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Sirius Black

Sein Erleben von 1981 bis zu seinem Tod
von

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Quidditch

Die Depression fesselte Sirius die gesamte nächste Woche über ans Bett und Krummbein hielt aufgrund des täglich strenger werdenden Geruches bei seinen Besuchen immer größeren Abstand ein. Trotz der dunklen Wolke, die ihn zu umgeben schien, nahm sogar Sirius wahr, wie sein Fell durch den Staub spröde wurde und sich kleines Getier darin festsetzte. In den seltenen Momenten, da er als Mann unter der mottenzerfressen Decke lag, die sich eher wie eine Bleischürze lähmend auf ihm befand, roch er alten Schweiß.

„So kann es nicht weiter gehen“, sagte der Kater eines Nachmittags. Der Regen peitschte sturmgetrieben gegen die Läden und der Raum lag in fast vollkommener Dunkelheit. Erschöpft erwiderte Sirius den kritischen Blick. Seine Stimmbänder fühlten sich vom langen Schweigen verklebt an und er musste sich zunächst mehrfach räuspern, eher er ein monotones:

„Was soll ich denn tun?“ herausbrachte.

„Mit mir kommen“, entschied der Kater und sprang mit sichtlichem Widerwillen auf die vor Schmutz starre Decke. Resigniert erhob der Hund sich von seinem Lager und folgte seinem Gefährten. Die Wolken trieben so tief am Himmel, dass Sirius den Eindruck hatte, sie würden bis auf den Boden reichen. Doch der heftige Regen weckte unerwartet seine Lebensgeister und er sprang mitten in eine große Pfütze. Das Wasser tat ihm gut, der Dreck wurde gleichsam mit seiner Lethargie abgewaschen und versickerte durch das Abschütteln in der Erde.

„Na bitte“, meinte der Kater in recht selbstgefälligem Ton. Er jagte in weiten Sprüngen auf den Verbotenen Wald zu, Sirius auf den Fersen. Für einen kurzen Moment überfiel ihn erneut die tiefe Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, welche ihn seit dem missglückten Einbruch gefangen hielt. Doch als sie die Dementoren hinter sich gelassen hatten, genoss er den Ausflug aus vollem Herzen. Langsam gingen sie nebeneinander her. Obwohl die Bäume dicht beieinander standen, war es bedeutend heller als in der Hütte.

„Du darfst jetzt nicht aufgeben. Auch ich bin gescheitert, ja, aber dennoch wird die Ratte eines Tages durch uns enttarnt werden. Nur nicht den Mut verlieren.“ Sirius nickte. Seitdem er an der frischen Luft war, fühlte er sich stark und kämpferisch. Es war, als hätten die mächtigen Sturmböen alle trüben Gedanken aus seinem Kopf geblasen. Gerade wollte er antworten, als sein Blick auf fliegende Gestalten fiel, die ihn nicht ängstigten, sondern erfreuten.

„Quidditch“, rief er verblüfft und blieb abrupt stehen.

„Bitte? Ach ja, in der Tat. Sogar bei diesem Wetter kann den Jungen nichts davon abhalten. Sie möchten morgen um jeden Preis Siegen. Eine merkwürdige Sportart ist das....“

„Den Jungen?“, echote Sirius und starrte den Kater ungläubig an. „Welcher Junge?“ Krummbein wandte ihm sein eingedelltes Gesicht zu. Vermutlich hätte er die Augen verdreht, wäre es ihm möglich gewesen.

„Welcher Junge? Harry natürlich.“ Sirius verharrte, die Ohren gespitzt, während Welle um Welle von Euphorie und Schmerz ihn überwältigte.

Er ist ihm so ähnlich, nicht nur äußerlich, auch innerlich. Wieder stellte er sich vor, wie er Harry träfe, der ihn lieben würde, beinahe wie einen Vater. Und Sirius würde Harry lieben, so allumfassend, wie einen Sohn.

Die Nackenhaare des Katers sträubten sich und lautes Fauchen riss den Entflohenen aus seinem Tagtraum. Entsetzt bemerkte er, wie nahe sie beide den Dementoren gekommen waren. Langsam schwebten sie zu ihnen hinab. Panisch rannte er zur Peitschenden Weide zurück. Das war knapp. Schon wieder war er unvorsichtig gewesen, hatte den Sturm an Emotionen, welche er in der Nähe von Dementoren so überlebensnotwendig vermeiden musste, zugelassen.

„Diese Impulsivität wird dich noch Kopf und Kragen kosten“, mahnte eine Stimme in seinem Kopf, die wie Remus klang und ihn häufig zur Vorsicht trieb.

Harry spielt Quidditch, er ist wie James, hielt der aufgeregte Teil dagegen. Und schon morgen wirst du ihn spielen sehen können...
 

Mit heftig pochendem Herzen stieg Sirius die Tribüne hinauf. Bei jedem Absatz verharrte er, den Körper so nahe an den Boden gepresst, wie es ihm möglich war. Die Aufregung wuchs, je höher er stieg. Sah ihn jemand? Blickte einer der Schüler oder schlimmer noch: Einer der Lehrer in seine Richtung? Doch nein, alle Augen waren auf die kleinen, weit entfernten Gestalten auf ihren Besen gerichtet. Endlich war er in der höchsten Reihe angelangt, ließ sich auf einem der Sitze nieder und schien schon Sekunden später nur noch aus Augen zu bestehen. Wie elegant und präzise sein Patenkind sich bewegte, trotz des Sturms und Regens die Balance hielt. Wie James. Er war ihm so nahe...

„Bei Regen ist Fliegen einfach ätzend. Du kannst kaum etwas sehen und musst dann noch dieses winzige Ding fangen. Da braucht man schon einen sehr fähigen Spieler, der das schafft“, hörte er die Stimme von James. Sah ihn vor sich, wie er mit dem Schnatz spielte und sich die Haare zerstrubbelte. James. Wie sehr er ihn vermisste. Es war nicht mehr Harry, den er jetzt auf dem Spielfeld sah, sondern sein bester Freund. Der Schmerz verkrampfte ihm das Herz, ein Beben lief über das Fell. Ein Blitz erhellte den dunklen Himmel und als wäre er getroffen worden, kam Sirius in die Realität zurück.

Dementoren!

Hunderte von Dementoren schwebten auf ihn zu. Was tat er da? War er wahnsinnig, sich und Harry dieser Gefahr auszusetzen? Das Entsetzen elektrisierte ihn und wieder war er gezwungen, zu fliehen.
 

„Abgestürzt?“ Sirius Stimme war nicht mehr als ein heiseres Krächzen. Er schnappte nach Luft.

„Ja. Sie haben ihn in den Krankenflügel gebracht.“ Krummbein lief mit steil aufgerichtetem Flaschenbürstenschwanz in der Hütte auf und ab.

„Kannst du nach ihm sehen?“ Sirius Stimme hatte einen flehenden Ton angenommen.

„Unmöglich.“ Der Kater sah ihn resigniert an.

„Es ist allein meine Schuld“, schrie Sirius zornig auf. „Wäre ich nicht zum Spiel gekommen, wären diese verdammten Kreaturen nicht aufgetaucht!“ Voller Reue vergrub Sirius den Kopf unter den Tatzen. Wie er es auch anstellte, alles misslang. Er schwankte zwischen Raserei gegen sich und die Welt, insbesondere Peter und der Furcht um Harry. In geduckter Haltung lag er auf dem Boden und fletschte die Zähne. Wie lange er in dieser Stellung geblieben war, vermochte er nicht zu sagen. Irgendwann waren die Geräusche des Katers leiser geworden und verstummt.

Irgendwann konnte Sirius nur noch das Pfeifen des Windes wahrnehmen.

Irgendwann blickte Sirius sich in der leeren Hütte um. Er war allein, doch zugleich unfähig, es zu bleiben. Er musste irgendetwas tun, was auch immer!

Für einen wilden Moment mochte er überlegt haben, erneut ins Schloss einzudringen. Er hätte nicht einmal sagen können, welcher Drang stärker war: Der, Peter zu töten und auf dem Weg dahin alles zu zerstören, was sich ihm in den Weg stellte oder sich auf die Krankenstation zu schleichen, sich zu verwandeln. Harry alles zu erklären und ihn um Vergebung zu bitten. James' Sohn zu versprechen, dass er wieder gesund würde und sein Pate in dieser Zeit bei ihm bliebe.

Hör doch auf zu spinnen! Du hast wahrhaftig genug Schaden angerichtet!

Die Ungewissheit zerriss ihn. Unbeherrscht begann er, in dem viel zu kleinen Raum auf und ab zu laufen, gegen die Wände zu treten, bis weißer Staub den gesamten Boden bedeckte.

Warten, dachte er plötzlich ernüchtert. Du musst einfach warten. Du hast dreizehn Jahre lang gewartet, wenn du jetzt den Verstand verlierst, war alles umsonst. Sirius zwang sich, tiefe, beruhigende Atemzüge zu nehmen. Sein Bauch wölbte sich nach vorne und flachte dann wieder ab. Atemzug um Atemzug.

Er würde warten. Bis der Kater ihm den nächsten Bericht erstattete, bis er Peter töten würde, bis Harry und er eine richtige Familie wären.
 

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Anhören könnt ihr das Kapitel hier:

https://www.youtube.com/watch?v=nSosqeWRHIs



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