Wedding Dress von Lina_Kudo (»Hochzeitskleid« (Seiya&Usagi)) ================================================================================ Kapitel 1: Invitation --------------------- KAPITEL 1: INVITATION »So grausam fühlt sich also der Tod an …« Hart schlug ich mit der Faust gegen die unschuldige weiße Wand des Zimmers. Auch wenn sie am allerwenigsten dafür konnte, dass mein Leben allmählich aus den Fugen geriet und alles, was mir heilig war, den Bach runterging: Sie musste als Sündenbock herhalten. Immer und immer wieder schlug ich darauf ein, bis ich irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, vor Erschöpfung nicht mehr konnte und kraftlos zusammensackte. Verzweifelt knüllte ich mit der anderen Hand, die heil und unversehrt war, das Stück Pergament zusammen, ignorierte den Schmerz und die warme, rote Flüssigkeit, die aus den zahllosen Schürfwunden herausquoll und ließ mich stöhnend auf mein Bett neben mir fallen. Ich war doch so ein Vollidiot. Warum regte ich mich überhaupt so künstlich darüber auf? Ich hatte doch schon immer gewusst, dass dieser Tag irgendwann unweigerlich kommen würde. Und obwohl ich ganz genau im Wissen war, dass dieses große Ereignis eines Tages eintreten würde … niemals hätte ich gedacht, dass mich diese Nachricht doch wie ein gnadenloser, spitzer Pfeil treffen und durchbohren würde. Dass es mir wehtun würde, damit hatte ich gerechnet. So realistisch war ich ja noch. Auch, dass ich durch die Hölle gehen würde – das hatte ich erwartet. Und doch hatte gehofft, dass ich wenigstens … ja, gefasster sein würde. Doch Fehlanzeige. Nicht einmal das bekam ich hin, ich hoffnungsloser Versager. Stattdessen führte ich mich auf wie der allerletzte Depp. Gut, dass ich wenigstens alleine war. Jeder normale Mensch hätte mich sonst wohl für verrückt erklärt und mich in die geschlossene Psychiatrie einweisen lassen. Und wer weiß: Vielleicht war ich wirklich reif dafür und gehörte dorthin. Wobei ich glaubte, dass mir selbst das völlig egal gewesen wäre. Mein Leben hatte eh jeglichen Sinn verloren. Von mir aus könnte die Welt untergehen – das würde mir sowas von am Arsch vorbeigehen. Was hatte ich denn bitte schön noch Großartiges zu verlieren? Ganz genau: nichts. Absolut gar nichts. Sogar weniger als das Nichts. Warum führte ich mich jetzt erst so auf? Es hatte doch nie Hoffnung gegeben. Für uns hatte es nie eine Chance gegeben. Nicht mal den Hauch einer Chance. Doch jetzt … würde der allerletzte Lebenshauch ausgeatmet werden. Seufzend fuhr ich mir durch das Haar, atmete tief aus. Fünf Jahre. Vor fünf Jahren hatte ich sie verlassen. In diesen verdammten fünf Jahren war kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an sie gedacht hatte. Kein einziger Tag. Ob ich sie noch liebte? Daran bestand leider nicht der geringste Zweifel. Sie war das einzige Mädchen, das ich jemals geliebt habe. Und sie würde auch immer das einzige Mädchen bleiben. Für alle Ewigkeit. Ich würde niemals damit aufhören können, sie zu lieben. Egal, wie sehr ich mich gegen diese Gefühle auch wehrte. Sie zu unterdrücken versuchte … Es brachte alles nichts. Im Gegenteil: Es machte alles nur noch schlimmer. Und das redete ich mir nicht bloß ein. Es war eine untrügliche Tatsache. Mindestens genauso beständig wie der Mount Everest. Es gab daran nichts zu rütteln. Jeglicher Versuch, es zum Einsturz zu bringen oder runterzuspielen war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Es war hirnrissig und grenzte an infantiler Idiotie, es überhaupt zu versuchen. Bevor das gelingen könnte, müsste erst einmal die Hölle zufrieren und der Teufel höchstpersönlich großzügig Gratis-Eis verteilen. Selbst das war wahrscheinlicher und hätte mehr Erfolgschancen als aufzuhören, sie zu lieben. Kurz gesagt: Es war ein Ding der Unmöglichkeit. Wenigstens war ich inzwischen vernünftig genug, um meinen Kampf gegen meine Gefühle endlich zu beenden. Ja, ich hatte das Handtuch geworfen. Was blieb mir denn auch Anderes übrig? Für immer einen sinnlosen Krieg bestreiten, den ich sowieso niemals gewinnen konnte? Nein, danke, darauf verzichtete ich lieber. Das war nicht wirklich das Wahre. Abgesehen davon, dass mir auch schon die Kraft fehlte und mich jeder Kampfgeist verlassen hatte. Und so hatte ich vor einiger Zeit beschlossen, meine ewige Liebe zu ihr einfach hinzunehmen. Ich hatte sie akzeptiert, als Teil von mir. Hatte gelernt, mit ihr zu leben und mit ihr umzugehen. Ohne sie an meiner Seite – was die allergrößte Herausforderung bei dieser Angelegenheit darstellte. Warum mussten wir denn auch ausgerechnet auf der Erde landen? Warum musste ich ihr begegnen? Es wäre alles so viel einfacher gewesen, wenn wir uns nie kennengelernt hätten. Hätte ich das gewusst … Im Nachhinein war man ja immer schlauer. Und es war sinnlos, darüber zu denken, wie es wäre, wenn alles anders abgelaufen wäre. Solche Gedanken waren sinnlos, zeitverschwenderisch und führten zu nichts. Am Ende war man genauso schlau wie vorher und keinen einzigen Schritt vorwärtsgekommen. Aber warum … war es nur so gekommen? Warum nur? Was war das Sinn des Ganzen? Um für den Rest meines ewigen Lebens gebrandmarkt zu sein? Ohne jegliche Aussicht auf so etwas wie Glück? Glück … Schon lange hatte ich dieses Gefühl nicht mehr verspüren dürfen. Es war schon so lange her, seit ich das letzte Mal wirklich wahrhaftig glücklich war. Einfach nur glücklich - ohne irgendwelche Einschränkungen oder Auflagen. Ich konnte mich sogar sehr gut an den letzten Moment reiner Glückseligkeit erinnern. Es war damals, als ich zum letzten Mal ihre Anwesenheit hatte genießen dürfen. Als sie mich zum letzten Mal mit ihren unendlich klaren Augen angesehen hatte. Als ich mich zum letzten Mal im warmen Licht ihres hellen Sterns hatte sonnen dürfen. Mit verklärtem Blick sah ich zum Himmel empor. Egal, wie schön und kräftig hier alle Sterne leuchteten und funkelten - keiner von ihnen konnte es auch nur annähernd mit ihrem Glanz, ihrem Stern, aufnehmen. Dieses Licht würden sie niemals erreichen – da konnten sie sich noch so sehr abrackern in den nächsten Millionen Jahren. Ihre Mühe würde völlig für die Katz‘ sein – das konnte ich ihnen jetzt schon prophezeien. Gequält schloss ich meine Augen und ermahnte mich wieder um etwas mehr Ernsthaftigkeit. Auch wenn ich wusste, dass dieser Modus nicht lange währen würde. Was sollte ich dagegen machen? Der Sarkasmus war mir schließlich in die Wiege gelegt worden. Egal, wie sehr ich sie liebte, begehrte und verehrte … Niemals konnte ich den Platz in ihrem Leben einnehmen, den sie in meiner Welt innehatte. Und somit würde ich auch niemals glücklich werden. Mein Glück war Hunderte von Lichtjahre weit von mir entfernt. Das Höchste aller Gefühle, welches ich erstreben und erzielen konnte, war nicht mehr als … Zufriedenheit. Wenn überhaupt. Das war ein Kompromiss, den ich gezwungenermaßen mit dem Schicksal vereinbart hatte. Vereinbaren musste. Ich verzichtete auf mein Glück und dafür schenkte mir das Schicksal ein einigermaßen lebenswertes Leben, dem es an nichts fehlte. Außer an Liebe. Und was brauchten alle Menschen, um wirklich glücklich sein zu können? Bingo. Welch Ironie …Womit hatte ich das verdient? Hatte ich wirklich so viele unverzeihliche Sünden begangen? War das die gerechte Sühne dafür? Es lag in der Natur der Menschen, immer mehr zu wollen. Gerade ich, der doch immer das Allerhöchste angestrebt und nie vollends gesättigt war, musste mich nun mit dem zufriedengeben, was ich hatte. Was mir vorgesetzt wurde. Wie früher bei Mama: »Was auf dem Teller ist, wird aufgegessen!« Doch diese Suppe hatte einen abscheulichen Geschmack, den ich gar nicht einmal definieren konnte: Sie war bitter, viel zu sauer, zu scharf und zu salzig – alles gleichzeitig - sodass ich sie nur mit allergrößtem Ekel herunterwürgen konnte. Herunterwürgen musste, um überhaupt weiterleben zu können – da blieb mir gar keine andere Wahl. Diese schrecklich ungenießbar Suppe namens »Leben«. So kam ich mir wirklich vor: Ich der kleine Junge, die Suppe das Leben, der Teller meine Bestimmung und die nörgelnde herrische Mutter war das Schicksal. Ich wagte zu behaupten, dass das mal wieder ein Paradebeispiel dafür war, wie ungerecht diese Welt und das Leben sein konnten. Abermals bekam ich von der Hexe, die sich »Schicksal« nannte, gewaltig einen auf den Deckel. Einen Arschtritt. Zumindest mir gegenüber präsentierte sie sich nur von ihrer grausamsten Seite. Ich sah ihre hässliche, hämisch grinsende Fratze schon bildlich vor mir. Ich hatte schon lange eine unbändige Lust darauf, ihr kräftig eine reinzuhauen, selbst wenn es sich dabei um eine Frau handelte. Und falls es wirklich so etwas Ähnliches wie einen allmächtigen und allwissenden Gott geben sollte, konnte er mir auch gestohlen bleiben. Schließlich war ja ich dann wohl sein Lieblingsopfer. Zumindest was die emotionale Ebene betraf, denn das wurde mir ja vom ach so tollen Schicksal tagtäglich vor Augen geführt und mehr als nur schmerzhaft demonstriert. Das Leben, der liebe Herr, das Schicksal – sie alle konnte mich aber sowas von kreuzweise! Von dieser ganzen Misere mal abgesehen … Eigentlich sollte ich doch froh sein: Ich würde sie bald endlich wiedersehen. Ihren Duft wahrnehmen. Und endlich in ihre strahlenden, vor Glück explodierenden Augen blicken dürfen. Natürlich würde sie glücklicher sein als jemals zuvor: Welche junge Frau wäre das auch nicht, so kurz vor ihrer eigenen Hochzeit? Gerade in meiner beschissenen Lage sollte ich mich über jeden noch so kleinen Lichtfunken freuen. Für mich war das aber einfach kein schöner, freudiger Anlass, diese Hochzeit. Ganz im Gegenteil. Doch … so sollte ich nicht denken. Das war einfach unfassbar egoistisch von mir. Schließlich war ich ja … Wie hatte sie es nochmal formuliert? Ach ja: Ihr bester Freund. Mit einem bitteren Nachgeschmack dachte ich an den letzten Abend vor unserer Abreise zurück. »Ich finde es wirklich schön, dass du diesen letzten Abend ganz alleine mit mir verbringst, obwohl Mamoru gerade erst zurückgekehrt ist, Schätzchen. Ich kann mir denken, dass du jetzt bestimmt viel lieber bei ihm wärst. Ich hoffe, er hat wirklich nichts dagegen. Nicht, dass er noch eifersüchtig wird.« Seiya musste sich schon sehr zusammenreißen, um seinem bissigen Sarkasmus Einhalt zu gebieten. Doch den letzten Satz konnte er sich trotz aller Mühe nicht verkneifen. Doch trotzdem war es noch um eine ganze Ecke harmloser als die Worte, die ihm in Wahrheit auf der Zunge lagen: Schön, dass du lieber den Abend mit mir verbringst statt mit deinem ach so tollen Mamoru. Der arrogante Kerl scheint sich ja eurer Sache verdammt sicher zu sein, dass er dich mit mir nachts ausgehen lässt. Gut, so hart hätte er es dann doch nicht formuliert. Dafür war er viel zu nett. Er hieß schließlich nicht »Yaten«. Außerdem wollte er an diesem letzten Abend auf gar keinen Fall mit seinem Schätzchen streiten. Das war wirklich das Allerletzte, was er beabsichtigte. Er verstand sich ja selbst kaum und konnte sich nicht helfen: Seit dem ersten Moment an verspürte er eine Abneigung gegenüber Mamoru. Das kannte er von sich bisher nicht. Diese Seite an ihm war auch ihm neu. Er ging immer total offen, gutgläubig und positiv auf andere Menschen zu. Eigentlich. Normalerweise. Diese Umstände hier waren jedoch alles, nur nicht normal. Dabei war Mamoru doch echt vollkommen in Ordnung. Eine etwas langweilige Schlaftablette vielleicht, aber trotzdem in Ordnung. Er war der Richtige für Usagi. Er konnte ihr etwas bieten und sie glücklich machen. Seiya hasste ihn ja auch nur aus einem einzigen Grund. Weil er etwas hatte, was er niemals haben konnte: Sein Schätzchen. Er hatte die Chance, die Möglichkeit, bei ihr zu sein. Er hatte das Recht dazu. Er hatte alles, was ihm selbst für immer verwehrt bleiben würde. Nur deshalb hegte er so einen Groll gegen ihn. Moment – gewann da vielleicht der blanke Neid in ihm die Oberhand? Er erkannte sich ja selbst gar nicht mehr wieder. Herrgott, wie tief war er nur gesunken? Lächelnd drehte sich die Blondine ganz um, sah ihm dabei in die Augen, während sie rückwärts einen Schritt nach dem anderen machte. »Aber nein, was sollte er auch bitte dagegen haben? Es ist doch gar nichts dabei. Es gibt ja gar keinen Grund, um eifersüchtig zu sein. Du bist ja keine Konkurrenz oder so. Und dass wir heute zusammen essen gehen, ist doch klar. Du reist morgen ab, also so viele Gelegenheiten, gemeinsam etwas zu unternehmen, wird es nicht mehr geben. Mit ihm werde ich in Zukunft ja öfter essen gehen können. Außerdem … bist du doch mein bester Freund.« Seiya schluckte schwer. War das wirklich ihr Ernst? Wollte sie ihm mit solchen Worten tatsächlich etwas Gutes tun? Na ja, da konnte er nur sagen: Diese Absicht hatte ihre Wirkung ganz knapp verfehlt. Aber auch nur ganz knapp. Der Zweck heiligte nicht immer die Mittel. Er blinzelte ein paar Mal vor Schmerz. Das war die diskreteste Art, seinen inneren Qualen äußerlich Ausdruck zu verleihen. Dafür musste er aber schon arg die Zähne zusammenbeißen. Schließlich wäre ihm eher danach gewesen, sich vor Schmerz zu krümmen. Doch das konnte er ja nicht direkt vor ihren Augen tun. Diesen einen letzten Satz hatte sie ausgesprochen und mich unschuldig angelächelt. Im gutmütigen, aber ziemlich naiven Glauben, mir damit etwas Aufheiterndes gesagt zu haben. Sie war viel zu blind und glücklich über Mamorus Rückkehr gewesen, als dass sie bemerkt haben könnte, dass sich ihre Worte in mein Fleisch eingeschnitten hatten wie messerscharfe Rasierklingen. Allein die bloße Vorstellung, wie die beiden jeden Abend turtelnd Arm in Arm durch die Straßen schlenderten, ließ meine imaginären Schnittverletzungen immer wieder erneut brennen. Als würde man immer wieder ätzende Säure reinschütten. Die seelischen Schmerzen, die ihm dadurch zugefügt wurden, waren unerträglich. Als er nach gefühlten Minuten immer noch nichts von sich gab, machte sich Usagi zunehmend Sorgen und wurde unruhiger. Fragend hob sie eine Augenbraue und sprach ihn erneut an: »A- Alles in Ordnung mit dir, Seiya?« Was für eine dämliche Frage. Mir ging es noch nie beschissener. »Klar ist alles in Ordnung. Was soll denn mit mir sein?« Von einer Sekunde auf die andere schaltete er wieder komplett um, wirkte wieder heiter wie eh und je und tätschelte ihr kurz den Schopf. »Lass uns gehen. Du hast doch bestimmt schon einen Bärenhunger!« Als hätte er danach gerufen, meldete sich Usagis Magen mit einem lauten Knurren. Ein herzhaftes, sogar halbwegs ehrliches Lachen verließ seine Kehle, und auch Usagi stimmte ein, wenn auch anfangs noch sehr verlegen. »Da bin ich aber echt froh!«, rief sie erfreut, machte einen Schritt auf ihn zu und hakte sich freundschaftlich bei ihm ein. »Dann mal los!« Sie war so ein einfaches, unkompliziertes Wesen, die sich schon über so kleine Dinge im Leben freute. So niedlich, dass es mir, trotz vermischter Bitterkeit in allem, was mit ihr zu tun hatte, ein Schmunzeln entlockte, wie jede Erinnerung an sie. Schließlich war ihre Naivität eine der vielen Dinge, die ich so sehr an ihr liebte und schätzte. Aber warum beklagte ich mich überhaupt? Ich war ihr bester Freund - besser als gar nichts. Doch ich war schon immer jemand gewesen, der nach mehr strebte. Ich war schon immer der Ehrgeizigste und Kämpferischste von allen gewesen. Es sah mir überhaupt nicht ähnlich, kampflos aufzugeben. Ich hatte es nur aus einem Grund getan: Weil sie glücklich war. Ihr Glück war für mich die oberste Priorität. Nur deswegen hatte ich ihm das Feld überlassen. Nur deshalb hatte ich zurückgesteckt. Um sie glücklich zu machen, war ich bereit, meinen von Natur aus ziemlich ausgeprägten Kampfeswillen abzuschalten und das größte Opfer zu bringen, was es für mich gab: Auf sie, mein eigenes Glück, verzichten. Am liebsten würde ich gar nicht erst hingehen, weil ich jetzt schon wusste, dass ich ihre Nähe nicht ertragen würde. Es würde komisch sein … Ihre Gegenwart würde mich sowohl hingebungsvoll liebkosen als auch auf gnadenloseste Weise foltern und auspeitschen. Aber das konnte ich auch nicht bringen. Irgendeinen Weg musste ich finden … Ich musste kommen. Und eigentlich … wollte ich auch kommen. Auch, wenn es ziemlich selbstzerstörerisch und hirnrissig war, denn eines wusste ich mit absoluter Sicherheit: Ihr Ja-Wort würde mein seelisches Ende bedeuten. Es würde mir meinen persönlichen Gnadenstoß verpassen. Ich war wirklich wahnsinnig geworden –eine andere logische Erklärung gab es für mein erbärmliches Verhalten nicht. Zitternd faltete ich ängstlich das zusammengefaltete Pergament wieder auf. Las quälend langsam Zeile für Zeile durch. Jedes Wort war wie ein weiterer Messerstich, welches mein Herz stärker bluten ließ. Jeder Buchstabe dieser Einladung zur Hochzeit. Der Hochzeit von Prinz Endymion und Prinzessin Serenity … Kapitel 2: Lost Friendship -------------------------- ****************************************Rückblick**************************************** Zitternd faltete ich ängstlich das zusammengefaltete Pergament wieder auf. Las quälend langsam Zeile für Zeile durch. Jedes Wort war wie ein weiterer Messerstich, welches mein Herz stärker bluten ließ. Jeder Buchstabe dieser Einladung zur Hochzeit. Der Hochzeit von Prinz Endymion und Prinzessin Serenity … ****************************************Rückblick**************************************** KAPITEL 2: LOST FRIENDSHIP »Das kann ich nicht glauben …« Aufgeregt hibbelte ich von einem Bein auf das andere. Ich war so nervös und angespannt, dass ich gar nicht mehr stillstehen konnte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so aufgeregt war. War ich das überhaupt jemals gewesen? Es hatte ja noch nie einen so besonderen Anlass gegeben. So ein Ereignis, welches mich vor Vorfreude beinahe platzen ließ. Nach fünf Jahren würde ich ihn endlich wiedersehen. Meinen allerbesten Freund. Seiya Kou. Wie sehr er mir doch gefehlt hatte. Als würde ein Teil von mir abgehen. Es war nicht in Worte zu beschreiben. Ob er sich sehr verändert hatte? Bestimmt sah er sogar noch besser aus als wie ich ihn noch in Erinnerung hatte. Zugegebenermaßen war er wirklich schon immer sehr attraktiv und anziehend gewesen. So richtig aufgefallen war es mir aber erst, als er schon längst fort gewesen war. Trotz der langen Zeit konnte ich mich an jede Einzelheit seiner perfekten Erscheinung erinnern, was nicht zuletzt daran lag, weil ein Foto von ihm über meinem Schreibtisch hing. In einem großen, herzförmigen Fotorahmen hatte ich all meine besten Freunde verewigt. Dazu gehörte er selbstverständlich auch. Von meinem engsten Freundeskreis war vor allem er nicht mehr wegzudenken. Diesen Platz hatte er mit lebenslanger Garantie. Er war mein engster Vertrauter. Ihm hatte ich unbewusst sogar mehr vertraut als meinen Mädels. Er war der Einzige, dem ich damals offenbart hatte, dass Mamoru sich immer noch nicht bei mir gemeldet hatte. Ich wagte sogar zu behaupten, dass er der Mensch war, dem ich am allermeisten vertraute. Natürlich vertraute ich Mamoru auch, gar keine Frage. Aber das Vertrauen zu dem Geliebten konnte man nicht mit dem Vertrauen zum besten Freund vergleichen. Das war, als würde man Bananen mit Äpfeln vergleichen. Dieses Vertrauen in einer wahren Freundschaft ging irgendwie … noch tiefer. In einer Freundschaft konnte man sich wirklich alles gänzlich ohne Hemmungen erzählen, ohne sich darüber Sorgen zu machen, was der andere von einem halten würde. Komplett anders als in der Liebe … Doch ich wollte mich auch gar nicht länger damit beschäftigen. Das war genauso schwierig zu erklären, wie wenn man mich vor dem Ultimatum stellen würde: »Liebe oder Freundschaft?« Unmöglich, da eine Entscheidung zu treffen. Ich könnte mich niemals nur für eine Sache entscheiden. Schon allein aus diesem Grund könnte ich mich niemals zwischen Mamoru und Seiya entscheiden. Ich wollte stets beide in meinem Leben haben. Mochte sein, dass das gierig, unersättlich und egoistisch war, aber in diesem Fall erlaubte ich es mir. Zumindest etwas sollte mir doch vergönnt sein, wenn ich schon immer wieder mein Leben für den Frieden dieser Welt auf’s Spiel setzte. Niemals konnte ich auf einen von ihnen verzichten. Sie beide waren die zwei wichtigsten Männer in meinem Leben. Obwohl wir Lichtjahre voneinander entfernt waren, hatten es Seiya und ich trotzdem geschafft, am Leben des anderen teilzuhaben. Immer wieder nahmen wir auf telepathischem Wege Kontakt miteinander auf und hatten uns dadurch eine ganz eigene Art der Kommunikation geschaffen. Und ich war wirklich froh darüber, denn wie gesagt: Ich hatte ihn so entsetzlich vermisst. Da kam seine Stimme in meinem Kopf vor einigen Jahren wie gerufen. Zwar hatte mir seine direkte Anwesenheit nach wie vor gefehlt, aber dadurch, dass wir uns öfter unterhalten konnten, wurde die Sehnsucht erträglicher. Dadurch konnte ich mir wenigstens die Illusion schaffen, als ob er hier direkt neben mir wäre. Einzig von der Verlobung hatte ich ihm noch nichts erzählt. Mit der Einladung wollte ich ihn überraschen – ich hoffe auch, dass sie gelungen war. Aber davon konnte ich mich ja gleich selbst überzeugen. Seit der Einladung, die wir vor zwei Wochen abgeschickt hatten, hatte ich nämlich nichts mehr von ihm gehört. Das war sehr ungewöhnlich, weil wir uns doch quasi fast jeden Abend austauschten. Aber er hatte sich seitdem nicht mehr gemeldet. Wahrscheinlich hatte er einfach viel zu tun – unsere Einladung war ja auch sehr kurzfristig und sie mussten, bevor sie einige Tage ihren Planeten verlassen würden, wohl doch die eine oder andere Erledigung vornehmen. Auch ich hatte ziemlich viel um die Ohren durch die ganzen Hochzeitsvorbereitungen und hatte es ebenfalls nicht geschafft, ihm ein Lebenszeichen zu geben. Doch ich konnte trotzdem nicht leugnen, dass ich mir nur keine Sorgen machte, weil Prinzessin Kakyuu uns vor einigen Tagen ihre feste Zusage erteilt hatte und dass alles in Ordnung war bei ihnen. Denn normalerweise erkundigte er sich immer gleich bei mir, wenn ich auch nur drei Tage nichts von mir hören ließ. Schon allein aufgrund dessen, dass ich nun seit vierzehn Tagen nichts mehr von ihm gehört hatte, ließ meine Vorfreude auf unser baldiges Wiedersehen noch weiterwachsen und gedeihen. Das Gerätsel von den anderen, wie sich unsere Freunde aus der weit entfernten Galaxie wohl verändert hatten, kommentierte ich lediglich mit einem heiteren Kichern. Ich war einfach viel zu glücklich und aufgedreht, um einen vernünftigen Satz rausbringen zu können. Vor lauter Glückshormonen - ich glaube, sie hießen unter anderem »Endorphine« – war ich einfach nicht mehr in der Lage dazu. So quirlig, wie ich gerade drauf war – als hätte ich gerade einen Vollrausch. Jedoch nur innerlich – äußerlich hüpfte ich nur herum, redete aber kein Wort. Das blieb von den anderen nicht unbemerkt. »Du bist so still, Usagi. Kannst es wohl kaum noch erwarten, deinen Verehrer wiederzusehen, was? Was wohl dein geliebter Mamoru dazu sagen würde?«, kam die gewohnte Neckerei von Minako. Schnaubend schüttelte ich nur meinen Kopf. Ich war sogar zu glücklich, um empört zu sein. Ich verstand diese Anspielungen nicht. Was war denn bitte so verwerflich daran, dass ich mich einfach freute, meinen besten Freund wiederzusehen? Vor allem: Was hatte denn das Ganze mit Mamoru zu tun? Er war mein Verlobter und Seiya mein bester Freund. Wie ich vorhin schon festgestellt hatte, lagen Welten dazwischen. Ich verstand einfach nicht, warum die beiden ständig in einem Atemzug genannt wurden. Sie waren doch auch vom Typ her grundverschieden, wie Tag und Nacht. Mamoru war der ruhige, besonnene Denker, der alles zu Boden analysierte und immer überlegt und vernünftig vorging. Er war einfach … erwachsen. Ein richtiger und gestandener Mann. Und damit eigentlich auch das komplette Gegenteil von mir. Aber gerade das machte bei uns doch den Reiz aus: Wir ergänzten uns einfach perfekt. Er war das Yang und ich war das Ying. Er war mein Ruhepol. Durch ihn lernte ich völlig neue Seiten an mir kennen, von deren Existenz ich ohne ihn nicht einmal die leiseste Ahnung gehabt hatte. Seiten, die tief verborgen waren unter der tollpatschigen, naiven Usagi. Nur ihm war es gelungen, diese Seiten auszugraben. Die Seiten von der Mondprinzessin Serenity. Und umgekehrt war es bei ihm bestimmt genauso, dass er sich selbst immer wieder neu entdeckte. Zumindest ging ich davon ganz stark aus, denn ich konnte nicht mehr als vage Vermutungen anstellen. Wirklich wissen tat ich es nicht, wenn ich ehrlich war. Wir konnten nämlich nicht so gut miteinander reden. Wir sahen uns eh nicht allzu häufig, weil er inzwischen ein gehobener Arzt im Tokioter Krankenhaus war. Früher hatte ich ihm viel mehr erzählt, von Gott und der Welt. Doch da von ihm immer nur einsilbige Erwiderungen zurückgekommen waren und sich auch bis heute nichts daran geändert hatte, war auch mir mit der Zeit die Lust vergangen, ihm Dinge zu erzählen. Erstens war es mir immer so vorgekommen, als würde ich Selbstgespräche führen und zweitens hatte ich immer stärker das Gefühl bekommen, dass es ihn gar nicht interessierte, was ich den ganzen lieben langen Tag so faselte. Zwar hatte er das natürlich immer abgestritten, aber ich war doch nicht total verblödet. Naiv ja, aber so dumm nun auch wieder nicht! Außerdem war auch ich ein Stück reifer, erwachsener und eben klüger geworden. Er war eben nicht der größte Redner. Dafür könnte er aber stundenlang über Medizin und anderweitige wissenschaftliche Themen diskutieren, wovon ich wiederum keinen blassen Schimmer hatte. Insgeheim störte mich das zwar schon, aber was sollte es. Dagegen etwas zu unternehmen würde sowieso nichts bringen. Außerdem lief es in keiner Beziehung immerzu harmonisch – nicht einmal bei uns. Doch wenn man es mal positiv sah: Unsere Kommunikation bedarf eben keiner Worte. Eigentlich war doch daran nichts schlecht, oder? Aus diesem Grund waren mir die abendlichen Gespräche mit Seiya so wichtig. Bei Seiya dagegen war es schon immer komplett anders gewesen. Mit ihm konnte ich wirklich über alles reden. Alles, wonach mir war. Und wenn ich alles sagte, dann meinte ich auch wirklich alles. Es interessierte ihn auch alles, was ich so erzählte. Das merkte ich daran, wie er auch immer wieder nachfragte, weil er alles immer ganz genau wissen wollte. Ich fühlte mich wohl und richtig verstanden bei ihm. Einfach … befreit. Es war ein wunderbares Gefühl, mit jemandem über alles reden zu können. Und bei uns stimmte die Wellenlänge einfach mehr als nur perfekt. Mit Seiya würde mir der Gesprächsstoff nie ausgehen. Er war ganz anders als Mamoru. Immer auf Zack, witzig, unterhaltsam, temperamentvoll und für jeden Spaß zu haben. Ein Typ, mit dem man Pferde stehlen konnte. Mit ihm konnte man jederzeit lachen. Selbst wenn die Welt untergehen würde. Er wäre als Einziger dazu in der Lage, selbst solch einer aussichtslosen Situation mit seinem Humor die Hoffnungslosigkeit zu nehmen. Jeden konnte er mit seiner positiven Ausstrahlung und seinem fesselnden Charme in den Bann ziehen. Bei ihm hatte man gar keine andere Wahl, als glücklich zu sein. Er versprühte stets eine so wahnsinnig angenehme, warme und heitere Aura und Atmosphäre, dass man sich in seiner unmittelbaren Nähe nur schwerelos fühlen konnte. Etwas Anderes blieb einem gar nicht übrig. Er hatte seinen ganz persönlichen Zauber, mit dem er alles und jeden mühelos verhexen konnte. Es war in der Tat fast wie Magie. Anders konnte ich es mir auch nicht erklären. So ein perfektes Wesen konnte nämlich gar nicht existieren in so einer Welt. Er war herzensgut, liebenswürdig, aber auch sehr direkt und ehrlich. Er sprach immer gleich aus, was er dachte, und nahm dabei kein Blatt vor den Mund. Und doch besaß er das nötige Taktgefühl, war nicht so rücksichtslos wie zum Beispiel Yaten, was das anbelangte. Man war gezwungen, ihn zu mögen. Mit seiner Art ließ er nichts Anderes zu. Und er war dazu fähig, alleine mit seiner Art jegliche negativen Gefühle in ganz weite Ferne zu verdrängen. Ob er es nun bewusst tat oder nicht … Und als wäre das noch nicht genug, sah er auch noch so überirdisch schön aus … Einfach unfassbar: Bei ihm stimmte einfach alles. So ein absoluter Perfektionismus war doch nicht mehr normal. So perfekt, dass es schon wehtat, nur darüber nachzudenken. Zwar war er auch kindischer als Mamoru, aber das war gar nicht schlimm. Ich wünschte mir sogar, dass Mamoru ein wenig verrückter und lockerer werden würde und nicht immer so ernst und sachlich … Moment einmal - ertappte ich mich etwa gerade selber dabei, wie ich die beiden von mir aus miteinander verglich? Und das, obwohl ich mich doch selbst vorhin gefragt und beschwert hatte, warum die beiden immer verglichen wurden von meinen Freundinnen? Nein, nein, nein! Bitte nicht. Nicht schon wieder! Ich schüttelte die wirren Gedanken ab und beamte mich wieder auf den Boden der Realität, was mir gar nicht so einfach fiel. Mamoru war nicht dabei – er hatte heute Notdienst. Doch irgendwie war immer irgendetwas. Er hatte kaum noch eine freie Minute. Mittlerweile hatte ich es schon aufgegeben, das zu hinterfragen. Ich nahm es hin, wollte nicht mehr länger darüber diskutieren oder gar streiten – denn derartige Debatten gab es in der Vergangenheit leider schon viel zu häufig. Ich kannte es ja nicht mehr anders. Inzwischen konnte ich sogar behaupten, dass ich mich schon daran gewohnt hatte. Es wäre eher merkwürdig gewesen, wenn er doch mal Zeit hatte. Einmal in einem Monat vielleicht. Und das war eine verdammt ernüchternde Quote. Wenn er es wirklich gewollt hätte, hätte er sicher auch mehr Freizeit gehabt - so wie jeder normale Mensch auch. Aber er … schien für seine Karriere zu leben. Erst in der Arbeit blühte er sich richtig auf, war lebendig und daher auch sehr engagiert. Er machte gerne Überstunden. Es störte mich schon ein wenig, doch ich hatte mich bisher noch nicht getraut, ihm das zu sagen. Ich sah ja, wie glücklich er war; und dieses Glück wollte ich ihm nicht nehmen. Auch auf Kosten meines eigenen Glücks. Was mich jedoch am meisten stutzig werden ließ, war gerade die Tatsache, dass es mich nur ein wenig störte. So schlimm fand ich es gar nicht, dass er sich nicht so viel Zeit für mich nahm. Die gemeinsamen Stunden, die wir so mal verbrachten, reichten mir vollkommen. Und das war wirklich merkwürdig. Früher wäre es für mich ein halber Weltuntergang gewesen, wenn er mir abgesagt hätte. Ich hätte mir bestimmt tagelang die Augen aus dem Kopf geheult. Doch heute … heute war es anders. Die Zeiten änderten sich eben. Das war der normale Lauf der Dinge. Davon blieben auch wir nicht verschont. Das wurde mir jeden Tag auf’s Neue bewusst. Denn um ehrlich zu sein störte es mich nur, dass ich nicht offen mit ihm darüber reden konnte. Dass wir generell nicht offen miteinander reden konnten. Doch ich schob diese Gedanken beiseite. Damit befasste ich mich eh schon lange und oft genug. Jetzt stand erst einmal etwas Wichtigeres und vor allem viel Positiveres an: Seiya würde jeden Moment wieder kommen – eine Woche vor unserer großen Hochzeit. Der Hochzeit des Jahrtausends. Ich freute mich jetzt schon riesig auf unsere Gespräche, auch wenn sich dafür wohl wegen der Hochzeitsvorbereitungen nicht allzu viele Gelegenheiten ergeben werden. Doch bei ihm würde ich wenigstens abschalten können. Allein schon, ihn wiederzusehen und seine Nähe zu spüren, würde mich mit vollkommenem Glück erfüllen. Gleich … es konnte sich nur noch um Minuten oder gar Sekunden handeln. Denn ich spürte ihn schon. Mein Herz spürte ihn … Und es sollte auch Recht behalten. »Seht, dort sind vier Sterne! Das sind sie!« Rei deutete freudig erregt mit ihrem Zeigefinger zum Himmel empor. Sofort wandte ich mich dem Himmel über unseren Köpfen zu. Das erste Licht, das meine Augen traf, war der lange, dunkelblaue Strahl. Obwohl die anderen Strahlen in Rot, Lila und Grün nicht weniger auffällig waren, lag meine gesamte Aufmerksamkeit augenblicklich auf das wunderschöne, tiefe Blau. Fighter … Meine Augen glitzerten verräterisch. Ich merkte schon, wie sich meine Kehle komisch zuschnürte. Wie jedes Mal, wenn ich kurz davor war, in Tränen auszubrechen. Ich war nach wie vor nahe am Wasser gebaut und eine Heulsuse. Manche Dinge änderten sich eben doch nie. Als die vier Lichter kurz darauf direkt vor uns landeten, das blendende Leuchten langsam abnahm und die Starlights mit ihrer Prinzessin mit Leib und Seele vor uns standen und uns warm anlächelten, war es um mich geschehen. Meine Augen wurden wie ein Magnet sofort von Fighter angezogen. Sie war so wunderschön wie eh und je. Ihre schwarzen Haare glänzten golden im Licht der untergehenden Sonne, der Ausdruck auf ihrem Gesicht unnahbar, und doch in meinen Augen warm. Als Kriegerin hatte sie immer eine kämpferische und stolze Haltung gehabt, doch ich wusste, wie es hinter dieser starken, kühlen Fassade aussah. Diese verborgene Seele war mir nur allzu vertraut. Er hatte mir als Einziger seine schwache, gefühlvolle Seite gezeigt. Seiya … Doch … Irgendetwas stimmte nicht. Irgendetwas war anders als sonst. Etwas, was meiner Freude auf eine unerklärliche Art und Weise einen herben Dämpfer versetzte. Ihre strahlend blauen Augen wanderten umher … sahen durch die ganze Runde, nur nicht mich. Selbst, als sie alle anderen schon angesehen hatte und ihr Blick eigentlich auf mich hätte fallen müssen … Es war, als ob ich unsichtbar war, sie durch mich hindurch sah … Als wäre ich Luft. Als wäre ich gar nicht anwesend. Ich wusste nicht warum, doch ich blendete ganz automatisch alles und jeden außer uns beiden aus. Auch jegliches merkwürdige Gefühl, das drohte, mich zu vereinnahmen. Meine Beine bewegten sich wie von Geisterhand. Rannten ohne zu zögern auf die anmutige Gestalt zu. »Fighter!«, rief ich schluchzend und warf mich in ihre Arme. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mir gefehlt hast!«, nuschelte ich angestrengt, ehe mir die Stimme versagen konnte. Denn das tat sie nun; wurde durch meinen Heulkrampf durcheinandergewirbelt und dadurch nicht unwesentlich in Mitleidenschaft gezogen. So schnell die Wärme und Vertrautheit gekommen war, sobald ich in ihren Armen gelegen war, so flaute sie genauso schnell wieder ab, als Fighter sanft, aber bestimmt ihre Hände auf meine Schultern legte und mich von ihr wegdrückte. Mit ausdruckloser, leerer Miene sah sie mich an. Allein der Blick ließ das Blut in meinen Adern den Gefrierpunkt erreichen. Es waren keinerlei Emotionen in ihren Augen zu erkennen. Es war, als würde ich ins das ewige Nichts dieser Welt blicken. Wo waren die fröhlichen, ausdrucksstarken Augen hin, die ich so sehr geliebt hatte? Nach denen ich mich all die Jahre so sehr verzehrt hatte? Wohin waren sie verschwunden? Doch erst die folgende Handlung gab mir endgültig den Rest. Ging weit über das hinaus, was ich überhaupt imstande war, zu ertragen. Sie ließ mich los, ging einen Schritt zurück und verbeugte sich demütig vor mir. »Seid gegrüßt, Eure Hoheit.« Erschüttert starrte ich Fighter an. Ohne es kontrollieren zu können krümmte ich mich vor Schmerz. Denn dieser eine Satz war für mich wie ein Schlag in die Magengrube. Oder doch viel eher wie ein Speer, der gerade mein Herz gnadenlos durchbohrt hatte? »Sag mir, dass das nicht wahr ist …« Mit einem Schlag wurde mir klar, was das zu bedeuten hatte. Wurde mir bewusst, was geschehen war. Wurden mir die weitreichenden Folgen für unsere Zukunft vor Augen geführt. Was das nun für uns hieß. Allein der Gedanke ließ mich mehrere qualvolle Tode sterben. Niemals hatte ich mir vorstellen können, dass es solche unmenschlichen Schmerzen überhaupt geben konnte. Bis jetzt. Denn es war genau das eingetreten, wovor ich mich unterbewusst am meisten gefürchtet hatte. Ich hatte ihn verloren. Meinen allerbesten Freund. Kapitel 3: Painful Silence -------------------------- ******************************************Rückblick****************************************** Mit einem Schlag wurde mir klar, was das zu bedeuten hatte. Wurde mir bewusst, was geschehen war. Wurden mir die weitreichenden Folgen für unsere Zukunft vor Augen geführt. Was das nun für uns hieß. Allein der Gedanke ließ mich mehrere qualvolle Tode sterben. Niemals hatte ich mir vorstellen können, dass es solche unmenschlichen Schmerzen überhaupt geben konnte. Bis jetzt. Denn es war genau das eingetreten, wovor ich mich unterbewusst am meisten gefürchtet hatte. Ich hatte ihn verloren. Meinen allerbesten Freund. ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 3: PAINFUL SILENCE »Was ist das nur für ein Schmerz?« Warum? Ich konnte nicht sagen, wie oft ich mir diese Frage in den letzten Minuten, Stunden und gar Tagen schon gestellt hatte. Warum vermied er meine Nähe? Warum sprach er kein einziges Wort mit mir, wenn ich ihn nicht direkt ansprach? Warum sah er mir nie direkt in die Augen? Warum behandelte er mich wie Luft? Warum sprach er so förmlich mit mir, wenn wir wirklich mal ins Gespräch kamen? Warum sprach er nur das Nötigste? Warum tat er so, als wären wir fremde Menschen, die nichts miteinander zu tun hatten? Als hätten wir nie all die Dinge gemeinsam durchgemacht, die wir erlebt hatten? Warum … war Seiya nicht mehr Seiya? Denn dieser Mann war definitiv nicht mehr ihr Seiya, den sie kannte und so sehr mochte und sogar liebte – als Freund, versteht sich natürlich. Viel zu oft stellte ich mir solche Fragen … Öfter als mir lieb war. Und jede einzelne Frage drehte sich um Seiya. Wie auch jeder einzelne Gedankenflug von ihm handelte. Viele verschiedene Fragen, aber nur mit einem einzigen Hintergrund: Was war mit unserer Freundschaft passiert? Hatte ich etwas falsch gemacht? Natürlich suchte ich den Fehler bei mir. Er konnte nichts Falsches getan haben. Ich musste zugeben, dass es mir schwer zusetzte, dass er mir gegenüber so distanziert war. Dass er meine Anwesenheit so sehr vermied und einen großen Bogen um mich machte. Es tat richtig weh. Deswegen … konnte auch ich nicht so zu ihm sein wie früher. Ich hatte in seiner Gegenwart Hemmungen, spürte eine unangenehme Nervosität. Eine innere Unruhe, die sich immer weiter ausbreitete und mich zu verschlingen drohte. Aus diesem Grund schaffte ich es auch nicht, ihn direkt zu fragen, was mit ihm los war, wie ich es früher zweifelsohne getan hätte, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Viel zu sehr hatte ich Angst vor seiner Antwort. Vor der Antwort, die dazu fähig war, mir endgültig den Boden unter den Füßen zu reißen. Die Antwort, die mir wirklich mein Herz brechen könnte ohne auch nur eine geringste Heilungschance zu hinterlassen. Denn dann würde von meinem Herzen wirklich nicht mehr als ein Scherbenhaufen übrig bleiben. Und das konnte und durfte ich nicht zulassen. Denn es ging hier nicht nur um mich. Ich war doch die Prinzessin - ich musste mich um das Wohl meines Volkes kümmern. Und dazu würde ich nicht im Stande sein, wenn ich selber nur noch ein wandelndes Wrack wäre. Ich sah durch sein Verhalten, dass er offenbar jegliches Interesse an unserer Freundschaft verloren hatte. Für ihn war ich eine normale Prinzessin wie jede andere auch, der er zwar den Respekt entgegenbringen musste, wie es sich gehörte, aber gerade dadurch waren wir nicht mehr auf Augenhöhe. Er sah sich nicht mehr als einen Freund von mir, sondern nunmehr nur noch als einen normalen Menschen an, der weit unter der Prinzessin stand. Bereits seine demütige Körpersprache war eigentlich schon mehr, als ich ertragen konnte. Da wollte ich nicht wissen, wie es mir gehen würde, wenn er mir wirklich ins Gesicht sagen würde, dass ich unsere Freundschaft endlich unwiderruflich in einem goldenen Sarg einsperren und begraben sollte. Selbst mit meinen engsten Verbündeten darüber zu reden fiel mir schwer. Das glaubte ich zumindest, sah es in meinen Vorstellungen ablaufen wie eine Tragödie, denn versucht geschweige denn getan hatte ich es noch nicht. Bis zu jenem Zeitpunkt … »Was ist denn mit dir los, Usagi? Warum bist du so unglücklich? In ein paar Tagen ist doch schließlich deine Hochzeit! Freust du dich denn gar nicht darauf?« Noch ganz benommen nahm ich Reis besorgte Augen zur Kenntnis. Es überraschte mich, dass sie mich darauf ansprach. Dabei hatte ich mir doch schließlich alle Mühe gegeben, damit es ja keinem auffiel, wie es mir wirklich ging. Wie es tatsächlich in meinem Inneren aussah. Aber Rei hatte es schon immer geschafft, mich am ehesten zu durchschauen. Sie kannte mich einfach in- und auswendig. Ihr konnte ich nichts ausmachen - und ich versuchte es auch gar nicht erst. Der alleine Versuch war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Nach der ersten Überraschung war ich eigentlich sogar froh, dass sie mich darauf angesprochen hatte. Denn augenblicklich packte mich der Drang, mir alles aus der Seele zu reden. Die Tränen, die ich stets vor den anderen versteckt hatte, kamen nun langsam zum Vorschein, fanden den Weg zu meinen Wangen hinab. Es wurden immer mehr, doch ich bemerkte sie kaum. Zu groß war der Schmerz, der sich nun in meiner Brust ausbreitete und dabei war, sein wahres Ausmaß anzunehmen. Bisher hatte ich es immer geschafft, ihn zu zügeln und ihm seine Grenzen zu setzen. Doch in diesem Moment ließ ich alles fallen und hielt mich nicht mehr länger zurück. Kraftlos sackte ich auf zusammen und schürfte mir beide Knie auf. Jede normale, glückliche Frau würde vor allem die letzten Tage vor ihrer Hochzeit penibel darauf achten, sich nicht zu verletzen und auf sich aufpassen, um ja gut auszusehen am schönsten Tag ihres Lebens. Für jede normale Frau wären sichtbare Wunden an ihrer Hochzeit ein wahres Desaster. Doch ich war weder normal noch glücklich in diesem Moment. Ich hatte andere Sorgen. Auf die Hochzeit konnte ich mich gar nicht freuen. Um ehrlich zu sein, verschwendete ich gar keinen einzigen Gedanken daran, außer wenn ich wirklich direkt darauf angesprochen wurde. Aber ansonsten kreisten alle meine Gedankengänge einzig und allein um Seiya und unsere Freundschaft. Und all das sprach ich nun aus. Ich konnte nicht mehr. Ich musste alles rauslassen, während ich spürte, wie Rei mich sofort in ihre Arme schloss und mir tröstend über den Rücken strich. Immer wieder. »Wie kann ich mich denn auf die Hochzeit freuen, wenn ich meinen besten Freund verloren habe? Hast du denn gar nicht bemerkt, wie Seiya die ganze Zeit zu mir ist? Das kann dir doch unmöglich entgangen sein! Ich verstehe einfach nicht, warum er so tut, als wäre zwischen uns nie etwas gewesen. Es tut so weh, so verdammt weh! Warum nur kann es nicht so sein wie früher? Ich vermisse es so sehr, offen mit ihm über alles zu reden oder mit ihm rumalbern zu können. Sei es auch nur, mit ihm zu streiten. Ich vermisse ihn. Ich vermisse ihn so sehr. Meinen besten Freund … Andererseits traue ich mich nicht, ihn darauf anzusprechen. Aus Angst, dann den wahren Grund zu erfahren, warum er mir so sehr aus dem Weg geht.« Schluchzend krallte ich mich hilfesuchend an Rei fest. Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Dieser Schmerz war schon längst jenseits des Erträglichen, nahezu nicht mehr menschlich. Mit tränenüberströmten Gesicht sah ich auf, als Rei sich leicht von der Umarmung löste und mir mitfühlend in die Augen sah. »Ich denke, er tut das für euch. Da er doch früher so tiefe Gefühle für dich hatte, möchte er wahrscheinlich den Abstand zu dir bewahren, um nicht alles komplizierter zu machen. Vielleicht hat er wegen seiner Gefühle immer noch ein schlechtes Gewissen und hat Hemmungen, dir zu nahe zu kommen wegen Mamoru. Auch, wenn es ihm eigentlich nicht ähnlichsieht. Seiner Prinzessin gegenüber ist er doch auch so demütig - ich denke, dass er in Wahrheit wirklich altmodischer ist, als er damals den Eindruck bei uns gemacht hat. Er möchte dich wohl so kurz vor der Hochzeit nicht noch in ein Gefühlschaos stürzen und ist deshalb auf Distanz. Egal was es ist: Er wird seine Gründe haben. Du kennst ihn doch inzwischen besser als wir alle und weißt doch, dass er dir niemals wehtun wollen würde. Erst recht nicht mit Absicht.« Traurig sah ich zu meinen Füßen hinab. Auch wenn Reis Erklärung plausibel klang: Ich wollte es nicht verstehen, wahrhaben oder begreifen. Denn ab dem Zeitpunkt, wo ich das tat, würde das heißen, dass ich dabei war, diese tragischen Umstände zu akzeptieren. Und das konnte und wollte ich nicht. Niemals würde ich akzeptieren, dass unsere Freundschaft vorbei und ein für alle Mal Geschichte war. Nie im Leben und nur über meine Leiche! Ich spürte, wie es mir bei diesem Gedanken unerwarteterweise besser ging. Ich schöpfte neue Kraft, neuen Kampfgeist. Wenn Seiya die Freundschaft einfach so beenden wollte, dann hatte er seine Rechnung ohne mich gemacht! Ich würde nicht einfach so aufgeben. So lange ich Usagi Tsukino oder Serenity oder sonst wie hieß! Kapitel 4: Iffiness ------------------- ******************************************Rückblick****************************************** Traurig sah ich zu meinen Füßen hinab. Auch wenn Reis Erklärung plausibel klang: Ich wollte es nicht verstehen, wahrhaben oder begreifen. Denn ab dem Zeitpunkt, wo ich das tat, würde das heißen, dass ich dabei war, diese tragischen Umstände zu akzeptieren. Und das konnte und wollte ich nicht. Niemals würde ich akzeptieren, dass unsere Freundschaft vorbei und ein für alle Mal Geschichte war. Nie im Leben und nur über meine Leiche! Ich spürte, wie es mir bei diesem Gedanken unerwarteterweise besser ging. Ich schöpfte neue Kraft, neuen Kampfgeist. Wenn Seiya die Freundschaft einfach so beenden wollte, dann hatte er seine Rechnung ohne mich gemacht! Ich würde nicht einfach so aufgeben. So lange ich Usagi Tsukino oder Serenity oder sonst wie hieß! ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 4: IFFINESS »Was kann ich nur tun, um es uns leichter zu machen?« Die Tage, die mir wie Stunden oder gar Minuten vorkamen, vergingen. Der Tag, an dem Usagis Hochzeit stattfinden würde, rückte immer näher. Viel zu schnell in meinen Augen. Für mich konnte die Zeit eigentlich gar nicht langsam genug vergehen. Denn mit jeder Minute, mit jeder Sekunde rückte sie in noch weitere Ferne für mich … Es kam mir so vor, als wäre mein ganzes Leben nur noch ein Countdown. Ein Countdown, der mit ihrem Ja-Wort enden würde. Ein Leben auf Zeit. Ein Leben, das nur noch darin bestand, auf den erlösenden Tod zu warten. Vergleichbar mit der jämmerlichen Existenz eines zum Tode Verurteilten. Eigentlich ein Zustand, den man nicht mehr wirklich als »Leben« bezeichnen konnte. Usagi bemerkte meine Distanz, die ich ihr gegenüber aufgebaut hatte. Wenn es um Gefühle ging, spürte sie immer sofort, wenn etwas nicht in Ordnung war. Bei mir war es aber auch schon viel zu offensichtlich. Doch weder sprach sie mich darauf an, noch hielt sie mir mein Verhalten vor. Ihre Augen verrieten mir jedoch alles, was ich wissen musste. Wohl gemerkt: Musste, nicht wollte. Allein ihr tief verletzter Blick sprach Bände, mit dem es ihr gelang, mir mein Herz unwiderruflich zu brechen. Doch sie unternahm nichts dagegen, sondern schien die unglücklichen Umstände stumm zu akzeptieren. Und genau das war auch gut so. Das erleichterte mir einiges. Mit ihr so auf Abstand zu gehen war für mich nämlich eine Art Selbstschutzmechanismus. Der einzige Weg, um meinen Überlebenswillen noch auszuleben, der tief in mir drin doch noch im letzten Winkel verankert war. Und bei mir war dieser Trieb schon immer besonders ausgeprägt gewesen durch meinen starken Willen und meinen Kampfgeist. Hätte ich den nicht bereits von früher gehabt, wäre ich definitiv schon längst zugrunde gegangen. Denn selbst ich hatte diesen lebensnotwendigen Willen für kurze Zeit verloren in dem Moment, als ich die vernichtende Einladung erhalten hatte. Ich hatte mir diesen gottgegebenen Instinkt mühsam neu aneignen müssen. Doch inzwischen fragte ich mich wirklich, wofür diese Mühe eigentlich gewesen war. Spätestens wenn sie sich das Eheversprechen gegenseitig geben würden, würde ich sowieso innerlich in tausend Stücke zerbersten. Und ich war mir sicher, dass nichts und niemand mich danach jemals wieder zusammenflicken konnte. Gerade wegen meines starken Willens wollte ich mich auf den schlimmsten Moment meines Lebens vorbereiten und gewappnet sein. So gut es mir eben nur möglich war. Die einzige Lösung, die mir einfiel: Ich durfte sie nicht mehr an mich heranlassen. Nicht einmal auf rein freundschaftliche Basis. Jeder kleinste Berührungspunkt war Gift für mein Herz. Es war das Beste für uns. Zwar wusste ich, dass Usagi meine Kühlheit bestimmt tief verletzte, dennoch war dieser Schmerz bestimmt erträglicher für sie als mit dem Wissen zu leben, das Leben ihres besten Freundes für immer zerstört zu haben. Denn das würde sie sich niemals verzeihen können. Ich kannte sie gut genug, um das nicht nur zu ahnen oder zu behaupten, sondern wirklich zu wissen. Bevor sie sich ihr ganzes Leben lang mit Gewissensbissen herumplagte, war es mir lieber, unsere Freundschaft auf diesem Wege zu beenden. Je mehr sie mich hasste, desto einfacher würde es für sie am Ende werden, mich zu vergessen. Hart und ungerecht, aber manchmal hielt das Leben nun einmal solche Gemeinheiten bereit. Da hatte man nicht mehr die einfache Wahl zwischen »Richtig« oder »Falsch«, sondern nur noch zwischen »Falsch« und »Falscher«. Eine richtig ideale Lösung sah das Leben in derartigen Fällen offenbar leider nicht mehr vor. Natürlich gab es vereinzelte Personen, denen es überhaupt nicht in den Kram passte, wie ich mich ihr gegenüber verhielt. Und von dieser Gruppe gab es einen kleinen Teil, der mich seine Ablehnung auch deutlich spüren ließ. Im Grunde genommen war es nur eine einzige Person, die mich eines Tages zornentbrannt zur Rede stellt. Und wer konnte hierfür wohl nur in Frage kommen? »Was soll dieser Mist? Wärst du so gütig, mir das mal zu verraten?« Gelassen warf ich meinen Kopf zurück und blickte zum Himmel empor, während ich meine Hände weiter in meine Hosentaschen vergraben ließ. Mir war bewusst, dass ich mit dieser apathischen Geste diese besagte Person noch mehr zur Weißglut trieb, doch das ging mir ehrlich gesagt so ziemlich am Arsch vorbei. Gerade bei ihr hatte es mich noch nie interessiert. Ich schaffte es ja immer, sie zu reizen. Ganz gleich ob vorsätzlich oder unbeabsichtigt. »Ich wüsste nicht, was dich das angeht. War’s das? Hast du mich jetzt nur deswegen herbestellt und mich vom Schlafen abgehalten, Haruka?« Diese schnaubte bloß verächtlich. »Warum bist du denn dann überhaupt hergekommen? Nur, um sie zu verletzen? Na dann herzlichen Glückwunsch: Das hast du super hingekriegt.« Der triefende Sarkasmus in ihrer Stimme peitschte mich unbarmherzig aus meinem dauerhaften Dämmerzustand. In diesem Moment wurde mir erst klar, was ich eigentlich gerade anrichtete: Ich verletzte sie wirklich. Tief. Mit voller Absicht. Als - ich traute mich gar nicht, diesen Gedanken zu Ende zu denken - würde ich es ihr heimzahlen wollen, dass sie glücklich war und ich nicht. Wie ein kleines, selbstsüchtiges Kind verhielt ich mich gerade. Haruka war schon immer ein Mensch gewesen, der kein Blatt vor den Mund nahm und geradeaus sagte, was sie dachte. Dabei waren ihre Worte wie eine schallende Ohrfeige, nein, eher wie ein scharfer Messerstich. Und in den meisten Fällen traf sie dabei ins Schwarze. Wie auch mit der folgenden Aussage, wie ich mir im Nachhinein eingestehen musste, so schwer es mir auch fiel, dieser bitteren Wahrheit ins Auge zu sehen. »Du liebst sie immer noch. Das weiß ich. Das sieht selbst ein Blinder mit einem Krückstock. Aber gerade deshalb solltest du dich zusammenreißen und sie nicht noch mehr verletzen. Ich verstehe es ja auch nicht, warum du ihr scheinbar so wichtig bist. Aber komischerweise bist du es. Eins ist aber klar: Ich kann nicht mehr tatenlos zusehenn, wie sie wegen einem dahergelaufenen Typen so deprimiert ist. Sie sieht in dir immer noch ihren besten Freund. Daran wird sich nie etwas ändern. Wenn sie schon mal jemanden ins Herz geschlossen hat … Aber ihr Wesen muss ich dir ja nicht mehr lang und breit erklären.« Nein, das musste sie wirklich nicht. Ich kannte sie gut genug. Und mal ganz abgesehen davon: Es war ja nicht so, dass ich mich die letzten Wochen nicht schon ununterbrochen mit diesen Gedanken beschäftigt hätte … Stöhnend verdrehte ich meine Augen. »Genau das ist mein Problem. Ich kann das einfach nicht. Selbst die Tatsache, dass wir jetzt nur ein paar Tage hier sind: Ich kann auch in dieser kurzen Zeitspanne nicht ihr Freund sein. Ich kann ihre Wärme, ihr Licht nicht zulassen mit dem Wissen, dass ich sie bald wirklich für immer verlieren werde. Ich kann nicht so tun, als ob alles in bester Ordnung wäre. Ich muss einfach diese Distanz zwischen uns bewahren, um mich selbst zu schützen. Ich muss einmal an mich denken. Natürlich freue ich mich für sie und bin froh, dass sie ihr Glück gefunden hat. Aber für ihr Glück braucht sie mich nicht. Ich wäre für sie nur ein Hindernis. Es ist auch das Beste für sie, dass ich mich von ihr fernhalte und sie nicht komplett in ein Gefühlschaos stürze, wenn sie auch noch auf mich Rücksicht nehmen muss, wenn sie früher oder später schnallt, was für Gefühle ich für sie hege, denn darauf wird sie zwangsläufig kommen, wenn ich mich in ihrer Nähe aufhalte. Ich erwarte gar nicht, dass du das verstehst, Haruka. Das kann keiner verstehen, der sich noch nie in so einer beschissenen Situation befunden hat.« »Ob ich es verstehen kann oder nicht tut nichts zur Sache.« Müde lehnte sie sich an einen dicken Baumstamm, der sich direkt neben sie befand und verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Das Einzige, was ich sehe, ist, dass du ihr damit wehtust. Und das kann ich einfach nicht mehr. Ich bin wirklich hart im Nehmen, aber auch ich kann nicht alles ertragen. Neben Michiru ist Usagi die einzige Person … die ich einfach nicht traurig sehen kann.« Es verwunderte mich, dass sich die toughe Haruka mir gegenüber von ihrer gefühlvollen Seite zeigte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hätte nicht einmal gedacht, dass so eine Seite an ihr überhaupt existierte, so herzlos, wie sie sich sonst immer gegeben hatte. Auch war ich mir sicher, dass diese sensible Seite auch noch nicht viele zu Gesicht bekommen hatten. Doch anstatt mich geehrt oder geschmeichelt zu fühlen, eine der wenigen Menschen zu sein, die Bekanntschaft mit dieser emotionalen Haruka gemacht haben zu dürfen, schrillte bei mir im nächsten Augenblick die Alarmanlage meines Herzens. Es war bestimmt kein gutes Zeichen, wenn sie so drauf war. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, bestätigte sie meine vage, dunkle Vorahnung. »Sie ist vorhin … zusammengebrochen. Die starke Fassade, die sie versucht hat, aufrechtzuerhalten, ist nun in ihre Einzelteile gefallen. Sie kann nicht mehr. Sie ist an ihre Grenzen gestoßen. Das ist ganz alleine deine Schuld, Seiya Kou. Diesmal bist du über das Ziel hinausgeschossen.« Diese Worte trafen mich wie ein spitzer Dolch mitten ins Herz. Der Gedanke, meinem Schätzchen wehtun zu müssen, war für mich schon schwer genug gewesen. Doch in diesem Moment, wo mir das so unverhohlen vor Augen geführt wurde und das nicht nur ein bloßer Gedanke war, sondern eine schreckliche Tatsache … Hatte sie wirklich so sehr unter meinem Verhalten zu leiden? Das war eine Frage, die ich mir theoretisch schon immer selbst beantworten konnte, mich aber nie getraut habe, mir diese Frage überhaupt auch nur zu stellen. Weil mich die Antwort psychisch fertiggemacht hätte. Genau wie in diesem Moment. Wie konnte ich nur so unfassbar dumm sein? Zerknirscht biss ich mich auf die Unterlippe und kämpfte gegen das Bild der traurigen, weinenden Usagi an. Mein Herz krampfte sich schmerzvoll zusammen durch den imaginären Dolch. Ich fühlte nur noch den blinden, unendlichen Schmerz meines blutenden Herzens, der dabei war, mich in den Wahnsinn zu treiben. Es waren Schmerzen, die ich noch nie zuvor mit solch einer Intensität gespürt hatte. Die Frage, wie es ihr im Moment ging, brannte mir wie heiße Glut auf der Zunge. Doch ich wusste auch, dass diese Frage überflüssig war. Ich konnte mir ja denken, dass es ihr auch jetzt nicht sonderlich besser gehen dürfte. Anschließend stellte Haruka mich vor einem niederschmetternden Ultimatum. Ein Ultimatum, dem ich mich früher oder später sowieso hätte stellen müssen. »Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du behandelst sie wie früher – wie eine ganz normale Freundin; oder du verschwindest sofort aus unserem Leben und lässt dich nie wieder blicken, denn auf diese Art und Weise kann ich deine Anwesenheit auf der Erde nicht mehr länger dulden.« Mit einem unverwandten Blick sah ich ihr in die Augen. Dem einzigen Menschen, der mir schonungslos und direkt die Wahrheit ins Gesicht sagen konnte, ohne dabei auch nur einen Augenblick mit der Wimper zu zucken. Und ich musste zugeben, dass ich ihr dafür wirklich dankbar war, da sie mir dadurch die Augen endlich öffnete, die ich so lange vor der Welt verschlossen gehalten hatte. Das hatte ich wohl echt nötig gehabt. Denn eins war klar: Sie hatte Recht. Ich musste mich entscheiden. Entweder ich riss mich endlich zusammen und war für sie der Freund, den sie brauchte und den sie sich wünschte. Zwar musste ich dafür akzeptieren, dass ich nie mehr für sie sein konnte – was sowieso nie in Frage gekommen war - aber dafür konnte ich mich zumindest gelegentlich noch in ihrer Nähe aufhalten und an ihrem Leben teilhaben. Oder aber … ich zog einen endgültigen Schlussstrich, verbannte mich aus ihrem Leben, sodass wir in Zukunft wirklich rein gar nichts mehr miteinander zu tun haben würden. Für sie wäre es zwar ein herber Schlag, aber sie würde irgendwann gewiss darüber hinwegkommen. Wie sagte man doch immer: »Die Zeit heilt alle Wunden.« Nur, weil das für mich nicht galt, hieß es nicht, dass es für den Rest der Welt ebenfalls der Fall war. Ich stellte hier sowieso die absolute Ausnahme aller Ausnahmen dar. Was sollte ich bloß tun? Welche Entscheidung war richtig – sofern es hier überhaupt ein »Richtig« gab, was ich ja vorhin eh schon zu Tode analysiert hatte. Ich müsste eigentlich fragen: Was war »falscher«? Überfordert fuhr ich mir seufzend durch das Haar. Ich hatte wirklich nicht die blasseste Ahnung … Hatte ich sie denn überhaupt jemals wirklich gehabt? Kapitel 5: Deprivation ---------------------- ******************************************Rückblick****************************************** Was sollte ich bloß tun? Welche Entscheidung war richtig – sofern es hier überhaupt ein »Richtig« gab, was ich ja vorhin eh schon zu Tode analysiert hatte. Ich müsste eigentlich fragen: Was war »falscher«? Überfordert fuhr ich mir seufzend durch das Haar. Ich hatte wirklich nicht die blasseste Ahnung … Hatte ich sie denn überhaupt jemals wirklich gehabt? ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 5: DEPRIVATION »Du und ich – das gab es nie und wird es auch nie geben.« Morgen würde es soweit sein. Die Hochzeit würde stattfinden. Allein bei der bloßen Vorstellung wurde mir speiübel – gelinde ausgedrückt. Vom morgigen Tag an würde sie ihm gehören. Endgültig. Ich atmete tief aus und fuhr mir abermals durch das pechschwarze Haar. Diese Unruhe, dieser verborgene Schmerz in mir drohte, komplett die Führung zu übernehmen und die Kontrolle über mich zu ergreifen. Ich war nur noch damit beschäftigt, dagegen anzukämpfen. Einzig und allein für sie … kämpfte ich überhaupt noch. Schweren Schrittes machte ich mich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Sie hatte mich vorhin in einer ungestörten Minute eindringlich darum gebeten, sie am Abend noch besuchen zu kommen. Obwohl ich wusste, dass ich damit vollends in mein eigenes Verderben stürzen würde, ging ich nun tatsächlich zu ihr. Im Grunde genommen hatte ich gewusst, dass es früher oder später zu dieser Konfrontation kommen würde und auch musste. Ich konnte mich nicht ewig davor drücken und musste mich ihr nun stellen. Und ich wollte auch gar nicht mehr weglaufen. Ich wollte es zwischen uns auch nicht auf diesem feigen Wege beenden. Auf diese Weise würde niemand von uns wirklich den inneren Frieden finden. Offene Fragen würden uns unser Lebtag begleiten oder eher verfolgen. Es war meine Aufgabe, das zu verhindern, indem ich ihr jetzt offen und unmissverständlich mitteilte, welche Entscheidung ich über uns gefällt hatte und auch meine Beweggründe so erläuterte, dass ihr gar keine andere Wahl bleiben würde, als einzusehen, dass es für uns keine andere Lösung gab. Das war ich ihr schuldig. Und auch für mich wollte ich mich von ihr verabschieden. Ein letztes Mal mit ihr sprechen, wenn sie sich noch in der Freiheit befand. Obwohl: Hatte man bei ihr überhaupt jemals von »Freiheit« sprechen können? Es war ihr Schicksal, die Mondprinzessin zu werden. Ob denn sie damit glücklich war? Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. Natürlich war sie das. Wieso stellte ich das ausgerechnet jetzt in Frage? Sie konnte für immer mit ihrem Geliebten zusammen sein. Sie hatte sogar die Gewissheit, dass diese Verbindung ewig halten würde. Welche auch nur ansatzweise romantisch veranlagte Frau wäre an ihrer Stelle nicht glücklich? Ich machte Halt, als ich an ihrer Tür angekommen war. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich meinen Arm wie in Zeitlupe hob und leise klopfte. Als ich ein sanftes »Ja?« vernahm, kam es mir so vor, als würde mein Herz aus der Brust springen. Tief holte ich Luft, um meinen deutlich erhöhten Puls runterzufahren, bevor ich meine verschwitzte Hand zum Türgriff führte, sie ergriff und runterdrückte. Als ich gedankenverloren aufsah, stockte mir der Atem bei ihrem Anblick. Wenn ich bisher wirklich gedacht hatte, dass es mich gar nicht mehr schlimmer hätte treffen können, wurde ich in diesem Moment eines Besseren belehrt. Es reichte dem Schicksal offenbar nicht, mein Herz fallen gelassen zu haben. Es musste auch noch erbarmungslos darauf herumtrampeln. Ich wusste doch, dass ich es nicht hätte verschreien sollen – das hatte ich nun davon. Es war nicht mehr nur ein harmloser Schlag ins Gesicht, sondern ein Genickbruch, als ich erkannte, dass sie ihr Hochzeitskleid trug. Wie bei einem echten Genickbruch hörte mein Herz abrupt auf zu schlagen. Gegen meinen Willen begann ich nun ernsthaft, verstört an ihrer Menschlichkeit zu zweifeln. Wollte sie mich etwa mit Absicht quälen? Sich dafür rächen, wie ich sie behandelt hatte? Es mir doppelt und dreifach heimzahlen? Quasi Vergeltung mit Zinsen? Doch selbst wenn dem nicht so war: Konnte sie denn wirklich so naiv sein, um nicht zu wissen, was dieser Anblick in mir auslöste? Was für Höllenqualen er mir bereitete? Doch insgeheim kannte ich die Antwort: Nein, dessen war sie sich natürlich nicht bewusst. Ihrer Aussagen an unserem damaligen Abschied nach zu urteilen hatte sie nicht wirklich begriffen, wie viel ich für sie empfand. Zugegebenermaßen hatte mich das schon verletzt – schließlich hatte ich ihr meine Liebe doch deutlich gestanden und ich war mir sicher, dass sie es damals auch richtig verstanden hatte. Warum sie allerdings kurze Zeit später den Eindruck gemacht hatte, von nichts eine Ahnung zu haben, war mir bis heute ein Rätsel. Doch sie darauf angesprochen hatte ich nie – warum auch? Was hätte es gebracht? Höchstens alles komplizierter gemacht, und darauf hatte ich getrost verzichten können. Wer weiß – vielleicht war es von ihr ja so beabsichtigt gewesen, um es uns einfacher zu machen? Dass ich nun an ihrem emotionalen Einfühlungsvermögen zweifelte, war schlicht und einfach darauf zurückzuführen, dass es bequemer für mich war, als mir selbst einzugestehen, dass am Ende ich allein für diesen unglücklichen Umstand verantwortlich war. In dem Moment, als ich das erkannte, meldete sich gleich lautstark mein schlechtes Gewissen zu Wort, welches nun gierig nach mir leckte und mich wohl gerne auf der Stelle verschlungen hätte. Ich hatte nicht einmal das Recht, wütend auf Usagi zu sein. Was konnte sie denn dafür, dass ich so ein mieser Versager war, der nichts richtig auf die Reihe brachte? Am liebsten hätte ich ihr auf der Stelle ein Schwert in die Hand gedrückt und sie gebeten, mir mein Herz zu durchbohren und damit meinem bedauernswerten Dasein ein Ende zu bereiten. Das Herz zu töten, welches eh schon immer ihr gehört hatte. Schon seit seiner Entstehung war ihr Name darin eingeschnitten. Das wäre weitaus gnädiger gewesen, als sich mir am Abend vor ihrer Vermählung im Hochzeitskleid zu präsentieren, welches sie letztendlich doch nur für ihn tragen würde. Außerdem wäre es für mich sogar ein ganz erträglicher Tod, durch ihre Hand zu sterben. Zumindest konnte ich mir durchaus unschönere Wege vorstellen, ins Gras zu beißen. Doch in meiner Position überhaupt solche Anforderungen zu stellen – auch wenn sich alles nur in meiner tiefsten Gedankenwelt abspielte – war doch echt mehr als nur armselig. So sehr, dass ich sogar begann, mich vor mir selbst zu ekeln. Generell hatte ich das Gefühl, kurz davor zu sein, wahnsinnig zu werden. Die ganze Situation war so unwirklich, so unreal. Eine Realität, die schlimmer war als jeder Albtraum. Es fühlte sich in diesem Moment so an, als würde ich tausende Tode sterben. Wie würde es dann erst morgen aussehen, wenn sie sich wirklich einander versprechen würden? Ich konnte das nicht. Das würde ich nicht überleben. So viel stand fest. Ein Rotschimmer bildete sich auf den Wangen Usagis. Ich betrachtete sie eingehender und ignorierte den teuflischen Schmerz, der sich weiter rasant in meiner Brust ausbreitete. Er schien sich dort mehr als nur wohlzufühlen, dieser elende Sadist. Innerlich schnaubend schob ich diesen Gedanken beiseite. Ihre langen Haare reichten ihr fast bis zum Boden. Das war das erste Mal, dass ich sie mit offenen Haaren sah. Wie wunderschön sie doch war … Umso schmerzhafter war es, mir in Erinnerung zu rufen, dass sie niemals mir gehören würde. Niemals … »I- Ich wollte dich fragen, wie dir das Kleid gefällt. Wie sehe ich aus, Seiya?« War das jetzt ein schlechter Scherz? Diese ganze Szene kam mir so abstrus, so lächerlich vor, dass ich kurz davor war, in einen bitteren Lachkrampf zu verfallen. Und doch … wollte ich ihr Rede und Antwort stehen. Das war schließlich eine der letzten Gelegenheiten dazu. Ich wollte ihr nicht weiter wehtun. Mit gequältem Gesichtsausdruck wich ich ihrem festen Blick aus. »Das Kleid steht dir ausgezeichnet.« Es fiel mir nicht schwer, diese Worte zu wählen. Sie gingen mir spielend leicht über die Lippen. Schließlich entsprachen sie ja auch der Wahrheit. Damit machte ich keinem etwas vor. »Wenigstens duzt du mich jetzt wieder.« Erst als sie mir das sagte, wurde mir das so richtig bewusst. Ich hatte tatsächlich instinktiv die Förmlichkeiten abgelegt. Ich musste aber auch zugeben, dass ich mich dabei sehr unwohl gefühlt hatte. Es hatte sich sowieso einfach … falsch angefühlt, so gehoben mit ihr zu reden und mich so unterwürfig zu verhalten. Es fühlte sich aber nicht nur so falsch an: Es war falsch. So konnte ich vielleicht bei Prinzessin Kakyuu sein, aber definitiv nicht bei ihr. Vor allem was die alberne Höflichkeitsform betraf – mit der Aktion hatte ich echt mal wieder den Vogel abgeschossen. »Trotzdem … wird es nie wieder so sein wie früher«, versuchte ich ihr so ruhig wie möglich klar zu machen. Doch in meinem Inneren bebte es, was sich auch leicht auf meinen zittrigen Lippen widerspiegelte. Ich hoffte so sehr, dass sie das nicht bemerkte … Alles in mir kämpfte rebellierend gegen mein Vorhaben an, das ich gerade in die Tat umzusetzen versuchte. Nein, ich musste stark bleiben. Stark für mich. Und vor allem … stark für sie. Denn ich hatte meine Entscheidung bereits gefällt. Ich konnte so nicht weitermachen. Ich musste einen endgültigen Schlussstrich ziehen. Wie es mir Haruka geraten oder vielmehr gefordert hatte. Auch, wenn mir dieser Schritt selbst alles brach, was noch von mir übrig war und ich mir nicht sicher war, ob ich ihn überleben würde. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass es nicht der Fall werden würde. Doch das war mir herzlich egal: Mein ganzes Leben hatte sowieso schon lange seinen Sinn verloren. Ich sprang über meinen Schatten und sah ihr direkt in die Augen. In jene tiefblauen Augen, die ich so sehr liebte und begehrte. Sie sah mir ebenfalls fest in die Augen, und ich glaubte, eine tiefe Entschlossenheit darin zu erkennen, wie ich sie selten erlebt hatte. Ein warmes Lächeln legte sich um ihre femininen Gesichtszüge. »Könntest du der Braut bitte einen Wunsch erfüllen? Ich … möchte meinen besten Freund wieder zurück.« Ihre Bitte war nicht mehr als ein Hauchen, dennoch verstand ich jedes einzelne Wort. Mehr noch: Jede einzelne Silbe brannte sich auf schmerzhafteste Weise in mein Herz ein. Doch es gab etwas, das dazu fähig war, diesen Schmerz zu übertönen: meine Antwort. »Das ist unmöglich.« Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, als ich diesen Satz mit solch einer eisigen Emotionslosigkeit ausgesprochen hatte, die selbst meine eigenen Nackenhaare sich aufstellen ließen. Doch ich sah trotzdem vor meinem geistigen Auge, wie zutiefst verletzt sie mich gerade anschauen musste. Ich konnte ihren Schmerz regelrecht spüren. Es war das Letzte, was ich wollte: ihr wehzutun. Und genau das schaffte ich aber immer wieder mit Bravour, egal was ich auch tat. Da schien wohl tatsächlich ein geheimes Talent in mir zu schlummern. Das verfluchte und unerwünschte Talent, es immer wieder zu schaffen, meinem Schätzchen Schmerzen zuzufügen. Allein das war eigentlich der allerbeste Beweis dafür, dass ich nicht der Richtige für sie war und sie nie und nimmer verdiente. Ich hatte ja noch nicht einmal die Fähigkeit, sie glücklich zu machen. Eigentlich sollte das für mich sogar ein Trost sein: nämlich, dass ich ihr sowieso nie gerecht werden könnte. Sollte es. War es aber nicht. Nicht einmal ein schwacher Trost. Denn hiermit wurde mir meine jämmerliche und bemitleidenswerte Person demonstriert. Jemand mit meinem Ego und Stolz nur schwer zu verkraften. Wobei es mich wunderte, dass ich überhaupt noch so etwas wie ein Ego besaß. Dass davon überhaupt noch etwas übrig war. Aber nun wieder zurück zum eigentlichen Problem: Ich wollte sie nicht verletzen, aber andererseits … wollte ich ihr auch nichts vormachen. Keine falschen Hoffnungen in ihr erwecken und mich dann verziehen. Das wäre verdammt unfair ihr gegenüber. Und zumindest bei unserem letzten Gespräch wollte ich ehrlich zu ihr sein. Sonst würde ich mir das nie verzeihen können. Wenigstens das wollte ich noch zwischen uns bis zum Schluss bewahren: die Ehrlichkeit. Als ich doch noch zu ihr aufblickte und in ihre vor Schock weit aufgerissenen Augen sah, spürte ich, wie die Kälte von meinem Herzen Besitz ergriff. Wie eine eisige Hand packte sie mein wichtigstes Organ und wollte es bestialisch erdrücken. Die Kälte breitete sich allmählich in meinem gesamten Körper aus. So musste sich wohl ein langsamer, grausamer Tod anfühlen. »Ach, scheiß drauf, du hast doch eh nichts mehr zu verlieren!«, redete ich mir in Gedanken gut zu, bevor ich versuchte, mich zu einem Lächeln durchzuringen. Mit glühenden Augen ging ich auf sie zu, legte zögernd meine Arme um sie und drückte sie entschlossen an mich. Erst jetzt löste sie sich aus ihrer reglosen Starre, als sie kurz zusammenzuckte. Ich genoss es, sie so nahe bei mir zu haben. Wie im Rausch sog ich tief ihren wunderbaren Duft nach Rosen ein, nahm alles in mich auf, was ich kriegen konnte. Wie ein Ertrinkender nach Sauerstoff. Schließlich … würde es das letzte Mal sein, wo ich sie so in meinen Armen halten konnte und durfte. Da musste ich noch alles auskosten, so egoistisch, wie ich war. »Dieses Lied, was ich nur für dich geschrieben habe, soll dir alles übermitteln, was ich nie geschafft habe, dir zu sagen«, kündigte ich ihr leise ins Ohr flüsternd an, bevor ich meine Augen schloss, zu singen begann und ihr mit diesem Text Einblick in mein Innerstes gewährte … »Manche sagen: Es ist nicht vorbei, bis sie sagen es ist vorbei. Aber ich denke, es ist jetzt wirklich vorbei. Da ist etwas, was ich dir sagen muss, bevor ich dich gehen lasse. Hör zu: Wenn du dich mit ihm streitest, weinst du manchmal. Du bist traurig und deprimiert, ich bin hoffnungsvoll. Mein Herz schmerzt insgeheim, doch ein bisschen von deinem Lächeln und es geht mir wieder gut. Dich daran zu hindern, herauszufinden wie ich für dich fühle, denn sonst würden wir uns auseinanderleben. Halte meine Luft an, beiß mir auf die Lippen. Oh, bitte verlass ihn und komm zu mir. Baby … Bitte halte nicht seine Hand … Denn du solltest meine Frau sein … Ich habe so lange auf dich gewartet … Nun gucke mich an. Wenn die Musik startet … wirst du schwören. Jede Nacht betete ich, dass dieser Tag niemals kommen wird. Das Hochzeitskleid, das du trägst … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Ich bin nicht der, der neben dir steht … Hochzeitskleid … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Du hast nicht gewusst, was ich für dich fühle und ich hasste dich so. Manchmal wünschte ich mir, du wärest unglücklich. Jetzt habe ich keine Tränen mehr zum Weinen. Wenn ich alleine bin, rede ich mit dir, als wenn du hier wärest. Ich fühle mich so ruhelos jede Nacht. Vielleicht habe ich geahnt, dass das passieren wird. Ich schließe meine Augen und träume einen nie endenden Traum. Bitte verlass ihn … und komm zu mir. Baby … Bitte halte nicht seine Hand … Denn du solltest meine Frau werden … Ich habe so lange auf dich gewartet … Nun gucke mich an. Wenn die Musik beginnt … wirst du schwören. Den Rest deines Lebens mit ihm zu verbringen. Jede Nacht betete ich, dass dieser Tag niemals kommen wird. Das Hochzeitskleid, das du trägst … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Ich bin nicht der, der neben dir steht … Hochzeitskleid … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Bitte sei glücklich mit ihm, damit ich dich vergessen kann. Bitte verbanne mich aus deinem Herzen. Es wird unerträglich hart für mich sein … für eine lange Zeit. Lange Zeit lebte ich wie ein Idiot, in einer Illusion. Sie lächelt mich immer noch breit an … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Das Hochzeitskleid, das du trägst … Hochzeitskleid … Ich bin nicht der … Ich bin nicht derjenige … Nachdem ich den letzten Ton gesungen hatte, wurde es totenstill zwischen uns. Nur vereinzelte Schluchzer verließen ihre Kehle, während ihre Schultern immer wieder bebten, als sie von ihrem Weinkrampf durchgeschüttelt wurde. Jetzt hatte ich sie auch noch zum Weinen gebracht. Als ob es nicht vollkommen ausgereicht hätte, was ich ihr bisher schon für seelische Qualen zugefügt hatte. Was war ich nur für ein Held. Ein Held, der nur dazu im Stande war, die einzige Frau zu verletzen, die er mehr als alles Andere auf diesem Universum liebte und verehrte. Einfach nur noch schwach. Ein anderes Wort fiel mir nicht mehr ein zu mir. Ich war wirklich unfähig. »S- Seiya …« »Morgen wirst du eine verheiratete Frau sein. Es tut mir leid, dass ich so dumm gewesen bin und mir bis zum Schluss Chancen bei dir ausgerechnet habe.« Nun hatte ich das ausgesprochen, was ich selbst bis zu diesem Zeitpunkt nicht einsehen wollte. Ja, ich habe mir tatsächlich noch Hoffnungen gemacht, obwohl sämtliche Zeichen gegen mich gesprochen hatten. Mein Kopf hatte sich schon längst damit abgefunden, doch mein Herz war noch lange nicht so weit gewesen. Warum sonst war die Einladung für mich so ein Schock gewesen? Ich hielt es keine weitere Sekunde mehr aus in ihrer Nähe. Langsam ließ ich sie los, ohne ihr eines weiteren Blickes zu würdigen. Ich durfte sie nicht ansehen. Denn täte ich das, wusste ich, dass ich all meine Prinzipien über Bord werfen und sie anflehen würde, sich für mich zu entscheiden. Und das stand mir nicht zu. Das Schicksal war mit all seiner Hartnäckigkeit gegen uns. Warum einen völlig sinnlosen Krieg in die Wege leiten, wenn nicht mal ein Funken Hoffnung besteht, als Sieger aus dieser Schlacht hervorzugehen? Unfassbar, dass ausgerechnet ich kampflos das Handtuch warf. Ich, derjenige mit dem ungebrochenen Kampfwillen. Doch in diesem Fall musste auch ich einsehen, dass es einfach keinen Sinn mehr machte. Schweigend drehte ich mich wieder zur Tür und machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen. »Warte!« Ich blieb in der Bewegung verharren und schloss meine Augen. Es war soweit. Ich durfte nicht mehr weglaufen. Nun musste ich wirklich für klare Verhältnisse schaffen. Ein für alle Mal. Kein einziges Hintertürchen durfte noch offen bleiben zwischen uns. »Ich werde morgen bei deiner Hochzeit dabei sein. Ich werde für euch ein Stück spielen, wie du es dir ursprünglich gewünscht hast in der Einladung. Aber mehr … kann ich dir nicht erfüllen. Das schaffe ich einfach nicht, verstehe das bitte. Nach der Hochzeit werde ich unauffällig verschwinden. Wir werden uns danach nie mehr wiedersehen. Bitte werde glücklich und vergiss mich. Damit würdest du mir echt den allergrößten Gefallen tun.« Bevor sie überhaupt etwas dagegen einwenden konnte, war ich schon verschwunden und hatte sie hinter mich gelassen. Ohne dass ich es kontrollieren konnte, begann ich zu rennen. Mit tränenverschleiertem Blick steuerte ich auf meinen Untergang zu … Es war vorbei. Für immer. Kapitel 6: Escape ----------------- ******************************************Rückblick****************************************** »Ich werde morgen bei deiner Hochzeit dabei sein. Ich werde für euch ein Stück spielen, wie du es dir ursprünglich gewünscht hast in der Einladung. Aber mehr … kann ich dir nicht erfüllen. Das schaffe ich einfach nicht, verstehe das bitte. Nach der Hochzeit werde ich unauffällig verschwinden. Wir werden uns danach nie mehr wiedersehen. Bitte werde glücklich und vergiss mich. Damit würdest du mir echt den allergrößten Gefallen tun.« Bevor sie überhaupt etwas dagegen einwenden konnte, war ich schon verschwunden und hatte sie hinter mich gelassen. Ohne dass ich es kontrollieren konnte, begann ich zu rennen. Mit tränenverschleiertem Blick steuerte ich auf meinen Untergang zu … Es war vorbei. Für immer. ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 6: ESCAPE »Habe ich dich nun für immer verloren?« Noch nie in meinem Leben war ich so unglücklich gewesen. Nicht nur, dass es sich schrecklich anfühlte: Es war … falsch. Schließlich fand doch heute meine Hochzeit statt - Unglück war hier eindeutig fehl am Platz. Und doch lag mir der gestrige Abend noch tonnenschwer in den Knochen. Seine Umarmung … in der ich mich so wohl und gleichzeitig so schuldig gefühlt habe, gerade weil ich dort Geborgenheit verspürt hatte in einer Intensität, wie ich es noch nie erlebt hatte. Es war wie ein Rausch gewesen, in dem ich gefangen war, als ich seine Wärme und seinen Geruch wahrgenommen und in mich eingesogen hatte. Doch den absoluten Höhepunkt bildete natürlich sein Lied. Sein Lied, welches die tiefste Faser meines Herzens berührt hatte … Das Lied, welches mich ununterbrochen begleitete seit dem Moment, an dem ich es zum ersten und bisher auch einzigen Mal gehört hatte. Das Lied, das mich unbarmherzig in seiner Gewalt hielt und mich nicht freiließ. Seine Botschaft dahinter war eindeutig. Selbst für mich. Langsam öffnete ich meine Augen. Es war nun allerhöchste Zeit, mich meinem Schicksal zu stellen. Ich sah geradeaus, direkt zu Mamoru, meinem zukünftigen Ehemann, der neben dem Altar stand und mich bereits sehnsüchtig erwartete. Warum konnte ich diese Sehnsucht nicht mit ihm teilen? Dieses Glück, welches in seinen Augen aufblitzte? Warum spürte ich nichts davon oder ließ mich davon anstecken? Das wäre bei diesem Anlass das einzig Richtige gewesen. Stattdessen ließ ich meinen Blick umherwandern. Er blieb auf dem Flügel stehen, zu der Person, die dort saß: Seiya. Er sah wie immer wunderschön aus, trug einen schwarzen Anzug mit einer roten Krawatte, die ihm hervorragend stand. Er sah mich nicht an, starrte zu den Klaviertasten, sodass ich seine Mimik nicht erkennen konnte. Doch ich musste sie nicht sehen, um zu wissen, wie todtraurig er über diesen Moment war. Mindestens genauso wie ich. Was hatte ich da gerade gedacht?! Verdammt – ich würde jeden Moment den Mann meiner Träume heiraten! Schon so viele Jahre hatte ich diesen Moment herbeigesehnt. Und jetzt, wo ich endlich am Ziel meiner Wünsche ankam, hatte ich nichts Besseres zu tun, als mir über einen anderen Mann den Kopf zu zerbrechen?! Was war bloß in mich gefahren? Ich bemerkte meinen Vater neben mir erst, als er sich unauffällig räusperte - so gefesselt war ich von Seiyas Anblick. Erschrocken sah ich zur Seite, direkt in die Augen meines Vaters, der mir mit gemischten Gefühlen seinen Arm hinhielt. Auch für ihn war das natürlich ein ergreifender Moment. Welchen liebenden Vater würde es da anders gehen? Dankend hakte ich mich bei ihm ein, und erst durch seine Hilfe schafften meine Beine es endlich, sich in Bewegung zu setzen. Ganz langsam, ein Bein nach dem anderen erweckte ich aus seinem schlummernden Schlaf. Ich war so unendlich froh und erleichtert darüber, dass wenigstens er da war und mir beistand; dass er einfach nur anwesend war und ich den beiden Männern nicht ganz alleine entgegentreten musste. Auch wenn er natürlich nicht die geringste Ahnung hatte, was in mir vorging und die große Unsicherheit von meiner Seite sicher auf meine Nervosität schob. Hatte ich überhaupt selbst eine Ahnung darüber? Der Weg war auch so schon beschwerlich genug, ohne dass meine Beine dabei waren, ihren Dienst zu verweigern – ich hatte das Gefühl, durch Treibsand zu gehen. Niemals hätte ich gedacht, dass es so schwer werden würde: Der Gang zum Altar. Er war wahrlich der schwerste Gang meines Lebens. Nie hätte ich das für möglich gehalten. Seit dem zarten Alter von vierzehn Jahren hatte ich davon geträumt, Mamoru Chiba zu heiraten. Ich konnte mir nichts Schöneres und Erfüllenderes vorstellen und hatte dieses Ereignis kaum abwarten können. So ungeduldig war ich. Heute war ich einundzwanzig und am märchenhaften Ende meines größten Traumes angelangt. Doch warum schrie dann mein Herz nur so sehr vor Schmerzen? Die ersten Töne der bittersüßen Melodie hallten in der Kirche wider, die Seiya zu spielen begann. Wer hätte gedacht, dass es noch schlimmer werden könnte? Es war wie ein Stich ins Herz, das mich zusammenfahren ließ, als ich sie vernahm. Schockiert starrte ich nach vorne; meine Augen wurden leer und ausdruckslos. Alles um mich herum verschwamm. Als würde ich bloß eine leblose Hülle zurücklassen und mein Geist von mir weichen. Als würde das alles … gar nicht mir passieren. Als wäre ich nur eine teilnahmslose Zuschauerin, die diese tragische Szene von der Ferne stumm beobachtete. Es war die Melodie des Liedes, welches Seiya mir gestern vorgesungen hatte. Bereits gestern hatten mir seine Zeilen entsetzlich wehgetan. Mehr als man es sich vorstellen konnte. Schon da hatte ich seinen Schmerz wahrgenommen; konnte ihn in meinem Herzen spüren. Seine Trauer, sein Schmerz, seine Verzweiflung, seine Hoffnungslosigkeit. Noch nie hatte mich etwas mit solch einer Wucht getroffen wie das hier. Das Leid meines besten Freundes. Was hätte ich alles getan, um es ihm zu nehmen. Um ihn davon zu befreien. Doch dafür müsste ich alles aufgeben, wofür wir alle gekämpft und unser Leben auf’s Spiel gesetzt hatten. Stand mir das zu? Konnte ich das meinen Freunden und Verbündeten antun? Durfte ich diesen hohen Preis zahlen? Konnte ich eine ganze Welt ins Verderben stürzen, nur um eine einzige Person von ihren Qualen zu erlösen? Von all den Qualen, die ich auch hier und jetzt durch jeden einzelnen Klang des herzzerreißenden Klavierstücks spürte? Mit jedem einzelnen Ton, den er gerade spielte. Jeder Klang war vermischt mit der Pein und dem Kummer seines Herzens. Alles, was sich in all den Jahren bei ihm angestaut haben musste, trafen mich nun mit einem gigantischen Schlag und ließen mich in ein völliges Chaos der Gefühle versinken. Denn im Gegensatz zu gestern war ich diesmal nun wirklich kurz davor, die heilige Grenze zu überschreiten. Die Grenze unserer Freundschaft. Würde ich dieses Limit sprengen, wäre es endgültig vorbei. Dann gab es kein Zurück mehr. Dann … würde ich Seiya für immer verlieren. Allein diese Vorstellung ließ mein Herz sich krampfhaft zusammenziehen. Unentwegt pochte es heftig gegen meine Brust, als wollte es sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Aber gegen was überhaupt? Was war das nur für ein höllischer Schmerz? Etwa … sein Schmerz? Konnte es so einen unmenschlichen, verbotenen Schmerz überhaupt geben? Durfte es ihn geben? Denn das war das ultimative Folterinstrument. Die brutalste Mordwaffe, die einen von innen langsam und qualvoll umbrachte. Wie konnte er das nur durchhalten? Wie hatte er diesen Schmerz all die Jahre über durchhalten können? Ich sah zu Seiya, der unbeirrt weiter mit geschlossenen Augen sein Stück spielte und sich scheinbar nicht aus der Ruhe bringen ließ. Er brachte damit all seinen Herzschmerz hinein. Wie ein amoklaufender Wirbelsturm erfasste mich sein Elend und riss mich unbarmherzig mit sich fort. Es klang wie ein Abschied für immer. Es war seine persönliche Art, mir für immer »Lebe wohl« zu sagen. Ich zuckte erneut unweigerlich zusammen, als Seiya seine unsagbar blauen Augen aufmachte und direkt in meine sah. Es war, als würde er damit meine schlimmste Befürchtung bestätigen. Als würde er die vernichtende Antwort auf meine unausgesprochene Frage mit Gewalt in meine Seele einhämmern. Ich hörte seine niederschmetternde Antwort … »Ja, unsere Freundschaft ist nun ein für alle Mal vorbei. Finde dich damit bitte ab, Usagi. Je schneller, desto besser.« Nein … Das durfte nicht sein. Das konnte und wollte ich nicht wahrhaben. Ich konnte ihn nicht verlieren. Ich konnte mir kein Leben ohne ihn vorstellen. Ohne ihn … konnte ich nicht leben … Diese Erkenntnis traf mich abermals wie ein harter Hammerschlag. Blinzelnd vor Schmerz wandte ich mich von ihm ab und sah zu Mamoru, der mittlerweile gemerkt haben musste, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ich konnte das aus seiner irritierten Miene herauslesen. Fragend sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an. Ich öffnete meine Lippen, doch es verließ nicht mehr als ein Hauchen meine Kehle. Doch der entsetzte Ausdruck in seinen Augen verriet mir, dass er mich richtig verstanden hatte. Dass er meine Worte korrekt von den Lippen abgelesen hatte. »Es tut mir leid, Mamoru. Vergib mir bitte …« Überfordert riss ich mich von meinem Vater los, machte kehrt und rannte aus der Kirche. Raus in das Ungewisse. Raus in die Freiheit … Mir gar nicht bewusst, dass ich damit alles unwiederbringlich zerstörte … An die möglichen Folgen verschwendete ich keinen einzigen Gedanken. Ich wollte einfach nur noch weg. Weg von allen … … und ließ dabei eine fassungslose Menschenmenge zurück. Kapitel 7: Determination ------------------------ ******************************************Rückblick****************************************** Blinzelnd vor Schmerz wandte ich mich von ihm ab und sah zu Mamoru, der mittlerweile gemerkt haben musste, dass mit mir etwas nicht stimmte. Ich konnte das aus seiner irritierten Miene herauslesen. Fragend sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an. Ich öffnete meine Lippen, doch es verließ nicht mehr als ein Hauchen meine Kehle. Doch der entsetzte Ausdruck in seinen Augen verriet mir, dass er mich richtig verstanden hatte. Dass er meine Worte korrekt von den Lippen abgelesen hatte. »Es tut mir leid, Mamoru. Vergib mir bitte …« Überfordert riss ich mich von meinem Vater los, machte kehrt und rannte aus der Kirche. Raus in das Ungewisse. Raus in die Freiheit … Mir gar nicht bewusst, dass ich damit alles unwiederbringlich zerstörte … An die möglichen Folgen verschwendete ich keinen einzigen Gedanken. Ich wollte einfach nur noch weg. Weg von allen … … und ließ dabei eine fassungslose Menschenmenge zurück. ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 7: DETERMINATION »Ich habe mich entschieden.« Was hatte ich bloß getan? Ich hatte meinen über alles geliebten Mamoru vor dem Altar sitzen lassen! Mir wurde erst jetzt wahrhaftig klar, dass ich mit meiner Kurzschlussreaktion alles zerstört hatte. Nicht nur unsere Vergangenheit, sondern auch unsere ganze Zukunft. Und nun saß ich hier wie ein Häufchen Elend auf der Bank und heulte mir die Augen aus dem Kopf. Es verließen so viele Tränen meine Augen, dass ich schon Kopfschmerzen davon bekam. Erbärmlich. Mir war doch echt nicht mehr zu helfen! Warum heulte ich überhaupt? Schließlich war doch Mamoru das Opfer. Er wurde eiskalt von seiner Verlobten sitzen gelassen. Ich war doch die selbstsüchtige Braut, die vor ihrer eigenen Trauung abgehauen ist. Warum also spielte ich mich jetzt als die Leidtragende auf? Aber was viel wichtiger war: Warum hatte ich das nur getan? Warum hatte ich in diesem Moment nur an Seiya denken können? Warum nur war der Gedanke so unerträglich, ihn nie wieder zu sehen? Viel schlimmer als der Gedanke, Mamoru den Rücken zu kehren und ihn damit zutiefst zu verletzen? Ob er sich jemals von diesem Schock erholen würde? Warum kam mir der Gedanke erst jetzt? Nun war es doch schon viel zu spät, um irgendetwas zu bereuen. Warum nur …? »Usagi …« Erschrocken fuhr ich hoch und sah direkt in die saphirblauen Augen Seiyas, der vor mir stand. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören; war viel zu sehr in meiner eigenen Gefühlswelt gefangen gewesen. »Was machst du bloß für verrückte Sachen …« Er zog sich seufzend seine schwarze Jacke aus und legte sie mir fürsorglich über die Schultern. Dabei sah er mich eindringlich an. »Warum bist du vor deiner eigenen Hochzeit davongelaufen? Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?« Das wüsste ich selbst nur zu gern … »Ich … weiß es nicht. Ich musste einfach weg.« Seiya schüttelte kaum merklich seinen Kopf. »Das war verantwortungslos von dir. Weißt du nicht, dass du eine Mission zu erfüllen hast? Was du damit … angerichtet hast? Du bist Prinzessin Serenity, die Herrscherin des Silberkönigreichs. Jedes Handeln könnte Folgen für das gesamte Universum haben. Und was heißt ›könnte‹ – es hat Folgen.« Es klang, als wäre dies Satze, die er immer und immer wieder runterleierte und selbst gar nicht mehr hören konnte, weil er dies mit solch einer Abneigung sagte, die nicht zu überhören war. Schuldbewusst sah ich zu Boden. Warum klang es nur so entsetzlich falsch, diese Worte ausgerechnet aus seinen Lippen zu hören? »Du bist doch nicht etwa … meinetwegen abgehauen?« Ertappt zuckte ich zusammen und sah geradewegs in sein wunderschönes Gesicht, welches mich gerade missbilligend und gleichgültig betrachtete. »Du brauchst mir gegenüber aber kein schlechtes Gewissen zu haben. Das bringt nämlich auch mich in eine unangenehme Lage.« Tief getroffen blickte ich ihn an. Wieso verletzten mich seine Worte so sehr? Stöhnend machte er eine kurze Pause und fuhr sich überfordert durch das Haar. »Haruka wird mir dafür den Kopf abreißen. Wie schaut das denn auch bitte für die anderen aus, wenn du deine eigene Hochzeit abbläst, um mir damit einen Gefallen zu tun? Aber glaub mir: Den tust du mir damit nicht. Es bringt alles nichts. Du verzögerst damit nur das Unvermeidliche. Damit ist keinem geholfen auf langfristige Sicht.« Ich bekam kein einziges Wort heraus. Lag es vielleicht daran, dass er mit allem, was er sagte, Recht hatte? Die vorherbestimmte Zukunft ließ sich nicht ändern. Das Gleiche galt für die Vergangenheit. Doch warum fiel es mir nur so schwer, das einzusehen? Warum wollte mein Herz es nicht begreifen und weiterhin blind durch die Gegend laufen, so uneinsichtig, wie es war? »Na komm. Die anderen suchen dich auch schon überall und machen sich Sorgen, was ja auch verständlich ist. Ich bringe dich zurück.« Alarmiert schreckte ich aus meiner Trance hoch. Alles, nur nicht das. »Aber … ich möchte nicht mehr zurück«, flüsterte ich kleinlaut und war für kurze Zeit selbst verwundert darüber, dass ich doch noch eine Stimme besaß. Doch meine Muskeln waren weiterhin wie gelähmt. Als wären sie festgefroren, hielten sie ihre Starre unnachgiebig aufrecht. Ich sah in seinen Augen die aufsteigende Verzweiflung. Und noch etwas … Einen vorsichtigen Hoffnungsschimmer? »W- Was meinst du damit? Weißt du eigentlich, was du da redest?« Er packte mich an den Schultern und sah mir intensiv in die Augen. »Bist du noch bei klarem Verstand?« Ich konnte Angst, Verzweiflung und Hoffnung in diesen ausdrucksstarken Augen erkennen. Als würde sein ganzes Leben von meiner Antwort abhängen. Hilfesuchend klammerte er sich an mich, als wäre ich ein Rettungsring und er ein Nichtschwimmer im riesigen, kalten Ozean, der kurz davor war, zu ertrinken. In diesem Moment wurde es mir schlagartig bewusst. Ich … wollte diesen Mann beschützen. Ich … brauchte diesen Mann. Um zu überleben. Mehr als jeden anderen auf dieser Welt. »Nein, das weiß ich nicht. Ich bin schon lange nicht mehr bei klarem Verstand.« Ich sah, wie seine Augen stumpfer wurden. Wie er Stück für Stück sämtlichen Lebensmut verlor. Wie dieses unsagbare Blau immer dunkler und trüber wurde … Hastig ergriff ich wieder das Wort, bevor es zu spät werden konnte. Ich wollte ihn dadurch aus diesem Loch befreien, in dem er vollends zu fallen drohte. Dabei legte ich beide Hände um seine Wangen, näherte mich seinem makellosen Gesicht und sprach auf ihn ein. »Aber dafür weiß ich was Anderes, Seiya: Und zwar, dass ich dich nicht verlieren möchte. Das könnte ich nicht überleben. Ich brauche dich so sehr. Du … bist der wichtigste Mensch in meinem Leben!« Voller Erleichterung sah ich, wie der Glanz allmählich in seine Augen zurückkehrte. Er legte seine glatte Stirn in Falten; musterte mich zweifelnd. Er schien nicht ganz zu begreifen - was ich ihm auch nicht übel nehmen konnte, da auch ich erst jetzt verstand, was sich in meinem Inneren die ganze Zeit abgespielt hatte. »Ich … liebe dich.« Nun hatte ich es ausgesprochen. Zwischen uns würde es nun nie wieder so sein wie früher. Er starrte mich schockiert an; schien nicht zu glauben, was er gerade mit seinen eigenen Ohren gehört hatte. Als würde er sich ernsthaft fragen, ob sein Gehör noch einwandfrei funktionierte. »Aber … das geht doch nicht …? Sag, dass ich mich gerade verhört habe und bereits unter Halluzinationen leide. Bin ich jetzt tatsächlich … verrückt geworden?« Okay, es war sogar noch eine ganze Stufe schlimmer, als ich ursprünglich vermutet hatte: Er zweifelte nicht nur an seinem Gehör, sondern sogar schon an seiner Geisteskraft. Ich biss mir auf die Lippen. Nein, in diesem Glauben durfte ich ihn nicht lassen. Sanft und zugleich energisch redete ich auf ihn ein, sprach zum ersten Mal in meinem Leben meine tiefsten Gefühle aus, die sich in den hintersten Kammern meines Herzens versteckt hatten. Bis jetzt. »Nein, Seiya, du träumst nicht. Ich liebe dich wirklich. Das ist mir jetzt erst klar geworden … Mir ist klar geworden, dass ich ohne dich nicht leben kann. Dich zu verlieren ist das Schlimmste, was mir passieren kann. Diesen Gedanken ertrage ich einfach nicht …« Sein Blick wurde zärtlich. Auch er legte nun eine Hand auf meine Wange. »Schätzchen …« Sofort wurde mir warm ums Herz. Endlich dieses kleine Wort aus seinen Lippen. Ich liebte es, wenn er mich so nannte. Ich hatte es schon immer geliebt, habe es mir aber nie selbst eingestehen können. Wie lange musste ich darauf warten …? Wie lange hatte ich mich unbewusst danach gesehnt? Dieses Verlangen merkte ich erst jetzt, als es gerade gestillt worden war. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und drückte mich an ihn. Glücklich nahm ich zur Kenntnis, dass er es mir gleichtat. Es war ganz anders als gestern. Diese Umarmung fühlte sich so warm und erfüllend an. Diesmal konnte ich mich wirklich in seinen Armen fallen lassen. Ohne schlechtes Gewissen. Ohne eine Resonanz des Lebewohls. Ich war angekommen. Am Ziel meiner Träume. »Wie hast du mich eigentlich gefunden?« »Ich habe es gespürt … dass du bestimmt an dem Ort gehen wirst, der für uns mit einer wunderbaren Erinnerung verbunden ist.« Sanft tätschelte er mir dabei den Kopf. »Keine Ahnung, warum ich mir da so sicher war …« Ich lächelte. Meine Beine hatten mich instinktiv zu der Bank geführt, wo er damals vor vielen Jahren gesessen ist. Zu dem Ort, wo wir uns kennengelernt hatten. Und dass er – oder besser gesagt sein Herz – gleich wusste, wo er mich finden konnte, war der beste Beweis dafür, dass wir tief miteinander verbunden waren. Dass wir füreinander bestimmt waren. Dass wir seelenverwandt waren. Dass unsere Herzen im gleichen Takt schlugen. Die wunderschönen Augen, die ich so sehr begehrte, strahlten mich an. Ich ließ mich nur zu gerne von ihnen blenden; ließ mich verzaubern von den Untiefen dieses Blaus, von denen ich mich auch nicht losreißen konnte, als er sich Stück für Stück meinem Gesicht näherte. Ich spürte ein angenehmes Prickeln an den Stellen, wo mich sein warmer, süßlicher Atem streifte. In meinem Körper warteten Dutzende von Feuerwerkskörper ungeduldig darauf, angezündet zu werden und mit einer märchenhaften Explosion den bisher tristen Himmel meines Herzens zu schmücken und für immer zu erleuchten. Doch als ich seine Lippen im nächsten Moment wirklich auf meinen spürte, war die innere Explosion noch viel heftiger, als ich es mir je hätte erträumen lassen. Mein Herz zersprang in Millionen Teile, weil es schier überfordert war mit all den Glückshormonen, die in dieser einzigen Sekunde mit einem Mal durch meinen gesamten Körper schossen und sich zu einem spektakulären Feuerwerk zusammenbündelten. Es war nicht nur irgendein Kuss. Es war ein Kuss, der die Zeit anhielt und für immer veränderte … Mir war klar, dass wir damit einen Weg beschritten, der weitreichende Folgen mit sich ziehen würde. Folgen, die die altbekannte Zukunft aller für immer und unwiderruflich zum absoluten Einsturz bringen würde. Doch ich war zuversichtlich, dass wir das gemeinsam schafften würden. So lange er an meiner Seite war, würde ich alles schaffen. Ganz bestimmt … »Keine Angst, Schätzchen: Ich werde immer bei dir sein.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)