aber das wurde gerade auch ziemlich unwichtig.

„Lady Loreen“, begrüßte ihn der ältere Mann und lächelte freundlich.

Zum ersten Mal konnte Zorro seine Augen sehen, da er keine Sonnenbrille trug. Es waren ganz normale braune Augen, er konnte nicht verstehen, warum jemand sie verstecken brauchte. Generell wirkte Eizen noch etwas jünger und weniger klapprig als am vergangenen Tag. Irgendwie sehr seltsam, das alles.

„Herr Eizen“, entgegnete er höflich und nahm die ihm dargebotene Hand an.

Er hatte gewusst, dass er vor diesem Tanz nicht davon laufen konnte. Erst Recht nicht auf diesen Schuhen.

Es war sein erster Tanzpartner, bei dem er ohne Probleme an die Schulter ran kam. Fast schon traurig, wie glücklich ihn das machte.

Sie folgten der langsamen Musik, ohne einander anzusehen.

Zorro wusste nicht, wen der andere beobachtete, aber sein Blick lag auf dem Samurai, der schon seit längerer Zeit an einem anderen Tisch saß, anfangs nur mit dem ihm leidlicher Weise bekannten Hakkai, mittlerweile jedoch auch noch mit einigen anderen Offizieren, welche alle ungewöhnlich ernst drein blickten, wenn man bedachte, dass man sich auf einer Tanzveranstaltung befand.

„Nun, Liebes“, begann das altersschwache Fossil die unvermeidbare Konversation, „Wie haben Sie sich entschieden?“

Er erwiderte den Blick seines Tanzpartners ernst.

Bis vor wenigen Minuten war er sich nur zu sehr bewusst gewesen, was seine Antwort sein würde, aber die Dinge hatten sich geändert. Hatten sie sich wirklich?

„Sie wirken immer noch etwas unstet. Ich hatte Sie nicht für eine unschlüssige Person gehalten.“

„Herr Eizen“, erhob er nun das Wort, „Die Umstände sind nicht mehr die, die sie gestern noch waren.“

Nun sicherte er sich die Aufmerksamkeit des anderen.

„Und warum ist das so, Lady Loreen?“

Er schüttelte sachte den Kopf: „Ich möchte Sie nicht mit privaten Unstimmigkeiten langweilen.“

„Dabei bin ich mir fast sicher, dass Sie Ihrem – wie waren wir dabei verblieben? –  ach ja, Ihren Bekannten Herrn Mihawk über mein Angebot informiert haben.“

Wieder schüttelte er den Kopf.

„Wieso sollte ich ihn mit etwas belangen, was ihn nicht betrifft? Sie sind an mich heran getreten, nicht an ihn.“

Einen Moment unterbrachen sie ihr Gespräch, als er sich ausdrehte.

Zurück im Arm des Politikers sprach er ruhig weiter:

„Sie wissen, dass ich Ihren Vorschlag nicht annehmen werde.“ Eizens Gesicht zeigte keinerlei Erstaunen. „Natürlich weiß ich, dass ich nur Ihnen und Ihren Kollegen in Mary Joa meinem zweifelhaften Ruhm zu verdanken habe. Aber ich habe nicht vor als Schoßhund der Weltregierung tätig zu werden.“

Der Politiker hatte immer noch sein undurchdringbares Lächeln aufgesetzt.

„Und warum möchten Sie nicht in unserem Dienst tätig werden? Liegt es am Geld? An der Reputation? Oder an Ihrem Bekannten?“

Dieses Gespräch war mit Abstand das Gefährlichste an diesem Abend.

„Weder mit Geld noch mit Ansehen können Sie mich locken, mein Herr. Wenn ich Sie erinnern darf, waren Sie es, der mich ins Rampenlicht drängte. Und korrigieren Sie mich bitte, wenn ich mich irre, aber ich wüsste nicht, wie unser Verhältnis den Vertrag zwischen Dulacre und den fünf Weisen beeinflussen könnte.“

Dieser Mann war niemand, der ein Nein akzeptierte.

Leise lachte er.

„Es ist beinahe amüsant, wie Sie glauben, mit mir auf einer Ebene zu stehen, Lady Loreen.“

Nun fiel seine politische Maske.

„Sie haben Recht, ich habe dafür gesorgt, dass sie die Frau geworden sind, die alle hier sehen. Ich habe Ihnen Einfluss und Prestige geschenkt. Nur dank meiner Worte will die Welt Sie sehen.“

„Und ich wiederhole noch einmal, mein Herr. Diese Dinge interessieren mich nicht. Es ist mir egal, ob die Welt mich liebt oder hasst.“

Keine Sekunde hörten sie mit dem Tanzen auf.

„Sie verstehen immer noch nicht, Lady Loreen. Alle Gäste hier sehen in Ihnen eine wunderschöne, reine Adlige. Das hübsche Mädchen im weißen Kleid. Viele verstehen nicht, warum Sie sich mit Abschaum wie Mihawk abgeben, wo sogar der Hochadel bereit wäre, sich auf ein Gespräch mit Ihnen herabzulassen. All diese Menschen sind Ihnen sofort verfallen. Glauben, Sie gehören zur besseren Gesellschaft. Es ist, als hätten Sie einen Zauber über sie gesprochen. Doch bei mir wirkt er nicht. Ich weiß, dass das alles nicht stimmt.“ Seine Stimme bekam einen gefährlichen Unterton.

„Unser Freund Homura hält sie für eine von noblem Geblüt. Die Menschen glauben Sie sind eine verschollene Prinzessin, ein Kind eines vergangenen Königreiches. Aber wir beide wissen, dass das nicht stimmt. Sie sind bei Mihawk, nicht wegen dem Ruhm seiner Familie, sondern weil Sie genau mit dem Abfall der Gesellschaft groß geworden sind, den dieser Pirat wiederspiegelt.“

Zorro schluckte.

„Bravo“, sagte er schlicht, „Sie kennen also nun mein ach so großes Geheimnis. Ich bin keine Adlige, noch nicht einmal eine Gutbürgerliche. Schockierend. Aber was bringt Ihnen das? Meinen Sie mich interessiert das? Meinen Sie Dulacre interessiert das? Wissen Sie, was am meisten darunter leidet, wenn die Welt herausfindet, dass ich - wie nannten Sie das so passend? - Ach ja, Abfall der Gesellschaft bin? Ihr Plan mich zu ihrem Schoßhund zu machen. Sie schneiden sich ins eigene Fleisch.“

Es missfiel ihm, dass der andere noch so grinste.

„Liebes, wenn wir Sie nicht für uns gewinnen können, verlieren wir nichts. Aber sind Sie bereit, Ihren Einsatz zu verlieren?“

Zorro hatte keine Ahnung, mit was ihn der andere unter Druck setzen wollte. Er hatte nichts zu verlieren. Keiner konnte die Verbindung zu seiner Crew finden und der Samurai war durch den Namen seiner Familie sowie dem Vertrag mit der Weltregierung selbst geschützt.

„Sie glauben wirklich, dass Sie mir damit drohen können?“, fragte er stattdessen, als wüsste er genau, was der andere meinte, „Sie glauben, Sie haben mich damit in der Hand?“

Er machte einen Schritt auf den anderen zu, ihre Körper berührten sich. „Selbst wenn ich bereit wäre für Sie zu arbeiten, hätten Sie nie Kontrolle über mich. Ich würde nie die Worte, die ein anderer mir in den Mund legen würde, laut aussprechen. Und nichts was Sie tun würden, könnte etwas daran ändern.“

Das Lied verstummte und Zorro knickste kurz.

Das Gespräch war beendet.

Doch der Ältere ließ ihn nicht los.

Zum nächsten schnelleren Lied, ergriff er wieder seine zweite Hand. Diesmal war es ein schnelles Vor und Zurück ohne jegliche Schnörkel oder Drehung. Es war einer harter und emotionsloser Tanz.

„Liebes“, erhob der andere immer noch lächelnd erneut das Wort, „Sie sagten, die Dinge hätten sich seit gestern verändert. Aber Sie waren schon gestern alles andere als zugeneigt. Es ist etwas Persönliches, haben Sie gesagt. Ich schließe daraus, dass es etwas mit Ihrem Bekannten zu tun hat. Nicht wahr?“

Sein Kontrahent machte eine dramatische Kunstpause und deutete auf den Samurai, welcher sich immer noch hoch konzentriert mit Hakkai unterhielt. Ein quietschender Geigenton schrie bis in Zorros Herz, welches zu rasen anfing. Hier ging irgendwas vor sich, was er nicht einordnen konnte.

Er musste Ruhe bewahren!

„Interessant, wie lange er sich schon mit dem Vizeadmiral unterhält, stimmen Sie mir nicht zu? Ich habe mich schon öfters gefragt, warum man so etwas Ehrloses nicht aus der Marine entlässt. Aber anscheinend ist er doch nicht ganz unnütz. Schließlich hat er sich die komplette Aufmerksamkeit Ihres Bekannten gesichert.“

Was wollte er ihm damit sagen?

„Sie wissen doch mit Sicherheit, wie dieser Abend hier funktioniert. Der Höhepunkt des Tanzens ist so gut wie erreicht. In wenigen Minuten wird das große Bankett eröffnet. Aber wir beide wissen, was vorher kommt.“

Das Zeichen!

Der schiefe Ton war das Zeichen gewesen!

Und Falkenauge hatte es nicht gehört!

Der Politiker zog ihn etwas enger an sich, diesmal war seine Nähe ihm denkbar unangenehm.

„Sehen Sie sich um, Liebes. Homura steht schon mit scharrenden Hufen bereit und wir beide wissen, dass er Sie nicht nur um einen Kuss bitten wird.“

Zorro konnte ihn erkennen, wie er am Rand der Tanzfläche, nur wenige Schritte von ihm entfernt, stand, ein Fuß im steten Takt der Musik klopfend.

Direkt neben ihm stand ein hochgewachsener, älterer, dickbäuchiger Blondschopf in einem komplett goldenen Anzug, der jedoch nach unten seltsam weit ausgestellt war. Unter einem Fischglas trug die Gestalt eine ebenfalls goldene Maske, der Rest des Gesichts wurde von einem Rauschebart verdeckt. Ein rotes Cape sowie ein knochiger Gehstock rundeten das Bild ab.

„Sankt Rosward“, meinte Eizen nur kühl, „Er ist bekannt dafür, dass er sich hübsche Frauen gerne als Dekoration ausstopfen lässt.“

Die Häme in der Stimme des Politikers war greifbar.

„Niemand hier wird es wagen, sich vor einem Weltaristokraten zu schummeln und Homura hat sich den ersten Tanz mit Ihnen gesichert. Aber zu Ihrer Rettung, habe ich noch genau einen Tanz mit Ihnen frei und zwar den wichtigsten.“

Er sah zu Zorro hinab. „Ich werde nicht so viel von Ihnen verlangen, Liebes. Alles was ich von Ihnen möchte, ist eine einzige Nacht und ich verspreche Ihnen, dass Sie Ihre Klamotten anlassen können.“

Die Musik wurde leiser.

„Nun, Liebes?“

Sein Herz raste, dann sah er den anderen an.

„Ich habe es Ihnen doch schon gesagt, ich spiele nicht nach Ihren Regeln, Liebes!“
 

-Mihawk-

Er war dankbar, als die nervigen Offiziere um ihn herum sich langsam verkrümelt hatten. Erst dann hatten sie die Möglichkeit gehabt, wieder über die Dinge zu sprechen, die ihn interessierten.

Auch wenn es ihn wirklich überraschte, wie bereitwillig sein Gegenüber ihm von seinem größten Scheitern erzählte.

Die Aufrichtigkeit des anderen beeindruckte ihn, aber genau dafür war Hakkai nun mal auch bekannt.

„Leutnant Sanzo hatte mich ebenfalls über das rebellische Verhalten des Piratenjägers informiert, aber auch darüber, dass er nicht bis zur Gefangenenübergabe überleben würde. Seine Aussage stimmte dementsprechend auch mit Homuras überein, wie Sie sehen. Dass der Pirat genau jenen Abend zwei Tage zuvor zur Flucht nutzen würde, hätte ich ihm nicht zugetraut. Mein Fehler, für den viele ihr Leben lassen mussten“ beendete er schließlich seine Erläuterung.

„Der Leutnant hat überlebt, oder?“

Der andere nickte:

„Er liegt noch im Krankenhaus, ebenso wie Unteroffizier Whang.“

„Und wer ist der vierte Überlebende?“

Hakkai sah auf und auch der Samurai sah kurz zu den Musikanten herüber, als ein Geiger kläglich eine Note vergeigte. Dies war wohl sein Todesurteil und das war keine Übertreibung.

„Ein Kadett, genauer gesagt eine Kadettin. Es grenzt an ein Wunder, dass sie überlebt hat“, fuhr der Vizeadmiral fort.

„Wieso das?“

„Sie ist dem Piraten bei seinem Fluchtversuch begegnet und obwohl sie kämpferisch nicht mit ihm mithalten konnte, hat er sie nicht getötet.“

„Und wie hat sie die Explosion und das Feuer überlebt?“

„Wie gesagt, es ist ein Wunder.  In einer unserer Waffenkammern lagerten wir ein spezielles, hitzebeständiges Metall, eine Mischung aus Wapometall, Kitekkou und Gold, welches jedoch noch nicht serienreif war. Lorenor Zorro hatte sie genau dazwischen versteckt ihrem Schicksal überlassen.

Sie wurde verletzt, aber sie hat tatsächlich überlebt.“

Beide schwiegen für einen Moment. Der Vizeadmiral wohl in Gedanken an all die Männer und Frauen, die er verloren hatte. Dulacre auf der anderen Seite hatte nun seinen Wissensdurst gestillt und suchte gerade nach einer eleganten Möglichkeit sich zu entschuldigen, ohne dass es so wirkte, als hätte er den anderen einfach nur ausgequetscht, was vollkommen der Wahrheit entsprach.

„Sagen Sie mal, Falkenauge“, ergriff nun wieder sein Gegenüber das Wort, „Sie sind doch mit dieser Lady Loreen liiert, oder etwa nicht?“

Verwirrt über den allzu abrupten Themenwechsel sah er den anderen an.

„Ich wundere mich nur, dass Sie nicht versuchen, zu ihr zu kommen“, erklärte sich der Mann der Marine.

„Ich wüsste nicht, wozu das nötig wäre“, erwiderte er zögerlich.

„Sie wissen aber schon, dass das Zeichen dieses Jahr geändert wurde?“

In diesem Moment erstarb langsam die Musik.

„Wie bitte?“

„Ja, da es so schwierig war, ein Wort unter tausenden zu erkennen, hat man sich darauf geeignet, dass eine auffallend schiefe Note von nun an das Zeichen sein soll.“

In diesem Moment brach eine kühle Stimme durch den Saal.

„Bleiben Sie stehen!“

Dulacre sprang auf und wandte sich zur Tanzfläche.

Dort, nicht weit weg von ihm, stand Eizen, eine Hand ausgestreckt, die Wangen rot vor Wut. Hinter ihm stand Nataku und irgendein Goldesel.

Ihre Blicke und die aller anderen Anwesenden folgten der Frau in Weiß, die geradewegs auf ihn zuging. Den Kopf gesenkt.

Genau vor den paar Treppenstufen, die zu ihm hinaufführte, ging die Dame in einen tiefen Knicks. So tief, dass das weiße Kleid den Boden um den zierlichen Körper herum erfüllte wie ein Meer aus Licht. Der Kopf war immer noch gesenkt, doch eine Hand war wie zur Aufforderung nach ihm ausgestreckt.

Es war totenstill.

Noch nie hatte eine Frau von sich aus einen Mann für den letzten Tanz aufgefordert, insbesondere nicht, wenn ein anderer Mann noch einen Tanz mit ihr ausstehen hatte und vor allem nicht, wenn es der letzte offizielle Tanz des Abends war.

Lorenor verharrte in dieser Position und wie auf Kommando richteten sich alle Blicke auf ihn, Dulacre.

Wie war es dazu gekommen, dass sein Wildfang die Regeln dieses Balles bestimmte?

Jeder seiner Schritte hallte klar vom Marmorboden wider.

Schließlich blieb er vor dem anderen stehen, verbeugte sich knapp und ergriff dann die zitternde Hand.

Wie auf Geheiß erhob sich der Pirat, die grünen Augen vor unterdrückter Furcht aufgerissen, doch nur für ihn sichtbar.

Noch immer rührte sich niemand.

Mit einem leisen Seufzen starrte er den Dirigenten eindringlich an und er wusste, dass ein Blick ausreichen würde.

Sekunden später erklang die machtvolle Musik.

Immer noch starrten sie einige an, doch hier ging es immer noch um Politik und Macht und Loreen war nicht die einzige Dame, mit der getanzt werden musste, wenn man etwas erreichen wollte. Eigentlich handelte es sich bei dem Samurai und seiner ungewöhnlichen Begleitung nur um unbedeutende Randfiguren und das wurde den Politikern unter den Gästen auch wieder bewusst. Einige eilten nun zu ihren Tanzpartnerinnen und forderten sie bestimmt auf.

Und dann begann der berüchtigte letzte Tanz. Nach diesem Tanz würden die Männer ihrer Tanzpartnerin eine Frage stellen und als Zeichen ihrer Annahme, würde der Mann ihre Maske als Trophäe an sich nehmen.

Dulacre drückte den Piraten eng an sich, konnte seinen schnellen Herzschlag spüren, fühlte die Hitze als er seine Hand auf den nackten Rücken des anderen legte. Tief genug um sämtlichen Anwesenden zu verstehen zu geben, dass er ihn nicht hergeben würde, jedoch nicht zu tief für seine gute Erziehung.

Die kleine Hand auf seinem Ellenbogen klammerte sich nahezu in sein Jackett, da sie vor Schweiß abzurutschen drohte.

Der Jüngere starrte bestimmt auf seine Brust. Auf die hölzerne Kette, die er immer zu tragen pflegte, die Waffe mit der er den anderen vor so langer Zeit besiegt hatte.

Und dann sah er es, das kleine Kreuz, wie ein reiner Sonnenstrahl reflektierte es das Licht.

„Was stimmt mit dir nicht?“, knurrte sein Gegenüber aufbrausend zwischen zusammengebissenen Zähnen, „Hast du nicht gesehen, wer da stand?“

Der andere war offensichtlich wütend, aber seine Stimme zitterte auch, unter der taffen Maske, hatte er deutlich Angst. Sehr ungewöhnlich für einen Lorenor Zorro. Es schien, als hätte Mihawk einen entscheidenden Punkt des Abends verpasst.

„Warst du so sehr damit beschäftigt mit Hakkai zu flirten, dass dir noch nicht mal aufgefallen ist, was los ist?“

„Jetzt warte doch…“

„Warte du doch mal!“

Plötzlich starrte der Jüngere zu ihm auf. Er hatte beinahe Tränen in den Augen stehen, er war nicht nur wütend, er war enttäuscht. Lorenor war enttäuscht von ihm. Weil er ihn im Stich gelassen hatte, alleine gelassen hatte. Er hatte versagt.

„Lorenor?“, flüsterte er leise, sodass der andere ihn kaum gehört haben konnte.

„Lass uns das hinter uns bringen, ja? Mir tun die Füße weh.“

Dies hier war ihr erster Tanz an diesem Abend und es würde wohl der Letzte in ihrem Leben sein.

Dulacre hatte sich nicht viel von diesem Ball erhofft, sein Plan war gewesen, den anderen nur irgendwie sicher durch zu manövrieren. Irgendwie ohne größere Kollateralschäden zu überleben. Aber irgendwo dazwischen hatte er sich doch auf diesen einen Tanz gefreut. Hatte gehofft, dass sie bei diesem Tanz so lachen würden, wie Lorenor mit Jirou gelacht hatte, Spaß gehabt hatte. Dieser eine Tanz, wo sie sich über alle anderen hier lustig machen würden. Wo er den anderen damit necken wollte, um was er ihn denn bitten sollte. Er hatte auf ihn Acht geben wollen, ihn beschützen wollen.

Doch er hatte offensichtlich kläglich versagt. Den ersten Tanz hatte er verpasst, weil er sich von Nataku hatte ablenken lassen. Die patzige Antwort seines Wildfanges hatte ihn dazu geführt sich zurückzuhalten, eben nicht nach ihm zu greifen. Er hatte seine Aufmerksamkeit auf das verlagert, was er gut konnte. Informationen einholen und Situationen analysieren.

Ja, er hatte unglaublich interessantes Material von Hakkai erhalten, wichtige Dinge, gut behütetes Wissen. Aber darüber hatte er das aus den Augen verloren, was ihm am Wichtigsten war!

Er hätte ihn beinahe verloren!

Schon wieder!

„Ich bin froh“, murmelte er schließlich.

„Warum?!“ Der andere hätte kaum wütender antworten können.

Langsam drückte er den anderen gegen sich, so nah wie möglich, ignorierte den schwachen Widerstand.

„Ich habe heute einen Fehler gemacht“, gestand er ein, „Einen Fehler durch den ich dich hätte verlieren können.“ Der andere erwiderte nichts, doch er sprach weiter. „Weißt du, mein ganzes Leben lang, durfte ich keine Fehler machen. Ein Fehler hätte Versagen bedeutet und ich durfte nie versagen, denn dann würde ich die verlieren, die mir wichtig waren. Ich habe gelernt, dass ich auf niemand anderen vertrauen darf, als auf mich selbst. Das ist der Grund, warum ich der perfekte Stratege wurde. Weil ich in der Lage war, Fehler sämtlicher Mitmenschen einzuberechnen und selbst nie einen begehen würde. Du gehörst zu diesem kleinen Kreis von Freunden, die ich nicht verlieren möchte, deswegen darf ich keine Fehler machen.“

Lorenor war immer noch still.

„Aber heute habe ich einen Fehler gemacht und trotzdem, trotzdem habe ich dich nicht verloren.“

Immer noch sagte der andere nichts, doch schließlich seufzte er.

„Du bist ein Idiot“, murrte er dann schließlich und sah zu ihm auf, „Ich hab doch gesagt, dass ich auf mich selbst aufpassen kann.“ Seine Stimme klang trotziger, als es ihm wohl lieb war.

Dann sah er weg, doch die Röte auf seinen blass geschminkten Wangen ließ sich nicht verbergen. Ihm war sein Verhalten von vor wenigen Sekunden offensichtlich unangenehm, oder war da noch etwas anderes?

„Aber nächstes Mal wäre es nett, wenn du mich nicht nur mit dem Blick ansiehst, den ich verdiene“, er zögerte, „sondern mit dem, den ich dir wert bin.“

Dulacre lachte nur leise.

In sanften Bewegungen drehten sie sich weiter. Langsam fiel ihm Eizen und Homura auf, die ihn anstarrten.

„Sag mal“, meinte er schließlich, „Hast du dir irgendwie Ärger eingebrockt?“

„Tze“, antwortete der andere nur grinsend, „Meinst du, als ich Eizen abblitzen ließ oder als ich die Regeln dieses Balls gebrochen habe?“

„Wie? Was hast du getan?“

Schon wieder!

Schon wieder machte der Junge genau das, was er für richtig hielt. Spontan, intuitiv und völlig blauäugig gegenüber irgendwelcher Konsequenzen. Einst hatte er auch diesen jugendlichen Leichtsinn inne gehabt, einst vor langer Zeit.

„Lorenor!“

„Hmm?“, fragend sah der andere zu ihm hinauf.

„Lass uns verschwinden!“

Sein Tanzpartner legte den Kopf schief. „Was redest du denn da? Es gab noch nicht mal Essen.“

Dann verstummte die Musik, sie starrten einander an und brachten zwei Schritte Abstand zwischen sich.

Um sie herum konnte man nervöse Männerstimmen und zaghafte Damenantworten hören.

Er konnte sehen, wie der andere schwer schluckte.

„Werte Dame“, erhob er die Stimme, „erfüllt mir einen Wunsch.“

Zorro nickte.

„Ein Kuss!“

Die Kinnlade des anderen klappte auf.

„Sag mal, bist du völlig behindert?“, zischte der Pirat wütend, damit niemand ihn hören konnte. Aber Dulacres Worte waren laut genug gewesen um sämtliche Anwesende zu erreichen.

Doch er überhörte die Worte des anderen getrost und verbeugte sich so tief er konnte, griff die Hand des anderen und küsste sie.

Wieder konnte er das umliegende Geflüster hören, doch alles was er wahrnahm, waren diese grünen Augen, die verwirrt auf ihn gerichtet waren.

Vermutlich wusste der andere nicht, dass es nichts gab, was Respektvoller gegenüber einer Frau war, als ein Handkuss, aber alle anderen wussten es.

Die Lippen immer noch auf der heißen Haut, zwinkerte er dem anderen zu, ehe er sich wieder aufrichtete.

„Nimm die Maske ab“, befahl er sanft und zu seiner Überraschung folgte sein Schüler seiner Anweisung.

Mit seiner freien Hand griff Lorenor den Rand seiner Verkleidung und riss sie samt Schleier hinunter. Grüne lange Locken fielen über seinen Rücken.

Erneut rumorte die Menge.

„Werf sie zu Boden.“

Das Geflüster wurde lauter, doch erstarb augenblicklich, als die Maske dumpf auf dem Boden aufschlug. Ein einzelner Stein löste sich und klirrte über den Marmor hinweg.

Der Pirat sah ihn unsicher an, offensichtlich verwirrt, doch er machte nur einen Schritt auf ihn zu und beugte sich zu ihm herab.

Diesmal gab er ihm einen Kuss auf die Stirn. Auch hier würde der andere nicht wissen, wie mächtig dieses Zeichen von Schutz und Zuneigung war, aber das war in Ordnung.

Das Kind vor ihm bewegte sich keinen Millimeter, als er das lange Haar berührte und den anderen mit einer Hand immer noch festhielt.

„Bereit?“, flüsterte er.

„Ja.“

Und dann rannten sie!

Die weiße Maske zerbarst in tausend Stücke unter dem Fuß des Samurais.

Panische Augen folgten ihnen.

Irgendwann rief einer der Weltaristokraten, dass man sie aufhalten sollte. Wie konnten sie es nur wagen, den Ball bereits zu verlassen? Aber wer würde sich ihnen schon in den Weg stellen?

Plötzlich knackste es neben ihm unangenehm und Lorenor fiel zurück. Er hatte sich einen Absatz abgebrochen. Fluchend rappelte er sich wieder auf.

Hinter ihnen hatten sich nun tatsächlich die ersten zur Verfolgung aufgemacht.

Lachend griff er nach seinem Wildfang und warf ihn sich über die Schulter.

„Lass mich runter!“, brüllte der Pirat, doch auch er konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

Wie von unsichtbarer Hand riss das große Flügeltor auf und offenbarte die klare Nachtluft.

Unten vor den Stufen standen schon die ersten Kutschen zur Abfahrt bereit.

Mit einem Satz sprang er die Treppe hinab, hin zum ersten Gespann.

„Fahr los!“, befahl er dem Mann, der neben dem Kutschbock stand und eine Zigarette rauchte.

Im nächsten Moment warf er seinen Wildfang ins Innere und folgte. Noch bevor er die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzten sich die zwei schwarzen Pferde in Bewegung.

Die drei Marinemänner, die ihnen gefolgt waren, standen in ihren Admiralsmänteln am Treppenabsatz und sahen ihnen einfach nur hinterher.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  LittleMarimo
2017-02-22T06:49:38+00:00 22.02.2017 07:49
Wooooow.....
Ok... Jetzt. Ähm...
Ich bin verwirrt...
A: Zorro lernt also dass die Marine Wiedergeborene hat...
b: die wollen ihn trotzdem tot sehen
C: jetzt hat mihawk ihn geküsst!
D: ich versteh nicht was die alte frau.. Jetzt entschieden hat..
E: was wird zoro jetzt machen???
F: wieso sollte der Futzi ihm drohen können???
G: Zoro darf ja theoretisch aufrufen... Er ist ja eigentlich ein Mann
H: hahahahahahaha xD ich hab so sehr gelacht. Das war wie ein hochzeitsdurchbrennen! Er im weißen Kleid!
I: ich freu micb aifs nächste Kapitel!
Antwort von:  Sharry
26.02.2017 13:37
Hey,
ich danke dir für deinen Kommi und werde mich bemühen deine Verwirrtheit etwas zu mildern (oder auch nicht ;-P)
Also zu D: Die alte Frau/Comil hat entschieden, dass Zorro noch tanzen gehen soll und Zorro nicht (an dem einzigen Abend, wo die Marine ungehindert Zugriff auf ihn hätte!) verhaftet werden soll. Außerdem vermutet sie/er (meine Güte ist das verwirrend), dass sich beide eines Tages wieder gegenüberstehen werden.
E: Naja, erstmal nach Hause fahren, würde ich vermuten. Wäre so das Vernünftigste
F: Hmm... also EIzen ist ja nicht umsonst eine ziemlich mächtige Persönlichkeit. Vermutlich weiß er was, oder weiß was über Zorro/Loreen, das Zorro noch gar nicht bewusst ist.
G: Gutes Argument! Wirklich gut, ich frage mich gerade, wie die anderen reagiert hätten, bzw ob sie überhaupt reagiert hätte, wenn Zorro Mihawk als Mann aufgefordert hätte...
H: Eine Hochzeit?! o.o ooooh, na da wollen wir jetzt aber niemanden auf falsche Gedanken bringen ;-P
I: Freut mich, dass es dir gefallen hat und das nächste Kapitel ist schon im Upload ;-P
LG
Sharry
Von:  blackholmes94
2017-02-21T18:55:13+00:00 21.02.2017 19:55
Oh Gott meine Nerven !!!
Ich dachte als ich gelesen hab wer das genau ist "Oh shit" ... dann kam, dass er auch ein Wiedergeborener ist ... ich hatte schon fast damit gerechnet, dass er derjenige sein wird der diesen finalen Tanz mit Zoro führt und dann seinen Wunsch äußert
und gerade wo man denkt "puh gerade nochmal gut gegangen", wer kommt dann .. Eizen D:
Ich muss sagen unsere verzauberte Lady hat sich wirklich gut gehalten in dem doch mehr als angespannten und auch gefährlichen Gespräch ...
Also wirklich Hawky ... shame on you! Er hatte eine Aufgabe! Eine! Alles muss Zoro selber machen xD
ne Spaß bei Seite. fand es wirklich nervenaufreibend als Zoro seine Lage realisiert mit dem finalen Tanz und Hawky in aller Ruhe mit Hakkai plaudert ... Zoro muss sich echt veräppelt vorgekommen sein... zuerst erkennt Mihawk ihn beim ersten Tanz nicht und nun verpasst er auch noch seinen Einsatz um ihn zu retten ... tststs und sowas nennt sich großer Stratege ^^
Ich finde es sehr schön, dass du Zoro später in Mihawks Armen hast Angst zeigen lassen ... denn in seiner momentanen Position (immer noch fremder neuer Körper, geschwächt etc.) hätte er sich nicht gegen Eizen wehren können, was ihm wohl auch mehr als bewusst geworden ist
die Schlussszene mit Hawky schrie auch förmlich nach "Wehe einer von euch vergreift sich auch nur ansatzweise an ihr/ ihm"
ich glaube ja, dass das zu Mihawks Plan gehört Lady Zoro zu beschützen ...
Bin ja jetzt mal gespannt wie die Weltregierung nun reagiert, da unser Bester Schwertkämpfer so von dannen gezogen ist ...
In der Presse wird das bestimmt auch erwähnt werden .... und somit auch die Strohhüte erreichen ... vlt löst ein Foto ja eine Art Erkennen in einem der Strohhüte aus ..?
Bin gespannt wie es weiter geht!
Liebe grüße :*
Antwort von:  Sharry
26.02.2017 13:32
Hallihallo,
Wow, wieder einmal ein großes Dankeschön an deinen langen und vor allem tollen Kommentar^^
Tut mir leid, dass du leiden musstest (ähm... nein, nicht wirklich ;-P)
Aber ich stimme dir zu, unser bester Schwertkämpfer der Welt hat Zorro mehr als einmal im Regen stehen lassen, aber als ob der sich davo unterkriegen lassen würde, nicht Zorro ;-)
Freu dich schon auf's nächste Kapitel, etwas weniger Action, aber nicht wirklich entspannt
Liebe Grüße
Sharry
Von:  lala1314
2017-02-21T01:45:17+00:00 21.02.2017 02:45
Guten abend.

Antwort von:  lala1314
21.02.2017 02:47
Irgendwie ein schönes kapitel. Wirklich schön. Dennoch hab ich das gefühl was verpasst zu haben. Wiederum denk ich das diese ff noch lange nicht zu ende ist oder
Ich mag die von kapitem zu kapitel mehr und auch mihawk immer mehr.
Bis bald
Lala
Antwort von:  Sharry
26.02.2017 13:28
Hey,
danke dir für deinen lieben Kommi (bzw deine zwei Kommis ;-P)
Freut mich, dass es dir gefallen hat. Es werden noch ein paar Kapitel kommen ( wir sind jetzt bei ca. 85 %) und insbesondere Mihawk wird dabei noch einiges mitmachen müssen ich lasse ihn so gerne leiden ^^)
In diesem Sinne: bleib gespannt und bis dann
lG
Sharry
Von:  MC-T
2017-02-21T01:12:31+00:00 21.02.2017 02:12
XD bitch lass mal eine Party crashen XD
Die beiden wissen wie das geht ;)

Bestes Kapitel bisher! Ohne Witz XD


Antwort von:  Sharry
26.02.2017 13:26
Hi,
vielen Dank für deinen Kommi und dein Lob^^
Freue mich riesig, dass du Spaß hattest mit unseren beiden Chaoten
Sharry


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