Too Strong To Fall von Votani (Levi x Sakura) ================================================================================ Kapitel 18: searching for an exit. ---------------------------------- Vom Regen in die Traufe. Sakura fand keine besseren Worte, um ihre Situation zu beschreiben. Das Wasser war kalt durch ihre Stiefel gesickert, durch die dicken Wollsocken, die sie trug, da der Bach an unebenen Stellen im Boden tiefer war. Die Dunkelheit um sie herum machte es jedoch unmöglich irgendetwas in dem Tunnel zu erkennen, in dem sie sich in Zeitlupe voranbewegten. Die einzigen Dinge, auf die sich Sakura konzentrieren konnte und die ihr hier in der Finsternis Halt gaben, waren Petras Hand auf ihrer Schulter und ihre eigene Hand, die wiederum auf Levis Schulter ruhte. Die jeweilige Körperwärme sickerte ähnlich wie das dreckige Wasser durch die Kleidung und direkt in ihre Haut hinein. Es war die beste Möglichkeit, um einander nicht aus den Augen zu verlieren und nicht ineinander hineinzulaufen. Levi führte sie, langsam und mit einer Hand stets an dem rauen Gestein der Tunnelwand entlang. Die Muskeln unter ihren Fingern waren angespannt und durch seine schlanke Statur problemlos spürbar. Der Gedanke, wie sich seine bloße Haut anfühlte, wie er aussah, wenn er keine Hemden trug, schlich sich ihr auf und sie war froh um die Dunkelheit, die ihren verlegenen Gesichtsausdruck vor den Blicken der anderen versteckte. Es war unangebracht so zu denken, ganz besonders, weil sie wusste, dass ihnen ihre fehlenden Jacken und Umhänge zum Verhängnis werden konnten, sollten sie tatsächlich einen Ausgang aus diesem unterirdischen Labyrinth finden. Hier drinnen mochte es feucht und stickig sein, aber draußen herrschte noch immer der kühle Herbst, der sich schon bald in einen eisigen Winter verwandeln würde. Ihr fröstelte es bereits bei dem Gedanken daran. Andererseits konnten sie vom Glück sagen, dass die herbstlichen Regenfälle im Moment noch das Wetter bestimmten. Ohne den beständigen Regen in der letzten Zeit hätte es diesen Bach nicht gegeben, der ihnen hoffentlich den Weg aus der Höhle zeigen würde. „Was ist los?“, erklang Levis Stimme, ein raues Murmeln, welches nur von den Stiefeln und den Hufen im Wasser begleitet wurde. Sakura zuckte unwillkürlich zusammen. Hinter ihr blieb es still, weshalb sie ein „Huh?“ verlauten ließ. „Deine Hand. Sie hat sich verkrampft“, erklärte Levi und Sakuras Blick richtete sich auf den Platz, an dem sich ihre Hand befand, obwohl sie diese nicht einmal ansatzweise erkennen konnte. Er hatte es bemerkt... Sakuras Wangen glühten und sie schluckte, um den Kloß in ihrem Hals zu vertreiben. „Es... nichts. Es ist nichts. Ich war nur in Gedanken vertieft“, plapperte sie. „Es besteht Gefahr der Unterkühlung, sobald wir draußen sind. Besonders, wenn es wieder regnet.“ „Vielleicht haben wir ja Glück und die Temperaturen sind gestiegen“, sagte Petra hinter ihr. Olou schnaufte. „Sollten wir es jemals aus der Höhle schaffen. Vor einer Stunde hatte ich noch Hoffnung, aber inzwischen...“ „Die Luftfeuchtigkeit ist weniger geworden“, kommentierte Levi. Seine Stimme spiegelte weder Petras Optimismus wider, noch Oluos Pessimismus, war aber nicht weniger selbstbewusst in ihrer Aussage. „Jetzt, wo du es sagst, Captain“, entwich es Sakura. „Das kann nur bedeuten, dass frische Luft irgendwo in die Höhle dringt. Wir müssen nahe am Ausgang sein.“ Ein Beben ging durch ihren Körper, denn das bedeutete, das sie schon bald herausfinden würden, ob sie diesen stickigen Tunneln tatsächlich entkommen konnten. Was würden sie tun, wenn die Öffnung zu klein für sie war? Das Blut rauschte ihr vor Aufregung in den Ohren. Stille folgte ihren Worten, als ob die anderen dieselben Zweifel hatten und niemand sie aussprechen wollte, weil sie dann Gefahr liefen, sie zur Realität werden zu lassen. Doch es war wichtig, dass sie es zurück hinter die Mauern schafften. Immerhin hatten sie nicht nur Spuren ihrer Vorväter entdeckt, sondern auch eine mögliche Quelle für frisches Wasser, selbst Sakura verstand die Bedeutsamkeit diese Funde. Noch bevor Sakura darüber nachdenken konnte, wie euphorisch die restlichen Soldaten sie ihrer Entdeckungen bezüglich empfangen würden, spürte sie, dass Levi und sie richtig gelegen hatten. Ein feiner Windzug streifte ihr Gesicht, so leicht, dass es glatt Einbildung hätte sein können. Doch Petra drückte ihre Schulter und stieß einen freudigen Laut aus. Die Dunkelheit endete nicht, nur Levi hielt in seinen Schritten inne. „Der Tunnel endet hier“, verkündete er monoton und Sakura fühlte wie Levi den Arm hob und ausstreckte. „Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, es gab einen Erdrutsch und der Gang ist zugeschüttet.“ „Und was machen wir jetzt?“, bellte Oluo. Seine Stimme wackelte und Sakura sah über ihre Schulter zurück, obwohl sie den panischen Ausdruck auf Oluos Gesicht nur vermuten konnte. „Wie sollen wir den ganzen Weg zurückgehen? Ohne Licht? Das waren zu viele Abzweigungen und—“ „Halt den Mund, Oluo“, raunte Levi. „Bewege deinen Hintern stattdessen lieber hier rüber und helfe beim Wegräumen des Gerölls.“ „Es gibt nur einen Weg für uns und der ist geradeaus“, fasste Eld zusammen. Seine Stimme schwoll an und eine Hand berührte ihren Arm, als der blonde Soldat sich an ihnen vorbeischob, um ebenfalls anzupacken. Auch Petra, Sakura und Oluo tasteten sich blind voran, bis ihre Finger das raue Gestein berührten. Die unregelmäßigen Formen verrieten Sakura, dass Levi richtig lag und der Durchgang verschüttet war. Kleine und große Felsbrocken wogen schwer in ihren Armen, als sie begannen sie aus dem Weg zu räumen. Sobald einer aus dem Weg war, rollte ein zweiter an dieselbe Stelle, der seinen Platz einnahm. Ihre Finger brannten, als sie sich die Haut an den scharfen Kanten aufriss, doch Sakura biss die Zähne zusammen. Den anderen musste es ähnlich ergehen und niemand von ihnen gab auch nur einen Mucks von sich. Kein Wunder, entweder sie schafften die Steine weg oder sie würden hier unten jämmerlich verrecken. Ein eisiger Schauer rann ihrer Wirbelsäule herab, als sich ihr der Gedanke aufschlich, dass die Finsternis das Letzte sein würde, was sie je zusehen bekam. Sakura wollte hier drinnen nicht sterben. Nicht, wenn alles in ihr schrie, dass der Ausgang, dass die Freiheit, praktisch zum Greifen nah war, nur ein paar weitere Steine von ihnen entfernt. Doch konnte sie sich dessen sicher sein? Nein, es war nur eine Vermutung, nichts weiter. „Hey, Leute… hier tut sich was“, rang Oluos Stimme aus, der sich irgendwo links von Sakura befand. „Eine Öffnung, meine Hand passt durch.“ „Siehst du Tageslicht?“, erkundigte sich Eld und auch Sakura hielt bei dieser Frage die Luft an. „Nein, nichts. Nur… etwas Luft. Kommt mir aber mehr als vorhin vor. Hat das etwas zu heißen? Ist der Ausgang nah? Sakura?“ „Ich... Ich weiß nicht.“ Ihre Worte klangen hohl und unsicher. Das schlechte Gewissen folgte dicht auf dem Fuß, denn sie hatte ihren Teamkameraden eine falsche Hoffnung gegeben, als sie von einem Ausgang gesprochen hatte. Von Wasser, welches irgendwo hinfließen musste. Von einem Luftzug, der auf eine Öffnung hindeutete. Sie schluckte und ihre pochenden Hände ballten sich zu Fäusten. Ihre Augenwinkel brannten fast genauso sehr, wie die Abschürfungen an ihren Handflächen. „Spielt das eine Rolle?“, fragte Levi. „Es ist der einzige Weg vorwärts, wie Eld bereits gesagt hat. Also hört auf Zeit mit unsinnigen Gedanken zu verschwenden und arbeitet weiter. Seid ihr Schwächlinge oder seid ihr Soldaten?“ „Captain Levi hat recht“, sagte Petra. „An die Arbeit. Den letzten Rest schaffen wir jetzt auch noch!“ Zustimmung folgte von Eld und Oluo, bevor sich wieder ein Schweigen über sie legte. Nur ein gelegentliches Ächzen und Keuchen erklang, als sie besonders große Brocken zu zweit oder dritt aus dem Weg schafften, um nicht nur einen Durchgang für sie zu kreieren, sondern auch einen schmalen Pfad für ihre Pferde, die in der Dunkelheit standen und mit den Hufen im Wasser scharrten. Sie kamen besser zurecht, als Sakura ihnen zugetraut hätte. Andererseits half die Finsternis vielleicht, denn sie sahen nicht die engen Tunnelwände und die niedrige Decke, die Sakura gelegentlich ertastet hatte und ihr ein beklemmendes Gefühl bescherten. Das Sehen mochte in dieser Höhle nicht vom Nutzen sein, aber ihre anderen Sinne arbeiten dafür auf Hochtouren. Natürlich wusste sie von ihren Patienten und unzähligen Textbüchern, dass das normal war, dass die anderen Sinne besser zu funktionieren begannen, sobald einer fehlte. Es war jedoch eine ganz andere Sache, es selbst zu erfahren und mitzuerleben. Es war faszinierend, aber auch ein klein wenig beängstigend. Auch Zeit war etwas, dass in diesen Tunneln verloren ging, abgeschnitten wie sie von dem Tageslicht waren. Wie viele Stunden waren vergangen? Der neue Tag musste längst angebrochen sein, vielleicht war er sogar bereits wieder vorbei. Es war schwer vorstellbar, doch Sakura konnte beim besten Willen nicht sagen, wie lange sie bereits hier drinnen herumirrten. Kein Wunder, denn niemand hatte mit einem Titanenangriff mitten in der Nacht gerechnet. Sie hatte schon öfter gehört, dass sich Titanen in der Dunkelheit nicht bewegen konnte, auch wenn die Erklärung dafür fehlte. Allerdings hatte der Arm, der sich in die Höhle geschoben hatte, sehr bewegungsfreudig ausgesehen. Ihr Mund öffnete sich, doch bevor ein Laut ihren Lippen entrann, schloss sie ihn wieder. Sie hätte Levi liebend gern danach gefragt, aber das war nicht der richtige Moment, um die Gedanken aller wieder auf die ausweglose Situation und den Grund dafür zu lenken. Stattdessen arbeite sie weiter, bis Petra und sie gemeinsam einen größeren Stein aus dem Weg räumten und Eld verkündete, dass er die Öffnung als breit genug empfand, um die Pferde hindurchzuleiten. Er strauchelte zurück zu ihren Tieren und nur der Fluch aus seiner Kehle verriet, dass er dabei über einen herumliegenden Steinbrocken stolperte. Sakura drehte sich dem Tunnel zu, der in unbekannte Richtung weiterführte und in derselben Finsternis getaucht war. Was hatte sie sich erhofft? Dass hinter den Felsbrocken sich urplötzlich frische Luft und strahlender Sonnenschein befand? „Lasst uns weiter“, entrann es Levi und Sakura ergriff die erste Hand, die sie zu greifen bekam. Sanfte Finger schlossen sich um ihre. „Sakura, bist du das?“ „Ja.“ Petra und Sakura gingen voran, dicht gefolgt von Levi, der sich hinter ihnen beinahe lautlos bewegte. Anschließend kam Oluo und Eld, welche die Pferde vorwärts lotsten. All das wurde nur aus den unterschiedlichen Schritten und ihren Stimmen erkenntlich. Nur die Müdigkeit und die brennenden Innenflächen ihrer Hände erinnerten an den zugefallenen Gang, ansonsten hätte man meinen können, es hätte diese Verzögerung nie gegeben. Es erinnerte Sakura an eine philosophische Frage, die ihr einst in einem der alten Bücher in der Akademie über den Weg gelaufen war: Wenn ein Baum im Wald umfiel und niemand da war um es zu hören, machte er dann tatsächlich ein Geräusch? Warum fiel ihr das ausgerechnet jetzt ein? Und was hatte es mit ihrer Situation zu tun? Die Brise, die ihr entgegenwehte, lenkte sie von ihren Überlegungen ab. Ihre Haare kitzelten ihre Wange. Die Luft war frisch im Gegensatz zu den stickigen Temperaturen, die bisher in der Höhle geherrscht hatten. Dieses Mal war es auch kein winziger Luftzug, sondern… mehr, vor allem näher. Sakura zog den Atem ein und streckte ihre Hand aus, als sie eine Ecke erreichten und der Tunnel eine Kurve nahm. Petra drückte ihre Hand. Wenige Schritte später tauchte der Durchgang auf, halb verhangen mit Kletterpflanzen und anderem Gestrüpp, aber eindeutig ein zweiter Eingang in das Höhlensystem. Tageslicht flutete den Tunnel und fernes Vogelgezwitscher drang an ihre Ohren. Sakura blinzelte, damit sich ihre Augen wieder an die Helligkeit gewöhnten. Trotzdem setzte sie zügig einen Fuß vor den anderen, kämpfte sich durch die Ranken und trat hinaus ins Freie. Die anderen waren ihr dicht auf den Fersen und Petra schlang die Arme um ihre Schultern, als sie auflachte. Gierig streifte ihr Blick über die verwilderte Landschaft. Der Höhlenausgang lag versteckt zwischen einigen Felsen, inmitten hoher Berge, die weit über ihre Köpfe hinausragten, während Gräser aus dem steinernen Boden um sie herum sprossen, ein paar bunte Wildblumen dazwischen. Weiter entfernt raubten Bäume ihnen das Licht und die Landschaft ging in einen schattigen Wald über. Doch es war der See, an dem Sakuras Augen hängen blieben. Er befand sich in der Senke vor ihnen und der kleine Rinnsal schlängelte sich durch das Gras zu ihm hinüber, um in ihm zu münden. „Wir haben es geschafft. Wir haben es tatsächlich geschafft!“, rief Oluo aus, dem die Zügel der Pferde aus der Hand rutschten. Stattdessen breitete er die Arme aus und schlang sie um Petra und Sakuras Schultern, während er lachte, bis Tränen in seinen Augenwinkeln hingen und Eld, Petra und Sakura ebenfalls einstimmten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)