Pride (abgebrochen) von Artem ================================================================================ Kapitel 1: Kae -------------- Ein dumpfer Schlag. Ich wurde mehrere Meter über den unebenen Steinboden geschleudert. Mit zitternden Fingern versuchte ich zu koordinieren, wo ich gelandet war. Hatte ich Wunden? Das war egal. Ich musste wieder aufstehen und weitermachen, kostete es was es wollte. Ich richtete mich aus meiner gekrümmten Haltung auf, langsam, aber schnell genug um einen heftigen Schwindel auszulösen. “Weitermachen. Weitermachen. Weitermachen!“, tönte es in mir. Ich begann mich wieder voran zu bewegen, meine Rippen schmerzten fürchterlich und mein Kopf dröhnte und pochte. Ich sah immer weniger, alles fing an zu verschwimmen und ich erkannte nur noch teilweise meinen Gegner vor mir. Wenn ich aufgab, war alles umsonst. Ich riss meine Augen auf in der Hoffnung, besser sehen zu können und rannte. Ich rannte auf meinen Gegner zu, ich würde diesen Hurensohn endlich in den Boden stampfen. Er grinste herablassend und machte sich auf meinen Frontalangriff bereit. Zu dumm, dass er dümmer war als ich. Ich sprang über ihn, während er dachte einen Angriff blockieren zu müssen und versenkte mein Schwert in seinem Rumpf. Ich ließ das Schwert los und landete auf beiden Beinen. Die Gesichtszüge meines Gegners strafften sich und damit verschwand auch dieses gottverdammte Grinsen. Ich zog mein Schwert aus der Wunde, aus der nun massig Blut quoll. Es verteilte sich auf dem kompletten Boden, hätten wir weiterkämpfen müssen wären wir vermutlich darauf ausgerutscht. Auf einmal fing jemand an zu klatschen. Ich schreckte herum. Hinter mir stand ein Mann – Anfang dreißig, ca. 1,90 groß, dunkle Haare – und das war nicht irgendein Mann. Es war der Chef einer riesigen Organisation, gegründet von und bestehend aus Dämonen. „Glückwunsch…“, sagte er, „…du hast die Prüfung bestanden. Willkommen in der Haupteinheit der Red V’s.“ Ich verstand in dem Moment nicht ganz was geschah. Der Typ, der mich angegriffen hatte, konnte doch nicht etwa von den Red V’s, einer der zwei existierenden Organisationen, gekommen sein? Er hatte mich doch bloß überfallen, so was war ich gewohnt. „Mach dir keine Sorgen um den da“, der Chef deutete auf die blutübergossene Leiche, „Der ist in zwei Tagen wieder auf den Beinen.“ „Ja natürlich, nachdem man ein Schwert quer durch den Körper geschoben bekommen hat lässt es sich ja aber auch leicht weiterleben“, bemerkte ich, nicht mangelnd an Sarkasmus. Der Chef lachte auf, an einen Laternenpfosten gelehnt der die Straße, auf der wir uns befanden, mit spärlichem Licht versorgte. „Müsste eine hübsche Dame wie du nicht erstmal ärztliche Hilfe bekommen?“ Ach genau, ich wäre ja eben beinahe gestorben. Mein Adrenalin ließ auf den Schlag nach und ich sah wieder so schlecht wie vorher. Meine Welt begann sich zu drehen, meine Beine ließen nach und ich klappte zusammen. So blöd es auch gewesen sein mag – mein Kopf schlug auf der Straße auf und ein schrecklich lauter Ton in meinen Ohren brachte mich fast um den Verstand. Er wurde lauter und lauter, ich griff mir an den Kopf und spürte warme Flüssigkeit – Blut. Stand der Chef nicht gerade noch neben mir? Konnte er mir nicht helfen? Was war denn los? Ich versuchte krampfhaft wach zu bleiben, was mir jedoch nicht gelang. Meine Augen klappten zu, bis ich zwei Arme spürte die mich ganz meiner Vermutung nach hochhoben. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal beurteilen konnte wo oben und wo unten war, ich ging davon aus einen warmen Körper zu fühlen. Eine Brust, ein Herz das schlug. Ich merkte es genau an meinem Kopf. Wurde ich getragen? Dann verlor ich das Bewusstsein. Ich bekam nur bruchstückhaft mit, wie mir eine tiefe Stimme zuflüsterte dass alles gut werden würde. Kapitel 2: Adrian ----------------- Ich saß in dem kahlen, weißen Krankenzimmer und betrachtete die Frau im Bett vor mir, die ich eben noch blutüberströmt und ohnmächtig ins Gebäude getragen hatte. Sie war nach Stunden immer noch nicht zu sich gekommen, kein Wunder, nach dem Kampf den sie geleistet hatte. Der Chef sagte mir ich solle auf sie aufpassen und warten bis sie aufwacht. Erst hatte ich sie von der Straße zu kratzen, dann hatte ich auf sie aufzupassen. Was kam denn noch, sollte ich ihr auch die Füße massieren, vielleicht ja noch die Nägel feilen? Ob nun jemand mit ihr im Raum war wenn sie aufwachte oder nicht, das machte doch keinen Unterschied. Sie war eine Kriegerin, es hätte sie nicht umgebracht. Ich schloss die Augen und legte den Kopf an die Lehne des Sessels in dem ich saß. Warum musste denn gerade ich diesen Job machen? Ich hatte besseres zutun, beispielsweise war ich dazu gezwungen ein Date mit einer Frau abzusagen, bei der der Sex danach unglaublich gewesen wäre. Da kostete mich die kleine Schnepfe vor mir nicht nur die Nacht sondern auch noch eine perfekte Gelegenheit für ein erotisches Abenteuer. „Wer zur Hölle bist du?“, kam es von vorne. Ich öffnete die Augen und sah die Frau, die man besser als Mädchen bezeichnen sollte, aufgerichtet neben dem Bett stehen. Ich musterte sie, sie hatte mäßig lange, glatte rote Haare die ihr mit einem Pony ins Gesicht fielen. Besonders groß war sie nicht, sie hatte einen kurvigen, aber doch recht zierlichen Körper. Wie alt war sie, sechzehn? „Wer bist du?“, wiederholte sie mit scharfem Ton, den einen Arm angewinkelt. „Ich bin Adrian, dein Retter in der Not“, antwortete ich. Ich stand auf und hielt ihr die Hand hin. „Und wer bist du, wenn ich fragen darf?“ Sie nahm meine Hand nicht und fragte stattdessen: „Was genau meinst du mit ‚Retter in der Not’?“ Sie sah mich skeptisch an, mehr als wollte sie mich nicht für voll nehmen. Ich beugte mich leicht zu ihr herunter, im Gegensatz zu meinen 1,96 wirkte sie wie ein Zwerg. „Ich wurde beauftragt dich von deinem kleinen ‚Kampfplatz’ wegzubringen und hier zu warten, bis du wieder zu dir kommst.“ Ich lächelte ihr leicht hämisch zu, was sie mit einem abfälligen Schnauben abtat und die Arme verschränkte. „Gibt es hier irgendwo Kleidung? Dieser Krankenhausfetzen ist nicht gerade mein Fall“, äußerte sie und zupfte an ihrer weißen Kluft. „Der Chef hat etwas für dich bereitlegen lassen. Der behandelt dich ja wie eine Prinzessin, alle Achtung“, sagte ich und deutete auf eine Tasche die neben dem Sessel stand. „Und wenn schon, er scheint das mit deiner Anwesenheit hier ja wieder ausgeglichen zu haben“, zischte sie und öffnete die Tasche. Wie war das? Mit meiner Anwesenheit ausgeglichen? Was dachte sie denn, wer sie durch die halbe Krankenstation getragen hatte? „Du heißt Adrian, oder? Gut, Adrian, dann würde ich dich jetzt bitten zu gehen. Ich komme alleine klar, hier brauche ich keinen ‚Retter in der Not’ mehr.“ Sie lächelte theatralisch und nahm sich ein paar Kleidungsstücke aus der Tasche. „Das geht nicht. Ich soll dich noch zum Chef bringen, du bist zum ersten Mal hier im Hauptsitz. Du hast weder Ahnung davon wo das Büro vom Chef ist, noch wo du überhaupt irgendeinen Raum findest.“ Ich lehnte mich gegen die Wand und steckte die Hände in die Hosentaschen meiner Jeans. „Also, wie heißt du jetzt?“, fragte ich leicht genervt. Das Mädchen blickte mich mindestens genauso angenervt an und begann mich zu beäugen. „Ich heiße Kae“, antwortete sie stumpf und machte sich auf den Weg zur Toilette des Krankenzimmers, vermutlich um sich umzuziehen. Sie ergriff die Türklinke und drückte sie runter, dann stoppte Kae. „Ich habe viel über dich gehört, Adrian. Ich weiß nicht ob alles stimmt, aber von dem was ich gehört habe ist bei mir kein positives Bild von dir entstanden.“ Ich grinste. Natürlich stimmte alles. Ich war genau das, was alle über mich sagten. Und ich war komplett zufrieden damit. „Weißt du, Kae, allein die Tatsache, dass ich schon übergreifend bekannt bin, zeichnet doch aus dass ich was drauf habe, oder? Ist das nicht positiv genug?“ Sie drehte ihren Kopf leicht zu mir und funkelte mich an. „Du bist bekannt dafür Herzen zu gewinnen und sie dann wieder zu brechen. Was ist daran positiv?“ „Das Positive ist der Sex, bevor ich das Herz breche.“ Ich grinste noch ein bisschen mehr. Kae drehte sich wieder um und ging in das Badezimmer. Kurz bevor sie die Tür schloss vermerkte sie: „Sex für eine Nacht kann man auch ohne gebrochene Herzen bekommen.“ Kapitel 3: Kae -------------- Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und ich verriegelte sie. Ich war nun Teil der wichtigsten Einheit meiner Organisation. Ich würde in diesem Krieg mehr bedeuten als vorher. Ich war nicht mehr einfach eine Kriegerin. Das musste ich erstmal realisieren. Ich guckte mich um. Eine Toilette, Waschbecken, Dusche. Ein ganz normales Badezimmer. Als ich begann mich umzuziehen hörte ich, wie im anderen Zimmer die Tür aufging. Es folgten ein paar Stimmen, vermutlich eine Krankenschwester und Adrian, der mit ihr flirtete. Etwas anderes konnte ich von ihm nicht erwarten, ich kannte ihn gerade mal ein paar Minuten und konnte ihn jetzt schon nicht leiden. Ich wollte ihn endlich loswerden, seine Existenz bereitete mir nicht besonders Freude. Ich zog mir das unbequeme Krankenhaushemd über den Kopf und kleidete mich stattdessen mit einer Jeans, einem weiten Shirt und Sweatjacke aus, ungefähr das was ich jeden Tag trug. Mode war mir relativ egal, ich kam mit meinem Style zurecht. Ich war trotzdem überrascht dass der Chef mir genau das bereitlegte, was ich als mein Alltagsoutfit bezeichnen würde. Hatte er mich vorher gestalkt, oder so? Plötzlich tönte ein lautes Geräusch aus dem Nebenzimmer, in etwa als würde etwas Großes zerbrochen sein. Ich ignorierte es für den Moment und ging davon aus, jemand hätte ein Gerät oder ähnliches umgeschmissen. Auf dem Waschbecken entdeckte ich ein Zopfgummi und war dabei mir damit die Haare hochzubinden, als auf einmal Adrian durch die Tür einbrach. Ja, er brach wohl eher mit der Tür ein; sie lag aus den Angeln gehoben auf dem Boden und Adrian oben drauf. Entgeistert schreckte ich zurück und klammerte mich ans Waschbecken. Wie kam er denn auf die Idee die Tür zu zerstören? Hätte er nicht einfach anklopfen können? Adrian richtete sich auf während sich hinter ihm ein anderer Mann aufbaute. Ich verstand nicht, was das alles sollte. „Warum… was?“, stammelte ich. Adrian stellte sich vor mich. Der Mann, der ihn nach meinen Folgerungen sehr wahrscheinlich durch die Tür gerammt hatte, gab ein wolfsähnliches Knurren von sich. Seine Augen färbten sich gelb und seine Pupillen formten sich zu schlitzen. Er fletschte die Zähne. Adrian stellte sich näher vor mich und versperrte mir die Sicht. „Sobald du auch nur einen Fuß in dieses Badezimmer setzt bist du tot“, drohte er. Der Mann stoppte. Er verengte seine Augen und sah Adrian misstrauisch an. Dann brach er in großes Gelächter aus. „Was willst du denn schon tun? Du bist ein mickriger Krieger, von denen haben wir hier jetzt massenweise. Also hau ab, ich würde den dreckigen Aswang hinter dir gerne beseitigen.“ Dreckiger Aswang. Das war ich, ich war ein Aswang. Eine Kreuzung aus Vampir und einer anderen Dämonenart, welche war unbekannt. Wir Aswang waren selten, aber genauso selten gemocht. Wir galten als dreckig, unwürdig, eine Nebenwirkung der Evolution. Das war der Grund, warum der Chef mich bewachen ließ. Er wusste, dass genau das passieren würde. Dass einer nicht damit klarkommen würde, dass ich nun in der Haupteinheit kämpfte. Wieder sah ich mich in dem Zimmer um. Nichts Waffenähnliches, wenn ich mich verteidigen wollte dann mit dem Körper. Adrian bewegte sich nicht, auch nachdem er aufgefordert wurde mich freizugeben. Natürlich, es war seine Aufgabe mich zu beschützen, trotz derer war es mir unangenehm von jemandem verteidigt zu werden den ich vor ein paar Minuten noch wegschicken wollte. Der Mann, der immer mehr die Gestalt eines Wolfes annahm, ließ sich von Adrians Drohungen nicht beirren und stapfte in das Zimmer hinein. Mir fiel auf, dass ich mich vermutlich auch schwierig mit dem Körper verteidigen könnte, da ich außer Socken nichts an den Füßen trug und vom Kampf am vorherigen Tag immer noch Verletzungen an Rippen und Händen besaß. Nicht nur da, ich ging stark davon aus, noch weitere innere Verletzungen waren über. Wenn Adrian schlapp machte, würde der Kerl mich umbringen. Er war ein Werwolf, das war nun nicht mehr zu leugnen. Was Adrian für eine Art von Dämon war, war mir unbekannt, genauso wie stark oder schwach er war. Für seinen menschlichen Körper wäre nicht auszuschlagen dass er stark wäre, er war erstens riesig, zweitens sah man sogar durch sein Shirt Muskeln und drittens wurde er bestimmt auch nicht ohne Grund beauftragt, mich zu bewachen. Als der Werwolf Anstalten machte, Adrian von seinem Standort weg zu schlagen, bewegte er sich immer noch nicht. Was machte er denn? Wenn er sich nicht bald rühren würde bekäme er eins übergebraten und ich würde nicht mal hinter seinem Rücken hervorkommen, weil er mir zum einen die Sicht und auch noch den Weg versperrte. Der ca. zwei Meter große Mann holte aus, schlug zu und – Adrian blockierte. So, als wäre es nichts, was er da gerade gehalten hätte. Von Sekunde zu Sekunde schlug er ebenfalls zu, allerdings so schnell dass der Mann nicht mehr blockieren konnte und traf ihn direkt ins Gesicht. Der Werwolf fiel zu Boden und regte sich nicht. Wie heftig hatte er denn zugeschlagen? Adrian drehte sich um, packte mich an der Taille und warf mich über seine Schulter. „Wir müssen hier weg. Jetzt“, brummte er und nahm Kurs auf den Türrahmen, dem die Tür fehlte, und trug mich aus dem Zimmer über den Flur. Es war komplett leer, es musste wohl Nacht gewesen sein, was ich erst jetzt bemerkte. „Ich kann sehr gut alleine laufen. Hab ich über die Jahre gelernt“, giftete ich und versuchte mich aus Adrians Griff zu winden. Ohne Erfolg, der Kerl hatte eine unglaubliche Kraft. „Hey, hörst du mich? Lass mich runter!“, rief ich gereizt, doch Adrian ignorierte meine Versuche mich zu lösen. „Du hast keine Schuhe an, deine Verletzungen sind noch nicht verheilt und dein letzter Kampf ist weniger als sechs Stunden her. Wenn ich dich jetzt alleine laufen lasse zerstörst du dich selbst schneller als es dir passt“, entgegnete er. Ich gab es auf. Er war zu stark dass ich mich loseisen könnte und von selber würde er mich auch nicht herunter lassen. So trug er mich, bis wir ankamen, an einem Raum von dem ich vermutete es wäre das Büro des Chefs. Schließlich sollte er mich dahin bringen und könnte dann endlich von mir ablassen, eine Erleichterung für uns beide. Er klopfte an die Tür, dann setzte er mich auf dem Boden ab. „Deshalb sollte ich also auf dich Acht geben“, murmelte er ohne mich dabei anzusehen. Vielleicht hatte er ja auch etwas gegen Aswang, dann würde er sich wenigstens von mir fernhalten. Kapitel 4: Adrian ----------------- Ich sah geradeaus auf die Tür, die sich hoffentlich bald öffnete. Ich verstand, warum der Chef die ganzen Maßnahmen für Kae eingeleitet hatte, sie schwebte in großer Lebensgefahr. Und das würde sich auch nicht ändern, solange es weiter Dämonen in der Haupteinheit geben würde die die Aswang nicht als würdige Art akzeptierten. Es gäbe immer wieder welche, die Anschläge auf sie ausüben würden. Ich hoffte, der Chef wäre sich über Kaes Lage bewusst und halte sie für stark genug, hier im Hauptsitz zu kämpfen. Es wäre mir eigentlich egal gewesen, was mit Kae passieren würde, allerdings nicht ob ich weiter den Bodyguard für sie machen musste. Ich hatte auch ein Leben. Die Tür öffnete sich und auf dem Gesicht des Chefs bildete sich ein Lächeln, als er Kae erblickte. „Du bist wach. Hat Adrian dir genug Schutz geleistet?“, wollte er wissen und sah zu mir herüber. Kae öffnete den Mund, doch bevor sie etwas sagen konnte übernahm ich das Wort. „Mehr als das. So ein kranker Werwolfstyp wollte sie zu Hackfleisch verarbeiten, hat von ‚Verunreinigung der Einheit’ und ähnlichem gefaselt.“ Kae guckte mich an und verzog ihre Lippen zu einem leichten Lächeln, wahrscheinlich weil ihr bewusst wurde, dass ich ihr das Leben gerettet hatte. Von dem übermäßig selbstbewussten Mädchen änderte sich ihre Ausstrahlung zum verschämten, beachtet dass sie mich vor kurzer Zeit noch wie ein Stück Dreck angesehen hatte. Aus irgendeinem Grund ließ mich das grinsen, ein kleiner Triumph gegenüber einem kleinen Mädchen. Wobei ich ihr Alter weiterhin nicht wusste, sie sah nun mal aus wie ein kleines Mädchen. Es interessierte mich auch weniger. Der Chef hob sein Kinn an und betrachtete Kae, zunächst sie als Ganzes und dann ihre Füße, an denen immer noch die Schuhe fehlten. „Wir… hatten es eilig“, lächelte sie und legte eine Hand an ihren Nacken. Der Chef zog eine Augenbraue hoch und sah zu mir, ich lächelte ebenfalls. „Gut, ich werde dafür sorgen dass du etwas an die Füße kriegst. Kommt ihr beide erst einmal herein, ich lasse euch hier ungern auf dem Flur stehen“, sagte er und machte eine einladende Geste. Wir traten in das Büro und ließen uns auf jeweils einem der Sessel nieder, die vor dem Schreibtisch standen. „Also, Kae. Zuerst: Herzlich Willkommen, hier im Hauptsitz. Ich freue mich, dass du für unsere Einheit kämpfst.“ Der Chef hatte sich hinter dem Schreibtisch auf seinen Bürostuhl gesetzt. Er duzte jeden von uns, wir Krieger beließen es trotzdem bei dem ‚Sie’. Es gehörte sich nicht, einen Vorgesetzten zu duzen. Vor allem nicht den Chef der kompletten Organisation. Er fuhr mit seiner Rede fort. „Wie du weißt, wird der Krieg zwischen unserer Organisation, den Red V’s, und der feindlichen, den Ao’s, immer brenzliger. Da wir umso mehr Angriffe hier im Hauptsitz haben, brauchen wir natürlich auch mehr Krieger im Gebäude. So weit, so gut. Du bist allerdings ein kleiner, wie soll ich sagen, Ernstfall? Du bist eine sehr starke Kriegerin, deine Technik ist nahezu perfekt. Aber, ich denke dir ist bewusst, dass nicht jeder mit deiner Anwesenheit ganz zufrieden ist. Du bist ein Aswang, das macht diese Situation schwer. Aber ich brauche dich hier. Wir können auf ein so starkes Glied wie dich hier nicht verzichten.“ Er griff nach einer Tasse Kaffee und nahm einen Schluck. Kae spielte etwas bedrückt an einem Band ihrer Jacke. Sie wusste, was auf sie zukommen würde und auch, in welcher Gefahrenzone sie sich bewegte. „Nun denn.“ Der Chef stellte seine Tasse wieder an ihren Platz. „Kommen wir zu einem anderen Thema. Deine Unterkunft“, begann er. Kae guckte von ihrem Gefummel an der Jacke auf. Anscheinend interessierte sie das eher als die Tatsache, dass sie möglicherweise in nächster Zeit draufgehen würde. Was ist schon der Tod gegen eine Wohnung? „Leider müssen wir ja wie gesagt schon viele andere Krieger in bereitgestellten Wohnungen unterbringen, daher wirst du in eine andere, schon bewohnte Unterkunft gebracht. Und da kommt auch Adrian wieder ins Spiel.“ Der Chef drehte seinen Kopf in meine Richtung. Mir graute, was kam. Ich wohnte alleine. Meine Wohnung war groß. Ach du Scheiße. „Adrian, ich muss dich bitten, Kae für die Zeit die wir brauchen um eine Wohnung für sie zu finden, bei dir wohnen zu lassen.“ Und da war es, das Ende meines Privatlebens. Ich sah zum Chef, dann zu Kae, die ihrem Gesichtsausdruck nach genauso wenig Spaß an der Sache hatte wie ich. „Wie lange sollte das denn dauern? Kann man nicht eine andere Wohnmöglichkeit finden?“, wandte sie ein. Der Chef schüttelte den Kopf. Ja geil, ich wohnte doch nicht umsonst alleine. Ich hatte meine Gründe. „Wie lange genau würde mich auch interessieren“, äußerte ich. „Es wird lediglich für ein paar Monate sein“, antwortete der Chef gelassen. Ich versteifte mich. War das sein Ernst? ‚Lediglich ein paar Monate’ waren mehr als zu viel! Kae stemmte sich leicht aus dem Sessel, sie hatte die Augen weit aufgerissen, als würde sie Panik vor den nächsten Monaten haben. Die hatte ich auch, aber wie. „Chef, dass muss doch nicht… ich meine, ich kann mir doch auch eine eigene Wohnung suchen. Das wird schon nicht so…“ Der Chef fiel Kae ins Wort. „Von welchem Geld willst du dir eine Wohnung suchen? Wir stellen einen Unterhalt für euch aus, der ist aber nur für Nahrung, Kleidung und andere Bedürfnisse gedacht. Die möblierte Wohnung stellen wir bereit, das Geld würde dafür nicht reichen.“ Unbehagen zeichnete sich auf Kaes Gesicht ab. Sie sah mich an, ich sah sie an und drehte das Gesicht wieder dem Chef zu. „Wenn es nicht anders geht, soll es so sein. Aber ich werde nicht weiter den Beschützer für Madame Ach-so-stolz machen. Ich habe nämlich auch meinen Stolz und werde nicht gerne als Bodyguard missbraucht“, sagte ich, während ich mich mit den Ellbogen auf meine Knie stützte. „Das musst du auch nicht, Kae kann sehr gut auf sich selbst aufpassen, nicht?“ Der Chef machte eine Kopfbewegung in Richtung Kae, die etwas angepisst bejahte. „Also…“, ich schwang meine Hand zu Kae, „…auf ein gutes Zusammenleben.“ Etwas belustigt schnaubte sie aus. „Ja, auf jeden Fall Monsieur Schürzenjäger.“ Und wieder wich sie dem Handschlag aus. Auf Körperkontakt stand sie wohl nicht. Kapitel 5: Kae -------------- Es war schon wieder fast morgens, die Sonne ging langsam auf und steckte nach und nach ein paar Strahlen mehr durch die Fenster. Nach dem Gespräch mit dem Chef waren wir in Adrians Wohnung gegangen. Sie war groß, modern und – wie es sich wohl für eine Männer-Single-Wohnung gehörte – komplett unaufgeräumt. Hier und da lagen benutzte Kleidungsstücke, Handtücher, Pornohefte, leere Bierdosen und am Fenster ein paar Zigarettenstummel. Zumindest rauchte er demnach am Fenster und nicht die ganze Wohnung voll. Ich lag auf der Couch, die wohl für die nächste Zeit mein Schlafplatz sein sollte. Stundenlang lag ich schon wach, alles was ich hörte waren draußen wenige Autos und Adrians ruhiger Atem, während er ein paar Meter weiter in seinem Riesenbett schlief. Ich setzte mich auf und verspürte ein leichtes Hungergefühl, also tapste ich leise zum Kühlschrank, der praktischerweise gar nicht so weit weg von der Couch platziert war. Gespannt, was ich darin finden würde, öffnete ich die Tür. Was eine Überraschung, so gut wie nichts Essbares war vorzufinden. Alles was mir der Anblick bat waren Bierdosen, Energy Drinks und ein Glas saure Gurken. Von was ernährte sich der Kerl? Und davon mal abgelassen, was zur Hölle wollte er mit einem einzigen Glas Gurken? „Was machst du an meinem Kühlschrank?“ Ich zuckte zusammen. Adrian war wach geworden. „Kauf dir gefälligst dein eigenes Essen“, befahl er. Ich drehte mich um. „Willst du den Inhalt da wirklich als Essen bezeichnen?“, sagte ich und deutete auf den offenen Kühlschrank. „Essen oder nicht, von mir bekommst du nichts. Geh und kauf dir eigenes Zeug, die Straße runter ist ein 24h-Shop.“ Adrian stand mit verschränkten Armen an eine Säule direkt neben der Couch gelehnt, mit nichts als Boxershorts bekleidet. Er war wirklich heiß, ohne Ausrede. Seine dunklen Haare hingen ihm ins Gesicht, passend zu den genauso dunklen Augen. Muskeln zierten seinen Oberkörper und er trug eine lederne Kette, an der ein silberner Anhänger in Form eines Kreuzes hing. Er wäre genau mein Typ und Beuteschema, nur blöd dass ich ihn nicht ausstehen konnte. Vor einer Zeit hatte er mal mit einer Freundin von mir geschlafen, deren Herzschmerz ich dann beseitigen durfte. Vor solchen Kerlen sollte man sich in Acht nehmen. „Du willst eine junge Frau nachts alleine auf die Straße lassen? Noch dazu in so einem Viertel?“, fragte ich mit erhobenen Händen. Adrian neigte den Kopf zur Seite. „Mir ist völlig egal was du machst und was mit dir passiert. Wenn dich jemand vergewaltigt ist das nicht mein Problem.“ Was für ein sinnliches Beispiel. Ich knallte die Kühlschranktür zu und stapfte an Adrian vorbei, zu der Tasche mit meinen Klamotten. Ich kramte darin, um etwas zu finden was dicker als meine Sweatjacke war, vergebens. Es war deutlich kalt draußen und in einer Sweatjacke würde ich erfrieren. Jedenfalls so gut wie; es schneite schon. Ich seufzte. Die ganze Straße lang laufen und mir dabei den Arsch ab zu frieren war dieser Mitternachtssnack nicht wert. Also ging ich wieder, sichtlich frustriert, auf die Couch zurück und ließ mich nieder. Adrian stand immer noch an die Säule gelehnt und betrachtete mich. Vielleicht sah er auch an mir vorbei auf eins der Pornohefte, das wie die anderen auf dem Boden lag. Er hatte sich nicht mal die Mühe gemacht sie wegzuräumen, schämen tat er sich dafür auch nicht. „Na, doch keinen Hunger mehr?“, fragte er, mit hochgezogener Augenbraue. „War dir nicht egal was mit mir ist?“, fauchte ich. Er lachte leise auf. Von Zeit zu Zeit verstärkte sich in mir das Gefühl, er amüsierte sich über meine Art ihm gegenüber. Ach, sollte er doch machen was er wollte. Dann stieß er sich von der Säule weg und ich hoffte, dass er sich endlich zurück in sein Bett legen und die Klappe halten würde. Himmel, er tat es nicht, stattdessen setzte er sich zu mir auf die Couch. Das war so ziemlich das, was ich am wenigsten wollte. „Was wird das, wenn ich fragen darf?“, knurrte ich. „Meinst du nicht du hast eine ziemlich manipulierte Einstellung auf mich? Ich meine, sieh mich an, jede andere Frau würde bei meinem Anblick dahin schmelzen“, äußerte er. Adrian machte eine ausladende Bewegung über seinen Körper. Bitte? Wie kam er denn jetzt darauf, sich erst zu mir zu setzen und mir dann von seinem ach so unglaublichen Körper zu erzählen? Ich hörte wohl nicht richtig. „Adrian, was hast du für Probleme? Ich interessiere mich weder für dich, noch für deinen Anblick und es geht mir auch am Arsch vorbei wie meine Einstellung zu dir ist. Du bist und bleibst ein Ladywinner, der so einige verliebte Frauen in unendlichen Liebeskummer gestürzt hat. Wenn du Sex willst, such dir doch Frauen, die auch nur eine Nacht mit dir wollen. Aber mach was du willst, ändert nichts an meiner Sicht über dich.“ Ich hob meine Beine auf das Sofa und faltete sie zu einem Schneidersitz. „Aber wo bleibt denn dann der Spaß?“, fragte Adrian verschmitzt. Meine Miene verfinsterte sich. Konnte er nicht, gottverdammt, einfach abhauen? „Wenn eine Frau das Gleiche will wie man selbst, ist der Sex schnell getan. Aber…“, Adrian guckte seitlich zu mir, „…wenn man ihr die Ewigkeit verspricht, bekommt man meistens mehr als man am Anfang erwartet hat.“ Wie ich ihn verabscheute. Er nutzte Gefühle für seine eigene Befriedigung aus. „Verschwinde, Adrian“, zischte ich. Er lehnte den Kopf nach hinten und legte seine Hände in den Nacken. „Das ist meine Wohnung, ich gehe und bleibe wo ich will.“ Das reichte, ich wollte keine Sekunde länger mit jemandem wie ihm in einem Raum verbringen. Ob er mich nun gerettet hatte, hin oder her, er war arrogant und ich mochte ihn nicht. Außerdem war es sein Job mich zu beschützen, aus eigenem Handeln wäre das nie entstanden. Ich sprang vom Sofa auf und warf meine Jacke über. Minusgrade draußen waren egal. Ich steuerte auf die Tür zu, als plötzlich der halbnackte Adrian vor mir stand. Ich wäre beinahe gegen ihn gelaufen, wie kam der so schnell dahin? „Wohin so eilig?“, fragte er, den Kopf leicht geneigt. Ich schnaubte. „Weg von dir und dieser Wohnung“, antwortete ich gereizt. Adrian zog die Brauen hoch und sah mir ins Gesicht. Ich tat es ebenfalls, auch wenn ich bei der fehlenden Beleuchtung nur die Ansätze seiner markanten Gesichtszüge sehen konnte. Er kicherte. „Hab ich dich schon in die Flucht geschlagen?“ Er trat einen Schritt näher an mich heran, zwischen unseren Gesichtern lag nur noch eine Handbreite Entfernung. „Und wie du das getan hast. Jetzt würde ich aber auch gerne weiterflüchten, also geh mir aus dem Weg.“ Ich ging ebenfalls ein wenig näher an ihn, sodass ich schon seinen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. In einem schlechten Film hätten wir uns da vermutlich geküsst. Sein Atem war warm, eine Abwechslung zu der Kälte in der Wohnung. Mit Heizungen hatte er es wohl nicht so. „Wird das hier jetzt eine Art Flirten?“, säuselte Adrian herablassend. „Oh ja, und gleich hüpfe ich mit dir ins Bett und flehe dich an mich nie wieder zu verlassen“, warf ich im quasi ins Gesicht. Kapitel 6: Adrian ----------------- „Pardon, ich verführe keine minderjährigen Mädchen“, entgegnete ich Kaes Sarkasmus. Sie lachte. „Minderjährig? Ich bin 22.“ Ich hob die Augenbrauen. 22? Für ihr Alter sah sie verdammt jung aus. Nicht, dass es ihr an Weiblichkeit fehlen würde, sie hatte mehr Kurven als so manch andere 22 Jährige. „Abgesehen davon wärst du der Letzte mit dem ich schlafen würde“, stellte sie fest. Sie stand immer noch in unmittelbarer Nähe von mir, ich konnte fast schon ihre Körperwärme fühlen. Sie wartete weiter, dass ich ihr den Weg freigeben würde, damit sie die Wohnung verlassen könnte. Aber das würde nicht passieren, ich hatte, verdammt noch mal, Spaß daran sie zu nerven. „Ziehst du jetzt endlich mal ab, oder hast du vor mir bis zum Nachmittag hier die Laufbahn zu blockieren?“, fuhr sie mich an, die Arme verschränkt. Oh ja, und wie ich das vorhatte. „Hör mir mal zu. Du kennst mich nicht mal und trotzdem behandelst du mich wie das letzte Arschloch. Wie wär’s, wenn wir uns beide erstmal kennen lernen?“, fragte ich. Ich konnte sie womöglich genauso wenig ausstehen wie sie mich, das lag aber wohl eher an der Art, mit der sie mir entgegen kam. „Und dann? Meinst du, du bekommst mich damit besser ins Bett?“, japste sie theatralisch. Kae ging also schon davon aus, ich wollte sie nageln? Das war ja wohl ein weit entfernter Traum für sie. „Du glaubst, das würde ich wollen? Wovon gehst du denn aus, wer du bist?“, lachte ich. Kae neigte den Kopf seitlich und betrachtete meine Reaktion. „Ich gehe davon aus, eine Frau die mit einem schlechten Lover in einer Wohnung zusammengepfercht wurde zu sein.“ Schlechter Lover? „Wie kommst du jetzt auf die Idee, ich wäre schlecht?“, gab ich von mir. „Du schläfst mit Frauen nicht mehr als eine Nacht. Wenn sie einen guten Eindruck von dir gehabt hätten, bekämst du doch mehr als eine Nacht, nicht? Demnach denke ich, dass du einen schlechten Eindruck hinterlässt.“ Kae lehnte sich ein wenig nach hinten, weg von mir. Ich überlegte, ob es das wert war, mit ihr zu diskutieren, wie gut ich im Bett war. Natürlich war ich gut, ich war der Beste, keine Frage. Aber Kae sah nicht so aus, als ob sie mir glauben würde. Ich steckte zwei Daumen in meine Boxer und hob mein Kinn. „Und warum krallst du daran fest, ich wäre ein unangenehmer Mensch? Schließlich war ich so gütig dich vom Krankenzimmer ins Büro zu tragen“, unterstellte ich ihr. Kae rollte mit den Augen und erwiderte: „Adrian. Es war dein Job, dein Auftrag, mich am Leben zu halten. Und dass du ein unangenehmer Mensch bist, liegt daran dass du nicht gerade Rücksicht auf die Gefühle von so einigen Frauen nimmst. Den meisten, wenn nicht sogar allen“, begründete sie. Ich lehnte mich zurück, an die Tür die ich Kae weiterhin versperrte. „Aber, ich muss sagen: Kae, ich habe von dir auch viel gehört.“ Kae sah mich finster an. „Was denn beispielsweise?“, fragte sie, deutlich schlecht gelaunt. Es machte mir immer mehr Spaß, ihre Laune in den Abgrund zu stürzen. „Was ich alles gehört habe? Nun…“, begann ich, „…zum Beispiel dass du die größte Schlampe deiner früheren Einheit warst. Dass du dich schon durch die halbe Welt gevögelt hast, dass du es mit so ziemlich jedem treibst. Und, entspricht das der Wahrheit?“ Ich beugte mich zu ihr hervor. Sie lächelte. „Nein, nicht ganz. Ich treibe es nicht mit jedem. Ich suche mir jemanden aus, der mir gefällt, oder von dem ich gehört habe, er wäre gut. Der Rest könnte schon stimmen, aber ich habe auf Gerüchte über mich noch nie wirklich geachtet“, berichtete sie, weiter lächelnd. Sie lächelte nicht herzlich, eher schelmisch. „Aber…“, sagte sie, „…dafür suche ich mir dann wenigstens Männer aus, die auch nur einen One-Night-Stand wollen, und nicht eine ganze Ewigkeit.“ Es stimmte also, sie war ein Flittchen. Ein heftiges Flittchen sogar, und sie stand direkt vor mir. Wenn ich gewollt hätte, hätte ich sie mir direkt schnappen können. Aber das war nicht der Fall, ich hätte genauso in eine Bar gehen können, und es wären wahrscheinlich gleich drei Frauen auf mich zugekommen, von der ich mir eine hätte aussuchen können. Wenn nicht sogar alle auf einmal. Ich begann zu grinsen, bei dem Gedanken daran. Kae seufzte angenervt. „Weißt du was, vergiss es. Du kannst an der Tür gerne weiter stehen bleiben, ich hab keinen Bock mehr.“, sagte sie, während sie sich auf den Weg zurück auf die Couch machte. Kapitel 7: Kae -------------- Ich streckte mich, während ich meinen Schlafplatz ansteuerte. „Gibt das Flittchen schon auf?“, rief Adrian mir hinterher. „Ja, das tut es. Du kannst es jetzt sein Leben lang damit aufziehen“, rief ich durch ein Gähnen zurück. Super, ich wurde endlich mal müde. Ich sah an mir herunter und entschied mich, mich aus der Skinnyjeans und dem restlichen Outfit zu schälen, um mir etwas Bequemeres anzuziehen. Da fiel mir dann leider glatt wieder ein, dass ich in dieser Stadt keine anderen Klamotten außer die vom Chef bereitgelegten, in der Sporttasche direkt neben der Couch besaß. Das bedeutete auch: ich besaß nichts anderes als zwei dunkle Skinnyjeans, zwei weite schwarze Shirts, eine genauso schwarze Sweatjacke, Sport-BH, passende Höschen und ein Paar rote Chucks. Das war mein ganzes Eigentum. Ich würde selbstverständlich, wenn ich meinen ersten Unterhalt bekam, einkaufen gehen, aber die Tage musste ich damit auskommen. Wie schön, dass ich nicht mal Shorts besaß, um die in Kombination mit einem der Shirts als Pyjama zu nutzen. Ich hätte auch Adrian fragen können, ob er eine Boxershorts für mich gehabt hätte, aber dann schlief ich doch lieber im Slip als in den Boxern eines Egozentrikers. Adrian stieß sich von der Tür weg und bewegte sich weiter in den Raum – er guckte sich in dem Loft um, womöglich weil er nicht wusste was er machen sollte. Dann blieb sein Blick an mir kleben, an mir, wie ich dabei war mich aus der Jeans zu befreien. Wie ich es liebte, dabei beobachtet zu werden meine Hacken aus der Hose zu zwängen. Diese engen Röhrendinger auszuziehen war echt eine Kunst für sich. „Nichts Besseres zu tun als zu glotzen?“, fauchte ich. Adrians Lippen umspielten ein Grinsen – wie oft ich das schon zu Gesicht bekommen hatte, obwohl ich ihn nicht mal mehr als einen Tag kannte. „Ich genieße die Stripshow“, witzelte er. Ein unglaublich guter Witz, er hätte Stand-Up Comedian werden sollen. Als ich mich letztendlich von meiner Hose befreit hatte und meine Jacke ans Kopfende des Sofas warf, stand ich mit nichts mehr als meinem Shirt und Slip bekleidet, etwa 2 Meter entfernt von Adrian, da. Er bewegte sich immer noch nicht von seiner Stelle, gesagt hatte er ebenfalls nichts. Ich sah an mir herunter. Mein Körper war übersät von Narben, Wunden, Kampfspuren, blauen Flecken. Ich kämpfte und trainierte oft, gerade vom letzten Kampf hatte ich viel mitgenommen, was sich auch sehen ließ. Kein Wunder dass Adrian abstreitete, mit mir ins Bett zu wollen. Wer wollte schon mit so einem massakrierten Etwas vögeln? Mein Blick schweifte über meinen Körper. Ich betrachtete meine Arme und Oberschenkel genau – auf ihnen ruhten die einzigen Narben, die nicht von einem Kampf oder anderem Menschen stammten. Diese geraden, dünnen, länglichen Narben… „Also, wenn es dir nichts ausmacht, ich hau mich noch mal aufs Ohr.“ Adrian hatte, welch Wunder, auch mal wieder etwas gesagt. Etwas, dass mich echt erfreute. Gott sei dank, er würde sich endlich hinlegen und die Fresse halten. „Mach nur“, stimmte ich ihm zu und strich über meine Unterarme. „Ach, und übrigens.“ Adrian hielt kurz inne. „Diese Emo-Frisur steht dir nicht.“ Bitte was? Emo-Frisur? Ich hatte einen schrägen Pony, klar, aber Emo? Mit seinem letzten Satz hatte Adrian sich auch schon wieder in sein majestätisches Bett gelegt, dass meiner Meinung nach viel zu groß für ihn war, und genüsslich ausgeatmet. Emo. Pffh. Ich schüttelte den Kopf und legte mich ebenfalls hin, wohl hoffend ich könnte endlich mal ein Auge, wenn auch nur eins, zumachen. Und das geschah, ich konnte nach dieser ewigen Zeit doch noch den Weg ins Traumreich finden. In dem Wissen, dass am nächsten Tag Wochenende wäre und ich nicht in die Organisation musste. Oh, ich liebte das Gefühl. Ich wurde durch ein unangenehmes Bimmeln aus dem Schlaf gerissen. Es hörte nicht auf, der durchdringliche Ton ging immer weiter. Ich griff mein Kissen und hielt es mir schützend über den Kopf, doch kurz darauf wurde es mir schon weggerissen. „Was zur..?!“, fing ich an doch beendete ganz schnell, als mir der schlaftrunkene Adrian zubrüllte, ich solle an mein Handy gehen. „Was? Was laberst du, ich…“, begann ich wieder, doch Adrian fiel mir ins Wort. „Dieses gottverdammte Scheißtelefon klingelt schon seit gefühlt einer Stunde!“, fluchte er und hielt mir mein Handy unter die Nase. Das war eigentlich untertrieben, er drückte es mir förmlich ins Gesicht. Und, Tatsache, es war mein Handy. Was man am Morgen nicht alles ausblendet. Oder das, was man als Morgen bezeichnen kann. Es war schon fas 15 Uhr, bemerkte ich als ich das Display anschaltete, nachdem das Handy aufgehört hatte zu klingeln. Adrian stöhnte genervt, sichtlich genervt, und lief zur Küche. Er holte sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank und öffnete sie. Es interessierte mich wirklich, wovon sich der Typ ernährte. So einen heißen, muskulösen und perfekt definierten Körper kriegte man nicht einfach so, da gehörte auch irgendeine Art von besonderer Ernährung dazu. Welche das bei ihm war, ließ mich im Dunkeln. Ich schaute wieder auf mein Display, abgesehen von der Uhrzeit stand da nämlich eine Benachrichtigung – 6 verpasste Anrufe. Von wem? Unterdrückte Nummer. Toll, dann konnte ich mir den Rückruf ja sparen. Ich sah zu Adrian, der in der Küche an seinem Bier nippte. Wie gern hätte ich auch eins gehabt, aber Monsieur Schönling wollte von seinem ‚Nahrungsgut’ ja nichts abgeben. Ich hoffte stark, er würde mich diesmal aus der Wohnung lassen, damit ich verdammt noch mal frühstücken konnte. Kapitel 8: Adrian ----------------- Kae lag, nach einiger Zeit die sie auf ihr Handy gestarrt hatte, weiter halb aufgerichtet unter der Decke, die ich ihr am Vorabend gegeben hatte. Ich sah aus dem Fenster und nahm einen Schluck von meinem kalten Bier. Kae sah hoch und guckte mir dabei zu, wenn ich das richtig beobachtete sogar ein bisschen sehnsüchtig. Also entweder sehnsüchtig nach mir oder der Bierdose. So, wie ich sie kannte, hätte sie sich für die Dose entschieden. Sie richtete sich vollends auf, legte ihr Smartphone beiseite und schnappte sich ein paar frische Sachen aus ihrer Tasche. Danach kam sie auf mich zu, ich beließ meinen Blick auf ihren nackten Beinen, bis sie vor mir stand. Dann guckte ich höher, auf ihre Hüften, ihren Ausschnitt und letztendlich in ihr Gesicht und ihre Augen, die einen hellen lila Ton hatten. Ich war über mich selbst überrascht, dass ich dieses Weib noch nicht flachgelegt hatte, ihr Körper war der Hammer. Wenn sie doch einfach nicht so wäre, wie sie nun mal war, das würde das Ganze viel einfacher machen und sie würde wie die anderen Frauen als ein schneller Fick nützen. „Wo ist das Bad?“, fragte sie, während sie ihre Sachen umschlingte. Ich zeigte auf eine Tür, nicht weit entfernt von meinem Bett, hinter der sich, wie sie es wissen wollte, das Bad befand. „Danke“, erwiderte sie weniger begeistert. Was sollte man von ihr auch erwarten. Sie ging zu der Tür, die ich gezeigt hatte, und ich schaute ihr, als sie davon wackelte, ausgiebig auf den Hintern. Wenn sie doch nur nicht sie wäre… „Hey Kae“, rief ich. Sie stoppte, drehte sich zu mir um und legte eine Hand an den Türrahmen. „Was?“ „Kommst du nachher mit einkaufen?“, rülpste ich, die Kohlensäure im Bier hatte sich soeben einen Weg zurück nach draußen gebahnt. „Wieso, soll ich mir meinen Scheiß nicht selbst kaufen?“, meinte sie, mit einer erhobenen Augenbraue. Es gab wenige Frauen, die diesen Tick mit der Augenbraue hatten, und ihn gut einbringen konnten. Sie war in der Lage dazu. „Der Chef hat mir gesagt dass du dein Gehalt noch nicht bekommen hast und dass ich dich nicht verhungern lassen soll. Also, mein Auftrag wäre dann nicht mehr dein Bodyguard zu sein, sondern dich durchzufüttern“, erklärte ich. Ach, das Leben war so wunderschön ungerecht. Der Chef hatte mir geschrieben, nachdem Kae letzte Nacht eingeschlafen war. Oder, ich vermutete zumindest, dass sie geschlafen hatte, ich bezweifelte dass sie so etwas vortäuschen würde. Und wenn, mit welchem Grund? „Gut ich komme mit. Unter der Bedingung dass du mir nicht andauernd unter die Nase reibst wie sehr ich dich doch nerve, das ist mir so was von bewusst, Adrian“, stimmte sie ein und drehte sich wieder zur Tür. Oh mein Gott, dieser Prachtarsch. Sie schloss die Tür hinter sich und kurze Zeit später ertönte das Geräusch der laufenden Dusche, unter der sie jetzt wahrscheinlich stand. Unwillkürlich stellte ich mir Kaes nackten Körper vor, wie er mit Wasser umströmt wurde, mit jedem einzelnen wunderbaren Makel daran… In meiner Hose wurde es eng. Gefährlich eng, ich sollte schleunigst mit dieser Fantasie aufhören. Was dachte ich überhaupt an ihre Makel? Sollte nicht gerade das ein Grund zum abtörnen sein? Ihr Körper war perfekt, bis auf die Narben und teilweise auch die blauen Flecke. Okay, ich besaß das alles genauso, ich war schließlich wie sie in der Organisation, bei den Red V’s, aufgewachsen; ich war praktisch ins Kämpfen hineingeboren worden. Aber dass gerade diese Wunden an ihr sie schöner machten, das hatte ich bei keiner anderen Frau. Ich nahm einen großen Schluck meines Biers. Einen zu großen, ich verschluckte mich daran und begann unentwegt zu husten. Wohl zu stürmisch. Nachdem ich nun fast an dem Bier erstickt wäre, ließ ich davon ab und zog mir ein graues Shirt über, dazu eine Jeans und meine Sneakers. Wenn es nach mir gegangen wäre hätte ich noch weiter in Boxern rumlaufen können, zumal Kae doch ziemlich auf meinen Körper abfuhr. Aber in der Öffentlichkeit, bei Minusgraden, machte es sich in Shorts nicht so gut. Ich stand in der Nähe der Badezimmertür, als die sich öffnete und Kae sich, in ein Handtuch gehüllt, halb dadurch schob. Sie guckte mich etwas unbeholfen an und ich war schon ziemlich gespannt darauf, was wohl kommen mochte. Kapitel 9: Kae -------------- „Kann… ich dein Shampoo benutzen?“, stammelte ich. Es war mir unangenehm, das zu fragen. Erstens hatte ich Adrian zuvor nicht gerade nett behandelt, zweitens kam das unglaublich komisch rüber. Aber als ich mich unter die Dusche gestellt hatte fiel mir mal wieder ein, dass sich mein Eigentum auf ein paar Stücke Kleidung begrenzte, was hieß dass sich auch kein Shampoo oder Duschgel darunter befand. Adrian lächelte verschmitzt. „Stört es dich dann nicht, wenn du nach mir riechst?“, säuselte er. Oh, er hatte mal wieder mächtig Spaß daran mich aufzuziehen. Meine Haare klebten nass an meinen Schultern, Wasser tropfte auf den Boden. „Du musst am Ende mit mir einkaufen gehen. Ob ich da nach dir oder nach Blut, Schweiß und Dreck rieche ist nicht mein Problem“, schilderte ich. Adrian runzelte die Stirn und sah an mir auf und ab. Ob er über meine Frage oder mein momentanes Aussehen nachdachte, verriet sein Gesichtsausdruck. Er dachte eindeutig über mein Aussehen nach. Dieses dämliche, versaute Grinsen. Sobald wir nach draußen kämen würde ich ihn direkt vor den Bus schubsen. Nachdem er anscheinend lange genug auf meine spärliche Bekleidung, oder besser gesagt auf meine Brüste gestarrt hatte, antwortete er mir. „Gut, benutz es. Aber du riechst dann wirklich nach mir“, bedingte er und wand sich von mir ab. „Es wird mich schon nicht umbringen.“ „Dass gerade du das sagst.“ Er drehte seinen Kopf noch mal zu mir, wieder mit dem Grinsen dass mich langsam in den Wahnsinn trieb, auf wahrlich negative Art und Weise. Also, wenn er irgendeine Spezialtechnik bei Frauen mit denen er schlief verwendete, um sie zu verführen, hatte er sie bei mir nicht mal ansatzweise eingesetzt. Alles was ich an ihm fand war der trainierte Körper – von charakteristischen Eigenschaften ließ er nicht gerade seine Schokoladenseite blicken. Aber was erwartete man auch, vermutlich brachte er die Weiber mit einem aufgesetzten Lächeln und absolut gespieltem Charme um den Verstand. Denn wenn das, was er mir präsentierte, sein wahres Ich war, konnte er von einer echten Beziehung nur träumen. Wenn er jemals etwas wie das in Betracht ziehen sollte, wahrscheinlich war er mit seinem Singledasein ganz zufrieden. Ich verschwand wieder ins Bad, unter die warme Dusche. Ich öffnete Adrians Shampooflasche und roch daran. Es roch wirklich nach ihm, es war genau der Geruch der mir immer in die Nase stieg wenn er vor mir stand oder an mir vorbei lief. Ätzend. Unbehaglich massierte ich den Schaum in mein Haar und verteilte ihn auf meiner Haut. Die noch nicht verheilten Wunden darauf brannten wie Feuer, der Schaum machte das Ganze noch schlimmer. Ich kniff die Augen zusammen und wartete, bis der Schmerz abebbte, damit ich wieder einigermaßen entspannt weiter duschen konnte. Nichts da, die offenen Schrammen und Schnitte meinten es nicht gut mit mir, das Ziehen und Brennen wurde heftiger. Ich schloss den Wasserzugang und tappte aus der Dusche. Mein Handtuch von davor behielt seine leichte Nässe, doch ich wählte kein anderes aus. Zum abtrocknen war es schließlich noch im Stande. Nachdem ich mich angezogen hatte entfernte ich mich vom Badezimmer, schnüffelnd an meinen Haaren, die nach Männerduft rochen. Ich musste mir dringend ein eigenes Shampoo besorgen. Adrian erhob sich von der Couch, auf der er sich niedergelassen hatte und stellte sich vor mich. Wie schon öfter fiel mir auf, wie groß er war. Ich gegen ihn wirkte fast schon kleinwüchsig. „Gehen wir dann mal?“, fragte er, die Hände in die Hosentaschen seiner dunklen Jeans gesteckt. Ich schlängelte mich an ihm vorbei und schlüpfte in meine Schuhe. „Jepp. Kann losgehen“, bestätigte ich und blies mir eine nasse Strähne aus dem Gesicht. Meinen Pony hatte ich zu einem Seitenscheitel gekämmt, nicht, weil mir Adrian gesagt hatte meine Frisur würde mir nicht stehen, sondern eher wegen dem tropfenden Zustand. Oder vielleicht auch doch. Oder nicht. Nein, ganz sicher nicht. Wir gingen die Straße entlang, immer wieder schlug mir eiskalter Wind ins Gesicht und ich war mir sicher, meine Wangen hatten sich deswegen schon gerötet. Ich verschränkte die Arme und zog meine Schultern hoch, ich hatte nicht mehr als meine Jacke übergezogen, da ich ja wie schon bemerkt nichts anderes hätte anziehen können. Verflucht, ich zitterte schon. Adrian neben mir ignorierte das völlig, es ließ ihn wortwörtlich kalt. Oder besser gesagt nicht, er rannte im Hoodie rum und zeigte nicht ein Anzeichen dafür, dass ihm kalt wäre. Was für ein Immunsystem besaß der denn? Am Supermarkt angekommen war ich erleichtert zu merken, dass sie heizten. Wenn ich in ein noch kälteres Gebäude hätte marschieren müssen, wäre ich schnurstracks wieder zurück in die Wohnung gegangen. In der war es zwar auch kühl, allerdings weniger als draußen. So langsam verstand ich auch, warum Adrian so wenig heizte. Vermutlich bemerkte er die Kälte nicht mal. Mir war dabei durchgängig kalt, der einzige warme Moment in den letzten 24 Stunden war unter der Dusche. Oha, eine schwere Zeit kam auf mich zu. Ich griff mir einen Korb für die Sachen, die wir in Begriff waren einzukaufen. „Was brauchen wir alles?“, fragte ich Adrian, der hinter mir stand. „Keine Ahnung, du bist die Frau im Haushalt“, antwortete er desinteressiert und guckte sich um. Bis vor ein paar Stunden sollte ich meinen Kack noch selbst kaufen, jetzt sollte ich auf einmal seinen Kack kaufen. Seine Meinung konnte er ja schnell ändern. „Also, nach dem, was ich im Kühlschrank gesehen habe, brauchst du auf jeden Fall irgendwas Essbares“, merkte ich an. Ich setzte mich in Bewegung und steuerte auf die Kühlregale zu. „Und was isst du so?“ Ich drehte mich um und wartete auf eine Antwort. „Normalerweise Fleisch“, murmelte er. Er hatte seine Hände wieder in den Hosentaschen versenkt und stand inmitten der Regale. „Fleisch, und sonst?“ Er überlegte. Ging der Typ denn nie einkaufen? Außer Fleisch müsste man, dachte ich, auch etwas anderes zu sich nehmen. Ich zweifelte immer mehr daran, je den Ernärungsplan dieses Kerls zu ergründen. „Salat esse ich auch.“ Na toll. Das war ja mal ne Antwort. Ich bemühte mich gar nicht erst zu fragen, welche Art von Salat er aß. Es gab so unwahrscheinlich viel und wenn ich ihn fragte, grübelte er bis Morgen hier rum. Ich seufzte. „Adrian, weißt du? Ich koche uns was. Wenn du mir nicht sagen kannst was du isst musst du halt das essen, was ich esse“, sagte ich. Adrian neigte den Kopf und runzelte die Stirn. „Ich habe dir gesagt was ich esse, Fleisch und Salat. Reicht das nicht?“ Ich gab auf, mit so jemandem zu diskutieren machte keinen Sinn. Dann verschwand ich zwischen den Regalen und ließ Adrian an seinem Platz zurück. Kapitel 10: Adrian ------------------ So so, Kae floh wieder vor mir. Ich aß meistens in der Organisation, mit Freunden oder bei irgendwelchen Frauen. Zuhause kochte ich nie, mehr als Mikrowellengerichte bekam ich eh nicht zustande. Aber wenn Kae meinte, dass sie kochen könnte, ließ ich mich überraschen. Ich schlenderte durch die einzelnen Abteilungen, von Backwaren über Obst und Gemüse bis zu der Hygieneabteilung, in der ich stehen blieb. Genauer, ich blieb bei den Kondomen stehen. Mein Blick schweifte über die vielen verschiedenen Sorten und Verpackungen. Wenn ich Kae doch noch vögeln würde, könnten ein paar mehr im Haus nicht schaden. Langsam verzog sich mein Mund zu einem Lächeln, einem teuflischen. Ich griff mir eine der Packungen und suchte Kae, die den Korb mit sich genommen hatte, zwischen den Lebensmitteln. Ich erblickte sie, allerdings war sie nicht allein. Sie unterhielt sich mit einem Kerl, einem der was das Aussehen betrifft vielleicht mit mir konkurrieren könnte. Ach, was dachte ich, kaum einer sah besser aus als ich. Ich verstand nicht, was sie sagten, aber der Typ gab anscheinend etwas von sich das Kae freudig auf und ab springen ließ. Was zur Hölle hatte der Kerl vor? Ich näherte mich ein wenig, jedoch so, dass die beiden mich nicht sehen konnten. Kaes Redepartner war groß, hatte hellbraune Haare, die ihm bis über die Schultern reichten. Ich nahm alles was ich über sein Aussehen gedacht hatte zurück, diese Frisur war wirklich mehr als lächerlich. Lange Haare, ernsthaft? Er lächelte ihr zu und näherte sich ihr ein bisschen, um kurz darauf mit seinem Gesicht noch näher an Kaes zu kommen. Er sah ihr in die Augen, was Kae anscheinlich nervös machte. Die Kae, die sonst so resistent auf mich war, ließ sich nun von so jemandem um den Finger wickeln? Der Unbekannte streckte eine Hand nach Kae aus und legte sie an ihre Taille. Oh nein, Freundchen, nicht mit mir. Augenblicklich lief ich zu ihnen und zog sie, wenn auch etwas unsanft, einen Schritt zurück und legte einen Arm um sie. „Ich hab die Packung, die du wolltest, Baby.“, log ich und hielt ihr die Kondome unter die Nase. Sie lief hochrot an und sah panisch von mir zu der Packung, zu dem Kerl. So groß war er gar nicht mal, ich war einige Zentimeter größer als er. Er neigte fragend den Kopf und grinste, während er Kae und mich ansah. Zwei auf einen, Kae wurde nicht mehr von dem Unbekannten angebaggert und ich hab sie sogar noch in eine extrem peinliche Situation versetzt. Gott, wie mich ihr Anblick amüsierte. Ich warf die Kondome in den Einkaufskorb und legte meinen Arm um ihre Hüfte. „A-Adrian, was machst du da?“ Kae blickte voller Unbehagen auf meinen Arm und die Packung im Korb. „Das, was ich immer mache, Süße.“, ich küsste sie in den Nacken und warf ihr einen verführerischen Blick zu, den sie mit einem Kopfschütteln abtat. „Ethan, das ist nicht so, wie es…“, ich unterbrach ihren Satz, indem ich ihr Gesicht zu mir drehte und meine Lippen auf ihre presste. Ich fing an, sie leidenschaftlicher zu küssen und fuhr mit der Zunge über ihre Unterlippe. Kae keuchte fast unmerklich auf, als ich langsam meine Hand ein wenig unter ihr Shirt gleiten ließ. Sie sollte vergessen, dass da gerade ein Typ vor ihr stand, der sie ein paar Minuten zuvor noch angemacht hatte. Ihr leises Aufkeuchen nutzte ich als Chance, meine Zunge in ihren Mund gleiten zu lassen. Ich merkte, wie sich Kae ein bisschen entspannte. Als ich anfing, mit ihrer Zunge zu spielen und sie zu umkreisen, stieß sie mich von ihr weg und holte tief Luft. Ob ihre Wangen von der Kälte draußen noch rot waren, oder von dem Kuss, konnte ich nicht beurteilen, aber ich hoffte insgeheim es läge am Kuss. „Hör zu, Adrian, was auch immer in dich gefahren ist: Hau jetzt ab! Und noch mal, Ethan.“ Sie wendete sich dem nun nicht mehr unbekannten Kerl zu, der sehr wahrscheinlich Ethan hieß. „Das ist wirklich nicht das, was du denkst. Das ist bloß…“, wieder schnitt ich ihr das Wort ab. „Ja, Kae ist bloß schon vergeben. Also verpiss dich und flirte mit anderen Frauen, Ethan.“ Seinen Namen sprach ich um einiges betonter als die anderen Wörter aus. „Was?! Adrian, du…“ Kae hatte es heute nicht einfach mit dem aussprechen, diesmal fiel Ethan ihr ins Wort. „Ich denke, ich mach mich dann doch mal auf den Weg. Also, Bye.“ Ethan hob die Hand und latschte davon. Ja, Bye-Bye, Ethan. „Du gottverstoßenes Arschloch, was hast du dir dabei gedacht?!!“, brüllte Kae und schlug mit der Faust auf meine Brust. Hui, die konnte ja zuschlagen. Kein großes Wunder wenn ich da am nächsten Tag einen blauen Fleck gehabt hätte. Ich rieb mir die Stelle auf der sie ihre verdammt harte Faust platziert hatte. „Aua.“, lachte ich. Ein Lachen konnte ich mir in dem Moment nicht verkneifen, es machte einfach Spaß Kae so aufgewühlt zu sehen. „Halt’s Maul, Wichser.“, fauchte sie und schmiss die Kondompackung aus dem Korb auf den Boden. „Selbst wenn du mich ficken würdest, hätten wir die da…“, sie deutete auf die Packung auf dem Boden. „…nicht gebraucht.“ Ich sah sie fragend an. „Wieso, willst du dass ich dich schwängere, oder was?“ Kae rollte mit den Augen. „Man, weißt du das nicht? Wir Aswang können uns nicht fortpflanzen, ich bin gar nicht dazu in der Lage geschwängert zu werden.“ Ihr wutentbrannter Blick verwandelte sich in bedrückte Niedergeschlagenheit. „Komisch, was? Es ist fast so, als wäre man als Aswang bestimmt, nicht zu leben. Als wäre man… einfach nicht erwünscht.“ Sie verengte die Augen, es war zu sehen dass sie sich innen auf die Lippe biss. Hatte ich einen falschen Nerv getroffen? Aus irgendeinem Grund bahnten sich Schuldgefühle in mir an. Schuldgefühle für einen Scherz? Das war doch unmöglich, so was hatte ich nie. Kae hatte sich doch selbst dafür entschieden, zu sagen dass wir die Kondome nicht brauchten. „Außer du hast irgendeine Geschlechtskrankheit, dann bräuchten wir sie natürlich schon.“, stellte sie fest, anscheinend hatte sie sich genauso schnell wieder gefangen wie sie aus der Fassung geraten war. „Nein, hab ich nicht.“ Ich lächelte etwas schief, darüber verwirrt was Kae von sich gegeben hatte. Nicht erwünscht? Dachte sie so über sich? Kapitel 11: Kae --------------- Ein paar Minuten zuvor… Nachdem Adrian mir gesagt hatte, dass er Fleisch und Salat essen würde, hatte ich mich in die Regale verzogen. „Okay, was brauchen wir? Was koche ich überhaupt? Spaghetti? Ja, die werden’s schon bringen.“, dachte ich vor mich hin. Ich kniete mich vor das Nudelregal und suchte die günstigsten Spaghetti, als mir plötzlich jemand auf die Schulter tippte. Ich fuhr hoch und riss dabei fast einige Nudelpackungen um, die der jemand, der mir auf die Schulter getippt hatte, aber geschickt wieder auffing. Im ersten Moment dachte ich, es wäre Adrian, augrund dessen, dass ich bloß eine riesige, männliche Gestalt vor mir erkannte. Dieser Gedanke verflüchtigte sich aber schnell, die Stimme die mit mir sprach gehörte nicht Adrian. „Hey, Kae. Erinnerst du dich an mich?“ Der Mann stand direkt vor mir, und bis auf die Frisur und sein Gesicht hätte er Adrian wirklich ähnlich gesehen. Er hatte genauso muskulöse Arme, einen guten Körperbau, breite Schultern und schmale Hüften. Ich sah ihm ins Gesicht, und er sah wirklich verdammt gut aus. Es verschlug mir fast den Atem. Seine hellbraunen Haare hingen ihm bis über die Schultern und seine Gesichtszüge waren kantig. Er passte sogar vom Alter zu Adrian, ich schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Ich musterte ihn wohl zu lange, denn er wiederholte seine Frage. „Kennst du mich noch?“, lächelte er. Sein Lächeln war wirklich zum dahin fließen. Bevor ich mich wieder in Gedanken verlor, antwortete ich. „Äh, nein, ich kenne dich nicht. O-Oder nicht mehr. Vielleicht habe ich dich auch noch nie getroffen, jemanden wie dich würde ich glaube ich nicht so leicht vergessen. Aber, haha, nein, ich denke nicht. Oder so?“, ich stotterte etwas unbeholfen vor mich hin. Scheiße, war das peinlich, normalerweise hatte ich mich perfekt im Griff. Aber diese grün-braunen Augen vor mir brachten mich ordentlich aus der Fassung. „Gut, habe ich mir gedacht. Ich bin der Typ, den du gestern umgebracht hast.“ Ich stutzte. Umgebracht? Das hörte sich jetzt ein bisschen komisch an. „Achso, dich haben sie für die Prüfung geschickt, damit du mich angreifst, nicht?“, ging es mir auf. Stimmt, er war der Kerl der so dämlich gegrinst hatte, kurz bevor ich ihn entzwei teilte. Ach, wie konnte ich den bloß vergessen? Und wie konnte ich im Kampf übersehen, dass er so sexy war? „Ja, genau der bin ich.“, bestätigte er, wohl belustigt darüber wie ich ihn anstarrte. Durch sein lockeres Shirt zeichnete sich seine trainierte Brust ab, und wenn er lächelte bildeten sich Grübchen neben seinen vollen Lippen. Oh mein Gott, ich spürte wie ich unwillkürlich anfing zu beben. Ich wollte diesen Kerl. „Was machst du hier?“, fragte er, anscheinend weil er nichts anderes zu sagen wusste. „Ach, weißt du, was man halt in Supermärkten so macht. Elefanten fangen und so.“ Meine Worte trieften vor Sarkasmus. Er fing an zu lachen, seine Halsmuskeln spannten sich dabei an, jede einzelne Kontur war zu erkennen. Oh, bitte, ich wünschte er hätte hier auf der Stelle sein Shirt ausziehen können, damit ich über diese unwahrscheinlich feste Brust streichen und diese zart geschwungenen Lippen an mich reißen könnte. Hoffentlich fing ich nicht an zu sabbern. „Ich heiße übrigens Ethan.“ Er streckte mir seine Hand entgegen, die ich ohne zu zögern ergriff. „Meinen Namen kennst du ja schon.“, lachte ich und wollte mich von seinem festen Händedruck gar nicht mehr lösen. „Und, wo gehst du nachher noch hin?“, schwätzte ich, das mir ein bisschen sinnvoller erschien als die Frage, was ich in einem Supermarkt machen würde. Ethan sah mich verschmitzt an, anscheinend ahnte er warum ich das fragte. Wenn er auch noch eine ansehnliche Größe an Schwanz hatte, wäre er perfekt. Wer weiß, vielleicht würde ich es schon bald herausfinden? „Ich gehe gleich mit ein paar Freunden auf ein Konzert.“ Okay, danke Schicksal. Du mich auch. „Echt? Was für eins?“, plauderte ich, hauptsächlich um meine Reizung zu unterdrücken, dass ich diesen Typ heute nicht mehr ins Bett bekam. Ich versuchte krampfhaft zu lächeln, und siehe da, es klappte schließlich. „Ach, so ein Metalding. Ist glaube ich nicht so dein Geschmack.“ Er legte eine Hand in seinen Nacken. „Metal? Du hörst Metal? Ich auch, wie krass!“, gluckste ich und sprang mehr oder weniger ungewollt auf der Stelle. Es freute mich total, der unverschämt heiße Ethan hörte genau meine Musik. „Wirklich?“ Ethan lächelte wieder, amüsierte sich anscheinend darüber wie bescheuert ich mich aufführte. „Haha, sorry, ich wollte nicht so dumm rüberkommen.“, sagte ich verlegen. Ja, der Kerl brachte mich in Verlegenheit. „Also, wenn du willst, können wir ja mal zusammen auf so ein Konzert oder Festival gehen.“, schlug er vor und trat näher an mich heran. Ich kam ebenfalls etwas näher und stimmte zu. „Und, wenn du nicht warten kannst…“, Ethan kam noch näher und legte eine Hand auf meine Taille. „…dann kannst du auch gerne morgen zu mir kommen.“ Ethan hatte seine Stimme gesenkt, sie klang nun tiefer und rauer. Und um einiges heißer. Ich lächelte und spürte, wie seine Hand ganz langsam begann nach unten zu wandern, als mich plötzlich jemand von Ethan losriss und mich an sich zog. Neben mir stand Adrian, der soeben meinen Flirt zerstört hatte. „Ich hab die Packung, die du wolltest, Baby.“ Er hielt mir eine Kondompackung ins Gesicht und grinste ununterbrochen. Dieses Schwein. Ich fühlte wie ich einen roten Kopf bekam, ohne Zweifel hätte ich bei einem Schönheitswettbewerb gegen eine Tomate konkurriert. Ich blickte hektisch von Adrian zu Ethan und der Packung unmittelbar vor meinem Gesicht. Warum war Adrian nur so ein Arschloch. Er schmiss die Packung in den Korb und ließ seinen Arm von meinen Schultern zu meinen Hüften wandern. „A-Adrian, was machst du da?“, wollte ich wissen, mein stottern machte die Situation noch schlimmer. Wieso, wieso jetzt? Ethan guckte mich mit seinem unfassbar schönen Gesicht an und Adrian brachte mich in Rage, ich war davon überzeugt dass ich gleich ohnmächtig würde. Entweder aus Scham, Wut oder Kreislaufproblemen. „Das, was ich immer mache, Süße.“, antwortete Adrian auf meine Frage und vergrub den Kopf in meinem Nacken, um mir da einen feuchten Kuss hinzudrücken. Shit, jetzt fing er auch noch mit so was an? Adrian guckte zu mir auf, mit einem Blick den ich so noch nie bei ihm gesehen hatte. Er guckte so… sexy. Seine Augen schienen dunkler als vorher, und bevor ich mich darin verlor, versuchte ich mich vor Ethan zu rechtfertigen. „Ethan, das ist nicht so, wie es…“ Adrian erstickte seine Worte mit seinen Lippen. Er küsste mich. Dieser Bastard küsste mich einfach! Und das Schlimmste war, dass es sich sogar gut anfühlte. Seine Lippen waren viel weicher als sie aussahen. Ich verkrampfte mich automatisch und legte meine Hände auf seine Brust, erst, um ihn weg zu schieben und dann, um Halt daran zu finden. Denn ich zweifelte sehr daran, noch richtig stehen zu können. Dieser Kuss raubte mir den Verstand. Adrian küsste mich intensiver und glitt mit der Zunge über meine Lippen. Ich merkte, wie ich heimlich den Kuss erwiderte. Wenn er weitermachte, würde ich den dumm glotzenden Ethan vor uns komplett vergessen. Und das tat er, er schob die Hand unter mein Shirt und fuhr mit den Fingern über die nackte Haut darunter. Ich stöhnte leise auf, woraufhin er seine Zunge ganz in meinen Mund schob und dort begann, meine zu umspielen. Das, was er machte, war so verdammt heiß! Doch dann begriff ich, wer Adrian war und was er hier tat. Ich schubste ihn weg, leider war er zu widerstandsfähig und ich schubste mich selbst weg. Ich atmete tief auf – das konnte nicht geschehen sein. Ich hatte mich doch nicht ernsthaft in Adrians Armen gehen lassen. Kapitel 12: Adrian ------------------ Kae saß mir gegenüber, am Esstisch auf dem sie ihr gekochtes Kunstwerk servierte. Was hieß, Nudeln waren nicht gerade schwierig, aber trotzdem etwas Essbares. Gedankenverloren stocherte sie in ihrem Essen rum, ohne auch nur einen Bissen zu sich genommen zu haben. Ich schaufelte Gabel für Gabel meine Portion in mich rein, und war überrascht darüber, dass ein simples Gericht so lecker schmecken konnte. Kae hatte in der Küche was drauf, das musste man ihr lassen. „Isst du gar nichts?“, sprach ich durch einen halb vollen Mund. Kae guckte auf. Ich fing ihren Blick auf und für kurze Zeit blieb sie daran hängen, doch wendete ihn schnell wieder ab. „Doch.“, war das Einzige was sie heraus brachte. Wenn sie sich so benahm wegen meinem Auftritt vorhin, dann hatte ich die Arschkarte gezogen. „Hey, da ist jetzt ein Kerl verschwunden, das bedeutet doch nicht dass die Welt untergeht.“, warf ich ihr vor. Kae funkelte mich an, als hätte ich schon wieder etwas Falsches gesagt. Sie machte Anstalten, einen Satz zu beginnen, schüttelte aber den Kopf und wickelte zum zehnten Mal ein paar Spaghetti auf ihre Gabel, nur um diese dann wieder auf den Teller zu schieben. Eigentlich war ich mir sicher, das weibliche Geschlecht gut zu kennen. Aber diese Annahme hatte sich mit Kae auch wieder in Luft aufgelöst. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum. Auf der Unterlippe, die ich vorher noch geküsst hatte. Augenblicklich schoss mir wieder der Gedanke durch den Kopf, wie sie sich angefühlt hatte. Ich hatte nicht direkt darauf geachtet, ich war darauf bedacht dass dieser Ethan abhaute. Aber es hatte sich dennoch unglaublich gut angefühlt, ihre kleinen, prallen Lippen waren auf irgendeine Weise besonders. Nach geraumer Zeit nahm Kae doch die Spaghetti in Anspruch und aß davon. Ein Glück, ich hatte schon die Befürchtung sie wäre magersüchtig. Sie warf einen Blick auf meinen Teller, der schon länger leer war. Aus meiner Überraschung fing sie leicht an zu lächeln. „Im Topf sind noch Nudeln.“ Sie machte eine Kopfbewegung zur Küche, die sich hinter ihr befand und nahm einen zweiten Bissen der Spaghetti. Ich erwiderte ihr Lächeln, auf die schelmische Art, wie ich es immer tat. Aufgestanden und in der Küche angekommen löffelte ich mir einen Berg der Nudeln auf meinen Teller. Wenn sie schon mal da waren, eine Frau die für mich kochte hatte ich in meiner eigenen Wohnung noch nie. „Sag mal, wie stehst du eigentlich zu Aswang?“, tönte es aus Kae. Ich unterbrach mein Tun und hebte den Kopf. Sie sah mich nicht an, stattdessen gabelte sie einige Nudeln auf. Ich senkte meinen Blick. „Ich finde, dieser Hass auf euch ist völlig überflüssig.“, sagte ich und Kae stoppte auch ihre Tätigkeit. „Das ist Rassismus, vergleichbar mit Menschen die andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe oder ähnlichem hassen. Es… sollte meiner Meinung nach nicht so weitergehen, alles was einen Aswang von einem Vampir unterscheidet sind seine unnormalen Kräfte. Und, alles was stärker als der Rest ist…“, ich nahm den Löffel wieder in die Hand. „… wird entweder bewundert oder ausgegrenzt. Und bei euch, oder beziehungsweise dir, tritt halt das Ausgrenzen ein.“ Ich wusste nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt hatte. Kae drehte ihren Kopf, wieder ohne mich anzusehen. „Das heißt, du nennst mich nicht eine ‚Nebenwirkung der Evolution’?“, fragte sie. Das bestätigte auch, dass ich mich nicht klar genug ausgedrückt hatte. Der komplette Hass auf die Aswang war unnötig, sie waren genauso Dämonen wie jeder andere. Sie hatten gute Eigenschaften, die meisten von ihnen wurden jedoch unterdrückt und kamen deswegen nicht ans Licht. „Nein, das tue ich nicht. Außerdem,“ Ich ging von hinten an Kae heran, sodass meine Lippen neben ihrem Ohr schwebten. „wäre eine ‚Nebenwirkung’ wohl nicht so heiß.“ Den letzten Satz flüsterte ich ihr ins Ohr, und ich konnte förmlich spüren wie sich ihre Härchen aufstellten. Das konnte ich mir nicht verdrücken, ich musste es einfach sagen. Es entsprach ja auch der Wahrheit, ihr Aussehen war wirklich Bombe. Und der Seitenscheitel stand ihr deutlich besser als der Emo-Pony, den sie vorher hatte. Kae erwiderte auf meine Aussage nichts, sie saß bloß stocksteif da und bewegte sich nicht. Oho, ich hatte sie wohl in Verlegenheit gebracht. So was nutzte ich nur zu gerne aus. „Was ist, so still?“, raunte ich ihr zu, noch näher am Ohr. Meine Lippen fuhren über ihren Hals, in ihren Nacken und zurück zu ihrem Ohr. Ich knabberte leicht an ihrem Ohrläppchen und küsste sie an die empfindliche Stelle am Ohr. Kae sagte immer noch nichts, wenn ihr das gefiel hätte ich sie ein für alle mal gezähmt. Blöd nur, dass ich einen Teller voller Nudeln und Soße in den Händen hatte, weswegen ich sie nur weiter mit den Lippen berühren konnte. Ich ging mit meinem Mund und der Spitze der Zunge wieder ihren Hals entlang, und wenn ich mich richtig entsann, kam dabei sogar ein leises aufstöhnen von Kae. Ich sog mich an der Stelle zwischen Hals und Schultern fest und verpasste ihr so einen Knutschfleck. Das holte anscheinend wieder die alte Kae, die, die mich hasste, zurück. Sie schubste meinen Kopf weg und wäre dabei beinahe selbst vom Stuhl gefallen, sie verstand wohl nie dass man mich nicht so leicht schubsen konnte. Entgeistert ließ sie leise Flüche los und legte eine Hand auf die Stelle, wo jetzt ein exklusiver Fleck meiner Lippen prangte. Ich richtete mich aus der gebeugten Haltung auf, in der ich Kae eben noch liebkost hatte und es zauberte sich ein teuflisches Grinsen auf mein Gesicht. Kae sah wutentbrannt an mir hoch, so als wäre es meine Schuld gewesen, dass sie das gerade genossen hatte. Kapitel 13: Kae --------------- Er hatte ja keine Ahnung. Adrian sollte zu seiner eigenen Sicherheit die Finger von mir lassen. „Was guckst du mich so an? Du hättest jederzeit sagen können, dass ich aufhören soll.“, neckte er. Ich versuchte, ihn nicht anzugucken, denn wenn ich das tat würde ich es nicht mehr aushalten. Adrian stellte seinen Teller auf dem Tisch ab. „Aber wenn du nichts von dir gibst, muss ich leider Gottes weitermachen.“ Er lehnte sich über mich, die eine Hand auf dem Tisch und die andere auf der Lehne meines Stuhls abgestützt. Er sollte auf keinen Fall näher kommen, denn wenn er das tat… Als könnte er Gedanken lesen vergrub er sein Gesicht wieder in meinem Nacken. Shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit, shit! Dieser… Adrian biss mir leicht in den Hals und begann, mich dort zu liebkosen. Er küsste sich zu meiner Wange herauf, ich versuchte weiter ihn nicht anzusehen. Er überflog mit seinen Lippen meine, ganz leicht berührte er sie. Sein Atem strömte warm über meine Haut. „Oder willst du etwa, dass ich weitermache? Bist du doch nicht so ganz abgeneigt von mir?“, flüsterte er mit der heißesten Stimme, die ich bisher gehört hatte. Aber nein, das war es nicht. Klar, ich fuhr auf ihn ab, aber das war nicht der Grund warum ich nicht redete. Ich brauchte Blut, auf der Stelle. Ich war eine Kreuzung aus Vampir und einer unbekannten Art, und der Vampir war nun mal Blutsauger. Ich benötigte Blut, um zu überleben. Und das letzte Mal, dass ich getrunken hatte, war ewig her. Adrian roch so… verführerisch lecker. Er machte alles nicht gerade besser, indem er mir so auf die Pelle rückte. Ich musste heftig mit mir kämpfen, ihn nicht anzufallen und meine Zähne ihn seinen Hals zu rammen. „Herrgott noch mal, darum geht es doch gar nicht.“, schrie ich, lauter als gewollt und sprang von meinem Stuhl auf. Adrian guckte verdutzt und ich wendete mich ab. Ich wusste nicht, ob sich meine Iris schon rot gefärbt hatte. Ich schlug mir die Hand vor den Mund. Meine Fangzähne. Sie waren vorgetreten. „Alles okay bei dir?“, wollte er etwas verwirrt wissen. Sollte ich darauf antworten? Ich wusste nicht, ob ich sagen sollte dass alles gut wäre, denn das stimmte nicht ansatzweise und war auch schlecht zu verbergen. Aber wenn ich mit nein antworten würde, machte ich auch nichts besser. Trotzdem entschied ich mich für letztere Variante. „Nein.“, antwortete ich frostig. Ich stand mit der Vorderseite zu dem Fenster, das halb geöffnet war. Adrian erwiderte nichts auf meine Antwort. Super, ich hatte ihn in eine ziemlich beschissene Situation rein gezogen. Ich biss mir auf die Lippe, was einen stechenden Schmerz auslöste. Die Zähne waren viel zu spitz dafür. „Du… brauchst Blut, oder?“ Adrian klang hilflos. Ich drehte mich wieder zu ihm. „Ja.“ Er sah mich an, mit einem Gesichtsausdruck der mir neu war. Völlig monoton, wie ein Pokerface. „Und was passiert, wenn du keins bekommst?“ Ich überlegte. Da konnte vieles passieren. „Also, vermutlich klappe ich in den nächsten zwanzig Minuten zusammen. Aber bevor ich das tue, wird mein Verlangen wahrscheinlich so sehr anwachsen dass es meinen eigenen Willen übersteigt, der mich davon abhält dich anzufallen. Und, ja, dann vergreife ich mich an dir und zerfleische deinen Hals.“, schilderte ich. Gut, zerfleischen war übertrieben, aber zart wäre ich bei der ganzen Sache dann auch nicht mehr gewesen. „Du brauchst doch keine tödliche Dosis Blut, oder?“, murmelte Adrian und platzierte seine Hand im Nacken, die andere in der Hosentasche. Ich verengte meine Augen. Was kam denn jetzt? „Nein.“, sagte ich und blickte ihm prüfend in die Augen. Einige Zeit Stille folgte, und ich beobachtete wie Adrian ins Grübeln versank. Dachte er darüber nach ob er mich vor die Tür setzen sollte? Dann würde ich einen beliebigen Menschen anfallen, das würde unangenehm enden. Sonst trank ich immer von Gegnern der feindlichen Organisation, gegen die ich im Kampf gewann und sie bewusstlos waren. Selten bekam ich auch Blut von Freunden, aber nur im allerhöchsten Notfall. Und leider befand ich mich gerade in so einem Notfall. „Dann… nimm was von mir.“, sagte Adrian und tippte mit der Hand, die eben noch in seinem Nacken geruht hatte, auf seinen Hals. Kapitel 14: Adrian ------------------ „Was?“ Etwas machte sich in Kaes Gesicht platz, ob es Überraschen, Ablehnung oder Verwirren war, konnte ich nicht erkennen. Eine Mischung aus allem vielleicht. Sie guckte auf den Boden, eine Zeit Schweigen folgte. Zu lange, Kae griff sich an die Schläfen, kniff die Augen zu und stöhnte. „Scheiße!“, fluchte sie und riss die Augen wieder auf. Sie sah mich nun aus großen, roten Irden an. „Du hast doch eh keine Wahl mehr!“, warf ich ihr vor und machte einen Schritt auf sie zu, doch sie wich zurück. „Quatsch, nein, nein, nein, das kann ich nicht machen! Wenn ich das täte könnte ich dir nachher doch kaum mehr ins Gesicht sehen!“ Sie kniff wieder die Augen zu und versuchte, ihren Atem zu regulieren, der sich verschnellert hatte. Das konnte man doch nicht mit ansehen! Ich ging wieder auf sie zu, als sie mir weiter auswich verlor ich die Nerven, packte sie und drückte sie gegen die Wand. „Dann guck mir halt nicht ins Gesicht, das verlangt doch keiner von dir! Aber ich habe lieber ein Mädchen, das mich nicht ansieht anstatt eins, dass mich umbringt in der Wohnung!“ Ich hatte die Arme links und rechts von ihrem Kopf gestemmt, sie sah mir mit einem verschreckten, aber wild gewordenen Gesichtsausdruck in die Augen. Sie atmete schnell und flach, ich tat es ihr gleich. Allmählich entspannte sie sich und sah wieder auf den Boden. „A-Aber…“, fing sie an zu stottern, doch ich ließ nicht auf mich warten. „Verdammte Scheiße, jetzt beiß doch endlich in meinen Hals!“, brüllte ich, meine Nerven lagen blank. Jetzt, auf einmal, genierte sich die kleine Bestie. Ich fragte mich selber erst gar nicht, warum ich mich so aufregte, aber diese Frau brachte mich ans Ende meiner guten Geister. Sie sah an mir hoch, legte dann schließlich die Hände in meinen Nacken und näherte sich meiner pulsierenden Schlagader. „Trotzdem, am Ende war es deine Idee.“, flüsterte sie und hob ihre Augenbraue. Ich schnaubte, so was musste ich mir dann auch nicht anhören. „Jetzt mach.“, brummte ich. Sie legte ihre Lippen auf meinen Hals und öffnete den Mund. Ich spürte ihre scharfen Fangzähne, wie sie sich langsam in mein Fleisch bohrten. Ein stechender Schmerz breitete sich aus, auf meinem ganzen Hals. Ich stöhnte leise auf. Ob ich es vor Schmerzen tat oder weil es mich möglicherweise erregte, dass Kae an meinem Hals nuckelte, wollte ich gar nicht wissen. Ich ballte die Hände, die an der Wand stützten, zu Fäusten und lehnte meinen Kopf weiter zur Seite. Der Schmerz übertönte alles, ich fühlte nicht mal ob Kae schon angefangen hatte, mein Blut zu schlucken. Schmeckte ich überhaupt gut? Eigentlich war das egal, Hauptsache Kae würde nicht mehr so ein Drama machen und sich wider Willen zu einem Monster verwandeln, das jeden anfallen würde der nicht bei drei auf den Bäumen ist. Sie zog ihre Zähne nach geraumer Zeit aus meinem Hals und leckte sanft über die Wunden, die sie verursacht hatten. Sie löste sich von mir und wischte sich mit der Hand das restliche Blut von ihrem Mund, während ich nach der Stelle tastete, an der sie zugebissen hatte. Keine Wunde. „Ist schon weg. Ich hinterlasse keine Löcher.“, erwähnte sie und brachte ein schiefes Lächeln zustande. „Wenigstens etwas.“, murmelte ich und stieß mich von der Wand weg, an die ich Kae gedrängt hatte. Jetzt ließ ich Frauen schon wortwörtlich von mir naschen, sonst hatten sie das immer auf andere Weise getan. Und definitiv an anderen Stellen, wenn es aufs Ganze ging. Ich stand weiter vor Kae, als sie Anstalten machte, wegzugehen schlug ich noch mal einen Arm an die Wand, um sie daran zu hindern. „Warte mal kurz. Ich wünsche mir, dafür dass ich mich als TetraPak angeboten habe, auch eine entsprechende Gegenleistung.“ Ich sah sie durchdringend an. Ich konnte eindeutig sehen, wie sie schluckte. „Und die wäre?“, hakte sie nach. Was sie nicht alles zu erwarten mochte? Ich musste mir ein Grinsen schwer verkneifen, sie dachte womöglich an sonst was. Also begann ich, mit gedehnter Stimme meinen Wunsch auszusprechen. „Ich will…“ Kapitel 15: Kae --------------- Mir wurde heiß. Was wollte er von mir? Bei ihm konnte es doch nur aufs sexuelle hinausgehen. Langsam näherte er sich meinem Gesicht und begann, herrisch zu lächeln. Ich spannte meinen ganzen Körper an, hielt die Luft. „Ich will…“, fing er an, und sein Atem streifte mein Gesicht. „…dass du weiterhin für mich kochst. Und zwar, solange du hier wohnst.“ Ich atmete aus. Das war alles? „Echt jetzt? Nur kochen?“, fragte ich entgeistert. Er grinste. „Warum, hast du mehr erwartet?“ Er kam noch näher. „Oder, hast du mehr gewollt?“ Ich drückte sein Gesicht von mir weg und konnte nicht anders, als schnippisch zu werden. „Ganz bestimmt. Aber meinst du nicht, die Zeitspanne ist etwas übertrieben?“ Er verweilte weiter in der Position, beide Arme neben mich an die Wand gestemmt, sodass ich nicht fliehen konnte. Ich hatte einmal von ihm getrunken, da musste ich doch nicht die ganze Zeit für büßen. „Meinst du nicht, es verlangt schon etwas mehr Gegenleistung wenn man sich freiwillig verstümmeln lässt?“, entgegnete er. Verstümmeln? Jetzt ging er aber wirklich ein bisschen zu weit. „Meinst du nicht, du erwartest zu viel von mir?“ Ich brachte den Satz in einem zickigeren Ton raus, als ich vorgehabt hatte. „Meinst du nicht…“ Er lehnte sich noch weiter zu mir als davor, zwischen unseren Gesichtern lagen nur noch wenige Zentimeter. „… dass du für einen Gast ziemlich ausfällig wirst?“ Okay, dieses Meinst-Du-Nicht-Spiel wurde mir langsam zu blöd. „Ach komm, ich war auf jeden Fall schon ausfälliger.“, erwiderte ich. „Außerdem steht es mir wohl zu, ausfällig zu werden. Ich bin nämlich diejenige, die andauernd mit deinen Annäherungsversuchen geplagt wird.“, verteidigte ich. Geplagt war nicht gerade das richtige Wort, eigentlich gefielen mir seine Küsse und Liebkosungen ganz gut. Aber hey, davon erfahren musste er ja nicht. „Annäherungsversuche? Höre ich da Selbstverherrlichung raus?“, schmunzelte er und wich nicht ein Stück von meinem Gesicht. Es befand sich immer noch in fast schon quälender Nähe, ich konnte seinen Geruch bei jedem Atemzug vernehmen. Seine dunkelbraunen Augen funkelten mich belustigt an, wenn ich hätte wegrennen können, hätte ich’s getan. Zweifellos. Zum einen wollte ich mich nicht länger mit Adrian unterhalten, zum anderen reizten mich seine vollen Lippen sie zu berühren. Und nicht nur die Lippen, alles an seinem Körper schien plötzlich so anziehend. Er sah mich völlig anders an, als er es vorher getan hatte. Bevor er mich im Supermarkt geküsst hatte, wirkte er nicht so unverschämt anziehend und heiß, dieses Grinsen in seinem Gesicht provozierte meine Hormone nur noch mehr. „Selbstverherrlichung? Wohl eher…“ Bevor ich etwas erwidern konnte, näherten sich seine prallen Lippen meiner und beendeten meinen Satz bevor ich es machte. Da, er tat es schon wieder. Er küsste mich und brachte damit ein weiteres Mal meine Gliedmaßen zum nachgeben. Ich war echt kein Freund von solchen Situationen, ich hatte mich nun mal zu beweisen. Und wenn auf einmal dieser dämliche Spinner in meine Welt trat, und meinte, er könne Wackelpudding aus mir machen, hatte er sich deutlich geschnitten. Ich war nämlich ebenfalls eine Schlampe, was er konnte, konnte ich auch. Ich griff mit der einen Hand in seine Haare, mit der anderen fuhr ich langsam seinen Oberkörper herunter. Ich leckte ihm verführerisch über die Unterlippe und bat um Einlass. Zu meiner Überraschung gewährte er mir den, und ich ließ meine Zunge in seinen warmen Mund gleiten, um da zu beginnen, seine zu umkreisen und sie einzusaugen. Mit der Hand am Saum seines Shirts angekommen, ließ ich sie darunter seinen nackten Oberkörper erkunden. Er blieb auch nicht lange tatenlos und knetete mit der einen Hand, die gerade noch an der Wand gestützt war, meinen Hintern. Ich grinste leicht. Wir spielten ein Spiel, und das wusste Adrian auch. Wer aufgab, um seinen Stolz zu bewahren, verlor. Ich ließ meine andere Hand in seinen Nacken und zog ihn näher an mich, mit der unter seinem Shirt nahm ich Kurs auf seine Brustwarzen. Als ich sie erreichte und eine davon begann, zu umspielen und sachte zu kneifen, gab Adrian ein animalistisches Knurren von sich. Ein absolut heißes Knurren! Unsere Zungen fochten einen Kampf aus, und Adrian ließ nun auch die andere Hand nicht aus dem Spiel. Sie ging von meinem Hals herunter und wanderte unter mein Shirt, wo sie nach dem Verschluss meines BHs suchte. Jetzt war sich wohl keiner mehr zu schade. Mit einem geschickten Handgriff löste Adrian den Verschluss. Ich stöhnte erregt auf, als er begann, eine meiner Brustwarzen zu massieren und zu kneifen. Er wendete seine Lippen von meinem Mund ab und machte sich daran, meinen Hals zu bearbeiten. Ich ließ nun auch die andere Hand unter seinem Shirt das Terrain überfliegen, seine Muskeln fühlten sich unglaublich an. Die seidige Haut rundete alles ein bisschen ab. Adrian küsste mein Schlüsselbein und zog mir mein Shirt über die Arme, kurz darauf lag auch mein BH auf dem Boden. Erst zart, dann intensiver begann er, mit dem Mund über meine Nippel zu lecken, sie einzusaugen und daran zu knabbern. Ich keuchte auf, er machte das so unfassbar gut. Ich lehnte meinen Kopf an die Wand und vergrub meine Hände in seinen Haaren. Trotzdem: ich durfte mich nicht zu sehr gehen lassen, wir spielten schließlich ein Spiel, dass keiner von uns verlieren wollte. Ich zog ihn zu mir hoch und verschloss seine Lippen mit der meinen. „Zieh dein Shirt aus.“, flüsterte ich, so erotisch und kokett wie ich konnte. Adrian grinste und befolgte es, er zog sich den grauen Stoff über den Kopf, wobei sich unzählige Muskeln an ihm anspannten. Dieser Körper war ein einziger Sextempel. Kapitel 16: Adrian ------------------ Ich warf das Shirt zur Seite, wo es an meinem Schreibtisch vor dem Fenster hängen blieb. Ich umfasste Kaes Hals und ihre Taille, küsste sie wieder, leidenschaftlich und wild. Ich presste meinen Körper näher an ihren, merkte, wie sich meine Erektion an ihre Mitte drückte. Gekonnt öffnete sie meine Hose. Als sie dabei war, sie langsam herunter zu schieben, klingelte es plötzlich an der Tür. Fuck. Als wir stoppten, und dennoch nicht reagierten, hämmerte jemand an die Tür. Kae guckte mich verwirrt an. „Willst du nicht mal was machen?“, fragte sie. „Als ob ich jetzt mit einer Latte jemandem die Tür öffnen würde.“, fuhr ich sie an. „Man, Adrian, mach auf! Ich weiß dass du da bist, Bruder.“, kam es durch die Tür. Derjenige, der so Druck machte, war mein Kumpel Ben, mit dem ich dummerweise heute in einen Club wollte. Es war zwar noch Nachmittag, aber Ben hatte nie was dagegen, schon mal früher als geplant aufzukreuzen. „Dann nimm ´ne kalte Dusche oder hol dir einen runter. Ich gehe an die Tür.“, schlug Kae vor und wandte sich aus meinem Griff, um ihre Sachen vom Boden aufzusammeln und sie überzustreifen. Ich lehnte mich mit dem Rücken an die Wand und verschränkte meine Arme. „Übernimm du doch die zweite Variante.“, sagte ich und grinste süffisant. „Verschanz dich im Badezimmer und mach was du willst, ich werde auf jeden Fall kein Teil davon sein.“, legte sie fest und ging auf die Tür zu. „Und jetzt verschwinde, sonst wird dein Steifer gleich publik.“ Ich machte mich auf, Richtung Badezimmer zu gehen und verschloss die Tür hinter mir. Ich entschied mich für die kalte Dusche, es kam mir schon ein wenig komisch vor zu wichsen, während im Nebenzimmer Ben und Kae saßen. Oder, was hieß saßen? So, wie ich Ben kannte, würde er, sobald er Kae sah, anfangen sich an sie ranzumachen. Er tickte genauso wie ich und schreckte nicht davor zurück einem die Frau auszuspannen. Oder wie man das bei Kae nennen mochte. Ich hoffte bloß, sie wäre schlau genug sich nicht auf den Kerl einzulassen. Im Moment war sie nämlich mein Eigentum, ob sie es wollte oder nicht. Ich war auf dem besten Weg dahin, sie ordentlich flachzulegen. Ich stellte das Wasser der Dusche auf einen Kältegrad, der fast schon nicht auszuhalten war. Doch das war genau das, was ich brauchte. Ich ließ das Wasser meinen ganzen Körper hinab laufen und meine Gedanken gingen mir alle noch mal durch den Kopf. War es überhaupt richtig, mit Kae zu schlafen? Sie war keine Frau, die ich danach hätte loswerden können, schließlich wohnte sie dann noch bei mir. Aber Kae wusste wer ich war, und auch, worauf sie sich einließ. Sie wollte auch nichts anderes als eine einmalige Sache, das war klar. Menschlich konnte sie mich nämlich überhaupt nicht ab. Aber ihr Körper zog mich in ihren Bann, ich wollte sie spüren. Und wenn sie dieses Spiel nur weiter mitmachte, würde ich das auch bald tun. Ich fuhr mit den Händen durch meine Haare. Oh ja, ich würde ihr den besten Fick, den sie je erlebt hatte besorgen. Kapitel 17: Kae --------------- Adrian verschwand ins Badezimmer, und ich begab mich auf den Weg zur Tür. Ich öffnete sie, davor stand ein Mann. Seine blonden Haare guckten unter einem Beanie hervor und die blauen Augen dazu passten perfekt in ein Märchenbuch. Oder in einer dieser Surferfilme, er sah einfach nur zu sehr wie einer dieser Surferboys aus. Ich hätte kotzen können, bei dem Anblick. Er musterte mich und blieb wohlwollend mit den Augen an meinem Ausschnitt hängen, der wegen meines schnellen Anziehens etwas nach unten gerutscht war. Bitte, nicht noch so ein Kerl. „Hui, seit wann lässt Adrian denn Miezen in sein eigenes Reich?“, pfiff er. Ich rollte mit den Augen und winkelte ein Bein an. „Zuallererst bin ich nicht einer seiner Miezen.“ Wäre es aber eben beinahe gewesen. „Und ich wohne hier, zwangsweise. Lass dich nicht stören, Adrian kommt gleich.“ Ja, er kommt wahrscheinlich buchstäblich. Mit einem Schritt trat er über die Türschwelle, schob sich an mir vorbei und schüttelte seine Haare, die ihm in die Augen hingen, aus dem Gesicht. „Und du bist?“, wollte ich wissen. Nachdem er ein paar Schritte ins Appartement gesetzt hatte, drehte er sich zu mir um und lächelte. „Ich bin Ben, ein Freund von Adrian.“ Aha, ein Freund also. Musste es mich also wundern, dass er ohne Genehmigung einfach das Zuhause anderer Leute betrat? „Wo ist Adrian?“, fragte er. „Im Badezimmer.“ Ich deutete auf das Bad und schloss die Tür, durch die Ben stolziert war. „Und? Hast du Adrian schon… ausgiebig kennen gelernt?“, grinste er spitzbübisch. Ich hätte los schreien können. Musste ich mich nun die ganze nächste Zeit mit solchen Proleten abgeben? Womit hatte ich das denn verdient? „Nein. Ich weiß seinen Namen und dass er Fleisch isst, mehr brauche ich auch ehrlich gesagt nicht zu wissen. Wir teilen uns ja schließlich nur den Wohnraum…“, ich ging nah an Ben vorbei, und verlangsamte meinen Schritt bei ihm. „…und nicht das Bett.“ Ich setzte einen Unschuldsblick auf und machte mich daran, meine Jacke aus der Tasche zu wühlen. Auf noch mehr Playboygelaber hatte ich wirklich keine Lust, besser ich ging den beiden erstmal aus dem Weg. „Würdest du mir denn die Ehre erweisen?“, kam es hinter mir hervor. Kurz darauf spürte ich zwei Hände an meiner Taille. Gott, tickten die alle so? „Vergiss es, Ben. Nicht mal ich krieg sie rum.“ Adrian war also auch mal dazu gestoßen. Ben löste sich von mir, ich drehte mich zu Adrian und hob eine Augenbraue. Die Szene von vorhin hatte er aber nicht vergessen, oder? Er erwiderte es mit einem Zwinkern, und ich zog mir kopfschüttelnd meine Jacke über. „Gehst du?“, fragte mich Adrian, als ich dabei war, die Tür zu öffnen. „Ja. Hab noch was vor.“, log ich und verzog mich ins Treppenhaus. Die kahlen Stufen herunter gelaufen ging ich nach draußen auf die Straße. Eisige Kälte schlug mir entgegen, und ich hoffte bloß, ich könnte mir irgendwann eine dickere Jacke kaufen. Bis dahin musste ich weiter frieren, draußen und in der Wohnung ebenfalls. Ich fröstelte und setzte ein Fuß vor den anderen, überlegte, wo ich hin sollte. In dieser Stadt kannte ich nichts und niemanden, ich wusste bloß, wie ich von dem Appartement zum Hauptsitz und wieder zurück kam. Alles was ich bei mir hatte war mein Handy und 20 Euro, die ich am Tag der Prüfung bei mir hatte. Ein Ladekabel musste ich mir auch von Adrian leihen, ich war nur glücklich, dass es in mein Handy passte. Nach der Prüfung für die Haupteinheit konnte ich nicht mal mehr nach Hause. Ich musste direkt in diese Stadt und meine eigene Wohnung würde ich erst wieder sehen, wenn sich der Krieg zwischen Ao und Red V wieder ein bisschen gelegt hatte. Ich vermisste mein Zuhause, jetzt schon. Es war erst ungefähr zwei Tage her, aber ich wusste, dass ich noch länger wegbleiben würde, und das deprimierte. Aber so waren die Regeln. Als Krieger musste man dafür bereit sein, alles stehen und liegen zu lassen, allein für diesen Krieg. Und so schnell würde der auch kein Ende nehmen, das stand fest. Ich rieb mir mit den Händen über die Arme und spürte, wie ich leicht zitterte. Wo sollte ich bleiben? Überall, nur nicht in der Wohnung mit den beiden ‚Charmeuren’. Ich bog in eine Straße ein, die ziemlich belebt schien. Ich befand mich in der Stadt, es war natürlich belebt. Adrian hatte mich kurz vor der Ankunft gewarnt, dieses Viertel sei nicht das angenehmste. Hier gäbe es massig Verbrechen, Morde, Drogendealer, Zuhälter, Menschen mit Aggressionsproblemen und weiter und weiter. Aber Menschen machten mir nichts aus, ich war ein fucking Dämon. Sollten die doch kommen, mir konnte es egal sein. Die Nachmitagssonne ging schon unter, wie immer, im Winter. Die mit abstand dunkelste und kälteste Jahreszeit, da wurde man ja depressiv. Ich tingelte weiter durch die Straßen, was Besseres hatte ich ja nicht zutun. Ich war schon völlig kalt, auch wenn ich mich bewegte. Aber das war mir egal. Es war nicht nur, dass ich nicht zurück zu Adrian und seinem schmierigen Kumpel wollte, sondern auch, dass ich mich in der Wohnung einfach nicht wohl fühlte. Ich hatte keinerlei Verbindung dazu, zu dem Besitzer ebenfalls nicht. Ich war da fehl am Platz. Nach vielleicht einer Stunde, in der ich durch die Stadt gelatscht war, kam ich in ein weniger belebtes Viertel. Ein bisschen heimelig, hier und da waren Cafes, Restaurants, Drogeriemärkte oder Eigentumswohnungen. Ich machte Halt bei einem der Cafes und guckte durchs Schaufenster. Einen Kaffee konnte ich mir von dem übrigen Geld doch gönnen. Ich trat herein und ein angenehmer Duft von Kuchen und gerösteten Kaffeebohnen stieg mir in die Nase, der ganze Raum war schön warm. Himmel, das brauchte ich jetzt. Ich setzte mich auf einen der weichen Sessel und lehnte mich zurück. Aus dem Problemviertel, in dem Adrian wohnte, war ich wohl raus. Ich sah mich um – die ganzen Möbel und Tapeten waren in Creme- und Brauntönen gehalten, was die Atmosphäre noch viel angenehmer machte. In dem Cafe saßen nur wenige Leute, lediglich drei Männer saßen an einem Tisch in der Ecke. Sie waren schwarz gekleidet, ihre Haare unter Mützen versteckt. Seltsamer Geschmack, dass die in so ein Cafe kamen. „Was kann ich für sie tun?“ Ich drehte mich wieder nach vorne, vor mir stand eine Bedienung, die freundlich lächelte. Ich sah ihr in die Augen und erwiderte ihr Lächeln. „Ah, hi, ich…“, begann ich, doch die Bedienung versteifte sich und ihr Lächeln erlosch, als sie mir ins Gesicht blickte. Hatte ich was falsch gemacht? „Tut mir leid, ich muss noch mal… gehen.“, erläuterte sie mit finsterer Miene und wandte sich ab. Wo war ich denn hier gelandet. Ich lehnte mich zurück in den Sessel und beobachtete die Frau, wie sie hinter den Tresen verschwand und ihrer Kollegin etwas zuflüsterte. Beide guckten zu mir, ich tat so, als würde ich es nicht bemerken. Ich fächerte mein dunkelrotes Haar auf und ließ es meine Schultern hinabfallen. Ich trug wieder einen Seitenscheitel, aber da wollte ich nicht noch mal von anfangen. Viel wichtiger war, was sich hinter mir abspielte. Denn die drei Kerle, mit den Mützen, starrten auch zu mir herüber. So langsam fühlte ich mich wie ein schwarzes Schaf. Einer der Männer stand auf und bewegte sich auf meinen Tisch zu. Er war riesig – auf alle Fälle größer als Adrian – und stämmig zugleich. Er zog sich die Mütze vom Kopf. Damit erklärte sich das Benehmen der Leute. Und auch, warum ich vermutlich in den nächsten Minuten draufgehen würde. Kapitel 18: Adrian ------------------ Kae knallte die Tür hinter sich zu und ließ Ben und mich in der Wohnung zurück. „Also, dass du mal nicht an eine Frau rankommen würdest. Wer hätte das gedacht?“, flötete Ben. „Halt bloß die Fresse.“ Ben lachte und ließ sich auf die Couch sacken. „Was machst du eigentlich jetzt schon hier?“, fragte ich ihn und gesellte mich daneben. „Also, hör zu. Wir wollten ja eigentlich heute in diesen neuen Club, ein bisschen Dampf ablassen und so.“ Ja, in etwa das traf die Formulierung, als er mir sagte wir würden ‚Weiber vögeln und saufen bis es nicht mehr geht’. Das war aber eine andere Geschichte. „Ja. Und weiter?“ Er sah bedrückt zu Boden. „Ich weiß nicht… also, ob das noch… so richtig ist.“ Er wrang die Hände. War er nicht eben noch derjenige, der sich über meinen Gast hergemacht hatte? „Alter, hast du Stimmungsschwankungen? Erst kommst du hier und flirtest mit Kae, dann meinst du, du weißt nicht, ob feiern noch richtig ist? Geht’s noch?“ Entgeistert blickte ich in sein Gesicht. „Ist Kae deine Mitbewohnerin?“, fragte er. „Darum geht’s doch jetzt gar nicht!“, fluchte ich und legte die Hände ins Gesicht. „Was ist denn bei dir gelaufen, dass du auf einmal so ´ne Lusche bist?“ Er biss sich auf die Lippe. „Man, ich hab ein Mädchen geschwängert!“, rief er und griff sich an den Kopf. „Oh.“, war das einzige, was ich darauf von mir gab. Er sah gestresst aus. Klar, so was machte einen fertig, mir würde es nicht anders gehen. „Das mit deiner Mitbewohnerin eben war nur… Reflex, oder so.“ Reflex. Ach ja. „Okay, vergiss das. Du hast jetzt größere Probleme. Erstmal, kenne ich sie überhaupt?“, fragte ich. Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, was ich machen sollte. Ich war nicht der größte Seelenheiler, Trost spenden war nicht mein Element. Mich wunderte auch, dass Ben damit zu mir kam. Er hätte auch einfach mit einer SMS absagen können. „Das ist die zweite Sache. Die Schwangere…“, es sah nicht so aus, als hätte er weiter reden wollen. „…ich, also, das hätte nicht passieren dürfen.“ Okay, Ruhe bewahren. Neben mir saß ein nervlich labiler Kumpel und nicht irgendwer. Bloß keine sarkastischen Bemerkungen. „Was ist mit der Schwangeren?“, hakte ich nach. Mir fiel es verdammt schwer, mich auf ihn einzustellen. Warum kam er denn auch zu mir? Er müsste mich doch gut genug kennen, um zu wissen, dass ich verdammt untalentiert in solchen Dingen war. „Deine Schwester.“, stieß er durch zusammen gepresste Zähne vor. „Was?“ „Die Schwangere ist deine Schwester.“ Schweigen. Das war zu viel. Zu viel auf einmal. Das konnte nicht sein, ich hatte bloß eine jüngere Schwester, und die wohnte meilenweit weg. „Das ist jetzt ein Witz, oder?“ zischte ich uns fixierte meinen Blick auf den Boden, die Ellbogen auf die Knie gestützt. „Das war echt nicht geplant, ich wollte doch bloß…“ Ich sprang auf und griff ihn am Kragen seines Hoodies. „Was wolltest du bloß? Bloß mit ihr schlafen?! Das ist doch schon genug Scheiße auf einmal, sie dann auch noch zu schwängern ist noch schlimmer!“, brüllte ich ihm ins Gesicht. Meine Schwester und Ben. Ich konnte es nicht fassen. „Hey, man, sie ist doch Volljährig! Also kann sie auch entscheiden, mit wem sie es treibt, und mit wem nicht! Da hast du nicht mehr viel zu sagen!“, entgegnete er mir. Das war’s. Ich würde ihn genau da in den Boden stampfen. Ich ließ seinen Kragen los, und er fiel zurück auf die Couch. Kurz darauf holte ich aus und schlug ihm direkt auf die Nase. „Keira! Ist! 17!“, schrie ich und griff ihn mir wieder. Er hielt sich die blutende Nase und kniff die Augen zusammen. Er hatte nicht vor sich zu wehren. „Verpiss dich, bevor ich dir den Kopf abreiße.“, knurrte ich wütend und warf ihn auf das Sofa. Bevor ich mich vergaß und ihn krankenhausreif prügeln würde. Er befolgte meinen Rat und verließ die Wohnung, die Tür fiel zu, Stille folgte. Ich schlug auf die Tischplatte meines Schreibtisches und lehnte mich gleich danach an sie heran. Ich hatte schon vor Jahren den Draht zu meiner Schwester verloren, seit Ewigkeiten nicht mehr mit ihr gesprochen. Das hatte auch Gründe, meine ganze Familie hielt mich mittlerweile für einen Loser. Einen Loser, der nichts konnte als Frauen flachzulegen. Meine Mutter sah von mir grundauf immer nur das Schlechte, meine Schwester hatte es nicht anders gelernt, also tat sie es ihr gleich. Aber ich besaß immer noch den Beschützerinstinkt ihr gegenüber. Dass Ben nicht gewusst haben sollte, dass sie minderjährig war, glaubte ich nur schwer. Irgendwann musste er doch mitbekommen haben, wie alt sie war? Das war eindeutig viel zu viel auf einmal, ich brauchte dringend Ablenkung. In einer Bar würde ich genug davon finden, auf High Heels und in kurzen Röcken. Kapitel 19: Kae --------------- Blaue Haare. Der Kerl hatte blaue Haare! Unsere feindliche Organisation hieß Ao, aus dem Japanischen übersetzt bedeutete es blau. Viele Mitglieder färbten sich dort die Haare nach dieser Farbe. Das war nicht nur bei ihnen so, die Red V’s färbten sich, wie schon der Name beinhaltete, die Haare rot. So wie ich. Und der Mann, der vor mir stand, suchte eindeutig Streit. Ich drückte mich schützend in meinen Sessel, was mir nur leider nicht so viel Schutz brachte. Abhauen konnte ich nicht – das wäre noch gefährlicher als sitzen zu bleiben. Die beiden Männer, offensichtlich auch Ao’s, standen ebenfalls auf, um sich um mich herum zu stellen. Allmählich saß ich wirklich in der Klemme. Der Blauhaarige sah bedrohlich auf mich herab, faltete seine Hände. „Wie verläuft sich eine schlaue Kriegerin wie du denn in dieses Viertel?“, fragte er. Ich krallte meine Finger in das Polster meines Sitzes. Was für ein Viertel? „Ich wüsste nicht, wovon sie sprechen.“, brachte ich hervor. Ich spannte mich an und guckte auf den Boden, dann riss mich etwas am Kragen hoch. „Hör mir mal zu du kleines rotes Miststück!“ Die Augen des Blauschopfes färbten sich tief dunkel, fast schon schwarz. Kein weißer Teil war im ganzen Auge zu sehen, ich blickte in endlose Tiefe. „Kae Mare, der dreckige Aswang der Red V’s! Wundert mich ja, dass du Schlampe es bis hier her geschafft hast! Wenn mein Bruder nicht damals verletzt gewesen wäre, würdest du jetzt nicht mal mehr existieren!“, brüllte er mir ins Gesicht. „Bitte? Bruder? Was sabbelst du denn für ´ne Scheiße?“, zischte ich. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was er meinte. „Du bist diejenige, die vor drei Jahren meinen Bruder um die Ecke gebracht hat, oder hast du das schon vergessen?“ Er fletschte die Zähne, die sich zu messerscharfen Klingen verformt hatten. Oh Gott, jetzt kam er mit so einer Geschichte. Als ob es mich interessieren würde, ob ich seinen Bruder getötet hatte oder nicht? Das war ein Krieg, mir sprangen im laufe der Jahre viele Leute übers Messer. Da merkte ich mir doch nicht jeden einzelnen. „Soll ich mich jetzt dafür entschuldigen oder so?“, schlug ich vor. Jedem, der mit mir redete, war der Sarkasmus vergönnt. Allerdings gefiel das meinem blauen Freund nicht so besonders, er warf mich mit einer Wucht auf den Glastisch, an dem ich gesessen hatte. Dieser zerbrach darunter und ich landete geradewegs in den Scherben, von denen sich einige in meinen Rücken schnitten. Ich gab einen schmerzerfüllten Laut von mir und versuchte mich aus den Scherben zu winden. Der Ao nahm mich wieder an der Jacke und zerrte mich zu ihm hoch. „Du wirst jetzt für einiges büßen müssen. Für den Tod meines Bruders, für dein ekliges Dasein als Aswang und für die Tatsache, dass du eine geborene Red V bist.“, flüsterte er mir ins Ohr. Er warf mich auf den Boden, in Richtung der anderen zwei Kerle. Ich landete auf meinem Rücken, wodurch sich ein paar übergebliebene Scherben noch weiter in mein Fleisch bohrten. „Macht sie fertig, haltet euch nicht zurück.“, befahl der Blauhaarige den beiden. Das war’s. Ich gegen drei Riesen? Das würde doch niemals hinhauen. Der eine Mann griff mich an den Haaren und zog mich hoch. Ich biss die Zähne zusammen. „Nicht zurückhalten? Na, das hört sich doch gut an.“, grinste er voller Vorfreude und schlug mir mit der Faust in den Bauch. Was machte ich denn? Warum ließ ich das zu? Ich müsste doch kämpfen! Er schleuderte mich auf die Fliesen und der andere Kerl trat mir direkt in die Rippen. Das war doch erbärmlich. Ich war erbärmlich. Ich versuchte nicht mal, mich zu verteidigen. Wieso? Wieso tat ich das? Mit einem Wurf schlitterte ich über zwei Tische und krachte in die Stühle ein. Das war doch nicht möglich. Ich wollte mich doch wehren, aber ich tat es nicht. Ich bewegte mich einfach nicht! „So dumm! So dumm!“, schallte es durch meine Ohren. Dumm? Ich war nicht dumm. Ganz sicher nicht. Ich hatte mehrere Schlachten überlebt, ich hatte es als niederes Mitglied der Gesellschaft in die Haupteinheit geschafft, das zeugt nicht von Dummheit! Ich richtete mich auf. Es war wie bei der Prüfung. Meine Rippen stachen unaufhörlich und mein Kopf dröhnte, als hätte ich einen Mörderkater. Aber hatte ich bei der Prüfung aufgegeben? Nein. Nein, das hatte ich nicht. Selbst wenn ich gegen diese drei Giganten verlieren würde, dann nicht kampflos. „Oh, versucht sie sich zu wehren?“, säuselte einer von ihnen. Ich begann zu lächeln. Das alles war doch nichts als ein Spiel. Völlig egal ob ich gewann oder nicht. Wenn ich verlor, würde dieses Leben, was ich führte, endlich zu Ende sein. Wenn ich gewann würde ich zurückkehren, in den Alltag, in dem ich verachtet wurde. Es würde überhaupt keinen Unterschied machen, was ich tat. Ich hob den Kopf. „Ja. Natürlich. Aber ich wehre mich nicht nur,“, ich schmiss einen der Tische um, um von ihm ein metallenes Bein abzubrechen. „sondern ich kämpfe.“ Mein Tischbein, das ich nun zu einem Stab zurechtgebogen hatte, legte ich mit der einen Seite auf meiner Schulter ab. Ein verschmitztes Grinsen konnte ich mir nicht zurückhalten. „Showtime.“ Kapitel 20: Adrian ------------------ Scheiße, so langsam war es wirklich kalt geworden. Die Temperatur schätzte ich auf Minusgrade, ein bisschen mehr als eine Jeansjacke hätte ich mir dann doch anziehen können. Egal, dafür war es zu spät. Ich steckte meine Hände in die Jackentaschen des dunkelgrauen Stoffs und zog die Schultern an. Mein Atem stieß wie Dampf hervor, er war deutlich zu sehen. Ich steuerte auf eine Bar zu, in der ich öfter schon mal Frauen aufgegabelt hatte und öffnete die Tür. Laute Musik kam mir entgegen und der Geruch von Alkohol lag in der Luft. Ich fuhr mir durch die Haare und stellte mich an den Tresen, um mir einen Vodka Tonic zu bestellen, den ich auf Ex herunter kippte. Nach nicht mal fünf Minuten kam eine Frau im engen, roten Kleid auf mich zu. Dunkle Locken zierten ihre Schultern und an Holz vor der Hütte fehlte es ihr auch nicht. Na, wenn das kein Segen war! Sie lächelte mich an und zog mich auf die Tanzfläche. Schweißgebadete Körper wanden sich zu der Musik, links und rechts von uns. Die Frau, wohl meine Tanzpartnerin, begann, sich im Takt der Musik zu bewegen. Sie wusste, dass sie es konnte. Nicht lange, und wir hatten einen gemeinsamen Rhythmus. Die Bässe dröhnten durch meinen ganzen Körper, die dunkelhaarige Frau drückte sich an mich heran. Ich nahm sie bei den Hüften, presste sie mit dem Rücken an meine Vorderseite. Meine Tanzpartnerin bewegte sich weiter, dicht an mir. Ich folgte ihren Bewegungen und spürte, wie sie, gewollt oder nicht, Reibung auf meinen Unterleib verteilte. Ich merkte, wie sie auflachte, eine Hand in meinen Nacken legte und sie dort verweilen ließ. Ich drehte sie um und machte mich über ihre prallen, roten Lippen her, ihre Hand zuckte über meinen Oberkörper. Nach einem langen, wilden Kuss packte ich sie am Arm und zog sie aus der Menge. Ich brauchte was Schnelles. Unverzüglich. Kichernd folgte sie mir aus der Tür und ließ sich von mir an die kalte Hauswand drücken. Ich legte meine Lippen auf ihre und meine Zunge bahnte sich langsam einen Weg in ihren Mund. Die Brünette löste sich von dem Kuss und lächelte mir ins Gesicht. „Zu dir, oder zu mir?“, flüsterte sie kokett. „Oder gleich in meinem Wagen?“, schlug ich vor. Etwas anderes hätte zu lange gedauert. Ich war mit dem silbernen Aston Martin Vanquish zur Bar gefahren, der eigentlich der Organisation gehörte. Ich hatte ihn für ein paar Missionen geliehen bekommen und ihn bloß noch nicht zurück gebracht, ein bisschen länger würde der Orga schon nicht schaden. Bei dem Geld, was die hatten, würde es ihnen nicht mal schaden wenn ich den Wagen ganz behalten hätte. Allerdings gefiele das dem Chef dann doch nicht so gut. Die Frau folgte mir zu dem Auto, ich schloss auf und legte sie auf die Rückbank. Sie spreizte die Beine und ich platzierte mich dazwischen. Oh, das würde eng werden. Die Tür fiel zu und ich machte mich daran ihren Fetzten von Kleid hochzuschieben. Ich fuhr mit den Lippen über ihre Schenkel und ließ meine Zunge kleine Muster darauf zeichnen. Wie sich das wohl auf Kaes Haut anfühlen würde? Moment mal. Kae? Was kam die mir denn jetzt in den Sinn? Kurz unterbrach ich mein Tun, was ich jedoch gleich wieder fortsetzte. Mit einer schnellen Bewegung zog ich den störenden Slip von den Beinen der Frau, woraufhin sie einen belustigten Laut von sich gab. Voller Vorfreude fummelte sie am Verschluss meiner Hose rum, bis sie ihn nach einiger Zeit endlich aufgekriegt hatte und die Hose langsam von meinen Hüften zog. Ich küsste ihren Hals und stöhnte leise auf, als sie ihre Hände in meine Boxershorts schob. Sie wanderten immer weiter runter… Bis mein Handy klingelte. Warum hatte ich es auch mitgenommen? Etwas säuerlich sah mich mein Hoffentlich-Fick an und zog ihre Hände aus meiner Hose. Wer mich auch immer angerufen hatte, ich würde ihn umbringen. Ich pfriemelte mein Handy aus der Hosentasche und sah auf das Display. Wer mich da angerufen hatte? Kae. Ich drückte ihren Anruf weg, so wichtig konnte es ja nicht gewesen sein. Kaum schmiss ich das Handy auf den Sitz fing es wieder an zu bimmeln. Verflucht, was wollte sie denn? Als ich dabei war, das blöde Ding auf lautlos zu stellen, setzte sich mein Wohl-Doch-Nicht-Fick auf und tastete nach ihrem Slip. „Lassen wir das vielleicht lieber, ich denke du hast wichtigeres zu tun.“, begründete sie und machte Anstalten, den Wagen zu verlassen. „Moment. Erst machst du dich an mich ran und dann kommst du mit ‚lassen wir das lieber’? Ist das dein Ernst?“, brummte ich frustriert. Ich wollte, verdammt noch mal, einfach nur Sex! Mit einem fast schon triumphierenden Lächeln stieg sie aus dem Auto und knallte die Tür zu. Was war das denn bitte? Eine Art Test? Ich ließ mich auf die Rückbank fallen und drückte die Hände ans Gesicht. Meine Hose wieder geschlossen setzte ich mich ans Lenkrad. Noch mal in den Laden zu stapfen, darauf hatte ich auch keine Lust mehr. Plötzlich blinkte auf meinem Display wieder Kaes Name auf. Die konnte was erleben. Ich nahm den Anruf an und knallte das Handy an mein Ohr, dass es fast schon wehtat. „Weißt du eigentlich, was du mit deinen Sturmanrufen zustande gebracht hast? Du…“, begann ich meine Schimpftirade, doch Kae schnitt mir mit hysterischem Ton das Wort ab. „Hilf mir, Adrian! Hilf mir!“, schrie sie am anderen Ende der Leitung. Kapitel 21: Kae --------------- Belustigt sahen mich die drei Ao’s an. „Kämpfen? Du willst kämpfen? Gegen uns, mit so einem lächerlichen Metallstäbchen? Selbstmord trifft es damit wohl eher!“, gluckste einer der noch Bemützten. Ich ging stark davon aus, dass sich unter beiden Wollköpfen auch blaue Haare befanden. Dass sie alle Ao’s waren, einschließlich der Bedienungsladys, stand aber fest. Die vorhin noch so freundliche Dame beäugte das Geschehen vom Tresen aus. Ja, Bitch, hol dir noch Popcorn und das Bild wäre perfekt! Ich sah lachend vom Tresen weg, dann wieder zu den drei Kerlen. „Nenn es wie du willst.“ Die Scherben, die in meiner Haut steckten, schmerzten gewaltig. Aber dort mussten sie bleiben, den Schmerz hatte ich auszuhalten. Wenn ich wegen dieser Sache alles hinschmiss, hätte ich mehr verloren als wenn ich nicht wenigstens etwas versucht hätte. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen, um alles auszublenden. Den Schmerz, die Wunden, die Gefahr, meine Gefühle, und zuletzt mein Denken. Ich öffnete sie. Meine Gegner kamen auf mich zu. Schnell. Aber nicht schnell genug. Wie ein Pfeil, schoss ich geduckt durch eine Lücke zwischen den beiden Wollköpfen. Nicht mal angehalten, holte ich aus und schlug mit meiner improvisierten Waffe auf die Kniekehle des Mittleren ein. Ein Krachen, er schrie auf und sackte zusammen. Vermutlich hatte ich ihm sein Kniegelenk zertrümmert. „Was zur Hölle?!“ Der Blauschopf drehte sich schlagartig um. Ich drehte mich und zwinkerte ihm zu. „Ich hab doch gesagt, Showtime.“ Mit einer schnellen Bewegung verschwand ich hinter dem Rücken des anderen Wollkopfs und zielte mit dem Metall auf seine Wirbelsäule. Ich war zwar kleiner als die drei, aber demnach auch schneller. Wieder knackte es unter meinem Schlag, und mein Opfer gab etwas wie ein Stöhnen von sich. Es hörte sich mehr wie ein Todeslaut oder ähnliches an. Ohne Rücksicht stieß der Blauschopf, vielleicht ja der Anführer von ihnen, seinen Partner weg und setzte zum Faustschlag an. Es kam mir vor wie in Zeitlupe – ich duckte mich heraus und wollte ebenfalls sein Knie außer Kraft setzen, doch er war schneller. Er packte meine Waffe und warf sie meterweit weg, hob mich am Gesicht hoch und starrte mir mit seinen tiefen, durch und durch schwarzen Augen hinein. „Du… hast mich wütend gemacht.“ Sein Ton war furcht einflößend, wie ein bedrohliches Keuchen. Sein Gesicht verformte sich, seine Haut wurde hell und trocken und seine Adern guckten hervor, als würden sie jeden Moment aus ihm herausplatzen. Aus seinem Kopf ragte ein Fächer, ebenfalls mit Adern versehen und so hell wie nun der Rest von ihm. „Büße! Büße für alles, was du angerichtet hast!“, fluchte er und schleuderte mich mit noch mehr Kraft als davor auf die harten Fliesen. Ich war kurz davor, meinen Verstand zu verlieren. In Ohnmacht zu fallen. Doch das durfte ich nicht. Unfähig, mich zu rühren, merkte ich wie mir der Blauschopf, der keine Haare mehr besaß, mit einem der Tische auf den Kopf schlug. Das würde üble Wunden geben. Er öffnete seinen Mund, seine unzähligen, scharfen Zähne wurden sichtbar. Als er versuchte, sie in mich zu rammen, fasste ich mich wieder und rollte zur Seite. Sein Klingenmaul streifte meinen Arm und hinterließ eine klaffende Wunde. Von meiner Stirn floss ebenfalls Blut, aus meiner Nase war es schon ein Rinnsal. Herrgott noch mal, Kae! Reiß dich zusammen! Ich vergaß sie. Die Schmerzen durften jetzt keine Rolle spielen. Mich aufrichtend, blickte ich den Kerl, der immer mehr einer Art Horrorechse glich, abfällig an. „Was willst du Echsenvisage schon anrichten?“, schnaubte ich. Haha, ja, was konnte er schon anrichten. Schließlich war ich nicht gerade am sterben, oder so. Mit einem Knurren kam er auf mich zu und holte mit der Faust aus. Während er zuschlug wich ich aus und versenkte meinen Ellbogen direkt in seinem Bauch. Er krümmte sich, ich nahm seinen Kopf in die Hände und schmiss ihn auf mein tretendes Knie. Seine Nase dürfte dann auch im Arsch gewesen sein. Mein Gegner sackte auf den Boden. Für eine Zeit war er ausgeschaltet, ich musste flüchten. Mehr Kampf würde ich nicht mitmachen können. Ich sah zum Tresen – keine glotzende Lady. Ich rannte zur Tür des Cafes und schwang sie auf, hinter mir ein Stöhnen, ich hatte nicht viel Zeit. Was sollte ich machen? Wo war ich überhaupt? Die Dunkelheit hatte schon eingesetzt, wie immer in der Jahreszeit. Ich rannte weiter und weiter, bis ich an einer Gasse halt machte und mich hinter einem Müllcontainer verkroch. Ein muffeliger Geruch stieg mir in die Nase, den ich jedoch ignorierte. Mir war alles egal. Meine Wunden begannen sich wieder zu melden, das hieß, mein Adrenalin ließ nach. Wie lange ich so noch durchhalten würde stand in den Sternen. Aus meinem Arm quoll Blut und von meiner Stirn lief die warme Flüssigkeit immer wieder in mein Auge. Meine Rippen, mein Bauch, die Scherben in meinem Rücken, alles verursachte so großes Leiden. Ich wimmerte. Was, wenn mich niemand finden würde? Nicht mehr lange, dann würde mein Bewusstsein flöten gehen. Ich würde verbluten oder unterkühlen. Vorsichtig setzte ich mich auf die Knie und stützte die Hände auf dem nassen Boden ab. Schneite es? Das konnte ich nicht erkennen. Plötzlich musste ich würgen, eine Woge von Erbrochenem und Blut kam aus meinem Rachen. Ich hustete, noch mehr Blut. Ich brauchte Hilfe. Dringend. Zitternd zog ich mein glücklicherweise noch intaktes Handy aus der Hosentasche und tippte auf meine Kontakte. Wen sollte ich anrufen? Hier kannte ich niemanden. Außer… Hilflos tippte ich auf den ersten Kontakt unter dem Buchstaben A und wählte die Nummer. Keine Antwort. Nur die Mailbox. „Bitte. Bitte. Geh ran.“, wimmerte ich. Wieder keine Antwort. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich war wirklich alleine, wenn ich hier starb kümmerte sich niemand darum. In mir kam Panik auf und ein letztes Mal versuchte ich, die Nummer zu wählen. „Weißt du eigentlich, was du mit deinen Sturmanrufen zustande gebracht hast? Du…“, tönte es am anderen Ende der Leitung. „Hilf mir, Adrian! Hilf mir!“, schrie ich in den Hörer. Ich schrie, vor Angst, es würde ihn nicht interessieren. Eine Mischung aus Tränen und Blut tropfte auf das Display herab. „Bitte,“, schluchzte ich. „ich bin am Ende.“ Kapitel 22: Adrian ------------------ Kaes gebrochene Stimme machte mich nervös. Sie hörte sich gar nicht gut an. „Was ist denn los?“, erkundigte ich mich. Mit einem Mal vergaß ich, welchen Eros sie mich vor einer Minute gekostet hatte. „Ich… ich…“, brachte sie hervor, dann folgten ein paar Schluchzer. Heulte sie da gerade? Dass sie überhaupt dazu fähig war überraschte mich schon. „Ich brauche dich, jetzt und hier.“, stellte sie fest. Sie brauchte mich? Wozu? „Wo bist du denn eigentlich, wenn du mich genau da so unbedingt brauchst?“, fragte ich, etwas entnervt. Mir fiel es schwer, sie ernst zu nehmen. Wo sie doch sonst immer einen auf hart machte, heulte sie mir nun am Telefon die Ohren voll. Schweigen. Mein sarkastischer Unterton gefiel ihr wohl nicht. „Adrian. Ich rufe dich nicht einfach so an und sage dir, ich bräuchte deine Hilfe. Wenn du nicht gleich hier auftauchst krepiere ich!“ Den letzten Satz schrie sie. Das Ganze könnte ja doch ernster gewesen sein, als ich dachte. „Ja, man, wo bist du jetzt?“, erwiderte ich und legte eine Hand an die Stirn. „Ich… ich weiß es nicht. Keine Ahnung!“, gab sie zurück. Also, professioneller konnte man ja nicht sein. Mir sagen, ich müsste auf Leben und Tod bei ihr aufkreuzen und nicht mal wissen wo sie ist. „Dann schick mir deinen Standort.“, befahl ich ihr und startete den Motor des Wagens. „Standort?“ Ihr fraglicher Ton machte nichts einfacher. „Ja, per SMS! Heutzutage geht das!“, fluchte ich. „Ich glaube nicht… dass ich das noch hinkriege.“, stammelte sie. Ihre Stimme war rau, zwischendurch hustete sie immer wieder. „Aber ich versuche es.“ Damit beendete sie das Gespräch und legte auf. Die Frau hatte echt ihre Eigenarten. Ich wartete eine Minute, zwei, drei. Nichts kam. Wusste sie nicht, wie man ein Handy bediente? Als ich den Motor wieder ausstellte, weil es wer weiß wie lange noch dauern würde, kam eine Nachricht. Und, hey, es war Kaes Standort. Wunder geschahen also wirklich. Als ich den kleinen roten Punkt auf der Karte sah, stockte mir der Atem. Kae befand sich mitten in einem Ao Viertel, damit auch im sicheren Tod. In den Ao Vierteln wohnten verstreut viele Mitglieder der Ao’s, wenn sie Kae da finden würden, erkannten sie sie sofort. Kae war nun mal nicht unpopulär. Den Motor wieder angeschaltet, wendete ich aus der Parklücke und drückte auf das Gas. Dabei war ich vom Amt des Bodyguards ja eigentlich entlassen gewesen. Ich hätte Kae besser erklären sollen, wo sie nicht hinzugehen hatte. Wie schaffte sie es denn bis dahin, und warum? Sie hatte gemeint, noch etwas erledigen zu müssen, aber warum da? War sie lebensmüde? Es ärgerte mich dass sich, wo ich doch eigentlich den Kopf an diesem Abend frei kriegen wollte, bei mir wieder alles um Kae drehte. In Zukunft müsste sie mir Einiges an Gegenleistung bringen. Ich hielt dort, wo Kae sich aufhalten sollte. Eine Gasse? Ich hob unwillkürlich die Augenbrauen und stieg aus dem Wagen, schlug die Tür zu. Als ich mich der dunklen Gasse näherte, machte sich ein heftiger Gestank breit. Und da sollte sie ernsthaft sein. Ich lugte zwischen ein paar Müllcontainern durch, Kae fand ich da nicht. „Kae?“, rief ich sie. Als Antwort bekam ich eine Art Röcheln, das hinter einem der Container herkam. Ich folgte dem Geräusch und fand Kae, blutüberströmt und zusammengekauert an der Wand. Sie hob den Kopf nicht, sie zeigte keinerlei Reaktion auf meine Anwesenheit. „Hey, Kae. Was ist los?“ Ich hockte mich zu ihr herunter und streckte meine Hand aus, um sie an ihr Gesicht zu legen. Sie schüttelte den Kopf und sah mich aus großen Augen an. An ihrer Stirn hatte sich eine Blutkruste gebildet, darüber lief frisches. Sie wischte es sich aus ihrem Auge, und an ihrem rechten Arm bemerkte ich eine Fleischwunde, als hätte man ihr ein Stück ihres Armes herausgerissen. „Soll ich dich in ein Krankenhaus bringen?“, fragte ich unsicher. Bei Kriegern wusste man nie, die hatten manchmal zu viel Stolz. Sie schüttelte ausdrucksvoll den Kopf. Na toll, so eine war sie also. Kurz davor draufzugehen und doch zu gut für Hilfe. Wobei sie mich ja schon darum gebeten hatte. „Und was soll ich dann machen? Dir beim sterben zusehen?“ Ich sah sie vorwurfsvoll an. Was erwartete sie denn von mir? Ein paar Tränen rollten über ihre Wangen. Jetzt sah ich es also, live und in Farbe. Kae Mare konnte auch weinen. Sie streckte ihren blutigen Arm aus und platzierte ihre Hand in meinen Nacken, um sich an mir hochzuziehen. Sie setzte sich auf und legte die Stirn in meine Halsbeuge, die andere Hand ebenfalls in meinen Nacken. „Tut mir leid.“, murmelte sie in mein Shirt und im nächsten Moment hackten ihre Zähne in meinen Hals. Ein leichtes aufschreien, aus Überraschung und Schmerz, konnte ich mir nicht verkneifen. Ich stützte mich an der Wand ab und hielt mir mit der Hand den Mund. Heilige Scheiße, das tat deutlich mehr weh als davor. Sie sog fester an meinem Hals, ich kniff die Augen zusammen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich wie die Wunde an ihrem Oberarm begann, sich langsam zu verschließen. Deswegen wollte sie nicht ins Krankenhaus, mein Blut war hilfreich genug. Allerdings, hui, ganz schön viel davon. Als sie von dem festen Biss an meinem Hals abließ, waren ihre Wunden soweit verheilt, dass sie nicht mehr bluteten. Mein Blut tropfte von Kaes Kinn. „Kannst du laufen?“, sagte ich, nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte. „Kannst DU laufen?“, entgegnete sie mit einem seichten Lächeln. Gut drauf war sie also wieder. „Du wirst in nächster Zeit einiges mehr als nur kochen müssen. Du bist mir dein Leben schuldig.“, verkündete ich und stellte mich auf. Ein kleiner Schwindel trat ein, doch dieser verflog schnell. Ich hielt Kae meine Hand hin, sie ergriff sie und ließ sich von mir aufhelfen. „Bring mich in die Wohnung, dann reden wir weiter.“, murmelte sie und suchte halt an mir. „Und nein, ich kann nicht laufen.“, bemerkte sie und guckte auf den Boden. Eine Weile standen wir nur so da, dann fasste ich Entschluss und hob sie auf meine Arme. Ein frustrierter Laut entfuhr ihr und sie griff nach meinem Shirt. „Keine Sorge, wäre ja nicht das erste Mal dass ich dich trage.“, lachte ich und ging auf das Auto zu. Und in dem Moment wurde mir bewusst, dass es das erste Mal gewesen war, das Kae meine Hand ergriffen hatte. Kapitel 23: Kae --------------- ‚Komm in den Hauptsitz, ich treffe dich in meinem Büro.’ Das hatte mir der Chef vor einer Stunde geschrieben, also stand ich nun vor seinem Büro und klopfte an. Adrian hatte noch geschlafen, ich war bemerkungslos aus der Wohnung geschlichen. Es kam mir schon ein bisschen komisch vor, Adrian einfach so unter die Augen zu treten, nachdem ich ihn um wer weiß was angebettelt hatte. Als er zu mir gekommen war hatte ich wahrscheinlich auch total gestunken, und ihm dann noch ohne Erlaubnis Blut abgezogen. Ah, fuck. Wieso kannte ich in dieser ganzen Stadt auch niemand anderen als ihn? Die Tür öffnete sich und der Chef steckte seinen Kopf hindurch. Er sah besorgt aus, oder auch gestresst. So ganz konnte ich das nicht entziffern. „Kae, komm rein.“, sagte er und lotste mich in den Raum auf den Sessel, auf dem ich schon mal gesessen hatte. Auf dem anderen, wo am Tag meiner Ankunft Adrian gesessen hatte, saß eine Frau mit orangefarbenen Haaren, durch die sich ein paar rote Strähnchen zogen. Sie war ungefähr in meinem Alter, jedenfalls sah sie so aus. Ein sachtes Lächeln umspielte ihre Lippen, sie guckte auf den Boden und ihre mit dichten Wimpern umrahmten Augen hatten einen warmen, dunkelblauen Ton. „So, darf ich vorstellen? Das ist Kae Mare.“ Der Chef wies auf mich und die Frau neben mir riss ihren Blick vom Boden los, um ihn auf mich zu richten. „Hi.“, begrüßte ich sie unsicher. „Und dass…“, der Chef zeigte nun auf die Person neben mich. „…ist Anastasiya Govno.“ Govno? Hörte sich russisch an. „Und was genau verschafft mir die Ehre?“, wollte ich wissen. Der Chef atmete einmal tief ein, wieder aus und nippte an seinem Kaffee. Bisher hatte ich ihn immer nur mit einem Kaffee gesehen, vielleicht soff er das Zeug ja rund um die Uhr. „Nun, ihr seid ja beide ziemlich neu hier. Aber uns fehlen ein paar Krieger, die wir zu einer Mission heute Abend brauchen. Deshalb müsst ihr, so Leid es mir tut an einem Sonntag, einspringen und anstelle der fehlenden Krieger den Auftrag ausführen. Ich versteifte mich. Ich konnte nicht kämpfen, meine Wunden waren noch nicht komplett verheilt. Adrians Blut hatte mir zwar geholfen, aber ich brauchte trotzdem noch mindestens einen Tag zur Genesung. Andererseits, was machte das für einen Eindruck, wenn ich schon bei dem Ersten Auftrag in der Haupteinheit kniff? Das konnte ich unmöglich machen, ich war schon so unbeliebt. Noch unbeliebter zu werden wollte ich nicht riskieren. „Macht ihr das?“, erkundigte sich der Chef und sah uns durch dringlich an. „Okay.“, willigte ich ein, Anastasiya neben mir nickte. Eine wortkarge Person. „Was müssen wir denn eigentlich machen?“, fragte ich, meine Stimme war etwas zittrig. Vor Aufregung, Angst, oder vielleicht auch weil mir bewusst wurde in was für eine Gefahr ich mich begab. „Nichts weiter als in eine Ao Zentrale einzubrechen, dort einige Unterlagen zu klauen und nicht erwischt zu werden. Denn das könnte blutig enden.“, lachte der Chef und ließ sich auf seinen Stuhl fallen. „Anastasiya, zeig Kae doch bitte wo Halle B1 ist. Dort werdet ihr den Rest eures Teams treffen und alle Informationen zur Mission bekommen.“, bat er und nahm einen Schluck aus seiner Tasse, auf der zu meiner Überraschung ‚Boss No.1’ stand. Was wäre die Welt ohne Flachhumor. Anastasiya nickte und erhob sich von ihrer Sitzgelegenheit, ich ebenso. Ich verabschiedete mich und folgte ihr aus der Tür, in den Flur. Sie setzte schnell einen Fuß vor den anderen, und ich musste beinahe joggen um mit ihr Schritt zu halten. „Hey,“; sprach ich sie an. „kannst du eigentlich auch reden?“ Sie stoppte und fast wäre ich über meine eigenen Füße gestolpert. Sich umdrehend, sah sie mich skeptisch an. „Was soll die Frage?“, waren die ersten Worte, die ich aus ihrem Mund hörte. Ihre Zunge und Stimmbänder waren also unversehrt. „Ich hatte schon befürchtet du hättest irgendeine Folter hinter dir, von Wegen Zunge abschneiden und so.“, begründete ich, leicht lachend. Aus ihrem misstrauischen Gesichtsausdruck wurde langsam ein lächeln, dann ein leises Kichern. „Redest du denn immer gleich das Blaue vom Himmel wenn du jemanden triffst?“, fragte sie mich und setzte wieder ihr Gehen fort, diesmal etwas langsamer. „Na ja, kommt drauf an.“ Mehr wusste ich darauf nicht zu sagen, denn ich musste daran denken wie ich Adrian gleich vom ersten Moment an mit Beleidigungen zugeworfen hatte. Mein Entschluss über ihn schien vielleicht doch etwas voreilig. „Du bist ein Aswang, oder?“, kam es freiheraus von Anastasiya. Ich zögerte kurz mit meiner Antwort. Sollte ich ihr sagen, dass es stimmte? Gut, viel hatte ich ja nicht zu verlieren. „Ja, das ist richtig.“, antwortete ich und sah auf die Pflanzen, die im Flur verteilt standen. „Wow, ist ja cool.“, erwiderte sie auf meine Antwort. Cool? Ein Aswang zu sein war alles andere als cool. „Was meinst du?“ Mein misstrauischer Ton ließ sie aufmerksam werden. „Ich hab von dir gehört. Du sollst richtig gut sein, im Kämpfen und so. Also, ich habe auch andere Sachen über dich gehört, aber ich bewundere deine Stärke. Dass du dich von dem ganzen Hass auf deine Art nicht runtermachen lässt.“, schilderte sie, während wir links um die Ecke bogen. Ihre Haare, die farblich Flammen glichen, flatterten über ihre Schultern. Sie waren glatt, etwas mehr als schulterlang und sahen kaputt aus, so, als hätte sie sie schon öfter gefärbt. „Bewundern…“, murmelte ich ungläubig. Noch nie hatte mich jemand bewundert, bestimmt log sie nur. Vor einer großen Zweiertür machten wir halt und Anastasiya drehte sich zu mir. Ihr Körper war zierlich, klein und fast ohne Kurven. „Lass uns heute zusammen in der Kantine essen, okay? Du kannst mich übrigens An nennen.“, gab sie mir zu wissen und streckte mir freudig ihre Hand entgegen. „Äh, gut. Mich kannst du… Kae nennen. Ich hab keinen Spitznamen.“, stellte ich fest und nahm ihre Hand. Ein Glucksen ihrerseits heiterte mich ein bisschen auf, allerdings glaubte ich immer noch nicht dass sie wirklich etwas mit mir zutun haben wollte. Aber, gut, selbst wenn. Ausprobieren schadete ja nichts. Hoffentlich. Ich stieß die Tür auf und trat in eine große Halle, eine Sporthalle, wie ich vermutete. „Ah, unser Ersatz!“, tönte eine weibliche Stimme zu meiner Linken. Ich drehte mich und plötzlich stand eine Frau, ca. Mitte vierzig, vor mir. Ich zuckte leicht zusammen, woraufhin sie mich belustigt ansah. „Ich bin Mariana, eure Missionsleiterin. Geht schon mal zu eurem Team, da hinten. Und, Frischlinge, versaut diese Mission nicht. Zu eurem Besten.“, zischte sie und verschränkte die spillerigen Arme vor der Brust. „Nur keine Bange, ich denke, wir wurden nicht umsonst ausgewählt.“, entgegnete ich ihr und verschränkte ebenfalls die Arme. „Erlaube dir bloß nicht zu viel Stolz, Mädchen. Als Neuling steht man noch ganz unten.“, legte sie fest. Ihre dunkelgrauen, brüchigen Haare hatte sie zu einem Zopf gebunden, der sich langsam aber sicher löste. Bei solchen Frisuren hatte ich immer irgendwie den Drang, sie wieder fest zu zurren. „Im ganz unten Stehen bin ich geübt, Stolz lasse ich mir trotzdem nicht verbieten.“, bemerkte ich und neigte meinen Kopf zu Seite. Ein abfälliger Lacher entfuhr der Dame vor mir. „Wahrlich, kannst du jemand anderes sein als Kae Mare?“, giftete sie und sah mich an wie eine Katze, die soeben ein Stück Fisch aus der Pfanne geklaut hatte. Nein, abweisender, eher wie ein Stück Dreck. Das traf es am besten. „Also los, Aswang. Geh zu den anderen.“, befahl sie und ließ von mir ab. Eine Augenbraue nach oben gezogen, betrachtete mich einer aus dem fünfköpfigen Team, und dieser eine kam mir irgendwie seltsam bekannt vor. Ja, diesen einen kannte ich auf jeden Fall. Und mir graute es, die Mission mit diesem einen vollbringen zu müssen. Kapitel 24: Adrian ------------------ Ein hysterisches Hämmern an der Tür riss mich aus dem Schlaf. Genervt stöhnte ich und setzte mich auf. Irgendjemand wollte mich anscheinend dringend sprechen. „Ich komm ja schon!“, rief ich und quälte mich mühsam aus meinem warmen Bett. Als das Hämmern weiter anhielt, ignorierte ich dass ich nicht mehr als Boxershorts anhatte und lief halbnackt zur Tür, um diese unsanft zu öffnen. „Verdammt, was?!“, brummte ich und blinzelte die Person vor mir an. Es war zu hell, viel konnte ich nicht erkennen. Meine Müdigkeit verflüchtigte sich, als ich plötzlich einen Schlag auf meiner Wange spürte und sich ein stechender Schmerz breit machte. Entgeistert riss ich die Augen auf und hielt mir die Wange, bis ich erkennen konnte, wer da vor mir stand. „Du hast Ben blutig geschlagen, nur weil ich von ihm schwanger bin? Es war doch nicht seine Schuld, und es ist verdammt noch mal mein Leben, in dem du nichts zu suchen hast!“ Meine Schwester. „Keira…“, begann ich, doch sie schüttelte den Kopf und schnitt mir das Wort ab. „Hör auf dich in meine Angelegenheiten einzumischen. Ich bin keine sieben mehr.“, warf sie mir vor. Ihre dunklen Korkenzieherlocken reichten ihr bis zur Brust und fielen locker ihren Rücken hinab. Als sie wieder ihren Kopf schüttelte, sprangen sie wild umher. „Ben hat gesagt, dass wir das schon hinkriegen. Irgendwie, aber zusammen.“, betonte sie und richtete ihren Blick auf den Boden. „Ben ist ein Arschloch! Weißt du eigentlich, dass er jede Nacht ne Neue knallt? Dass Gefühle ihn einen feuchten Dreck interessieren?!“ Ich hob die Lautstärke meiner Stimme, in der Hoffnung, ich könnte Keira überzeugen. Ihr stiegen Tränen in die Augen und sie sah mich frustriert an. „Du bist doch auch nicht besser! Außerdem hast du keine Ahnung wie Ben wirklich ist, er…“ Meine Wut stieg, nicht auf Keira sondern auf Ben. Er hatte sie genauso belogen wie jede Andere die er vögelte. „Ja, genau, Ben ist wie ich! Und deshalb weiß ich auch, dass er auf Gefühle von Frauen scheißt!“, fuhr ich Keira an. „Nein! Nein, das stimmt nicht! Ben hat gute Seiten! Ben kann einfühlsam sein, du nicht! Du bist ein Loser, ein Nichtsnutz! Wenn du denkst, Ben wäre wie du, dann liegst du absolut falsch! Du bist das einzige Arschloch!“, schrie sie, während ihr Tränen über das Gesicht liefen. Ich rieb mir die Augen. „Keira, du bist 17! Minderjährig! Allein schon, dass Ben dich vernascht hat geht mir auf den Sack, aber er hat dich geschwängert! Du bekommst ein Baby von ihm! Für ein Kind kannst du keine Verantwortung übernehmen, du gehst noch zur Schule!“, versuchte ich ihr mitzuteilen. Doch sie schüttelte weiter ihren Lockenkopf und hörte mir nicht zu. „Und wenn schon, es ist meine Sache! Ich will dich nie wieder sehen, und wehe du tust Ben noch einmal etwas an!“, drohte sie und stapfte mit diesen Worten den Flur entlang. Kurz bevor sie ins Treppenhaus einbog, drehte sie sich noch mal zu mir um. „Übrigens, hab ich vorhin gesehen wie so eine Schlampe aus deiner Wohnungstür gekommen ist, und die sah auch nicht gerade Volljährig aus.“ Damit verließ sie den Flur und ließ mich in meinem Türrahmen zurück. Nach einer Weile lachte ich leise auf. Sie hatte Kae aus dem Appartement kommen sehen. Anscheinlich war ich nicht der Einzige der annahm, sie sähe ziemlich jung aus. Kaum hatte ich mich wieder in mein Bett geschmissen, klingelte mein Handy. Das Leben meinte es wirklich nicht gut mit mir. Ich griff mein Smartphone vom Nachttisch und setzte meinen Blick auf das Display. Ben. Nein, der war mit Abstand der letzte dessen Stimme ich hätte hören wollen. Ich drückte seinen Anruf weg und fragte mich, ob er da unten mit Keira stand und sie sich abgesprochen hatten. War ja doch ein ziemlich großer Zufall, dass er mich direkt nach ihrem Besuch anrief. Mir wanderte ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken daran, wie kaltherzig er sie belog. Zusammen ein Kind großziehen? Ben würde eher Glasscherben essen, als das zu tun. Doch ich war genauso, irgendwo hatte Keira damit recht gehabt. Zu wach, um wieder die Augen zu schließen, zog ich mir Jeans und ein blaues Shirt mit V-Ausschnitt über. Es war Sonntag, ich hatte nichts zutun. Nach einigem Grübeln entsann ich mich, etwas zu essen und wollte mich am Kühlschrank bereichern. Blöd nur dass ich nicht wusste, wie man das, was sich darin befand, zubereitete. Kae hatte nichts als frisches Zeug gekauft, von Fertiggerichten nicht mal eine Spur. Rohe Kartoffeln, ungekochte Nudeln, ich hatte keine Ahnung wie man kochte. Eher setzte sich bei mir die Küche in Brand. Wo war Kae eigentlich hin? Sie war einfach verschwunden und dabei sehr wahrscheinlich Keira über den Weg gelaufen, aber wo sie sich aufhielt war mir nicht bekannt. Hoffentlich nicht wieder im Ao Viertel, oder sonst wo, wo sie drohte zu sterben. In der Zeit, in der ich sie kennen gelernt hatte, bemerkte ich bei ihr nämlich ein großes Talent dafür sich in Lebensgefahr zu begeben. Seufzend knallte ich die Kühlschranktür zu und lehnte mich dagegen. Sonntags hatten keine Läden offen, wo sollte ich nun etwas zu Essen herbekommen? Nicht lange und mir ging ein Licht auf. In der Organisation, die immer offen war, war eine Kantine. Da konnte ich mir etwas kaufen. Ich zog mir Jacke und Schuhe an, fuhr mir noch schnell durch die Haare und machte mich auf den Weg zur Bahn, um zur Orga zu fahren. Vielleicht war Kae ja dahin verschwunden, ihr nachhecheln wollte ich aber auch nicht. Am Red V Gebäude angekommen, fingen mich am Eingang ein paar Freunde ab. „Adrian! Was ´ne Überraschung!“, flötete einer von ihnen. Sein Name war Carl, neben ihm standen John und Liam, Zwillingsbrüder, die, wie ich, bei den Red V’s aufgewachsen waren. Carl kam vor ein paar Jahren dazu, er wurde direkt aufgenommen. Seine Ausstrahlung heiterte fast jeden auf, er war beliebt wie sonst was. Im Gegensatz zu Liam und mir waren John und Carl weniger die Ladywinner, sie tickten nicht direkt wie wir. Verstanden haben wir uns trotzdem, von Beginn an. Ich begrüßte jeden von ihnen mit einem Handschlag und gesellte mich zu den dreien. „Schon gehört? Am Samstag gibt’s eine Party bei Quinn Anderson, zu Silvester.“, verkündete Liam. Stimmt ja, bald war Silvester. „Wer war noch mal Quinn Anderson?“, erkundigte ich mich. „Alter, Quinn! Die reiche Blonde, mit dem Atombusen. Arbeitet im Bereich Sprache, wenn ich mich recht erinnere hattest du auch mal was mit ihr.“, besinnte sich Carl und strich sich durch seine braunen Locken. Er hatte brasilianische Wurzeln, weshalb sein Hautton deutlich dunkler war. Johnnie und Liam wirkten gegen ihn wie Milchbubis, sie hatten relativ helle Haut und schwarze Haare. Liam hatte einen recht kurzen Seitenscheitelhaarschnitt, während Johnnies Emo-Frisur – Himmel, ja, ihm stand es wenigstens. Kae konnte so was überhaupt nicht tragen – ihm fast schon die Sicht verdeckte. Das waren meine engsten Freunde, jeder hatte einen Kontrast zum anderen. „Noch mal zur Party: geht ihr hin?“, fragte John und steckte die Hände in seine Jackentaschen. Draußen war es zwar kalt, aber dennoch besser als drinnen, wo Liam und ich andauernd von Weibern belagert wurden. „Also, ich überlege mit dieser neuen Rothaarigen hinzugehen. Hab gehört, die wäre ´ne ziemliche Schlampe, für einen Fick und dann auf Nimmerwiedersehen.“, sagte Liam. Ich hielt die Luft an. Welche rothaarige Schlampe meinte er? „Ja? Wer genau, vielleicht kenne ich sie.“, meinte Carl. „Pfh, keine Ahnung. Kami, Kai… So was japanisches.“ Liam dachte kurz nach, dann hob er den Kopf. „Kae! Kae Mare heißt die.“ Noch während er ihren Namen aussprach wollte ich verhindern, dass Liam sie auch nur ansah. Kapitel 25: Kae --------------- „Okay, ihr habt folgendes zutun.“, begann unsere Leiterin ihre Rede. Ich hielt meinen Blick weiter auf der bekannten Person während ich mich auf einen der Stühle setzte, die im Halbkreis zusammengestellt wurden. Dieser Bekannte war niemand anderes als Ethan, in Fleisch und Blut, wie er mich grinsend beobachtete. Ich musste ihm nachher wirklich noch erklären, was da im Supermarkt gelaufen war. „Ihr werdet in Zweierpaare aufgeteilt; jedes Paar muss in einem anderen Raum ein paar Unterlagen mitgehen lassen. Nehmt das nicht auf die leichte Schulter, ihr müsst dort unbemerkt rein und wieder raus kommen, sonst seid ihr am Ende. In eine Zentrale einzubrechen ist gefährlich, denn wenn ein Blauer euch sieht habt ihr gleich das ganze Haus am Hals und euer Tod ist garantiert. Wir starten heute um 17:00 Uhr, fahren zur Ao Zentrale und trennen uns dann kurz vor dem Gebäude in unsere Teams. Soweit klar?“, fragte sie in die Runde und bekam ein paar nickende Köpfe zur Antwort. Ah, schön, bei Zweierteams musste ich keine große Befürchtung haben, Kontakt mit Ethan aufnehmen zu müssen. Dem ging ich besser aus dem Weg, auch wenn ich ihm das mit Adrian erklären würde. Die Aktion mit den Kondomen war schon peinlich genug. „Gut, bevor wir mit dem Training anfangen bilden wir erstmal die Teams.“ Sie betrachtete jeden von uns genau, ließ ihren Blick schweifen. Über mich, Anastasiya, zwei andere Mitglieder, Ethan und die restlichen zwei. Dann kritzelte sie etwas auf einen Papierblock, den sie in die Hand genommen hatte und tickte wieder und wieder hektisch den Stift darauf. Nach einer Weile blickte sie wieder in die Runde und sah mich prüfend an. „Alles klar. Du…“, sie wies auf Anastasiya. „…kommst mit mir in ein Team, Frischling.“ An runzelte die Stirn und nickte. „Jona, du gehst mit Catherine.“ Sie blickte zu den beiden Frauen rechts von Ethan, dann wechselte sie zu den Männern links von ihm. „Alroy, Quentin, ihr erledigt das auch zusammen. Und dann noch…“ Moment. Wer war über? Ethan und ich. Oh, nein, nein, nein, bitte nicht. „…ihr beide, Ethan und Kae. Ihr seid unser gemischtes Team.“ Meine Laune hatte sie damit durch einen Ellbogenschlag in den Abgrund geworfen. Ja, meiner Laune taten die Rippen wahrscheinlich genauso weh wie mir vor einem Tag. Lächelnd lugte Ethan zu mir herüber, ich tat so, als würde ich es nicht bemerken. „Dann: beginnen wir mit dem Training! Ich will, dass ihr zusammen, im Zweierteam, freies Training verübt. Ihr müsst euch aufeinander einstellen können, um die Mission gut zu machen. Also los, bewegt eure Hintern zueinander.“, sagte Mariana und warf ihren Block auf einen Tisch, der am Rand der Sporthalle stand. Unbehaglich erhob ich mich langsam aus meinem Stuhl, während Ethan schon direkt vor mir auftauchte, mit den Händen in den Hosentaschen seiner weiten Sporthose. „Na, war’s schön mit deinem ‚Lover’?“ Was eine einfallsreiche Begrüßung. Ich verdrehte die Augen und stemmte die Hände in meine Hüfte. „Bevor du irgendwelche Schlüsse ziehst, hör mir erstmal zu. Adrian ist nicht irgendwie…“, fing ich an, doch er fiel in meine Rede. „Adrian? Etwa der Adrian, der umherzieht und alles vögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist?“ Ich riss die Augen auf und guckte verdutzt. „Alles? Nein, ganz sicher nicht. Vielleicht jede hübsche Frau, die nicht bei drei auf den Bäumen ist. Aber alles nun wirklich nicht.“ Er lachte kurz auf und sah sich dann in der Räumlichkeit um. Die anderen Mitglieder machten sich schon daran, Waffen zu holen um zu trainieren, wo wir hier noch herumstanden und quatschten. „Wollen wir nicht auch mal anfangen, zu trainieren?“, schlug er vor und machte sich daran, zum Waffenständer zu gehen, der mitten in der Halle stand. „Nein warte, jetzt hör mir wirklich zu. Adrian hat sich nur einen Spaß aus der Szene im Supermarkt gemacht, da ist nichts dahinter. Wir haben noch nicht mal wirklich was miteinander zutun…“, außer vielleicht der einen oder anderen Lebensrettung. „…und ich muss nur zwangsweise bei ihm wohnen und so, das ist aber eine andere Geschichte. Also, kurzum: zwischen uns läuft nichts, echt nicht.“, erklärte ich und trat unmerklich vom einen Fuß auf den anderen. Ethan setzte sein Grinsen fort und beugte sich dann zu mir herunter. „Versuchst du, dich vor mir zu rechtfertigen?“ Ich japste, um dann nur leicht den Kopf zu schütteln und kläglich zu versuchen, Wörter über meine Lippen zu bringen. Ohne Erfolg, Ethan war zu nah an mir dran. Er wendete sich triumphierend ab und steuerte auf die Waffen zu. Sein weißes Kurzarmshirt verdeckte die Muskeln, die ich nur zu gern gesehen hätte. Wenn er den ganzen Tag so weitermachen und mich aus der Fassung bringen würde, wäre die Mission meinerseits im Arsch gewesen. Kapitel 26: Adrian ------------------ „Meinst du, die lässt dich einfach so an sich ran?“, warf John dazwischen und schwang seinen Kopf zu Seite, um seinen Pony aus den Augen fliegen zu lassen. „Denk ich mir, wenn man schon hier über ihr Sexleben erzählt muss ja irgendwas dran sein.“, erwiderte Liam. Ich ballte die Fäuste in meiner Jackentasche. Natürlich war da was dran, wenn Ben gestern nicht dazwischen gefunkt hätte, wäre sie selbst mit mir schon ins Bett gehüpft. „Außerdem,“, Liam spitzte die Lippen. „hat die Braut echt einen Hammerkörper. Klein, niedlich, aber trotzdem sexy. Trifft genau meinen Geschmack.“ Oh nein, bei einer Sache lag er völlig falsch. Kae war alles andere als ‚niedlich’. „Adrian, sag doch auch mal was. Du bist so still.“, merkte Carl an und knuffte mir leicht in die Seite. „Mit wem gehst du hin?“, fragte Liam gleich nach Carls Satz. „Äh...“, war meine einzige Antwort für beide. Ich runzelte die Stirn und überlegte. Ich hatte mir in letzter Zeit wirklich keine Gedanken um Silvesterpartys und den Kram gemacht, um Begleitungen sowieso nicht. „Muss ich noch gucken.“, sagte ich und entspannte meine Hände wieder, die ich die ganze Zeit über zusammengedrückt hatte. John gluckste. „Im Ernst? Du, Adrian Connor, hast noch keine Partybegleitung? Müsstest du nicht endlos Einladungen von irgendwelcher deiner Verehrerinnen bekommen?“ Ich hatte tatsächlich schon einige bekommen, diese jedoch alle abgelehnt. „Liam muss sich seine Partnerin doch auch noch erkämpfen, nicht?“, behauptete Carl und faltete die Hände im Nacken. „Und ich darf daran erinnern, dass du meistens ohne Begleitung da stehst, also mach dich mal nicht darüber lustig.“, warnte ich John, woraufhin ich von ihm ein etwas gekränktes Lachen bekam. „Mal von dem ganzen Silvesterzeug abgelassen, was treibst du eigentlich hier?“, schwätzte Carl. „Essen.“, antwortete ich stumpf. Carl nickte wissend und drehte sich wieder der Runde zu. Einige Minuten Schweigen folgten, bis Liam das Wort erhob. „Also, ich könnte auch was zu essen vertragen.“ Wir saßen an einem der rechteckigen Tische, die in der riesigen Kantine verteilt waren. An dieser Mensa sah man mal wieder, wie viel Geld die Organisation hatte. Der komplette Hauptsitz an sich war groß, fast schon ein Anwesen, und als wäre das nicht genug beinhaltete er nicht nur diverse Sporthallen, Waffenarsenale und ähnliches, sondern hatte auch noch ungenutzte Räumlichkeiten und sogar Ballsäle. Es kam wirklich hin und wieder mal vor, dass bei den Red V’s ein Ball gegeben wurde, mit allem drum und dran. Kleider, Smokings, Cocktailbars. Das war eine Art Tradition, soweit ich wusste hatte die sich im 17. Jahrhundert gebildet. Die Organisationen bestanden schon seit hunderten von Jahren, Traditionen blieben da nicht aus. In Gedanken versunken biss ich in mein Thunfischsandwich und ließ den Blick über die Kantine schweifen. Es war relativ voll für einen Sonntag, vermutlich standen heute Missionen an. Für die, die nur Sprachen lernten oder andere Fachstunden machten, war der Sonntag eigentlich meistens frei. Ich führte zwar auch Missionen aus, hatte aber gerade eine Fachphase, die ziemlich erleichternd zwischen den ganzen Kämpfen war. „Hey, Adrian. Geh doch mit Quinn zur Party, dann hast du Heimvorteil.“, äußerte Liam und stach brutal in sein Stück Fleisch. Das war eine Angewohnheit, ich tat es ebenso wenn ich Steak aß. „Heimvorteil? Da verzichte ich, Mrs. Silikonbusen ist nicht ganz mein Fall.“, lehnte ich ab und biss erneut ein Stück meines Sandwichs ab. „Ehrlich nicht? Du hast ja Launen.“, erwiderte er und machte sich wieder daran, sein Fleisch zu ermorden. „Alter, das Ding ist schon tot, da musst du nicht mehr nachhelfen.“, kicherte John, der nur einen Salat hatte. Während Carl, Liam und ich genüsslich futterten, aß er Salat. Was ein Mädchen. Ich beobachtete weiter die Leute in der Kantine. Nach einer Weile fiel mein Blick auf Liam, der mir gegenübersaß und plötzlich den Mund aufklappte, als hätte einen Geist gesehen. Verwirrt aß ich weiter mein Sandwich und verschluckte mich fast daran, als ich von hinten zwei Hände auf meiner Schulter spürte und eine weibliche Stimme meinen Namen rief. Kapitel 27: Kae --------------- „Adrian!“, rief ich ihn und stützte mich mit den Händen auf seinen Schultern ab. Wild hustend schlug er sich auf die Brust. Hatte ich ihn erschreckt? Na ja, zumindest so sehr überrascht, dass er sich an seinem Essen verschluckte. „Was machst du denn hier?“, fragte er mich, als er sich einigermaßen wieder gefangen hatte und den Kopf zu mir drehte. Ich lächelte, weiter die Arme von hinten auf seine Schultern gestemmt. „Ich wollte dir nur sagen, dass ich heute erst spät wieder komme. Iss die Nudeln, die noch über sind, sie stehen in der Küche.“, erläuterte ich und sah herüber zu den Kerlen, mit denen er zusammen saß. Einer von ihnen, der relativ dunkle Haut hatte, musterte mich fraglich. Er saß neben Adrian, gegenüber von einem schwarzhaarigen Emo. Dieser stocherte mit dem Blick auf den Tisch in seinem Salat herum, während der Typ links von ihm andauernd mit offenem Mund von mir zu Adrian und zurück starrte. „Warte, zuhause steht noch Essen? Wieso hast du mir das nicht früher gesagt?“, warf Adrian mir entgeistert vor. „Sollte ich denn? Ist doch egal ob du es jetzt oder früher erfährst.“ Adrian verdrehte die Augen und stöhnte. „Nein, ist es nicht. Ich bin jetzt völlig umsonst hierher gelatscht.“ Ich kicherte und guckte ihn spöttisch an. „Bist du nur wegen des Essens hergekommen?“, fragte ich und neigte den Kopf. Genervt murmelte Adrian so etwas wie ‚vergiss es einfach’ und drehte seinen Kopf wieder weg. Ich biss mir amüsiert auf die Lippe und schüttelte meine Haare aus dem Gesicht, während mir auffiel, dass ich immer noch den Seitenscheitel trug. Ach, jetzt war das auch egal. „Na dann, jetzt weißt du’s. Ich hau dann mal ab.“, verabschiedete ich mich und stieß mich von seinem Rücken los, um zurück zu Anastasiya zu laufen. Wir saßen zusammen an einem kleinen Tisch, am Rande der Mensa. Ihre großen, blauen Augen sahen mich verwundert an als ich mich zu ihr setzte. „Kennst du den etwa?“, fragte sie. Ich lächelte schief. „Ja. Ich muss vorübergehend in seinem Appartement wohnen.“, sagte ich bedauernd und packte meine Plastikgabel. Ihre Augen wurden noch größer. „Und, äh, wie ist er so?“, kam es aus ihrem kleinen, niedlichen Mund. Ich ahnte Schlimmes. An fragte mich, wie er ‚so war’. Das hieß, sie stand auf ihn, und wenn sie ihm verfallen würde hätte sie am Ende ein in Splitter gelegtes Herz gehabt. „An, warum fragst du das?“ Ich wollte sicher sein, dass sie auch wirklich auf ihn stand, bevor ich ihr eine lange Predigt darüber halten würde, was für ein Hurensohn Adrian war. Hoffentlich antwortete sie nicht mit ‚nur so’. „Weil er mich am Donnerstag angebaggert hat, ich hab ihn abserviert. Eine Freundin, die hier schon länger in der Einheit arbeitet, hat mir erzählt dass Adrian so ein Schürzenjäger von der ganz üblen Sorte ist. Jetzt frage ich mich aber, ob er nicht vielleicht doch ein paar gute Seiten an sich hat und nicht nur mit dem Schwanz denken kann.“, plauderte sie und schlürfte einen Smoothie, den sie sich vor ein paar Minuten gekauft hatte. Gott sei dank, sie wusste Bescheid. „Also, hat er schon versucht, dich zu ficken?“, fragte sie offenherzig. Ob ich da ehrlich antworten sollte? Natürlich hatte er das versucht, hunderte Male, im Prinzip war ich ja auch schon fast darauf eingegangen. Immerhin, das an der Wand war… echt heiß. „Nein, ich bin wohl zu unattraktiv.“, log ich und nahm einen Schluck meiner Cola. „Aber er ist trotzdem ein Ekel, lass dich besser nicht auf so jemanden ein.“, riet ich ihr. Gut, Ekel traf es nicht besonders. Freilich hatte er mir das Leben gerettet, überdies schon zwei Mal. Wenn man das Tragen zum Krankenhaus am Tag meiner Ankunft dazuzählte, waren es drei Male. Aber sollte Anastasiya ruhig denken er sei ein Wichser, schaden konnte es ihr nicht. „Hab ich mir gedacht. Schön, jetzt weiß ich, dass ich keinen Fehler gemacht habe.“, freute sie sich. „Ach, und sag mal, wer ist eigentlich dein Teampartner? Ihr saht so aus, als kanntet ihr euch.“, merkte sie an und stopfte sich den Mund mit Kartoffelsalat zu. Was antwortete ich in dieser Situation am besten? Ja, Ethan, den kenne ich aus dem Supermarkt, wo Adrian ihm vorgemacht hat wir wären ein Paar und mir Kondome ins Gesicht gedrückt hat. „Er war mein Gegner bei der Aufnahmeprüfung.“, sagte ich wahrheitsgemäß, wobei ich ihn dadurch ja nicht direkt kennen gelernt hatte. „Er ist verflucht sexy!“, säuselte An und ich musste lachen. „Ja, ja, das ist er wirklich.“, stimmte ich ihr zu. Ich konnte es fast nicht glauben, ich unterhielt mich ganz normal mit einer anderen Frau, als wären wir Freundeninnen. Das war komisch, ich hatte in meinem Leben nie viele weibliche Freunde gehabt. Lediglich verstand ich mich hin und wieder mit ein paar Männern, sonst hatte ich bloß einmal in der Mittelschule eine Art Freundin. „Ich würde auch gerne mit so einem zusammenarbeiten. Stattdessen muss ich mit Madame Mariana von Höchstangesehen im Paar sein. Weißt du, wie die mich behandelt? Als wäre ich ein Wesen zweiter Klasse.“, klagte sie. Ich lächelte leicht. „Sei froh, dass es nur die zweite Klasse ist.“, vermerkte ich und lehnte mich auf meine Ellbogen, die auf den Tisch gestützt waren. „Wieso, gibt es Schlimmeres? Wo denn, wenn…“, begann sie, dann riss An die Augen auf und sah mich mitleidig an. „Oh, sorry. Ich wollte nicht…“ Ihr entschuldigender Ton brachte mich ausgesprochen auf die Palme. „Niemand hat sich dafür zu entschuldigen, wer ich bin.“, versicherte ich und lächelte. „Gut, Themenwechsel: an dem Tisch, an dem Adrian sitzt, gucken die andauernd zu uns. Weißt du, warum wir solche Starrobjekte für sie sind?“, wies sie mich auf die glotzenden Kerle um Adrian hin. Er war der Einzige, der nicht zu uns schaute, sondern weiter mit dem Rücken zu uns sein Sandwich verputzte. „Keine Ahnung, aber in aller Voraussicht führen die ein interessantes Gespräch.“, besagte ich und guckte auf den Mann, der vorhin so gespannt auf mich und Adrian geachtet hatte, wie er gespreizte Zeige- und Mittelfinger an seinen Mund legte und die Zunge symbolisch dazwischen wackeln ließ. Anastasiya schlug die Hand vor den Mund und lachte auf. „Ja, ein SEHR interessantes Gespräch, würde ich mal sagen!“ So tuend, als hätten wir nichts gesehen, wendeten wir uns ab, weil einer von ihnen wieder zu uns herüber sah. „Du tust mir leid, dass du bei so jemandem wohnen musst.“ Unglaublich, Anastasiya schien mich doch irgendwie leiden zu können. So gespielt sah das überhaupt nicht aus. „Ich find dich super, echt.“, berichtete Anastasiya und schaufelte weiter Berge von Kartoffelsalat in sich herein. „D-Danke.“, stammelte ich. Jemand mochte mich. Nicht meinen Körper, sondern mich. Das war etwas absolut Neues. Kapitel 28: Adrian ------------------ „Junge! Weißt du, wer das ist?“, rief Liam, als Kae außer Hörweite war. Ich seufzte auf. „Ja. Mein wahrlich aufgezwungener Gast.“, murmelte ich. Liam begriff anscheinend nicht vollends, was sich abspielte. Eine Augenbraue nach oben gezogen verweilte sein Blick in meinem Gesicht, auf eine Erklärung wartend. „Kae wohnt bei mir, weil der Chef es nicht auf die Reihe kriegt ihr eine Wohnung zu besorgen. Ich mache das nicht freiwillig.“, gab ich ihm zu wissen und hoffte, nun endlich wieder meine Aufmerksamkeit auf mein Frühstück, beziehungsweise was die Uhrzeit anging Mittagessen, richten zu können. Liam ließ das blöderweise nicht zu. „Was? Wieso sagst du denn nichts? Na los, rede! Wie ist sie im Bett? Macht sie es auch mit dem Mund? Ist sie eng? Sind ihre Brüste echt? Wie fühlen sie sich an? Und…“, horchte er mich aus. „Liam, ich hab nicht mit ihr geschlafen.“ Auf den Schlag verstummte er und beäugte mich erstaunt. „Bitte?“ Ich pfefferte mein Sandwich auf meinen Teller und stützte beide Ellbogen an die Tischkante. „Ich habe sie nicht gebumst, okay?“ Fassungslos rieb sich Liam das Kinn, von John und Carl kam nicht mehr als Schweigen. „Wie dämlich bist du denn, dass du dir so was entgehen lässt? Komm, Adrian, ich kenne dich. Also ein Flittchen solltest du ja ohne Zweifel in Null Komma Nichts rumkriegen, wieso hast du es dann nicht schon getan? Oder wie lange ist sie jetzt schon bei dir, hä?“ Prüfend runzelte er die Stirn. „Seit Freitag.“ Seine Miene wurde noch ernster. „Bist du schwul geworden, oder was?“, fragte er mich und studierte chronisch Kae, wie sie am Tisch mit einem anderen Mädchen saß. Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen und gab einen überaus genervten Laut von mir. „Nein man, ich bin nicht schwul. Ist das so ungewöhnlich, wenn ich einmal nicht mit einer Frau schlafe?“ Fucking hell, ja, das war ungewöhnlich. „Dir ist hoffentlich bewusst, dass du derjenige von uns bist, der unter Sexentzug am meisten leiden kann. Und wenn ich mir Kae mal so anschaue… Ohne Scheiß, diese Frau lässt meine Hose eng werden.“, lachte Liam und guckte wieder zu Kaes Tisch herüber. „Jetzt werd mal nicht zu persönlich.“, meldete Carl sich auch mal. „Aber, ich warne dich: wenn du sie nicht nimmst, gehört sie mir schneller als du gucken kannst. Wobei, ich nehme sie mir auch wenn du sie nagelst. Du teilst doch, oder?“, offenbarte Liam. „Halt’s Maul.“, fuhr ich ihn an und versuchte ein letztes Mal, erneut mein Sandwich zu essen. Kopfschüttelnd lachte mein Gegenüber und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Die gehört so was von mir.“ Da war ich mir nicht so sicher, Kae war zwar auf meine Anmache gestern eingegangen, aber auch nur nach vielen Versuchen. Liams Frauengeschichten waren auch nicht gerade bescheiden, sein Sexleben glich dem meinen. Kae würde garantiert nicht auf ihn anspringen, voraussichtlich kam er dann mit einem seiner Anmachsprüche bei ihr an und Kae würde ihn sofort mit einer Wucht von Sarkasmus kontern. Außerdem schuldete sie mir noch etwas, und sobald ich sie damit flachgelegt hätte, würde sie eh kein anderer mehr vollends befriedigen können. Ich würde sie für die komplette restliche Männerwelt verderben, so wie ich es bei jeder Frau tat. „Kae lässt dich nicht ran, glaub mir.“, entgegnete ich und biss nach einer Zeit wieder etwas von meiner Mahlzeit ab. „Wie kannst du dir da so sicher sein? Du bist nicht der einzige Frauenheld, Adrian. Ich habe durchaus viel Erfolg.“, prahlte Liam und grinste wieder zu Kae, die sich dem Himmel sei dank nicht dafür interessierte, sondern sich lieber mit der Frau an ihrem Tisch unterhielt. „Kae mag bekannt sein für ihre Präsenz als Schlampe, sie schläft aber nicht mit jedem. Und auf Ladywinner steht sie überhaupt nicht, eher trinkt sie heißen Kerzenwachs.“ Ein bisschen gepusht hatte ich meine Rede ja schon, wie auch immer. Aber ich musste Kae dringlich ins Bett kriegen, bevor Liam es machte. „Du, sei dir da nicht zu sicher. Sie muss keinen Kerzenwachs mehr trinken, sie wird selbst zu welchem. Mit gewissen… Mitteln.“ Liam streckte die Hand hoch und leckte sich zwischen Mittel- und Zeigefinger um zu simulieren, was er mit Kae anstellen würde. Bedeutungsvoll wackelte seine Augenbraue auf und ab. „Hatte Carl dir nicht eben noch gesagt, du sollst nicht zu persönlich werden? Mir kommt das nämlich ziemlich persönlich vor, grade.“, rief John dazwischen. Er konnte also auch noch reden. Ich schüttelte den Kopf und bemerkte, dass ich mein Sandwich bereits vollkommen gegessen hatte. Jetzt hatte ich nicht mal mehr einen Vorwand, die Klappe zu halten. Kapitel 29: Kae --------------- „Bist du aufgeregt?“, fragte mich Ethan, der neben mir im Van auf dem Weg zur Zentrale saß. Ich schüttelte den Kopf. „Ich denke, ich habe schlimmeres durchgemacht als Akten zu klauen.“ Ethan drehte den Kopf zu mir und musterte mich aus seinen grün-braunen Augen. „Du hast aber schon zugehört, als Mariana uns gesagt hat, wir sollen nichts auf die leichte Schulter nehmen?“ Sein Ton klang zweifelnd. Ich verdrehte die Augen und seufzte, er hatte nun wirklich am wenigsten Ahnung davon, was in meinem Leben passierte. In dem Cafe vor einem Tag hatte ich angezweifelt, mit drei Männern einen Kampf aufnehmen zu können, allerdings nur weil ich wusste, dass ich noch Verletzungen vom Freitag hatte. In meiner alten Einheit wurde ich andauernd für die größten und gefährlichsten Kämpfe mit den meisten Gegnern eingesetzt, aus dem Grund, dass es des Leiters Meinung war, auf mich könnte man verzichten und es würde keinen großen Verlust darstellen, wenn ich starb. Doch ich starb nicht, in keiner der unzähligen Schlachten, sondern lernte dadurch nur noch mehr wie ich mich schützen und verteidigen konnte. So wurde ich, wenn auch ungewollt, zu einer der besten Kriegerinnen der Einheit. „Mein Gott, ist doch besser als wenn ich gleich an Nervosität verrecke.“, schnaubte ich und drückte mich in den Autositz. Für die Mission hatten wir andere Kleidung bekommen, so schlicht und unauffällig wie möglich. Das Outfit bestand aus rein schwarzen Stücken: für die Frauen ein Top, für die Männer ein normales Shirt. Der Rest ähnelte sich, jeder bekam eine Hose aus weich gearbeitetem Leder, ebenso eine Jacke und Stiefel aus dem gleichen Material. Anastasiya und ich waren überrascht, als uns gesagt wurde, wir sollen die Klamotten für nächste Missionen behalten. Im Hauptsitz waren die Umstände um Weiten besser als in der mickrigen Einheit in der ich vorher gedient hatte. An ging es vermutlich auch so, wobei wir nach der Aushändigung der Kleidung kein Wort mehr miteinander wechseln konnten, da wir sofort zu unseren Teampartnern aufgeteilt wurden. „Bist du denn aufgeregt?“, erkundigte ich mich bei Ethan, mehr um ihn zu prüfen, weniger aus Sorge um ihn. „Ein bisschen. Bin ich eigentlich immer bevor ich drohe zu sterben.“, erwiderte er mit sarkastischem Unterton und lächelte. Auch wenn er Adrian leicht ähnlich sah, und ich eigentlich noch immer mit ihm in die Kiste steigen wollte, war er angenehmere Gesellschaft als mein gezwungener Mitbewohner. Ich unterhielt mich gerne mit ihm, obwohl ich wusste dass er sich nur nett mir gegenüber verhielt weil er bewandert darüber war, dass er mich leicht ins Bett kriegen konnte. Er war nämlich genauso bewandert darüber, dass ich ein Aswang war, er hatte mich bei der Prüfung ja praktisch in Aktion gesehen. Wenn er nicht meinen Körper, sondern meinen Charakter ansprechen würde, wäre er entweder abweisend oder mitleidig gewesen. Ich blickte aus dem Fenster. Bäume über Bäume, wir fuhren schon eine ganze Weile durch den Wald. Die Zentrale sollte wohl abgelegen, abseits der Zivilisation sein. Ein perfekter Ort um geheime Unterlagen zu verstecken. „Wir sind da.“, sagte Mariana, die den Wagen fuhr und schließlich mitten im Wald hielt. „Wir steigen aus und trennen uns, von hier werden wir mit den Zweierpaaren in die Zentrale eindringen. Habt ihr euch alles gemerkt, vom Weg bis zu den gesuchten Akten?“, erhob sie und drehte sich zum hinteren Teil des Vans um. Mehr als ein Nicken bekam sie von den restlichen Leuten hinter unseren Sitzen und uns nicht. An saß auf dem Beifahrersitz und spielte mit einer ihrer Haarsträhnen, die angespannte Aura um sie war nicht zu übersehen. Ich stieg, wie die Teampartner auch, aus dem Van und sah mich um – hofften wir mal, Ethan und ich würden den Weg finden. „Und nicht vergessen: bloß keine Aufmerksamkeit!“, warnte uns Mariana ein letztes Mal, womit Ethan und ich uns vom Wagen, in die geplante Richtung entfernten. Während die Anderen Pistolen, Maschinengewehre und ähnliches mitgenommen hatten, waren wir mit Messern bewaffnet. Ich trug ein Schwert bei mir, weil ich damit recht gut umgehen konnte. Als ich es mir aus dem Arsenal geholt hatte, war ein Lächeln über Ethans Gesicht geflogen und er hatte mir gesagt, dass seltsame Erinnerungen in ihm hochkamen. Vermutlich, weil ein von mir geführtes Schwert schon mal in seinem Rumpf gesteckt hatte. Wortlos liefen wir einen winzigen Trampelpfad entlang, die Dunkelheit nahm bereits zu. Im Grunde war das gut, weil man uns nicht erkannte, schlechter war dass es meine Sicht einschränkte. Das Gebäude hatten wir erreicht, ich wunderte mich dass uns auf dem Weg dahin keine Patrouille begegnet war. Anscheinend sollte die Zentrale wirklich sehr geheim bleiben. Ethan, der den Weg vor mir gelaufen war, blieb stehen und gab mir zu verstehen, dass wir uns hinter einem der Büsche verstecken sollten. Dort duckten wir uns und Ethan drehte sich wieder zu mir. „Das linke Fenster im ersten Stock, da müssen wir rein.“, flüsterte er, ich nickte. „Du weißt, was zu tun ist?“, fragte er nach und blickte kurz hinter der Hecke hervor. „Hochklettern, einbrechen, Unterlagen suchen, abhauen. Wenn es das trifft, ja.“, antwortete ich und zog die Lederhandschuhe über, ein weiterer Teil der Missionskleidung. „Dann los.“, raunte Ethan und schlüpfte wie ich lautlos aus dem Schutz des Busches heraus. Nun begann meine erste Mission in der Haupteinheit. Kapitel 30: Kae --------------- Geduckt trabten wir zu der Hauswand, die ziemlich herunter gekommen aussah. „Ehrlich, hier sollen die Dokumente verstecken? Mal im Ernst, gibt es da nicht professionellere Wege?“, flüsterte ich. Ethan sah warnend zu mir und legte einen Finger an die Lippen. „Schhh.“ Ich schüttelte den Kopf, nach dem Motto: ‚ist ja gut’ und folgte ihm weiter zu einem Rohr, das sich die Wand hinab hielt. Ich stoppte meinen Atem. Wir sollten doch nicht etwa dadurch zum Fenster kommen? Bei meinem Gewicht war das ja kein Problem, aber bei Ethans? So langsam kam mir der ganze Plan ein bisschen brüchig vor. Als Ethan Anstalten machte, das Rohr zu erklimmen, hielt ich ihn entgeistert zurück. „Du willst da doch nicht ernsthaft hochklettern? Ich dachte ja, das besagte Rohr wäre stabiler, aber so ein Exemplar würde unter dir doch zusammenbrechen!“ Genervt schaute er mich an. „Halt doch endlich mal die Klappe, das Gebäude ist bewachter als du denkst! Und Mariana wird sich schon sicher gewesen sein, wen sie wo einsetzt! Das hat sie uns doch vorhin noch alles erklärt!“, brachte er zornig zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, immer wieder zu dem Fenster blickend. Er dachte also wirklich, die Orga wäre makellos. Natürlich war sie das nicht, schließlich konnten sie mir nicht mal eine Wohnung managen, weil der Krieg schon völlig ausartete. Sie waren sich ganz sicher nicht zu schade dafür, ein paar Krieger in den Abgrund stürzen zu lassen, um an dämliche Dokumente zu kommen. Die Orgas waren beide schon immer ein wenig altmodisch, weil vieles auf die Entstehung der Dämonen zurückführte. Alles war immer irgendwie eine ‚Sache der Tradition’ gewesen, ich selbst habe nie wirklich darauf gestanden. Aber ich war letztendlich bei den Red V’s aufgewachsen, was sie sagten war Pflicht. So wurden wir alle großgezogen, allerdings zweifelte ich in den letzten Jahren mehr und mehr daran. Es schien plötzlich so lückenhaft, als es hart auf hart kam. Es ging auf einmal gar nicht mehr richtig um die Dämonen, wie von Anfang an. Es ging nur noch um die Ehre. Die Ehre gegenüber den Ao’s. Aber ich hatte trotzdem das Gefühl, niemand merkte es so richtig, die Krieger sahen alle nur in die eine Richtung, in der sie aufgewachsen waren. „Ich gehe jetzt vor, und du folgst mir, aber stumm! Klar?“, zischte Ethan und guckte weiter pausenlos zum Fenster. Ach, da war er dann doch nicht mehr so nett wie vorher. Aber was konnte ich schon tun, war am Ende ja sein Problem wenn er leichtgläubig aus dem ersten Stock fiel. Entnervt gab ich nach und nickte mit dem Kopf zum Rohr, dass er sich nun vornehmen sollte. Genauso schlecht gelaunt machte er sich daran, Tritt für Tritt weiter nach oben zu kommen. Das Rohr hielt doch besser als ich gedacht hatte. Am Fenster drückte Ethan sich leicht nach vorne, um zu gucken, dass sich niemand im Raum befand. Anscheinlich war dem so. Gespannt beobachtete ich, was Ethan als nächstes tun würde, um das Fenster zu öffnen. Das hatte Mariana nämlich wortlos stehen lassen, so als ob Ethan gewusst hätte, was zu tun war. Nach dem Essen, bei dem ich Adrian angesprochen hatte, wurden wir alle noch mal in die Sporthalle gerufen, um die Einzelheiten zu erfahren, und sie zu besprechen. Ganz klar, hatte Mariana uns alles erklärt, vom Weg über die Sache mit dem Rohr bis zu Fluchtmöglichkeiten. Aber was sie uns nicht gesagt hatte, war was in den Akten stand. Okay, es war selbstverständlich dass man als Krieger, und in dem Falle Spion, nicht wissen durfte, was die GEHEIMEN Akten beinhalten. Mariana hatte uns einfach Nummern genannt, die Nummern der Dokumente. Danach hatte sie ausdrücklich betont, wir dürften auf gar keinen Fall hineinsehen. Das war eine schlechte Idee von ihr, denn sie machte mich unheimlich neugierig. Und bei mir hätte sie sich nicht darauf verlassen sollen, dass ich den Regeln wirklich folgte. Aus meinen Gedanken riss mich, wie Ethan auf eine seltsam überraschende Weise das Fenster öffnete. Seine Hand verformte sich, sie glich schon einer Art glibberigen Masse, die sich problemlos durch den Schlitz des Fensters transportieren ließ. Was für eine Art von Dämon er auch war, es erklärte sich jedenfalls warum er die Prüfung lebendig überstanden hatte. Was mich jedoch weiter störte war, wie schlecht das Gebäude bewacht wurde. Nichts machte wirklich eine Herausforderung, wenn man versuchte einzubrechen. Es kam mir vor wie die Festung eines Dreijährigen. Oder vielleicht auch ein stinknormales Familienhaus, das kam schon eher heran. Mit Handzeichen zeigte mir Ethan, dass ich zum Fenster kommen sollte. Er schlüpfte selbst hinein und wartete darauf, dass ich hochkam. Wenn das Rohr Ethan gehalten hatte, würde es hoffentlich auch mich halten. Ich betrat das wackelige Stück an der Hauswand und klammerte mich daran fest. Vorsichtig setzte ich einen Fuß nach dem anderen höher, versuchte, nicht abzustürzen. Nach einer Zeit, die Ethan ungeduldig gemacht hatte, war ich fast am Fenster angekommen. Doch dann machte irgendwas unter mir ein knackendes Geräusch, mein rechter Fuß verlor den Halt. Ein Nervenschuss ging durch meinen Körper und ich krallte mich instinktiv an die Fensterbank, während mein anderer Fuß drohte, ebenfalls den Boden zu verlieren. Sofort dachte ich daran, wie Ethan eben noch Mariana und ihre ‚tollen’ Pläne angepriesen hatte. Wer behielt jetzt Recht, hä? Ich hielt die Luft an. Mein Herz klopfte, mein Blut schoss mir durch die Adern und bemüht versuchte ich, mich auf die Fensterbank zu ziehen, als Ethan es übernahm und mich an den Armen in den Raum zog. Erleichtert atmete ich auf. Die Räumlichkeit war mit Neonröhren beleuchtet, weiße, kalte Fliesen zogen sich über den kompletten Boden. Die Wand füllte die gleiche Farbe, um uns herum standen Schränke, in denen sich Hängeregister ausfindig machten. Einer der Schränke, ganz in der Ecke, war völlig leer und seine Türen standen offen, die restlichen waren alle verschlossen. „Los, such du Akte 224. Ich gucke nach 571.“, befahl Ethan und öffnete, wieder mit dieser speziellen Glibberhandtechnik, zwei Schränke, beschriftet mit den Zahlen 111-399 und 420-611. Hastig suchte er in dem Schrank, den er zuerst geöffnet hatte, nach seinem Dokument und murmelte ständig Zahlen vor sich hin. Achselzuckend bewegte ich mich zu dem Regal, das sehr wahrscheinlich Akte 224 in sich versteckte und blätterte durch das Hängeregister. „203, 204, 205, 206…“, flüsterte ich nach einer Weile auch vor mich hin, womit ich Ethan nach meiner Ansicht nach ein kleines bisschen aus dem Konzept brachte; gestresst rieb er sich die Augen. 224, das war die Akte! Ich zog sie geschickt heraus und zögerte nicht damit, einen Blick hinein zu werfen. Ethan bemerkte das und riss die Augen auf. „Kae, lass das! Du darfst da nicht reingucken!“, rief er leise, aber gereizt. Ich schnaubte. „Wenn die mir schon zumuten, dass ich auf einem baufälligen Rohr in diese Zentrale einsteige, werde ich mir doch mal ein kleines Schnuppern nicht verkneifen müssen.“ Ich klappte den beigefarbenen Umschlag auf und entdeckte sofort eine dicke, schwarze Überschrift, die lautete: Brendon Karlsen. Wer war das denn? Meine Frage klärte sich, als mein Blick auf das Foto unter dem Namen fiel. Es war ein Foto vom Chef. Niemand wusste den Namen von ihm, jedenfalls keiner, der in der Organisation arbeitete. Der Chef war immer eine Art Mysterium gewesen, es war nie bekannt ob er Familie hatte, wie er aufgewachsen war, welche Art von Dämon oder geschweige denn wie alt er war. Es gab Gerüchte, aber man konnte sich nicht sicher sein ob sie wirklich stimmten. Der Chef tat immer so, als ob man sich schon ewig kennen würde, niemand kannte ihn aber wirklich. Trotzdem war es mein Chef und Vorgesetzter, als treue Kriegerin sollte ich nicht in seinem Privatleben schnüffeln. Zu schade, dass ich alles andere als treu war. Ich schlug die Seite um, auf dem nächsten Blatt prangte ein Steckbrief. Name: Brendon Karlsen Alter: 738 Jahre Dämon: Strigoi Größe: 1,87 cm Gewicht: 83 kg Haarfarbe: braun Augenfarbe: grün Himmel, Arsch und Wolkenbruch! Der Kerl war über siebenhundert Jahre alt? Er sah aus wie Anfang, Mitte dreißig, aber doch nicht siebenhundert! Unwillkürlich klappte sich mein Mund auf und ich las weiter. Karlsen, Sohn eines Mitgründers der Red V’s. Wurde als Lehrling seines Vaters erzogen, übernahm die Organisation nach des Vaters Tod. Aufgrund eines Eids mit dem Teufel Luzifer erhielt er endlose Lebenszeit und Jugend. Er verfügt über mächtige Kräfte, viele von ihnen sind unbekannt. Ein normaler, bzw. reinblütiger Dämon wäre nicht imstande, diese Kräfte zu bezwingen. Der Eid hat ihm nicht nur diese Kräfte verliehen, sondern ihn ebenfalls unverwundbar gemacht. Als Strigoi ist er jedoch eine Nacht in seinem Leben gegen alle Gesetze der Natur verwundbar. Ein Eid mit einem Teufel? War das nicht doch sehr weit hergeholt? Vielleicht war diese Akte ja auch nur eine Ausgeburt der Gerüchte. Aber dann wunderte mich schon, dass Mariana uns so verschärft eingehämmert hat, wir sollen nicht in die Akte gucken. Ich schüttelte den Kopf. Seit einigen Jahren wird in der Organisation Ao versucht, die verwundbare Nacht zeitlich ausfindig zu machen. Der genaue Zeitpunkt ist stets unbekannt, trotzdem steht fest dass die Nacht in seinem 739. Lebensjahr stattfinden wird. Das hieße ja, wenn die Ao’s herausfinden würden, wann diese Nacht exakt ist, dann verübten sie einen Anschlag auf den Chef? Und er lebte sein 739. Lebensjahr doch schon? Karlsen begann, sich mehr Krieger in den Red V Hauptsitz versetzen zu lassen, man weiß, dass er damit eine Barriere schließen will, um seine verwundbare Nacht zu überleben. Bei den Ao’s kommt man bereits dem Zeitpunkt immer näher, durch Spitzel wird mehr in Erfahrung gebracht. Mir stockte der Atem. Der Chef, also Karlsen, hatte alle Krieger bloß aus Eigenschutz hierher geschleppt? Das hieße ja, die Aussage, der Krieg hätte sich verschlimmert, war gelogen! Der Krieg wurde gar nicht heftiger, es kam jedem einfach so vor. Natürlich, das war es. Man glaubte von Anfang an das, was einem eingetrichtert wurde. Es ging Karlsen nicht mehr um die Organisation, nicht mal um die Ehre – er schützte nur sich selbst. In mir stieg eine Wut auf, doch ich las die nächsten Zeilen. Besonders setzt Karlsen Anspruch auf eine Kriegerin, die über genauso mächtige Kräfte wie er verfügen soll, aufgrund einer Blutvermischung. Akte der Kriegerin: 571 571, das war doch Ethans Dokument? Ohne nachzudenken klappte ich Karlsens Akte zu und stürmte zu Ethan, der mich schon eine ganze Ewigkeit lang frustriert angesehen hatte. „Willst du ernsthaft das Vertrauen zu…“, begann er, doch ich fiel ihm in den Satz. „Halt’s Maul, wo ist deine Akte?“, fuhr ich ihn an. Nicht gerade begeistert hielt er mir den Umschlag in seiner Hand hin, wartete jedoch bevor er ihn losließ. Ich zerrte ungeduldig daran. „Was hat dich denn so neugierig auf die Unterlagen gemacht?“, wollte er wissen und studierte meine Naivität. „Ich glaube…“, fing ich meine Aussage an, hielt inne und seufzte. „Ich glaube, der Chef will meine Kräfte als Aswang ausnutzen.“ Kapitel 31: Adrian ------------------ Gelangweilt tippte ich auf die Tastatur meines Computers. Es war fast wieder Nacht, nachdem ich aus der Kantine abgehauen war waren schon einige Stunden vergangen. Es stimmte zwar, dass eine Fachphase sehr entspannend sein konnte, aber trotzdem war es nicht interessanter, vor dem PC zu sitzen und dort Hausaufgaben zu machen. Es glich fast einem Studium, mit dem Unterschied dass man hin und wieder mal dahinscheiden konnte, etwa bei einem unvorhersehbaren Angriff. Wahrlich unmotiviert stöhnte ich und starrte auf den Bildschirm, mein Kinn in die Hände und meine Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt. Solche Situationen liebte ich. Gelangweilt, gestresst und untervögelt. Mein einer Stressfaktor – die schwangere Keira und der Schleimbeutel Ben – ging mir chronisch durch den Kopf und ließ mich nicht mehr los. Ich dachte über Keiras Worte nach, wie viel Hass in ihnen gesteckt hatte. Sie mochte mich nicht, sie konnte meine Anwesenheit nicht ausstehen und um Hilfe hätte sie mich schon gar nicht gebeten. Wenn Ben nicht zu mir gekommen wäre, hätte ich womöglich nicht mal von dem Baby erfahren. Mein etwas anderer Stressfaktor – der, der sich in meinem Appartement breitmachte und sich jede freie Minute in lebensbedrohliche Gefahr begab – hatte mich die letzten Tage immer wieder vom Sex abgehalten, und sogar als ich es mit Kae selbst tun wollte kam Ben mit seiner ‚fröhlichen’ Botschaft daherstolziert. Sie, diese kleine Ratte, hätte mich zum letzten Mal ungefickt gelassen. Bei der nächsten Gelegenheit würde sie, egal bei welchen Umständen, mir ganz klar unterliegen. Ich rieb mir die Augen, um dann nach kurzer Überlegung den Computer auszuschalten und meine Arbeit vorerst zu pausieren. Gegen den Stress sollte vielleicht eine Dusche helfen, zumal ich keine Ahnung hatte wann Kae wiederkam und die nächste Sexgelegenheit wirklich anstehen würde. Ich zog mir das Shirt über den Kopf und schleuderte es wahllos hinter mich, während ich zur Badezimmertür ging und sie anschließend öffnete. Das kleine Bisschen Unordnung würde Kae sicher auch nicht mehr stören. In der Dusche, dessen Unterteil gleichzeitig als Badewanne funktionierte, ließ ich das warme Wasser über meinen Körper prasseln und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Es wunderte mich doch, dass sich viele dieser Gedanken um Klein-Kae drehten. Sie wohnte gerade mal ein paar Tage hier, und so besonders war sie nun nicht, dass diese Menge an Gedanken von ihr handeln sollte. Eine Zeit lang bewegte ich mich nicht, ich stand bloß mit den Händen in meinen Haaren unter dem Wasserfluss. Das Wasser war angenehm, meinen Kopf machte es jedoch nicht frei. Kurzerhand entschied ich mich für eine kalte Dusche, das nun eisige Wasser zog den Schleier über meinen Gedanken weg und machte mich etwas wacher. Ich stellte das Wasser ab, als ich plötzlich die sich öffnende Tür hörte. Ich hatte nicht abgeschlossen, das fiel mir jetzt auf. Einerseits lag das daran, dass ich es gewohnt war alleine zu leben und andererseits, dass ich es gewohnt war nicht der Gefahr zu unterlaufen, von einem nervenaufreibenden Mädchen beim Duschen überrascht zu werden. Wobei, einige nervenaufreibende Mädchen haben schon mit mir geduscht, so oft kam das aber auch nicht vor. Ich steckte meinen Kopf durch den Duschvorhang und fand Kae vor, wie sie sich unbeirrt von mir, wie ich in der Dusche hinter ihr stand, Wasser ins Gesicht klatschte. Ich fragte mich ernsthaft, ob sie mein Dasein überhaupt bemerkt hatte. „Na, schon wieder zurück?“ „HEILIGE SCHEISSE!“ Sie schreckte hoch und wirbelte herum, ihr Gesicht tropfte noch von dem Wasser. Mit aufgerissenen Augen betrachtete sie mich, der Schock ließ wohl erst langsam nach. Damit bestätigte sich, dass sie mich nicht bemerkt hatte. „Was erschreckst du mich denn so?“, keuchte sie und legte eine Hand auf ihren sich immer wieder hebenden Brustkorb. Ich musste lächeln, bei dem Anblick, wie sie da ans Waschbecken geklammert stand. „Hast du die Dusche nicht gehört?“, fragte ich belustigt. Langsam entspannte sie sich wieder und Abweisung machte sich in ihrem Ausdruck breit. „Hab’s wahrscheinlich überblendet.“, vermutete sie und drehte sich wieder dem Waschbecken und dazugehörigem Spiegel zu. Durch den Spiegel konnte ich sie immer noch anschauen, das ignorierte Kae aber und vergrub ihr Gesicht in einem Handtuch. Wieder hochgesehen, musterten mich ihre von dichten, schwarzen Wimpern umrandeten Augen. Sie hatte sich wieder zu mir gedreht, nach einer Zeit bemerkte ich, dass sie andere Kleidung als sonst trug. Es war die Missionskleidung, die man als Red V bekam. „Hattest du Spaß?“, erhob ich mit ironischem Unterton. Sie sah an sich herunter und schnaubte dann abfällig um mir klar zu machen, wie wenig sie meine Frage interessierte. Ein weiteres Mal wandte sie sich dem Spiegel zu, um sich darin zu betrachten, wie sie ihr Zopfgummi aus den Haaren löste. Der gestufte Haarschnitt fiel ihr auf die Schultern, und beim Anblick ihres hübschen, kleinen Arschs fiel mir wieder etwas ein. Die nächste Gelegenheit? Voilà, hier war sie. Grinsend beugte ich mich aus der Dusch-Badewannen-Fusion und packte Kae mit beiden Händen an der Taille. Empört schrie sie auf, doch ohne das zu beachten hob ich ihren wirklich leichten Körper auf den Badewannenboden und drückte sie an die geflieste Wand. „Was soll das?“, kam es von ihr und sie funkelte mich mit ihren lila Augen an. Ein heiseres Lachen entfuhr mir, ich stemmte die Unterarme rechts und links von ihrem Kopf an die Wand und drückte mich noch mehr an sie. „Du schuldest mir noch was. Vieles. Wirklich, wirklich vieles. Und, abgesehen davon…“ Mein hämisches Grinsen ging mir vermutlich schon über beide Ohren. „… haben wir gestern an einer echt ZU spannenden Stelle aufgehört. Oder hast du das schon vergessen?“ Mehr Spott hätte in meiner Stimme nicht liegen können. Kapitel 32: Kae --------------- Adrians klitschnasser Körper befand sich so nah an mir, dass ich kaum noch atmen konnte. Nicht, weil sein Druck mir die Luft abschnitt, sondern weil er so nah war. Zu nah. „Ich habe… im Moment… wirklich andere Probleme, als mich mit dir… auseinanderzusetzen.“, zischte ich schwer atmend. Ja, ich hatte deutlich wichtigere Probleme. Das, was ich bei der Mission in den Akten gelesen hatte. Über den Chef, über die Orga und letztendlich… über mich. Der Umschlag, den Ethan gesucht und gefunden hatte, beinhaltete diverse Informationen über mich. Augenblicklich schoss mir wieder ein Bild von dem Text, der schwarz auf weiß in der Akte gestanden hatte, in den Kopf. Name: Kae Mare Alter: 22 Jahre Dämon: Aswang Größe: 1,63 cm Gewicht: 52 kg Haarfarbe: rot Augenfarbe: violett Kae Mare, aufgewachsen in der Organisation Red V. Sie ist ein Aswang, ihr Blut setzt sich zusammen aus ihrem Stammblut – Vampirblut – und einem fremden Blut – Werwolfblut -, dass in die Familie der Mare gelangt ist. Sie besitzt japanische Wurzeln, ihre Eltern sind jedoch beide Europäer. In einem Alter von sieben Jahren wird sie von der Familie aufgrund ihres verschmutzten Halbbluts verstoßen, ihre Eltern nehmen sie nicht in Schutz. Sie wird von den Red V’s aufgenommen und großgezogen, dort beginnt sie ein Leben als Kriegerin. Ihre Kräfte als Aswang sind überragend, sie ist mächtiger als viele Reinblüter. Die Vermischung des Bluts (Vampir, Werwolf) erschließt für sie Wege an übernatürliche Kräfte zu gelangen, sofern sie sie richtig nutzt. Einige dieser Kräfte beherrscht sie bereits, andere sind für sie stets unentdeckt. Ihre Macht hat den Leiter der Red V’s, Brendon Karlsen, auf sie aufmerksam gemacht. Er wird sie, nach Forschungen in der Organisation Ao, für seinen Schutz an seiner verwundbaren Nacht ausnutzen wollen, möge das ihren Tod bedeuten. Dass ich Werwolfsblut in mir trug hatte ich selbst nie gewusst, ebenso nicht, dass Karlsen mich ausnutzen wollte. Es stimmte, dass ich verstoßen wurde. Es stimmte auch, dass ich in Japan gelebt hatte, aber Europäerin war, während ein Teil meiner Familie aus Japan stammte. Aber es stimmte nicht, dass meine Eltern nicht zu mir gehalten hatten. Sie hatten sich gleich nach meiner Geburt aus Reue das Leben genommen. „Süße, du kannst ja gerne weiter Löcher in die Luft starren, das vertreibt mich trotzdem nicht.“, riss mich Adrians raue Stimme aus der Trance. „Hä?“, stutzte ich und realisierte die Situation. Adrian, vor mir, besser gesagt an mir, in der Dusche, er nass, ohne Klamotten, ich ohne jegliche Ahnung was ich tun sollte. Das war die Situation. „Äh, wie gesagt, ich habe andere Probleme.“, stammelte ich und begann den Versuch, mich aus der Position herauszuwinden. Vergeblich. „Was probierst du da?“, kicherte er und hob eine Augenbraue. Oh wunderbar, er fühlte sich mir überlegen. Ich unterbrach mein Tun und öffnete den Mund um etwas zu sagen, Adrian entsann sich aber eher des Worts. „Wenn du versuchst, dich an mir zu reiben bis ich eine Latte bekomme, hast du das erfolgreich gemeistert.“ Meine Miene verfinsterte sich automatisch. Eine Woge von Peinlichkeit, Scham und Wut überkam mich. „Fick doch die Waldfee.“, fauchte ich, woraufhin Adrian wieder so heiser wie davor lachte. Das war ein sexy Lachen, ohne Frage. Trotz derer konnte ich auf dieses Lachen in dem Moment herrlich gern verzichten. „Du bist meine Waldfee, baby.“, grinste er. Ich seufzte. Brachte es eigentlich noch etwas, mich gegen ihn aufzulehnen? Adrian legte den Kopf über meinem an der Wand ab, sodass er direkt zu mir herunter schauen konnte. Seine Arme stützten nun neben meinen Schultern und Wasser tropfte aus seinen Haaren in mein auf seinen Oberkörper gerichtetes Gesicht. „Dann bringen wir’s hinter uns.“, murmelte ich leise. Ich legte den Kopf in meinen Nacken, um Adrian anzugucken. Er betrachtete mich mit gesenkten Lidern. Sein Grinsen war verschwunden. „So macht das doch keinen Spaß. Wehr dich gefälligst.“, brummte er. Ich hatte keine Lust mehr. Keine Lust auf ihn, keine Lust mich zu wehren. „Das ist nicht meine Sache.“, tat ich ab und schüttelte den Kopf. „Lässt du mich dann gehen?“, zischte ich genervt. Er schüttelte ebenfalls den Kopf. „Was ist los, wo ist die Kae, die gerne mit mir spielt?“, fragte er mit gerunzelter Stirn. Schon wieder überkam mich eine Wut, in kürzester Zeit, so wie sie kein anderer hätte auslösen können. „Spielen? Was heißt hier Spielen? Einen Scheiß tue ich gerne mit dir, klar?“, eröffnete ich ihm und versuchte, mein Gesicht näher an seins zu heben. Das gelang mir nur in Maßen, ich konnte mich fast gar nicht aus der Position bewegen. „Adrian, wenn ich sage, dass ich dich nicht will, meine ich das auch so! Ich mache das doch nur… weil…“ Ich beendete den Satz schon vorher, ich hatte eh schon zu viel gesagt. „Weil was?“, wollte Adrian wissen, doch ich antwortete nicht, sondern fixierte meinen Blick wieder auf seine perfekt definierte Brust. Kapitel 33: Adrian ------------------ Kae starrte ununterbrochen geradeaus, auf meinen Oberkörper. „Weil was?“, wiederholte ich, doch sie wollte nochmals nicht antworten. Stattdessen riss sie wieder den Kopf hoch und sah mir in die Augen. „Also, fickst du mich jetzt oder nicht?“, gab sie wütend von sich. Ich lächelte wieder. „Nein, da musst du dich jetzt schon ein bisschen gedulden.“ „Bitte?“, erwiderte sie stirnrunzelnd. „Also, wer drängt hier jetzt wen an die Wand?“, sagte sie und neigte fragend den Kopf. Ich löste mich ein wenig von ihr, so, dass sie sich einigermaßen bewegen konnte. „Na ja, wenn du mich so direkt fragst ob ich dich ficken soll, sage ich ungern nein.“, stellte ich fest. „Das war keine Bitte, sondern lediglich eine Frage. Wer weiß, vielleicht hattest du ja von Anfang an die Absicht, mich einfach aus Laune eine Zeit lang gegen eine Wand zu quetschen?“, schnaubte sie. Ich lachte bloß und ließ meinen Blick von ihrem Gesicht zu dem darunter liegenden Dekolleté wandern. Das war ein ausgesprochen hübscher Ausschnitt, Kae rannte sonst immer in diesen weiten Shirts rum, da war ein enges Top eine angenehme Abwechslung. „Achso? Für mich hörte sich das aber eher nach einem ungeduldigen Flehen an.“, entgegnete ich spitzbübisch und stahl meine Hand unter den Stoff ihres Oberteils, wo ich mit den Fingern über die nackte Haut strich. Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich müsste Kae aus ihrem Schneckenhaus locken. Am Samstag hatte ich es schon geschafft, da würde ich es auch einmal mehr hinkriegen. „Aber wenn du dir so sicher bist, dass du mich nicht willst, lässt du dir den besten Sex deines Lebens entgehen.“ Ich spitzte die Lippen und wanderte mit der linken Hand höher, ihren Bauch entlang bis zu ihrem Brustansatz. Herausfordernd zog sie eine Augenbraue hoch. „Gut. Du sagst, ich bin ungeduldig? Dann wollen wir mal sehen, wer sich von uns länger gedulden kann.“, raunte sie, mit sichtlich erotischem Unterton. Was meinte sie damit? Schneller als ich mit den Augenliedern zucken konnte hatte Kae die Hände in meinen Nacken gelegt, zog sich an mir hoch und prallte ihre Lippen auf meine. Automatisch schloss ich die Augen und spürte, wie selbst bei diesem harmlosen Kuss die Lust in mir aufstieg. Ich beugte mich weiter zu ihr herunter, meine rechte Hand bahnte sich nun einen Weg zu ihrem festen Hintern und die linke schob ich unter ihren BH. Kae öffnete leicht ihren Mund, ich glitt mit meiner Zunge hinein und begann wieder das gleiche Spiel, dass ich am Samstag schon geführt hatte. Unsere Zungen führten wieder diesen Kampf. Mit der Hand, die eben noch unter Kaes BH gesteckt hatte, suchte ich nun den Verschluss und öffnete ihn ohne zu zögern. Von dem Kuss gelöst, riss ich Kae schon fast das Top vom Körper, ihren BH gleich mit. Grienend ließ sie sich auf dem Badewannenboden nieder und zog mich dabei mit zu ihr herunter. Ich stieß ungewollt mit dem Arm an den Wasserhahn, klischeehafter hätte das Ganze nicht mehr ausgehen können; das Nass regnete auf uns herunter und lief meinen wie Kaes Körper entlang. Diabolisch leckte sie sich über die Lippen und zog mit den Fingern eine Linie über meine Brust und Bauchmuskeln, was ein angenehmes Kribbeln auf den von ihr berührten Stellen auslöste. Mit einer Bewegung drehte sich mich um und saß auf mir. Wow, sie war dominanter als ich erwartet hatte. Kae lehnte sich zu mir herunter und ließ die Zunge über meine eine Brustwarze flattern, über die andere rieb sie mit ihrem Finger. Ich stöhnte erregt auf. Ich stand üblich nicht auf lange Vorspiele, so wollte ich das aber auskosten. Ich wollte Kaes Berührungen fühlen, jede einzelne. Verschmitzt kicherte sie und fuhr mit ihren Lippen über meinen Bauch, immer weiter hinunter. Mein Schwanz war bereits fast schmerzhaft hart geworden, ich war, wohlgemerkt, ausgesprochen untervögelt. Sie malte quälend langsam kleine Muster auf meinen Bauch, die sich Stück für Stück weiter unten befanden und nur in Etappen meiner Erektion näher kamen. Sodann umfasste sie überraschenderweise meinen angeschwollenen Schwanz, massierte ihn und umschloss ihn nach einer gewissen Zeitspanne mit den Lippen. Ich konnte kaum denken. Es war zugegeben nicht zum ersten Mal passiert, dass eine Frau in Begriff war, mir einen zu blasen. Doch Kae hatte eine seltsame, fast unheimliche Wirkung auf mich. Ich war nahezu unfähig mich zu rühren, als sie mit der Zunge meine Eichel umkreiste und mein bestes Stück in ihren Mund gleiten ließ. Alles was ich konnte war stöhnen. Meinen Unterarm hatte ich über die Stirn gelegt, eine Faust presste ich an den Mund. Kae war gut, extrem gut sogar. Sie verschnellte ihr Tempo und brachte mich kurz davor zu kommen, doch plötzlich stoppte sie abrupt. Frustriert öffnete ich die Augen, die ich meiner erst jetzigen Bemerkung nach geschlossen hatte, aber dann setzte sie ihre Tätigkeit fort. Wieder, kurz vor meinem Höhepunkt hörte sie auf sich an meinem Schwanz zu vergnügen, und dies wiederholte sie regelmäßig. Das meinte sie also mit Geduld. „Würdest du deine Sache mal zu Ende bringen?“, brummte ich gegen meine Faust. Ein Unschuldslachen ertönte von Kae, und der kleine Quälgeist hievte sich auf meinen Oberkörper. „Bist du wohl doch nicht so geduldig, hm?“, säuselte sie und sah mir zuckersüß in die Augen. Provozierte sie mich da gerade? Ruckartig schoss ich in die Höhe und stützte mich über Kae, die nun auf dem nassen Untergrund lag. Das Wasser, das auf unser beider Körper floss, hatte ich schon völlig ausgeblendet. Ich hoffte inständig, irgendetwas auf Kaes Aussage antworten zu können, das gelang mir aber leider nicht. Stattdessen schüttelte ich den Kopf und näherte mich ihrem Hals, um ihn zu küssen und zart herein zu beißen. Sie schmeckte einfach gut, das musste man ihr lassen. Von ihrem Hals zu den wunderbaren, vollen Brüsten geküsst, fummelte ich an dem Verschluss ihrer Hose herum, bis ich diesen endlich geöffnet hatte. Vergnügt keuchte sie auf als ich leicht und intensiver an ihren Nippeln saugte, knabberte und leckte. „Zieh diese nervige Hose aus.“, ordnete ich ihr an und versuchte, die enge, schwarze Hose von ihren Beinen zu ziehen. Ein kaltes Lachen entfuhr aus meiner Kehle, denn mir wurde klar dass die gottverdammte Hose ein Erotikkiller war. Bis man die von ihren Hacken gezupft hatte… Ohne Umschweife schälte Kae sich aus dem Leder und warf das Stück aus der Badewanne. Vielleicht doch keine so große Gefahr. Ihr Sportslip war vielleicht nicht sehr aufreizend, ihr Körper dagegen schon. Der Stoff lag nach kurzer Zeit am anderen Ende des Badezimmers, sodass sie so schnell nicht mehr herankommen könnte. Ich küsste mich ihre Oberschenkel entlang, nun sollte sie das gleiche erleben, was sie mit mir durchgezogen hatte! Ganz langsam glitt meine Zunge über die Innenseiten ihrer Schenkel. Ich ließ mir Zeit, viel davon. Schließlich schob ich genauso langsam einen Finger zwischen ihre feuchten Schamlippen, was ihr ein erregtes Wimmern entlockte. Ich genoss dieses Wimmern so sehr, wie ich nie gedacht hätte, dass ich es mal tun würde. Sachte fuhr ich über ihren Eingang, der wirklich mehr als bereit für mich war. Doch, hey, wir hatten Zeit. Teuflisch grinsend umspielte ich mit der Zunge ihren Kitzler, Kae stöhnte lauter als ich mehr Druck ausübte. So langsam verstand ich, warum sie dieses Spiel mit mir getrieben hatte. Es war unfassbar gut dabei zuzugucken, wie ihr Körper praktisch um mehr bettelte. Kapitel 34: Kae --------------- Ich konnte Adrians grinsende Visage förmlich an meiner Mitte spüren. Er würde das gleiche tun was ich mit ihm schon gemacht hatte, ganz klar. Nichtsdestotrotz hatte er, den Oralsex betreffend, echt was drauf. Adrian begann erst zart, dann stärker an meiner Klitoris zu saugen. Ich keuchte laut auf, vergrub meine Hand unbewusst in seinem dunklen, nassen Haarschopf. Mit dem Finger rieb er immer schneller über meine empfindlichste Stelle und brachte mich kurz vor meinen Orgasmus. Ich bäumte mich auf, mein Körper bebte mehr und mehr. Aber dann… …stoppte der Drecksack. Als ob ich es nicht schon erwartet hätte, gegen den Strich ging es mir schon. „Adrian.“, presste ich zwischen den Zähnen hervor. „Was, baby? Gefällt dir dieses… ‚Spiel’ nicht?“, raunte er mit tiefer Stimme, die mich nur noch unruhiger werden ließ. Ich erschauerte. Adrians Stimme, seine Finger, seine Zunge, seinen Körper, alles von ihm wollte ich. Und vor allem wollte ich sein beachtlich großes Stück Männlichkeit. „Fick mich oder es wird dir Leid tun.“, knurrte ich und setzte mich auf, doch Adrian drückte mich wieder auf die nasse Keramik. „Also, du nennst mich ungeduldig?“, lachte er und entfernte seine Hände nun völlig von meiner pochenden, nach mehr schreienden Mitte. „Ich denke, wir kommen zu dem Schluss dass wir beide äußerst ungeduldig sind.“, zischte ich und durchbohrte Adrian mit scharfem Blick. Er war genau über mir, seine Erektion streifte meinen Bauch. Er brachte mich fast um den Verstand. „Okay, dann noch mal zum mitschreiben: was gezielt willst du von mir?“, flötete Adrian und näherte sich mir ein bisschen mehr. „Ich will…“, brummte ich, „...dass du gottverdammt noch mal endlich in mich eindringst, kapiert?“ Kaum hatte ich den Satz zu Ende gesprochen stöhnte ich ungehalten auf, als Adrian einen Finger in mir versenkte. „Und wie genau soll ich in dich eindringen?“, murmelte er gegen meinen Hals, in den er öfters genüsslich herein biss und über die Bissstelle leckte. Ich atmete heftig. Adrians Finger bewegte sich in mir, mal schneller, mal langsamer. „A-Adrian…“, stöhnte ich. Ich suchte Halt an seinen Armen, die so wunderbar muskulös waren, griff beherzt in seinen Bizeps, krallte meine Finger herein und legte meinen Kopf in den Nacken. „Soll ich so in dich eindringen?“, Adrian ließ einen weiteren Finger in mich gleiten. Ich schrie kurz auf, dann erstickte er den Schrei und presste seinen Mund auf meinen. „Oder lieber so?“, fragte er nach einem ausgiebigen, leidenschaftlichen Kuss und zog seine Finger zurück, um mich dann durch einen einzigen Stoß mit seinem besten Stück auszufüllen. Wir stöhnten beide auf, ich konnte mich nur noch gering koordinieren. „Ja, genau so!“, schrie ich. Ich vergaß alles, unter anderem dass über und unter uns Leute schliefen. Obwohl, die wären spätestens bei meinem lustvollen Geschrei wach geworden. Er bewegte sich vorerst langsam in mir, dann wurde er schneller. Er zog sich aus mir zurück, drang wieder in mich ein und wiederholte es, dass ich mir kein Stöhnen mehr verkneifen konnte. Das Wasser in der Badewanne schwappte bei jedem Stoß über meinen Oberkörper, aus dem Duschkopf regnete es ohne Pause, doch es war mir so heiß dass das warme Wasser kühl erschien. Adrian stieß härter zu und mein Becken bewegte sich automatisch mit im Rhythmus. Es war ein herrlich gutes Gefühl, das lag nicht nur an dem Sex. Es lag vielmehr daran, dass ich nicht mehr an alles denken musste, was um mich herum passierte. Ich musste mir keine Sorgen um Kriege, Organisationen oder Artenhass machen. Es gab nur mich und Adrian, der keuchend über mir dem Höhepunkt nahte. Ich bebte wieder, fing an zu zittern. Das Atmen fiel mir schwer, mein Stöhnen wurde lauter, eben wie Adrians und die Wellen des Orgasmus’ drohten, über mir zusammenzubrechen. „Kneif jetzt bloß nicht!“, ertönte meine Stimme atemlos zwischen dem Stöhnen, Adrian erwiderte das mit einem angestrengten Lachen. Ich zuckte, meine Brust hob und senkte sich, ich bäumte mich unter Adrian auf und fühlte mich, als würde ich jeden Moment wegklappen können. Als ich kam schrie ich seinen Namen heraus, er folgte nach wenigen Stößen und entlud sich in mir. Statt meinen Namen rief er ein lautes „Oh, FUCK!“ Er atmete ebenso schwer und flach wie ich es tat, sein Atem strömte über meinen Hals, seine Haare klebten ihm im Gesicht und die Anstrengung stand ihm praktisch auf die Stirn geschrieben. Er verweilte noch in der Stellung, in mir, und ließ seinen Kopf in meine Halsbeuge sinken. Ich atmete tief ein und aus, meine Finger weiterhin in Adrians Arme gekrallt. Auch wenn ich lag, ich brauchte diesen Halt. Ich konnte mich nicht bewegen, war nicht mal imstande etwas zu sagen, geschweige denn die Augen zu öffnen. Bei jedem Aufatmen konnte ich Adrians Gesicht an meinem Hals spüren. Nach langem Schnaufen hörte ich Adrians Stimme, unmittelbar an meinem Ohr. „Scheiße, war das geil.“ Ich musste leicht lächeln. Ja, das war es wirklich gewesen. Nicht nur das, Adrian hatte es mir ermöglicht für einen Moment jeden einzelnen meiner Gedanken außen vor zu lassen, und einfach zu genießen. Ich hatte es genossen, was er mit mir gemacht hatte. „Ich will ja nicht aufdringlich sein…“, sagte Adrian als er sich langsam aus mir zurückzog, was mich auf irgendeine Weise enttäuschte. „…aber ich würde das hier gerne mal wiederholen.“, beendete er den Satz. Er wollte es wiederholen? Dagegen hatte ich nichts, aber mir machte etwas Angst. Ich hatte mehr gefühlt, als ich bei unverbindlichem Sex fühlen sollte. Es war Adrian, er wollte nichts von mir und das wusste ich. Aber ich sehnte mich nach mehr Berührungen von ihm. Mehr von seinen Küssen, mehr von ihm. Ich wollte wieder vergessen, all das was mir den Alltag schwer machte. „Meinetwegen, können wir machen.“, gab ich mit gespielter Gelassenheit zurück, trotzdem außer Atem. Adrian entfernte sich ein bisschen von mir, sodass er mir in Gesicht gucken konnte. Er lächelte mich an, vergnügt und noch verschleiert von der Lust, die in seinen Augen lag. Dieser Mann war der Einzige, der meinen Schmerz wegvögeln konnte. Kapitel 35: Adrian ------------------ Meine Augen öffneten sich und grelles Licht fiel mir entgegen. Ich kniff sie wieder zusammen, presste die Hände an den Kopf und versuchte mich an die Helligkeit zu gewöhnen. Nach dem Sex in der Dusche letzte Nacht hatten Kae und ich nicht mehr viele Worte gewechselt. Das Einzige was wir uns noch mitgeteilt hatten war, dass wir das unbedingt wiederholen mussten. Und dieser Gedanke beruhte auf völliger Gegenseitigkeit. Es würde auch ganz sicher keine Liams oder Ethans mehr kommen, die ihr etwas Besseres bringen konnten; das stand fest. Trotz aller beunruhigte mich, dass ich bei Kae etwas anderes fühlte als bei den üblichen Frauen. Oder dass ich überhaupt etwas gefühlt hatte. Erst eine Weile später kam in mir die Frage auf, warum es überhaupt schon hell war. Ich hatte die Vorhänge doch am Abend zugezogen, warum waren sie jetzt offen? Kurz nahm ich irritiert die Hände von den Augen, um mich dann wieder daran zu erinnern, dass ich ja nicht mehr alleine wohnte. Kae – die, die mich nicht leiden konnte sowie die, die bei ihrem Orgasmus meinen Namen schrie – wohnte hier, und auch bei allem was die letzten Tage mit ihr und mir passiert war hatte ich vergessen, dass sie das tat. „Shit!“, hörte ich sie fluchen. Kurz darauf polterte etwas in der Küche, wie es aussah war sie schon ziemlich aktiv. Ich schwang mich aus meinem Bett und schlurfte in die Küche, wo Kae am Herd stand und hektisch etwas Verbranntes aus einer Pfanne fischte. „Machst du Frühstück?“, fragte ich verschlafen und pustete mir eine Strähne aus dem Auge. Kae hatte nur eines ihrer Shirts an, unter dem ihr Slip hervorguckte. Hatte sie sich mit Absicht so angezogen? „Adrian, ich muss meine Klamotten irgendwo waschen. Vor allem, weil einige davon voller Blut sind. Hast du hier eine Waschmaschine oder so?“, sagte sie freiheraus, statt auf meine eigentliche Frage zu antworten. Deswegen trug sie also keine Hose. „Ja. Aber was willst du für die Zeit in der du wäschst anziehen?“ Meine Augen konnte ich nur schwer von ihrem Hintern lösen, dennoch sah ich ihr ins Gesicht. „Das ist meine nächste Frage. Kannst du mir für diese Zeit irgendwas leihen?“ Kae schüttete Teig in die Pfanne, zugleich fiel mein Blick auf den Teller daneben. Sie machte Pfannkuchen, die wirklich verführerisch gut rochen. „Du stellst hohe Anforderungen für einen Gast.“, vermerkte ich, machte einen Schritt auf den Teller zu und schnappte mir einen der Pfannkuchen. Kae verdrehte die Augen und wendete den goldbraunen Teig in der Pfanne. „Hatten wir das Thema nicht schon?“, stöhnte sie. Ich lachte und steckte mir ein Stück des Gebäcks in den Mund, Kae musterte mich von der Seite. „Also?“, erkundigte sie sich und drehte sich zu mir. „Ich gebe dir Shirt und Boxershorts, okay?“, antwortete ich, nachdem ich aufgekaut hatte. Mit einem Nicken wand sie sich wieder ihrem Kochwerk zu. Ich blieb weiter an der Küchentheke stehen, beobachtete Kae. Es war ihr anzusehen, dass sie das beunruhigte, aber das war mir relativ egal. Vor ihr brauchte ich mich schließlich nicht zu rechtfertigen. „Musst du heute in die Organisation?“, sprach sie mich an, als sie mit den Pfannkuchen fertig war. Ich nickte. „Um sechzehn Uhr fangen meine Kurse an.“, erläuterte ich und griff mir den reichlich befüllten Teller. „Die nehme ich mal.“, sagte ich, den Blick auf die Eierkuchen geheftet. Kae schüttelte den Kopf und nahm mir den Teller wieder aus der Hand. „Denk ja nicht die sind alle für dich.“, warnte sie und stapfte zum Tisch. „Ich habe, selbst wenn ich sie nicht alle esse, das Recht auf jeden Pfannkuchen den du in dieser Wohnung zubereitest.“, verkündete ich und setzte mich ihr gegenüber an den Tisch, den sie schon gedeckt hatte. Wenn das kein Service war. „Halt die Fresse und iss, ich koche ja nicht freiwillig für dich mit.“, befahl mir Kae und warf sich eins der Gebäcke auf den Teller. Was ich wirklich schätzte war, dass sie sich selbst nach dem Ereignis gestern nicht anders vor mir verhielt. Ich hatte schon gefürchtet, Kae würde sich nun vor mir genieren oder gar sympathisch sein. Aber so war sie nicht, sie behandelte mich immer noch wie ein Arschloch. Das konnte auch so bleiben, Kae wäre als zartes Lamm nicht mehr die Gleiche, was bedeuten würde dass der Sex es ebenso nicht wäre. Und der Sex war gerade das, was Kae so anziehend für mich machte. „Und, hast du heute Kurse?“, begann ich ein Gespräch. Kae gab eine Mischung aus Schnauben und Lachen von sich und guckte mich belustigt an. „Ich hab noch gar keine gewählt, du Trottel.“ Kae strich mit einem Messer Ahornsirup über ihr Essen, bei dem ich mich nicht mal daran erinnern konnte dass wir ihn je gekauft hatten. Wobei das kein Wunder war, Kae hatte den Großteil des Einkaufs erledigt. „Ich bin hier gerade einmal drei Tage, bis ich Kurse belege dauert das noch ein bisschen. Aber das müsstest du eigentlich wissen, soviel Erfahren solltest du wohl besitzen.“, meinte sie. „Sorry. Ich hab nur versucht eine Konversation anzufangen.“, verteidigte ich mich mit erhobenen Händen. „Konversation.“, schnaubte Kae leise und schüttelte amüsiert den Kopf, ohne mich anzusehen. Während ich aß beäugte ich Kae weiter und merkte, dass sie sich nicht schminkte. Selbst ohne Make-up war sie hübsch, ihre Wimpern schmiegten sich dicht und dunkel um ihre Augen. Vielleicht lag es an ihrem Charakter. Ich hätte mir gut vorstellen können dass sie eine dieser ‚Sei-so-wie-du-bist-und-manipuliere-dich-nicht-durch-Schminke-Verfechterinnen’ war, aber genauso hätte es daran liegen können dass sie sich keine Schminke kaufen konnte. So oder so war es mir recht egal, ich kannte sie ungeschminkt. Und die ungeschminkte Kae war auch die, mit der ich heißen Sex in der Dusche gehabt hatte. Ungehalten strömten wieder die Bilder durch meinen Kopf, von Kae die in Ekstase gebettelt hatte, ich solle in sie eindringen. Wie sie gebebt hatte, als ich sie berührte. Ihr Stöhnen hatte sich in meinem Kopf festgesetzt und spielte sich nun immer wieder ab, genau wie jede dazugehörige Szene vor meinem inneren Auge. „Kannst du mal aufhören mich so blöd anzuglotzen?“ Kapitel 36: Kae --------------- Adrian saß da, mit einem unheimlich bedepperten Grinsen auf den Lippen. Sein Blick wich nicht von mir. „Ich lasse mir nur ein paar… angenehme Gedanken durch den Kopf gehen.“, griente er und lehnte sich nach vorne, stützte seine Ellbogen auf den Tisch. Was das für ‚angenehme’ Gedanken sein sollten? Ich wollte es vermutlich nicht wissen. Aber Adrian ließ mich so einiges vermuten, als er sich langsam über die Lippen leckte. Ich schmiss mein Messer auf den Tisch. „Verflucht, du machst mich krank.“, zischte ich und lehnte mich in dem Stuhl nach hinten, Adrian lachte leise und kaum merklich. „Auf positive oder negative Weise?“, fragte er und lehnte sich ebenfalls zurück. „Weder noch. Eher auf eine wirklich verstörende Weise.“, antwortete ich und zog mein Shirt über den Oberschenkeln zurecht. Adrian hob eine Augenbraue hoch und ich fragte mich, wie oft er das schon getan hatte. Zu oft, aber es stand ihm. Gut, vielleicht stand ihm jeder Gesichtsausdruck. Sein Gesicht machte es einfach möglich, er sah nun mal gut aus. Auf der einen Seite betörte mich sein Aussehen, auf der anderen fand ich es regelrecht abstoßend. Er war der Klischee-Frauenaufreißer schlechthin – dunkelbraune Haare die ihm ins Gesicht hingen, genauso braune Augen, dichte Wimpern, volle Lippen, markante Gesichtszüge, trainierte Körper, oh Gott ich hätte so vieles aufzählen können – und dieses Aussehen machte ihn zu dem, was er war. Es zog Frauen magisch an, sie hatten keine Ahnung davon was er wirklich war. Deshalb fielen sie alle reihenweise auf ihn herein, glaubten sein Gesülze von wegen ‚für immer’ und brachten ihm für eine Nacht das, was sie eigentlich einem ehrlichen Kerl bringen sollten. Dann saßen sie mit gebrochenem Herz alleine zuhause und heulten sich die Augen aus, weil sie dachten die Liebe ihres Schicksals getroffen zu haben, die sich letztendlich als dreckiger Ladywinner herausgestellt hat. Das kotzte mich dermaßen an, Adrian spielte mit Gefühlen als wären sie nichts mehr Wert als ein Stück Wurst. Doch was konnte ich schon sagen, er hatte ja keine Ahnung von Leiden. Adrian wartete einen Moment, bis er etwas erwiderte. Er musste wahrscheinlich erstmal kapieren, was ich gesagt hatte, wobei ich es selbst nicht ganz verstanden hatte. Aber das war schon okay, sollte sich Adrian doch den Kopf zerbrechen. „Was soll das heißen?“, gab er nach kurzem Schweigen von sich. Keine Ahnung was das hieß, ich wollte einfach etwas gesagt haben. „Es soll heißen…“, ich überlegte was ich ihm auftischen sollte. Hey, wie wär’s mit der Wahrheit? „… dass du mich eben manchmal auf schlechte und manchmal auf gute Art krank machst.“, erklärte ich, auch wenn die Erklärung mit dem Wort ‚verstörend’ dann nicht mehr so viel zutun hatte. „Achso?“ Adrian hatte die Stimme gehoben. „Dann würde ich gestern Nacht aber auf positiv abstempeln, oder?“ Oh ja, jetzt machte er mich wieder auf verdammt negative Weise krank. Er weckte in mir wieder eine gewisse Wut, die ich jedoch gleich wieder beiseite schob, weil es stimmte. Selbstverständlich war vergangene Nacht positiv gewesen, sogar mehr als das. Ich hatte es gewollt, hatte ihn gewollt. Heftiger als ich je für einen Mann gefühlt hatte. Aber das waren keine Gefühle, die sich nach Zeit mit ihm oder seinen Gefühlen sehnten. Es war der Wunsch, die Gefühle mit ihm zu unterdrücken. Das Sehnen nach Vergessen über das, was mich quälte, beunruhigte und mich mein Leben lang verfolgte. Ich wusste, dass er nur meinen Körper wollte. Ich wusste, dass er das alles nur aus Eigennutz tat. Aber war es je anders gewesen? Hatte je ein Mann etwas anderes als meine Brüste, meinen Arsch oder meine Pussy gewollt? Nein, und das würde sich auch nicht ändern. Ich war niemand, den man als Person wollen oder gar lieben konnte. Jemand wie Adrian würde nicht mal den Gedanken hegen, etwas dergleichen zu tun. Aber das musste ja auch nicht sein, dafür war er ja da, um das alles zu vergessen konnte ich mit ihm schlafen. Denn er war in der Lage, meinen Kopf komplett auszuschalten. „Ja, positiv kann man das schon nennen.“, bestätigte ich. Adrian leckte sich wieder über die Lippen. Diesmal verführerischer, so, als wollte er mich mit seinem Blick ausziehen. Ja, Telepathie beherrschte er wohl nicht. „Aber wenn du mich in Supermärkten vor Männern in peinliche Kondomsituationen bringst, oder mir vorschreibst dass ich für dich zu kochen habe, dann ist das wieder negativ.“, sagte ich und zerrte erneut meinen Shirtstoff über die von Narben übersäten Schenkel. Ich packte mein Glas und ließ Adrian am Tisch zurück, ging in die Küche und hielt das Trinkgefäß unter den Wasserhahn. Ich schloss den Wasserstrahl und wollte mich wieder zum Tisch bewegen, als zwei Hände von hinten meine Taille ergriffen. Ich zuckte zusammen, dann spürte ich Adrians Wärme und hörte ich seine gesenkte Sexstimme an meinem Ohr, rau und erotisch. „Also, ich hätte ja nichts dagegen wieder ein bisschen positiv zu sein.“ Kapitel 37: Kae --------------- Positiv sein? Er wollte Sex. Ich wollte ihn auch. Kurz davor mich umzudrehen, stoppte ich. Nein, nicht ich stoppte, eine Seite in mir stoppte, ein Instinkt. Mein Schutzinstinkt. Was bedeutete Adrian mir? Nichts. Aber was bedeutete mir der Sex? Ich merkte es jetzt, der Sex bedeutete mir unfassbar viel. Wir hatten zwar erst einmal miteinander geschlafen, aber ich spürte es. Tief in mir, viel zu tief. Was Adrian mir bringen konnte glich einer Droge. Einer harten Droge. Er ließ mich vergessen, er verschaffte mir bessere Gefühle. Das würde mich süchtig machen, wie bei Meth, Heroin oder Ketamin. Egal welcher Vergleich, es war zu gefährlich. Ich würde so enden wie die Weiber, die ich vorhin noch bemitleidet hatte. Ich würde zu viel wollen – und am Ende daran eingehen. Denn wenn ich Adrian die Macht überließ, würde er das schamlos ausnutzen. Er würde aus mir ein verletztes, kleines Mädchen machen. Das konnte ich nicht zulassen. „Nimm deine dreckigen Griffel von mir.“, giftete ich. Eigentlich hatte ich nicht vor, gleich so ausfällig zu werden. Doch ich konnte nicht anders. Ich hatte Panik. Angst vor dem verletzt werden, davor, zusammenzubrechen unter all dem Hass der von außen kam. Denn wenn ich verletzt würde, könnte ich dem Ganzen nicht mehr standhalten. Dann würde ich verlieren, den Kampf, den ich Tag für Tag führte. „Hm? Willst du wieder einen auf abweisend machen?“, murmelte Adrian an meinen Nacken, den er mit Küssen überzog. Mein Herz klopfte, sprang mir beinahe aus der Brust. Die Angst wurde größer. Sie fraß mich auf, verbreitete sich völlig in mir drin und schmerzte. Ich atmete schneller, stoßweise, immer tiefer. „Ich meine es ernst, lass mich los!“, brüllte ich schon beinahe. „Was ist denn…“, versuchte Adrian zu sagen, doch ich drehte mich blitzartig um und stieß Adrian von mir weg. Ich wendete so viel Kraft an dass ich diesmal wirklich ihn bewegen konnte, und nicht mich. Ich schüttelte den Kopf. Er sollte mich nicht mehr berühren. Er sollte mir nicht wehtun. Ein One-Night-Stand war okay, man sah denjenigen danach nie wieder. Aber ich wohnte bei Adrian. Ich sah ihn noch eine Ewigkeit. „Was ist auf einmal mit dir los?“, fragte Adrian entgeistert und streckte die Hand nach meinem Arm aus, doch ich schlug sie weg. „Du sollst mich nicht anfassen, hab ich gesagt!“ Tränen brannten mir in den Augen. Tränen? Wieso Tränen? Hatte mich Adrian etwa schon verletzt? Verletzte ich mich selbst? Ich wusste es nicht. Aber ich durfte nicht weinen. Das bedeutete nämlich, dass ich verletzt war. Ich durfte nicht verletzt sein. Mein Herz raste. Mein Kopf dröhnte. Ohne es verhindern zu können rollten mir Tränen über die Wangen. Ich presste die Lippen zusammen. Verletzen? Wie konnte man etwas Kaputtes weiter verletzen? Was konnte Adrian schon anrichten? Er war einer der Kerle, die mich gebumst hatten. Was sollte schon anders sein? Ich atmete unregelmäßig. Was dachte ich da? Adrian war gefährlich. Ich hätte mich von Anfang an von ihm fernhalten müssen, doch ich hatte es nicht getan. Ich hatte mich von seinen Liebkosungen, seinem Aussehen und meiner Lust überwältigen lassen. Adrian wusste nicht, wer ich war. Adrian wusste nicht, was ich erlebte. Adrian wollte seinen Spaß an mir haben, das war alles. Ich hatte beim Sex zu viel gefühlt. War es schon zu spät? War ich Adrian schon erlegen? „Kae?“ Seine Stimme klang sorgvoll, doch ich wusste dass er sich nicht wirklich sorgte. Er spielte es, damit ich weiter mit ihm vögelte. Aber ich durfte nicht. „Fass mich nie wieder an.“, flüsterte ich. Meine Sicht war von den Tränen verschwommen, mein Gesicht nass. Ich schluchzte nicht, ich weinte stumm. „Also das kannst du schon mal komplett vergessen.“, sagte Adrian und zog mich an sich, an seinen nackten Oberkörper. „Lass mich… ich habe doch gesagt… Adrian!“ Ich versuchte mich zu wehren, mich fort zu stoßen. Doch Adrian hielt mich. Er umarmte mich. Das alles tat er für Sex? Wie billig. Trotzdem hörte ich auf mich zu wehren. Ich konnte nicht mehr. Hatte keine Kraft mehr. Wollte nicht mehr. „Du darfst mich nicht anfassen.“, schluchzte ich leise in seine Schulter. „…mich nicht verletzen.“ Ich weinte. Weinte stark. Ich hatte lange nicht mehr so geweint, ich hatte alles in mir behalten. Es gab keinen Grund zu weinen. Ich hatte nicht das Recht zu weinen. Doch ich tat es. Ich konnte es nicht verhindern. „Willst du mir erzählen was los ist?“, raunte Adrian in meine Haare. Seine Körperwärme beruhigte mich, ich konnte seinen Herzschlag spüren. Er ging schnell, viel schneller als ich dachte. Mein Atem regulierte sich, und ich schüttelte fast unmerklich den Kopf. „Du würdest es nicht verstehen.“ Kapitel 38: Adrian ------------------ Ich hielt Kae fest, ließ sie nicht los. Sie wehrte sich, versuchte mich von sich weg zu schieben. Doch ich behielt sie bei mir, in meinen Armen. Ich wollte sie nicht gehen lassen, wollte nicht, dass sie an ihrem Schmerz erstickte. Tränen flossen von ihren Wangen auf meine Brust. „Willst du mir erzählen was los ist?“, murmelte ich in Kaes Haare. Sie schüttelte ihren Kopf, auf dem ich meine Stirn ruhen ließ. „Du würdest es nicht verstehen.“, schluchzte sie leise, mit zitternder Stimme. Ich schloss die Augen und atmete einmal tief ein, um Kaes Geruch aufzunehmen. Sie roch nach mir, nach meinem Shampoo. Das war schon ein bisschen enttäuschend, aber andersherum freute es mich. Sie roch nach mir, sie war mein Eigentum. Vorerst. „Wieso bist du dir da so sicher?“, fragte ich. Würde ich es wirklich nicht verstehen? „Weil du nie gehasst wurdest.“, antwortete sie, wieder kopfschüttelnd. Ich wurde nie gehasst? „Da liegst du falsch. Meine Familie verabscheut mich.“, entgegnete ich und hob den Kopf. Kae löste sich von mir, und nun ließ auch ich sie aus meinen Armen. Sie begutachtete mich misstrauisch. „Und denkst du, ihr Hass kommt an den Hass heran, den 90% aller Dämonen auf mich pflegen?“, wollte sie wissen und wischte sich mit der Hand über die nasse Wange. Ich senkte meinen Blick und presste die Lippen zusammen. Der Hass meiner Familie kam bestimmt nicht an den auf Kae oder die Aswang an. Ich hatte nie erlebt wie es war, so jemand zu sein. Ich war ein Reinblüter, ich hatte im Gegensatz zu ihr ein einfaches Leben. „Nein.“, brachte ich heraus. „Na also. Dann wirst du es auch nicht verstehen.“ Ihr Ton war kalt, frostig, sie sah in mir tatsächlich nichts Positives. Ich wusste wenig über sie, auch wenn ich Frauen im Allgemeinen kannte. Kae war nicht wie die anderen. „Dann mach es mir verständlich.“, schlug ich vor und sah ihr wieder ins Gesicht. In ihrem Blick lag weder Erleichterung, noch eine Spur von Freude über meinen Vorschlag. „Was denkst du, bewirkst du damit? Dass ich mich doch noch von dir bumsen lasse? Nein, Adrian, schmink dir das ab. Du wirst mich nicht bekommen, nie wieder.“ Sie drehte sich um und machte ein paar Schritte weg von mir, bis ich sie aufhielt und meinen Arm von hinten um ihre Taille schlang, weil ich wusste dass sie mir sonst entwischen würde. „In diesem Fall geht es mal nicht um Sex.“, raunte ich, angenervt aber ruhig. Diesmal wehrte sie sich nicht, sie stand einfach da. „Du willst, dass ich dir erkläre was in meinem Leben so schief läuft, ohne eine Bedingung?“ Mit gehobenem Ton wandte sie sich wieder zu mir. „Ja.“, erwiderte ich und ließ meinen Arm auf ihrem Rücken verweilen. „Dass ich dir so was glauben soll.“, schnaubte sie und guckte mich an. In ihren Augen lag Belustigung. Sie glaubte mir nicht, aber warum sollte sie das auch tun. Letztendlich blieb ich in ihren Augen der Playboy, der nicht einmal kochen konnte. Da würde ich mir wohl den Mund fusselig reden können. „Alles klar, dann nicht. Aber das ist ein einmaliges Angebot, also komm nachher nicht zu mir um mir dann die Ohren voll zu heulen.“ Es war möglicherweise nicht die beste Idee gewesen, auf einmal so einen scharfen Ton zu sprechen. Aber es war mehr oder weniger nötig, damit ich mich später nicht von ihr aufziehen lassen konnte. Genau das würde sie nämlich tun, sie käme garantiert mit solchen Argumenten an. „Ach ja? Bist du dir denn wirklich sicher, dass du dir alles anhören willst? Hattest du je ein Funken Einfühlsamkeit für eine Frau übrig?“ Kaes Stimme wurde lauter, mit jedem Wort. „Du verletzt Frauen reihenweise! Du gehst mit Gefühlen um als wären sie nichts! Und jetzt kommst du zu mir und verlangst, dass ich dir erzähle warum du die Finger von mir lassen sollst? Weil du es bist! Weil du für mich nämlich nichts wert bist, weder als Person noch für Sex!“, schrie sie. Ich war nicht mal den Sex für sie wert? Ich hatte mich doch bemüht ihr zuzuhören, ich wollte, dass sie mir erzählt warum sie weint. Gestern hatte ich ein Verlangen nach ihr gespürt, ein Verlangen dass sich nicht bloß auf ihren Körper bezog. Kae machte mich wahnsinnig, ich wollte sie. Wollte sie Mein nennen können, als mein Eigentum bezeichnen können. Ich wollte, dass sie ebenso nach mir verlangte. Aber ich bedeutete ihr nichts. „Willst du immer noch darauf rum reiten?“, brummte ich, jedoch ohne sie loszulassen. „Worauf? Dass du ein gottverdammtes Arschloch bist? Bitte, beweise mir dass es falsch ist!“, brüllte sie mir ins Gesicht. „Und lass mich endlich los!“ Wie sollte ich denn beweisen dass ich kein Arschloch war? Ich war eins, und bisher konnte ich damit auch gut leben. Ich hatte meine Kumpels, die Weiber, die mir zu Füßen lagen, Partys, Clubs und war ein ziemlich hoher Krieger bei den Red V’s. Es hatte mich nie gestört, wie ich lebte. Doch nun stand da diese Frau vor mir, die ich nicht mal vier Tage kannte und die trotzdem meine Welt auf den Kopf gestellt hatte. „Wie…“, begann ich, nach den rechten Worten suchend. Ich wusste nicht, wie ich meine Gedanken formulieren sollte, und was ich überhaupt sagen sollte. „Ich kann es nicht. Ich kann es nicht beweisen. Ich bin ein Arschloch, Shit, ja. Aber warum sollte sich das ändern?“ Das fragte ich mich. Warum? Was hatte Kae an mir zu ändern? Sie war vielleicht anders, aber trotzdem würde ich sie schnell wieder vergessen können. Ich würde sie einfach nicht beachten, die Zeit, die sie hier wohnte. Ich hatte genug andere Miezen, die sich den Arm für eine Nacht mit mir absäbeln würden. „Ja. Du musst dich nicht ändern. Wofür auch, schließlich bist du so. So. So, wie du eben bist. Und genau so wie du bist, kann ich dich nicht leiden. Also lebe dein Leben wie du es gerne leben willst, aber halt dich dann gefälligst von mir fern.“, zischte Kae hasserfüllt. Was war nur los? Vor nur wenigen Stunden hatte ich das Gefühl gehabt, dass Kae mich doch irgendwie gewollt hatte. Ich hatte gedacht, sie hätte mich irgendwie akzeptiert. Doch ich lag falsch, Kae hasste mich. Sie würde mich nicht akzeptieren, was ich auch täte. Sie kam aus einer anderen Welt, aus einem anderen Leben. Das Einzige, was wir gemeinsam hatten, waren die One-Night-Stands. Mein Arm zog sich wieder zurück, meine Hand ruhte nicht mehr auf ihrem Rücken. Voller Abscheu wendete Kae sich ab, ging in Richtung des Badezimmers. „Eine Sache noch.“, sagte ich, und sie stoppte. Aus meiner Erwartung wäre sie einfach weitergegangen, doch sie blieb tatsächlich stehen. „Gestern, in der Dusche. Bevor wir Sex hatten. Da hast du, als ich dich… na ja, an die Wand gepresst habe… noch etwas gesagt. Du machst das doch nur weil…?“, wollte ich von ihr wissen. Es war mir ellenlang durch den Kopf gegangen, bevor ich mich von ihr fernhielt wollte ich wenigstens noch diesen Satz beendet bekommen. Kae drehte sich um, ihr Gesichtsausdruck war emotionslos. Nicht wie ein Pokerface, sondern einfach leer. Als ob sie nichts fühlen würde. „Ich schlafe nur mit so vielen Männern weil…“ Wieder ließ sie den Satz so stehen, atmete tief durch. Dann beendete sie den Satz endlich. „Weil…“ Kapitel 39: Kae --------------- „…ich keine andere Art von „Liebe“ bekommen kann.“ Diesen Satz über die Lippen zu bringen kostete mich soviel Kraft, dass es sich anfühlte als hätte ich unzählige Säcke Zement zehn Stockwerke hoch auf dem Rücken tragen müssen. Warum sagte ich ihm das? Es ging ihn nichts an. Er dachte, er würde mir nichts bedeuten, so wie ich ihm nichts bedeutete. So musste ich mich doch auch verhalten. Ich hätte weitergehen sollen, ihn ignorieren sollen. Warum hatte ich das nicht getan? „Die einzige Art von… Liebe?“, wiederholte Adrian. Ich hatte es gewusst, ich hätte meine Klappe halten sollen. Ich hatte es nicht getan, das war zu dumm von mir. „Nein, Liebe ist nicht das richtige Wort. Ich weiß, dass es keine Liebe ist, natürlich nicht. Aber… ich habe doch keine andere Wahl. Ich werde nicht getröstet oder in den Arm genommen. Ich bin das nicht wert. Ich gehöre nicht auf diese Welt, und das weiß ich auch. Eben weil ich sonst keine Nähe bekomme… beziehungsweise, irgendeine Abart von Zuneigung, hole ich mir das, was ich kriegen kann. Sex.“ Meine Worte hallten mir noch durch den Kopf, Adrian schwieg. Er musterte mich, ohne dass sich irgendetwas in seinem Gesicht bewegte. Kein Mitleid, keine Abscheu, keine Freude, keine Wut, keine Belustigung. Nichts. Ich wusste, dass sich in meinem Gesicht womöglich ebenfalls so wenig abspielte, aber in mir drin war auch nicht wirklich viel los. Ich sah bloß Adrian – wie er da stand, in der Morgensonne, die durch die Fenster in der Wohnung schien. Diese Wohnung. Wäre das alles nicht gewesen, hätte ich hier nicht wohnen müssen, hätte ich eine eigene Wohnung bekommen oder mindestens woanders wohnen können, hätte ich nicht mit ihm geschlafen, hätte ich nicht angefangen für ihn zu fühlen. Hätte. Ich war so blöd. Es waren doch gerade mal dreieinhalb Tage, die ich mit Adrian verbracht hatte. Ich konnte unmöglich schon solche Gefühle für ihn hegen. Es war Adrian, er war ein Arschloch, sexbesessen, egoistisch. Und was bedeutete er mir? Er durfte mir nichts bedeuten. Er spielte mir alles nur vor. Ich durfte nicht für ihn fühlen. Sofort hatte ich wieder einen Kloß im Hals. Ich musste es unterdrücken, ich konnte nicht wieder anfangen zu heulen. Ich war doch nicht schwach. War ich das? Nein. Urplötzlich schmeckte ich Blut in meinem Mund. Hatte ich mir auf die Lippe gebissen? Ich entspannte meinen Kiefer, und wirklich; ich hatte mir solange auf die Innenseite der Unterlippe gebissen, bis ich blutete. „Das ist doch der größte Scheiß. Meinst du nicht, das Größte von dem was du sagst, redest du dir selbst ein?“ Adrians Stimme. Da war sie wieder, wie sie sich zwischen meine Gedanken schlich. Ich biss mir wieder auf die Lippe, diesmal stärker. Der äußere Schmerz fühlte sich gut an, besser als der innere. Es fühlte sich an wie ein Loch, ein schwarzes Loch. Es breitete sich aus, in meinem ganzen Rumpf, schmerzte, biss in meine Seele. Ich war nichts wert. Niemand würde mich in den Arm nehmen um mir etwas Gutes zu tun, oder mich zu trösten. Niemand würde meinen Schmerz lindern wollen, das hatte ich auch nicht verdient. Es war ein ewiger Teufelskreis, aus dem ich nicht entkommen konnte. „Meinst du ernsthaft, niemand würde dich in den Arm nehmen wollen, weil er dich mag?“ Wieder schallte Adrians tiefe, beruhigende Stimme in meinem Kopf. Er lächelte. „Ja, was denkst du denn.“, bestätigte ich. Er hatte keine Ahnung. Er wusste nichts. Er lebte ein leichtes, unbeschwertes Leben. „Na, wenn du jeden so behandelst wie mich dann wird das auch bestimmt nichts.“, sagte Adrian, als würde er es nicht ganz ernst meinen. Er lächelte mich immer noch an, in seine braunen Augen fiel Sonnenlicht, das sie heller erscheinen ließ. „Ich behandele nicht jeden so wie dich. Nur die Wichser.“, murmelte ich. Adrian lachte leise, dann ging er auf mich zu. Er hatte also doch noch nicht aufgegeben. „Okay. Dann werde ich dich jetzt, im Namen aller Wichser, etwas fragen.“, kündigte er an und griff nach meinen Oberarmen, um mich an sich zu ziehen. Ich hatte mittlerweile kapiert dass es nichts brachte, sich gegen dieses Muskelpaket zu wehren. Also ließ ich ihn machen, was auch kommen mochte. „Ist ja schön dass du mich vorwarnst.“, stellte ich fest. Adrian ließ meine Arme los und platzierte stattdessen die Hände auf meinem Rücken, in Greifnähe meines Hinterteils. Was hätte ich auch erwarten sollen. Er machte den Mund auf, sagte aber nichts. Hob einfach beide Augenbrauen, dann schloss er den Mund wieder. Alles, was von ihm kam war ein fast unverständliches Raunen, doch ich wusste was er gesagt hatte. „Wie machst du das nur?“ Kaum hatte er den Satz zu Ende geflüstert, zog er mich so nah an sich heran, dass ich jeden seiner Oberkörpermuskeln durch mein Shirt hindurch fühlen konnte, wie sie sich bewegten und anspannten. Er presste seine so weichen, zarten aber dominanten Lippen auf meine und küsste mich, anders als er es vorher getan hatte. Es fühlte sich an als… würde er sich der Sache mehr hingeben. Dem Kuss, und vielleicht ja sogar – seiner Lust? Es durchfuhr mich ein kleiner Schock als ich merkte, dass er mich eigentlich nicht berühren durfte. Es war viel zu gefährlich… Aber alle Gedanken verschwanden, alle Sorgen, Zweifel, Ängste. Das bewirkte Adrian, und ich konnte mich nicht dagegen auflehnen. Seine Zunge suchte den Weg in meinen Mund, und unweigerlich öffnete ich ihn. Seine Zunge… Diese Wärme. Die Berührungen. Adrian. Das alles, er, er war so verlockend. In mir machte etwas einen Sprung, als würde sich mein Magen umdrehen. Unsere Zungen spielten miteinander, er sog meine ein, dann die Unterlippe. Er löste sich von dem Kuss, ließ meinen Körper aber nicht aus seinem festen Griff. „Blutest du?“, fragte er. „War das die Frage, die du ursprünglich stellen wolltest?“, entgegnete ich. Er lachte, rau und gedämpft. „Meine Frage… habe ich wohl schon gestellt.“ Er strich mit dem Daumen über meine Lippen. „Soll ich die Frage für dich wiederholen?“ Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln, als er das sagte. Nicht weil es mir schmeichelte, sondern weil es lächerlich war. „Ehrlich? ‚Soll ich die Frage für dich wiederholen’? Das hört sich an, als hättest du es aus einer Teenieschnulze geklaut. So klischeehaft kannst aber auch nur du sein.“, kicherte ich, und Adrian schien von meiner Aussage nicht besonders begeistert. „Stehst du darauf, die Stimmung zu zerstören?“, brummte er. Oh, jetzt hatte er schlechte Laune. Das war gut, denn das besserte meine um Einiges. „Ja, wenn du es bist.“ Ich grinste ihm ins Gesicht, genauso triumphierend und spöttisch wie er es immer getan hatte. Auf einmal blitzte etwas in seinen Augen auf. Was war das? Vergnügen? Sein Mund verzog sich zu einem herablassenden Lächeln, tausendmal diabolischer als meins und ich erkannte, was da in seinen Augen aufgeblitzt war. Kein Vergnügen. Verlangen. Kapitel 40: Kae --------------- Adrian lehnte sich weit über mich, mit einem versauten Blick der mich schon fast erschaudern ließ. Wir hatten anscheinend beide ein ziemliches Problem mit Stimmungsschwankungen. Gerade als er mit den Lippen meinen Hals sachte berührte, klingelte mein Handy. Gott sei dank, sonst hätte er mich wieder bewegungsunfähig gemacht. „Oh! Da muss ich rangehen.“, rief ich, schlüpfte unter Adrians Armen hinweg von der Theke und stolperte auf das Sofa zu, neben dem mein Handy lag. Adrian blieb etwas verdutzt in der Küche stehen, während ich mich auf die Couch setzte und auf dem Display einen erfreulichen Namen erblickte: Anastasiya. Vor der gestrigen Mission hatten wir unsere Nummern ausgetauscht, und leider hatte ich ihr auch gesagt, dass ich sie direkt nach dem Auftrag anrufen würde. Tja, dann war das mit Adrian in der Dusche passiert und ich hatte es prompt vergessen. Der Kerl machte mir echt mein Leben schwer. „Hey, An!“, flötete ich, nachdem ich den Anruf angenommen hatte. „Na, wie geht’s? Soweit ich mich erinnern kann wolltest du mich gestern anrufen, da kam aber nichts. Ich wollte mich dann vergewissern ob bei dir alles okay ist, hätte ja sonst was bei der Mission passieren können, deshalb hab ich dich dann angerufen, du bist nur nicht dran gegangen. Also, alles okay bei dir?“, hörte ich Anastasiya am anderen Ende reden. Ihre hohe Stimme war ein bisschen gewöhnungsbedürftig, auf eine andere Weise aber erfrischend. Sie munterte einen auf – und vor allem lenkte sie einen ab, von gewissen Typen die in Boxershorts langsam auf die Couch zukamen, mit einem Ausdruck der nichts Gutes vermuten ließ. „Ach ja, tut mir leid. Gestern… ist mir nur etwas… DAZWISCHENGEKOMMEN.“ Mein letztes Wort hatte ich erheblich betont und dabei den gewissen Typen in Boxershorts mit meinem Blick durchbohrt. Adrian hatte sich neben mir auf dem Sofa niedergelassen, musterte mich mit diesem heißen Sexlächeln, das jetzt sogar mich aus der Fassung brachte und fuhr sich durch die Haare, dass sie noch zerzauster als vorher wirkten. Er wusste mit seinen Qualitäten umzugehen, das konnte man nicht bestreiten. Um mich nicht in Gedanken zu verlieren, fixierte ich meine Sicht auf das gegenüberliegende Fenster aus dem man einen Ausschnitt von der Straße, in der Adrian wohnte, zu sehen bekam. „Na, dann ist ja alles gut. Ich dachte schon dir wäre was Schlimmes passiert! Wie auch immer, ich muss dir unbedingt erzählen was gestern passiert ist. Also…“ Wieder überraschte An mich, indem sie sich sorgen um mein Wohlergehen gemacht hatte. Sie verhielt sich wirklich komisch. Ich hatte sie ja vom ersten Moment an für leicht eigenartig gehalten, aber dass sie gleich so freundlich zu mir gewesen war, passte in das Bild nicht hinein. Ich war es gewohnt von Männern freundlich behandelt zu werden, aber dann, wie schon sooft bemerkt, nur aus sexuellen Gründen. Ethan hatte das Gleiche gemacht, erst hatte er so getan, als wollte er mich kennen lernen und wenn es darauf angekommen war hatte er sein ‚wahres Ich’ gezeigt. Es war eklig, jemandem auf diese Weise Honig ums Maul zu schmieren, aber bei mir war es im Prinzip schon Routine. Als An zu ihrer Rede über das, was bei der Mission geschehen war ansetzte, wurde ich plötzlich hochgehoben und saß im nächsten Moment auf Adrians Schoß. Ich wollte mich umdrehen um ihn anzufunkeln, doch er war bereits dabei meine Beine auseinander zu schieben und es war wichtiger, ihn davon abzuhalten. Aus An kamen die Worte nur so herausgesprudelt, ich konzentrierte mich bloß nicht darauf was sie sagte, auch wenn ich es gerne getan hätte. „…und dann hatte Mariana eben davon geredet, aber ich wollte ihr sagen dass…“, tönte Ans Stimme in der Leitung. Ich stieß währenddessen ohne Pause Adrians Hände von meinen Schenkeln, klappte die Beine wieder zusammen bis er sie erneut spreizte und das Gleiche von vorne anfing. Er drückte mich nach hinten, sodass ich praktisch gezwungen war mich an ihn anzulehnen. Sein heißer Atem streifte meinen Nacken, meinen Hals und befand sich letzten Endes an meinem Ohr, wo er auch blieb. „Na los, öffne dich mir, Sugar.“, raunte Adrian so leise, dass nur ich es hören konnte. Die Worte ließen mir einen Schauer über den Rücken laufen. Wieder waren Adrians Hände an den Innenseiten meiner Oberschenkel angekommen, und wieder schlug ich sie weg. „Dass du dich gerne von mir fingern lässt kannst du aber nicht leugnen.“, flüsterte er noch näher an meinem Ohr, und ich konnte sein Grinsen durch Mark und Bein fühlen. Dieser Scheißkerl. Irgendwann würde ich ihm noch mit einem Brecheisen dieses Grinsen aus der Fresse schlagen. Aber, Moment, vermutlich würde er mir dann zuvorkommen und mich auf irgendeine sexy Weise davon abhalten. Himmel, meine guten Geister hatten auf mich offenbar keinen Bock mehr. „…beziehungsweise, ich konnte es nicht richtig verstehen. Deswegen habe…“, plauderte Anastasiya weiter, und Adrian machte es mir unmöglich ihr zuzuhören. Er küsste meinen Nacken, was bei mir immer eine Gänsehaut und ein Kribbeln darauf auslöste. Seine Lippen wanderten weiter, er befreite meinen Rücken von dem Shirtstoff und in dem Moment bereute ich es, keinen BH getragen zu haben. Ich wollte keine mit Blut besudelte Unterwäsche anziehen und hatte ihn deswegen weggelassen, doch ich hätte ahnen müssen dass es eine ganz schlechte Idee war. Ein stilles, verschmitztes Lachen ertönte hinter mir und in Null Komma Nichts waren Adrians Hände unter mein Oberteil geschnellt, vergnügten sich an meinen Brüsten und machten es mir noch schwerer, mich zu konzentrieren. Dass Adrian mich nicht mehr anfassen sollte war eine Sache, stressiger aber war dass Ans Gebrabbel gar kein Ende mehr nahm. Ich versuchte wenigstens so zu tun als würde ich zuhören, inzwischen amüsierte sich der Playboy, auf dem ich gezwungener Weise saß, an meinen Nippeln und verwandelte meinen Slip in einen Ozean. Er knutschte weiter meinen Hals, ich wollte gar nicht darüber nachdenken was da am Ende für Flecken sein mussten. Aber ich durfte nicht vergessen, dass da jemand am Handy war, und ich mich zusammennehmen musste normal zu atmen. Ich hatte den Drang die Dinge auszublenden, jedes Geräusch das von außen kam und alles, was Adrian davon abhalten könnte mich genau auf der Stelle, auf der wir saßen, zu vögeln. Aber An hielt nicht die Klappe. „Hör zu, Anastasiya, es ist gerade ein schlechter Zeitp…“, versuchte ich etwas von mir zu geben, doch ohne dass ich den Satz auch nur zu Ende gedacht hatte, nutzte Adrian meinen Zustand, beugte sich vor, zog mir den Slip von den Beinen und glitt mit einem Finger über meinen Eingang, der verdammt hart nach ihm verlangte. Wow, wer hätte es erwartet? Ich konnte nichts dagegen tun. Während mein Kopf schrie, ich sollte mich von dem Bastard fernhalten und, wie man es als normale Person tun würde, aufstehen, abhauen und ihn ignorieren. Aber mein Körper hingegen gab sich allem völlig genüsslich hin, konnte sich nicht rühren und bebte unter Adrians Fingern. „…und das ist noch nicht alles! Auch, wenn es gerade eng ist, das MUSST du dir noch anhören, jetzt wird es nämlich erst spannend denn…“ Anastasiya laberte, laberte und laberte. Und dachte nicht ans aufhören. Ich hingegen hörte ihre Stimme nicht mal mehr, versuchte so gut es ging mein Stöhnen zu unterdrücken. „Ach. Hmmmmhmmmmmmm. AAAAHHH, ist das so?“, war alles, was ich noch sagen konnte, damit sie wenigstens dachte ich wäre aufmerksam, obwohl einige meiner Wörter nur aus dem Gekeuche improvisiert waren. Adrian fuhr mit dem Finger immer wieder über meine empfindlichste Stelle, drückte fester, wurde schneller. Bald würde ich einfach auflegen, da die Situation brenzlig wurde. Ohne jede Vorwarnung – ha, warum sollte er mich auch vorwarnen – hievte er mich hoch, und gerade als ich nach kurzer Zeit seine Eichel an meiner Mitte spürte, drang er schon in mich ein und ließ mich kurz aufschreien, aus Überraschung und Lust. Der ‚liebe’ Adrian bekam seine Shorts schneller ausgezogen, als jeder andere Kerl mit dem ich je ins Bett gesprungen war. Ich schlug mir eine Hand vor den Mund, atmete tiefer, unregelmäßiger und kämpfte mit mir selbst, um mindestens noch verständliche Wörter herausbringen zu können. „A-Anasta… hmmmm… ich, äh… OH GOTT!“, stammelte ich, Adrian hatte keine Hemmungen dabei sein Tempo zu verschnellen, sich bei jedem Stoß fast völlig aus mir zurückzuziehen, um mich dann wieder auf sich hinabsausen zu lassen. „Wir reden später, okay?!“, keuchte ich in den Hörer, legte auf und schmiss das Handy ans andere Ende von der Couch. „DU HURENSOHN!“, schrie ich, Adrian beantwortete das mit einer Mischung aus Stöhnen und hämischem Lachen. Er wurde immer schneller, und diesmal hörte er nicht kurz vor meinem Höhepunkt auf. Ich stöhnte laut, musste alles, was ich eben noch zurückgehalten hatte rauslassen, und wurde umso lauter als Adrian mit dem Mittelfinger meinen Kitzler stimulierte. Ja, er machte mir mein Leben noch schwerer als ich gedacht hatte. Kapitel 41: Adrian ------------------ Mittlerweile war es schon mehr als drei Wochen her, dass ich mit Kae gesprochen hatte. Nachdem sie in der Orga ihre Kurse gewählt hatte, sah ich sie höchstens nur noch schlafend. Sonst ließ sie sich tagsüber nicht blicken, egal welcher Wochentag es war. Nicht mal am Wochenende hielt sie sich in der Wohnung auf, wo genau sie stattdessen war konnte ich mir aber auch nicht ausmalen. Ob sie wohl jeden Tag in den Hauptsitz ging? So waren die Tage verstrichen, während ich mir nebenher noch ein paar heiße Nummern gegönnt hatte. Doch mich verunsicherte, dass sich der ganze Sex plötzlich anders anfühlte. Es war nicht das Gleiche wie sonst, jedes Mal hatte ich eine Spur Unbehagen in mir bemerkt. Und auch wenn ich Kae nicht mehr so oft sah – sie hatte sich unglaublich tief in meinem Kopf festgesetzt. Egal was ich versuchte, ich konnte meine Gedanken nicht von ihr losreißen. Das kam mir so kitschig vor, dass ich es nicht mal wahrhaben wollte. Ich zuckte zusammen. Ein lautes Türknallen hatte mich unsanft aus dem Schlaf gerissen. In der Wohnung war es halbdunkel, aber es war genug Helligkeit vorhanden um grobe Umrisse zu erkennen. Ich setzte mich auf, rieb mir die Augen und versuchte zu erkennen, ob jemand in die Wohnung hereingekommen oder aus ihr herausgegangen war; die Frage beantwortete sich schnell, als ich ein röchelndes, nach Luft ringendes Wesen am Boden liegen sah. „Oh, Fuck, doch nicht schon wieder?“, fluchte ich leise und sprang aus dem Bett, um mich zu der kläglichen Gestalt zu begeben. „Wie kriegst du es hin, dich sooft nieder prügeln zu lassen?“, murmelte ich und ging in die Hocke. „Ich hatte zwar gehofft, dich im Wachzustand noch mal zu erleben, so allerdings nicht, Kae.“ Sie lag mit dem Rücken auf dem Boden, ihre Brust hob und senkte sich schnell. Sie atmete schwer, als würde jede ihrer Bewegungen schmerzen. „Kannst du reden?“, fragte ich sie und legte behutsam eine Hand an ihr Gesicht, um es zu mir zu drehen. Sie deutete ein Kopfschütteln an, kniff die Augen zusammen und biss sich auf die Unterlippe. Sie brauchte mein Blut, erneut. Was sollte ich tun? Ich konnte sie auf keinen Fall einfach so da liegen lassen, und ihr dabei zusehen, wie sie langsam starb. Also entschloss ich mich dazu, ihr meinen Hals zum dritten Mal anzubieten. Was hatte ich noch groß zu verlieren? Ich dachte schon pausenlos an sie. „Ich muss dich aber aufrichten, okay?“ Das war wieder einer dieser Momente, in denen nichts zwischen uns stand. Kein Streit, keine Vorurteile, keine Spannung, sei es sexuelle oder gereizte. Kae war auf mich angewiesen. Vorsichtig schob ich meine Arme unter ihren Rücken und hob sie an, damit sie an meine Halsschlagader kam. Vor Schmerzen stöhnte sie auf, dass es mir fast selbst wehtat. Ohne weitere Worte oder Zögern klammerte sie sich an meinem Nacken fest, stach mit ihren spitzen Eckzähnen in mein Fleisch und löste wieder ein Gefühl ihrer Nähe aus, dass ich in diesem Moment vollends auskostete. Wochenlang hatte ich auf sie verzichten müssen, auf ihre Stimme, Berührungen und zugegeben, ihre sarkastische Art hatte ich auch vermisst. Genauso wie ihre Widerstandsleistungen, wenn ich mich an sie herangemacht hatte. Ein Großteil der Frauen, mit denen ich zutun hatte, schmissen sich mir geradewegs an den Hals. Es machte mir Spaß, Kae zu erobern, sie zu necken und am Ende doch zu meinem zu machen. Allmählich wurde mir etwas mulmig bei den Gedanken. Ich war, was tiefere Gefühle betraf, nicht gerade bewandert. Aber was ich über Kae dachte, was ich fühlte, wenn ich bei ihr war… Wie tief waren diese Gefühle? Sie entfernte ihre Zähne von mir, ließ die Hände jedoch in meinem Nacken, wo sie auch noch länger hätten bleiben können. Das spärliche Licht verbot es, viel zu erkennen. Dennoch sah ich Kaes Augen, wie sie förmlich glitzerten. Wie der Mond in ihre Haare schien, und sie silbern glänzen ließen. Moment, silbern? Kae hatte doch normalerweise rote Haare? „Kae? Deine…“, begann ich auf ihre Frisur deutend, doch sie legte ihren Finger auf meine Lippen. „Erklär ich dir später“, flüsterte sie, und nahm den Finger wieder herunter. Sie setzte sich ein bisschen weiter auf, sodass unsere Gesichter auf etwa gleicher Höhe waren, und drückte mir einen hauchzarten Kuss auf den Mund. Ein einfacher Kuss, ohne große Knutscherei? War das zwischen uns schon geschehen? „Wenn du mich noch einmal entschuldigen würdest, ich habe etwas zu erledigen“, sagte sie leise und stemmte sich nach oben, stellte sich auf die Beine. „Oh nein. Ich werde dich erstmal nicht wieder entschuldigen, Madame.“ Kae wollte gerade wieder aus der Tür spazieren, doch ich stellte mich ihr in den Weg. „Einfach vorbeikommen, von mir naschen und dann wieder abhauen, nachdem du drei Wochen lang nicht mit mir geredet hast? Süße, ich bin ja für einiges zu haben, aber für so billig lass ich mich nicht verkaufen“, stellte ich klar und sah Kae durchdringend an. „Äh, nur…“, stammelte sie und rang die Hände, guckte auf den Boden als wäre es ihr peinlich. „Was erwartest du denn?“, presste sie hervor. Was sie erwartete, konnte ich mir denken. Sie dachte, ich wollte Sex, doch mir stand nicht danach. „Bleib hier, erhol dich. Und erklär mir, warum du so oft und lange weg warst“, befahl ich und tastete mit einer Hand nach dem Lichtschalter hinter mir, bis ich ihn fand und betätigte. Die Beleuchtung ging an und tatsächlich, Kaes Haare waren komplett silbergrau. Ebenfalls trug sie andere Kleidung als sonst, nicht die weiten Shirts oder Skinnyjeans wie immer. Ein rotes Kleid, mit Schnüren an der Vorderseite, einem berüschten Rock, weißen Schleifen sowie schwarzer Spitze verziert umspielte ihren Körper, als wäre es für sie maßgeschneidert worden. Es hatte jedoch Risse, Löcher, Abwetzungen und einige versengte Stellen. Sie hatte anscheinend einen Kampf hinter sich. „Zuletzt erklärst du mir dann diesen Aufzug“, fügte ich zu meinen Forderungen hinzu, nickte in Richtung ihres Kleids und studierte jeden Zentimeter ihres Körpers. Ihre Füße waren nackt und wund, an ihrem Gesicht klebte getrocknetes Blut, sie hatte Schrammen an Armen und Beinen. Außerdem sah ich noch etwas: sie war geschminkt, dunkel um die Augen, ein bisschen verwischt. Dessen ungeachtet war es das erste Mal, dass ich sie geschminkt sah. „Ist eine längere Geschichte“, brummte sie und pfriemelte an ihrem Rocksaum herum. Alles in allem sah das Kleid verdammt teuer aus, und ich fragte mich, wo sie das Teil her hatte. „Nur zu. Ich hab Zeit.“ Kapitel 42: Kae --------------- „Ich kann es dir nicht erklären“, stellte ich fest. Adrian neigte den Kopf. „Was genau?“ „Alles.“ Es war unmöglich, ihm irgendetwas zu erklären. Weder warum ich weg war, noch warum ich jetzt so vor ihm stand. Er lehnte mit dem Rücken an der Tür, beäugte mich eingängig und voller Skepsis. Mich wunderte aber, dass so viele unserer Gespräche bisher stattgefunden haben, während er halbnackt war. Genau wie in diesem Moment, war er nur mit einer Boxershorts bekleidet, die ihm auf der Hüfte hing und die Haare sichtbar machten, die direkt unterhalb seines Bauchnabels anfingen. Wie so häufig hätte ich mich bei diesem Anblick verlieren können, doch ich musste mich beherrschen. Ich hatte mich x-fach daran erinnern müssen, was Adrian für eine eklige Person war. Was er mit Frauen anstellte, um seine Befriedigung zu bekommen, in jeder Hinsicht. „Lass mich durch, oder du wirst dir wünschen da nie gestanden zu haben“, zischte ich. Er lachte spöttisch, nahm mich nicht Ernst. „Sagt mir das kleine Mädchen, das mich nicht mal wegschubsen kann?“ Die Wut. Diese Wut, die immer aufkam, wenn er mich reizte. Wochenlang war ich ihm aus dem Weg gegangen, konnte ihn aber doch nicht aus meinem Gedankenkreis verbannen. Öfter und öfter hatte er sich in meinen Kopf geschmuggelt, je länger ich von ihm weggeblieben war. Doch was hätte ich getan, wenn ich ihn gesehen hätte? Und nun stand ich vor ihm, nach den Wochen, die mir wie Jahre vorgekommen waren. Kaum hatte ich ihn einmal um Hilfe gebeten, weckte er die gleiche Wut wie sonst in mir. Aber sie hatte sich intensiviert. Diesmal war es keine Wut, die man einfach so wegschieben oder unterdrücken konnte. Diese Wut… Ich biss mir auf die Lippe, versuchte, es zu verhindern. Doch es funktionierte nicht. Im nächsten Wimpernschlag sähe Adrian mich an, und würde mich sehen. Nicht das menschliche Mich. Doch er blieb ruhig. Er sah mir weiter ins Gesicht. „Aswang“, flüsterte er. Das war ich. Ein Aswang. Silberne Haare, dunkelrote Iris, vier messerscharfe Fangzähne, bleiche Haut und eine Kraft, die man sich kaum vorstellen könnte. „So habe ich dich, ohne Scheiß, noch nie gesehen“, lachte er leise. Es interessierte ihn gar nicht. Er scherte sich nicht darum wer oder was ich war. Aber das war egal, ich musste an ihm vorbei. „Lass mich raus“, wiederholte ich mit gebleckten Zähnen. „Tu was du willst…“, schnaubte Adrian. „…aber unterschätze mich ja nicht.“ War das eine Herausforderung? In seinem Ton hatte Abscheu gesteckt. Abscheu, die mich erschaudern ließ und mich berührte. Würde wieder die Angst kommen, die Angst, verletzt zu werden? Oder war ich schon verletzt, und ich bekam Angst, nicht mehr zu heilen? Ich kam nicht mehr klar. Adrian hatte mich und mein Weltbild durcheinander gebracht. „Gut“, lächelte ich kampflustig und ging ein paar Schritte auf ihn zu. „Aber das hier wird jetzt ein bisschen härter als das, was du in der Hose hast.“ Kapitel 43: Kae --------------- Vor drei Wochen… „Also, mal ehrlich: was war da eigentlich bei dir los, als ich angerufen habe?“ Anastasiya durchbohrte mich mit ihrem fragenden Blick. „Ach, du, das, äh…“ Ich suchte panisch nach einer Ausrede, da ich ihr im Leben nicht gesagt hätte, was zwischen Adrian und mir lief. Vor allem hätte ich ihr nie gesagt was passiert war, als sie in der Leitung gehangen hatte. Nur fiel mir leider keine passende Ausrede ein, egal wie lange ich nachdachte. „Das ist glaube ich nicht so wichtig. War eben einfach… ein schlechter Zeitpunkt“, erklärte ich wahrheitsgemäß und lächelte. Vor ein paar Tagen hatte ich mich aus Adrians Wohnung geschlichen und kam höchstens nachts wieder, um zu schlafen. Ich wollte Adrian nicht mehr sehen, ich hatte zu sehr Angst, mehr Gefühle für ihn zu entwickeln. Es war gefährlich. Wenn ich ihm aus dem Weg ging, würde sich alles schon wieder mäßigen. Das hatte ich mir immer gesagt, doch bisher hatte sich nicht viel gebessert. Es war sogar noch schlimmer als vorher, ich musste immerzu an Adrian denken. An seinen wunderbaren Körper, wie gut er sich anfühlte. Und seine Art, mich zu ärgern. Es war schon irgendwie etwas besonderes, dass er mich nicht gleich nach dem ersten Sex fallen gelassen hatte. Doch… Ich hatte mich zu fangen. Wenn ich mich auf ihn einließ, auf die Gefühle, die ich für ihn empfand, würde es schlechte Folgen haben. Also musste ich ihm weiter aus dem Weg gehen, bis ich ihn endlich vergaß. „Ja, schon klar, Süße. Ich weiß genau, dass du am Telefon Sex hattest“, lachte An und schob sich auf ihrem Kantinenstuhl zurecht, während sie ihr Essen verschlang. Verdutzt sah ich sie an, vielleicht auch verwundert, oder verschämt. „Fragt sich nur… mit wem?“ An grinste und schaufelte mit ihrer Gabel ein paar Nudeln in ihren Mund. Es war niedlich, ihr zuzusehen, weil sie aß wie ein Kleinkind. Und vor allem aß sie so viel wie ein Kleinkind. „Mit wem…“, murmelte ich und blickte den weißen Tisch an, an dem wir saßen. Ich betete, dass An nicht herausfinden würde, mit wem ich es wirklich getrieben hatte. Wenn sie wüsste, dass ich mich Adrian hingegeben hatte… Vielleicht würde es dann ja bald die ganze Haupteinheit wissen? Ich wollte gar nicht daran denken. „Oh, ich weiß es! Du sahst mit diesem Ethan so vertraut aus, war er es?“, schmatzte An aufgeregt durch ihre Nudeln. Ich hob den Kopf. „Ja! Ja, genau der! Ethan!“ Ethan, er war meine Rettung. Im Gegensatz zu Adrian hätte ich ja lieber mit ihm zusammengewohnt, hätte ich es mir aussuchen können. Wobei, Adrian… Auf irgendeine Weise hatte ich das Gefühl, er wollte ein wenig mehr als nur meinen Körper. Es wäre zwar undenkbar gewesen aber trotzdem, wenn ich mich nicht irrte, hatte ich da ein kleines bisschen vernommen. Ach, Quatsch. Adrian und Gefühle, dann auch noch bei mir? Nicht in tausend Jahren. „Uh, Ethan. Ja, der heiße Ethan. Solche Kerle hätte ich auch gerne mal im Bett aber… dafür bin ich wohl nicht sexy genug“, seufzte Anastasiya, auch wenn sie es nicht ganz ernst meinte. „Mach dir darüber mal keine Sorgen.“ Ich setzte meinen Eistee, an dem ich eben noch getrunken hatte, auf dem Tisch ab. „Auch wenn ich Männer wie Ethan im Bett habe, wirst du etwas viel Besseres bekommen können“, versicherte ich. Argwohn breitete sich auf Ans Gesicht aus. „Was meinst du? Bist du sicher, heißere Typen als Ethan wollen mich vögeln?“, maulte sie und legte ihre Plastikgabel auf den Teller, der schon fast leer gegessen war. Ich lächelte. „Nein. Das meine ich nicht.“ Noch mehr Argwohn füllte ihren Gesichtsausdruck, doch bevor sie etwas sagen konnte fasste ich das Wort. „Du kannst Liebe bekommen, Anastasiya. Sex ist nichts dagegen.“ Ein kurzes Schweigen folgte. „Liebe?“, wiederholte sie, als verstehe sie es nicht ganz. „An. Du bist ein schönes, süßes, nettes Mädchen mit großem Herz. Selbst wenn du keinen Kerl wie Ethan kriegst – du wirst einen Besseren bekommen, der dir etwas Besseres geben kann. Aber ich… werde gehasst. Von vielen, da bist du ein Ausnahmefall. Kein Mann wird sich entsinnen, für mich zu fühlen, weil ich verdreckt bin. Hast du das nie gelernt?“, sagte ich und griff wieder nach meinem Eistee, doch An nahm riss ihn mir aus der Hand. „So etwas Dämliches habe ich doch noch nie gehört! Du bist großartig, Kae! Ich bewundere dich, echt. Du bist stark, charakteristisch und körperlich. Außerdem hast du ein genauso großes Herz, das weiß ich! Du bist hübsch, intelligent, talentiert. Ist das nicht genug?“ Kopfschüttelnd blickte ich in ihre großen, hellblauen Augen, die sie weit aufgerissen hatte. „Du verstehst es nicht. Den anderen ist es egal, was ich bin. Ich habe verschmutztes Blut, und daran lässt sich nichts ändern. Das kann keine Charaktereigenschaft wieder gut machen.“ Betrübt drückte sie mir den Becher zurück in die Hand. „Das ist doch sinnlos. Warum sind die alle so?“, fragte sie, wahrscheinlich sich selbst. Ich zuckte mit den Achseln. „Das ist die Gesellschaft. So, wie die Schönheitsideale Untergewichtige oder Anabolika-Muskelprotze sind, ist verdrecktes Blut eine Sünde. An, alles davon ist sinnlos. Aber niemand macht sich Gedanken darum, weil es feststeht.“ Kapitel 44: Kae --------------- Vor zwei Wochen…   Schon wieder eine Nachricht vom Chef, ich sollte in sein Büro kommen. Nur würde es schwieriger werden ihm gegenüberzutreten, da ich bei der Mission in seine Akte gespäht hatte. Tief ein- und ausgeatmet, klopfte ich gegen die Tür, hinter der sich der Chef, genau genommen Brendon Karlsen, befand. Die Tür öffnete sich, die bekannte Gestalt trat vor mich. „Komm rein, Kae“, befahl er monoton und schloss hinter mir die Tür. Ich setzte mich auf die Sitzgelegenheit, auf der ich bis jetzt immer gesessen hatte, sowohl am Tag meiner Ankunft, zusammen mit Adrian, als auch mit An, am Tag meiner ersten Mission. „Ich mach’s kurz. Du weißt, wer ich bin. Und du weißt, was ich vorhabe, stimmt’s?“ Ich musste mich sammeln. Was hatte er da gerade gesagt? „Bitte?“ Karlsen rollte mit den Augen, lehnte sich auf seinem Sessel zurück. „Du weißt genau was ich meine. Ich kenne dich, und ich habe dich nicht umsonst genau diese Akten holen lassen. Also, noch mal von vorne. Du brauchst nichts zu verheimlichen. Wer bin ich?“, fragte er einschneidend, seine Augen formten sich zu Schlitzen. Ich hielt den Atem an. „Sie… Ihr Name ist... B-…Brendon  Karlsen. Sie sind 738 Jahre alt und ein Strigoi“, stammelte ich. Seine verengten Augen öffneten sich wieder. „Du weißt, was Strigoi sind?“ Ich nickte. „Ja. Strigoi sind Abarten der Vampire. Sie sind selten und hoch angesehen, aufgrund ihrer überragenden Fähigkeiten und ihres besonderen Bluts“, erläuterte ich und rang mit den Händen, sah auf den Boden. Karlsen lachte kalt. „Ich erzähle dir mal eine Geschichte. Vor langer Zeit…“, er schnappte sich eine Tasse seines altbekannten Kaffeegesöffs. „…gab es fünf Männer. Diese Männer waren gut miteinander befreundet.“ Ich kam mir ein bisschen so vor wie ein Kind, dem man eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas. „Aber sie hatten Feinde. Viele Feinde. Mächtige Feinde. Die Männer bildeten eine Gruppe, sie nannten sich die…“ Verheißungsvoll sah mir Karlsen ins Gesicht. „… Red V. ‚V’, das kommt von der römischen Zahl für fünf. Und ‚Red’ war eins ihrer Markenzeichen. Sie trugen rote Mützen, wann immer sie sich zusammen Gegnern stellten. Eines schönen Tages fingen sie einen besonders großen Streit mit einem Duo an. Beide hatten sie blaue Haare, bloß irgendwelche Streitsuchende, wie die Red V dachten. Doch es waren nicht einfach Streitsuchende. Es waren Dämonen, genau wie sie. Die Red V hatten sich ganzen Mafiagruppen gestellt, allerdings bestanden die aus Menschen, welche keine Gegner für Dämonen wie die Red V waren. Das Duo war genauso stark wie die Red V zusammen, der Kampf ging nicht zu Ende. Sie waren alle auf ein und derselben Wellenlänge. So nannte sich das Duo ‚Ao’, zu japanisch: ‚blau’. Dank der blauen Haare. Sie kämpften und kämpften, es gab keinen Gewinner. Doch die Kämpfe arteten aus, es kam zu Hausüberfällen und Ähnlichem. Also wuchsen beide Gruppen. Aus den Red V wurden die Red V’s, aus den Ao wurden die Ao’s. Es begann ein Krieg. Und heute, ewige Zeit später, bekriegen sich zwei unfassbar mächtige Organisationen. Ich stehe an der Spitze der einen. Und nun, es ist ein Krieg. Die Ao’s wissen von meinem verwundbaren Tag, und sie werden keine Möglichkeit auslassen, mich zu töten und die Red V’s zum fallen zu bringen. Und hier wirst du ein Teil dieser Geschichte.“ Ich wollte ehrlich gesagt kein Teil der Geschichte werden. „Hast du jemals darüber nachgedacht, was Strigoi und Aswang voneinander unterscheiden?“, fragte Karlsen mich und faltete die Hände. Ich schüttelte den Kopf. „Nichts außer den Vorbehalten!“, rief er und lachte voller Abscheu. „Die Strigoi sind, genau wie die Aswang, durch eine Blutvermischung entstanden. Aswang sind genauso selten, und ebenso stark wie Strigoi! Aber die Welt braucht einfach Leute, auf die sie spucken kann!“, fluchte er, mit einem kalten, hasserfüllten Lächeln. „Auf was wollen sie hinaus?“, zischte ich argwöhnisch. Es war schon fast Angst einflößend, wie er so über die Aswang und Strigoi sprach. „Du wirst mir helfen, nicht zu sterben. Du bist mächtig, stark und talentiert. Du bist würdig“, flüsterte er mit aufgerissenen Augen, die auf  meine fixiert waren. „Das stimmt nicht… ich kann noch nicht mal Adrian von mir wegschubsen!“, platzte es aus mir heraus, woraufhin Karlsen nur freundlich lächelte, nicht mehr so an den Wahnsinn grenzend, wie bisher. „Deine menschliche Seite kann sich nicht gegen ihn wehren. Aber hast du jemals gegen ihn gekämpft, im verwandelten Zustand?“ Nein. Das hatte ich nicht. Ich konnte es auch nicht. Ich hatte zu Adrian mittlerweile starke Gefühle entwickelt, das konnte ich nicht leugnen. Aber es war keine Zeit da, um über Adrian nachzudenken. Ich hatte andere Probleme. „Wie soll ich ihnen helfen, nicht zu sterben?“ Stille folgte. Dann lehnte sich Karlsen zu mir heran, hob die Augenbrauen. „Bleib den ganzen Tag lang an meiner Seite“, sagte er leise. „Und… wann ist der Tag?“, wollte ich wissen und kaute nervös auf meiner Lippe herum. „Das wirst du noch erfahren.“   Vor einer Woche…   Die Richtung, die mein Leben eingenommen hatte, gefiel mir irgendwie gar nicht. Ich bekam täglich privates Training von Karlsen selbst, und nicht eine einzige Information zu dem Tag. In der Akte hatte gestanden, er wolle mich ausnutzen. Bis zum Tod. Wusste er das nicht? Er musste doch gewusst haben, was in der Akte stand, wenn er es so genau geplant hatte, mich dorthin zu schicken. Aber ich tat trotzdem was er sagte, denn so war ich aufgewachsen. Es war eine Weise zu leben, die mir nie gefallen hatte. Auf Leute, die über einem standen, musste man hören. Ich hatte es gehasst, Leuten zu gehorchen. Doch ich hatte keine andere Möglichkeit gehabt, ich konnte mich nicht auflehnen. Die Gesellschaft hätte mich nie ernst genommen, das wusste ich. Doch jetzt war es an der Zeit, wenigstens einer Person davon zu erzählen. Von Karlsen. Von dem Tag. Und von allem, was mich vielleicht das Leben kosten würde. Denn ich merkte, dass sich etwas an meinem Leben geändert hatte, seit ich in die Haupteinheit gekommen war. Es gab Menschen, die sich für mich interessierten. Es hatte lange gedauert, doch ich merkte es endlich. Ich war nicht mehr allein.   Ich drückte auf die Klingel. Ich wartete, bis eine Stimme aus dem Lautsprecher ertönte. „Wer ist da?“ Ich lächelte sanft, als ich ihre Stimme hörte. „Hi, Anastasiya. Hier ist Kae“ „Kae! Warte, ich mach die Tür auf.“ Ein Summen, dann ließ sich die verdreckte Haustür, die anscheinend mal weiß war, öffnen. Als ich ins Treppenhaus trat, eröffnete sich mir ein üblicher Treppenhausgeruch. Es wunderte mich schon, dass so viele Treppenhäuser gleich rochen. Zugegeben, ich mochte Treppenhausgerüche. Warum das so war wusste ich nicht, aber ich mochte auch den Geruch von Benzin oder manchen Kellern. Das waren solche Kellergerüche, ähnlich wie bei den Treppenhäusern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)