Wedding Dress von Lina_Kudo (»Hochzeitskleid« (Seiya&Usagi)) ================================================================================ Kapitel 4: Iffiness ------------------- ******************************************Rückblick****************************************** Traurig sah ich zu meinen Füßen hinab. Auch wenn Reis Erklärung plausibel klang: Ich wollte es nicht verstehen, wahrhaben oder begreifen. Denn ab dem Zeitpunkt, wo ich das tat, würde das heißen, dass ich dabei war, diese tragischen Umstände zu akzeptieren. Und das konnte und wollte ich nicht. Niemals würde ich akzeptieren, dass unsere Freundschaft vorbei und ein für alle Mal Geschichte war. Nie im Leben und nur über meine Leiche! Ich spürte, wie es mir bei diesem Gedanken unerwarteterweise besser ging. Ich schöpfte neue Kraft, neuen Kampfgeist. Wenn Seiya die Freundschaft einfach so beenden wollte, dann hatte er seine Rechnung ohne mich gemacht! Ich würde nicht einfach so aufgeben. So lange ich Usagi Tsukino oder Serenity oder sonst wie hieß! ******************************************Rückblick****************************************** KAPITEL 4: IFFINESS »Was kann ich nur tun, um es uns leichter zu machen?« Die Tage, die mir wie Stunden oder gar Minuten vorkamen, vergingen. Der Tag, an dem Usagis Hochzeit stattfinden würde, rückte immer näher. Viel zu schnell in meinen Augen. Für mich konnte die Zeit eigentlich gar nicht langsam genug vergehen. Denn mit jeder Minute, mit jeder Sekunde rückte sie in noch weitere Ferne für mich … Es kam mir so vor, als wäre mein ganzes Leben nur noch ein Countdown. Ein Countdown, der mit ihrem Ja-Wort enden würde. Ein Leben auf Zeit. Ein Leben, das nur noch darin bestand, auf den erlösenden Tod zu warten. Vergleichbar mit der jämmerlichen Existenz eines zum Tode Verurteilten. Eigentlich ein Zustand, den man nicht mehr wirklich als »Leben« bezeichnen konnte. Usagi bemerkte meine Distanz, die ich ihr gegenüber aufgebaut hatte. Wenn es um Gefühle ging, spürte sie immer sofort, wenn etwas nicht in Ordnung war. Bei mir war es aber auch schon viel zu offensichtlich. Doch weder sprach sie mich darauf an, noch hielt sie mir mein Verhalten vor. Ihre Augen verrieten mir jedoch alles, was ich wissen musste. Wohl gemerkt: Musste, nicht wollte. Allein ihr tief verletzter Blick sprach Bände, mit dem es ihr gelang, mir mein Herz unwiderruflich zu brechen. Doch sie unternahm nichts dagegen, sondern schien die unglücklichen Umstände stumm zu akzeptieren. Und genau das war auch gut so. Das erleichterte mir einiges. Mit ihr so auf Abstand zu gehen war für mich nämlich eine Art Selbstschutzmechanismus. Der einzige Weg, um meinen Überlebenswillen noch auszuleben, der tief in mir drin doch noch im letzten Winkel verankert war. Und bei mir war dieser Trieb schon immer besonders ausgeprägt gewesen durch meinen starken Willen und meinen Kampfgeist. Hätte ich den nicht bereits von früher gehabt, wäre ich definitiv schon längst zugrunde gegangen. Denn selbst ich hatte diesen lebensnotwendigen Willen für kurze Zeit verloren in dem Moment, als ich die vernichtende Einladung erhalten hatte. Ich hatte mir diesen gottgegebenen Instinkt mühsam neu aneignen müssen. Doch inzwischen fragte ich mich wirklich, wofür diese Mühe eigentlich gewesen war. Spätestens wenn sie sich das Eheversprechen gegenseitig geben würden, würde ich sowieso innerlich in tausend Stücke zerbersten. Und ich war mir sicher, dass nichts und niemand mich danach jemals wieder zusammenflicken konnte. Gerade wegen meines starken Willens wollte ich mich auf den schlimmsten Moment meines Lebens vorbereiten und gewappnet sein. So gut es mir eben nur möglich war. Die einzige Lösung, die mir einfiel: Ich durfte sie nicht mehr an mich heranlassen. Nicht einmal auf rein freundschaftliche Basis. Jeder kleinste Berührungspunkt war Gift für mein Herz. Es war das Beste für uns. Zwar wusste ich, dass Usagi meine Kühlheit bestimmt tief verletzte, dennoch war dieser Schmerz bestimmt erträglicher für sie als mit dem Wissen zu leben, das Leben ihres besten Freundes für immer zerstört zu haben. Denn das würde sie sich niemals verzeihen können. Ich kannte sie gut genug, um das nicht nur zu ahnen oder zu behaupten, sondern wirklich zu wissen. Bevor sie sich ihr ganzes Leben lang mit Gewissensbissen herumplagte, war es mir lieber, unsere Freundschaft auf diesem Wege zu beenden. Je mehr sie mich hasste, desto einfacher würde es für sie am Ende werden, mich zu vergessen. Hart und ungerecht, aber manchmal hielt das Leben nun einmal solche Gemeinheiten bereit. Da hatte man nicht mehr die einfache Wahl zwischen »Richtig« oder »Falsch«, sondern nur noch zwischen »Falsch« und »Falscher«. Eine richtig ideale Lösung sah das Leben in derartigen Fällen offenbar leider nicht mehr vor. Natürlich gab es vereinzelte Personen, denen es überhaupt nicht in den Kram passte, wie ich mich ihr gegenüber verhielt. Und von dieser Gruppe gab es einen kleinen Teil, der mich seine Ablehnung auch deutlich spüren ließ. Im Grunde genommen war es nur eine einzige Person, die mich eines Tages zornentbrannt zur Rede stellt. Und wer konnte hierfür wohl nur in Frage kommen? »Was soll dieser Mist? Wärst du so gütig, mir das mal zu verraten?« Gelassen warf ich meinen Kopf zurück und blickte zum Himmel empor, während ich meine Hände weiter in meine Hosentaschen vergraben ließ. Mir war bewusst, dass ich mit dieser apathischen Geste diese besagte Person noch mehr zur Weißglut trieb, doch das ging mir ehrlich gesagt so ziemlich am Arsch vorbei. Gerade bei ihr hatte es mich noch nie interessiert. Ich schaffte es ja immer, sie zu reizen. Ganz gleich ob vorsätzlich oder unbeabsichtigt. »Ich wüsste nicht, was dich das angeht. War’s das? Hast du mich jetzt nur deswegen herbestellt und mich vom Schlafen abgehalten, Haruka?« Diese schnaubte bloß verächtlich. »Warum bist du denn dann überhaupt hergekommen? Nur, um sie zu verletzen? Na dann herzlichen Glückwunsch: Das hast du super hingekriegt.« Der triefende Sarkasmus in ihrer Stimme peitschte mich unbarmherzig aus meinem dauerhaften Dämmerzustand. In diesem Moment wurde mir erst klar, was ich eigentlich gerade anrichtete: Ich verletzte sie wirklich. Tief. Mit voller Absicht. Als - ich traute mich gar nicht, diesen Gedanken zu Ende zu denken - würde ich es ihr heimzahlen wollen, dass sie glücklich war und ich nicht. Wie ein kleines, selbstsüchtiges Kind verhielt ich mich gerade. Haruka war schon immer ein Mensch gewesen, der kein Blatt vor den Mund nahm und geradeaus sagte, was sie dachte. Dabei waren ihre Worte wie eine schallende Ohrfeige, nein, eher wie ein scharfer Messerstich. Und in den meisten Fällen traf sie dabei ins Schwarze. Wie auch mit der folgenden Aussage, wie ich mir im Nachhinein eingestehen musste, so schwer es mir auch fiel, dieser bitteren Wahrheit ins Auge zu sehen. »Du liebst sie immer noch. Das weiß ich. Das sieht selbst ein Blinder mit einem Krückstock. Aber gerade deshalb solltest du dich zusammenreißen und sie nicht noch mehr verletzen. Ich verstehe es ja auch nicht, warum du ihr scheinbar so wichtig bist. Aber komischerweise bist du es. Eins ist aber klar: Ich kann nicht mehr tatenlos zusehenn, wie sie wegen einem dahergelaufenen Typen so deprimiert ist. Sie sieht in dir immer noch ihren besten Freund. Daran wird sich nie etwas ändern. Wenn sie schon mal jemanden ins Herz geschlossen hat … Aber ihr Wesen muss ich dir ja nicht mehr lang und breit erklären.« Nein, das musste sie wirklich nicht. Ich kannte sie gut genug. Und mal ganz abgesehen davon: Es war ja nicht so, dass ich mich die letzten Wochen nicht schon ununterbrochen mit diesen Gedanken beschäftigt hätte … Stöhnend verdrehte ich meine Augen. »Genau das ist mein Problem. Ich kann das einfach nicht. Selbst die Tatsache, dass wir jetzt nur ein paar Tage hier sind: Ich kann auch in dieser kurzen Zeitspanne nicht ihr Freund sein. Ich kann ihre Wärme, ihr Licht nicht zulassen mit dem Wissen, dass ich sie bald wirklich für immer verlieren werde. Ich kann nicht so tun, als ob alles in bester Ordnung wäre. Ich muss einfach diese Distanz zwischen uns bewahren, um mich selbst zu schützen. Ich muss einmal an mich denken. Natürlich freue ich mich für sie und bin froh, dass sie ihr Glück gefunden hat. Aber für ihr Glück braucht sie mich nicht. Ich wäre für sie nur ein Hindernis. Es ist auch das Beste für sie, dass ich mich von ihr fernhalte und sie nicht komplett in ein Gefühlschaos stürze, wenn sie auch noch auf mich Rücksicht nehmen muss, wenn sie früher oder später schnallt, was für Gefühle ich für sie hege, denn darauf wird sie zwangsläufig kommen, wenn ich mich in ihrer Nähe aufhalte. Ich erwarte gar nicht, dass du das verstehst, Haruka. Das kann keiner verstehen, der sich noch nie in so einer beschissenen Situation befunden hat.« »Ob ich es verstehen kann oder nicht tut nichts zur Sache.« Müde lehnte sie sich an einen dicken Baumstamm, der sich direkt neben sie befand und verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Das Einzige, was ich sehe, ist, dass du ihr damit wehtust. Und das kann ich einfach nicht mehr. Ich bin wirklich hart im Nehmen, aber auch ich kann nicht alles ertragen. Neben Michiru ist Usagi die einzige Person … die ich einfach nicht traurig sehen kann.« Es verwunderte mich, dass sich die toughe Haruka mir gegenüber von ihrer gefühlvollen Seite zeigte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hätte nicht einmal gedacht, dass so eine Seite an ihr überhaupt existierte, so herzlos, wie sie sich sonst immer gegeben hatte. Auch war ich mir sicher, dass diese sensible Seite auch noch nicht viele zu Gesicht bekommen hatten. Doch anstatt mich geehrt oder geschmeichelt zu fühlen, eine der wenigen Menschen zu sein, die Bekanntschaft mit dieser emotionalen Haruka gemacht haben zu dürfen, schrillte bei mir im nächsten Augenblick die Alarmanlage meines Herzens. Es war bestimmt kein gutes Zeichen, wenn sie so drauf war. Als hätte sie meine Gedanken gelesen, bestätigte sie meine vage, dunkle Vorahnung. »Sie ist vorhin … zusammengebrochen. Die starke Fassade, die sie versucht hat, aufrechtzuerhalten, ist nun in ihre Einzelteile gefallen. Sie kann nicht mehr. Sie ist an ihre Grenzen gestoßen. Das ist ganz alleine deine Schuld, Seiya Kou. Diesmal bist du über das Ziel hinausgeschossen.« Diese Worte trafen mich wie ein spitzer Dolch mitten ins Herz. Der Gedanke, meinem Schätzchen wehtun zu müssen, war für mich schon schwer genug gewesen. Doch in diesem Moment, wo mir das so unverhohlen vor Augen geführt wurde und das nicht nur ein bloßer Gedanke war, sondern eine schreckliche Tatsache … Hatte sie wirklich so sehr unter meinem Verhalten zu leiden? Das war eine Frage, die ich mir theoretisch schon immer selbst beantworten konnte, mich aber nie getraut habe, mir diese Frage überhaupt auch nur zu stellen. Weil mich die Antwort psychisch fertiggemacht hätte. Genau wie in diesem Moment. Wie konnte ich nur so unfassbar dumm sein? Zerknirscht biss ich mich auf die Unterlippe und kämpfte gegen das Bild der traurigen, weinenden Usagi an. Mein Herz krampfte sich schmerzvoll zusammen durch den imaginären Dolch. Ich fühlte nur noch den blinden, unendlichen Schmerz meines blutenden Herzens, der dabei war, mich in den Wahnsinn zu treiben. Es waren Schmerzen, die ich noch nie zuvor mit solch einer Intensität gespürt hatte. Die Frage, wie es ihr im Moment ging, brannte mir wie heiße Glut auf der Zunge. Doch ich wusste auch, dass diese Frage überflüssig war. Ich konnte mir ja denken, dass es ihr auch jetzt nicht sonderlich besser gehen dürfte. Anschließend stellte Haruka mich vor einem niederschmetternden Ultimatum. Ein Ultimatum, dem ich mich früher oder später sowieso hätte stellen müssen. »Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du behandelst sie wie früher – wie eine ganz normale Freundin; oder du verschwindest sofort aus unserem Leben und lässt dich nie wieder blicken, denn auf diese Art und Weise kann ich deine Anwesenheit auf der Erde nicht mehr länger dulden.« Mit einem unverwandten Blick sah ich ihr in die Augen. Dem einzigen Menschen, der mir schonungslos und direkt die Wahrheit ins Gesicht sagen konnte, ohne dabei auch nur einen Augenblick mit der Wimper zu zucken. Und ich musste zugeben, dass ich ihr dafür wirklich dankbar war, da sie mir dadurch die Augen endlich öffnete, die ich so lange vor der Welt verschlossen gehalten hatte. Das hatte ich wohl echt nötig gehabt. Denn eins war klar: Sie hatte Recht. Ich musste mich entscheiden. Entweder ich riss mich endlich zusammen und war für sie der Freund, den sie brauchte und den sie sich wünschte. Zwar musste ich dafür akzeptieren, dass ich nie mehr für sie sein konnte – was sowieso nie in Frage gekommen war - aber dafür konnte ich mich zumindest gelegentlich noch in ihrer Nähe aufhalten und an ihrem Leben teilhaben. Oder aber … ich zog einen endgültigen Schlussstrich, verbannte mich aus ihrem Leben, sodass wir in Zukunft wirklich rein gar nichts mehr miteinander zu tun haben würden. Für sie wäre es zwar ein herber Schlag, aber sie würde irgendwann gewiss darüber hinwegkommen. Wie sagte man doch immer: »Die Zeit heilt alle Wunden.« Nur, weil das für mich nicht galt, hieß es nicht, dass es für den Rest der Welt ebenfalls der Fall war. Ich stellte hier sowieso die absolute Ausnahme aller Ausnahmen dar. Was sollte ich bloß tun? Welche Entscheidung war richtig – sofern es hier überhaupt ein »Richtig« gab, was ich ja vorhin eh schon zu Tode analysiert hatte. Ich müsste eigentlich fragen: Was war »falscher«? Überfordert fuhr ich mir seufzend durch das Haar. Ich hatte wirklich nicht die blasseste Ahnung … Hatte ich sie denn überhaupt jemals wirklich gehabt? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)