Besuch aus Amerika von phean ================================================================================ Kapitel 15: Ausgeschlossen -------------------------- Sonntag, 07. Juli / Montag, 08. Juli Tai konnte nicht fassen, wie schnell Kari in ihren Holzsandalen war. Als er Zuhause ankam, hatte sie sich bereits ihres Yukatas entledigt und war im Badezimmer Zähne putzen. Ihre Eltern waren bereits im Bett und schliefen. Als sie aus dem Zimmer kam, wartete er bereits auf sie. „Hikari, warte doch mal …“, sagte er verzweifelt an seine kleine Schwester gewandt, doch die ignorierte ihn. „Hikari …“, seine Stimme wurde traurig – das hörte sie genau. In diesem Moment zweifelte sie, ob sie wirklich so sehr auf dem Versprechen und dessen Bruch und den daraus folgenden Konsequenzen beharren sollte. Aber sie hatte das gebraucht. Sie wollte nicht, dass Tai unglücklich war, aber genauso wenig wollte sie, dass es ihren Freunden schlecht ging. „Hikari“, versuchte es Tai ein drittes Mal. Er stützte sich an der Wand ab. Sie hatte den Weg in die Küche eingeschlagen. Aus einem Schrank holte sie ein Handtuch. „Taichi, versteh mich. Ich wollte nie, dass jemand verletzt wird und ich wusste, wenn die anderen es erfahren würden, dann würde es in einer Prügelei enden“, ihren Blick hielt sie gesenkt. Sie stand vor dem Kühlschrank und die Hand lag verloren an dem Griff. „Ich weiß“, seufzend sah ihr Bruder zur Seite. Er wusste, dass es allein seine Schuld war. Aber Yamato würde ihn nun nicht in seiner Nähe haben wollen und er hatte es verdient. Der Braunhaarige wusste, dass er mächtig Mist gebaut hatte. Er wünschte, er könnte die Zeit zurück drehen. Überrascht sah er auf, als er etwas Kühles an seiner Wange spürte. Ein Schmerz durchzuckte ihn bei der Berührung. Mit großen Augen sah er mit an, wie Kari ihm das Handtuch an die geschwollene Wange hielt, darin war einer der Kühlakkus für eine Kühltasche verpackt. Sie schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln. „Es tut mir Leid“, murmelte er. „Was passiert ist, ist passiert, daran können wir jetzt auch nichts mehr ändern“, ihre andere Hand hob sich und sie strich ihm eine seiner wilden Haarsträhnen aus dem Gesicht, „egal was passiert, ich bin immer für dich da.“ Lächelnd zog er sie an seinen Körper – den Schmerz in seiner Brust ignorierte er – und drückte ihr einen Kuss auf die Haare. „Eigentlich sollte ich das sagen, aber ich weiß es zu schätzen… Ich hab dich so unendlich lieb.“ „Ich dich auch“, Hikari drückte sich enger an ihn. Dabei merkte er wieder, wo Yamato ihn getroffen hatte. „Lass uns schlafen gehen“, murmelte das Mädchen gegen seine Brust. Zur Antwort drückte er seine Schwester von sich und schob sie zu ihrer Zimmertür. Er ging in sein Zimmer. Eilig zog er sich um und legte sich ins Bett. Den Akku legte er sich auf das Gesicht an die Wange, aber er konnte nicht schlafen. Lange wälzte er sich herum und legte das nervige Ding weg. Aber er wurde immer noch nicht ruhiger. Er konnte einfach nicht schlafen. Er hörte, wie leise die Tür geöffnet wurde. Schleichend näherte sich jemand und die Decke wurde an einer Seite angehoben. Er musste sich nicht umsehen, um zu wissen, dass es Hikari war. Sie legte sich neben ihn. „Was?“, kam es ihm leise aus dem Mund. „Ich dachte mir, dass du nicht schlafen kannst“, murmelte sie und kuschelte sich in das Kopfkissen. Taichi drehte sich um und sah seiner Schwester in die Augen. „Das ist wie früher“, er lächelte sie an, aber er wusste nicht, ob sie es sehen konnte. Sie schmunzelte, „schlaf jetzt“, ihre Hand strich über seine Wange. Sie wusste, dass ihn das beruhigte. Seine Atmung wurde auch ruhiger und er schloss die Augen. Kurz darauf schlief er auch schon ein. ❀ ❀ ❀ „Tai, aufwachen“, sanft wurde er an seiner Schulter wach gerüttelt. Er öffnete die Augen und sah in das lächelnde Gesicht von seiner kleinen Schwester. Sie war bereits angezogen und schien für die Schule fertig. „Ist …“ „Ja, gestern ist passiert und du musst heute in die Schule“, meinte sie, „leider.“ „Du willst mich nur ärgern“, er zog sich die Decke über den Kopf. Doch Kari zog sie ihm wieder weg, „du musst jetzt aufstehen!“ Brummend schleifte er sich, mit seiner Schuluniform, unbemerkt an seiner Mutter vorbei ins Bad. Er entkleidete sich. Schnell duschte er und wickelte sich das Handtuch um die Hüfte. Seufzend stand er vor dem Waschbecken und hob seinen Kopf. Seine Augen weiteten sich erschrocken. Sein Gesicht war mit blauen Flecken übersäht. Das ging vom Kinn hoch bis zu den Augen. An der Nase war nichts und auch die Augen selbst waren nicht blau. Allerdings war die rechte Wange noch geschwollen. Es war auch nicht überall ein richtiges blau, nach außen wurde es von einem blau zu einem gelblichen Ton. Doch das war nicht nur in seinem Gesicht, auch seine Brust wies Flecken auf und auf seinem Bauch prangte ein großer Fleck. Seufzend schüttelte er den Kopf, doch dabei schmerzte ihm dieser. Es war ein dumpfer Schmerz, kein stechen oder pochen. Da war einfach nur Schmerz. „Taichi…“, Hikari klopfte an die Tür. „Gleich“, er trocknete sich ab und zog sich seine Schuluniform an. „Bin fertig“, er trat hinaus und ließ den Kopf gesenkt. „Du hast es gesehen“, schloss Kari daraus und sah prüfend Richtung Wohnzimmer. „Wo ist deine Schultasche?“, fragte sie. Das Mädchen wusste, dass er ihrer Mutter wohl aus dem Weg gehen wollte. Sie würde nur lange Fragen stellen, was mit ihm passiert war. Wenn er aber heute Fußballtraining haben würde, dann könnte er es so erklären, dafür durfte sie ihn aber jetzt nicht sehen. „In meinem Zimmer.“ „Ok, bin gleich wieder zurück“, sie machte sich dahin auf. Dabei holte sie noch ihre Tasche und packte die Bento-Box hinein. Bevor Yuuko – welche noch in der Küche stand – das Mädchen bemerkte, nahm sie sich die Toasts von den Tellern und ging damit in den Gang. „Wir sind dann weg“, rief sie in die Wohnung. Taichi hatte bereits seine Schuhe angezogen, sie reichte ihm die Brote und tat es ihm gleich. „Aber …“, hörten sie die Ältere noch rufen. Doch da fiel die Tür ins Schloss und die Geschwister machten sich auf den Weg. Vor der Schule angekommen nahm Hikari ihren Bruder kurz in den Arm. „Wir sehen uns in der Pause.“ „Ich glaube nicht, dass ich bis dahin durchhalten werde“, lustlos legte er seine Arme um sie und drückte sie an sich. Auf dem Pausenhof konnte er bereits Yamato, Koushiro und Mimi sehen. Die wollte er nun nicht wirklich treffen. „Doch, wirst du“, sie löste sich von ihm. Er nickte, aber er war mit Sora in einer Klasse. Matt würde ihn sicher dafür hassen – oder er hasste ihn sogar schon. „Ach komm“, sie strich ihm über die verfärbte Wange und verabschiedete sich von ihm. Sie ging zum Schultor der Mittelschule und blieb dort kurz stehen. Das Mädchen beobachtete noch, wie ihr Bruder über den Schulhof der Oberschule lief. Seinen Kopf hielt er gesenkt und er wollte nur hier weg. Er ignorierte seine Freunde, aber diese bemerkten ihn. Sie wartete noch, bis ihr großer Bruder im Schulhaus verschwand, dann ging auch sie hinein. ❀ ❀ ❀ Hikari hatte die drei Jungs nicht beachtet, aber sie war auch erst kurz vor dem Gong in der Klasse angekommen, damit sie nicht mit ihnen hatte reden müssen. Jetzt – es hatte zur Pause gegongt – nahm sie sich schnell die Bento-Box aus der Tasche und machte sich auf den Weg nach draußen. Tai wollte hinter der Schule auf dem Hof warten, dort war der Schulhof mit dem der Oberschule verbunden. Doch kurz nachdem sie hinaus war, hörte sie ihren Namen. „Kari“, hörte sie ihn erneut. Sie blieb stehen, sah Tai schon auf der Wiese sitzen, aber sie biss sich auf die Unterlippe und drehte sich zu den drei Jungs um. Sie schwiegen sich eine Weile an. „Kari“, fing Davis erneut an, „was war das gestern?“ Nichts beschäftigte ihn – oder auch alle anderen – mehr, als diese Frage. Sie wussten, dass es um Sora ging, aber sie verstanden es nicht wirklich. Kari sah zur Seite. „Kannst du es uns erklären? Was ist mit Tai los?“, hakte der Fußballer erneut nach. Das Mädchen seufzte, „entschuldige Davis, aber das kann ich nicht.“ „Und wieso nicht? Er und Matt haben sich geprügelt, Taichi hat angefangen, wie kannst du da immer noch hinter ihm stehen?“, der Braunhaarige legte den Kopf schief. Verwirrt weiteten sich Hikaris Augen, ihr Blick wanderte zu Takeru, dann zurück zu dem Anführer der jüngeren Generation. „Davis“, fing sie ruhig an, „er ist immer noch mein Bruder, es ist meine Familie. Verstehst du das nicht?“ Sie konnte sehen, wie es in ihm arbeitete. Er hatte eine Schwester, also musste er das doch verstehen. „Achso“, brachte er dann auch hervor. „Ich werde immer hinter meinem Bruder stehen“, erklärte sie weiter, „er weiß selbst, dass er Mist gebaut hatte, ihm tut es auch schrecklich Leid, aber er braucht gerade meine Hilfe und ich kann ihm nicht den Rücken zukehren.“ „Ist das mit Sora alles, was momentan sein Problem ist?“, wollte Takeru von seiner besten Freundin wissen. Er ahnte, dass da noch mehr war. Er sah es ihr praktisch an, denn sie schien mit sich zu kämpfen und nach der Frage, sah er, wie sie stockte. Sie dachte nach, ihre Unterlippe begann zu zittern. „Ich … ich kann es nicht … Es ist … es … ich kann es euch nicht sagen“, sie senkte ihren Blick, „aber ich möchte euch bitten, es gegenüber den anderen Mädchen nicht zu erwähnen“, sie betrachtete Davis und Willis eingehend, denn sie wusste, dass TK auf ihre Bitte hin nichts sagen würde. Bei den zwei anderen war sie sich aber nicht sicher. Davis würde erst hinterher auffallen, dass ihm etwas herausgerutscht war und Willis konnte sie nicht einschätzen, denn vermutlich würde er in Gegenwart von Yolei alles erzählen. „Entschuldigt mich jetzt bitte“, sie drehte sich um und ging über den Schulhof. Sie sah in die Richtung der Oberschule, dort sah sie auch wie die Jungs in einer Runde standen. Sora, Mimi und Yolei mussten wo anders sein. Bei Taichi angekommen reichte sie ihm die Bento-Box, sie strich sich hinten über ihren Rock und hielt ihn fest, als sie sich hinsetzte. „Alles in Ordnung?“, fragte er. Taichi hatte sie gesehen und machte sich Sorgen, denn er wusste, dass sie normalerweise über alles mit Takeru sprach. Er packte gleichzeitig die Bento-Box aus dem Tuch und reichte seiner Schwester die etwas kleinere Box und Stäbchen. „Ja, alles in Ordnung“, gab sie dann von sich. „Was wollten sie?“ „Natürlich wissen, was gestern mit dir los war“, antwortete sie ihm und begann langsam zu essen. „Kari, was ist los?“, er sah, dass ihre Augen zu glänzen begannen. Schon kurz darauf lösten sich einzelne Tränen und liefen ihre Wange hinunter. „Auch wenn ich sie nicht belogen habe, habe ich ein schlechtes Gewissen“, ihre Stimme zitterte. Taichi ließ sein Essen sinken, „es tut mir Leid, Schwesterherz. Ich hätte dich da nicht mit hineinziehen dürfen.“ Sie schniefte kurz und wischte sich die Tränen weg, „jetzt ist es auch schon zu spät“, sie lächelte. Auch der Braunhaarige sah wieder auf, „ich kann mich glücklich schätzen, dass ich dich habe“, er zog sie an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Haare, dann aßen sie stumm weiter. ❀ ❀ ❀ „Habt ihr etwas erfahren?“, wollte Izzy von den drei Jüngeren wissen. „Nein, aber sie möchte, dass wir den Mädchen nichts erzählen“, enttäuscht vergrub Davis seine Hände in der Hosentasche. „Und das sollten wir vorerst auch machen“, sagte Takeru und blickte zu den Geschwistern. „Da hast du recht“, stimmte Yamato ihm zu. Auch er hatte blaue Flecken im Gesicht, bei seiner helleren Haut war das blau noch kräftiger zu sehen, als bei dem Braunhaarigen. „Aber Matt“, Davis sah ihn fast schon fassungslos an, „er hat dich verprügelt. Wie kannst du dann so nett zu ihm sein.“ „Davis, bevor wir etwas machen, will ich erst einmal etwas herausfinden“, ging ihm der beste Freund von Tai dazwischen. Er würde sich auch noch als solchen bezeichnen. Sie hatten sich schon oft geprügelt, auch wenn es nie so ein ernstes Thema war wie jetzt. ❀ ❀ ❀ „Matt hat mir nicht gesagt, was gestern los war.“ „Mir haben sie auch nichts gesagt“, Mimi legte den Kopf schief. Es war anscheinend nichts wegen ihr, aber sie hatte etwas Angst, dass das zwischen ihr und Tai auch heraus kam. Sie wollte es ihm zwar schon irgendjemandem erzählen, aber es versetzte ihr immer einen Stich, wenn sie daran zurück dachte. „Vielleicht sagt es uns Willis“, Sora überlegte und musterte die Dritte im Bunde. „Nein, ich will nicht mit ihm reden“, erschrocken hatten sich ihre Augen geweitet. „Ok“, Mimi legte beruhigend eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin. Sie sahen auf und zu den Jungen, die ein gutes Stück entfernt auf einer Bank saßen. Dann weiter und sie entdeckten das Geschwisterpaar. Hikari schien unglücklich zu sein, aufmunternd hatte Tai einen Arm um sie gelegt. ❀ ❀ ❀ Tai saß erst betrübt in der Klasse. Er spürte Soras Blicke – sie saß zwei Reihen vor ihm und etwa vier Plätze rechts. Dann musste er aber auch noch nach dem Unterricht zur Fußball AG. Am Samstag in einer Woche hatten sie ihr letztes Spiel vor den Sommerferien und das war wichtig für den Club. Aber er hatte – wie auch schon die vergangenen Wochen – keinen Kopf dafür. Jetzt musste er da sein. Nach dem Unterricht machte er sich schnell auf den Weg zu den Umkleideräumen der AG und zog sich um. Doch auch dieses Mal wollte das Training nicht wirklich. Das aufwärmen war kein Problem, er konzentrierte sich darauf um das Feld zu laufen. Erst als es um Pässe und Torschüsse ging, lief alles schief. Der Trainer zog ihn heraus und fragte ihn erneut, was denn mit ihm los sei und wieso er blaue Flecken im Gesicht hatte. Er wich ihm aus, indem er von Problemen in der Familie erzählte. Sein Blick fiel dabei auf seine Schwester, die am Feldrand saß und auf ihn wartete. Sie lächelte müde. Der Trainer sagte ihm, dass das dann so keinen Sinn hatte und falls es ein ernsthaftes Problem zuhause geben sollte, dann musste er zu einem Lehrer gehen. Taichi versicherte ihm noch, dass bis zu dem Spiel alles wieder normal sein würde und dass die Flecken nichts damit zu tun haben. Das war in einer Streiterei mit einem Freund passiert. Der Trainer glaubte ihm, „gut, aber ab morgen sollte alles wieder gut sein.“ Tai dachte nach, nickte aber, dann musste er morgen seinen Frust hinunter schlucken. „Ok“, gab er von sich. „Dann verschwinde und morgen will ich deinen Einsatz sehen, sonst muss ich überlegen, ob ich dich einsetzen kann oder ob ich sogar einen anderen Käpt’n brauche“, er musterte den Jungen streng. „Ja“, Tai verbeugte sich und lief zu Hikari. „Was hat er gesagt?“ „Ich muss ab morgen wieder voll da sein, sonst darf ich nicht spielen, oder ich werde als Käpt’n ausgetauscht.“ Überrascht weiteten sich ihre Augen. „Aber Tai …“ „Ich werde mich anstrengen. Wird schon alles wieder. Aber jetzt gehen wir erst einmal nach Hause… Ich geh mich kurz umziehen, dann bin ich sofort da.“ Das Mädchen nickte und blieb an Ort und Stelle. ❀ ❀ ❀ „Wollen wir Agumon besuchen?“, schlug Hikari vor. „Wieso?“, wollte sein Bruder überrascht wissen. Ihre Eltern waren noch nicht Zuhause. Susumu war noch beim arbeiten und Yuuko war einkaufen. „Du könntest Aufmunterung gut gebrauchen“, meinte Hikari. „Ok, aber nicht allzu lange“, lustlos folgte er ihr in sein Zimmer. Er liebte Agumon über alles, doch er wollte gerade nur seine Ruhe haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)