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Ein würdiger Traum

Der Preis des Vertrauens
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen Sonntag euch allen,
Oh mein Gott es ist schon Sonntag Nachmittag und ich habe noch nichts sonnvolles geschafft o.o
Also stelle ich einfach mal das neue Kapitel on, welches dank meiner tollen Beta-Leserin schon fertig ist und wünsche euch noch ein ruhiges Restwochenende ;-)
Alles Liebe
Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 21 - Die Fähigkeit

Kapitel 21 – Die Fähigkeit

 

-Mihawk-

„Ist das alles was wir brauchen?“, fragte er und überflog noch einmal die Liste in seiner Hand.

„Ich glaube schon“, erklang hinter ihm die weiche Stimme seiner Begleitung, „Wir müssen nur noch die Bestellung abholen.“

„Was für eine Bestellung?“ Neben ihm tauchte Lorenor auf und reichte ihm eine weitere Tasche voller Gemüse.

Dieser rollte mit den Augen.

„Die verdammten Schuhe, für den Ball.“

„Ach, die sind noch nicht da? Es sind doch nur noch ein paar Tage.“

„Eben deshalb“, erwiderte dieser nur leicht säuerlich und schritt an ihm vorbei zum Ladenausgang.

Lorenor hatte sich verändert. Das musste er zugeben. Seit sein Wildfang hier auf Sasaki aufgetaucht war, hatte er begonnen zu reifen, doch es war mehr als das. Nicht nur, dass er mittlerweile relativ sicher auf den hohen Absätzen laufen konnte, auch seine ganze Körperhaltung hatte sich bereits gewandelt. Von Arroganz zu Stolz, von Aggressivität zu Selbstbewusstheit. Doch vor allem seine Art war anders. Und das alles innerhalb von so wenig Zeit, es kam ihm vor, wie kaum ein Tag.

Neugierig beobachtete er, wie Lady Loreen in einem himmelblauen Kleid mit passender Kette und Armreif zwischen den Marktständen umherging, sich mit verschiedenen Leuten unterhielt, höflich lächelte und nebenbei noch die Einkäufe erledigte, um die Kanan sie gebeten hatte.

Hier draußen, umgeben von fremden Menschen, war Lorenor weniger er selbst und mehr wie Loreen. Das freundliche Mädchen, von den Leuten gemocht und die Unschuld in Person. Zierlich und zerbrechlich wie eine zarte Rose.

Dulacre freute sich darauf, wenn sie wieder im Trainingsraum sein würden, denn er bevorzugte den nervtötenden Schwertkämpfer vor dem süßen Mädchen vom Lande. Denjenigen, der ihm Paroli bieten konnte und dies auch nur zu gerne tat.

In wenigen Schritten hatte er ihn eingeholt, während dieser einen handlichen Karton entgegen nahm.

„Hawky, Loreen!“

Überrascht wandten sich beide um.

Konteradmiral Cho, ausgestattet mit Anzug, Mantel und Marinekappe, welche seine blonden Locken kaum bändigen konnte, eilte ihnen breit grinsend entgegen.

„Man, ich hab’s gerade erst gehört“, lachte er breit, als er außer Atem vor ihnen zu stehen kam.

„Was hast du gehört?“, fragte Dulacre misstrauend, während Jirou Lorenors Hand überschwänglich schüttelte.

„Na, dass ihr auch zum Ball eingeladen seid. Ich freu mich ja so. Lirin kann es kaum erwarten dich kennen zu lernen, Loreen.“

„Jirou. Es sieht aus, als wärest du noch mitten bei der Arbeit. Also, was willst du?“ Der Samurai hatte kein Interesse an höflichem Geplauder.

„Scharfsinnig wie immer, mein lieber Hawky.“ Der Konteradmiral grinste breit.

„Also?“ Er legte den Kopf leicht schief und sah seinen Kindheitsfreund ernst an.

„Ich wollte euch eigentlich nur sagen, dass ich aktuelle Daten über die Strohhüte habe.“

Sowohl Lorenor als auch er selber erstarrten für einen Atemzug, wenn auch aus verschiedenen Gründen.

„Was heißt das?“, fragte der Pirat ernst und drückte Dulacre seinen Schuhkarton unter die Armbeuge, ohne den Blick vom Blondschopf zu nehmen.

Doch der Marinemann bemerkte die plötzliche Anspannung anscheinend nicht.

„Sie sind immer noch gut auf Kurs, aber es scheint, als kämen sie besser voran als gedacht. Ich denke, sie werden schon ein bis zwei Tage früher auf Sarue ankommen.“

„Bist du extra zu uns gerannt, nur um uns das zu sagen?“

Dulacre hätte gerne die Arme verschränkt, doch angesichts des ganzen Krempels, den er trug, war das unmöglich.

Jirou nickte: „Und weil es morgen veröffentlich wird?“

„Was denn?“, hakte der Pirat neugierig nach.

Doch der Blondschopf hatte sich nun hauptsächlich dem Samurai zugewandt und sein Blick wurde ernst.

„Der Tod von Piratenjäger Lorenor Zorro ist mittlerweile offiziell bestätigt worden. Da er weder an Bord des Piratenschiffs noch in Nähe der Senichi-Inseln gesichtet wurde, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass wirklich sein kompletter Körper verbrannt ist. In der morgigen Zeitung wird sein Kopfgeld aufgehoben.“

„Ach, wirklich?“ Vielmehr fiel dem sprachgewandten Samurai in diesem Moment nicht ein, während seine Begleitung seltsam ruhig wurde.

„Da waren deine Kollegen aber mal ziemlich fleißig. Ganz ungewöhnlich für Beamte. Woran lag’s? Normalerweise dauert so ein Vorgang doch mindestens einen Monat.“

Nun verschränkte Jirou seine Arme.

„Da hast du schon Recht. Ich vermute, dass die Marine den Fall zügig abschließen möchte, damit beim großen Ball nicht mehr nur über die G6 gesprochen wird.“

Er seufzte:

„Und die glauben ernsthaft, dass das funktioniert, wenn Hakkai höchstpersönlich da auftaucht?“

Dann fiel Dulacres Blick auf den Piraten an seiner Seite.

„Wie dem auch sei. Jirou, es tut mir leid, aber Loreen und ich sollten uns jetzt auf den Heimweg machen. Kanan wartet sicher schon dringlich auf uns.“

„Sie wird sich mehr über den Kohl freuen“, kommentierte Lorenor unbeeindruckt, wieder mehr er selbst.

Nachdem sie sich von dem Konteradmiral verabschiedet hatten, machten sie sich auf den Weg zurück zum Herrenhaus, nun in ungewohnt stiller Gesellschaft.

Der ruhige Pirat blieb plötzlich stehen, als sie den Rand des Marktplatzes erreicht hatten.

„Was ist denn?“

Doch sein kleiner Wildfang reagierte nicht, sondern begutachtete einen kleinen Stand, ein paar Meter entfernt. Einen Moment betrachtete er den anderen.

„Gibt es da etwas, was du kaufen möchtest?“

Wie auf frischer Tat ertappt, schüttelte der Grünschopf schnell den Kopf.

„Es ist nichts.“

„Ach komm, wenn du etwas willst, dann sag es nur.“

Doch Lorenor schüttelte erneut nur den Kopf.

„Ich hätte ja noch nicht mal Geld, um etwas zu kaufen.“

„Ernsthaft jetzt?“, fragend sah er zu ihm hinab, „Was meinst du, wie wertvoll der Schmuck ist, den du trägst? Geld ist nichts, auf was meine Familie je geachtet hat.“

„Hörst du dir zu, wenn du redest? Das ist ekelhaft. Außerdem habe ich doch gesagt, dass ich kein Geld habe, wie viel du hast ist mir herzlich egal.“

„Halt den Mund und sei dankbar. Ich versuche hier nett zu sein. Also hör auf dich zu zieren und such‘ dir was aus! Natürlich bezahle ich, so wie alles andere, was du trägst, isst oder willst. Hat Kanan dir noch nicht erklärt, wie das mit Gästen in unserem Haus abläuft?“

Böse funkelten ihn diese grünen Augen an. Für einen Moment sah es danach aus, als ob Zorro ihm etwas wütend entgegnen wollte.

„Du bist so ein arroganter Mistkerl“, knurrte er verärgert hinter seinem Rücken, ehe er aufgebend seufzte und ihm zum Stand folgte. Dulacre schmunzelte nur vor sich hin.

„Das hier“, murmelte der Pirat leise nach kaum einer Sekunde.

„Bist du sicher? Hier gibt es so viel Auswahl und dann so ein einfaches…“

„Nein, das ist perfekt.“

Er nickte und wandte sich dem Verkäufer zu:

„Sie haben die Dame gehört. Packen Sie es bitte ein.“

Der überraschte junge Mann nickte zügig und bedankte sich.

Wenige Sekunden später pendelte eine kleine Tüte vom Arm des Piraten.

„Also?“, hakte er nach, „Wozu brauchst du ein…“

„Es ist nicht für mich“, unterbrach ihn der Jüngere mit einem äußerst ernsten Blick, „Es ist nur eine Schuld, die ich noch begleichen muss.“

„Aha.“ Er brauchte nicht nachzufragen, er konnte sich seinen Teil denken.

Gemächlich wanderten sie durch den sommerlichen Wald, die Tage wurden immer wärmer.

Kanan hatte sie gebeten, die Einkäufe für sie zu erledigen, da sie sich mit ihrer Schwester auf dem Sabaody Archipel treffen wollte, um die nötigen Stoffe und Materialien zu besorgen und dann sogleich mit der Fertigstellung des Kleides zu beginnen.

Nachdem die beiden Piraten den frühen Morgen zum Training genutzt hatten, schien etwas Abwechslung ganz angenehm. Leider war das Training nicht annähernd so zielführend gewesen, wie es der Samurai gerne gehabt hätte. Das Zusammentreffen mit dem Konteradmiral war der traurige Gipfel eines verschwendeten Vormittags.

Doch die neuen Informationen stimmten Dulacre nachdenklich.

Natürlich erfreute es ihn, dass Jirou ihn so detailliert auf dem Laufenden hielt, ohne Fragen zu stellen, aber die heutige Nachricht hätte er gerne ohne die Anwesenheit des Piraten erfahren.

Er schüttelte leicht den Kopf.

Schwachsinn! Spätestens am folgenden Tag hätte Lorenor von den jüngsten Ereignissen eh erfahren, da er nun tatsächlich täglich die Zeitung las.

„Also“, eröffnete er erneut das Gespräch, wusste jedoch nicht, wie er fortfahren sollte und verstummte.

„Also was?“, fragte Lorenor, ohne ihn anzusehen und fuhr sich durch das lange Haar. Er wirkte ernst wie immer. Ganz anders als Loreen, die vor wenigen Sekunden noch ein freundliches Lächeln aufgelegt hatte und unglaublich kindlich wirkte, war Lorenor immer eine Spur zu streng, eine Spur zu erwachsen. Fremde würden anzweifeln, dass er Humor besaß, geschweige denn Lachen konnte.

Dieser Lorenor war ruhig und überlegt. Dieser reife, erfahrene Lorenor. Doch manchmal, immer wieder, kam dann der jüngere, naive, emotionale Lorenor zum Vorschein, der unüberlegt handelte, der laut wurde, der noch ein Kind war.

Es war äußerst interessant, diesem Kind beim erwachsen werden zu zusehen.

„Kommt da heute noch was?“, murrte eben genannter missgelaunt.

„Wie geht es dir damit?“

Nun sahen die kindlichen Augen doch zu ihm auf, wirkten jedoch nicht wie die Augen eines kleinen Mädchens, sondern wie die eines Auftragsmörders, kalt und unberechenbar.

„Ich könnte ja jetzt so tun, als hätte ich keine Ahnung, wovon du redest. Aber da ich ja genau weiß, dass du dann keine Ruhe gibst, sage ich dir direkt, dass es mich nervt, aber ich kann es nicht ändern. Sobald ich wieder bei den anderen bin, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich mir wieder ein Kopfgeld erarbeitet habe. Und sollte ich in der Lage sein, meinen alten Körper wiederzuerlangen, werden sie meinen Steckbrief ziemlich schnell wieder ins Repertoire aufnehmen. Hoffentlich versehen mit einer ordentlichen Gehaltserhöhung.“

Das war gefühlt das längste Mal, dass er den anderen reden gehört hatte, mit Ausnahme von dem Abend, als er ihm das Märchen erzählt hatte. Aber ihm war auch nicht entgangen, wie der Jüngere reagiert hatte. Seine Worte spiegelten die Entwicklung wider, in der er sich gerade befand.

Am Anfang war er sachlich, hatte die Zusammenhänge die er erkannt hatte zu einem einheitlichen Bild zusammengefügt, seine Schlüsse draus gezogen und seine Meinung seriös kundgetan.

Zum Ende hin war dann dieser kindische Stolz durchgekommen, gepaart mit einer gewissen Arroganz und unverkennbaren Ehrgeiz.

„Und nun warte ich auf den Moment, wo du mir wieder erzählst, wie einfältig meine Worte sind.“ Der Pirat seufzte. „Also echt, wenn du schon mit so einem eintönigen Gespräch anfängst, solltest du zumindest deinen Einsatz nicht verpassen. Nächstes Mal bin ich nicht so rücksichtsvoll.“

Offensichtlich hatte Lorenor den Besuch von Tante Rosa noch nicht überstanden, so gereizt wie er war, oder aber die Aufhebung seines Kopfgeldes nahm ihn mehr mit, als er zugab.

„Ist dir denn bewusst, was die Aufhebung deines Steckbriefes und die offizielle Erklärung deines Todes bedeutet?“

Der Grünschopf guckte ernst nach vorne. „Natürlich.“

„Und trotzdem willst du…“

„Das steht nicht zur Diskussion“, presste der Jüngere zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Ich möchte nur sicher gehen, dass dir bewusst …“

„Ich weiß, was das bedeutet! Vielen Dank auch!“ Die zierliche Stimme wurde rau und laut, während sie das Herrenhaus fast erreicht hatten.

„Wir müssen darüber nicht reden, Mihawk. Es ist nichts, worüber ich eine Entscheidung treffen müsste.“

„Lorenor!“

Offensichtlich rasend vor Wut drehte sich das Mädchen zu ihm um. Er hatte nicht erwartet, dass der andere sich so aufregte, hatte gehofft, einen ruhigeren, besonneneren Gesprächspartner zu haben. Aber wieder einmal zeigte sich, dass er den Jüngeren nicht richtig einschätzen konnte, zumindest nicht seine weibliche Seite.

„Hör zu!“, knurrte die junge Frau, „Ich habe damals entschieden, den Weg eines Gesetzeslosen einzuschlagen. Ich weiß, dass du denkst, dass das vielleicht aus einer kindischen Laune heraus entstanden ist. Aber ich kann dich beruhigen. Schon damals wusste ich ganz genau, worauf ich mich einlasse.“

Lorenor holte tief Luft.

„Ich weiß, dass diese Verkündung mein Freifahrtschein sein kann und ich weiß, dass man angesichts meines körperlichen Zustandes darüber nachdenken sollte, ob es nicht sicherer ist ein legales Leben zu führen. Aber ich bin nicht wie du!“

Diesen Satz hatte er nicht erwartet.

„Du magst dich für diesen Weg entschieden haben und es war vermutlich das Vernünftigste, was du in diesem Moment tun konntest, da du nie etwas Unvernünftiges tun würdest. Daher verstehe ich, dass es aus deiner Sicht unklug erscheint, dass ich noch nicht mal darüber nachdenken will.“

Dieses Kind sah ihn immer noch so ernst, aber kaum noch aufgebracht an. „Für mich würde es aber an blanken Wahnsinn grenzen, wenn ich nicht zurück zu Ruffy und den anderen kehren würde, wenn ich nicht wieder ein Pirat werden würde.“

Mit so einer emotionalen Reaktion hatte er wirklich nicht gerechnet.

„Mit Ruffy, mit den Strohhüten, das ist der einzige Weg, auf dem ich frei sein kann, auf dem ich ich sein kann. Deswegen werde ich wieder ein Pirat. Nicht für dich oder für irgendwen anders, sondern nur für mich selbst und um meinen Traum zu erfüllen.“

Als wären ihm die Worte ausgegangen schaute der Jüngere zu ihm herauf, den Mund geöffnet, die Augen groß, als wartete er darauf, dass die Welt explodieren würde.

Kopfschüttelnd hob Dulacre den Kopf und sah zum blauen Himmel hinauf, ein kleines Lächeln auf den Lippen.

„Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet“, gab er schließlich zu, „Alles was ich wissen wollte, war ob du wusstest, was die Aufhebung des Kopfgeldes bedeutet und ob du auch bereit wärest, als Loreen ebenfalls straftätig zu werden.“ Langsam sah er zu dem anderen herab, der nun rot anlief.

„Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass du deinen kompletten Werdegang vor mir rechtfertigen würdest. Es ist wirklich niedlich, dass du immer noch meine Anerkennung suchst.“

Nun biss Lorenor sich wütend auf die Unterlippe, doch Dulacre konnte ein Lachen kaum verhindern.

Grinsend ging er an dem anderen vorbei, zur Eingangstür. Als er auf Höhe seines Wildfanges war, fuhr er mit einer halbwegs freien Hand durch dessen grasgrünes Haar.

„Dieses Verhalten ist wirklich nicht mehr notwendig, Lorenor. Ich verstehe deine Motive und selbst wenn nicht, ist es nicht an mir, darüber zu urteilen.“

Der andere schlug seine Hand weg und Dulacre öffnete die Tür.

„Außerdem hast du Recht.“

Der Blick des anderen verfolgte ihn ins Innere des Hauses.

„Wer könnte besser seinen Traum verwirklichen, als ein Pirat, frei von Gesetz und Ordnung.“ Wieder lachte er. „Jetzt steh da nicht so dumm rum wie ein Marinekadett. Komm ins Haus, heute werden wir dich noch einmal so richtig an deine Grenzen bringen.“
 

-Zorro-

Der Samurai hatte nicht zu viel versprochen.

Schwer atmend kniete er mehr, als das er noch stand und versuchte den Erklärungen des anderen zu folgen. Doch das Blut in seinen Adern schlug zu laut und er konnte ihn kaum hören und trotzdem, trotz seiner brennenden Glieder, seinen schmerzenden Muskeln, trotz alledem konnte er keine Sekunde das Grinsen aus seinem Gesicht verbannen.

Das hier war so viel besser als Tanzen!

Gerade kritisierte der Ältere ihn mürrisch wegen seiner schlaffen Körperhaltung, ehe er mit seiner ausschweifenden Erzählung fortfuhr, deren Sinn Zorro schon komplett entfallen war.

Mühselig ging er wieder in Kampfposition, aber er hatte echt keine Ahnung, was der andere da vor sich hin laberte.

„Soweit verstanden?“, knurrte sein Lehrmeister und sah streng zu ihm hinab. Obwohl er nicht im Mindesten verstanden hatte, nickte er und setzte die Übung fort.

„Ich begreife es einfach nicht.“ Verwirrt wandte er sich nach Falkenauge um, der ihn einfach nur kopfschüttelnd beobachtete, nachdem er ihn ein paar Minuten schweigend beobachtet hatte.

„Was ist denn jetzt schon wieder?“ Langsam ließ er sein Schwert sinken. Bisher hatte Mihawk die Stimme nur erhoben um ihn konstruktiv zu kritisieren, noch nie hatte er ihre Streitigkeiten aus der Freizeit mit ins Training geholt, aber das schien sich gerade zu ändern. Dabei hatte er gar nicht wütend gewirkt, als Zorro ihm klar gemacht hatte, dass er das Piratenleben nicht aufgeben würde, sondern eher unheimlich verständnisvoll.

Der Samurai seufzte:

„Ich verstehe einfach nicht, wie du es schaffst meine Anweisungen umzusetzen ohne mir überhaupt zugehört zu haben und gleichzeitig so ein totaler Versager im Tanzen zu sein.“

„Das ist doch jetzt echt nicht dein Ernst, oder?“ Fassungslos sah er den anderen an.

„Jetzt haben wir endlich mal ein paar Stunden Ruhe vor Kanan zum Trainieren und du kommst mit sowas an? Ist doch egal, ob ich tanzen kann oder nicht. Das hier ist wichtig, kapiert? Solange ich auf diesem Ball niemanden die Füße breche, was mir nicht passieren wird bei diesem Fliegengewicht, ist das gut genug.“

Wütend hob er Josei wieder hoch und drehte sich mit dem Rücken zum Samurai.

Dieser stieß einen herablassenden Laut aus und schwere Schritte hallten von den Wänden wider.

„Tze, und genau diese Einfältigkeit ist der Grund, warum du niemals ein großartiger Schwertkämpfer sein wirst.“

Zorro stockte, die Aussage des anderen traf ihn hart.

„Wie meinst du das?“, fragte er nach, ohne sich umzudrehen. Falkenauge seufzte, er stand direkt hinter Zorro.

„Noch einmal, Lorenor. Es ist ein Fehler, wenn du stur auf den Weg vor dir starrst und nicht einmal nach links oder rechts guckst.“

Ein langer Arm griff nach seinem Schwert und obwohl es dem Pirat nicht gefiel, ließ er los.

„Wenn du etwas umsichtiger wärest, wäre dir bereits aufgefallen, dass die Schwertkunst viel gemein hat mit deinem unliebsamen Tanzen.“

Überrascht wandte er sich um, erschrocken, wie dicht der andere vor ihm stand. Ein unbekannter Geruch erfüllte seine Nase. Er versuchte einen Schritt zurückzuweichen, doch da Dulacre immer noch Josei hinter seinem Rücken festhielt, war das unmöglich. Mit verrenkten Hals starrte er bewusst zu dem anderen hinauf.

„Wie bitte? Hat Kanan dich darauf angesetzt mir das einzureden?“

Der Samurai lachte kurz und wandte sich ab um das Schwert wegzulegen.

„Ah, tatsächlich weiß ich noch nicht einmal, ob sie mir in dieser Ansicht überhaupt zustimmen würde.“

Als er sich wieder zu ihm umdrehte, war der Abstand zwischen den beiden Schwertkämpfern doch ein bisschen größer, sodass es etwas einfacher war zu dem Hünen aufzuschauen.

„Du hast eben nicht ein Wort mitbekommen, als ich dir den größten Fehler deines Kampfstils erklärt habe, oder?“

Zorro wollte etwas sagen, doch wie sollte er das leugnen. Innerlich ratterten alle seine Zahnräder nach dem vergangenen Monolog des Samurais, aber nicht ein Wort war hängen geblieben. Er wusste noch nicht einmal, ob der andere ihn aufzog, oder ihm tatsächlich erklärt hatte, was der Pirat seiner Meinung nach falsch machte.

Der Schwarzhaarige trat noch einen Schritt zurück und zerstörte seine sorgsam gepflegte Frisur mit fahrigen Fingern.

„Ich muss mir eindeutig etwas anderes mit dir überlegen“, murmelte er mehr zu sich selbst, als zu dem verzauberten Mädchen. Dann sahen ihn die gelben Augen durchdringend an und er kam ihm wieder nahe.

„Hör mir diesmal zu, Lorenor!“ Das war keine Bitte. Dulacre legte zwei Finger an die Lippen, als würde er angestrengt nachdenken. „Okay, wir erkläre ich dir es am besten, damit selbst du es verstehst?“ Sein Tonfall war zu ernst, als dass Zorro auf die Beleidigung reagieren würde.

Nach ein paar Sekunden nickte der andere leicht.

„Ja, das sollte gehen, ohne ein Risiko für dich darzustellen.“ Was er genau damit meinte, behielt der Samurai für sich. „Gut, hör mir zu.“

Zorro richtete sich etwas mehr auf, ignorierte die erschöpften Knochen.

„Egal ob in einem Tanz oder in einem Schwertkampf, es geht um zwei Menschen, die sich körperlich so nah sind, wie es sonst nur Vertraute sind. Es geht um mehr als die Bewegungen des anderen zu sehen, mehr als sie zu hören, sogar mehr als sie zu fühlen. Es kommt nicht auf Techniken oder auf Tanzschritte an, die man in einem Buch auswendig gelernt hat, sondern nur auf das, was in diesem Bruchteil einer Sekunde zwischen diesen Menschen und in ihnen geschieht. Verstehst du das?“

Der andere ließ ihm keine Zeit zu antworten.

„Komm mal her.“

Dulacre nahm Zorros Hand in die seine, legte die andere um seine Hüfte, beziehungsweise zehn Zentimeter da drüber und ging mit ihm in Tanzposition.

„Was wird das hier, Mihawk?“ Misstrauisch sah er zu dem anderen hinauf.

Das war kein Schwertkampftraining mehr!

„Hatten wir uns nicht auf Dulacre geeinigt?“, antwortete der andere mit hochgezogenen Augenbrauen.

Dann packte er seine Hand fester und drückte Zorro noch etwas näher an sich.

„Verstehst du, Lorenor?“, fuhr er mit kühler Stimme unbeirrt fort, „Diese Nähe oder die Nähe in einem Kampf ist mit nichts anderem zu vergleichen. Und wenn du mit deiner Reaktion darauf wartest, dass ich mich bewege…“ Im nächsten Moment verlor Zorro den Halt unter den Füßen, da der Ältere sein gesamtes Gewicht gegen ihn drückte. „Ist es bereits zu spät.“

Beinahe wäre er hingefallen, aber immerhin war der Samurai nicht nur deutlich schwerer als er, sondern auch etwas stärker, sodass er ihn problemlos wieder zurück auf sicheren Boden führte.

„Einen Schritt zurück“, wies er kühl an und führte Zorro durch die ersten paar Tanzschritte, die er sich zu erinnern glaubte, ganz am Anfang der vergangenen Tanzstunde gelernt zu haben.

Dulacre nickte: „Wenn du hingegen weißt, was ich vorhabe, fällt es dir ganz leicht zu agieren, bevor ich überhaupt handle.“

In langsamen Schritten folgten sie dem Takt des Tanzes.

„Was willst du mir damit sagen?“, murrte Zorro, nicht ganz glücklich über die ungewöhnliche Lehrmethode, „Soll ich meinen Feind demnächst immer darum bitten, mir doch genau zu erklären, was er vor hat? Klasse Vorschlag“, brachte er das Thema wieder zügig zurück zum Schwertkampf und fort vom Tanz.

Der Ältere seufzte leise.

„Wenn du mit dem Koch aus deiner Crew kämpfst, seid ihr euch in etwa ebenbürtig. Woran liegt es, dass keiner von euch den entscheidenden Schlag ausführen kann?“

Diese Frage überraschte Zorro. Während er den Schritten des anderen folgte dachte er nach.

„Es liegt daran, dass unsere jeweiligen Stärken und Schwächen uns beinahe gleich gut machen.“ Das beinahe war ihm dabei sehr wichtig!

„Und trotzdem schafft der Blondschopf es nicht, dich mit einem Tritt zu treffen, obwohl er deutlich schneller ist und da deine Schwäche liegt, warum?“

„Na, weil ich weiß, wie er angreifen wird. Ich kenne seinen Kampfstil.“

Zufrieden nickte der Ältere.

„Genau, darum geht es.“

Zorro verstand immer noch nicht.

„Lorenor, der Mensch lernt durch Wiederholungen. Menschen, die einander sehr gut kennen, können fast voraussehen, was der andere denkt und dementsprechend ganz anders handeln, als jemand, der fremd ist. Du hast dir in bisherigen Kämpfen immer die Zeit gelassen, deinen Gegner gut genug kennen zu lernen um den Fehler in seinem Denkprozess heraus zu finden. Diese Zeit hast du als Loreen nicht.“

Doch, das machte tatsächlich Sinn für ihn.

„Und jetzt stell dir vor, du wüsstest was der andere vorhat, bevor er selbst es überhaupt weiß, bevor er überhaupt die Chance hat herauszufinden, wie du kämpfst.“ Dulacre grinste böse.

„Der Kampf wäre innerhalb von Sekundenbruchteilen entschieden“, flüsterte Zorro ehrfürchtig. Besaß der Samurai diese Fähigkeit? Konnte das überhaupt möglich sein? Die Gedanken anderer erahnen, wissen? War so etwas überhaupt machbar?

„Aber wie?“

Der Andere lächelte nun deutlich sanfter.

„Du tust es bereits.“ Und dann drehte er ihn aus und zog ihn wieder zu sich.

Verwirrt sah er zu dem Samurai auf.

„Wenn du nicht nachdenkst, gelingt es dir immer wieder zwischendurch, ohne dass du es überhaupt merkst. Wie jetzt gerade im Tanz. Diese Schritte hab ich dir noch nie gezeigt und trotzdem kannst du sie tanzen, weil du nicht drüber nachdenkst. Du machst es instinktiv.“

Ungläubig starrte Zorro auf seine eigenen Füße.

In diesem Moment stolperte er und fiel dem anderen in die Arme.

„Und da ist dann auch wieder dein Problem“, seufzte der andere, während sie sich ebenbürtig in die Augen sahen „Talent und Instinkt bringen dich nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn du weiter kommen willst, musst du lernen, diese Fähigkeit jederzeit bewusst einsetzen…“

„Ach, ihr beiden seid schon fleißig dabei!“

Plötzlich wurde die innige Ruhe durch die laute Stimme der Haushälterin unterbrochen, die hineingestürmt kam.

„Dann lasst uns mal richtig loslegen…“, lachte sie, offenbar blind gegenüber dem, was sie gerade zerstört hatte.
 

„Schneller! Schneller! Schneller!“

Er bekam kaum noch Luft.

„Noch mal! Noch mal! Noch…“

„STOP!“

Er riss sich von Dulacre los und landete auf allen Vieren.

„Aber…“

„Hören Sie auf damit! Mir ist jetzt schon schlecht!“

Sein Magen rumorte gefährlich und ihm war wirklich übel. Die Welt um ihn herum hatte immer noch nicht aufgehört sich zu drehen und er war gerade sehr dankbar, dass er sich an den kalten Fliesen festhalten konnte.

Er hatte sich so auf ein Training gefreut. Auf ein hartes, erbarmungsloses Training mit dem Samurai, das ihn Schweiß und Blut kosten würde. Aber mittendrin hatte sich der Samurai urplötzlich dazu entschieden ihm, warum auch immer, eine Tanzstunde zu geben und natürlich musste dann auch noch Kanan auftauchen und hatte ihr Training nun endgültig in Tanzunterricht umgewandelt, welches jetzt schon über zwei Stunden andauerte.

Grundsätzlich hätte er das ja auch noch über sich ergehen lassen, immer mit der stummen Hoffnung, danach wieder etwas Vernünftiges zu machen, aber die letzten dreißig Minuten hatte die Haushälterin nichts anderes verlangt, als dass der Samurai ihn immer wieder im Kreis wirbelte, immer schneller und schneller, mal eindrehen, mal ausdrehen, mal mit ihm drehen, mal ohne ihn drehen, insgesamt viel zu viel drehen.

Er ließ einiges mit sich machen, aber das war wirklich zu viel für ihn. Außerdem musste er sich eingestehen, dass er körperlich dann doch so langsam an seine Grenzen kam.

„Loreen, stell dich bitte nicht so an“, kommentierte die ältere Dame enttäuscht, die Hände in den Hüften gestemmt.

Am liebsten hätte er sie direkt angepflaumt, aber er traute seinem Magen nicht, sodass er einfach nur einen Moment den Kopf schüttelte.

Der Samurai neben ihm lachte einfach nur leise, wie so oft, wenn Zorro sich zum Volldeppen machte.

„Aber es hat doch eigentlich ganz gut geklappt. Sie wird immer besser“, meinte er dann überraschend freundlich, allerdings mit einer gewissen Häme, doch sein durchdringender Blick lag undefinierbar auf der Haushälterin, die diesen für einen Moment erwiderte, kurz mit den Augen rollte und dann schließlich eine wegwerfende Handbewegung machte. Zorro hatte das gefährliche Gefühl, dass sie sich über ihn unterhielten ohne überhaupt Worte zu verwenden.

„Ach, ich bitte Euch!“ Abfälliger hätte ihre Stimme kaum sein können, als sie das akustische Gespräch wieder aufnahm und dort weiterführte, wo es geendet hatte.

„Was wollen Sie denn noch? Sie beherrscht doch mittlerweile die meisten Schritte und das in nur so kurzer Zeit…“

„Aber diese so kurze Zeit,“ Kanan setzte diese Aussage in seltsame Anführungszeichen „war deutlich länger als notwendig und nur weil jemand weiß, wie die Schritte gehen, heißt das noch lange nicht, dass man tanzen kann.“

Niedergeschmettert ließ die Schwarzhaarige den Kopf senken und sah Zorro verzweifelt an.

„Kind, ich weiß, dass du nicht der schnellste Schüler bist.“

Er konnte seinen Ohren kaum trauen, seit wann war Kanan ihm denn so feindlich gesinnt? Solche Worte kannte er wenn überhaupt von seinem griesgrämig gelaunten Lehrmeister oder der noch zickigeren Navigatorin.

„Ich meine, ich sehe ja, was der Herr für eine Engelsgeduld bei deinem Training aufbringen muss.“

Er hoffte doch sehr, dass er sich gerade verhörte. Er war hier doch derjenige, der immer die Launen des anderen aushalten musste.

„Aber die reine Theorie mag vielleicht für den Schwertkampf ausreichend sein.“

Langsam wurde er dann doch wütend. Es war ihm, als würde sie ihm beinahe grundlos Dinge an den Kopf werfen, nur um ihn zu reizen.

„Wenn du jedoch wirklich tanzen möchtest, dann musst du es fühlen. Du musst wirklich Herzblut reinstecken und mit Leidenschaft trainieren. Das ist halt ganz anders als das sinnlose Rumfuchteln mit einem Schwert.“

„Wie bitte?“ entkam es ihm außer sich. Es war eine Sache, wenn man ihn beleidigte, es war eine schlimme Sache, wenn man seine Freunde beleidigte, außer vielleicht den Koch, das war meistens gerechtfertigt. Aber es war unverzeihlich, wenn jemand behauptete, dass man für die Schwertkunst keine Leidenschaft brauchte.

„Jetzt weißt du mal, wie es mir immer mit ihr geht“, kommentierte Dulacre, wobei offen blieb ob er sich wirklich an Zorro oder vielleicht doch an Kanan wandte.

Doch die Haushälterin hatte sich immer noch dem verzauberten Piraten zugewandt, ihr bisher ungekannter, unfreundlicher Gesichtsausdruck wurde noch etwas kühler.

„Loreen, wirklich. Fällt es dir so schwer, dich für etwas anderes als Klamotten und Bücher zu begeistern?“

Ihm fielen beinahe die Augen aus dem Gesicht, während der Samurai neben ihm lauthals anfing zu lachen. Wo nahm sie das denn bitte her?!

„Das meinen Sie doch nicht ernst, oder?“, murmelte er entgeistert und richtete sich schwerfällig auf. „Habe ich Sie gerade richtig verstanden?“, knurrte er nun beinahe aufbrausend.

Doch Kanan sah plötzlich den Herr des Hauses an.

„Ich muss mich entschuldigen, Ihr hattet Recht. Sie scheint wirklich etwas länger zu brauchen, um Situationen und Sachverhalte zu erfassen.“

„Natürlich. Das sage ich Ihnen doch seit dem ersten Tag. Es ist eine wahre Geduldsprobe, jedes Mal.“

„Hallo! Ich bin noch anwesend!“

Wütend stand er zwischen den beiden. Wieder hatte er das Gefühl, dass die beiden ihn in irgendetwas außen vor ließen.

„Also erstens: Ich hasse Klamotten! Nichts könnte mir unwichtiger sein. Zweitens: Wie können Sie es wagen, die hohe Kunst des Schwertkampfes als sinnloses Rumfuchteln zu bezeichnen? Und Drittens: Glauben Sie wirklich…“

„Oh, sie hat sich wirklich eine Menge von Euch abgeguckt, mein Herr.“

„Tatsächlich. Dabei hat sie sich über mein Aufzählen immer lustig gemacht.“ Der Samurai lachte leise.

„Es reicht!“

So langsam wurde er richtig sauer.

„Hört auf, mich nicht ernst zu nehmen! Ich bin ein verdammt guter Schwertkämpfer und verfolge das mit Leidenschaft. Ich tanze nicht gut, weil es mir scheiß egal ist, kapiert?!“

Dulacres Lachen verstummte. Doch sein Grinsen blieb. Sein Blick hatte etwas Überlegenes, als hätte er gerade dank eines heiklen Schachzuges einen Sieg errungen. Das gefiel Zorro überhaupt nicht.

Kanan auf der anderen Seite sah aus, als hätte er ihr gerade eine Ohrfeige verpasst.

Mit langsamen Schritten kam sie auf ihn zu und er musste zugeben, dass er, warum auch immer, ein bisschen Angst bekam. Sie wirkte beinahe gefährlicher als der Samurai hinter ihr.

Ihre dunklen Augen waren ungewohnt ernst und kalt. Mit langsamen Händen löste sie ihren Dutt und die schwarzen Haare fielen wild um ihr rundliches Gesicht. Dieses hatte den Glanz einer liebenden Mutter verloren und wie ein Raubtier vor seiner Beute fuhr ihre Zunge gierig über die vollen Lippen.

„Ich halte mich für eine sehr gütige Person“, flüsterte sie. Doch ihre Stimme bebte mit jedem Schritt. „Ich verstehe, wenn jemand anderer Meinung ist als ich.“

Nun blieb sie vor Zorro stehen. „Ich akzeptiere, dass Menschen manchmal aus guten Gründen Gesetze brechen.“ Ihre zu Fäusten geballten Hände zitterten vor Zorn. „Ich verzeihe, wenn ungezogene Kinder einen Fehler begehen.“ Sie hatte beinahe Tränen vor Wut in den Augen stehen. „Aber niemals, niemals, werde ich zulassen, dass ein Mihawk solche Ausdrucksweisen in den Mund nimmt!“

„Ähm, ich bin kein Mihawk.“

Das tut hier nichts zur Sache!

In diesem Moment zog sie aus dem Nichts ein Kurzschwert hervor und griff ihn an.

„Was soll das?!“, entkam es Zorro entsetzt, der gerade noch so ausweichen konnte.

„Dir werde ich Manieren beibringen, junges Fräulein!“

Sie jagte ihm hinterher.

„Eine junge Frau, die ihr Mundwerk nicht unter Kontrolle hat.“ Nur um Haaresbreite verfehlte sie ihn. „Eine junge Dame, die einen brutalen Kampf dem niveauvollen Tanz vorzieht.“ Wütend hatte sie ihn in eine Ecke gepfercht. „Ich habe mir geschworen, alle Kinder dieses Haushaltes zu ehrbaren, respektablen Menschen zu erziehen. Und wenn ich dich nur durch das Schwert erreichen kann, dann sei es so!“

„Warten Sie mal!“ Beschwichtigend hob er beide Hände. „Was ist denn nur los mit Ihnen? Ich will nicht gegen Sie kämpfen.“

„Zu spät!“

Mit unglaublicher Geschwindigkeit stieß sie das Schwert in seine Richtung. Im letzten Moment konnte er zur Seite weichen und nutzte ihre ausholende Bewegung um unter ihrem Arm hinweg zu tauchen.

Er verstand die Welt nicht mehr.

„Ich werde dich jetzt für deine missfallende Wortwahl bestrafen, Loreen und gleichzeitig werde ich deine Leidenschaft fürs Tanzen wecken!“, brüllte die Haushälterin und wirbelte herum.

„Hören Sie sich überhaupt zu? Was Sie da reden macht überhaupt keinen Sinn!“

Etwas verzweifelt wandte er sich nach dem Samurai um.

„Jetzt sag doch etwas, die ist ja komplett wahnsinnig!“

Doch Dulacre warf ihm nur sein Schwert zu, welches vorher unschuldig an der Wand gelegen hatte.

„Glaubst du ernsthaft, dass ich mich mit ihr anlegen würde? Sie ist jetzt dein Problem.“

Dann nickte er nach vorne.

„Du solltest deine Aufmerksamkeit nicht von deinem Gegner abwenden.“

Im nächsten Moment war die stämmig gebaute Haushälterin hinter ihm und ließ erneut ihr Schwert auf ihn zurasen.

Doch dieses Mal konnte er dank Josei gerade noch so parieren, die Klinge nur einen Spalt breit aus der Scheide gezogen.

„Kanan!“, knurrte er und stieß sich von ihr ab, „hören Sie auf mit diesem Wahnsinn.“

Die Frau jedoch hörte gar nicht auf seine Worte sondern griff erneut an.

„Ich will nicht gegen Sie kämpfen.“ Wieder wich er ihrem Angriff aus. „Und so werde ich bestimmt nicht besser im Tanzen.“

Im nächsten Moment sah er eine Öffnung in ihrer Verteidigung.

„Und zum letzten Mal, ich bin kein Mihawk.“

Er staunte nicht schlecht, als sie die Spitze seiner Klinge mit der kurzen Schwertscheide ihrer Waffe abfing und im gleichen Moment zum Gegenangriff überging.

„Sei still!“, brüllte sie, „Ein wahrer Krieger streitet nicht während des Kampfes, sondern genießt den Blutrausch!“

Erneut kostete es ihn unglaublich viel Kraft ihren Hieb abzufangen.

Hinter ihm konnte er Dulacre leise auflachen hören, gefolgt von dessen dunklen Worten: „Scheint, als würde es heute doch noch ganz interessant werden. Wirklich keine schlechte Idee, überhaupt nicht.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  blackholmes94
2016-11-24T19:58:51+00:00 24.11.2016 20:58
Ah ich fand das Kapitel sehr aufregend!
Zuerst wie Zoro seine weibliche Seite versucht wie eine Art zweite Persönlichkeit zu händeln und dann die großen Neuigkeiten Rund um unsere Chaoten-Crew und Zoro O.O (Fand es sehr "professionell" von Cho mitten auf dem Markt über solche geheimen Infos zu sprechen xD)
Da ist er auch wieder dieser Punkt ... er könnte komplett neu anfangen, aber würde es niemals übers Herz bringen seine Crew zu verlassen ... unser Schwertheini ist eben eine treue Seele
Ohh der Vergleich mit einem Marinekadetten hat unserer Lady bestimmt nicht gefallen ^^
und so lernt man durch verhasstes Tanzen besser Schwertkampf ... das hätte sich unsere Kugelalge bestimmt auch nicht träumen lassen xD der Herr Mihawk ist eben nicht umsonst der Beste ; )
Ohhh jetzt hat Kanan wieder die kriegerische Amazone raushängen lassen O.O bin gespannt ob unsere Lady Zoro darauf anspringt ... hab langsam das Gefühl, dass viel mehr hinter Kanan steckt als eine nette aber strenge Haushälterin ...
Lass mich überraschen im nächsten Kapitel ; )
Liebe Grüße :*
Antwort von:  Sharry
27.11.2016 19:35
Hey,
danke für dein Kommi und freut mich, dass es dir gefallen hat ;-)
Ach, Cho ist mein lieblingsmarinemann (naja, vielleicht hinter Garp^^), er ist so ein schöner, fröhlicher, unbedachter Gegensatz zu Falkenauge.
Natürlich will Zorro zurück zu den anderen, warum sollte der auch ein legales Leben anfangen, das ist doch viel zu langweilig (siehe Mihawk)
Ja, das nächste Kapitel betrifft ganz neue Bereiche, aber mehr verrate ich nicht, da ich es gleich hochlade ;-P
Liebe Grüße
Sharry
Von:  Lexischlumpf183
2016-11-24T12:38:58+00:00 24.11.2016 13:38
Oh, also besser nicht mit Kanan anlegen, dass könnte ins Auge gehen 😁 aber jetzt is die Frage wie man so tanzen lernt, bin sehr neugierig wie es weitergeht 😉😁
Antwort von:  Sharry
27.11.2016 19:27
Hey,
danke für deinen Kommi. Ach, wer weiß, was da noch kommt ;-P
LG
Sharry
Von:  LittleMarimo
2016-11-21T04:25:40+00:00 21.11.2016 05:25
Uiuiuiuiui
Ich dachte für einen Moment kanan wüsste alles..
Antwort von:  Sharry
21.11.2016 08:41
Guten Morgen (Oh da ist aber jemand früh auf o.o)
Ach ja, wie würde Kanan jetzt darauf antworten, sie weiß doch alles ;-P
Vielen Dank für deinen Kommi und einen schönen Start in die neue Woche^^
Antwort von:  LittleMarimo
21.11.2016 12:21
Warte also weiß kanan wer loreen ist? O_O
Oh und :D ja klar um 5 schellt der wecker, standart!
Dir auch Schöne woche :3
Antwort von:  Sharry
21.11.2016 16:10
Woher soll ich das wissen? Wir sollten Kanan fragen.
Was sagte sie noch in Kapitel 20? Ach ja:
"Mach dir keine Sorgen, ich weiß doch genau wer du bist. Du bist so ein liebes Kind, natürlich kann ich gar nicht anders, als dich zu bemuttern"
Also sie sagt, sie weiß, wer Loreen ist ;-)
Wow, meinen großen Respekt für die Uhrzeit. Ich habe mich meinem Studentenleben gebeugt und bin zu der Uhrzeit meist auch auf, bevor ich dann ins Bett gehe ;-P


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