Come in with me von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ „Komm schon, Mika. Bitte?“   Bettelte Yuu, der ein paar Meter hinter seinem Freund durch das Dorf lief, in dem sie nun für knapp über drei Monate lebten um sich vor der Armee zu verstecken nach dem Vorfall am Flughafen von Nagoya.   „Ich sagte „Nein“.“   Sagte Mika ohne sich umzudrehen.   „Nur für eine Nacht.“ „Nein.“ „Bis morgen früh.“ „Das ist eine Nacht, also nein.“ „Für eine Stunde?“ „Nein.“ „Du kannst auch den meisten Platz haben.“ „Nein.“ „Die ganze Decke?“ „Nein.“ „Das Kissen?“ „Nein.“ „Warum nicht? Wir haben das immer gemacht, als wir Kinder waren.“ „Wir sind aber keine Kinder mehr, Yuu-Chan.“ „Aber es wäre immer noch spaßig.“   Mika hielt ohne Vorwarnung an, sodass Yuu fast ihn in hineingelaufen wäre. Er drehte sich zu ihm um.   „Ernsthaft…Warum willst so sehr, dass wir uns ein Bett teilen?“ „Weil wir das schon lange nicht mehr gemacht haben.“ „…“ „Also?“ „…Nein.“   Sagte Mika und wendete seinen Blick ab.   Er hatte absolut keine Ahnung, warum Yuu auf einmal so fixiert darauf war sich ein Bett mit ihm teilen zu wollen. Es ist drei Wochen her seit er von seiner Dämonen-Form zurückgekehrt ist und allein in der Hütte schlief. Alles schien normal.   Aber an diesem Morgen kam er plötzlich zu ihm, schlug ihm vor, dass sie beide in einem Bett schlafen könnten, so wie sie es damals taten und wollte von dieser Idee nicht mehr ablassen seit er sie das erste Mal erwähnt hatte…Und es war bereits später Nachmittag.   Egal wie viele Male Mika ihm sagte, dass er nicht wollte, Yuu gab einfach nicht auf. Er versuchte ihm aus dem Weg zu gehen, nur um ein bisschen Ruhe vor ihm zu haben, weil er langsam ganz schön nervig wurde, aber das half nicht. Er folgte ihm überall hin. Einmal hat er sogar versucht ihn zu ignorieren, aber wenn Yuu ignoriert wurde, war er sogar noch nerviger als ohnehin schon.   In diesem Moment wäre er mehr als glücklich gewesen Shinoa und die anderen zu sehen, nur um ihn mal für eine Weile loszuwerden, aber sie waren zu sehr damit beschäftigt den Dorfbewohnern für den Rest des Tages zu helfen, also musste er alleine mit ihm zurechtkommen.   „Was ist das Problem sich ein Bett zu teilen?“   Mika seufzte bevor er ihn wieder ansah.   „Yuu-Chan. Ich bin ein Vampir. Ich brauche keinen Schlaf.“   Yuu sah ihn erwartungsvoll, als ob er erwartete, dass er weiter redet.   „…Ist das alles? Nur weil du keinen Schlaf brauchst?“ „Huh?“ „Wenn dem so ist, dann mach dir keine Sorgen. Wenn du nicht zu schlafen brauchst, dann ist das in Ordnung. Du musst nicht schlafen, du kannst einfach wach bleiben. Es macht mir nichts aus.“   “…”   Willst du mich eigentlich verarschen?!   „Also? Wie klingt das?“ „Nein.“ „Warum nicht? Es ist nicht so, als ob du nachts was zu tun hättest.“ „Habe ich.“ „Zum Beispiel?“ „Aufpassen, dass keiner von der Armee uns hier findet. Statt uns abzuwechseln, könnt ihr alle schlafen und da ich sowieso die ganze Nacht auf bin, habe ich etwas zu tun. So ist es viel sicherer.“ „Wenn sie uns wirklich hätten finden wollen, hätten sie das schon längst, denkst du nicht auch?“ „…“   Ich weiß…Wir sind nicht allzu weit von Nagoya entfernt…Wenn sie wirklich nach uns gesucht hätten, hätten sie uns definitiv schon gefunden. Aber wir haben keinen einzigen Soldaten gesehen, seit wir entkommen sind…Vielleicht sind wir von keinerlei Interesse mehr für sie, da sie bereits ein Spielzeug ganz für sich haben, das alles tut, was sie ihm sagen…   „Mika?“   Wurde er aus seinen Gedanken gerissen.   „Hm?“ „…Möchtest du dir immer noch kein Bett mit mir teilen?“   Fragte er mit einem bittenden Lächeln.   Mika rollte nur genervt mit den Augen bei dieser Frage bevor er seinen Weg wieder fortsetzte, um von dieser nutzlosen Diskussion fortzukommen.   „H-hey warte.“   Rief Yuu ihm nach und versuchte Schritt zu halten.   „Wüsste nicht warum, wenn du dich immer und immer wiederholst.“ „Komm schon, jetzt hab dich doch nicht so.“ „…“ „Ich verspreche es ist nur für eine Nacht, nicht mehr.“ „Hast du überhaupt zugehört?! Ich. Brauche. Keinen. Schlaf!“ „Es ist okay, wenn du keinen brauchst. Wie ich bereits sagte, du kannst ruhig wach bleiben.“ „…“ „Nur für eine Stunde. Nicht mehr. Du hast mein Wort.“ „…“ „Ich schwöre, ich werde nie wieder fragen, nur-„   Plötzlich hielt Mika an und drehte sich mit einem wütenden Gesichtsausdruck zu ihm um.   „WÜRDEST DU ENDLICH AUFHÖREN MIR HINTERHERZULAUFEN?!“   Schrie er Yuu an, der leicht zusammenzuckte, aufgrund dieses plötzlichen Wutausbruchs und ihn überrascht ansah.   „Was-“ „Ich sagte: Hör. Auf. Mir. Hinterherzulaufen! Seit heute Morgen bis du nichts weiter als nervig!“ „…I-Ich wollte nur-„ „Es interessiert mich nicht! Es interessiert mich nicht im Geringsten, was du willst oder warum! Du wiederholst dich ständig! Und außerdem habe ich bereits „nein“ gesagt! Hörst du dem, was ich sage auch mal zu?! Kannst du nicht verstehen, dass nicht alle nach deiner Pfeife tanzen?! Hör endlich auf anderen deinen Willen aufzwingen zu wollen!“ „…“ „Hör auf mich zu nerven! Lass mich einfach in Ruhe!“   Schrie er ihn ein letztes Mal an bevor er sich wieder umdrehte und wegging und einen verdutzen Yuu zurücklies. Er hatte ihn noch nie zuvor so wütend gesehen und er konnte sich auch nicht erinnern, dass er aus irgendeinem Grund jemals wütend auf ihn gewesen wäre.   …Ich…wollte ihn nicht verärgern…und ich zwinge meinen Willen niemanden auf…Ich wollte doch nur- …Naja, ist jetzt sowieso egal…     Kapitel 2: 2 ------------ Als die Sonne unterging, kamen Shinoa und die anderen von ihrer Arbeit zurück. Sie waren überrascht Yuu ganz alleine und tief in Gedanken versunken vor der Hütte sitzend vorzufinden. Normalerweise waren er und Mika unzertrennlich. Man sah selten nur einen von ihnen ohne den anderen. Als sie ihn fragten, wo Mika war, zuckte er nur mit den Schultern ohne etwas zu sagen. Er schien nicht darüber reden zu wollen, also fragten sie nicht weiter. Mika konnten sie ohnehin nicht fragen. Er würde sowieso nicht antworten, da er  nicht gerade gesprächig war, außer wenn er mit Yuu redete. Aber ihnen verhielt er sich relativ kalt gegenüber. Selbst nach drei Monaten hatte sich das nicht sonderlich gerändert.   Die erste Zeit, nachdem sie im Dorf ankamen, wussten sie gar nicht so recht, was sie von ihm halten sollten oder ob sie ihm überhaupt vertrauen konnten. Besonders Narumi hatte damit seine Probleme, da Yayoi und Kagiyama von Vampiren getötet worden waren. Er konnte nicht einfach urplötzlich einem von ihnen vertrauen, nur weil er ihnen geholfen hatte zu entkommen. Die anderen waren sich auch nicht sicher, wie sich ihm gegenüber verhalten sollten. Auch wenn er Yuu’s Kindheitsfreund und Familie war…war er trotz allem ein Vampir. Und Vampire waren immerhin ihre Feinde. Selbst wenn Yuu ihm vertraute, war das noch lange kein Anlass unvorsichtig zu werden. Aber sie verstanden recht bald, dass Mika nicht wie andere Vampire war. Natürlich bevorzugte er es alleine gelassen zu werden und redete auch nie wirklich mit ihnen, aber er verhielt sich nie gewalttätig ihnen gegenüber oder versuchte mit Yuu abzuhauen, so wie er es in Shinjuku versucht hatte. Er verhielt sich nicht so herablassend wie andere Vampire es taten. Er verhielt sich relativ normal. Wären da nicht die Augen oder die Fangzähne, könnte man sogar glauben, er wäre ein Mensch.   Er hatte nicht mal Blut getrunken seit sie hier waren. Sie fragten sich, wie er das überhaupt aushielt. Jeder wusste, dass Vampire Blut brauchten, andernfalls…würden sie sterben. Aber Mika verhielt sich nicht anders als sonst, seitdem sie anfingen hier zu leben. Auch wenn er manchmal etwas angespannt zu sein schien von Zeit zu Zeit. Sie dachten darüber nach ihn zu fragen, ob er Blut brauche, da sie nicht wollten, dass er stirbt, aber sie trauten sich nicht. Sie nahmen an, dass er ihnen nicht antworten würde oder sich unwohl dabei fühlen könnte, wenn sie ihn das fragten. Selbst als Yuu aufwachte, schien er es nicht zu brauchen. Aber er schien durchaus entspannter zu sein als zuvor. Shinoa hatte so ihren Verdacht, was das anging, aber behielt ihn für sich, da Mika offensichtlich nicht wollte, dass jemand es weiß und wenn selbst Yuu nicht darüber sprach, dann war es wahrscheinlich nicht für anderer Leute Ohren bestimmt.   Alle versuchten gut mit ihm auszukommen, aber das war leichter gesagt als getan, da sie absolut keine Ahnung hatten wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollten. Kurz nachdem Yuu sich zurückverwandelt hatte, hatte er versucht ihn dazu zu bringen mehr Zeit mit ihnen zu verbringen, aber das funktionierte nicht. Der einzige mit dem er wirklich redete und sich gegenüber öffnete war Yuu. Es dauerte etwas um ihn zu überzeugen, Mika etwas Bedenkzeit zu geben und ihn nicht dazu zu zwingen.   Es war verständlich, dass es nicht einfach für ihn war irgendeinem von ihnen so einfach zu vertrauen, nach allem was passiert ist. Er redete nicht mit ihnen und war immer alleine in diesen drei Monaten gewesen und er schien auch kein sonderliches Interesse an ihnen zu zeigen. Sie wussten, dass sie ihm seinen Freiraum lassen mussten, wenn sie wollten, dass er ihnen vertraut. Hätten sie ihn dazu gezwungen, hätte er sich wahrscheinlich in die Ecke gedrängt gefühlt und sich ihnen niemals geöffnet. Aber wenigstens das schien zu funktionieren. In letzter Zeit schien er nicht mehr so desinteressiert zu sein wie zuvor. Er dachte wahrscheinlich, sie würden es nicht merken, aber sie bemerkten, dass er sie von Zeit zu Zeit beobachtete, wenn sie den Dorfbewohner draußen halfen.   Aber trotzdem schien es immer noch unwahrscheinlich, dass er mit ihnen über den Streit mit Yuu sprechen würde.   ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------   Da es keine gute Idee war mit Yuu im selben Raum zu schlafen, als er noch in seiner Dämonen-Form war, hatten Shinoa und die anderen in einer anderen Hütte geschlafen.   Aber selbst als Yuu wieder normal geworden war, wollten sie dennoch warten, ob auch wirklich alles wieder in Ordnung war und nicht  nur vorübergehend. Es war schwierig genug Einen Vampir-Adligen zu töten, aber zu versuchen einen Dämon zu besiegen ohne ihn zu töten war etwas ganz anderes. Also entschieden sie sich in verschieden Hütten zu schlafen.   Jeder bemerkte an diesem Abend, dass Yuu nicht ganz er selbst war. Er redete nicht so viel wie sonst und machte auch sonst einen traurigen Eindruck. Nachdem er gegessen hatte, ging er direkt zu Bett, obwohl er nie der erste war, der früh zu Bett ging. Was auch immer zwischen ihm und Mika vorgefallen war, schien ihn immer noch zu beschäftigen. Nachdem alle fertig waren mit Essen, gingen sie auch zu Bett, auch wenn sie immer noch keine Ahnung hatten, wo Mika steckte. Sie dachten darüber nach ihm zu suchen, aber da es bereits dunkel draußen war und sie ihn sowieso nicht gefunden hätten, entschieden sie sich am nächsten Morgen nach ihm zu suchen, falls er immer noch nicht zugekehrt war.   Es war bereits spät in der Nacht, als Mika zurückkehrte, sichtlich entspannter als an diesem Nachmittag. Er kam absichtlich erst so spät zurück, da er nicht auf Yuu treffen wollte. Nicht weil er befürchtete, dass er wieder anfangen würde, darüber zu reden sich ein Bett zu teilen, sondern weil er nicht wusste, was er zu ihm sagen solle, nach ihrem Streit zuvor.   Er saß an der Hütte gelehnt, in der Yuu schlief. So wie jede Nacht. Ursprünglich um aufzupassen, dass sie nicht von der Armee gefunden werden. Aber sogar bevor Yuu seine Zweifel darüber äußerte, dass sie überhaupt nach ihnen suchen würden, hatte er das schon vermutet. Aber selbst, als er das wusste, saß er immer noch dort um ein bisschen Zeit tot zu schlagen bis zum Morgen. Normalerweise schaute er sich die Sterne an, aber diese Nacht war es zu bewölkt. Stattdessen dachte er über einen Weg nach Yuu von seiner blöden Idee abzubringen.   Ich weiß wirklich nicht woher er diese Idee so plötzlich herhat… Er ist geradezu besessen davon. Egal wie viele Male ich schon abgelehnt habe, er lässt einfach nicht locker…und ich befürchte, dass er das auch in den nächsten paar Wochen nicht tun wird… Ich weiß wie hartnäckig er sein kann, aber… es muss einen Weg geben ihn zu überzeugen aufzugeben…einen vernünftigen…   Er erinnerte sich an sein überraschtes Gesicht während ihres Streits am Nachmittag.   …Ich wollte ihn nicht so anschreien…Ich war einfach…so genervt von ihm in diesem Moment, dass ich…nicht mehr wusste, was ich da eigentlich sagte…Ich hab wirklich schreckliche Dinge zu ihm gesagt…Ich hoffe ich hab ihn damit nicht verletzt…   Plötzlich hörte er wie sich die Tür von Yuu’s Hütte öffnete.   …Wenn man vom Teufel spricht.   Er nahm an, dass Yuu nicht schlafen konnte und bloß frische Luft schnappen wollte…bis er Fußschritte hörte, die auf ihn zukamen. Bevor er etwas sagen konnte, setzte sich Yuu direkt neben ihn, ohne ihn dabei anzuschauen.   Keiner von beiden sagte etwas, unsicher, was sie zum anderen sagen sollten nach ihrem Streit. Sie saßen einfach nur nebeneinander für die nächsten paar Minuten bis Yuu die Stille unterbrach und ihn ansah.   „…Tut mir Leid, dass…ich dich heute so genervt hab…Ich werd’s nicht wieder tun.“ „…“   Mika war überrascht diese Worte zu hören. Es war ungewöhnlich für ihn sich als erstes zu entschuldigen. Er war sich nicht sicher wie er reagieren sollte, also schwieg er.   „…Sei…mir nicht mehr böse, okay? Ich…werde nie wieder darüber reden. Ich versprech’s. Hass…mich nur einfach nicht…“   Sagte er mit trauriger Stimme und sah verletzt zu Boden. Mika sah zu ihm rüber. Er lächelte etwas bevor er seine Hand austreckte und ihm dem Kopf tätschelte. Überrascht von dieser plötzlichen Berührung sah Yuu ihn wieder an.   „Ich bin dir nicht mehr böse. Ich…bin derjenige, der sich bei dir entschuldigen sollte. Ich hätte dich nicht so anschreien sollen. Tut mir Leid.“ „…Naja, um ehrlich zu sein…hab ich das verdient. Ich…hab nicht mal bemerkt, dass ich so nervig war…also sollte ich mich entschuldigen.“   Mika schenkte ihm ein warmes Lächeln, während er immer noch seinen Kopf tätschelte.   …Sein Haar ist…unerwartet weich…   Er zog seine Hand wieder zurück nach ein paar Sekunden und schaute geradeaus. Im Augenwinkel konnte er sehen, dass Yuu ihn immer noch ansah.   „Was ist?“   Yuu zögerte für einen Moment bevor er fragte:   „…Kann ich…heute Nacht hier schlafen?“ „Warum?“ „…Einfach so.“ „…“   „Einfach so“? Netter Versuch. Du willst doch einfach nur hier schlafen, weil ich abgelehnt habe mir mit dir ein Bett zu teilen. Du gibst echt nicht auf, was?   „Hör mal…Du kannst nicht hier draußen bleiben.“   Sagte er mit ruhiger Stimme, während er ihn ansah.   „Warum nicht?“ „Weil es zu kalt für dich hier draußen ist. Du solltest wieder rein gehen, ins Warme.“ „…Und was ist mit dir? Ist dir nicht auch kalt?“ „Es geht in Ordnung für mich. Ich bin ein Vampir. Ich kann keine Kälte spüren.“   Sagte Mika  mit traurigem Blick.   „Aber-“ „Ich sagte es geht in Ordnung.“ „…“ Er wollte sich nicht wieder mit ihm streiten, also sagte er nichts weiter dazu.   …Sag nicht es geht in Ordnung mit so einem Gesicht…   Sie wendeten beide ihre Blicke voneinander ab. Mika sah geradeaus, während Yuu zur Seite schaute.   „…Weißt du, du brauchst mich nicht wie einen Menschen zu behandeln. Ich…bin keiner mehr…“ „…Sag das nicht.“   Sagte er leise und sah zu ihm rüber.   „Huh?“ „Sag nicht, dass ich dich nicht mehr als Mensch zu behandeln brauche.“ „…“ „…Ich will das nicht. Ich…will dich nicht anders behandeln.“ „…Warum?“ „Weil du immer noch Mika für mich bist. Nichts hat sich geändert. Mensch oder Vampir. Ich werde dich nie anders behandeln als ich es damals tat. Egal was passiert.“   Sagte er entschlossen. Sie sahen sich für eine kurze Weile einander in die Augen, bis Mika den Blick abwandte.   „…“ „…Also…kann ich jetzt bei dir bleiben?“ „Selbst wenn ich „nein“ sagen würde, würdest du doch sowieso nicht auf mich hören, hab ich Recht?“ „…Dann…bleib ich hier.“ „Aber beschwer dich nicht, wenn du dir ne Erkältung einfängst. Nur zu deiner Information, ich werde mich nicht um dich kümmern!“ „Wird nicht passieren.“ „Wir werden sehen.“   Keiner von beiden sagte etwas während sie nebeneinander saßen. Mika hatte es schlichtweg aufgegeben ihm zu sagen, er solle wieder rein gehen. Es war sowieso nutzlos. Wenigstens versuchte er ihn nicht mehr mit in die Hütte zu schleifen.   Langsam aber sicher kriege ich das Gefühl, dass er einfach nur nicht alleine schlafen möchte…Hat er…Alpträume oder sowas und ist deshalb so von dieser Idee besessen sich ein Bett zu teilen? Will er einfach nur Gesellschaft nachts? Wenn dem so ist…warum fragt er dann nicht einfach einen… seiner Freunde?   Es war das erste Mal, dass er sie als seine Freunde bezeichnete und es fühlte sich merkwürdig an, sie so zu nennen. Er vertraute ihnen immer noch nicht ganz.   Er hatte gesehen, was die Menschen bis jetzt getan haben…was sie Yuu angetan haben…Er konnte das einfach nicht vergessen. Aber er musste sich eingestehen, dass diese Menschen…anders…zu sein schienen.   Sie schienen sich wirklich um Yuu zu sorgen und haben ihn im letzten Kampf vor der Armee beschützt…Sie hatten sogar ihn, einen Vampir, beschützt, Yuu zuliebe…obwohl sie die Konsequenzen kannten…   Er war unsicher. Unsicher, was er von ihnen halten sollte. Bis jetzt war er der festen Überzeugung gewesen, dass alle Menschen gleich waren und Yuu nur für ihre eigenen Zwecke benutzen wollten, aber…nun war er sich dessen nicht mehr so sicher.   Er hatte nun mit ihnen für drei ganze Monate zusammen gelebt und konnte an ihnen nichts Schlechtes finden, aber er hielt immer noch Abstand zu ihnen. Er konnte nicht anders. Yuu war immerhin der einzige, dem er in dieser Welt noch vertrauen konnte. Er konnte nicht einfach entscheiden Menschen zu vertrauen, nur weil sie so freundlich taten, also hielt er Abstand.   Trotz dessen belästigten sie ihn überhaupt nicht. Sie sagten nur, wenn er etwas bräuchte, könnte er sie ruhig fragen. Das war alles. Er hatte eigentlich erwartet, dass sie viel lästiger wären und ihn ständig nerven würden und versuchen würden sich mit ihm anzufreunden. Aber das taten sie nicht. Sie verhielten sich immer noch freundlich ihm gegenüber und schienen auch keine Angst vor ihm zu haben, also konnte das nicht der Grund sein.   Sie ließen ihm einfach seinen Freiraum, weil sie wahrscheinlich wussten wie schwierig es für ihn war ihnen zu vertrauen und das er unsicher war, wie sich ihnen gegenüber verhalten sollte. Es war merkwürdig für ihn nach so langer Zeit wieder unter Menschen zu sein, aber er gewöhnte sich langsam daran. Er vertraute ihnen nicht, aber er verstand, dass sie Yuu wichtig waren, und dass er ihnen auch wichtig war. Deshalb entschied er sich, sie als seine Freunde anzusehen.   …Warum nicht sie? Ich wette sie hätten sein Angebot dankend angenommen. Ich glaube, dass er sie nicht einmal gefragt hat…Er kam direkt zu mir…Aber warum?   „Weil wir das schon lange nicht mehr gemacht haben.“   …Wer würde schon diese offensichtliche Lüge glauben? Warum hat er mir nicht einfach die Wahrheit gesa-   Plötzlich fühlte er ein Gewicht an seiner Schulter. Er schaute neben sich und sah, dass Yuu an eingeschlafen war.   Er ist ernsthaft hier draußen eingeschlafen? Ihm ist doch echt nicht mehr zu helfen…   Mika sah ihn für einige Sekunden an bevor er murmelte:   „Idiot.“   Er schaffte es ihn von seiner Schulter zu lösen und lehnte ihn vorsichtig an die Wand der Hütte bevor er aufstand. Er legte einen Arm um seine Schultern, während er den anderen unter seine Beine platzierte, bevor er ihn vorsichtig hochhob.   Es überraschte ihn immer noch wie leicht Yuu war, auch wenn es ihm wahrscheinlich nur so vorkam, da er viel stärker als ein Mensch war, seit er ein Vampir wurde. Er ging zu der Hütte, in der Yuu schlief. Er öffnete die Tür und schloss sie wieder hinter sich. Er legte Yuu auf das Bett und deckte ihn zu. Als Mika sich umdrehte und wieder gehen wollte, wurde er am Handgelenk gepackt.   „…Geh nicht…“   Hörte er Yuu leise sagen. Er stand für eine Weile da und dachte nach.   Er gibt wohl niemals auf, was? Naja, Ich schätze ich habe keine andere Wahl, wenn ich will, dass er endlich aufhört mich damit zu nerven…   „Du versprichst nie wieder damit anzufangen, wenn ich heute Nacht hier bleibe?“ „…Ja.“   Sagte Yuu leise und lies seine Hand los, während Mika sich zu ihm umdrehte.   „Nur dieses eine Mal, verstanden?“ „…Ja.“   Yuu machte etwas Platz für ihn, indem er näher zur Wand rutschte. Mika legte sich mit dem Rücken zu ihm hin.   „…Ist…dir nicht kalt?“   Fragte Yuu nach einigen Sekunden.   „…Nein. Wie ich bereits sagte: Vampire können so etwas nicht spüren…genauso wie viele  andere Dinge…“   Antwortete er mit leichter Traurigkeit in seiner Stimme.   „…“   Ein paar Minuten vergingen ohne, dass sie etwas sagten. Mika nahm an, dass Yuu bereits eingeschlafen war, da er so still war. Normalerweise würde er ununterbrochen reden, so wie er ihn kannte. Da Schlafen keine Option für ihn war, dachte er nach, um Zeit tot zu schlagen.   Kann nicht glauben, dass ich wirklich nachgegeben habe…Naja, andernfalls hätte er wohl nie aufgegeben…Obwohl ich immer noch nicht verstehe, warum er überhaupt wollte, dass ich hier schlafe…War es wirklich deswegen, weil wir das immer als Kinder gemacht haben? Irgendwie kann ich das nicht glauben. Dafür war er viel zu hartnäckig…   Es muss einen anderen Grund geben…und langsam glaube ich auch nicht mehr, dass er einfach nur nicht alleine schlafen wollte…Wäre es das gewesen, hätte er jeden fragen können…nicht nur mich…Und warum will er es mir einfach nicht sagen? Manchmal ist er wirkl-   Seine Gedanken wurden unterbrochen, als er merkte wie ein Teil der Decke über ihn geworfen wurde.   „…Wie ich bereits sagte, du brauchst nicht-“   Er stoppte mitten im Satz, als er spürte wie Yuu seinen Kopf an seinen Rücken lehnte.   „…“   Sie schwiegen für einige Sekunden bis Yuu diese unangenehme Stille unterbrach.   „…Die…Decke ist zu klein für uns beide, also…ist es besser so…“   Sagte er so leise, dass Mika ihn kaum verstand.   „…Mir…ist wirklich nicht kalt, okay? Du kannst die Decke für dich haben.“ „…Will nicht…“ „Warum?“ „…Kein…besonderer Grund…“ „…Ist das nicht ein bisschen unbequem? Ich meine…du hast doch kaum Platz…“ „…Nein…ist schon in Ordnung…so…“ "…Wirklich?“ „…Ja…“ „…“   Mika wusste, dass es sinnlos war ihn davon zu überzeugen die Decke für sich zu behalten, also sagte er nichts weiter. Er wusste, dass er es nie zugeben würde, wenn es unbequem oder ihm kalt war. Er würde dennoch sich die Decke mit ihm teilen…auch wenn er sich fragte, warum er für ihn so weit ging.   Ich versteh nicht, warum er das tut…Nur weil er mich nicht anders behandeln will? Weil er mich wie einen Menschen und nicht wie einen Vampir behandeln möchte?   …Ich hab ihn nie darum gebeten…Es ist nicht so, dass ich es…nicht mögen…würde. Ich verdiene das ganz einfach nur nicht. Ich bin kein Mensch mehr…also warum will er mich dann unbedingt wie einen behandeln? Ich…verstehe ihn wirklich nicht…   „…Mika?“   Wurden plötzlich seine Gedanken unterbrochen.   „Hm?“   Yuu zögerte für einige Sekunden bevor er leise sagte:   „…Nichts. Vergiss es.“ „…“   Minuten vergingen ohne, dass sie etwas zueinander sagten. Während Mika nachdachte, genoss Yuu, dass er wieder mit ihm zusammen sein konnte, nachdem sie so lange getrennt waren…und er genoss auch diese Nähe.   …Ich…mag das…wirklich…aus irgendeinem Grund…ihm…so nah zu sein…   …Eigentlich hatte ich…nicht vor…das zu tun…Bevor ich wusste, was ich tat…lag ich bereits so nah bei ihm… Ihm…scheint das allerdings nichts auszumachen…da er…nichts darüber…gesagt hat…   …Wenigstens ist ihm so nicht kalt…auch wenn er gesagt hat, er könne keine Kälte mehr spüren… …Ich wollte ihm das nicht glauben. Er ist ein Vampir, aber…Manchmal da…glaube ich, dass er sich gewisse Dinge nur einredet…   …Kann keine Kälte spüren… …Kann nicht schlafen… …Kann sich nicht…warm anfühlen…   Er konnte spüren wie sein Gesicht wärmer wurde.   …Das stimmt nicht…Du bist warm…so…warm…   Auch wenn du…immer sagst, dass…Vampire keine Körpertemperatur haben…dass du dich nicht  mehr warm anfühlen kannst…kann ich es dennoch spüren…Ich kann immer noch deine Wärme spüren…   …Dieselbe Wärme…die du hattest, als wir Kinder waren…als wir uns das erste Mal trafen…Es hat sich seitdem kein bisschen…verändert…Selbst nach all diesen Jahren…bist du immer noch…die wärmste Person, die ich je getroffen habe…   „Du kannst die Decke für dich haben.“   …Die Decke interessiert mich nicht…Ich…fühle lieber deine Wärme…Sie…fühl sich so viel angenehmer an…angenehmer als irgendeine Decke…es je könnte…   …All diese Jahre…hab ich sie vermisst…Ich…hab deine Wärme vermisst…Diese Wärme…die du mir immer gabst…Diese Wärme, die…ich noch nie zuvor gespürt habe…Diese Wärme, die niemand sonst besitzt…   …Ich liebe sie so sehr…   Yuu schloss seine Augen und kuschelte sich noch mehr an ihn. Mika bewegte sich weder, noch sagte er etwas, als er das tat.   …Hat er…vor so zu schlafen? Es ist nicht so, dass ich es…nicht mögen würde…aber…es…macht mich irgendwie ein wenig nervös…Weiß auch nicht warum…   …Ich schätze ich bin es einfach nicht mehr gewohnt jemanden so nah zu sein…Es ist immerhin nicht so, dass Vampire besonders viel Wert darauf legen würden mit anderen Vampiren anzubändeln…und es ist nicht so, dass ich mit irgendjemanden von ihnen was zu tun haben wollte…   …Es…ist nicht so, dass…ich jemanden gehabt hätte bei dem ich sein wollte in den letzten vier Jahren…außer ihn…   …Nachdem ich in einen Vampir verwandelt wurde…hatte ich nicht mehr viel für das ich leben wollte…Als ob ich auch so einfach hätte sterben können…Aber ich wollte sterben…Ich wollte nicht für alle Ewigkeit als ein Vampir leben…als etwas, das er hasst…   …Aber zumindest wollte ich ihn vor den Menschen retten…und… …Ich wollte ihn noch ein letztes Mal wiedersehen…   Ich wusste, dass ich nicht für immer ohne menschliches Blut auskommen würde…Ich hatte eigentlich vor alles zu beenden, wenn mein Durst nach Blut je schlimmer werden sollte…Ich wollte kein Menschenblut trinken…Ich wollte…dass wenigstens ein kleiner Teil von mir menschlich bleibt…für ihn…   Mich in einen vollständigen Vampir zu verwandeln stand außer Frage.   …Naja, hab mich dennoch in einen verwandelt. Warum musste er auch so verdammt überzeugend sein? Sagte, dass wie eine Familie sind…dass er nicht will, dass ich sterbe…dass er will, dass ich lebe…   …Das war das erste Mal, dass mir jemand sowas gesagt hat… …Das erste Mal…dass jemand…mir das Gefühl gab, dass es in Ordnung für mich ist, zu leben… …Ich wollte ihn einfach nicht verlassen…Ich wollte mehr Zeit mit ihm verbringen…mit ihm weiterleben…bei ihm sein… Ich weiß, dass es selbstsüchtig war, aber-   „Hör endlich auf dir über etwas den Kopf zu zerbrechen. Versuch zu schlafen…“   Wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen bei Yuu’s Murmeln. Er hatte nicht erwartet, dass er bemerkte dass er über etwas nachdachte…noch weniger, wenn er hinter ihm lag und ihn nicht mal direkt sehen konnte.   „…Wie hast du…?“ „Ich…weiß immer, wenn…dich etwas beschäftigt…selbst, wenn ich dein Gesicht nicht sehen kann…“ „…“ „…Schlaf.“ „…Ich sagte dir doch, dass das nicht brauche.“ „Dann…schließ einfach die Augen…Vielleicht klappt’s ja doch…“ „…Vielleicht, was?“ „…Willst du’s versuchen?“ „…Kann ich nicht.“ „Warum?“ „…Weil es mich unruhig macht…wenn du hinter mir liegst…“ „…Und ich kann nicht mit deinem Rücken zu mir schlafen.“ „…“ „…Würdest du…dich umdrehen?“   Fragte er, während er die Augen öffnete.   „…Wenn du dann endlich schläfst.“   Yuu nahm wieder etwas Abstand von ihm. Nach ein paar Sekunden drehte sich Mika um und sah ihn an.   „Besser?“   Fragte er, während er vor ihm lag. Sie schauten sich einen Moment einander in die Augen.   „…J-ja…“   Sagte er, während er den Blick abwand. Er hatte nicht erwartet, dass ihre Gesichter sich so nah sein würden. Er musste zugeben, dass ihn diese Nähe ein bisschen nervös machte, auch wenn er das überhaupt nicht war, bevor er sich zu ihm umdrehte.   Yuu schloss wieder seine Augen und versuchte einzuschlafen, während Mika ihn mit einem traurigen Blick ansah.   Kapitel 3: 3 ------------ Minuten vergingen, aber Yuu konnte einfach nicht einschlafen, da er immer noch Mika’s Blick auf sich spüren konnte.   …Könnte er endlich aufhören mich so anzustarren?! Es mach mich verdammt nervös…und ich kann so nicht schlafen…Auch wenn er nicht zu schlafen braucht, könnte er wenigstens-   Seine Gedanken wurden unterbrochen, als er plötzlich spürte wie Mika ihm vorsichtig sein Haar aus dem Gesicht strich und während er das tat, berührte er versehentlich leicht seine Stirn. Yuu zuckte leicht bei dieser plötzlichen Berührung, aber Mika bemerkte das glücklicherweise nicht.   …Was zur Hölle macht er da?!   Er versuchte sein Bestes, so zu tun, als ob er schliefe, auch wenn ihn das wirklich nervös machte und er fühlen konnte wie sein Gesicht wieder wärmer wurde in diesem Moment.   „Yuu-Chan?“   Sagte er mit einem fragenden Ton in seiner Stimme. Yuu war sich nicht sicher, ob er ihm antworten sollte oder nicht.   „…Yuu-Chan?“ „…“   Mika wartete einige Sekunden auf eine Antwort von ihm, bevor er seine Hand wieder zurückzog, überzeugt davon, dass er eingeschlafen war.   „Yuu-Chan…Es tut mir Leid…“ „…“   Er…entschuldigt sich? Wofür?   „Es tut mir Leid…für das, was ich damals getan habe…“ „…“   Ernsthaft…Was meint er damit?   „Es war…meine Idee abzuhauen…Ich war es, der…diese verdammte Karte geklaut hat…Ich bin an allem Schuld…was passiert ist…Es ist meine Schuld, dass…sie gestorben sind…“ „…“   …Nach all dieser Zeit entschuldigt er sich…dafür? Für etwas, an dem er…überhaupt keine Schuld trägt? „…Es tut mir Leid.“   Sagte er noch einmal, bevor er traurig seinen Blick abwand.   …Ich bin erbärmlich…   Ich kann mich nicht einmal richtig bei ihm entschuldigen…Obwohl er doch…der einzige ist, bei dem ich mich noch entschuldigen kann…   …Es…ist niemand mehr übrig…weil ich…sie getötet habe…   …All diese Zeit…All diese Jahre…wollte ich…mich entschuldigen…Und nun tue ich es, während er schläft…sodass ich nicht hören werde, was ich nicht hören will…   …Ich bin einfach so erbärmlich…   „…Es war nicht deine Schuld.“   Hörte er plötzlich eine leise Stimme sagen. Er sah ihn wieder an und sah, dass Yuu ihn bereits anschaute.   „Du bist wach?“   Fragte Mika ungläubig, da er sich absolut sicher war, dass er schlief.   „Ja. Es ist nicht so einfach einzuschlafen, wenn dich jemand ununterbrochen anstarrt.“ „…Tut mir Leid.“ „Macht nichts.“ „…“   Keiner von beiden wusste so recht, was er sagen sollte.   Yuu versuchte über etwas nachzudenken, was er ihm sagen konnte, nachdem er all das gehört hatte…Etwas, dass ihn überzeugen könnte, dass es überhaupt nicht seine Schuld war und Mika schaffte es einfach nicht sich noch einmal bei ihm persönlich zu entschuldigen. Er versuchte die richtigen Worte zu finden, die er ihm sagen konnte.   „…Hör mal…es-„ „Sag es nicht.“ „…“ „Hör endlich auf, dir die Schuld an dem zu geben, was vor vier Jahren passiert ist. Es war nicht deine Schuld.“ „…War es.“   Sagte Mika traurig und schaute weg von ihm.   „War es nicht.“ „Natürlich war es das...“ „Nein, war es nicht.“ „…Es war meine Idee.“ „Ja, war es. Aber trotzdem…Du konntest unmöglich wissen, dass es eine Falle war. Du wolltest einfach aufhören als bloßes Vieh zu leben. Du wolltest so nicht länger leben…Du wolltest, dass keiner von uns so lebt…Du hast es für uns getan.“ „…“ „Hör endlich auf dir für ihren Tod die Schuld zu geben. Sie würden das auch nicht wollen.“ „…Verstehst du das denn nicht? Sie haben mir vertraut…und ich…habe sie geradewegs in ihren Tod geführt.“ „Ich sagte hör auf-„ „Ich…konnte nichts tun…Alles, was ich tun konnte war…einfach rumzustehen…und…zuzusehen…wie jeder einzelne von ihnen getötet wird…direkt vor meinen Augen…“   Schaffte Mika zu sagen, während er sein Bestes versuchte nicht zu weinen.   „Ich konnte sie nicht beschützen…Ich…konnte niemanden retten…Jeder ist gestorben…wegen mir…“   Yuu sah ihn für ein paar Sekunden an bevor er seufzte und nach seine Hand griff. Überrascht von dieser plötzlichen Berührung, schaute Mika ihn wieder an und beobachtete still wie Yuu seine Hand auf seine Brust legte.   Sie blieben eine Weile so ohne etwas zu sagen.   Mika wusste nicht, was er damit versuchte zu sagen. Aber er konnte in diesem Moment auch nicht darüber nachdenken. Er war zu konzentriert auf die Wärme seiner Hand…und seinen Herzschlag, den er gegen seine Handfläche schlagen spüren konnte, durch den Stoff seiner Kleidung hindurch.   …Sein Herzschlag…Ich…kann jeden einzelnen Schlag spüren…Obwohl es ungewöhnlich schnell schlägt…ist es beruhigend…Ich…habe noch nie zuvor so etwas Beruhigendes gespürt…   „…Ich bin immer noch hier.“   Sagte Yuu leise und riss ihn aus seinen Gedanken. Mika sah ihn wieder an und sah seinen traurigen Blick.   „Dieses schlagende Herz ist Beweis genug…dass ich noch lebe…Ich lebe…weil du mich gerettet hast. „…“ „Sag nicht so etwas wie, dass du niemanden retten konntest…Das hast du. Wenn du nicht gewesen wärst…wäre ich damals gestorben. Du…hast dich für mich geopfert…damit ich leben konnte…auch wenn ich…das überhaupt nicht verdient hatte…“ „…“ „Weißt du…Ich war daran gewöhnt, dass…sich keiner einen Dreck um mich schert…Es gab niemanden…den es interessierte, ob ich lebe oder sterbe.“   Er lächelte ihn traurig an.   „…Niemals im Leben hätte ich gedacht, dass ich…jemanden so viel bedeuten könnte…dass…er sein Leben…für meines gibt…“ „…“   …Immer…Ich würde immer…mein Leben für dich geben…Immer…   „…Ich…weiß, dass es komisch klingt, aber…Danke. Ich…verdanke dir mein Leben, Mika.“ „…“   Mika sah ihn für einige Sekunden an, bevor er traurig seinen Blick abwand.   …Obwohl…es meine Schuld war…und…ich sie habe sterben lassen…und sogar…ihn diese vier Jahre allein gelassen habe…es zugelassen habe, dass diese Menschen…solche schrecklichen Dinge mit ihm gemacht haben…ihn in etwas nicht-menschliches verwandelt haben…und trotzdem…dankt er mir…Warum?   Ich habe etwas Unverzeihliches getan, aber…er gibt mir für nichts die Schuld…Ich hätte es lieber gehabt, wenn er mich angeschrien hätte…mir gesagt hätte, dass es meine Schuld ist…aber stattdessen…sagt er, dass ich an nichts schuld bin…   …Er behandelt mich…viel zu gut…Ich verdiene das nicht…ich weiß das…aber…warum macht es mich dennoch…so glücklich? Es macht mich sogar glücklich…von ihm wie einen Menschen behandelt zu werden…Nicht einmal hat er mich wie einen Vampir behandelt…   …Ich verdiene es nicht so…von ihm behandelt zu werden…   Er war zu sehr in Gedanken versunken um zu bemerken, dass Yuu ihn immer noch ansah.   …Er zerbricht sich schon wieder über irgendwas den Kopf…Er sollte wirklich aufhören sich die Schuld daran zu geben…   Ernsthaft…Er hat sich überhaupt nicht verändert. Er versucht immer noch alle Probleme auf sich zu nehmen…   …Vielleicht sollte ich versuchen das Thema zu wechseln…   „…Und…auch danke dafür, dass…du heute Nacht hier bleibst. Ich weiß, dass ich, was das angeht, ein bisschen nervig wurde und du absolut nicht hier schlafen wolltest, aber du bist trotzdem geblieben, also…Danke.“ „…“   Er sah ihn immer noch nicht an, sondern schien immer noch über etwas nachzudenken.   Das…hat nicht so gut funktioniert…verdammt. Vielleicht etwas anderes versuchen? Andernfalls kann ich nicht schlafen…   Ich meine…Wenigstens starrt er mich nicht mehr so an wie vorhin, aber dennoch…Ich kann einfach nicht schlafen, wenn ich weiß, dass ihn was beschäftigt…und wenn ich weiß, dass er schon wieder dieses traurige Gesicht macht, das einfach nicht zu ihm passt…Ich-   „Yuu-Chan?“   Wurde er plötzlich aus seinen Gedanken gerissen, als er seinen Namen von Mika hörte, der ihn nun ansah.   „…Hm?“ „…Warum…wolltest du eigentlich…unbedingt, dass ich hier schlafe?“ „…“ „Du warst so hartnäckig deswegen…Warum?“   Er wartete eine kurze Weile, aber bekam keine Antwort. Er nahm an, dass Yuu ihm einfach nicht den wahren Grund sagen wollte. Aber er hatte nicht vor so leicht aufzugeben. Er wollte den Grund wissen, egal wie lang es dauerte eine ehrliche Antwort von ihm zu bekommen.   „Ich…konnte einfach nicht gut schlafen die letzten paar Wochen und dachte, dass…es besser werden würde, wenn ich ein bisschen Gesellschaft hätte…das ist alles.“   Sagte Yuu, da er befürchtete, dass er keinen Schlaf in dieser Nacht finden würde, wenn er ihm keine Antwort gibt.   „…Und warum ausgerechnet ich?“ „…“ „Hättest du nicht auch einen von diesen Men-…einen deiner Freunde fragen können?“   Yuu war überrascht, dass er sie seine Freunde nannte. Normalerweise würde er sie als „Menschen“ bezeichnen, nicht „Freunde“, nicht mal „Bekannte“ und ganz sicher nicht „Familie“. Er fragte sich, ob er sich an sie gewöhnt hat oder sogar angefangen hat ihnen zu vertrauen in diesen drei Monaten, in denen er immer noch von seinem Dämon besessen war.   Er hoffte es.   Er wollte, dass Mika sich mit ihnen verstand. Er wusste, dass es schwierig für ihn war Menschen zu vertrauen, nachdem er so lange mit Vampiren zusammengelebt hatte und gesehen hat, was die Menschen getan hatten, aber…er wollte es noch einmal sehen. Er wollte dieses Lächeln wieder sehen, dass er immer hatte, als sie Kinder waren.   Heutzutage sah er ihn kaum lächeln, und wenn er mal lächelte war Yuu meistens der einzige, der es sah. Als ob er sein Lächeln nur ihm zeigen würde. Aber er wollte, dass er bei den anderen auch lächelt. Er wollte, dass er sie als Familie ansieht, auch wenn er wusste, dass das nicht leicht werden würde.   „…Naja…Du weißt wie schrecklich ich sein kann, wenn ich schlafe. Ich wollte ihnen das nicht antun. Du bist daran gewöhnt. Deshalb hab ich dich gefragt…“   Antwortete er und vermied dabei Augenkontakt.   „…Du bist immer noch ein schlechter Lügner.“ „…“   Keiner von beiden sagte etwas für eine Weile. Yuu sah im Augenwinkel, dass Mika ihn immer noch ansah und auf eine Antwort wartete. Er hatte gehofft, dass er das nicht fragen würde oder ihm wenigstens glauben würde, weil er ihm die Wahrheit nicht sagen wollte.   Als er nach einigen Minuten immer noch seinen Blick auf ihm spüren konnte, wusste er, dass er ihm etwas Glaubhafteres erzählen musste, wenn er etwas Schlaf finden wollte. Mika brauchte immerhin keinen Schlaf, also war Wachbleiben für ihn kein Problem, aber Yuu konnte absolut nicht einschlafen, wenn er ihn so anstarrte. Es machte ihn nervös.   „…Okay. Du hast Recht. Ich hab gelogen. Das war nicht der Grund.“   Sagte er und vermied immer noch Augenkontakt.   „…Ich…hab dich gefragt, weil…ich dachte…dass du…auch etwas Gesellschaft vertragen könntest…da du jede Nacht alleine da draußen sitzt…Ich…hab mich schlecht deswegen gefühlt. Ich wollte einfach nicht, dass du alleine bist.“ „…“   Sekunden vergingen, aber Mika fragte nicht weiter.  Yuu dachte, dass er ihm endlich geglaubt habe, aber dann sagte er:   „…Weißt du, ich glaub dir nicht.“ „…“   Mika sah, dass Yuu langsam nervös wurde. Er konnte nicht anders als sich in die Ecke gedrängt zu fühlen von seiner Fragerei und ihm gingen die Ausreden aus.   „…W-warum nicht?“ „Weil ich immer weiß…wenn du lügst.“ „…“ „Also sag mir endlich die Wahrheit. Warum ich? Warum nicht einen von denen?“ „…“ „Du bist mir nicht den ganzen Tag hinterhergelaufen, nur weil du einsam warst und ein bisschen Gesellschaft wolltest.“ „…“ „Du hättest jeden fragen können, nicht nur mich.“ „…“ „Und du hast mich auch nicht gefragt, nur weil ich ganz allein da draußen saß. Du hast mich förmlich angefleht. Du kannst mir nicht erzählen, dass…es einfach nur deswegen war, weil du ein schlechtes Gewissen hattest wegen mir.“ „…“ „Du warst viel zu hartnäckig für solch einfache Gründe…Also was ist der wahre Grund?“ „…“ „Warum? Warum wolltest du mich unbedingt hier bei dir haben? Warum hast du niemand anderen gefragt? Warum-„   „Weil ich mich bei dir wohl fühle.“   Sagte er mit lauter Stimme und unterbrach ihn. Es war einen Moment still, nachdem Yuu diese Worte sagte. Als er realisierte, was er da gerade gesagt hatte und Mika nichts sagte, aber stattdessen schwieg, schaute er zögerlich zu ihm hinüber und bemerkte, dass er leicht rot im Gesicht war, dass ihn ebenfalls rot werden ließ bevor er schnell seinen Blick abwand.   „…Du…fühlst dich bei mir wohl?“   Fragte Mika verwirrt und bemerkte nicht, dass Yuu noch roter wurde bei dieser Frage.   „…Was meinst du damit? „…“   Yuu konnte nicht glauben, was er gerade gesagt hatte. Er wollte einfach, dass er endlich aufhört ihn mit diesen Fragen zu belästigen, aber er hatte nicht vor ihm die Wahrheit zu sagen. Es ist ihm einfach so rausgerutscht.   „…Yuu-Chan?“ „…“ „…Wenn…das wirklich der Grund ist, warum du mich gefragt hast…dann verstehe ich immer noch nicht, warum du nicht deine Freunde gefragt hast…Du fühlst dich auch bei ihnen wohl, oder?“ „…“   Nach einer kurzen Weile gab er es auf weiter zu fragen, da es nicht so schien, als ob er ihm irgendeine Antwort geben würde.   Mika wand seinen Blick von ihm ab und dachte immer noch über seine Worte nach. Er bemerkte nicht, dass Yuu für eine kurze Zeit zu ihm rüber sah, bevor er wieder wegschaute.   …Er macht schon wieder dieses traurige Gesicht…   „…Es ist anders…“   Flüsterte er nach ein paar Sekunden so leise, dass Mika nicht verstand, was er gesagt hatte.   „Huh?“   Er sah ihn wieder an. „…“ „…Was? Ich konnte nicht verstehen, was du gesagt hast…“   Yuu holte tief Luft bevor er sprach.   „…Es…fühlt sich einfach…anders an…bei dir…deshalb…“ „ „Anders“?“ „…“ „Was…fühlt sich anders an?“ „…Dieses…Wohlfühlgefühl…es ist…nicht dasselbe wie…bei meinen Freunden…“   Sie schwiegen für eine kurze Weile. Mika dachte über seine Worte nach, während Yuu nicht glauben konnte, was er da gerade gesagt hat.   „…In…welcher Weise…fühlt es sich anders an?“ „…Ich…kann es nicht beschreiben. Alles, was ich weiß ist, dass…es sich einfach…nicht genauso anfühlt…“ „…Und…wie fühlt es sich an?“ „…Ich…weiß es wirklich nicht…es ist einfach…anders…“ „…“ „…Könntest du…mich jetzt schlafen lassen? Ich bin müde, weißt du?“   Fragte Yuu und schloss die Augen.   „Aber-„ „Mika. Ich bin wirklich müde…Lass es einfach für heute Nacht gut sein, ja? Lass…mich einfach schlafen.“ „…“   Mika konnte an seiner Stimme erkennen, dass er sehr erschöpft sein musste. Er wollte ihn nicht länger vom Schlafen abhalten, da er das ohnehin nun schon lange genug getan hatte. Aber er konnte nicht anders, als ihn anzustarren, auch wenn Yuu gesagt hatte, dass er nicht schlafen könne, wenn er so angestarrt wurde.   Er wird wahrscheinlich sauer werden, wenn ich ihn noch länger wachhalte…Aber um ehrlich zu sein…Ich weiß wirklich nicht, was ich bis morgen früh tun soll…   …Aus irgendeinem Grund kann ich mich nicht auf’s Denken konzentrieren…Es ist nicht dasselbe, wie draußen alleine zu sitzen…wo es einfacher war über etwas nachzudenken…aber trotzdem…auch wenn ich meine Ruhe hatte…fühlte ich mich unruhig…Aber…hier zu sein…beruhigt mich irgendwie…auch wenn ich nicht weiß, warum…   „Mika.“   Unterbrach er plötzlich seine Gedanken.   „Hör. Auf. Zu. Starren.“ „T-tut mir Leid. Wollt ich nicht.“   Sagte Mika und wand schnell seinen Blick ab.   „…“ „…Wie bemerkst du das eigentlich?“ „…Tue ich einfach…Ich kann es spüren…Es macht mich nervös, wenn du das machst…deshalb.“   Sagte Yuu schläfrig.   „…Tut mir Leid.“   Sagte er abermals. Auch wenn er ihn nicht direkt ansah, konnte er ihn dennoch aus dem Augenwinkel sehen.   …“Hör auf zu starren“. Leichter gesagt als getan, wenn wir so nah beieinander liegen…   „…Sag…Bin ich zu nah?“ „…Nein…ist schon in Ordnung…“ „Bist du sicher? Ich kann ein bisschen Platz für dich machen, wenn du willst.“ „…Nein…Bleib so…“ „Ist es wegen der Decke? Mir macht das wirklich nichts au-“ „Ich mag es.“ „Huh?“ „…Ich mag es…so nah bei dir zu liegen…“ „…“ „…Es fühlt…sich so angenehm an…Wie machst du das…dass es sich so anfühlt?“   Fragte er fröhlich und mit einem Lächeln.   „…“   …Redet er im Schlaf? Er klingt…seltsam. Extrem seltsam…Normalerweise würde er nicht solche Dinge sagen…Es ist ein bisschen unheimlich so etwas von ihm zu hören…   Yuu schlief nicht wirklich, aber er war auch nicht wirklich wach. Er hatte absolut keine Ahnung, was er in diesem Moment sagte. Mika wusste nicht, was er tun sollte.   …Soll ich ihm antworten oder nicht? Er sagt sowieso wahrscheinlich etwas, dass er ohnehin nicht ernst meint, also-   „Mika~“ „…“   ...Ernsthaft…Warum muss ich mich damit rumärgern?!   „Du weißt wie schrecklich ich sein kann, wenn ich schlafe. Ich wollte ihnen das nicht antun.“   …Vielleicht war das wirklich keine Lüge…   „…Hey, Mika~“ „…Hm?“ „Es ist so schön…dich hier bei mir zu haben~“ „…“ „Es ist wie…in alten Zeiten, huh?“ „…“ „…Weißt du…ich…mochte es immer…bei dir zu sein…“ „…“ „…Ich…weiß nicht warum, aber…ich…mag es jetzt sogar noch mehr…Du hast…diese beruhigende…Aura…Ich…mag das…wirklich…wirklich sehr…“ „…“ „…Ich…kann wirklich nicht erklären warum, aber…ich…fühl mich so verdammt…wohl bei dir…Mika…wohler…als bei…jeder…anderen…Person…Ich…“   Bevor er den Satz beenden konnte, schlief er ein. Mika sah ihn nur nach seinen letzten Satz überrascht an und wurde sogar noch roter, als beim ersten Mal, als er das zu ihm sagte.   …Hat er…endlich aufgehört zu reden?   Er wartete einige Sekunden, weil er dachte Yuu würde weiterreden. Als er bemerkte, dass er friedlich schlief, atmete Mika tief aus und wandte seinen Blick ab. Er hatte nicht mal bemerkt, dass er seinen Atem bis dahin angehalten hatte.   Wirklich…Er hätte es nicht zweimal sagen brauchen…Es ist nicht so, als ob ich ihm nicht geglaubt hätte oder…es nicht gemocht hätte…was er gesagt hat…Überhaupt nicht…Es ist nur…   Er schaute wieder zu ihm rüber.   …Niemand…hat mir so etwas zuvor gesagt…Wusste nicht so recht…was ich dazu sagen sollte…Ich…hab nicht erwartet, dass…ausgerechnet er…so etwas…sagt…   …Damals hat er…nie so offen über seine Gefühle geredet…Er war nie die Art Mensch dafür…Ich wusste das… …Aber jetzt… …Er hat sich wirklich verändert seit den letzten vier Jahren, was?   Plötzlich rutschte Yuu in seinem Schlaf etwas näher an ihn und lächelte kurze Zeit später.   …“Sich wohl fühlen“, huh? Ich frage mich…was es genau ist…das du fühlst…wenn du bei mir bist…Warum es sich so anders anfühlt bei mir…Was du mit anders meintest…   …Wusstest…du es wirklich nicht, oder…wolltest du es mir einfach nur nicht erzählen?   …Trotzdem…hat es mich glücklich gemacht…das von dir zu hören. Das du mir gesagt hast…was du für mich empfindest.   …Was mich angeht, Ich…mag es…bei dir zu sein…Selbst als wir Kinder, empfand ich das gleiche. …Damals…als wir uns das erste Mal trafen…da warst du dieses verletzte Kind, das keine Familie wollte, weil du nicht noch einmal von jemanden verletzt werden wolltest, der dir was bedeutete…   …Ich verstand dich…weil ich wusste, wie es sich anfühlt, von seinen eigenen Eltern weggeworfen zu werden…Allein gelassen zu werden von jemanden, von dem du dachtest, er würde das nie tun…   Du hast nur so getan, als ob du dich nicht um andere kümmerst…In Wahrheit…hat es dich gekümmert, aber du hattest zu große Angst, um es zu zeigen…weil du nicht wieder verlassen werden wolltest.   Darum hast um dich eine Mauer gebaut, ohne je jemanden an dich ran zu lassen. Aber über die Jahre hast du dich uns geöffnet…Du fingst an uns zu vertrauen…mir zu vertrauen.   …Ich hatte das Gefühl, dass du dich mir mehr geöffnet hast, als den anderen…Vielleicht, weil wir im selben Alter waren…weil wir beide von unseren Eltern verlassen wurden, oder vielleicht war es wirklich einfach nur mein Gefühl, aber trotzdem…hab ich mich von dir gebraucht gefühlt…   Es hat mich glücklich gemacht…von jemanden gebraucht zu werden…von dir gebraucht zu werden.   …Aber…bald begriff ich, dass es eigentlich anders herum war…Ich war es, der dich brauchte.   Ich brauchte deine Worte…dein Lächeln…deine Wärme…deinen Trost…   …Du warst meine Stärke.   Ich bin nicht so stark, wie ich immer tue. Ich konnte nur so stark sein wegen dir.   Ohne dich…hätte ich an irgendeinem Punkt aufgegeben…Ich hätte nie daran geglaubt, dass es einen Weg gibt in die Außenwelt zu entkommen…wegen dir konnte ich träumen…wegen dir konnte…ich hoffen…Du hast mir so viel Hoffnung in diesen vier Jahren gegeben…   Und sogar, als wir voneinander getrennt waren…warst du derjenige, der mir genug Kraft gab um am Leben zu bleiben…Ohne dich wäre…ich nicht dazu imstande gewesen bis jetzt zu leben. Nur wegen dir hab ich die Kraft gefunden zu leben, auch wenn ich ein Vampir geworden war.   Ich brauchte dich…und das tue ich noch immer. Mehr als alles andere…sogar mehr als Blut…ich brauche dich so sehr…   Sein Blick fiel auf seine Hand, die Yuu immer noch festhielt, auf seine Brust gelegt. Er hatte nicht mal bemerkt, dass er seine Hand nicht losgelassen hatte.   …Die Wärme seiner Hand…menschliche Wärme…Hab das seit Jahren nicht mehr gespürt…Ich…hab fast vergessen…wie schön sich das anfühlt…solche Wärme zu spüren…seine Wärme zu spüren…   Er spürte wie Yuu leicht seine Hand drückte, während er schlief, als ob er befürchtete, dass er ihn verlassen würde, wenn er loslassen würde.   …Ich…kann immer noch…seinen Herzschlag…spüren…Es…schlägt nicht mehr so schnell, aber…es ist…immer noch beruhigend…es zu spüren…   Langsam schloss er seine Augen und konzentrierte sich nur noch auf das Schlagen seines Herzens.   …Ich…hab das…noch nie zuvor gemacht…Ich wusste nicht, dass…es sich so schön anfühlt…den Herzschlag von jemanden…zu spüren…oder dass…ich das so…mögen würde…Ich…hab mich noch nie so entspannt gefühlt…oder…so gewollt…von jemanden…Ich mag wirklich…das Geräusch…seines…Herzens…   Er war so auf seinen Herzschlag konzentriert, dass er nicht einmal bemerkte, dass er langsam einschlief.     Kapitel 4: 4 ------------ Nach einer Weile wachte Yuu wieder auf und öffnete seine Augen. Er brauchte einige Sekunden bis er richtig wach war. Erst dann erkannte er, dass Mika vor ihm lag.   …Stimmt ja…Ich hab ihn irgendwie davon überzeugt heute Nacht hier zu bleiben…Wir haben geredet und…dann muss ich eingeschlafen sein…Kann mich nicht mal erinnern, was ich zuletzt zu ihm gesagt hab…Naja, wenigstens hat er aufgehört mich anzustarren. Ich dachte schon er würde nie damit aufhören. Es wurde wirklich langsam nerv-   Er bemerkte den geringen Abstand zwischen ihnen.   …Kommt mir das nur so vor, oder…ist er näher als vorher?   „…Mika?“   Er bekam keine Antwort. Nachdem er eine kleine Weile wartete und immer noch keine Antwort bekam, verstand er, dass Mika eingeschlafen war.   …So viel zu „Ich brauche keinen Schlaf“.   Erst jetzt bemerkte er, dass er immer noch seine Hand festhielt. Er wurde leicht rot bevor er vorsichtig seine Hand losließ, sodass er nicht aufwachen würde.   Verdammt…Hab nicht bemerkt, dass ich nicht losgelassen hab…   …Wenigstens schläft er noch…Ich will ihn wirklich nicht aufwecken, da er…offensichtlich nicht so viel schläft. Er sagte zwar, er brauche keinen Schlaf, aber…Wenn ich so darüber nachdenke…muss er ziemlich erschöpft gewesen sein, wenn er so tief und fest schläft…Obwohl ich nicht verstehe, warum er nicht einfach schläft, wenn er müde ist…Er ist so stur bei solchen Sachen…   Denkt immer er muss sich wie ein Vampir verhalten…Ich hasse dieses dämliche Verhalten von ihm…Es ist nicht so, als ob er sich wie ein wirklicher Vampir verhalten muss…Wenn er sich immer noch von Zeit zu Zeit wie ein Mensch fühlt, dann ist das okay. Wenn er anders, als andere Vampire ist, dann ist das auch okay. Ist mir sowieso egal.   Er ist Mika. Vampir oder Mensch. Es kümmert mich nicht. Und ich werde ihn ganz sicher nicht anders behandeln, egal wie sehr er sich darüber beschwert. Ich weiß, dass er nicht wirklich wie ein Vampir behandelt werden möchte…Dass er einfach nur so tut…vielleicht, weil er denkt, dass er es nicht verdient hat, wie ein Mensch behandelt zu werden…Trotzdem…   Ich…will nicht diesen traurigen Gesichtsausdruck an ihm sehen, wenn er über etwas redet, dass er nicht mehr tun oder fühlen kann, weil er ein Vampir ist. Ich will das nicht sehen. Es passt nicht zu ihm. Ich…sehe ihn lieber lächeln. So wie damals…   Plötzlich zog Mika seine Hand wieder zu sich zurück und unterbrach so seine Gedanken. Yuu’s Blick fiel auf sein schlafendes Gesicht. Er vergaß, worüber er einen Moment zuvor nachgedacht hatte, als er ihn ansah. Er wollte ihn nicht so anstarren. Aber, als er ihn da so vor sich liegen sah, mit seinen leicht geöffneten Lippen und seinem leichten Atem, als das Einzige, das er von ihm hören konnte, konnte er seinen Blick nicht mehr abwenden.   Ich…hab ihn noch nie so friedlich gesehen…Nicht mal, als wir Kinder waren…Wenn ich jetzt so darüber nachdenke…es ist wirklich eine ganze Weile her, seit wir uns ein Bett geteilt haben…Vier ganze Jahre…   …Irgendwie hab ich…das vermisst. Ich hab es vermisst…jemanden nachts um mich rum zu haben…Jemandes…Präsens zu spüren…bevor ich einschlafe…Seine Präsens…   …Ich hab ihn nicht gefragt, weil ich nicht gut schlafen konnte. Naja, obwohl es keine Lüge war. Aber der Grund war ein anderer. Ich…wollte ihn einfach bei mir haben. Niemanden sonst. Nur ihn. Ich hab…mich einsam gefühlt ohne ihn an meiner Seite…so wie damals…   Ich kann mich immer noch daran erinnern…wie die erste Nacht in der Außenwelt war…Diese vielen Nächte, in denen ich nicht schlafen konnte…oder Alpträume hatte…Diese Nächte, in denen ich wünschte…dass er…wieder bei mir wäre…   Es wurde von Zeit zu Zeit besser und ich gewöhnte mich an diese Einsamkeit, aber…seit ich herausgefunden habe, dass er am Leben ist…fühle ich es wieder…Diese Einsamkeit…Diese Sehnsucht…   Ich schätze ich hab mich viel zu sehr daran gewöhnt ihn um mich zu haben. Das und…   „Weil ich mich bei dir wohl fühle.“   …Warum hab ich ihm das erzählt? Ich wollte ihm das nicht sagen, aber…bevor ich wusste, was ich da sagte…hatte ich es bereits gesagt…Es…ist mir einfach rausgerutscht…Ich konnte nichts dafür, aber…es war keine Lüge.   Ich…fühl mich…wirklich sehr wohl bei ihm…Habe ich…schon immer…auch wenn ich nicht weiß, warum, oder…warum es sich bei ihm so anders anfühlt als bei den anderen…   „Wie fühlt es sich an?“   …Es…ist warm…Es ist eine Wärme, die…ich bei keinem anderen spüre…nur bei dir. Es beruhigt mich…so sehr…wenn ich bei dir bin…Ich…fühle mich einfach wohl, wenn ich weiß, dass du hier bei mir bist…   …Ich…weiß wirklich nicht, warum es sich so anfühlt, oder…warum es nur bei dir so ist…und es ist wirklich…schwer zu beschreiben, aber…Es ist ein schönes Gefühl…bei dir zu sein…Ein…wirklich…schönes Gefühl…   „…Yuu-Chan…“   Wurde er plötzlich von einer leisen Stimme aus seinen Gedanken gerissen.   Ist er aufgewacht?   „…Yuu-Chan…“   Yuu war sich nicht sicher, ob er etwas sagen sollte, oder nicht, da Mika immer noch seine Augen geschlossen hatte, während er sprach.   „…Yuu-Chan…Wo…bist…du?“ „…“   …Redet…er etwa im Schlaf?   „…Verlass…mich nicht…Du bist…der Einzige…den ich noch…habe…Ich…will dich…nicht…auch noch…verlieren…“ „…“ „Ich…will nicht…allein…sein…Es tut weh…Es…tut so…weh…“ „…“ „…Du…fehlst mir…“   Yuu war geschockt, als er all diese Worte von ihm hörte und langsam verstand er, warum Mika absolut nicht bei ihm schlafen wollte.   …Könnte es sein, dass…er…Angst hatte? Angst…einzuschlafen und…wieder davon zu träumen allein zu sein?   „…Yuu-Chan…bitte…vergiss…mich…nicht…“   Flüsterte er in einer Stimme, die fast so klang, als würde er jeden Moment anfangen zu weinen. Yuu sagte nichts. Er wusste nicht mal, was er ihm hätte sagen können in diesem Moment. Er sah ihn nur für einige Sekunden an bevor er sich vorneigte und leicht seine Stirn an seine legte.   Mika spannte sich bei dieser plötzlichen Berührung etwas an, aber entspannte sich kurze Zeit später wieder und atmete tief aus. Yuu wurde leicht rot, als er seinen warmen Atem auf seiner Haut spürte   „…Ich bin hier, Mika.“   Sagte er leise, um ihn nicht aufzuwecken.   „…Ich werde dich nicht verlassen. Ich…würde das niemals tun. Ich werde…immer bei dir bleiben…solange ich lebe.“   Als er ihn ansah und immer wieder seinen Atem nach kurzen Pausen auf seiner eigenen Haut spüren konnte, realisierte er, dass es das erste Mal war, dass sie sich so nah waren. Es war ihm ein wenig peinlich, aber trotzdem…mochte er diese Nähe.   „…Weißt du, es war…einsam…ohne dich in diesen vier Jahren…Sehr einsam…und schmerzhaft.   …Ich hab geweint. Jede Nacht. Manchmal, da…hab ich mich sogar in den Schlaf geweint…weil ich dich verloren hatte. Weil ich…meinen Grund zu leben verloren hatte…   …Es gab sogar Zeiten, in denen ich…sterben wollte…nur damit dieser Schmerz aufhört…“   Er hielt für einen Moment inne und erinnerte sich wie verzweifelt und einsam er sich damals gefühlt hatte.   „…Aber trotzdem…hab ich weitergelebt…wegen dir. Weil dies das Leben war, das du mir gegeben hast…Du warst derjenige, der es mir gab…als wir uns das erste Mal trafen…als du mir deine Hand gereicht hast…und auch, als du mich gerettet hast…   …Ich konnte dieses Leben nicht einfach wegwerfen…weil es Geschenk von dir war.   …Also hab ich weitergelebt…auch, wenn es schmerzhaft war…habe ich dennoch versucht weiterzuleben. Dir zuliebe, aber…auch wenn ich weitergelebt habe…und eine neue Familie gefunden habe…hab ich dich nie vergessen. Es gab nicht einen einzigen Tag…an dem ich nicht an dich gedacht habe. Ob am Tag oder nachts…sogar in meinen Träumen…ich hab immer an dich gedacht.   …Ich könnte dich nie vergessen, Mika. Ich…könnte nie die Person vergessen, die mir mehr als alles andere bedeutet.“   Nach einigen Sekunden der Stille öffnete Mika langsam seine Augen und sah ihn an. Yuu starrte ihn nur mit einem leicht roten Gesicht überrascht an, während er langsam wieder Abstand zu ihm nahm, aber hörte nicht auf in seine Augen zu schauen.   Verdammt…Hat er mich etwa gehört?   Mika sah ihn nur mit verschlafenen Blick an, ohne etwas zu sagen. Als Yuu bemerkte, dass er ihn immer noch anstarrte, wandte er schnell seinen Blick ab.   „T-t-tut mir Leid. W-wollte dich nicht a-aufwecken. S-sei mir nicht böse, o-okay? E-es tut mir wirklich leid. I-ich werde es nicht wieder m-machen. E-es war nur e-ein Versehen. Ich-“   Yuu hatte überhaupt nicht bemerkt, wie Mika’s Hand langsam an seinen Hinterkopf wanderte, während er eine Entschuldigung stammelte. Plötzlich zog Mika ihn wieder näher zu sich, legte seine Stirn wieder an seine, während er die Augen schloss. Yuu vergaß völlig, was er eigentlich sagen wollte und sah ihn noch überraschter an.   „…M-Mika?“   Schaffte er nach ein paar Sekunden zu sagen.   „Hm?“ „…Tut mir Leid…fürs…Aufwecken.“   Sagte er ohne zu bemerken, dass es bereits das dritte Mal war, dass er sich entschuldigte.   „Ist schon okay…Du hast mich nicht aufgeweckt.“ „…Hab ich…nicht?“ „Nein, Ich…hatte einfach einen unruhigen Schlaf…deshalb bin ich aufgewacht…Es lag nicht an dir…“   Sagte er schläfrig mit immer noch geschlossenen Augen. Er wollte sie nicht öffnen, da er fand, dass es wirklich angenehm war, einfach Yuu’s Wärme zu spüren und seine Stimme zu hören, ohne ihn wirklich zu sehen.   „…Bist du…immer noch müde?“ „…Ein bisschen…Kann nicht glauben, dass…ich wirklich eingeschlafen bin…Hab nicht mal bemerkt, dass…ich müde war…“ „…Siehst du? Du kannst schlafen.“ „…Ich hab nie gesagt, dass ich nicht schlafen kann. Ich sagte nur, ich brauche keinen Schlaf…meistens…“ „…“   „Meistens“? Bemerkt er eigentlich wie müde und erschöpft er gerade aussieht?! Es sieht nicht so aus, als ob er mal ausnahmsweise müde wäre. Es sieht eher so aus, als ob er unter Schlafmangel leiden würde und das seit mehr als ein oder zwei Tage…   …Aber…davon mal abgesehen…Ich will nicht unhöflich sein, oder so, aber…Er ist nah…   Viel. Zu. Nah. Es. Macht. Mich. Verdammt. Nervös.   „H-hey…Wenn du müde bist…wäre es dann nicht besser…du weißt schon…nicht so…zu schlafen?“ „Nein, ist schon in Ordnung.“ „…B-bist…du sicher? I-ich meine…nicht, dass es mir was ausmacht, aber…   Um ehrlich zu sein, es macht mir was aus. Ich weiß nicht warum, aber es macht mich nervös ihm SO nah zu sein, wenn er wach ist…So nervös…dass ich nicht glaube, dass ich so einschlafen kann…   „…Ich will einfach nicht dafür verantwortlich sein, dass du nicht genug Schlaf bekommst, weiß du?“ „Nein, es…ist wirklich in Ordnung für mich…“ „…“   Verdammt…Ich will wirklich nicht so bleiben…aber…ich kann ihm das nicht sagen…was ist, wenn ich seine Gefühle verletze? Vielleicht braucht er das einfach nach diesem Alptraum…   …Trotzdem kann ich absolut nicht so schlafen! Es muss einen Weg geben, um-   „Hey, Yuu-Chan?“   Wurde er aus seine Gedanken gerissen.   „Hm?“ „…Weißt du…es fühlt sich wirklich schön an…dir so nah zu sein…wie jetzt…“   Da sich ihre Gesichter so nah waren, konnte Mika wortwörtlich spüren, wie Yuu knallrot wurde, als er das sagte. Er mochte es, wie leicht es war ihn in Verlegenheit zu bringen. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er die Wärme seines Gesichts auf seiner eigenen Haut spüren konnte.   Yuu brachte kein einziges Wort mehr heraus, nachdem er das gehört hatte. Er war froh, dass Mika wenigstens die Augen zu hatte und nicht sehen konnte, dass sein Gesicht sogar noch roter als seine Augen in diesem Moment war.   Wie kann er so was Peinliches mit so einem ernsten Gesicht sagen?! Er hat sich wirklich kein bisschen verändert…   …Naja, wenigstens hat er nicht gehört, was ich vorhin zu ihm gesagt hab…   „Sag mal, Yuu-Chan…“ „Hm?“ „…Wirst du immer so emotional, wenn du denkst, andere könnten dich nicht hören?“ „…“   …Ich nehm alles zurück.   „…Also…hast du…alles gehört?“   Fragte er zögerlich, während er versuchte seinen Blick abzuwenden, aber da sie so nah beieinander lagen, war es geradezu unmöglich ihn ganz abzuwenden.   „Nicht alles. Nur den letzten Teil. Darüber, dass…du mich nie vergessen könntest…“ „…“ „…Meintest du das ernst?“ „…Natürlich.“   Sagte er leise nach einigen Sekunden, immer noch mit einem roten Gesicht.   …Ernsthaft…Muss er das wirklich fragen? …Hat er wirklich gedacht, dass ich ihn vergessen könnte? Hatte er wirklich so viel Angst davor…dass ich ihn vergesse?   „…Ich…hab im Schlaf geredet, oder?“   Fragte er plötzlich.   Yuu wusste nicht so recht, ob er es ihm sagen sollte. Immerhin schienen seine Alpträume der Grund dafür gewesen zu sein, dass er sich das Bett nicht mit ihm teilen wollte. Er war sich nicht sicher, was er ihm sagen sollte, aber er wusste auch, dass er ihn nicht anlügen konnte.   „…Ja.“ „…Hab ich…was gesagt, dass…dich hat…schuldig fühlen lassen?“ „Nein, du hast nur…darüber geredet…dass du nicht allein sein willst und…von mir nicht…vergessen werden willst…“ „…“ „…War es…ein…schlimmer Traum?“   Fragte Yuu zögerlich, nicht sicher, ob er ihn das fragen sollte. Er wusste wie stur er werden konnte, wenn es darum ging anderen zu erzählen, was ihn beschäftigte. Als Mika ihm nach einer Weile immer noch nicht antwortete, wusste er, dass er diese Frage nicht hätte stellen sollen.   „Tut mir Leid. Ich weiß, ich hätte nicht fragen sollen. Vergiss es einf-“ „So ist…ist es immer…wenn ich…einschlafe.“ „…“   Er schwieg für einige Sekunden bevor er fortfuhr.   „…Ich…träume immer…davon…allein zu sein…Dass…niemand…da ist…Dass…jeder mich verlässt…einer nach dem anderen…Dass ich…immer allein bin…“ „…“ „…Ich hab mich an diese Träume gewöhnt, aber…“   Er zögerte für ein paar Sekunden, bevor er flüsterte:   „…Es tut immer noch weh…Es tut weh…zu träumen…und dann aufzuwachen, nur um zu…realisieren, dass…ich immer noch ganz allein bin…Deshalb…hasse ich es zu schlafen…Ich hasse…diese Träume…Ich hasse es…dass sie mir die Realität zeigen…“ „…“   Yuu fing an sich dafür schuldig zu fühlen, dass er ihn geradezu dazu gezwungen hat, bei ihm zu schlafen. Er hat nicht einmal über den Grund nachgedacht, warum Mika erst gar nicht bei ihm schlafen wollte. Er wollte nie wirklich den Grund wissen.   Ich…wollte nicht, dass er das noch mal durchmachen muss…Ich wollte nur-   …Ich bin egoistisch…Ich war so egoistisch, dass ich nicht mal bemerkt hab, dass es ihn verletzt hat…dass ich ihn verletzt hab…Alles, was ich tat, war ihn zu etwas zu zwingen, wovor er Angst hatte, nur für meine eigenen egoistischen Gründe…   „Hör endlich auf anderen deinen Willen aufzwingen zu wollen!“   …Letzten Endes hatte er doch Recht…Ich bin wirklich schrecklich, was?   „…Willst du…gehen?“ „Huh?“ „…Du…musst nicht hier schlafen…wenn du nicht willst…Wenn es so sehr weh tut…kannst du gehen…“ „…“ „…Es ist in Ordnung für mich. Es macht mir nichts aus…alleine zu schlafen…Ist keine große Sache. Ich werde dich damit nicht mehr belästigen. Ich hab’s versprochen, stimmt’s? Also…kannst du gehen…“   Auch wenn er versuchte es so zu sagen, als ob er es ernst meinte, wusste Mika, dass er log. Er wusste, dass er nicht wirklich wollte, dass er geht oder allein schlafen wollte, und dass er das nur ihm zuliebe sagte.   Er ist immer noch so nett…   Er lächelte etwas bei diesem Gedanken. Für ihn war Yuu die netteste Person, die er je getroffen hatte. Damals hat er es immer abgestritten und so getan, als ob er überhaupt nicht nett wäre. Aber Mika wusste es. Er wusste nicht warum, aber…er verstand ihn. Er konnte ihn auf eine Art und Weise verstehen, wie es sonst niemand konnte. Es war auch dasselbe mit Yuu. Er konnte ihn nie anlügen, egal wie sehr er es versuchte. Er bemerkte es immer.   Als es nach einer kurzen Weile immer noch nicht so schien, als ob Mika gehen wollte, sagte Yuu:   „…Es…ist wirklich okay für mich. Du musst wirklich nicht-„ „Ist schon in Ordnung…heut Nacht…“   Yuu konnte nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Er sagte bereits, es ginge in Ordnung für ihn, also warum ging er nicht einfach? Bevor er irgendwas sagen konnte, fügte Mika hinzu:   „…Ich…will nicht gehen…Ich will…bei dir…bleiben…“ „…A-aber sagtest du nicht, dass-„ „Es ist…anders…“ „Huh?“   Er verstand nicht ganz, was er damit meinte.   „W-was ist anders?“ „…Alles…“   Seine Antwort war sogar noch verwirrender für Yuu. Er wusste absolut nicht, was er damit sagen wollte.   „…Was…meinst du mit „alles“?“ „Mhm…Sag ich nicht~“   Sagte er mit einer vergnügten Stimme.   „Was? Warum nicht? Komm schon, sag.“   Fragte Yuu neugierig.   „Nö.“ „Aber ich will es wissen. Jetzt hab dich nicht so, Mika, sag schon.“   Mika musste bei dieser Reaktion lachen. Er klang fast wie ein kleines Kind in diesem Moment.   Er ist so anders als damals…   Er lächelte.   Von Zeit zu Zeit bemerkte er wie sehr sich Yuu in diesen vier Jahren verändert hat. Er lachte mehr und schien nicht mehr so…ernst. Er schien…glücklicher als damals zu sein. Er mochte es immer bei ihm zu sein, aber nun…mochte er es sogar noch mehr. Er hatte etwas an sich, dass ihn beruhigte, auch wenn er nicht wusste warum, oder woran es lag, dass er so empfand.   …Alles…ist anders…mit dir…Yuu-Chan…   Bei dir…fühl ich mich nicht wie ein Monster…Ich fühl mich menschlich…weil du mich wie einen behandelst. Weil du…mir das Gefühl gibst, immer noch einer zu sein…Bei dir…habe ich…keine Angst einzuschlafen…weil ich weiß…ich bin nicht allein, wenn ich aufwache…   …Vorhin…hatte ich denselben Traum, den ich immer habe, aber…es war anders als sonst…   ...Es war nicht mehr so kalt…weil ich deine Wärme spüren konnte, während ich schlief…Ich konnte deine Stimme hören in meinem Traum…und das erste, was ich sah, als ich aufwachte…warst du.   Auch wenn ich nicht ganz verstanden hab, für was du dich entschuldigt hast…war ich glücklich. Glücklich zu wissen…dass du bei mir warst…mich nicht allein lassen wirst…und…mich nie vergessen wirst…   Yuu vergaß ihn weiter zu fragen, was er meinte, als er sein Lächeln sah. Das Lächeln, das er all diese Jahre sehen wollte.   …Irgendwie bin ich…nicht mehr…so nervös…   ...Ihn so lächeln zu sehen…beruhigt mich wirklich…Ich frage mich warum…   …Ich sehe ihn heutzutage selten lächeln…nicht so wie damals…als er immer lächelte…Ich weiß, er hat sich seit damals verändert…Aber…   …Ich hab es vermisst ihn so zu sehen…Ich hab…sein Lächeln vermisst…Dieses Lächeln…welches mir so viel Hoffnung gab…Das allererste Lächeln… das nur an mich gerichtet war, nachdem ich von meinen Eltern verstoßen wurde…   „…Es ist…wirklich eine ganze Weile her…dass ich so viel geredet hab…“   Sagte Mika plötzlich ein wenig lachend.   „…Macht es…dir was aus? Da ich…du weißt schon…dich nicht schlafen lasse…“ „…Nein…“   Sagte Yuu leise, während er ihn ansah, immer noch von seinem Lächeln fasziniert.   „…Und…Es ist…auch schon eine ganze Weile her…seit wir im selben Bett lagen, was?“ „Mhm…“ „Dir…ist nicht kalt, oder? Da du nur die Hälfte der Decke hast…“ „…Nein…Überhaupt nicht…   Bevor Yuu überhaupt realisierte, was er sagte, fügte er leise hinzu:   „…Du bist warm…“   Es herrschte ein Moment der Stille zwischen ihnen. Yuu wollte ihm das nicht sagen, da er es immer leugnete, dass er sich warm anfühlte. Aber trotzdem…nahm er es nicht zurück.   „…Ich hab es dir bereits gesagt, oder? Ich kann mich nicht warm anfühlen…“   Sagte er mit einem Lächeln.   „Doch, tust du…“ „Nein, tue ich nicht…“ „…Tust du…“ „Du gibst niemals auf, was das angeht, stimmt’s? Du sagst das immer…“   Sagte Mika leicht lachend.   „…Weil es wahr ist…“ „…“   Sie schwiegen für eine Weile. Mika gab es auf ihn davon zu überzeugen, dass Vampire sich nicht warm anfühlen können. Yuu  würde ihn sowieso ignorieren, egal wie viele Male er es sagen würde.   Während sie in völliger Stille nebeneinander lagen, konnte Mika die Wärme seines Atems auf seiner Haut spüren. All die Zeit, in der sie miteinander geredet hatten, hatte er es nicht bemerkt, aber jetzt…konnte er jeden einzelnen Atemzug von ihm spüren. Es machte ihn nicht nervös und er fühlte sich auch nicht unwohl dabei. Überhaupt nicht. Es hatte denselben beruhigenden Effekt, den sein Herzschlag vorher gehabt hatte. Er mochte dieses Gefühl mehr als alles andere.   …Du bist derjenige, der warm ist…nicht ich. Weißt du eigentlich, wie viel Wärme du mir gegeben hast, seit wir wieder zusammen sind?   …Dein Körper… …Dein Atem… …Deine Nähe… …Sogar deine Worte…   Alles an dir ist warm…und ich…liebe das so sehr an dir…Deine Wärme zu spüren…ist so ein schönes Gefühl…Ich…mag es wirklich…   …Sag…Fühlst du das Gleiche, oder…etwas Anderes? …Woher weißt du…dass es nicht deine eigene Wärme ist, die du fühlst, sondern meine? …Wie kannst du dir da so sicher sein? …Warum bist du…der Einzige, der das fühlen kann? Nicht mal ich…kann es fühlen… …Warum bist du überhaupt in der Lage dazu? …Sag mir…Was ist es genau, das du fühlst? …Wie fühlt es…   „…sich an?“   Flüsterte Mika versehentlich.   „Huh? Was hast du gesagt?“ „…“ „Tut mir Leid. Ich hab dich nicht verstanden. Könntest du das wiederholen?“ „…Vergiss es. Es war dumm.“ „Wann hast du je was Dummes gesagt?“ „…“ „Komm schon, sag’s mir.“ „…“ „Ich würde es gerne wissen, Mika.“   Mika zögerte für einige Sekunden, während er immer noch die Wärme seines Atems auf seinem eigenem Gesicht spüren konnte. Ohne, dass er es bemerkte, fragte er:   „…Wie…fühlt sich meine Wärme…für dich…an?“ „Wie es sich anfühlt?“ „…Ja…“   Yuu sah ihn für einen Moment schweigend an, bevor er antwortete:   „…Wie zuhause.“   Als er seine Antwort hörte, konnte Mika ein kleines Lachen nicht unterdrücken.   „Was?“   Fragte Yuu irritiert von seinem Lachen.   „Tut mir Leid. Wollte nicht lachen. Ich fand nur, dass deine Antwort sehr witzig war. Diese Antwort hatte ich nicht erwartet. „…Es sollte nicht witzig gemeint sein…Ich…meinte das ernst…“ „Ich weiß, ich weiß. Hätte nicht lachen sollen. Tut mir Leid.“ „…“   …Mir…macht es nicht aus…dich Lachen zu sehen…Es…mach mich irgendwie glücklich…Ich…will, dass du mehr lachst…so wie jetzt…so wie damals…   „Yuu-Chan?“ „Hm?“ „Sag…wie fühlt sich…zuhause an?“ „…Für mich?“ „…Ja…“ „…Wie du.“   Sie sagten nichts für ein oder zwei Minuten. Mika war der erste, der wieder sprach:   „…Du…kannst nicht genauer sein, oder?“   Fragte er ein wenig lachend.   „…Naja, ich weiß es halt wirklich nicht…Meine…Eltern haben mich verstoßen…als ich noch ein Kind war, also…weiß ich nicht, wie…sich zuhause…anfühlen sollte, aber…ich denke, dass es sich…so anfühlt…“ „…“ „…Du…warst das erste Zuhause, das ich je hatte.“   Sagte er, während er ihn immer noch ansah.   „…Warum ich? Es ist nicht so, dass…ich der Einzige wäre…der dafür infrage gekommen wäre…“ „Doch, warst du. Niemand außer dir.“ „…Warum?“ „…Weil du der erste warst.“   Sagte er leise.   „Der erste, der mir seine Hand gereicht hat…Der erste, der mich wie einen wirklichen Menschen behandelt hat…Der erste, der mich in seinem Leben wollte…Der erste, der mir wieder den Willen zum Leben gab…Der erste, der mir seine Wärme gab…“   Der erste, der mir das Gefühl gab, von jemanden geliebt zu werden…   „Deshalb bist du mein Zuhause, Mika.“ „…So viel hab ich gar nicht getan…“ „Doch, hast du…und sogar mehr als das…“ „…“ „Du hast mich zu deiner Familie gemacht. Worte könnten gar nicht ausdrücken wie glücklich mich das gemacht hat.“   Sagte Yuu mit einem Lächeln.   „Ich kann mich immer noch erinnern, wie du immer und immer wieder gesagt hast…dass wir eine Familie sind…“ „Und jedes Mal bist du sauer geworden, als ich das sagte. Du hast immer gesagt, du hättest keine Familie…“   Sagte Mika, während er ein wenig lächelte.   „Ja, hab ich.“   Sagte Yuu ein wenig lachend, während er sich erinnerte, wie kindisch er sich damals verhalten hat.   „…Tut mir Leid.“   Sagte er nach einer kurzen Pause.   „Für was?“ „Dafür, dass ich dir fast nie dasselbe gesagt habe, obwohl du…es mir so oft gesagt hast…“   Antwortete er traurig.   „…Du…entschuldigst dich ernsthaft dafür? Mir…hat das wirklich nichts ausgemacht, weißt du? Ich wusste, dass es schwierig für dich war, nach allem, was du durchgemacht hattest…Das war einfach-“ „Ich hab…dich immer als Familie angesehen…“   Unterbrach er ihn.   „…Vielleicht nicht am ersten Tag, als wir uns trafen, aber…Es hat nicht lang gedauert bis ich…angefangen habe dich als Familie zu sehen…als meine Familie.“ „…“ „…Es tut mir Leid, dass ich dir das nie gesagt habe. Ich war so stur damals. Zu stur, um es dir zu sagen…bis es zu spät war…“ „…“ „…Ich hab das immer bereut…Ich wollte es dir so gerne sagen, aber…ich konnte das nicht mehr…weil du nicht mehr da warst…“ „…“   …Ich…hab ihn noch nie so traurig gehört…Er klingst fast, als ob…er gleich anfangen würde zu weinen…   „…Ich wollte dich wiedersehen…auch wenn…es das letzte Mal gewesen wäre…Ich hätte alles getan…um dich noch einmal zu sehen…Aber ich wusste…dass du nicht zurückkommen würdest…Zumindest dachte ich das…bis du eines Tages wieder vor mir standest…“ „…“ „…Ich war so glücklich, dass du nicht gestorben warst…Dass ich…die Chance hatte…dich noch einmal in diesem Leben zu treffen…Vampir oder Mensch…Nichts hätte mich weniger kümmern können, solange ich dich wieder hatte…Solange ich…wieder bei dir sein konnte…“ „…“ „Und dieses Mal werde ich nicht noch mal denselben Fehler wie damals machen. Ich werde dir so oft sagen, dass wir eine Familie sind, wie du es getan hast…Sogar öfter.“ „…Du musst wirklich nicht-“ „Ich will es.“ „…“   Yuu sah ihn einige Sekunden schweigend an, bis er wieder sprach.   „…Weißt du…Damals, als ich…zum Waisenhaus kam…wollte ich keine Familie mehr haben. Ich…wollte nicht mehr verletzt werden…Ich wollte das nicht noch mal durchmachen…Ich hatte Angst. Angst davor wieder verstoßen zu werden…also entschied ich mich, niemanden mehr an mich ran zu lassen und jeden wegzustoßen, der es versuchte… ...Naja, bei dir hat es nicht geklappt.   Egal was ich sagte oder wie viele Male ich es sagte, du gabst nicht nach. Du warst so hartnäckig, bei dem Versuch mich zu deiner Familie zu machen. Selbst, wenn ich allein sein wollte, hast du mich nie in Ruhe gelassen. Du warst so nervig.“   Sagte Yuu mit einem Lächeln, während er sich an die Zeit erinnerte, als sie Kinder waren.   „…Aber…eigentlich…war ich dankbar dafür. Das…war, was ich am Meisten brauchte.“ „…“ „…Ich brauchte…jemanden, der…meinen Schmerz verstand…der mich nicht wie ein Monster behandeln würde…jemand, der…mich niemals verstoßen würde…der mir das Gefühl geben würde, wo hin zu gehören…das Gefühl…zuhause zu sein…Ich brauchte dich, Mika.“ „…“ „Du hast mich nie allein gelassen…Wo immer ich war…warst auch du…Du hast mich sogar…meine Vergangenheit vergessen lassen…Es war das erste Mal, dass ich…dachte, dass es für mich okay ist am Leben zu sein…und wegen dir war es sogar erträglich in einer Stadt voller Vampire zu leben…Alles…war erträglich wegen dir.“ „…“ „Du warst da, als ich dich am Meisten brauchte. Jetzt liegt es an mir dir-„   Er stoppte mitten im Satz, als er bemerkte, dass Tränen langsam Mika’s Wangen herunterliefen. Er hatte sein Bestes versucht seine Tränen zurückzuhalten, aber als er all diese Worte gehört hatte, konnte er sie nicht mehr zurückhalten.   Er hasste es zu weinen. Er hat es immer gehasst. Er hasste es diese Seite von ihm anderen zu zeigen. Über die vier letzten Jahre hat er sich daran gewöhnt seine Gefühle zu verstecken, aber…wenn er bei Yuu war, konnte er sie nicht verstecken. Er wusste nicht warum. Es passierte einfach. Selbst als sie Kinder waren, konnte er es nicht.   Aber er hasste es nicht. Solange er es war, war es okay für ihn diese Seite von ihm zu zeigen.   Yuu starrte ihn nur geschockt an und wusste nicht, was er in dieser Situation machen sollte.   …Verdammt…Ich wollte ihn nicht zum Weinen bringen…Was soll ich machen? Ich weiß nicht, wie man jemanden tröstet…Soll ich was sagen? Aber was? Oder soll ich einfach nichts sagen, bis er sich wieder ein wenig beruhigt hat? Ich weiß wirklich nicht, was ich machen soll…   Er sah wie mehr und mehr von Mika’s Tränen von seinen immer noch geschlossenen Augen, an seinen Gesicht entlang und dann auf das Kissen hinunterliefen. Yuu vergaß über einen Weg nachzudenken ihn wieder zu beruhigen, als er ihn ansah. Er wusste nicht warum, aber er konnte einfach seinen Blick nicht mehr abwenden.   …Damals…hat er immer gelächelt…und gelacht…Ich hab ihn…immer dafür bewundert…Dafür, dass er imstande war zu…lächeln…und glücklich zu sein…auch wenn wir wie Vieh leben mussten…hat er nie sein Lächeln verloren…Er schien damals immer so stark zu sein, aber…   …Wenn er so weint…wie jetzt…scheint er so…zerbrechlich…Als ob er…schon bei der… winzigsten…kleinsten…Berührung…zerbrechen könnte…   Ohne, dass er es bemerkte, streckte Yuu seine Hand nach ihm aus und legte sie auf seine Wange. Mika zuckte leicht als er seine Berührung spürte. Er konnte spüren wie Yuu anfing langsam seine Tränen mit seinem Daumen wegzuwischen.   Es war nicht so, dass er es nicht mochte, was er in diesem Moment tat. Es fühlte sich für ihn eigentlich sehr angenehm an und es beruhigte ihn mehr, als Worte es jemals hätten tun können.   Yuu tat das einige Male mit leicht rotem Gesicht bei dem Gedanken daran, wie weich sich seine Wange anfühlte und wie warm seine Tränen waren, ohne etwas zu sagen und ohne einmal seinen Blick abzuwenden.   „…Du hast mir so viel gegeben, Mika.“   Begann Yuu nach einer Weile.   „Und du hast nie etwas als Gegenleistung erwartet…Ich weiß…dass du nichts willst. Aber ich…ich möchte dir was zurückgeben für alles, was du mir gegeben hast. Also…wenn du was brauchst, egal was, dann frag einfach, okay?“ „…“   …Dich…Solange du…bei mir bist…brauche ich nichts…anderes…   Keiner von beiden sagte etwas zum anderen. Man konnte nichts hören, außer Mika’s leise Schluchzer von Zeit zu Zeit.   Sie wussten nicht einmal, wie lange sie nichts zueinander sagten, weil sie zu sehr auf einander konzentriert waren. Yuu, auf diese zerbrechliche Seite, die er noch nie zuvor an ihm gesehen hatte und Mika, auf seine Hand auf seiner Wange, die seine Tränen wegwischte.   „…T-tut mir Leid…“   Sagte Mika leise nach einer Weile.   „Ich…Ich lass dich schon wieder nicht s-schlafen…I-ich…bin wirklich lästig…oder?“ „…Nein. Ist schon okay. Wein…so viel du willst. Es ist okay zu weinen. Ich…bleib wach, bist du…eingeschlafen bist, damit du…du dich nicht allein fühlst.“ „…O-okay…“   Flüsterte Mika.   Sie schwiegen eine ganze Weile, ohne weiter etwas zu sagen.   Yuu hörte nicht damit auf seine Tränen wegzuwischen und sogar als Mika aufhörte zu weinen, hörte er nicht auf seine Wange zu streicheln. Er bemerkte wie seine Schluchzer langsam leiser wurden mit der Zeit, bis er nichts mehr von ihm hören konnte, bis auf sein leises Atmen.   Er zog langsam seine Hand wieder zurück und bemerkte, dass Mika eingeschlafen war.   Er sah ihn noch einige Minuten an, bevor er seine Augen schloss und ebenfalls einschlief.       Kapitel 5: 5 ------------ Am nächsten Morgen entschieden sich Shinoa und die anderen nach Mika zu suchen, da er immer noch nicht zurückkommen zu sein schien. Normalerweise saß er vor Yuu’s Hütte, wo er immer die Nacht verbrachte, aber an diesem Morgen war er nicht dort.   Sie suchten das ganze Dorf nach ihm ab, aber konnten ihn nirgends finden. Sie befürchteten, dass er weggerannt sein könnte, wegen dem Streit mit Yuu am Tag zuvor, aber es bestand auch die Möglichkeit, dass er einfach nur ein bisschen allein sein wollte, es war immerhin nicht so ungewöhnlich für ihn. Trotzdem konnten sie nicht einfach rumsitzen und warten bis er zurückkommt, da es auch möglich war, dass ihm was passiert war.   Bald bemerkten sie, dass Yuu ebenfalls verschwunden war. Normalerweise war er der erste, der am Morgen wach war um zu trainieren, auch wenn ihm jeder gesagt hatte, dass er das nicht tun sollte, sondern sich lieber noch ein bisschen ausruhen sollte, aber an diesem Morgen war er nirgends zu sehen.   Alle waren sich einig, dass es unmöglich war, dass er einmal vernünftig war und auf das gehört hatte, was sie ihm gesagt hatten.   Shinoa schlug vor, dass sie sich aufteilen sollten, da Yuu und Mika überall sein konnten. Sie könnten beide an verschieden Orten sein, oder einer von beiden war weggelaufen, während der andere ihm gefolgt war. Also schien sich aufzuteilen gar keine so schlechte Idee zu sein.   Während die anderen außerhalb des Dorfes suchten, blieb Shinoa im Dorf und fragte die Dorfbewohner, ob sie einen von beiden gesehen hätten, aber das hatte niemand.   Da sie nicht weiter wusste, entschied sie sich in Yuu’s Hütte nach einer Notiz oder sonstigen Hinweisen auf seinen Aufenthaltsort zu suchen.   Als sie die Hütte betrat und sich umsah, staunte sie nicht schlecht, Yuu und Mika im Bett liegend vorzufinden, während sie sehr dicht nebeneinander schliefen.   Sie lagen beide Stirn an Stirn, während Mika immer noch seine Hand an Yuu’s Hinterkopf hatte und Yuu einen Arm um Mika gelegt hatte.   Shinoa sah ihre friedlich aussehenden Gesichter für einige Sekunden lächelnd an, bevor sie die Hütte wieder geräuschlos verließ, um sie nicht aufzuwecken.   Als die anderen vom Suchen zurückkehrten, sagte sie ihnen, dass sie beide gefunden habe und sie sich um sie keine Sorgen zu machen brauchten.   Sie sagte ihnen nicht wo sie sie gefunden hatte, oder was sie gerade in dem Moment taten. Sie entschied sich, es für sich zu behalten, auch wenn sie sicherlich Yuu später damit aufziehen würde.     --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------     Sobald Yuu und Mika aufgewacht waren und sich mit den anderen trafen, mussten sie sich anhören, wie viel Ärger sie ihnen bereitet haben, weil sie nirgends zu finden waren und sie nach ihnen suchen mussten. Besonders Kimizuki und Mitsuba waren sauer deswegen.   Als sie gefragt wurden, wo genau sie den ganzen Morgen waren, stammelte Yuu etwas völlig Unverständliches, während Mika einfach den Kopf wegdrehte und versuchte zu verbergen, dass er leicht rot wurde.   Irgendwann gaben sie es auf weiternachzufragen, da weder Yuu noch Mika ihnen eine vernünftige Antwort gaben.   Wenigstens schienen sie sich wieder vertragen zu haben, da sie den ganzen Tag zusammen verbachten, so wie sie es immer taten. Dieses Mal war Yuu weniger nervig. Wie versprochen sprach er nicht mehr darüber sich ein Bett zu teilen.   In dieser Nacht war wieder alles zur Normalität zurückgekehrt. Jeder war in seiner Hütte und bereitete sich für’s Bett vor, während Mika wie immer vor Yuu’s Hütte saß.   Es war bereits spät in der Nacht und Shinoa und die anderen waren bereits eingeschlafen, während Yuu immer noch wach im Bett lag.   …Verdammt…Ich kann einfach nicht einschlafen…Es ist nicht, als ob ich nicht müde wäre…bin ich wirklich, aber…Ich weiß nicht…Ich fühl mich…unruhig. Irgendwas ist nicht richtig…Es ist fast so, als ob…was fehlen würde…   „Nur dieses eine Mal, verstanden?“   …Ich hab’s versprochen. Ich werd ihn nie wieder danach fragen. Er würde sowieso ablehnen…vielleicht…   Warum denk ich überhaupt darüber nach? Es ist nicht so, als ob ich nicht einschlafen könnte, wenn er nicht bei mir ist, oder so. Ich kann prima alleine schlafen. Ich brauch ihn nicht bei mir, damit ich einschlafen kann.   Erinnerungen von dieser Nacht schossen im plötzlich durch den Kopf: Ihre Unterhaltungen…sein schlafendes Gesicht…sein Lächeln…seine Tränen…seine Wärme…Alles.   Auf einmal bemerkte er, wie leer und kalt sich dieser Raum anfühlte…wie groß das Bett plötzlich zu sein schien…wie leise es war ohne das Atmen des anderen…und wie einsam er sich eigentlich fühlte.   …Ich kann es wirklich nicht, was? Ich…kann nicht ohne ihn schlafen…Ich…vermisse es ihn hier bei mir zu haben…seine…Präsens direkt neben mir zu spüren…   Ich…will ihn wirklich gerade hier bei mir haben…aber…Ich hab versprochen, dass ich ihn nicht wieder damit belästigen werde…Ich hab’s ihm versprochen.   …Und außerdem…will ich nicht, dass er noch mal so einen Traum hat…Ich will ihn damit nicht verletzen…oder ihn wieder zum Weinen bringen…   …Also…ist es das Beste…vielleicht nicht für mich, aber…für ihn. Ich werd nicht wieder egoistisch sein…selbst, wenn ich heute Nacht keinen Schlaf finden sollte…   …Selbst, wenn ich wirklich-   Plötzlich hörte er ein Klopfen an der Tür seiner Hütte. Er stand vom Bett auf und ging zur Tür und öffnete sie. Er staunte nicht schlecht, wer in diesem Moment vor ihm stand.   „…Mika?“ „…“ „Was ist los? Ist was passiert?“ „…Nein…“   Antwortete er und sah nervös zur Seite.   „…Es ist nur…“ „…Was?“ „…“ „Mika?“   Auch wenn Mika sein Gesicht weggedreht hatte, konnte Yuu sehen, dass er leicht rot wurde in diesem Moment.   „…Mika, es ist…ziemlich spät. Du…würdest nicht einfach so ohne Grund hier auftauchen…also, was ist?“ „…“ „…Weißt du, du kannst es mir sagen.“ „…Es ist nur…“ „Hm?“ „…Ich…bin…ein wenig müde…“   Sagte er leise, während er Augenkontakt vermied.   „…Kann ich…heute Nacht…bei dir…schlafen?“   Fragte er zögerlich und wurde noch roter als vorher.   Yuu starrte ihn nur überrascht an, als er diese Frage hörte. Er hätte nie erwartet, dass er so etwas fragt. Er sah sein rotes Gesicht, das er versuchte vor ihm zu verstecken, für einige Sekunden an, bevor er ihm ein warmes Lächeln schenkte und leise antwortete:   „Sicher.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)