Non nobis, sed nomini tuo da gloriam von _Shiho_ ================================================================================ Kapitel 4: (Naftali) -------------------- Zwei Wochen waren seit der Begegnung mit dem Ritter vergangen. Naftali hatte in der Zwischenzeit sein Möglichstes versucht ihn nicht wieder zu treffen, was ihm auch ganz gut gelungen war. Trotzdem konnte er nicht aufhören an Craft zu denken. Irgendetwas an ihm ließ Naftali den Großmarschall nicht vergessen. Doch an diesem Morgen hatte er seine Gedanken wo anders. Heute war der erste Tag im siebten Monat Tischri und das bedeutete, dass heute das jüdische Neujahrsfest gefeiert wurde. Und da er seiner Mutter versprochen hatte zusammen mit seinem Vater das Fest vorzubereiten, war er gerade auf dem Weg zum Viehmarkt, auf dem man außer Vieh auch andere Waren kaufen konnte. Da Naftali schon früh morgens losgegangen war, konnte er sich in aller Ruhe die Stände mit wohlriechenden Gewürzen, exotischem Obst und anderen Köstlichkeiten anschauen. Neben Zimt, Muskat und Honig kaufte er auch süße Trauben, Karotten, Äpfel und Granatäpfel. Als er alles zusammen hatte, machte er sich wieder auf den Weg nach Hause. Sein Vater hatte schon einiges vorbereitet. Im Innenhof war schon alles für das nachmittägliche Fest gerichtet. Seine Eltern hatten einige Tische und Bänke zu einer langen Tafel zusammengestellt an der später zusammen mit allen Gästen gefeiert werden würde. Naftali machte sich an die Vorbereitung für das Essen. Einiges, wie zum Beispiel Honigkuchen, hatte seine Mutter schon am Vortag gebacken, sodass nur noch kleinere Speisen zu richten waren. Kurz nach Mittag verabschiedete sich seine Mutter. Sie feierte zusammen mit ihrer Familie den Gottesdienst in der Synagoge. Danach würden sie alle zusammen bei ihnen das Neujahrsfest feiern. Bis dahin bereitete er das noch fehlende Essen zu und half seinem Vater bei den letzten Vorbereitungen. Sie hatten gerade die letzten Vorbereitungen getroffen, als auch schon seine Mutter mit ihren Verwandten in den kleinen Innenhof geschlendert kam. Nachdem er alle begrüßt hatte, half er seiner Mutter die Speisen für das Festmahl auf den Tischen zu drapieren und begannen danach mit den Feierlichkeiten für das Neujahrsfest. Mehrere Stunden waren vergangen, als Naftali bemerkte, dass seine Mutter den Innenhof verließ und nach wenigen Sekunden, einen jungen Mann am Arm haltend, wieder zurück an den Tisch kam. Sie platzierte ihn auf einen Stuhl am Ende der Tafel. Naftali musste einige Minuten überlegen bis ihm auffiel wer da gerade Platz genommen hatte. Es war kein anderer als der junge Großmarschall des Templerordens, dem er doch eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Schnell schaute er in eine andere Richtung, um nicht die Aufmerksamkeit des Ritters auf sich zu ziehen. Doch in diesem Moment kam auch schon seine Mutter auf ihn zu. „Naftali, wärst du so nett und würdest dich um unseren Gast kümmern.“ Der junge Mann verdrehte die Augen und seufzte. „Natürlich.“ Genervt stand er auf und setzte sich neben den Templer. Dieser blickte verwundert auf und starrte ihn an. Einige Minuten lang saßen die beiden nur schweigend nebeneinander. Der junge Ritter räusperte sich und fragte: „Was für ein Fest feiert ihr denn?“ „Das Neujahrsfest…“ Der junge Mann sah ihn ungläubig an. „Im September!?“ „Kreuzritter! Keine Ahnung von Kultur!“, dachte sich sein Gegenüber, lächelte aber nur höflich und begann ihm alles zu erklären. „Die Juden feiern ihr Neujahrsfest, das übrigens auf Hebräisch Rosch ha-Schana genannt wird, immer am ersten Tag des siebten Monats, der Tischri genannt wird.“ Naftali sah Craft an. „Der Monat entspricht nach dem christlichen Kalender dem Monat September.“ Der Templer nickte kurz. Der junge Schmied fuhr fort: „Am Morgen des Festes gehen alle in die Synagoge zum Gottesdienst und danach gibt es dann ein Festmahl, bei dem auch verschiedene Segenssprüche gesprochen werden, die für die Familie im neuen Jahr in Erfüllung gehen sollen.“ Naftali wante sich wieder seinem Gegenüber zu, der ihn charmant anlächelte. „Und? Kennst du einen davon?“ Der junge Mann neben ihm hob eine Augenbraue und sah ihn ungläubig an. „Ja, natürlich.“ „Welchen?“ Naftali griff nach einer hölzernen Schüssel auf dem Tisch vor ihnen. In der Schüssel befanden sich geschnittene Äpfel, die mit Honig überzogen waren. Er holte einen der Apfelscheiben heraus, hielt sie dem jungen Ritter hin und sagte: „Schana tova umetuka. Ein gutes und süßes Jahr.“ Craft sah den jungen Mann verdutzt an. „Ihr müsst den Apfel essen.“ Der junge Schmied hielt ihm die Apfelscheibe weiter vor das Gesicht. Mit einem verschmitzten Lächeln griff der Großmarschall nach der Hand seines Gegenübers, zog sie weiter an seinen Mund und biss in das Stück Apfel. Erschrocken zog Naftali seien Hand zurück und starrte den Templer einige Minuten an. „Seid Ihr verrückt? Was wenn Euch jemand gesehen hat?“ „Keine Angst. Es ist niemand mehr von deinen Verwandten da.“ Der junge Mann sah sich verwundert um. Er hatte gar nicht bemerkt wie schnell die Zeit vergangen war. Es dämmerte schon und außer seinen Eltern war niemand mehr im Innenhof. Naftali wollte gerade etwas sagen, als sein Vater zu ihnen kam. „Es wird Zeit, dass Ihr Euch auf den Weg macht, Herr“, sagte er an Craft gewandt. Dieser lächelte höflich und entgegnete: „Ihr habt Recht, ich sollte mich lieber auf den Weg machen, bevor man nach mir sucht.“ Der junge Ritter stand auf und wollte gerade gehen als Naftalis Mutter zu ihrem Sohn kam und ihm etwas auf Hebräisch sagte. Er räusperte sich verlegen. „Meine Mutter wünscht, dass ich Euch begleite, damit Ihr Euch nicht schon wieder verlauft…“ Craft sah ihn verdutzt an, nickte knapp und folgte dem jungen Mann auf die Straße. Es dauerte nicht lange bis sie die breite Hauptstraße erreichten, auf der nur noch wenige Menschen unterwegs waren. Bis sie den Ordenssitz der Templer erreichten würde es noch einige Minuten dauern. Da beide anscheinend nicht wussten worüber sie sich unterhalten sollten, gingen sie schweigend nebeneinander her. Als sie schließlich ihr Ziel erreicht hatten, blieben sie vor dem Eingangstor stehen. Der junge Ritter schaute verlegen auf den Boden. „Ich danke Dir, dass Du mich begleitet hast…“ Naftali lächelte, verbeugte sich und wollte gerade gehen als Craft ihn festhielt. „Halt, warte!“ Der junge Schmied blickte zuerst auf die Hand die seine hielt und dann in die Augen seines Gegenübers. „Was wollt Ihr noch von mir?“ Craft schluckte. „Sollte ich Dich gerade eben in irgendeiner Art beleidigt haben, möchte ich mich dafür entschuldigen!“ Der junge Mann fuhr mit seiner Hand durch seine Haare und seufzte. „Nein. Es ist alles in Ordnung.“ Er wandte sich zum Gehen um, doch der Andere hielt seine Hand weiter fest. Was will der denn noch von mir? Leicht genervt drehte er sich wieder zu dem Templer um. Wieder sah dieser ihn mit einem verschmitzten Lächeln an. „Na, wenn Du gegen so etwas nichts dagegen hast, wie ist es dann, wenn ich das tue.“ Mit seiner freien Hand streichelte er leicht über die Wange von Naftali. Dieser wich instinktiv einen kleinen Schritt zurück, jedoch zog ihn Craft wieder zu sich heran. Die Hand, die gerade die des jungen Schmieds noch festhielt, ruhte nun auf dessen Rücken. Das Gesicht des Großmarschalls kam dem Naftalis immer näher. Stur drehte dieser seinen Kopf zur Seite und versuchte sich aus der engen Umarmung zu befreien, doch der junge Ritter hielt ihn weiterhin fest an sich gedrückt. Behutsam fasste er das Kinn von Naftali und dreht langsam dessen Kopf, sodass sie sich beide direkt in die Augen schauten. Mit seinem Daumen strich Craft sanft über die Unterlippe seines Gegenübers. Verwirrt starrte der junge Schmied den Templer an. Ein leichtes Kribbeln durchfuhr in, als dieser mit seinen Lippen immer näherkam. Er schloss die Augen. Im selben Moment legten sich Crafts warme Lippen auf die seinen und er wurde in einen leidenschaftlichen Kuss hineingezogen. Leicht keuchend trennten sich ihre Lippen voneinander. Der junge Ritter berührte mit seiner Stirn die des anderen und sah ihm tief in die Augen. „Komm morgen Abend zu mir. Ich sende Dir eine Nachricht, wo und wann wir uns treffen können.“ Er gab ihm einen Abschiedskuss und verschwand durch das Eingangstor des Ordenssitzes. Ungläubig starrte ihm Naftali hinterher. Mit seiner rechten Hand berührte er leicht seine eigenen Finger. Er konnte nicht glauben, was ihm gerade passiert war. Irritiert machte er sich auf den Heimweg. Naftali hatte die ganze restliche Nacht lang kein Auge zugetan, weshalb er die ganze Zeit an ihrem kleinen Tisch in der Küche verbracht hatte. Er war noch in Gedanken bei dem was gestern Abend passiert war, als ein Klopfen an der Tür ihn aufschrecken ließ. Langsam öffnete er die Tür und sah einen jungen Knappen des Templerordens vor sich stehen. „Seit Ihr Naftali?“ Der junge Schmied hob prüfend eine Augenbraue. „Ja. Und wer möchte das wissen, Templer?“ Der Junge räusperte sich kurz und hielt seinem Gegenüber einen versiegelten Brief hin. „Mein Herr, der Großmarschall unseres Ordens, schickt mich. Ich bin sein Knappe Veit.“ Genervt nahm Naftali den Brief entgegen und schickte den Knappen fort. Er setzte sich wieder an den kleinen Tisch, brach das Siegel und öffnete den Brief. Auf diesem geschrieben stand: Triff mich heute Nacht am westlichen Seitentor des Ordenssitzes. Craft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)