Besuch aus Amerika von phean ================================================================================ Kapitel 9: Erste Schultage -------------------------- Montag, 24. Juni Verschlafen sah Mimi in den Spiegel. Am Samstag war sie noch so motiviert gewesen und nun waren ihre Augen erschreckend gerötet. Sie hatte keine Lust, darauf hatte sie sich gestern mit sich selbst geeinigt. Seufzend bürstete sie ihre Haare zu Ende und machte sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer. Sie holte sich ihre Schultasche und ging nach unten. Vor dem Esszimmer blieb sie stehen. Das Mädchen wollte ihre Mutter nicht erschrecken, so lief sie zu dem Spiegel im Gang. Mimi war perfekt vorbereitet – trotz allem –, sie öffnete ihre Schultasche und hatte mit dem ersten Griff den Puder erwischt. Zwei Handgriffe und die dunklen Augenringe verblasten – wenigstens etwas. Wieder ein Seufzen und sie machte sich auf den Weg ihre Eltern zu begrüßen. „Morgen“, lachte sie und hoffte, ihre Eltern würden es so hinnehmen. „Guten Morgen mein Schatz“, Satoe kam sofort auf sie zu und drückte ihr einen Kuss auf die Haare. „Morgen, Liebling“, Kēsuke lächelte, widmete sich aber gleich wieder seiner Zeitung. „Komm, iss noch schnell was, bevor du los gehst“, bat ihre Mutter und schob sie zum Tisch, „dein großer Tag.“ „Ich …“ „Keine Widerrede …“, sie drückte ihre Tochter auf einen Stuhl. Mimi hatte gerade dazu ansetzen wollen, dass sie keinen Hunger hatte. Jetzt musste sie etwas essen, aber dagegen wollte sie noch etwas anderes ansprechen. „Es ist kein großer Tag …“ Das Mädchen runzelte die Stirn. „… doch, du kommst auf eine neue Schule, in einer neuen Stadt …“, Kēsuke nickte zu seinen Worten. „Dad, ich komme aus Japan, wie wir alle, also ist es keine neue Stadt … und ich kenne fast alle aus meiner Klasse … also ist es auch nicht wirklich eine neue Schule“, sie wollte keine Sonderbehandlung, es war ein Tag wie jeder andere. „Du kommst also zu deinen Freunden in die Klasse?“, Satoe wechselte einen Blick mit ihrem Vater, „und ich hatte gedacht Sora, Taichi, Koushiro und die anderen wären eine Stufe höher.“ Bei dem Namen des Anführers zuckte sie zusammen und biss schnell von ihrem Toast ab. „Nein“, sie räusperte sich, als sie merkte, dass ihre Stimme zittrig klang, „ich komm aber in die Klasse von Izzy, Mi-chan und Tako …“ In ihrer Stimme lag aufrichtige Erleichterung. Erleichterung, weil sie nicht mit dem Braunhaarigen in einer Klasse war. Aber sie trotzdem nicht alleine war. „Oh Mi-chan“, Satoe lachte, „das ist ja schön, dann macht ihr sicher wieder öfters etwas zusammen, oder?“ „Mal sehen … aber ich sollte langsam los“, Mimi erhob sich und nahm ihrer Mutter die Bento Box aus der Hand. Sie packte sie in ihre Tasche und lief zur Tür. ❀ ❀ ❀ „Machst du dich für die Schule fertig?“ „Ja …“, genervt sah der Braunhaarige an seinem Spiegelbild vorbei. Der Blonde lachte breit, während er selbst noch seine Fliegerbrille richtete. „Warte, ich komme mit …“, er rannte aus dem Badezimmer und zurück in das des Fußballers. Verwirrt sah dieser ihm nach, machte sich aber fertig. Ohne auf seinen unfreiwilligen Hausgast zu warten, schnappte er sich leise seine Schultasche und lief zum Eingang, um sich seine Schuhe anzuziehen. Doch bevor er den Wohnkomplex verlassen konnte, hatte Wallace ihn eingeholt. „Hey Leute“, lustlos hob Davis die Hand, als er Yolei und Takeru sah. Beide drehten sich zu ihm und hoben gleichzeitig je eine Augenbraue. Yolei zuckte zusammen, als sie Willis sah und trat einen Schritt zurück. „D-Davis“, stotterte sie, „w-was …“ „Was für eine Überraschung“, murmelte der Basketballer. Verwirrt zuckte der Blick der Brillenträgerin nach rechts. TK lächelte milde. „Hallo, meine Liebe“, sofort trat Willis zu dem Mädchen und umarmte sie. Ihr Körper versteifte sich unter der Berührung und hilfesuchend blickte sie zu dem Blonden. „Na, hast du gut geschlafen? War das Wochenende schön?“, Wallace löste sich von ihr und sah sie auffordernd an. „Äh … ähm … ja … klar … war schön“, meinte sie ausweichend. „Was hast du denn schönes gemacht?“, wollte er weiter wissen. „Äh … ähm …“ „Äh … ich glaube wir sollten jetzt gehen …“, mischte sich Takeru ein und ging zu der Brillenträgerin, „nicht wahr? Wir wollten doch … doch noch diese Sache … da …“, er war über sich selbst erstaunt, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. „Ach … ja … stimmt, das …“, Yoleis Stimme zitterte, aber sie wollte weg von dem Jungen. Er brachte alles durcheinander. Sie wollte doch gar nichts von ihm. Das Mädchen hatte das Gefühl gehabt, dass bis er nach Japan gekommen war, war alles gut gewesen, sie hatte viel mit Ken reden können und war ihm schon näher gekommen, doch nun war es so, als wäre alles zurück auf Null gegangen. Zurückgesetzt. Wieder auf Anfang. Und das war nicht fair. „Also dann, wir sehen uns in der Klasse Davis“, meinte Takeru dann und zog das Mädchen mit sich. „He“, hilflos sah der ehemalige Anführer den beiden hinterher, seinen Arm auf halber Höhe ausgestreckt, die Hand, um sie aufzuhalten. Doch sie gingen so schnell davon, dass sie zuerst zwischen den Schülern und schließlich im Schulgebäude verschwanden. „Hach …“, kam es über Willis Lippen und drehte sich zu dem Braunhaarigen um, „ich muss wohl dann auch, bis später“, der Blonde hob seine Hand und ging ebenfalls auf das Schulgebäude zu. Verwirrt blieb Davis an Ort und Stelle stehen. „Danke“, Yolei hielt den Blonden an der Schulter auf und lächelte ihn an. „Kein Problem“, er erwiderte das Lächeln. Er wusste schließlich von Kari, was los war. „Du solltest ganz schnell in deine Klasse, bevor er wieder kommt“, er zwinkerte ihr zu, „na los…“ Erstaunt erwiderte Yolei den Blick. Ihr schwirrten hundert Gedanken durch den Kopf, doch sie schwirrten immer wieder zu Ken und wie nervig Wallace für sie war. „Danke“, hauchte Yolei und rannte an dem Jungen vorbei. Sie ging zu dem Ausgang zum Sportplatz und verließ dann das Schulgelände. Sie war in der ersten Klasse der Oberschule und damit ein Jahr unter Mimi und Izzy, aber auch ein Jahr über Hikari, Takeru und Davis. Ihr Glück war es, dass die Mittelschule gleich neben der Oberschule war. An ihrem Schulgebäude angekommen, machte sie auch gleich Izzy aus. Wie jeden Morgen saß er auf einer kleinen Mauer unter einem Baum und hatte den Laptop vor sich auf den Beinen. Wie wild tippte er darauf herum und ließ sich durch nichts ablenken. „Guten Morgen“, machte sich das Mädchen bemerkbar, aber er machte keinerlei Anstalten sie zu begrüßen. „Hm …“, gab sie von sich und versuchte es erneut, „einen wunderschönen guten Morgen, Izzy“, seinen Namen betonte sie extra und winkte mit der Hand zwischen Laptop und seinem Gesicht. Erschrocken zuckte er zusammen und sah verwirrt nach oben. „Oh, hallo Yolei, wieso sagst du denn nichts?“ Grummelnd schlug sich die Lilahaarige mit der Hand gegen die Stirn. „Du bist unverbesserlich.“ „Entschuldige, ich will nur so schnell wie möglich das Programm fertig bekommen.“ „Um was geht’s denn?“, nun neugierig setzte sie sich neben ihn. Er hatte ein Programm offen, in dem die Zeilen durchnummeriert sind, er war bereits bei Zeile 736. Nur selten war eine Zeile leer, sonst sah sie nur Klammer – eckig, rund, geschweift –, Zahlen, Buchstaben, Kommas, Anführungszeichen. Sie musste sich wohl doch mal mit dem programmieren befassen, sie fühlte sich gerade wie ein kleines Kind, das gerade zum ersten Mal ein Buch in die Hand bekommen hat und sich eigentlich nur die Bilder ansehen wollte. „Soll ich es dir wirklich erklären? Du schaust etwas verwirrt aus“, Izzy lachte auf. „Nein, ich glaube das lassen wir mal lieber“, stimmte sie ihm zu und schob ihre Brille zurecht. Sie löste sich von dem Bildschirm und ließ ihren Blick schweifen. Viele der Schüler kannte sie nur vom Sehen, die meisten waren in den zwei höheren Stufen, doch zwischen all den Jugendlichen fand sie eine ihr nur allzu bekannte Braunhaarige. „Mimi“, rief Yolei, sie winkte der Braunhaarigen zu, bis diese das Mädchen sah. Izzy hob wieder ruckartig seinen Kopf und eine leichte Röte umspielte seine Nase. Nervös fuhr er mit den Händen über seinen PC. Er wünschte sich an einen anderen Platz. Er speicherte sicherheitshalber sein Dokument ab und dann klappte er seinen Laptop zu. Wieder fuhren seine Hände über den Computer. Eilig packte er ihn in seine Tasche und versuchte sich die schwitzenden Hände an seiner Hose trocken zu reiben. Als die Braunhaarige vor den Beiden stand, sah er erwartungsvoll nach oben, erschrak aber bei ihrem Anblick. Sie sah müde aus und ihre Augen waren rot und leicht verquollen. So kannte er das Mädchen überhaupt nicht, aber sie hatte versucht es mit Makeup zu verdecken. Er kannte sie jedoch lange genug, um zu wissen, dass sie sonst ganz anders aussah. Auch die Lilahaarige neben ihm hatte nach Luft geschnappt, so hatte Mimi nur noch mehr den Kopf eingezogen. Die Braunhaarige merkte, dass sie vor ihren Freunden ihre vergangene Nacht nicht verstecken konnte. Sie fasste mich beiden Händen an den Gurt ihrer Tasche – dann krallte sie sich hinein, weil sie ihren Mut suchte, ein Wort ohne zittriger Stimme herauszubekommen. „Morgen“, murmelte sie. „Morgen“, immer noch verwundert sah Yolei zu ihrer Freundin. Eine Pause setzte ein, Yolei wusste nicht, was sie beim Anblick der Älteren sagen sollte. Izzy stockte der Atem, weil er nur sehr selten wusste, was er dem Mädchen sagen sollte und Mimi wollte gar nicht reden. „Ent…“ „Morgen“, erschall Soras Stimme neben der Gruppe. Sie betrachtete alle und ihr Gesicht blieb dann an Mimi hängen, „was ist denn mit dir passiert?“ Die Angesprochene zuckte mit den Schultern, „das willst du nicht wissen und ist auch gar nicht wichtig“, sie lächelte müde. „Wirklich?“, Yolei zog eine Augenbraue hoch, „ich wollte ja nichts sagen, aber … du siehst schon ziemlich fertig aus …“ „Es ist wirklich nichts“, Mimi zwang sich zu einem fröhlicheren Lächeln und wartete, bis ihre Freunde aufgaben. Sie wollte wirklich nicht darüber reden, daher war Karis Wunsch auch nicht schwierig zu befolgen. Sie wollte nur kurz weg vom Schulhof. Wenn Sora allein unterwegs war, dann würde Matt bald kommen und Tai war immer zu spät – demnach wären bald alle versammelt. Mimi seufzte gespielt übertrieben und lachte, „ich sollte dann, ich muss noch ins Sekretariat und ein paar Unterlagen abgeben.“ „Wenn du noch kurz wartest, sind Matt und Tai sicher auch gleich da, dann können wir zusammen hingehen“, bot Sora ihr an und zeigte zum Schultor. Tatsächlich dachte Mimi, dass sie die beiden Jungen schon sah. „Nein, mach dir keine Umstände, ich wollte aber Izzy fragen“, sie drehte sich zu dem Rothaarigen – allerdings wusste sie nicht, ob sie ihn wirklich fragen sollte, er sah etwas verunsichert aus. Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, sie musste hier weg, bevor die Zwei hier waren. Sie schüttelte den Kopf leicht, „Izzy?“, der Junge sah verwirrt auf, „kannst du mir das Sekretariat zeigen?“, sie zeigte mit dem Daumen zum Schulgebäude. „J-ja … klar … natürlich“, sein Blick huschte kurz zu Yolei und Sora. Er hängte sich seine Tasche um die Schulter und erhob sich, „wir sehen uns später.“ Nebeneinander gingen sie zum Schuleingang, auf der Hälfte hakte sie sich bei dem Computergenie unter. Der – ohne dass sie es bemerkte – versteifte sich dabei, aber konnte sich auch nicht dagegen wehren, es gefiel ihm jedoch auch. So führte er sie etwas steif hinein und zu dem entsprechenden Zimmer. Izzy wartete vor dem Zimmer, bis Mimi alles abgegeben hatte. Ihn freute es, dass er sie herbringen durfte. Er hatte es auch schon toll gefunden, dass er sie am vergangenen Freitag nach Hause begleiten durfte. ❀ ❀ ❀ Grummelnd lief Davis durchs Schulgebäude und zu seinem Klassenzimmer. Er wünschte sich, dass der Blonde nicht vor seiner Tür gestanden wäre. Verwirrt blieb er stehen. Er sah sich um, etwas stimmte nicht. In der Klasse in der er stand waren die falschen Personen und diese sahen ihn verwirrt an. Stöhnend machte er auf dem Absatz kehrt und schlug den Weg zu seinem jetzigen Klassenzimmer ein, dass er auch immer noch ab und zu in das Alte lief – das war so peinlich. Er biss sich auf die Innenseite seiner Wange und kam schließlich in seinem Klassenzimmer an. Als er sich umsah, sah er, dass Hikari schon da war. Takeru saß vor ihr und hatte sich auf dem Stuhl zu ihr umgedreht. Sie unterhielten sich angeregt. Daisuke betrat das Zimmer und bahnte sich seinen Weg zu seinem Platz, dieser war neben dem Blonden. „Morgen“, grummelte er und unterbrach das Gespräch der Beiden. „Guten Morgen“, lächelte Kari. Er meinte jedoch einen Schatten in ihrem Gesicht zu erkennen. Etwas stimmte nicht so ganz. Was es war, konnte er nicht sagen, aber da war etwas. Sobald er es allerdings auch entdeckt hatte, verschwand es auch schon wieder – er wusste auch nicht, ob er es sich nicht nur eingebildet hatte. Er hatte auch keine Zeit mehr danach zu fragen – ob er den Schatten nun gesehen hatte oder nicht –, denn schon stand der Lehrer der ersten Stunde im Raum – Englisch – doch er war nicht allen, Wallace war neben ihm und grinste in den Raum. „Seid bitte still“, rief der Englischlehrer die Schüler zur Ruhe, „ich habe eine Ansage zu machen, wir müssen organisatorisch etwas klären, aber zu allererst: Wir haben ab heute einen neuen Schüler, magst du dich selbst vorstellen?“, wandte er sich gleich an den Jungen. „Gerne“, grinste dieser, „entschuldigt mein japanisch, ich bin zwar ... ich hab die letzten Jahre in Amerika gelebt und naja … ich werde mich anstrengen …“ Er kratzte sich am Hinterkopf. Da meldete sich ein Mädchen – Klyo – in der ersten Reihe, als der Lehrer sie aufrief, strich sie sich ihre langen schwarzen Haare zurück und lächelte langsam. „Ich finde dein Japanisch nicht schlecht, aber … wie heißt du?“ Die Klasse schmunzelte und sah erwartungsvoll nach vorn. „Wallace, aber bitte nennt mich Willis.“ „Was machst du so?“, warf Nago ein. „Das was jeder gerne macht“, Willis zuckte mit den Schultern, „mich mit Freunden treffen, mit …“, er überlegte wie er es formulieren konnte, „… mit meinen Hasen spielen und lesen.“ „Wie heißen deine Hasen?“, wollte Nago erneut wissen, schmunzelte aber. „Terrie…“ „Das reicht jetzt, besprecht das nachher, in der Pause habt ihr genug Zeit. Wallace, neben Hikari ist ein Platz frei, dort kannst du dich hinsetzen.“ In Davis zog sich sein Magen zusammen und es fühlte sich wie ein Fausthieb an. Er senkte seinen Kopf und brummte. Wieso musste sich der Blonde ausgerechnet neben die Braunhaarige setzen. Langsam sah er über seine Schulter. Er hörte, wie er das Mädchen begrüßte und sie es freundlich erwiderte. Ihm wurde schlecht, er hatte es gewusst, er war wegen ihr hier. Seine Motivation verschwand noch mehr. Kraftlos verschränkte er seine Arme auf dem Tisch und ließ seinen Kopf sinken. Das war doch alles total bescheuert! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)