24 Nights - Adventskalender von Daelis (Diabolik Lovers x Reader) ================================================================================ Kapitel 5: Fünfte Nacht: Ruki ----------------------------- Es war ein Gefühl, das dich weckte. Ein unangenehmes Gefühl. Als beobachte dich jemand oder etwas aus der Dunkelheit heraus. Missgünstige Augen in der Finsternis. Gefährlich und lauernd. Ein Adrenalinschub zog sich durch deine Blutbahnen und mit einem Male warst du wach. Ein Alptraum. Zumindest sagtest du dir das. Alles war nur ein Alptraum. Du warst zuhause, in deinem Bett und unten in der Küche würden gleich deine Eltern ihren üblichen Morgenplausch halten, der sich um Betty Fannings neue Haarfarbe und die rosa Shorts des Nachbarn drehen würde. Belangloses Zeug. Es würde sein wie immer. Keine Mukamis, keine Vampire. Einfach nur der schlichte, schnöde und langweilige Alltag. Obwohl du das glaubtest – oder zumindest glauben wolltest – wagtest du nicht die Augen zu öffnen, um dich davon zu überzeugen. Etwas warmes, weiches streifte deine Wange, strich darüber, beinahe tastend. Mit der Berührung kamen auch die Erinnerungen. Deine Ankunft bei den Mukami-Brüdern. Kous Freundlichkeit, die er gleich einer Maske fallen ließ, um sie nachdem er dich gebissen hatte, wieder aufzusetzen. Yumas Erklärungen und finstere Blicke. Mesubuta. Das warst du für ihn und seine Brüder. Dann Azusa, der sich selbst verletzte und höflich war, doch dessen Sinn von richtig und falsch so verdreht war, dass er glaubte, dir Gutes zu tun, wenn er von dir trank, weil er dich ja brauche. Ein eisiges Schaudern überkam dich. Es war Azusas leise Stimme, die an dein Ohr drang. Wie schon zuvor, sprach er langsam. „Guten Morgen.“ Du zögertest. Eigentlich wolltest du ihn nicht ansehen, doch davon, dass du nicht hinsahst, würde er wohl kaum verschwinden und im Fragefall schien es dir sicherer, zu wissen, wann er die Klinge gegen dich richtete. Blinzelnd schlugst du die Augen auf. Azusa sag neben dir, dir zugewandt und lächelte. Du konntest seine Reißzähne aufblitzen sehen. Instinktiv griffst du dir an die Schulter, die, in die er dich gebissen hatte und die ihm zugewandt lag. „Meinst du“, begann er ohne erkennbare Veränderung in seinem Ausdruck, „dass eine Narbe bleiben wird?“ Seine Frage schien nicht boshaft gemeint, vielmehr wohlwollend und erinnerte dich daran, wie verworren seine Vorstellungen von richtig und falsch zu sein schienen. „Vielleicht“, antwortetest du ausweichend. Er lächelte lediglich und fuhr fort. „Es wäre eine Erinnerung, ein Freund. Weil dich jemand hier haben will. Ist das nicht wundervoll?“ Seine Stimme war beinahe ein Flüstern, doch du verstandest jedes Wort und jedes einzelne ließ dich erschaudern. „Ich brauche keine Narben und ich habe Freunde“, gabst du zurück und hofftest, damit nichts zu sagen, was in diesem seltsamen Jungen einen Schalter umlegte und ihn seine Freundlichkeit vergessen ließ. „Ich weiß auch so, dass sie mich bei sich haben wollen.“ Offenbar hattest du etwas gesagt, das ihn tief berührte, denn er sah dich unverwandt an und nicht länger deine Schulter. „Ist das so?“, fragte Azusa gedehnt. „Dann musst du sehr glücklich sein.“ Wieder lächelte er und sah dich nun schon fast erwartungsvoll an. „Füge mir eine Narbe zu.“ Er hätte dich nicht mehr überraschen können. Du japstest nach Luft. „Was?“ Deine Augen waren geweitet und dein Mund stand überrascht offen. Azusa lächelte, als hättest du ihm eben Bonbons angeboten. „I-ich soll was tun?“ Seine Lippen näherten sich dir und er flüsterte nun schon beinahe manisch. „Verletz mich. Bestrafe mich.“ Erschrocken richtetest du dich auf und sahst zu Azusa hinab. „Nein!“ In deiner Stimme mischten sich Schrecken und Empörung. „Warum sollte ich so etwas tun? U-und du solltest das auch nicht wollen, Azusa.“ Du warst dir nicht sicher, ob du Azusa mit deinen Worten verletzt hattest oder aber, ob er einfach nur enttäuscht war. In jedem Falle sah er ein wenig unglücklich drein und seufzte leise. „Du wirst...“, wisperte er lediglich noch, ehe er sich erhob und ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ. Er war bereits angezogen, wie dir nun auffiel. Wahrscheinlich war er schon eine ganze Weile wach und hatte dich womöglich beim Schlafen beobachtet. Allein die Vorstellung genügte schon, um dir wieder einen eisigen Schauer über den Rücken zu jagen. Azusas Art war so ganz anders als die seiner Brüder, aber sie gruselte dich beinahe noch mehr. Er war so seltsam selbstzerstörerisch. Höchste Zeit, dass du hier herauskamst. Ohnehin: Hätte dieser ominöse Wasserschaden – mal vorausgesetzt, es gab ihn überhaupt – nicht längst behoben sein müssen? So langsam kamen dir Zweifel, ob es überhaupt je einen Schaden gegeben hatte, oder ob das alles nur ein Spiel dieser Vampire war, um es sich einfacher zu machen, an dein Blut zu kommen. Entschieden, herauszufinden, ob sie dich vereimert hatten, standest du auch auf und zogst dich an. Das Gästezimmer war doch sicherlich jenes am Ende des Flures, wenn du dich nicht irrtest. Du drücktest die Türklinke herunter. Verschlossen. Soviel dazu. Vielleicht konntest du jedoch zumindest einen Blick durch das Schlüsselloch erhaschen. Neugierig sahst du hindurch, nur um zu sehen, dass du eben nichts sahst, war es auf der anderen Seite der Tür doch einfach zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen. Mit einem Seufzer auf den Lippen gabst du dich geschlagen und folgtest statt deiner Neugier, die nun vor verschlossener Tür stand, deinem Magen gen Küche. Als du eintratest, konntest du sehen, dass jemand vor dem offenen Kühlschrank stand, doch dessen Tür versperrte dir noch die Sicht. „Guten Morgen“, wünschtest du, um dich anzukündigen. Wer wusste schon zu sagen, wie einer der Brüder reagierte, wenn du dich an ihn anschlichst? Die Tür des Kühlschrankes fiel mit einem dumpfen Geräusch zu und offenbarte die, wer hier stand: Ruki. „Guten Morgen“, entgegnete er in streng anmutendem Tonfall. Ehe du wieder etwas sagen konntest, sprach er schon weiter. „Heute wirst du bei mir bleiben. Wir haben etwas recht Dringliches zu klären.“ Du hobst eine Augenbraue. Ach? Auf einmal war es wichtig? Deiner unmaßgeblichen Meinung nach, hättet ihr schon am ersten, aber spätestens am zweiten Tag nach Kous Angriff etwas 'Dringliches' klaren soll. Doch da hatte Ruki keinen Finger gerührt und du hattest Yuma ausgequetscht, der dir zumindest das Wichtigste kurz erklärt hatte. Eine entsprechende ironische Bemerkung verkniffst du dir dennoch, denn nach allem, was du mit seinen Brüdern erlebt hattest, trautest du Ruki in etwa so weit, wie du ihn werfen konntest und das wäre nicht allzu weit. „Aha...“, gabst du also nur leise von dir. Ruki blieb völlig ungerührt. „Setz dich.“ Es klang schon fast eher wie ein Befehl als eine Aufforderung. Soviel zum Frühstück. Dein Magen knurrte verhalten, als du dir einen Stuhl zurück zogst, um dich zu setzen. Ruki nahm dir gegenüber Platz, jedoch nicht, ehe er den Tisch für dich gedeckt hatte. „Iss. Ich werde reden. Unterbrich mich nicht unnötig.“ Du griffst nach einer Scheibe Brot und erspartest dir ein Nicken. Was dachte der sich eigentlich, wie er hier mit dir sprach? Mutti Ruki war wohl nur seinen Brüdern gegenüber von Muttergefühlen überwältigt. Für dich galt es offenkundig nicht. „Deine Eltern haben selbstverständlich keine Ahnung, dass wir Vampire sind und ich – nein, wir erwarten, dass du darüber Stillschweigen bewahrst. Mal abgesehen davon“, sprach er nun schon mit spöttischem Unterton weiter und lächelte dich herablassend an, „würden sie dir ohnehin nicht glauben.“ Leider hatte er da einen Punkt. Sie würden kein Wort glauben. Eher noch würden sie dir unterstellen, dich irgendwo herumgetrieben zu haben und dort von einem Freak gebissen worden zu sein. Ihre erste Sorge wäre wohl die Tetanusimpfung, nicht ob du von einem echten Vampir angefallen worden warst. „Doch das ist nicht der Punkt, über den ich eigentlich sprechen wollte.“ Überrascht hobst du die Augenbraue. „Ach nein?“, rutschte es dir heraus. Vor Schreck, es wirklich in dem ironischen Tonfall gesagt zu haben, in dem du es gedacht hattest, verschlucktest du dich. Erst nach kurzem Würgen und Husten, bekamst du wieder Luft. Ruki sah dich nur unbewegt an. „Nein“, gab er zurück. „Es gibt da noch etwas Dringenderes.“ Nun entwich dem Dunkelhaarigen der Atem und er seufzte. „Solange du hier bist, wirst du das Haus nicht mehr verlassen. Außerdem wirst du uns von dir trinken lassen – in begrenztem Maße. Im Gegenzuge versprechen wir dir, dich zu beschützen und nicht so viel zu trinken, dass du das Bewusstsein verlierst.“ Abwartend sah er dich an. Offenbar war das nicht nur eine bloße Forderung, sondern er erwartete tatsächlich in irgendeiner Form deine Zustimmung. Du schwiegst eine Weile. Deine Gedanken kreisten. Bisher waren die Mukamis nach ihrem Gutdünken mit dir verfahren und hatten für dich entschieden, dass dich zu beißen in Ordnung wäre. Nun jedoch hatte sich wohl irgendetwas verändert. Die Frage war nur: Was? Wenn sie es wirklich wollten, konnten sie dich auch einfach so beißen. Sie waren ja immerhin viel stärker als du. 'Du darfst nicht sterben' kam es dir in den Sinn. Natürlich nicht, sonst fielen die Brüder ja auf und du konntest dir gut vorstellen, dass sie das nicht so gerne wollten. Da sie aber eigentlich deine Zustimmung nicht brauchten, wieso dann jetzt. Und was dir viel fragwürdiger erschien: Wieso glaubte Ruki, dass sie dich würden beschützen müssten? Deines Wissens nach bedrohte dich niemand und wieso sollte es auch irgendjemand? Offenbar sah man dir deine Zweifel gut an, denn Rukis Mundwinkel zuckten verräterisch, ehe er weitersprach, als absehbar war, dass du nicht antwortetest. „Ich schätze, nun ist der Zeitpunkt, an dem Fragen stellen kannst.“ Er lehnte sich zurück und sah dich abwartend mit ernstem Ausdruck an. Du stelltest keine. Aus Prinzip. Ihm musste doch auch klar sein, dass sein seltsames Angebot recht fadenscheinig klang. Dich vor einer nicht existenten Gefahr beschützen und dafür dein Blut trinken? Hallo? Nein! Es gab keinen vernünftigen Grund, dem zuzustimmen. Immerhin wäre es nicht anderes, als würdest du ihnen direkt anbieten, von dir Blut saugen zu können und daran dachtest du nicht einmal im Traum. Nach einigen Momenten, denen du dich deinen Frühstück widmetest und nicht antwortetest, ergriff der Vampir dann doch wieder das Wort. Ihm war wohl klar geworden, dass er die offensichtliche Frage oder Antwort nicht erhalten würde. Dass er überhaupt wartete, verriet dir allerdings, dass er eben diese brauchte. Warum auch immer, brauchte er deine Zustimmung, dass sie dein Blut trinken durften. Und dieses 'Warum' interessierte dich wirklich. Allerdings schwante dir, dass er das Geheimnis nicht so einfach preisgeben würde. „Ich nehme an, du willst wissen, was dich bedroht und wieso ich deine Zusage erwarte.“ Wieder blieb deinerseits eine Antwort aus. Klar wolltest du das wissen, was denn sonst? Das wunderte ihn doch wohl kaum. Anstatt etwas zu sagen, griffst du nach der zweiten Scheibe Brot und verteiltest Marmelade darauf. Ruki seufzte. „Nun gut. Spielen wir mit offenen Karten. Unser Gönner besteht darauf, dass du keinen ernsthaften Schaden nimmst, verfolgt allerdings durchaus die Absicht, dich als Blutlieferant für uns bereit zu stellen. Nur darum durftest du überhaupt hierher kommen. Wir werden also“, betonte er, „auf jeden Fall dein Blut trinken.“ Es verdarb dir prompt den Appetit. So sah es also aus. Du warst Essen, nicht mehr und nicht weniger. Und obendrein warst du nur hier, weil du als Futter dienen konntest. Du schlucktest hinunter und sahst den Dunkelhaarigen abwartend an. Eine ganze Weile blieb es still zwischen euch, bevor Ruki fortfuhr. „Und wir sind nicht die Einzigen, die auf dein Blut aus sind.“ Nun lächelte er etwas breiter, auf eine beunruhigende Weise, die dir einen eisigen Schauer über den Rücken jagte. „Mir ist nicht bekannt, wie sie von dir erfuhren oder davon, dass du angeblich... so süß schmeckst, doch sie sind hier und werden dich ohne jede Frage aufgreifen, wenn du das Haus ungeschützt verlässt.“ Verwirrung zeichnete deine Züge. Wer waren 'sie' denn nun schon wieder? Angesichts seiner Anspielung auf dein Blut vermutlich Vampire, befandest du, doch wieso sollten sie dich aufgreifen? Die Welt war voll von Menschen, die nicht einmal ahnten, dass es Vampire gab, die niemand vermissen würde, wenn sie verschwänden und diese Idioten wollten sich ausgerechnet um dein Blut prügeln? Das machte für dich einfach keinen Sinn, aber vielleicht wurde man schrullig, wenn man ein Vampir wurde. Da Ruki nun still blieb, stelltest du deine Fragen nun doch. „Und wer sind 'sie'? Haben die nichts Besseres zu tun, als ausgerechnet mich entführen zu wollen?“ „Sakamaki. Es sind Brüder. Reinblütige Vampire, also geborene Vampire, anders als meine Brüder und ich. Und ich schätze, nein, sie haben nichts Besseres zu tun. Allerdings...“ Er hielt inne und sah dich unverwandt an. Sehr aufschlussreich fandest du die Informationen, die er dir damit gab zwar nicht, doch am Ende spielte es wohl kaum eine Rolle. Du warst also ein Spielball von Vampiren, eine Art Zeitvertreib. „Allerdings...“ Der Vampir erhob sich und umrundete den Tisch, um an dich heranzutreten. „Allerdings wüsste ich gerne, ob du wirklich so gut schmeckst, wie ich hörte.“ Sofort sprangst du auf. Dein Brot war vergessen und fiel mit der Marmeladenseite nach unten auf den Teller. Doch ehe du auch nur 'Nein!' rufen konntest, hatte Ruki dich schon am Arm gepackt und zog dein Handgelenk an seine Lippen. Du wolltest zurück stolpern, doch sein Griff war unerbittlich. Schon spürtest du den Biss an deinem Handgelenk und der Schmerz zog sich deinen ganzen Arm hinauf, den Rukis Hand einem Schraubstock gleich umfasste. „Ngh“, verkniffst du dir einen schmerzerfüllten Aufschrei, als Ruki dich biss. Schnell jedoch konntest du spüren, wie er die Lippen hob und nicht länger zubiss, sondern lediglich das Blut ableckte, das aus der Wunde sickerte, die er gerissen hatte. Er hob den Blick seiner blaugrauen Augen und eure Blicke trafen sich. „Wirklich sehr süß“, gab er leise kund und leckte die letzten Tropfen auf, ehe er dich losließ. Eilig zogst du den Arm an dich und konntest auch jetzt noch den Druck seiner Hand spüren, auch wenn es keine sichtbaren Spuren seines Griffes gab. Der Vampir leckte sich über die Lippen. „Bleib im Haus. Wir werden uns um Einkäufe kümmern. Azusa und Yuma werden hier bleiben und dich beschützen. Wir beide... sehen uns heute Abend.“ Kaum hatte er den Satz beendet war er auch schon verschwunden. Einfach so. Von einem Augenblick auf den nächsten. Verwirrt ließ er dich zurück, die du dein Handgelenk umklammertest. Waren Rukis Worte mehr Drohung oder Versprechen gewesen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)