Ein würdiger Traum von Sharry (Der Preis des Vertrauens) ================================================================================ Kapitel 9 - Die Versammlung --------------------------- Kapitel 9 – Die Versammlung   -Zorro- Schwer atmend hockte er mit allen Vieren auf dem Boden. „Steh auf!“, befahl die Stimme seines Lehrmeisters kalt. Sein ganzer Körper brannte. Der Muskelkater vom Morgen war längst begraben unter den neuen Schmerzen. Zitternd erhob er sich. Eine Strähne hatte sich gelöst und hing ihm störend im Gesicht, doch er konnte keine unnötige Energie dafür verschwenden sie wegzuschieben. Sein Herzschlag pumpte erbarmungslos das Blut durch seinen Körper. Vor seinen Augen wurde die Welt immer wieder dunkel, während er auf den anderen starrte, der mit verschränkten Armen an der Wand lehnte. Schwarze Flecken tanzten höhnisch in seinem Blickfeld. „Was siehst du mich an? Konzentrier dich!“ Im nächsten Moment gaben seine Beine wieder nach. Kraftlos kniete er auf dem Boden. Er konnte nicht mehr! Die Schritte des anderen dröhnten in seinen Ohren. Er brauchte lange diesmal, bis er sich wieder aufraffen konnte. Schwankend stand er da. Er wusste, dass der andere direkt hinter ihm stand. „Es reicht für heute“, stellte der Samuai kühl fest. „Nein!“, knurrte er schwach. Er würde nicht aufgeben! Der Samurai lachte leise. Für ihn klang es wie blanker Hohn. „Lorenor, du kannst kaum noch stehen. Es ist in Ordnung. Deine Leistung war nicht schlecht.“ Er riss sich unbeholfen von der Hand auf seiner Schulter los und stolperte nach vorne. „Nein!“ Mehr konnte er nicht mehr sagen. Bebend ging er wieder in Position und fuhr fort. Der andere sagte nichts mehr, doch er konnte seine Gegenwart weiterhin in seinem Rücken spüren. Nein, er würde nicht aufgeben! -Mihawk- Er musste gestehen, dass der andere ihn beeindruckte. Seit den frühen Stunden hatte er den jungen Schwertkämpfer im großen, kalten Trainingsraum an dessen Grenzen gebracht. Doch es war der andere, der sich selbst immer wieder darüber hinaus kämpfte. Er hatte sich genau überlegt, was der andere erreichen musste, um jeden Tag Fortschritte zu machen und aufgrund des Vortages hatte er geglaubt, dass sie den ganzen Tag brauchen würden, um den Piraten soweit zu bringen. Aber sein Wildfang hatte ihn Lügen gestraft. Innerhalb weniger Stunden hatte er das Ziel erreicht und war einfach weiter gegangen. Er hatte geglaubt, die körperlichen Grenzen einer Frau gut einschätzen zu können und da dieses Mädchen im Kampf nicht geübt war, hatte er sich keine großen Hoffnungen gemacht. Doch der Jungspund übertraf seine Erwartungen bei weitem. Immer wieder fragte er sich, wie stark der andere in Wirklichkeit sein konnte, wenn schon sein Wille alleine ausreichte, um diesen Körper zu Höchstleistungen zu bringen. Natürlich waren seine kämpferischen Leistungen lange noch nicht die eines großen Schwertkämpfers und trotzdem konnte er nicht verhindern, dass der andere in ihm immer wieder die Lust des Kämpfens weckte. Er ärgerte sich selbst darüber. Weiterhin beobachtete er den anderen und kommentierte was er falsch machte. Das gefiel ihm an dem Jungen am besten. Zwar verstand dieser nicht immer auf Anhieb was er wollte, sodass er oft ganz simple Vergleiche ziehen musste, aber sobald der Grünschopf begriff, setzte er die Anweisung sofort um und war in der Lage sie ohne Wiederholung zu vereinnahmen. Er lernte schnell und er war verbissen genug, um sich darauf nichts einzubilden. Mit jeder verstrichenen Minute schienen die Bewegungen des anderen ihn jedoch zu bestätigen. Der Fluss und die Geschmeidigkeit wurden immer zittriger und abgehakter. Lorenor hatte sein Limit schon lange erreicht, ab jetzt würde er in dieser Einheit keinen Fortschritt mehr erzielen können, im schlimmsten Fall würde er sich selber behindern. Doch das wollte oder konnte der Grünschopf einfach nicht sehen. Entschieden trat er hinter ihn und griff ihm fest am Oberarm. „Es ist genug!“ Der Pirat schüttelte den Kopf und wollte sich losreißen, doch er hielt ihn ohne Mühe fest, während sich seine Finger etwas härter in das Fleisch bohrten um seine Position zu unterstreichen. „Dies war kein Vorschlag, Lorenor. Du bist am Ende. Jede weitere Sekunde wäre nur noch Zeitverschwendung!“ „Ich kann noch…“ „Du kannst jetzt unter die Dusche gehen! Widersprich mir nicht. Mein Haus, meine Regeln, verstanden?“ Er ließ den anderen los und wandte sich zum Gehen. Ihm missfiel das Verhalten des anderen sehr. Natürlich mochte jeder Lehrer einen ehrgeizigen Schüler, aber es sollte nicht seine Aufgabe sein, sich um die Gesundheit des Jungen zu sorgen. Dieser musste selber erkennen, wenn er seine Grenzen erreicht hatte. Er verließ den Raum ohne sich noch einmal nach dem anderen umzudrehen. Wenn dieser nun der Ansicht war, mit seinem Training fortzufahren und darüber ohnmächtig werden sollte, war das nicht sein Problem. Während er den Flur entlang marschierte hörte er laut und deutlich die trällernde Stimme der Haushälterin, die das Esszimmer putzte. Sie war wie immer fleißig und er fragte sich beiläufig, ob sie wirklich die ganze Zeit nichts anderes tat außer kochen und putzen. Konnten zwei Menschen so viel Arbeit darstellen? Er selbst wusste gar nicht so recht, was er tun sollte. Er hatte tatsächlich keinerlei Papierkram mehr nachzuholen, was, seitdem er sich mit diesem Mist rumschlagen musste, noch nie vorgekommen war. Hunger hatte er keinen und lesen schien ihm gerade zu umständlich. Sein Leben war manchmal wirklich überaus langweilig. Eigentlich hatte ihn das nie gestört, aber seit dem er die vierundzwanzig-Stunden-Betreuung für den Piraten mimte, wusste er gar nichts mehr mit sich anzufangen, wenn der andere mal nicht seine Aufmerksamkeit benötigte. Schon ziemlich armselig für einen erwachsenen Mann… Unmotiviert überlegte er in sein altvertrautes Arbeitszimmer zu schlendern, als es an der Haustür klopfte. Er konnte das dumpfe Pochen kaum über die Stimme der Haushälterin hinweg hören und war leicht überrascht. Ob es erneut Jirou war? Wer sonst sollte ihn besuchen kommen? Vielleicht war es aber auch ein Kind Kanans, die manchmal unerwartet auftauchte. Er zog sein Hemd gerade und richtete die Weste. Man musste ihm ja nicht gerade ansehen, dass er gerade aus einer Trainingseinheit kam. Auf dem Weg zur Haustür fuhr er sich noch durchs Haar, welches nicht so glatt anlag wie er mochte, ehe er den unerwarteten Gast begrüßte. Vor ihm stand Houran, die Sekretärin des Bürgermeisters. Im Licht der untergehenden Sonne strahlte sie etwas Königliches aus. Ihre lila Haare waren wie immer kunstvoll hochgesteckt, große Monde hingen von ihren Ohren hinab und streichelten den Kragen ihres eng anliegenden Wintermantels, der bis zum Boden reichte. Wie immer erwiderte sie überaus erhaben seinen Blick und reichte ihm die Hand zum Gruß. „Was verschafft mir die Ehre?“, fragte er etwas überrumpelt, ohne sie hineinzubitten. Sie legte den Kopf leicht schief, wobei ihre Ohrringe klirrten, die Augen weiterhin beinahe herablassend auf ihn gerichtet. „Herr Koumyou schickt mich.“ Mit diesen kühlen Worten zog sie einen mintgrünen Umschlag aus den Tiefen ihres Mantels und hielt ihn hoch. „Es war ihm so wichtig, dass Sie diesen Brief noch heute erhalten, dass er mich eigens losgeschickt hat.“ Ihre eiskalte Stimme machte deutlich, dass sie Botengänge absolut nicht unter ihrer Zuständigkeit verbucht hatte und diese Aufgabe somit unter ihrer Würde war. Dankend nahm er den Umschlag an.   „Und worum handelt es sich, wenn ich fragen darf?“ „Dürfen Sie“, antwortete sie knapp, „Aber ich wurde nicht über den Inhalt dieser Nachricht informiert.“ Es war offensichtlich, dass sie dies noch mehr verärgerte. „Nun gut, da Sie ja nun den Brief erhalten haben, empfehle ich mich. Es warten noch andere, wichtigere Aufträge auf mich.“ Sie wartete seine Antwort erst gar nicht ab, sondern drehte sich abrupt um und schritt von dannen. Ihre hochhackigen Schuhe hatten unter dem Weg durch den Wald schon sehr gelitten und ein Absatz war schiefgetreten, weshalb ihr hochnäsiger Gang etwas Entenhaftes bekam. Mit einem leisen Schmunzeln sah er ihr nach, wie sie im Dämmerlicht verschwand, ehe er die Tür schloss. Erst im Arbeitszimmer öffnete er den Umschlag. Wenn der Brief so wichtig war, konnte es sich gut um geheime Informationen handeln, die nicht unbedingt für die neugierige Nase der Haushälterin bestimmt waren. Eine einzelne blassgrüne Karte fiel hinaus und der Geruch von Minze erfüllte innerhalb weniger Sekunden den Raum. Das sah nicht nach streng geheimen Informationen aus. Für eine gefühlte Ewigkeit starrte er auf das gefaltete Papier, ihm wurde langsam schlecht und er hoffte sehr, dass es einfach nur an dem Duft der Karte lag. Mit einem Ruck stand er auf und eilte zur Tür. „Kanan!“ -Zorro- Er betrachtete seinen nassen, geschundenen Körper vor dem Spiegel. Er musste um so vieles stärker werden! Der Samurai machte ihn furchtbar wütend. Wieso hatte er die Einheit beenden müssen? Er wusste, dass sein Körper ziemlich erschöpft war und dass all seine Muskeln zum Zerreißen verausgabt waren, aber das war der Grund, warum er weiter machen musste. Er musste diesen Körper zu einer Leistung zwingen, die seiner würdig war! Er hasste, dass der andere ihn so einschränkte. Wenn er nicht richtig trainierte, wie sollte er dann innerhalb von vier Wochen gut genug werden? Wollte der andere ihn bestrafen? Mit zitternden Händen trocknete er sich ab. Er war wirklich müde und erschöpft, aber das durfte er sich nicht anmerken lassen. Er musste sich vorsichtiger bewegen, als ihm lieb war. Viele Körperstellen waren berührungsempfindlich, besonders die Haut unterhalb der Brüste und unter den Armen. Kanan hatte ihm extra einen guten Sport-BH besorgt, trotzdem hatte er geschafft sich die gesamte Haut wund zu schürfen. Mit einem Seufzen zog er einfach nur den Pullover über und fragte sich dabei, wo die Haushälterin die ganzen Klamotten herzauberte. Er hatte noch nichts zweimal angezogen. Aber eigentlich interessierte ihn das nicht. Wieder betrachtete er sich im Spiegel, dieser Körper wirkte immer noch so fremd. Die letzten drei Jahre hatte er nicht so oft seinen Körper begutachtet, wie die letzten drei Tage. Er griff nach den langen grünen Haaren. Wie sollten die bitte eine Waffe werden können? Er konnte sie kaum flechten. Immer wieder fiel eine Strähne aus seinen bebenden Fingern und schließlich gab er einfach auf. Er war keine Frau, er würde so etwas eh nie brauchen. Mittlerweile empfand er diesen Körper als noch störender, als sowieso schon. Nicht nur im Kampf hatte er mit unsagbaren Hürden zu kämpfen, auch im alltäglichen Leben war er mehr als überfordert. Jede Bewegung war anders, aktivierte andere Muskeln, fühlte sich anders an. Vom Intimbereich mal ganz zu schweigen, bei jedem Schritt, jedes Mal, wenn er sich anzog und natürlich jedes Mal, wenn er auf Toilette musste. Er glaubte nicht, dass er sich je an diesen Körper gewöhnen würde. Kopfschüttelnd vertrieb er die sich kreisenden Gedanken und beseitigte die störenden Haarsträhnen durch ein Haarband. Er lehnte die Schultern zurück und verließ das Zimmer. Schon im Flur konnte er die gereizte Stimme des Samurais, sowie die aufgeregte Stimme der Haushälterin hören. Diese Situation erinnerte ihn doch arg an den Vortag. Er bog um die Ecke der Treppe und sah beide dort stehen. Doch in dem Moment wo Kanan ihn sah, kam sie direkt auf ihn zugestürmt und nahm beide seiner Hände freudestrahlend in ihre. „Ich hab schon eine Idee, meine Liebe. Altrosa, das ist absolut deine Farbe, du wirst schon sehen!“ „Wie bitte?“ Doch sie reagierte gar nicht auf ihn sondern brauste bereits zur Haustür und schlug sie hinter sich zu. „Ich hoffe doch sehr, dass sie nicht über meine Kampfkleidung spricht. Sie mag mich zwar wie ihre Spielpuppe behandeln, aber rosa zieh ich auf keinen Fall an.“   Der Samurai schien äußerst unglücklich und schürzte mit verschränkten Armen die Lippen. „Wir haben eine Planänderung. Das Training fällt morgen aus.“ Wütend starrte er den anderen an. „Was? Wieso? Ich hab doch getan, was du wolltest und aufgehört! Ich kann noch mehr leisten, wenn es das ist. So einfach geb‘ ich nicht auf!“ Falkenauge schüttelte den Kopf: „Es hat nichts mit deiner Leistung zu tun. Du kannst dich bei Jirou bedanken.“ „Der Konteradmiral? Was hat der damit zu tun?“, fragte er verwirrt. Der Schwarzhaarige fuhr sich entnervt durch die Haare. „Anscheinend hat er dem Bürgermeister dieser Insel von dir erzählt.“ „Und?“ Sein Gegenüber hielt ihm ein grünes Kärtchen hin, das einen seltsamen Geruch verströmte, den er nicht zuordnen konnte. Langsam nahm er es entgegen. „Der Bürgermeister hat erfahren, dass ich doch für ein paar Tage länger hier bleibe und hat mich zur Hauptversammlung der Inselvereinigung als Stellvertreter für Sasaki eingeladen.“ Er zuckte mit den Achseln während er das Geschreibsel überblickte. „Ja und? Was hat das mit Jiroushin oder mit meinem Training zu…“ Er stockte. „Genau“, antwortete der Samurai grob, „Lady Loreen soll mich doch bitte begleiten.“   Zorro lachte leicht und wedelte mit der Karte hin und her. „Nun ja, es ist halt eine Einladung, da muss man ja dann nicht hingehen.“ Der andere sah ihn einfach nur stur an. „Okay, also man muss dann da hingehen?“ Falkenauge nickte: „Aufgrund unserer Nähe zum Sabaody Archipel und Mary Joa erwarten die Führungskräfte, dass man zumindest als Zuschauer anwesend ist, wenn man eingeladen wird. Die meisten Gäste empfinden es eher als Ehre und nicht als eine nervige Pflicht.“ Einen Moment wollte er widersprechen, aber wenn selbst Mihawk Falkenauge Dulacre dieser Einladung Folge leistete, hatte er wohl keine Wahl. „Also was heißt das für uns?“ „Das heißt, dass wir morgen früh uns zur Insel Sadao aufmachen und hoffentlich vor Mitternacht wieder zurück sind.“ Es war offensichtlich, dass er kein Interesse an dieser Veranstaltung hatte. „Und was würde passieren, wenn wir einfach nicht hingehen? Kriegst du deinen Titel als Samurai aberkannt oder sowas?“ Der Schwarzhaarige lachte leise, aber kühl: „Nein, aber Koumyou wäre sehr enttäuscht.“ Seine Tonwahl ließ keine weitere Diskussion zu. „Aber keine Sorge, ein Tag ohne Training wird dich nicht umbringen und falls wir früh genug zurück sind, können wir ja sonst eine Nachtschicht einlegen.“ Überrascht sah er den anderen an. Das klang ja fast so, als würde er sich auf das Training freuen. Ein heimliches Grinsen verdunkelte seine Züge, doch dann wurde ihm etwas anderes bewusst. „Warte mal. Was meinte Kanan dann mit altrosa?“ Der Samurai zuckte mit den Schultern. „Vermutlich dein Kleid. Du weißt doch, wie gerne sie dir Sachen zum Anziehen raussucht.“ Langsam wurde ihm schlecht, lag es an dem seltsamen Duft der Karte? „Du hast gesagt, deine Mutter hat dich gebildet? Ich hoffe also, du wirst in der Lage sein, dich der Gesellschaft angemessen zu verhalten“, sprach der beste Schwertkämpfer der Welt kalt, „Besonders, da du ja jetzt eine Dame bist.“ Seine Knie gaben nach. Ihm war übel. Seine Gedanken waren immer noch bei dem Wort altrosa stehen geblieben. Falkenauge lachte leicht. „Stell dich nicht so an. Ein Tag außerhalb dieses Hauses sollte eine willkommene Abwechslung für dich darstellen.“ Mühevoll erhob er sich wieder. „Was hast du vor?“ Er sah den anderen nicht an. „Ich gehe wieder trainieren!“ Grob packte Falkenauge ihn. „Ich dachte wir hätten das bereits besprochen. Es wäre jetzt sinnlos. Geh lesen oder ruh dich aus. Glaub mir, selbst wenn du morgen nicht kämpfst, so wird es doch ein anstrengender Tag werden.“ -Mihawk- „Nun komm, Lorenor. So schwer kann es doch nicht sein, ein Kleid anzuziehen.“ Sie waren noch gut in der Zeit, aber er wurde langsam ungeduldig. Sein Wildfang ließ ganz schön auf sich warten. Dieser Tag versprach eine reine Qual zu werden. Ungeduldig drückte er die Tür zum Gästezimmer auf, doch er konnte Widerstand fühlen. Der andere blockierte die Tür. „Kannst du bitte Kanan holen?“, fragte der Pirat ungewöhnlich leise. „Was ist denn los?“ „Es ist nichts, hol einfach Kanan!“ Seine Stimme war leicht gereizt, aber auch zaghaft. Eine beunruhigende Mischung. Verwirrt rief er nach der Haushälterin. Vielleicht handelte es sich um weibliche Probleme, da wollte er sich wirklich nicht mit befassen. Das ehemalige Kindermädchen kam auf sein Rufen auch sofort und verschwand in dem Raum, der ihm verwehrt blieb. Er konnte einen leisen Aufschrei hören, gefolgt von eiligen Worten. Nur Sekunden später kam die Haushälterin wieder aus dem Zimmer und blitzte ihn wütend an. In der Hand das rosafarbene Kleid. „Was ist denn mit ihr?“ Doch sie eilte nur an ihm vorbei. „Es kann noch was dauern. Eure Ungeduld wird es nicht beschleunigen.“ Sie klang überaus erbost. Doch diesmal wusste er sicher, dass er nicht der Grund sein konnte. Mit einem leisen Grinsen ging er zurück in sein Schlafzimmer, um sein Schwert zu holen, bevor er sich im Wohnzimmer auf seinem Lieblingssessel niederließ und wartete. Er nutzte den Moment, um die Zeitung zu überfliegen. Der Morgen war noch jung, aber sie hatten ja auch noch einen guten Weg vor sich. Schließlich hörte er, wie endlich die Türe aufging. Kanan kam gefolgt von dem Grünschopf herein. Überrascht ließ er die Zeitung sinken. Das Mädchen trug ein hochgeschlossenes dunkelblaues Kleid mit langen Ärmeln. Eine silberne Kette mit einem einzelnen leuchten grünen Stein schmückte das schlichte Kleid. Das gleichfarbige Haar fiel offen über die Schultern, einzig und allein ein paar Strähnen wurden von einer silbernen Brosche zurückgehalten. Offensichtlich hatte Kanan ihren Gast auch dezent geschminkt. Dieser wirkte nun weniger wie ein unschuldiges Mädchen, sondern mehr wie eine junge Dame. „Du siehst schön aus“, entkam es ihm schließlich auf den fordernden Blick des ehemaligen Kindermädchens. Der Pirat hatte den Blick gesenkt, es schien als wäre ihm das alles sehr unangenehm. „Da siehst du. Sogar ihm gefällt es“, stimmte ihm die Haushälterin zu. „Wir sollten dann auch los.“ Er erhob sich und folgte den beiden Damen in den Flur. Die ältere Frau holte aus der Küche einen silbergrauen Mantel und legte ihn dem Kind um. „Wo haben Sie das alles nur her?“, murmelte er, während er selbst Mantel und Hut anzog und sein geliebtes Black Sword auf den Rücken schnallte. Die Schwarzhaarige grinste ihn breit an. „Natürlich bin ich, nachdem ich erfahren hatte, dass unser Gast länger bleibt, sofort einkaufen gefahren. Eine Dame muss genug Auswahl haben.“ Der Grünschopf hatte weiterhin den Kopf gesenkt und beteiligte sich am Gespräch nicht. „So geben Sie also mein Geld aus?“ „Also zum einen ist es das Geld Eurer Familie und außerdem, was soll ich denn sonst den ganzen Tag tun?“ „Sollten wir nicht langsam los?“, meldete sich nun endlich der Pirat kleinlaut zu Wort. „Du hast Recht, sonst kommen wir noch zu spät.“ Die Haushälterin begleitete sie bis zur Türe. „Nun gut, dann viel Spaß ihr beiden und habt eine gute Reise.“ Ein spöttisches Lachen entglitt seiner Kehle, nachdem die Haustür zugefallen war. „Sie tut so, als ob wir zu den heißen Quellen fahren würden.“ Der andere reagierte nicht. „Wo bleibst du denn, Lorenor?“, fragend wandte er sich um. Der Pirat im Kleid folgte ihm nur langsam durch den Wald. „Bist du mal in Schuhen mit Absatz gelaufen? Es ist verdammt schwierig!“   Seufzend wartete er, bis das Mädchen ihn eingeholt hatte, dann setzte er ihren Weg in einem gemäßigten Tempo fort. „Du scheinst auf deine alten Tage weich zu werden“, kommentierte der Pirat böse. Er ignorierte die Anspielung auf sein Alter und schritt einfach weiter. Doch sein Augenmerk lag doch mehr auf der Frau an seiner Seite, als er zugeben würde. Der junge Mann im Körper einer Frau sah sich aufmerksam um. Die großen grünen Augen begutachtete die Welt, als wäre er das erste Mal in seinem Leben außerhalb von steinernen Wänden. Nun ja, so falsch war der Gedanke gar nicht. Sie passierten die Lichtung, auf der er den anderen vor wenigen Tagen gefunden hatte. Wenig später erreichten sie das Dorf. Der Jungspund war immer noch still, doch der Mund war leicht geöffnet, während die Haare im kalten Wind wehten. „Hier bist du aufgewachsen?“, fragte er schließlich. „Ja, dies ist das Dorf meiner Kindheit.“ „Es wirkt so ruhig.“ Langsam überquerten sie den Marktplatz. „Es ist noch früh, zur Mittagszeit ist hier wesentlich mehr los.“ Unerwartet blieb seine Begleitung stehen. Er folgte seinem starren Blick. Vor ihnen lag das Meer, friedlich in den ersten Sonnenstrahlen. „Wie gelangen wir nach Sadao?“, fragte die Stimme des Mädchens schließlich. Er erkannte allerdings, dass der junge Pirat seine eigentlichen Gedanken verbergen wollte. „Natürlich per Schiff“, erklärte er und deutete auf den kurzen Steg, an dessen Ende sein Eigentum den Wellen trotzte. „Das Sargboot“, entkam es dem Piraten. Nach wenigen Metern hatten sie das Boot erreicht. „Mach es dir bequem. Ich kümmere mich um den Rest.“ -Zorro- „Setz dich ruhig“, erklang die Stimme des Samurais hinter ihm. Dieses Boot rief in ihm noch mehr Erinnerungen wach, als ihm lieb war. Damals hatte alles angefangen. Es war ihm beinahe unheimlich sich auf diesem Thron, als einzige Sitzmöglichkeit, niederzulassen. Nur kurze Zeit später gesellte sich der andere Schwertkämpfer zu ihm. Er verschränkte die Arme und stellte sich neben ihn. Das Schiff setzte sich in Bewegung. Er wollte aufstehen, doch Falkenauge legte ihm eine Hand auf die Schulter. Die Fahrt verging ohne dass auch nur einer von ihnen ein Wort wechselte. Nach einer Weile wurden ihm seine eigenen Gedanken jedoch zu wild. „Sag mal, was passiert denn auf dieser Versammlung?“, fragte er ohne aufzusehen. Sein Blick folgte weiterhin der aufgehenden Sonne. Der Schwarzhaarige seufzte. „Nichts Wichtiges. Nur Möchtegern-Politik. Hör es dir an, lächle nett und versuch nicht einzuschlafen.“ „Ist das dein Rat für mich oder für dich selbst?“, fragte er mit einem spöttischen Unterton nach. „Sowohl als auch“, antwortete der andere tonlos, „Aber noch eine Kleinigkeit“, fügte Falkenauge  hinzu, „Dank Jirou werden vermutlich die Anwesenden davon ausgehen, dass wir uns sehr vertraut sind. Wenn du mich mit Falkenauge ansprichst, könnten manche misstrauisch werden, zumal mich hauptsächlich Piraten so nennen.“ Zweifelnd sah er den Mann neben sich an. „Glaub ja nicht, dass ich dich mit mein Herr oder sowas anspreche, wie Kanan.“ Die gelben Augen blitzten belustigt auf. „Auch keine schlechte Idee, allerdings würde das wohl nicht weniger merkwürdig erscheinen. Nenn mich ab jetzt Dulacre.“ Einen Moment wurde es ruhig, er verschränkte die Arme. „Das hört sich fast so an, als wären wir keine Feinde mehr“, flüsterte er, unsicher ob der andere sich über ihn lustig machte. „Nein, da hast du Recht“, erwiderte dieser, jedoch ohne Spott oder Hohn in der Stimme. „Aber da ich dich bereits nackt und betrunken gesehen habe, könnte man auch sagen, dass wir fast so etwas wie Bekannte sind.“ „Ja, das könnte man sagen, Dulacre.“ Dann konnte er die Insel vor sich ausmachen. Es war so seltsam, dieser Moment, dieser Ort. Er war ein Pirat. War sein Leben lang ein Außenseiter. Einer, bei dem man die Straßenseite wechselte, wenn man ihn sah. Ein Mann, der in anderen Panik oder Abscheu hervorrief. Nun aber saß er hier in diesem Kleid, frisiert und geschminkt auf dem Weg zu einer Versammlung zu der er eingeladen wurde. Es war kein Leben, das er führen wollte. Doch er würde mitspielen, so wie er dem Konteradmiral etwas vorgemacht hatte. Nur so würde er zurzeit überleben. Als der Hafen in Sicht kam rief er sich Namis allerliebstes Lächeln in Erinnerung und imitierte dies. Er stand tief in der Schuld des Samurais, und wenn er nur ein bisschen dadurch begleichen konnte, dass er ihn heute gut dastehen ließ, dann war es das wert. Allerdings waren die Schuhe eine echte Bestrafung.   „Was tust du da?“, murrte Falkenauge neben ihm. „Ich bereite mich darauf vor, mich wie ein Fräulein zu verhalten“, knurrte er abfällig zurück. Zu seiner Überraschung fing der Samurai lauthals an zu lachen, ließ seine Schulter los und hielt sich den Bauch. „Wenn du die Leute gleich so anfletschst, laufen die schreiend davon!“ „Halt die Klappe!“ Böse sah er zu dem anderen auf, doch dieser grinste nur breit. „Dieser Blick steht dir schon viel besser.“   Mittlerweile konnte er die ersten Personen ausmachen, die scheinbar auf sie warteten. Falkenauge griff wieder seine Schulter, er versuchte nicht auszuweichen. Wie viel lieber wäre er jetzt im Trainingsraum. Diese Scharade gehörte nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Wenn er nur wüsste, wie der andere das Boot lenkte, dann wäre es vielleicht eine Möglichkeit, um zu seinen Freunden zu kommen. Aber den Gedanken verwarf er sogleich wieder. Er wusste, dass der Plan, den Falkenauge vorgeschlagen hatte, der Vernünftigste war. „Wie hast du das denn eigentlich mit Jirou hinbekommen?“ „Was meinst du?“ Der Samurai grinste: „Als er da war, hast du dich plötzlich total verändert und ihn einfach um den Finger gewickelt, als wärest du eine Meisterin in der Kunst des Verführens. Ich hab dich gar nicht wieder erkannt.“ Zorro wurde nachdenklich. Der andere hatte Recht. Es war ihm ganz leicht gefallen. „Ich hab einfach reagiert. Ich hab gedacht: Wie würde Nami wohl handeln? Und hab dann einfach geredet.“ Der Schwarzhaarige antwortete nicht mehr, sondern starrte stur auf den Strand, dort waren ein großer Mann und eine etwas kleinere Frau nun deutlich zu erkennen. Der Mann im dunkelblauen Anzug winkte ihnen großzügig zu, dann stieß die Frau neben ihm den Ellenbogen in seine Seite und tadelte ihn mit erhobenem Zeigefinger. Das Sargboot erreichte währenddessen den Landesteg und Falkenauge sprang elegant über die kurze Distanz hinweg und sicherte augenblicklich das Boot. Er selber blieb sitzen wie schon beim Ablegen. Die beiden, die sie bereits erwartet hatten, kamen mit großen Schritten auf sie zu. Der Samurai hatte derweil seine Arbeit erledigt und reichte ihm die Hand. Ihm gefiel das alles sowas von überhaupt nicht. Aber er würde sich anpassen müssen, außerdem war er in diesen Schuhen wirklich auf Hilfe angewiesen. „Mihawk! Was für eine Freude Sie zu sehen. Vielen Dank, dass Sie meiner Einladung nachgekommen sind, obwohl es so kurzfristig war.“ Der große Mann mit den Wikingerzöpfen erreichte sie freudestrahlend. „Wenn ich vorstellen darf. Meine bessere Hälfte, Koumyou Seira.“ Die Frau an seiner Seite verbeugte sich sachte, ehe Falkenauge ihre Hand nahm. „Ich freue mich, Sie wiederzusehen. Es ist lange her.“ Sie nickte: „In der Tat, Herr Mihawk.“ Ihr strenger Dutt aus silbergrauem Haar, sowie der schwere schwarze Mantel und ihre kühle Stimme gaben Zorro eine Gänsehaut. Diese Frau hatte die Zügel in der Hand. In diesem Moment riss der Mann mit der Bärenstimme ihn an sich. „Und Sie müssen Loreen sein. Ich war ja so gespannt Sie kennen zu lernen, Cho hat ja so viel…“ „Tenkai!“, keifte die Frau neben ihm wütend und schlug ihm auf die Finger, „Benimm dich, so kannst du doch keine Dame ansprechen. Du verschreckst sie ja!“ Energisch zog sie ihren Mann zurück und verneigte sich. „Es tut mir leid, junge Dame. Mein Mann mag zwar der Bürgermeister Sasakis sein, aber trotzdem muss man ihn immer wieder daran erinnern.“ Zorro lächelte leicht gezwungen und neigte ebenfalls den Kopf. Diese Frau erinnerte ihn irgendwie an Kanan. „Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich freue mich, hier zu sein und bedanke mich herzlich für Ihre Einladung.“ Unerwartet spürte er den starken Arm Falkenauges um seine Schultern, doch er widerstand dem Drang weg zu weichen. „Wenn ich vorstellen darf: Lady Loreen. Sie ist zurzeit mein Gast, wie Sie sicherlich von Konteradmiral Cho erfahren haben“, sprach er mit ruhiger Stimme. Diese Situation war wirklich seltsam. Mit langsamen Schritten ging die kleine Gruppe den Steg entlang. Der Bürgermeister nutzte die Zeit, um Falkenauge in die wichtigsten Themen einzuführen, die in der Versammlung besprochen werden würden. Dabei bedankte er sich immer wieder, dass sie der Einladung gefolgt waren, da er als Bürgermeister von Sasaki nur wenig Einfluss auf die anderen Inseln habe. „Sie wissen aber, dass Loreen und ich nur als Zuschauer hier sind?“ „Natürlich, natürlich“, antwortete der ältere Mann sofort und klopfte dem Samurai auf den Unterarm, „Aber alleine Ihre Anwesenheit als Samurai kann Sasakis Position entsprechende Unterstützung bieten.“ „Das heißt, Sie wollen gar nicht am Frauenkaffee teilnehmen?“, sprach ihn unvermittelt die Frau des Bürgermeisters an. Zorro hatte keine Ahnung wovon sie sprach. „Ähm…“ Alle Augen lagen nun auf ihm, was es nicht gerade einfacher machte. „Also, wenn möglich, würde ich sehr gerne an der Versammlung teilnehmen, natürlich nur als Zuschauer. Überschneidet sich das mit dem Kaffee?“   Die Dame nahm seine Hand. „So ein engagiertes und wissbegieriges Mädchen.“ „Aha, ähm danke?“ Irgendwas, was er gesagt hatte, musste wohl richtig gewesen sein. „Tenkai, ich finde die Idee unseres Gastes prächtig. Ich denke, ich werde auch an der Versammlung teilnehmen.“ „Ach, wirklich Schatz?“, kommentierte der großgewachsene Mann mit gespielter Begeisterung, „Das ist ja ganz ausgezeichnet.“ Kurze Zeit später stand Zorro in einem Pulk von Menschen, die alle wild umher redeten. Falkenauge hatte er schon kurz nach ihrer Ankunft aus den Augen verloren, als Frau Koumyou ihn mit sich geschleppt hatte. Sie stellte ihm alle möglichen Leute vor. Dorfpolitiker, Unternehmer und unbedeutendere Persönlichkeiten der Marine. Er konnte sich keinen einzigen Namen merken. Sie alle fragten wenig und redeten viel, meistens über Geld und wirtschaftliche Faktoren, die es heute zu besprechen galt. Hauptsächlich Männer waren anwesend, was seiner Begleitung offensichtlich gut gefiel, als sie ihm den Mantel abnahm und ihren eigenen ebenfalls weg hing. „Alle Aufmerksamkeit wird auf uns ruhen, Schätzchen“, erklärte sie hocherfreut. Ihr mintgrünes Kleid mit blauen Applikationen schimmerte bei jeder Bewegung, „Und wir sehen aus, als hätten wir uns farblich abgestimmt“, entkam es ihr noch feuriger, während sie seine Hand griff, „Meine Freundinnen sind jetzt alle beim Kaffee, aber Sie hatten Recht, Loreen. Das hier macht so viel mehr Spaß.“ Er nickte nur, denn für ihn war die Situation eher zum Schreien. Seine Füße taten ihm bereits jetzt weh und er fühlte sich fast wie eine preisgekrönte Milchkuh, so wie einige der Umstehenden ihn begutachteten. Hilflos blickte er sich suchend nach dem Samurai um, doch er konnte ihn nirgends ausmachen. Dieser Tag schien eine reine Folter zu werden. „Loreen!“ Zu seiner Rechten schälte sich plötzlich ein hochgewachsener Blondschopf in braunem Anzug aus der Menge. „Jiroushin.“ Endlich jemand, den er kannte. Wer hätte gedacht, dass er jemals so erleichtert sein würde, wenn er jemanden aus der Marine treffen würde. Der Konteradmiral gesellte sich zu ihnen und verneigte sich vor der Frau des Bürgermeisters ehe er sich wieder ihm zuwandte.   „Freut mich, dich zu sehen“, sagte er und reichte ihm seine Hand. Etwas überrumpelt schüttelte der Pirat die Hand des Marinemanns. „Ich freue mich auch. Aber ich habe dich gar nicht hier erwartet. Vertrittst du die Marine?“ Der Blondschopf schüttelte den Kopf. „Nein, nein. Ich bin zusammen mit unserer Bürgermeisterin als Vertreter für Sadao hier.“ Er deutete auf eine kahlköpfige Person in einem feuerroten Anzug. Für eine Sekunde versuchte Zorro hinter dem Glatzkopf eine Frau zu erhaschen, doch dann erkannte er, dass dieser Glatzkopf selber eine Frau war. Diese wandte sich zu ihnen um und kam dann eilig auf sie zu. Sie schien noch recht jung zu sein, doch auffällig waren ihre Augen. Eines dunkelblau, das andere leuchtend rot. „Herr Cho. Wenn ich bitten dürfte. Wir sind spät dran.“ Erst dann schien sie ihn und die Frau des Bürgermeisters neben ihm zu bemerken und verbeugte sich rasch. „Frau Koumyou, eine Ehre Sie hier zu sehen.“ Ein lauter Gongschlag brachte das herrschende Gerede zum Erliegen. „Meine Damen und Herren. Bitte begeben Sie sich zu ihren Plätzen.“ „Komm Loreen.“ Schon packte die ältere Dame ihn am Handgelenk und zog ihn mit sich. Über seine eigenen Füße stolpernd folgte er ihr. „Wo gehen wir hin?“ Sie blieb nicht stehen. „Egal. Hauptsache wir sitzen nicht in der Nähe von dieser blöden Schnepfe Mifa!“ Dann erreichten sie den Versammlungsraum, einen großen Saal mit einem riesigen Runden Tisch, wo locker dreißig Mann sitzen konnten. Dahinter waren noch mehrere Reihen Zuschauerränge. „Meinen Sie die Bürgermeisterin von Sadao?“, fragte er, während Frau Koumyou ihn auf einen Stuhl in der zweiten Reihe drückte. Sie warf sich neben ihn. „Genau. Eine furchtbar unhöfliche Person. Aber das hab ich nie gesagt!“, sagte sie und beugte sich so nahe zu ihm, dass er den Geruch von Minze vernehmen konnte. Ihre dunklen Augen waren ernst. „Was ich hier erzähle, muss unter uns bleiben, meine Liebe.“ Er nickte zügig, während sich die Stühle um sie herum füllten. Dann flüsterte die Dame in sein Ohr, ohne dass er gefragt hatte: „Sie ist nur durch ihre Familie in dieser Position und sie ist allen Vertretern Sasakis gegenüber total unfreundlich.“ „Aha…“, murmelte er etwas unwohl, da es langsam um sie herum ruhig wurde. „Ja, und das nur, weil Sasaki mit Abstand den meisten Einfluss hat. Ich meine, wir sind ja auch schließlich das Bindeglied zum Sabaody Archipel und somit zur Neuen Welt!“   „Aber kommt Jiroushin nicht aus Sasaki?“ Warum hatte er gefragt? Verdammt. Und hatte der Bürgermeister eben nicht noch gesagt, wie unbedeutend Sasaki war? Das hörte sich aber nun doch ganz anders an. „Das stimmt, aber er hat die Tante von Mifa geheiratet, daher gehört er zur Familie. Woher kennen Sie Herrn Cho eigentlich?“ Ihr bohrender Blick war ihm deutlich zu neugierig. „Über Fal...Dulacre. Sie sind Kindheitsfreunde, soweit ich weiß.“ „Wenn ich um Ruhe bitten dürfte“, erklang eine herrische Stimme. Zorro, und zum Glück auch die Frau neben ihm, richteten ihre Aufmerksamkeit auf die große Tafel in der Mitte. Am anderen Ende saß ein uralter schrumpeliger Mann mit Ziegenbart und Sonnenbrille. „Das ist Rishou Eizen. Er ist vom Marinehauptquartier und der Moderator dieser Versammlung. Er gehört zu den einflussreichsten Politikern der Welt und alleine mit ihm an einem Tisch zu sitzen bedeutet einen Sprung auf dem Karrierebrett“, flüsterte die Frau des Bürgermeisters. Dieser saß direkt neben eben jenem wichtigen Mann. Zu anderen Seite des Bürgermeisters saß Falkenauge, dessen Hut höflich an der Stuhllehne hing, während er selber einen interessierten Gesichtsausdruck aufgelegt hatte. Sein Schwert lehnte an der Wand wie ein unbeteiligter Zuhörer. Es war ihm befremdlich, wie wichtig der eigentliche Pirat anscheinend in der Politik war. Nicht nur, dass er eingeladen wurde, sondern auch sein Sitzplatz unterstrich, dass er deutlich mehr war, als ein Pirat. Auch der Kommentar des Bürgermeisters schien nur minimal untertrieben. Die Vertreter Sasakis schienen hier eine ganz einflussreiche Rolle zu spielen. Zur linken des Politikers saß ein junger Mann, der ein Goldfischglas auf dem Kopf trug. Er wirkte ziemlich blasiert mit seiner braunen Tolle, die wie ein schiefer Turm aufgerichtet war. „Und wer ist der Mann zu seiner Rechten?“, fragte er nun leise seine Sitznachbarin. Diese sah ihn erschrocken an. „Nicht hingucken!“ Dann zog sie ihm am Ohr zu sich und flüsterte so leise, dass er kaum ein Wort verstehen konnte. „Das ist Sankt Hazel. Er ist ein Weltaristokrat! Er nimmt immer an der Hauptversammlung teil und das, obwohl er taub ist. Was natürlich niemand weiß.“ Energisch hielt sie weiterhin sein Ohr. „Deswegen darf man ihn auf gar keinen Fall ansehen. Ihm ist egal, was hier diskutiert wird. Es geht ihm nur darum, so zu tun, als würde er am weltlichen Geschehen teilnehmen. Noch nie hat er wirklich mitgemacht, nur einmal hat er einen Mann töten lassen. Egal was er macht, sitzen bleiben und nicht zu ihm gucken, ansonsten könnte man sein nächster Sklave werden.“ Er nickte stumm, etwas erschrocken, dass ein so ärmliches Hemdlein diese Frau in Panik versetzen konnte. Der Alte in der Mitte erhob das Wort. „Wir wollen somit beginnen. Ich begrüße Sie alle ganz herzlich. Zu aller erst bitte ich Sie unserem Gast die gebührende Ehre zukommen zu lassen.“ Wie auf Kommando standen alle Anwesenden auf und verbeugten sich vor dem Mann im Taucheranzug. Schnell folgte er den Bewegungen der anderen, die alle irgendetwas Komisches murmelten wie ein Gebet. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass sogar Falkenauge aufgestanden war und den Kopf minimal gesenkt hatte. Selbst der uralte Politiker hatte sich verbeugt. Einige andere knieten sogar auf dem Boden und drückten ihre Stirn gegen den kalten Stein. Nach gefühlten fünf Minuten nickte der Weltaristokrat mit einem herablassenden Wink. Erst danach richteten sich die anderen auf und nahmen wieder Platz. Die Sonnenbrille räusperte sich. „Vielen Dank, dass Ihr uns mit Eurer Anwesenheit beehrt, mein Herr!“ Das Fischglas reagierte gar nicht. „Ergänzend möchte ich einen weiteren Gast begrüßen. Willkommen Mihawk Dulacre, Sohn des Mihawk Gat und einer der sieben Samurai der Meere.“ Höflicher Applaus erfüllte den Raum während der Angesprochene leicht den Kopf senkte zum Dank. „Das erste Mal seit über 25 Jahren dürfen wir einen Nachfahren Mihawk Yakumos in unseren Reihen willkommen heißen. Dem Mann, der unsere Inseln besiedelt und unsere Gemeinschaft gegründet hat.“ Nun wurde der Applaus doch etwas wärmer, ehe der Moderator mit einer Handbewegung für Ruhe sorgte. „Nun denn, jetzt da wir die Formalien geklärt haben, möchten wir uns dem nächsten Punkt auf der Tagesordnung widmen. Das Thema Fischfang wurde ja bei unserer letzten Zusammenkunft schon angesprochen, da in den Statistiken ein herber Rückgang zu verzeichnen war. Herr Ginkaku hat weitere Informationen für uns.“ Ein bärtiger Mann mit schütterem Haar erhob sich und fing an zu sprechen, doch Zorros Aufmerksamkeit war bereits verflogen. Er hatte erwartet, dass es hier um wichtige politische Dinge ging, nachdem der Samurai, die Haushälterin und alle anderen hier so getan hatten, als würde es hier um Leben oder Tod gehen. Er hatte erwartet, dass es um politische weltbewegende Entscheidungen gehen würde, nachdem erst irgendein einflussreicher Politiker hier aufgetaucht war und dann auch noch einem Mann im Fischglas von allen gehuldigt wurde. Doch am Ende ging es hier um Fischfang?! Seine Gedanken schweiften ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)