Heimliche Hoffnung von Varlet ================================================================================ Kapitel 3: Abschied ------------------- Mit offenem Mund sah James seine Agentin an. Die Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Und nicht nur die. James war schockiert. Schockiert, überrascht, aber auch überwältigt von den Neuigkeiten. Jodie und schwanger. Worst Case Zumindest im ersten Moment. Wie sollte er das den anderen Agenten mitteilen? Wie sollte er sie vor der Organisation schützen? Jodie war angreifbar. Ein leichtes Ziel für sie, einfach zu erledigen, einfach zu verletzen. James gingen viele Gedanken durch den Kopf. Schreckliche Gedanken. Der Organisation war alles zuzutrauen. Sie konnten Jodie verletzen, indem sie das ungeborene Kind töteten und sie am Leben ließen. Eine Qual für jede werdende Mutter. Sie konnten aber auch beide Personen auf einmal vom Antlitz der Erde auslöschen. Oder was noch schlimmer war: Sie konnten Jodie das Kind nach der Geburt wegnehmen und es als einer von ihnen erziehen. James schluckte, runzelte die Stirn und war sich nicht sicher, wie er auf diese Nachricht am besten reagierte. In seinem Kopf blinkte ein rotes Ausrufezeichen. Gefahr Sprachlos sah James weiterhin seinen Schützling an. Er brauchte eine ganze Weile bis er seine Gedanken sortierte und wieder in der Realität ankam. Ich möchte von meiner Arbeit entbunden werden. Ich möchte nach New York zurück kehren. Jodies Worte. Sie kamen ihm wieder in den Sinn. Sie war erwachsen und vernünftig. „James?“ Jodie sah ihn besorgt an. „Ist alles…in Ordnung?“, wollte sie von ihm wissen. „Ich verstehe“, gab James schließlich von sich. Obwohl er selber keine eigenen Kinder hatte, war es, als wäre Jodie sein eigen Fleisch und Blut. Er kannte sie lange genug, hielt sie als Baby im Arm und bewunderte seinen Kollegen um dessen Familie. Er sah Jodie beim Aufwachsen zu und es zerriss ihm das Herz, nachdem ihr Vater starb. Manchmal kam es ihm vor, als wäre es erst gestern gewesen. Informationsaustausch im Hause Starling war angesagt. Da Jodie schlafen sollte, stand einem normalen Gespräch nichts im Wege. Auf dem Weg dorthin traf er allerdings das Mädchen. In ihren Händen erblickte er Saftpackungen. Eindeutig sein Lieblingssaft. James schmunzelte, was er dann aber hörte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Papa schläft. Ich hab ihm mehrere Packungen von seinem Lieblingssaft gekauft, dann kann er mit der netten Frau teilen. Ohne ein Wort lief James los. Es war zu spät. Das Haus brannte lichterloh. Jodie hielt er geistesgegenwärtig fest. Sie strampelte und wehrte sich stark. Manche Einsätze verliefen weniger schmerzhaft. Nichtsdestotrotz kümmerte er sich seit dieser Zeit um das kleine Mädchen, ermöglichte ihr die besten Schulen, eine gute Ausbildung und förderte sie, wo es nur ging. Obwohl Jodie frühzeitig erklärte zum FBI gehen zu wollen, nahm er dieses Vorhaben nicht ernst. Erst als sie mit ihrem Antragsformular und der Aufnahmebestätigung der FBI-Akademie vor ihm stand, wurde ihm immer klarer, was aus ihrem Leben werden würde. Wie ihr Vater. Die Jagd nach Vermouth. Ein Schicksal, dass er ihr nicht wünschte. Dennoch konnte er sie nicht aufhalten…bis sich Jodies Leben schlagartig änderte und er in dieses trat. „Ich leite alles in die Wege, damit du Japan so schnell wie möglich verlassen kannst.“ Jodie wirkte trotzdem besorgt. „Sie werden meine Abwesenheit bemerken“, warf sie ein. „Deswegen müssen wir deine Rückkehr so plausibel wie möglich gestalten und uns etwas Einfallen lassen.“ James überlegte. Mit einem Mal musste er lächeln. Die Reaktion kam verspätet. Trotz ihrer misslichen Lage, freute er sich darauf, so eine Art Opa zu werden. Zumindest durfte ihn das Baby gerne so nennen. „James?“ Mit hochgezogener Augenbraue sah sie ihn an. „Du müsstest dir einen großen Fehler leisten, damit ich dich in die Staaten zurück schicken kann.“ „Großer Fehler“, wiederholte Jodie leise. Nun setzte sich Jodie schließlich doch auf den Stuhl, schlug das rechte Bein über das Linke und überlegte. „Ich müsste wohl die Arbeit des FBIs sabotieren.“ „Oder einen Nervenzusammenbruch erleiden“, murmelte James. „Hmm? Du meinst wegen…Shu?“ Sie schluckte. Jodie war sicher keine allzu gute Schauspielerin. Für ihre verdeckten Ermittlungen reichte es. Aber die Organisation? Und dann noch, wenn Vermouth in der Nähe war? Nein. Jodie hätte nicht überzeugt. „Ich…weiß nicht so recht und wenn Vermouth dabei ist, wird sie es mir nicht abnehmen, außerdem…“, wisperte sie. „…gerade so ein Nervenzusammenbruch fordert viele Emotionen. Und wenn ich einen Auslöser finden muss, weiß ich nicht, ob es nicht zu stressig für das Baby wäre“, fügte sie an. „Mhmm…“, murmelte James. Er lehnte sich nach hinten, nickte kurz und schloss die Augen. Das FBI sabotieren, wiederholte er Jodies Worte im Kopf. Langsam wurden sie klarer und klarer, bis sie schließlich eine Form annahmen. „Vermouth.“ „Was? Ich versteh nicht ganz.“ Jodie verkrampfte und ballte, ohne es eigentlich zu wollen, die Faust. Vermouth. Ihr wunder Punkt. Die Frau, die immer präsenter wurde. Mit ihr fing alles an. Und wenn sie James richtig verstand, sollte es mit ihr enden. „Ich verstehe deine Bedenken bezügliches des Nervenzusammenbruchs. Allerdings werden wir dennoch eine emotionale Reaktion von dir brauchen.“ James räusperte sich kurz. „Ich möchte, dass du mich für sie hältst und entsprechend reagierst.“ Geschockt sah sie ihn an. „Ich soll was?“ „Akai erzählte, dass Bourbon momentan eng mit Vermouth zusammen arbeitet. Wir müssen den Plan durchführen, wenn er in der Nähe ist. Da er auf einer ähnlichen Seite wie wir agiert, hoffe ich, dass er keine Nachforschungen anstellt.“ „Wie stellst du dir das vor?“, kam es von Jodie. „Welchen Grund sollte ich haben, um dich für sie zu halten?“ „Der Grund ist belanglos. Du musst einfach der Meinung sein, dass sie meine Rolle übernommen hat. Ich denke, wir haben sonst keine Möglichkeiten. Wenn du einfach so verschwindest, werden sie möglicherweise gefährlichere Mitglieder in die Staaten schicken.“ Jodie wirkte nicht überzeugt. „Wenn es sein muss“, murmelte sie. „Aber wir müssen schnell machen. Je eher ich weg kann, umso besser.“ „Was ist mit deinen Testergebnissen beim Arzt?“ „Darum hab ich mich bereits gekümmert.“ Jodie stand auf. „Rufst du mich an, wenn wir den Plan umsetzen können?“ Jodie warf einen kurzen Blick auf die Akten. Ihr melancholischer Blick verriet, dass ihr der Abschied nicht leicht fiel. Doch es gab keine andere Möglichkeit. „Und James? Es wäre mir sehr gelegen, wenn du keinem von der Schwangerschaft erzählst.“ „Natürlich. Meine Lippen sind versiegelt“, sprach er. „Jodie?“ Die Agentin, die nunmehr an der Tür ankam, drehte sich um. „Was ist denn?“ „Er ist der Vater, nicht wahr?“ „Wenn du es weißt, wieso fragst du mich das dann?“ Sofort bemerkte sie seinen Blick. Da war es wieder. Mitleid. Warum hatte jeder auf der Welt immer nur Mitleid mit ihr? Schwanger vom Ex-Freund war zwar nicht die optimale Konstellation, aber es war passiert. Und sie freute sich auf das Baby. Ein Teil von Shu war immer bei ihr und würde es für den Rest ihres Lebens sein. Egal was passierte. „Weiß er es?“, wollte James wissen. „Nein.“ Jodie drückte die Lippen für einen kurzen Moment aufeinander. „Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass er es zunächst nicht wissen soll. Noch nicht. Es ist zu früh und…er wäre angreifbar“, antwortete sie. „Du kennst ihn besser als wir alle. Wenn er von seinem Baby erfährt, wird er sich für das Richtige entscheiden.“ „Ich weiß. Und ich weiß auch, dass er seine falsche Identität ablegen würde und als Shuichi Akai an meiner Seite bliebe.“ Jodie kamen die Tränen. „Sein Fokus läge auf mir und auf dem Baby. Vielleicht wäre er zu unaufmerksam, was ihn selbst angeht. Ich könnte mir nicht verzeihen, wenn er durch ihre Hand stirbt. Außerdem…darf ich seine Bemühungen nicht zu nichte machen…nicht jetzt…das kann ich ihm nicht antun…nicht solange die Organisation existiert.“ Jodies letzte Worte waren kaum hörbar, aber James wusste genau, was sie sagte. „Auch du wärst angreifbar.“ Er stand auf, ging zu ihr und umarmte sie. James war nicht nur ein Boss, er war das, was sich jeder Mitarbeiter wünschte. Mitfühlend und für seine Angestellten da. „Irgendwann wird er es erfahren müssen. Wir können nur auf ein baldiges Ende hoffen. Aber Jodie, egal was auch passiert, du darfst ihn nicht auf ewig im Unwissenden lassen.“ „Ich weiß…aber noch ist es zu früh.“ *** Aufgeschreckt lief Conan in die Villa. Außer Atem und voller Sorge, stieß er die Eingangstür auf. Conan sah sich um. Der Schrecken stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Herr Okiya“, rief er. Zur Sicherheit verwendete er noch immer den Decknamen des FBI-Agenten. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Die Organisation hatte ihre Augen und Ohren oft überall und falls sie das Haus abhörten, konnte Vorsicht nicht genug sein. „Herr Okiya“, rief Conan erneut. Verwundert über den Schülerdetektiv kam Shuichi Akai alias Subaru Okiya aus dem Wohnzimmer. „Was ist passiert?“ „Miss Jodie“, schnaubte Conan. „Sie…sie…“ Äußerlich wirkte Subaru ruhig, innerlich hingegen besorgt. „Was ist passiert?“, stellte er die gleiche Frage. „Jetzt antworte doch.“ Langsam wurde der FBI-Agent ungeduldig. „Sie…sie war mit Mr. Black im Café Poirot frühstücken.“ Conan schluckte. „Ich sollte für Kogoro einen Kaffee holen, weil er zu faul dafür war. Gerade als ich den Kaffee bekam, hörte ich Miss Jodie und Mr. Black streiten. Dabei hat sie ihn die ganze Zeit als sie angesprochen und dann…“ „Was dann?“ „…sie wollte beweisen, dass sie sich nicht irrte. Zuerst versuchte sie ihm eine mögliche Maske vom Gesicht zu kratzen. Der Streit schaukelte sich weiter hoch und…sie schoss ihm in den Arm.“ „Was?“ Subaru wurde lauter. „Das würde Jodie nicht…“ Er musste schlucken. Der Kloß in seinem Hals fühlte sich dicker an und er ballte die Faust. Für Jodies Verhalten musste es eine andere Erklärung geben. Ein Ziel, welches er noch nicht sah. „Sie war hysterisch und glaubte die ganze Zeit, dass Mir. Black nicht Mr. Black sei. Am Ende wollte sie das Café verlassen und Verstärkung holen. Dabei lief sie Bourbon in die Arme.“ Subaru öffnete nun seine Augen. „Weiter.“ „Bourbon versperrte ihr für einen Moment den Weg. Azusa wollte die Polizei verständigen, aber Mr. Black hielt sie ab. Er wollte die Situation intern regeln. Es sah auch danach aus, dass Miss Jodie ihren Fehler einsah.“ „Ich verstehe“, gab der Agent von sich. „Wer hat Jodies Ausraster bemerkt?“ „Außer uns war zum Glück keiner im Café.“ Subaru überlegte. Sie sollte sich doch melden, wenn es einen Notfall gab. Und was tat sie? Sie handelte unüberlegt, hysterisch und lief Gefahr, vom Fall abgezogen und in die Staaten geschickt zu werden. In seinem Kopf klickte es auf einmal. Das war es. Die Lösung. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. Das war Absicht. Die Puzzleteilchen passten zusammen. James bekam einen Grund um Jodie zurück zu schicken und Bourbon sollte sie decken. „Konnten sie wissen, dass Bourbon in dem Moment rein kommt?“ „Nur wenn sie ihn die ganze Zeit beschattet hätten“, antwortete Conan. Der FBI-Agent verschränkte die Arme. „Verstehe. Dann ist mir die Situation klar.“ „Sie denken, dass es Absicht war?“ Akai nickte. „Sie werden Jodie zurück nach Hause schicken. Ihre Aktion galt der Tarnung. Bourbons Anwesenheit war geplant. Und ich werde herausfinden, was sie damit bezwecken.“ Seine tiefgrünen Augen funkelten bedrohlich. Toru Amuro stieg in seinen Wagen. Er lehnte sich nach hinten, schloss die Augen und gähnte. Dann streckte er sich. „Langweilst du dich nicht, wenn du hier nur rumsitzt?“ Die Gefragte schmunzelte. „Du hast mich doch selbst hier her bestellt.“ Amuro öffnete seine Augen und sah sie an. „Ich hatte heute Besuch vom FBI im Café.“ „Sag bloß, die wollten dich verhaften“, grinste sie. „Nein, die wollten nur frühstücken und sich streiten. Deine, nennen wir sie mal, Feindin, hat vorhin auf ihren Boss geschossen. Dabei war sie der festen Annahme, dass sie dir gegenüber steht.“ „Ist dem so? How exciting“, ahmte sie Jodie als flippige Englischlehrerin nach. „Ist die kleine FBI-Agentin wieder einmal auf der Suche nach mir? Falls du denkst, dass ich dort war. I´m sorry. Das war ich nicht.“ „Mag sein. Dennoch möchte ich wissen, was das FBI vor hat. Sie schicken sie in die Staaten zurück.“ „Sollen sie doch.“ Vermouth zeigte sich unbeeindruckt. „Ich find schon heraus, was sie dort drüben treibt.“ Shuichi saß im Wohnzimmer. Nur mit Mühe konnte er den Grundschüler überzeugen, dass alles in Ordnung war. Er selbst redete es sich auch ein. Seine Theorie war logisch und dennoch gab es einen Teil in ihm, der zweifelte. Eine interne Lösung Nachdenklich und unruhig sah er auf sein Handy. Keine neuen Nachrichten Die Ungewissheit quälte ihn. Jetzt spürte er es am eigenen Leib. Jetzt erst wusste er, wie sich Jodie fühlte. „Verdammt.“ Sie schaffte es noch, dass er seine Prinzipien über Bord warf. Und dann war da noch Camel. Er sollte auf sie aufpassen, sie beschützen und was war? Er war nicht da. Unbehagen breitete sich in dem Agenten aus. Er würde warten. Paar Stunden. Nicht mehr. Spätestens am Abend würde er erneut vor Jodies Tür stehen und antworten verlangen. Beep. Beep. Beep Sofort öffnete er die Textnachricht. Endlich. Als er Jodies Namen im Absender erblickte, fühlte er sich mit einem Mal erleichtert. Ich verlasse Japan und gehe zurück nach Hause. Es ist besser, wenn wir uns erst einmal nicht mehr sehen. Danke für die schöne Zeit. In Liebe. Jodie. Shuichi schluckte. Sie ging. Sie tat das, was er in all den Jahren nicht konnte, was er aber wollte. Sie zog einen Schlussstrich. Ihm wurde mulmig zumute. Ein Leben ohne Jodie, weder als Freundin noch als Kollegin. Unvorstellbar. Das, was er Jahre vorher zu ihrem eigenen Schutz wollte, fühlte sich jetzt so falsch an. *** Jodie brach den Kontakt zu den, in Japan stationierten, Agenten ab. Camel. Shuichi. Nur James erkundigte sich nach ihrem Wohlbefinden. Die Telefonate wurden kürzer, aber sie wusste, dass die Arbeit gegen die Organisation wichtiger war. Ihre eigene Zeit als FBI-Agentin war vorbei. Für das Baby. Sie wollte nicht wie ihr Vater enden. Nicht im Dienst getötet werden, war oberste Priorität eines Agenten. Als alleinerziehende Mutter durfte sie sich erst recht nicht in Gefahr bringen. Jodie strich sich über ihren Bauch. In den letzten Monaten nahm er immer mehr Form an. Er wurde größer und größer. Manchmal fühlte sie sich wie eine Seekuh, vor allem wenn sie mit unterschiedlichen Schuhen rumlief. Jodie zuckte zusammen. „Hey, ich dachte, wir haben eine Abmachung. Nicht boxen“, sprach sie zu ihrem Bauch. Das Baby hatte mehrere Vorlieben. Nachts spielte es gerne Ping-Pong mit ihrer Blase, tagsüber trat es gern gegen den Bauch. Laut Ärztin war es aber ein gutes Zeichen und kein Grund zur Sorge. „Hast du was gesagt, Jodie?“ Anne, eine alte Freundin, die sie nur durch Zufall in New York traf, kam mit einem Tablett und Tee in das Wohnzimmer. Sie selber hatte keine Kinder, war aber sofort zur Stelle. Seitdem wurde sie von Fragen gelöchert und hatte fast keine freie Minute ohne Anne. „Nein. Das ging nur an mein Würmchen.“ „Kennst du eigentlich schon das Geschlecht?“, wollte Anne wissen und stellte das Tablett ab. „Nein“, kicherte Jodie. „Es liegt bei jeder Untersuchung ungünstig. So als wollte es einfach nicht in die Kamera schauen.“ „Was ist mit dem Vater?“ „Der weiß nichts von dem Baby.“ „Jodie…denkst du nicht…?“ „Nein.“ „Und mir willst du auch nicht sagen, wer der Vater ist?“ Jodie schüttelte den Kopf. Anne war einfach neugierig und stellte dauernd die gleichen Fragen in der Hoffnung, endlich eine Antwort zu bekommen. „Ich hab ja immer gedacht, dass du eines Tages mit ihm wieder zusammen kommst, auch wenn ich nicht verstehen kann, was du an ihm findest. Naja…das ist ja vorbei“, meinte sie. „Aber als du mir vor Monaten von der Schwangerschaft erzählt hast…oh mein Gott…Jodie…was wenn er krank gewesen wäre?“ Jodie seufzte. „Müssen wir diese Unterhaltung erneut führen?“, wollte sie wissen. Offiziell war Jodie von seinem One-Night-Stand in Japan schwanger und kannte nur seinen Namen. „Ich will doch nur verstehen, warum du dich auf einen wildfremden eingelassen hast. Das ist doch sonst nicht deine Art.“ „Das warum ist doch egal“, warf Jodie ein. Erneut strich sie sich über den Bauch. „Ich liebe mein Baby und ich kann es kaum erwarten, dass es auf die Welt kommt.“ „Hast du schon einen Namen?“, wollte Anne wissen. „Ah! Gut, dass ich das erwähnt hab. Warte.“ „Anne…“, murmelte Jodie und sah zu, wie die junge Frau in den Flur lief. Nach einer kurzen Weile kam Anne wieder. „Tadaaa…Namensbücher.“ „Anne…“ „Hier, das ist eins mit amerikanischen Namen und ich hab sogar eines bekommen, in dem japanische Namen drin stehen. Na komm, schau es dir wenigstens einmal an.“ Sie war anstrengend, so anstrengend. „Gut…“ Nach nur wenigen Seiten fühlte sich Jodie von den vielen Namen erschlagen. Kai, Sam, Lucas, Noah, Liam, Mason, Emily, Emma, Kira, Maja, Jessica, Sarah, Olivia... Die japanischen Namen waren nicht besser. Yusaku, Sasuke, Shunsaku, Kenzo, Lee, Riku, Hiro, Shiro, Shinji, Koichi, Yuna, Sora, Miyu, Aiko, Mei, Misaki... Jodie schlug das Buch zu. Sie seufzte. „Nichts Gutes?“, wollte Anne wissen. „Du kannst ja auch nach einem geschlechtsneutralen Namen suchen. Zum Beispiel…Chris. Ja, das ist doch ein schöner Name.“ Jodie verengte die Augen. Chris. Chris Vineyard. Vermouth Auch wenn das nur der Name ihrer neuen Identität war, die Assoziation wäre immer vorhanden. „Auf gar keinen Fall. Vergiss es.“ „Warum? Ich find, Chris ist ein schöner Name. Und es würde doch passen. Chris Starling“, meinte Anne lächelnd. „Mein Kind wird auf gar keinen Fall Chris heißen.“ Jodies Stimme wurde lauter. Laut und wütender. „Eh…Ist ja schon gut. Du musst mich nicht anschnauzen. Ich wollt ja nur helfen…aber wenn du nicht willst…“ „Gut. Denn eigentlich ist es egal, was für Namen im Buch stehen, ich weiß schon, wie mein Baby heißen wird.“ „Was? Das hast du mir ja gar nicht erzählt.“ Anne sah sie eindringlich an. „Und?“ „Was und? „Wie nennst du es?“ „Also…wenn es ein Junge wird, wollte ich ihn Ben nennen und ein Mädchen wird Hanako heißen.“ Anne zog die Augenbraue hoch. „Dein Sohn kriegt einen amerikanischen Namen und deine Tochter einen japanischen? Bist du dir sicher, dass du das so machen willst?“ „Erstens, Anne, ist es meine Entscheidung. Und zweitens kann man Hanako mit Hana abkürzen, was wiederrum einen amerikanischen Klang hat.“ „Und warum hast du das nicht bei einem Jungen nicht auch so gemacht?“, wollte sie wissen. „Ich hab keinen passenden Namen gefunden, der mir gefiel.“ „Mhmm…naja solange du ihn nicht Shuichi nennst…äh…`tschuldige, das meinte ich nicht so. Was wäre dir denn für ein Geschlecht lieber?“, plapperte sie auch gleich los. „Das ist mir nicht wichtig. Hauptsache es ist gesund.“ Das Laufen fiel Jodie immer schwerer. Der neunte Monat machte sich bemerkbar. Ihr Knöchel waren geschwollen und lange Fußwege nicht mehr möglich. Eigentlich konnte sie auch auf der Toilette campieren. Alle 30 Minuten befand sie sich eh auf dieser, dennoch machte ihr Baby keine Anstalten auf die Welt zu kommen. Wie oft las sie davon in ihren Ratgebern. Erstgebärende hatten es schwerer. Ihnen tat alles weh und auch die Umstellung war nicht gerade einfach. Auch konnte es mitunter 20 Stunden dauern, wenn nicht sogar länger, ehe das Baby auf die Welt kam. Jodie sah kurz zum Kalender. Zwei Wochen. Dann war Stichtag. Jodie nahm auf der Couch Platz und legte die Füße nach oben. Sachte strich sie sich über den Bauch. „Freust du dich auch schon so?“, wollte sie von ihrem Baby wissen, welches mit einem Tritt antwortete. Sie schmunzelte. „Das ist gut.“ Beep Beep Beep Beep „Hmm?“, murmelte Jodie leise und griff nach dem Handy. „Starling“, meldete sich. „Ich bins, James.“ „James…Willst du jetzt jede Woche anrufen?“, wollte sie von ihm wissen. „Es dauert noch eine Weile bis das Baby kommt.“ „Nein, darum geht es nicht. Verzeih. Wie geht es dir?“ „Wie es eben einer hochschwangeren so geht. Ich kann es kaum erwarten. In zwei Wochen ist Stichtag. Mal sehn ob mein Würmchen ein Spätzünder, Frühstarter oder Perfektionist ist“, schmunzelte sie. „Dann ist…in den letzten Tagen nichts…Ungewöhnliches passiert? Dir ist…auch nichts aufgefallen?“ Jodie setzte sich nun richtig auf. James hörte sich nicht gut an. Sorge breitete sich in ihr aus. „Was ist passiert?“, wollte sie leise wissen. „Du solltest dich besser setzen.“ „Ich sitze.“ „Dann versprich mir, dass du dich nicht aufregen wirst.“ Jodie seufzte. „James, jetzt sag endlich, was los ist.“ „Die Organisation weiß, dass Akai am Leben ist. Subaru Okiya existiert nun nicht mehr.“ Jodie schluckte. „Jodie?“ Sie schwieg. „Jodie?“ … „Jodie?“ Seine Stimme wurde lauter. „Jodie? Jetzt sag doch etwas. Bitte.“ „Meine Fruchtblase ist geplatzt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)