Assassin's Creed Unity: Nothing is True von MlleBellec (Pairs 1774 | Pierre Bellec | Charles Dorian | Shay Patrick Cormac | OC) ================================================================================ Kapitel 2: Books of Grievances ------------------------------ Versailles 1773 - Charles Dorian – 31 Jahre 05. Juni 1773 Ich glaube, Marie bemerkt langsam, das etwas nicht stimmt. Sie wird jeden Tag abweisender zu mir. Doch was hätte ich anderes tun sollen? Ich musste der Bruderschaft beitreten. Es war das Erbe meiner Familie. Assassinenblut fließt durch meinen Venen. Hätte ich mich nicht der Bruderschaft angeschlossen, wäre es Verrat an meinen Vorfahren gewesen. An ihnen und an ihren Erfolgen und Verlusten. Ich habe es lange Zeit verdrängt. Ich wollte ein normales Leben führen, eine Familie gründen und meinem Sohn beim Heranwachsen zusehen. Ihn begleiten, in jeder Lebenslage. Sein erstes Mädchen kennenlernen und so vieles mehr. Ich hatte nun eine Familie, aber ich war nun auch Assassinen. Es lief längst nicht so, wie ich es mir erträumte. Arno ist nun fünf Jahre alt und schlau wie ein Fuchs. Er lernt schnell und ich ertappe mich oft bei dem Gedanken, zu hoffte, dass er eines Tages in meine Fußstapfen treten würde, doch eigentlich war das fast schon lächerlich. Welche Fußstapfen? Ich war Novize und mitten in meiner Ausbildung. Ich war noch lange nicht so weit, als dass ich große Reden schwingen könnte. Und doch... die Vorstellung erfüllte mich mit Stolz, wenngleich ich wusste, dass Marie das nie zulassen würde. Unser Sohn würde niemals einer Bruderschaft, wie die der Assassinen beitreten. Dafür würde sie sorgen. Ich frage mich, was sie sagen würde, wenn ich sie offen mit meiner Ordens Zugehörigkeit konfrontieren würde. Würde sie mich hassen? Würde sie unter Tränen zusammenbrechen? Ich nahm mit der Aufnahme vieles in Kauf, doch der Gedanke, sie zu verlieren, schmerzte und er wurde jeden Tag unerträglicher. Ich beschloss, meine Bruderschaft geheim zu halten, doch ich war mir sicher, dass sie es bemerkte. Ich kam oft viel zu spät nach Hause, manchmal war ich sogar mehrere Tage unterwegs und konnte ihr keine Nachricht schicken – sie musste Verdacht geschöpft haben. Ihr Verhalten war so eindeutig und meines so falsch. Und doch konnte ich es ihr nicht sagen. Nicht jetzt. Vielleicht, wenn ich die Abschlusszeremonie hinter mir hatte, vielleicht dann. Doch noch war es zu früh und alles, was ich tun konnte, war zu hoffen, dass sie meine Briefe nie finden würde. Charles legte die Feder aus der Hand und klappte sein Buch zu. Es war spät und seine Kerze kündigte mit flackerndem Leuchten an, jeden Moment zu erlöschen. Er sollte zur Ruhe kommen, morgen stünde ihm ein harter Tag bevor. Sein Mentor war hart; fair zugleich, aber hart. Sehr hart. Das Training empfand er fast schon als unmenschlich, doch als Pierre ihm erzählte, dass er seine Methoden noch aus Armeezeiten Inne hatte, wusste Charles, warum es so immer so anstrengend gewesen war. Tagein, tagaus, Fechttraining bis zum Umfallen, Tagelang die höchsten Kirchen erklimmen – die Ausbildung als Assassine war alles andere als einfach. Eigentlich war sie ziemlich monoton. Im Moment zumindest. Nach den Grundlagen, sollten die ersten Aufträge erfolgen, so sagte man zumindest. Vielleicht war es eine seltsame Konstellation mit den beiden. Charles war nur drei Jahre jünger als sein Mentor und wurde von ihm vollends wie ein Schüler behandelt. Und doch konnte er Pierre gut leiden. Seine sarkastische Ader amüsierte ihn. Sie verstanden sich gut und sie gewöhnten sich bald schon an, den harten Trainingstag bei einem Gläschen Wein ausklinken zu lassen. Charles lockerte seine Kleider und entledigte sich ihnen. Er ging zum Schrank und holte sein Schlafgewand hervor. „Gleich viel besser.“ , murmelte er. Er überlegte, ob er zu Marie ins Bett steigen sollte, oder ob er sich einfach – so wie er es die letzten Nächte tat – in einem der Gästezimmer niederlassen sollte. Nun, da sie so abweisend zu ihm geworden war, fürchtete er, es wäre besser, ihr nicht zu nahe zu kommen. Er glaubte, ihr aus dem Weg zu gehen, würde die Probleme irgendwann verfliegen lassen, doch er wusste haargenau, dass er falsch lag. Er spürte eine Sehnsucht. Alles, was er wollte, war sie in seinen Armen zu halten und ihre Lippen zu schmecken. Doch die Furcht schien zu überwiegen. Liebe kann manchmal so ungerecht sein, dachte er oft. Er setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Die Kerze war längst erloschen und er saß im Dunkeln. Manchmal fragte er sich, ob er sich die Schuld an der Situation geben sollte. War es so falsch gewesen, seinem Erbe zu folgen und für eine gute Sache einzustehen? Er kannte die Antwort nicht. Er dachte oft darüber nach, doch kam zu keinem Entschluss. Seine Bruderschaft lehrte ihn, dass nichts wahr sei. Vielleicht gab es deshalb keine passende Antwort auf seine Frage. Und doch, sei alles erlaubt, sagten sie ihm. Er stand auf und verließ sein Zimmer. Er zündete auf dem Flur keine Kerze, denn er kannte den Weg in das Ehe Schlafgemach blind. Er verlangte nach ihr, sie fehlte ihm. Er wollte bei ihr sein und so ging er zu ihr, auch wenn sie womöglich längst schlief. Seine Schritte waren kaum hörbar, das hatte er nicht zuletzt seiner Ausbildung zu verdanken. Er griff leise nach der Türklinke und öffnete den Eingang zum Schlafgemach klanglos. Natürlich schloss er sie, sobald er den Raum betrat. Und er schloss auch die Augen, in dem ohnehin schon dunklen Raum, und suchte im Stillen den Klang ihres Atems. Ein Schauer überkam ihn, als er ihn hörte. Er lauschte ihm weiter und ließ sich zu ihrem Ehebett leiten. Sie war alles, was er wollte. Behutsam tastete er sich zu ihrem Haar und dann zu ihrer Wange. Ihre Haut war so warm und so schön geschmeidig. Er kniete sich neben das Bett und streichelte ihr sanft den Kopf. Es tat ihm alles so furchtbar Leid und in diesem Moment fühlte er Reue. Er bereute es für einen Augenblick lang, den Assassinen beigetreten zu sein und den Pfad seiner Vorfahren eingeschlagen zu haben. So viele Gefühle überkamen ihn. Dann beugte er sich über ihren Kopf und küsste ihre Stirn. Doch das war ihm nicht genug. Seine Finger fuhren sanft die Konturen ihrer Lippen nach. Er musste sie schmecken. Nur ein einziges Mal. Er vermisste sie so sehr. Plötzlich spürte er, wie ihre Hand ganz zart sein Gesicht berührte. Sofort griff er nach ihr und umschlang sie. Wärme durchfuhr ihn, als er ihre Hand fühlte und Hitze überkam ihn, als sie ihn zu sich zog. Jede Stelle ihres Körpers wollte er mit seinen Lippen beschenken. Sie verdiente so viel mehr. Sie küssten sich lieblich und dann wurden sie eins. Sie krallte sich tief in sein Fleisch und er fühlte, wie sehr sie ihn liebte. Er wollte ihr noch viel mehr Liebe zurückgeben. In ihrer Stimme hörte er ihr Verlangen und in seinen Bewegungen fühlte sie seine Leidenschaft. Sie liebten sich die ganze Nacht. Vor Tagesanbruch kam er zu sich und er fror. Ihm war bitterkalt. Eine Träne lief ihm die Wange hinunter und er brachte es nicht fertig, seine Augen zu öffnen. Mutlos vergrub er sein Gesicht in seinen Händen. Sie war fort und er wusste, sie würde nicht wieder zurückkehren. 17. November 1773 Arno ist nun bald über dem Berg, glaube ich. Er fragt nicht häufig nach seiner Mutter. Der Junge scheint jeden Tag pfiffiger zu werden und einzusehen, dass sie nicht zurückkommen wird. Es ist traurig, doch gleichzeitig muss ich zugeben, dass diese Einsicht vieles erleichtert... Ich bin nicht in der Lage, ihn selbst zu unterrichten, also stelle ich ihm die besten Lehrer Versailles zur Seite, die das für mich übernehmen. In letzter Zeit bekomme ich ihn kaum zu Gesicht, obwohl er alles war, was mir blieb. Seit Marie gegangen war, war ich glücklich über jeden Tag, den ich nicht auf unserem Anwesen verbringen musste. Manchmal überlege ich, ob Arno und ich nicht einfach nach Paris ziehen sollte - unser altes Leben hinter uns lassen, und dort neu beginnen. Es ist eine schöne Vorstellung, doch ich komme immer wieder zu der Einsicht, dass ich ihm das Leben damit noch schwerer machen würde, als es für ihn im Moment ohnehin schon ist. Er überspielt seine Traurigkeit. Ich als sein Vater wusste das natürlich. Doch es fiel mir schwer, ihm Trost zu spenden, weil ich mich so schuldig fühle. Vielleicht sollten wir mal wieder verreisen; nur er und ich. Vielleicht würde es uns beiden gut tun. Meine Assassinen Ausbildung geht gut voran. Pierre und ich bestreiten nun gemeinsam die ersten Aufträge. Ich kann nicht viel darüber schreiben, das verbietet mir mein Orden. Doch die Ziele waren Templer, die sich korrupt unter die Politik gemischt hatten. Pierre ist der Meinung, dass sie alle ausgerottet gehören, doch ich ertappe mich oft dabei, wie sich in meinem Kopf ein Bild von einem friedlichen Miteinander aufbaut. Die Templer sind keine ungebildeten Leute. Sie besitzen großes Wissen und im Grunde scheinen unsere Ziele gar nicht mal so weit auseinander zu liegen - unsere Herangehensweisen aber schon. Doch könnte man einen gemeinsamen Nenner finden, könnten wir dann nicht die Welt verbessern? Es ist wohl längst nicht so einfach, .... Charles saß an seinem Schreibtisch und seufzte. Die Sonne stand bereits tief und erhellte sein Zimmer in einem warmen Orangeton. Noch immer konnte er nicht glauben, dass Marie fort war. Noch immer fühlte er ihre Hand auf seiner Wange, doch er wusste, er hatte loszulassen. Er durfte nicht in der Vergangenheit leben. Und noch weniger durfte Arno das mitbekommen. Seine Gedanken wurden unterbrochen, als er plötzlich eine Stimme hörte. "Wohnst nicht schlecht hier, Pisspott." Es waren die vertrauten Worte seines Meisters, Pierre Bellec. Pierre stieg durch das Fenster in das Arbeitszimmer von Charles ein und letzterer wunderte sich, warum er nicht einfach durch die Eingangstüre kam. „Mein Freund, hat es einen bestimmten Grund, warum du mich wie einen Einbrecher heimsuchst? Du hättest auch einfach durch den Eingang kommen können.“ Pierre spazierte durch das riesige Arbeitszimmer und sah sich nicht schlecht staunend um. Das edle Mobiliar war mit der Ausstattung in seinem Heim kaum vergleichbar. Goldene Verzeihungen, wohin das Auge reichte. Gemälde, die Charles bestimmt nicht aus Frankreich hatte, weil sie eine ganz andere Kultur widerspiegelten. Figuren aus Glas, die es ihnen gleich taten – der Mann kam viel in der Welt rum. Der Adel eben... „Dann hätte ich mich ja mit deinem Personal herumschlagen müssen.“ mürrisch sah Pierre drein. „Oh nein, wie furchtbar, sie hätten dir die Türe geöffnet und dich bis zu mir geleitet.“ Ironie war nicht Charles' Stärke und schon gar nicht, wenn er niedergeschlagener Laune war, wie heute. Er ließ sich in seinen Sitz zurückfallen und schloss sein Buch. In einer im Schreibtisch eingebauten Schublade, verstaute er dieses. Es waren seine privaten Gedanken, niemand sollte sie je erfahren. Dann kramte er in seiner Hosentasche nach einem Schlüssel, fand ihn aber nicht. „So etwas blödes aber auch.“, gab er unruhig von sich. „Siehst ganz schön blass aus.“ begann Pierre das Gespräch, „hier, hab dir was mitgebracht, Pisspott.“ Er holte eine Flasche Wein hervor und ging zu einem gläsernen Regal. Dort griff er nach zwei vergoldete Kelchen und befüllte sie mit dem Alkohol. Dann trat er auf seinen Schüler zu und reichte ihm einen der Kelche. „Tchin“, stieß Pierre an. Dann genossen sie. Als Charles' Wein gänzlich getrunken war, stand er auf und ging um den Tisch herum. Er griff nach der Flasche, die Pierre in seiner Hand hielt, nahm sie wortlos an sich und schenkte beiden jeweils erneut ein. „Hab Dank, mon ami“, sagte er beruhigten Gemütes. „Schon gut, Pisspott.“, antwortete Pierre bescheiden. „Nein - dir gebührt mein Dank. Wenn du nicht wärst, wäre ich womöglich längst in meinem Selbstmitleid ertrunken.“ Charles klopfte Pierre freundschaftlich mit der Hand auf den Oberarm, dann zeigte er auf das edle Sofa in der Mitte des Raumes. „Möchtest du dich setzen?“, bot er seinem Gegenüber an, doch dieser lehnte mit einem Kopfschütteln das Angebot ab „Danke, aber ich muss weiter. Hab noch ein bisschen was zu erledigen heute. Behalt den Wein. Er löst deine Probleme. Zumindest für diesen Tag.“ Pierre wandte sich bereits ab, um die Villa von Charles erneut durch das Fenster zu verlassen, bis ihm noch etwas einfiel. „Bevor ich es vergesse“, Pierre drehte sich nochmal um, „kann sein, dass wir bald in trauter Dreisamkeit unterwegs sein werden.“ Charles sah auf. „Du übernimmst einen weiteren Novizen?“, fragte er überrascht. „Nicht freiwillig.“ „So?“ „Quemar wird alt und will im nächsten Jahr seinen Ausbilderposten abgeben.“ „Und da dachte er ausgerechnet an dich, mon ami?“, sagte Charles in einer Tonlage, die Pierre zu überlegen gab, ob der Wein bei seinem Schüler vielleicht schon anschlug. „Erzähle ich dir ein anderes Mal. Muss jetzt los, Pisspott. Triff mich morgen früh am Palais De Justice, ich hab einen Auftrag für dich.“ Charles sah ihm hinterher, doch ehe er etwas sagen konnte, war Pierre auch schon wieder verschwunden. „Nimm das nächste Mal die Türe...“, murmelte er lächelnd vor sich hin. Und so verging ein Jahr... Hosted by Animexx e.V. 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