Too Strong To Fall von Votani (Levi x Sakura) ================================================================================ Kapitel 8: the wall. -------------------- Levis Faust war hart und laut auf dem Holz. Sie war ein Donnerschlag in der friedlichen Stille des bewölkten Morgens. Ein dumpfes Geräusch auf der anderen Seite der Tür ertönte, gefolgt von einem Schmerzensschrei. Anstatt darauf zu warten, dass man ihn hineinbat, öffnete Levi die Tür, verweilte jedoch in deren Rahmen. Eine der Frauen war aus dem Bett gefallen und rappelte sich unter seinem gelangweilten Blick auf, um ihm zu salutieren. Eine zweite sah von dem Hochbett hinunter und zog die Decke bis zum Kinn hinauf, obwohl Levis Blick nicht ihr gehörte. Er legte sich auf Sakura, die dabei war sich in ihrem Bett aufzusetzen und sich die Augen zu reiben. „Zieh dich an“, verkündete Levi monoton. Im selben Atemzug trat er ein und legte die Ausrüstung, die er bei sich trug, auf dem kleinen Tisch ab. Sein eigenes 3DM-Gear war bereits um seine Hüften geschnallt und stellte ein vertrautes Gewicht dar. „I-Ist etwas passiert?“, fragte Sakura mit schlaftrunkener Stimme. Ihre Finger hatten sich in die Decke verkrampft, scheinbar hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch einfach im Bett zu bleiben und seinem Befehl Folge zu leisten. Sorge huschte über ihr Gesicht und Levi deutete ein Kopfschütteln an. „Zieh dich einfach an. Ich warte vor der Tür“, sagte er, bevor er kehrt machte und aus dem Zimmer marschierte. „Und lass dir nicht zu viel Zeit.“ Mit diesen Worten zog er hinter sich die Tür zu und sobald er sie geschlossen hatte, konnte er Stimmen im Inneren vernehmen, diesmal wispernd. Keine von ihnen gehörte Sakura. Levi setzte ein paar Schritte nach rechts und lehnte sich dort gegen die Wand, die Arme vor dem Brustkorb verschränkt. Für seinen langen Geduldsfaden war Levi nicht bekannt, aber Sakura ließ ihn nicht warten. Binnen weniger Minuten stand sie bereits neben ihm im Gang, leicht verschwitzt und mit bebenden Händen, mit denen sie sich umständlich die Ausrüstung um die Hüften schnallte. Ihre Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden, wie Sakura ihn stets beim Training oder bei der Arbeit in der Krankenstation trug. Sagen tat die junge Ärztin nichts, aber die Frage stand in ihren grünen Augen geschrieben und bedurfte keinerlei Worte. Levi ignorierte sie dennoch. Er setzte sich in Bewegung und bedeutete mit einer knappen Handbewegung an, dass Sakura ihm folgen sollte. Ihre Schritte hallten in dem kahlen Gang des Schlosses wider, fest und sicher, kein Stück zögerlich. „Ich habe mit Erwin gesprochen. Deine Schicht in der Krankenstation wird heute von jemand anderem übernommen“, erklärte er ihr, als er sie zum Stall hinüber führte, in dem sie sich erst vor ein paar Stunden inmitten der nächtlichen Dunkelheit über den Weg gelaufen waren. „Steht etwas anderes an? Etwas Wichtigeres?“, fragte Sakura, als sie den Stall erreichten, in dem ein paar neue Rekruten auf seinen Befehl bereits zwei Pferde gesattelt hatten. „Nein.“ Levis Antwort fiel knapp aus. Er nickte den Rekruten zu, nahm ihnen die Zügel eines der Pferde ab und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Sakura tat es ihm gleich, richtete zuvor jedoch noch einige freundliche Worte an die jungen Soldaten. Diese hatte sie für Levi nicht übrig, aber das war besser, als unnötige Zeit mit langen und überflüssigen Reden zu verschwenden. Gemeinsam ritten sie aus, zunächst über den vertrauten Hof des alten Schlosses und durch das für sie geöffnete Tor. Blicke folgten ihnen, bis sich das Gitter des Tores wieder quietschend gesenkt hatte und sie über einen Hügel verschwunden waren. Die Morgensonne stand niedrig am blauen Himmel und schickte ihre orange-gelben Strahlen nur schleppend über die hohen Mauern, die sie von den Titanen und der restlichen unbewohnten Welt trennten. Das einzige Geräusch in der morgendlichen Stille und über den rauschenden Wind hinweg war das Getrampel der Pferde, die Hufe auf den sandigen Wegen und weiten Wiesen, die zwischen ihnen und dem Trost-Distrikt lagen. Nur kurz schielte Levi aus den Augenwinkeln zu Sakura hinüber, die auf einer hellbraunen Stute kaum einen Meter hinter ihm ritt. Die anfängliche Unsicherheit war aus ihrem Gesicht gewichen und hatte eine sichtbare Vorahnung hinterlassen. Er konnte es in den zusammengezogenen Augenbrauen sehen, in den Lippen, die zu einer schmalen Linie gepresst waren. Selbst Sakura wusste inzwischen welche Richtung sie einschlugen, auch wenn sie den Grund dafür nicht kannte. Oder ahnte sie doch etwas? Levi bezweifelte es. Sein Blick richtete sich geradeaus, weg von der jungen Ärztin, die Soldatin spielen wollte. Er lehnte sich tiefer über den Hals seines Pferds und presste die Hacken seiner Stiefel fester in seine Flanken, um die Geschwindigkeit zu erhöhen. Gemeinsam donnerten sie schweigend über die weite Fläche, die furchtbar endlos wirkte, wenn man nicht wusste, dass es hinter den Mauern weiterging. Wenn man nicht wusste, dass der Weg zwischen dem Hauptquartier des Aufklärungstrupp und dem Trost-Distrikts kein Vergleich zu der weiten und wilden Natur darstellte, die den Menschen schon so furchtbar lange enthalten wurde. Die alte Wut war noch immer da und brodelte unter der Oberfläche, in den verwinkelten Ecken seines Bauchs, seines Herzens. Die Sonne erhob sich über das ferne Gestein der Mauern und flutete die letzte Zuflucht der Menschen, während Wolken an dem blauen Himmel über ihren Köpfen hinwegzogen. Der Wind ließ die Blätter der Bäume rascheln, denen die Gräser gewichen waren. Letztendlich erhoben sich hinter den unzähligen Stämmen dichtere Mauern, die nicht weniger hoch waren. Die Mauern von Wall Rose bauten sich vor ihnen auf, mitsamt des Tores, welches direkt in das Trost-Distrikt führte. „Was machen wir hier?“, fragte Sakura, ihre Stimme rau und angespannt. Ihr Blick glitt von den Soldaten am Tor, die es auf Levis Zeichen hin öffneten, zu dem Squad-Captain hinüber, der sie nicht weniger emotionslos anschauen könnte. „Wir sind hier, damit ich dir etwas zeigen kann“, antwortete Levi, als die schweren Tore sich öffneten und ihnen Einlass erlaubten. „Oder dachtest du, dass es nur ein Ausflug zum Spaß ist?“ Er ließ ihr keine Zeit zum Antworten und trieb stattdessen sein Pferd an, damit es sich in Bewegung setzte. Sakura schnappte hinter ihm nach Luft, bevor sie es ihm gleichtat. „Das dachte ich ganz sicher nicht! Aber du bist unheimlich sparsam mit den Informationen, Captain.“ Ein paar der Soldaten erlaubten sich das Heben eines Mundwinkels, als sie Fetzen ihrer Unterhaltung aufschnappten. Kennen tat Levi sie nicht, aber sie kannten ihn und legten ihm keine Steine in den Weg, was das einzig Wichtige war. Sakura und er ließen sie zurück und trabten mit ihren Pferden durch die schmutzigen Straßen von Trost. Müll und Laub hatte sich an den Ecken gesammelt und die letzten Regenschauer hatten Pfützen in den unebenen Stellen auf dem Asphalt hinterlassen. Levi war nicht zum ersten Mal hier unterwegs. Ganz im Gegenteil, sie ritten jedes Mal durch Trost, wenn sie zu einer neuen Erkundungsmission aufbrachen oder mit ihren Toten nach Hause zurückkehrten. Er kannte den Distrikt und die Blicke der Menschen, die sie bei ihrem Kommen und Gehen beobachteten. Er kannte sie alle und sie alle waren Säure auf Levis Haut. Allerdings war ihm Trost dennoch nicht so vertraut, wie es Sakura war. Ihr Blick verriet es, der beinahe suchend umherwanderte. Fast so, als hielte sie Ausschau nach einer ganz bestimmten Person, obwohl sie laut ihrer Akte keinerlei Kontakt zu ihrer Familie hatte. Diese stammte ohnehin nicht aus Trost, da Sakuras Wurzeln ganz woanders lagen, was sie zu einer vollkommen ungewöhnlichen Wahl für den Aufklärungstrupp machte – und da wunderte sich Erwin, dass Levi Bedenken haben könnte. „Auf was wartest du?“, fragte er, als Sakura zurückfiel und er den Kopf drehen musste, um sie überhaupt bei dem ganzen Trubel auf den Straßen zu erkennen. „Wenn du etwas besseres vorhast, als deinem Captain Folge zu leisten, musst du es nur sagen.“ Seine Worte waren monoton, doch die winzige Drohung dahinter sein voller Ernst. Auch Sakura bemerkte es, die ein Lächeln aufsetzte, das ihre Augen nicht erreichte. Sogleich beschleunigte sie das Tempo ihres Pferds und holte mit ihm auf, während eine Kutsche langsam an ihnen vorbeifuhr und Bewohner mit ihren Körben und Kindern an den Händen die schmalen Bürgersteige entlang gingen. Hier herrschte das normale Leben, so normal wie es sein konnte, wenn man dicht an den Außenmauern und den Titanenangriffen lebte. Die meisten Soldaten, die sich in den Aufklärungstrupp hocharbeiteten, stammten aus Trost und anderen Dörfern, die sich nahe Wall Rose befanden. Die meisten waren Menschen, die das harte Leben kannten und wussten, was Hunger bedeutete, die von einer besseren Welt träumten. Nicht Menschen wie Sakura Haruno, die wohl geborgen hinter Wall Sina aufgewachsen waren, Freunde in hohen Plätzen hatten und sich doch dem Militärdienst verschrieben. Levi kannte den Lebenslauf der Ärztin auswendig, wenig wie er beinhaltete. Die Grundausbildung hatte sie früh abgelegt, erst danach hatte der Weg sie nach Trost geführt, in das Krankenhaus und letztendlich zu den Scouts. Nicht unweit von dem Tor, welches sie nach Trost geführt hatte, erreichten sie einen Außenposten. Bei ihm handelte es sich nur um einen kleinen Pferdestall und eine Hütte für Soldaten, die genau an die Mauern gebaut worden war. Levi zügelte sein Pferd und stieg ab, um es an den Stallburschen abzugeben. „Wir kommen sie in einer Stunde abholen. Du bist dafür verantwortlich, dass unsere Pferde bis dahin etwas zu trinken und essen bekommen haben“, sagte er an den jungen Mann gerichtet, der kaum dem Teenageralter entsprungen war. Der Junge versuchte einen Bart wachsen zu lassen, der stoppelig war und kahle Stellen aufwies. Er salutierte, stramm und stocksteif. „V-Verstanden, Sir!“ „Danke“, entrann es Sakura, als sie dem Jungen die Zügel ihres Pferdes überreichte und dem Tier noch einmal den Hals streichelte. Anschließend wandte sie sich Levi zu und ein Funken Bitterkeit blitze in ihren hellen Augen auf. Levi erwiderte ihren Blick ausdruckslos, die Augenbrauen leicht in stummer Frage und Herausforderung gehoben. Doch Sakura wartete, bis der Stallbursche ihre Pferde ins Innere des kleinen Schuppens geführt hatte, bevor sie ihre Hände zu Fäusten ballte und das Wort ergriff. „Ich wollte es nicht von einem Pferderücken zum anderen schreien, aber ich finde trotzdem, dass ich mir etwas mehr Respekt verdient habe“, verkündete sie. Ihre Stimme bebte, doch ausnahmsweise konnte Levi nicht mit Sicherheit sagen, ob es vor Wut, vor Unsicherheit oder einer Mischung aus beidem war. „Ich weiß, dass du etwas gegen mich hast, Captain, aber das ist noch lange keine Rechtfertigung, mich so unfreundlich zu behandeln. Oder generell alle Menschen.“ Sie atmete schwer, als ob ihr diese Ansprache schon eine Weile auf den Lippen gelegen hatte. „Bist du fertig?“, fragte Levi aber doch nur. Sakura setzte einen Schritt zurück. „Ja... Ja, bin ich“, sagte sie leiser, einem halben Seufzen gleich. „Gut, dann lass uns gehen.“ Levi nahm eines der Schwerter aus der metallenen Scheide an seiner Hüfte und betätigte die Bedienung der Stahlseile. Auf Knopfdruck schoss eines hervor und verankerte sich gezielt am oberen Ende der Mauer, furchtbar weit über ihren Köpfen hinweg. Er zog mit der freien Hand daran, doch es war sicher, was er ohnehin bereits wusste. Die Geste räumte ihm lediglich die Zeit ein, Sakura ein paar letzte Informationen vor ihrem Aufstieg zukommen zu lassen. „Wir sind hier beim Militär, nicht im Kindergarten. Hier geht es nicht darum nett zu sein, sondern um fähig zum Überleben zu sein. Und wenn ich dich nicht leiden könnte, würde ich mir nicht die Mühe machen.“ Er spezifizierte seine Worte nicht, denn im nächsten Moment ließ er das Stahlseil einfahren und sich mit einem Ruck in die Höhe ziehen. Sakura blieb unter ihm zurück, bis er oben angekommen war und sich mit den Händen das restliche Stück an der Mauer hochzog. Erst danach schätzte sie die Höhe ab, verankerte ihr eigenes Stahlseil und begab sich damit und mit einem bleichem Gesicht dem Gestein hinauf. Levi reichte ihr die Hand, um sie die letzten Zentimeter hochzuziehen und ihr aufzuhelfen. Ein leises „Danke“ war ihre Antwort, als hätte sie nicht erwartet, dass Levi Ackerman zu einer fast hilfsbereiten Geste fähig war. Doch binnen weniger Sekunden, in dem Moment, in dem ihre Augen die Weite des Landen zum ersten Mal erblickten, war jeder Gedanke an ihn vergessen. Bis zum Horizont und weiter erstreckten sich die weiten Wiesen, die in der Ferne in Wäldern übergingen, mit Bäumen so viel höher als alle, die es hinter den Mauern gab. Auch der Himmel lag ausgestreckt wie ein Teppich über ihr, vor ihr und verschmolz in der Ferne mit dem Land, auf dem sie noch nie einen Fuß gesetzt hatte. Sakura stolperte ein paar Schritte vorwärts, so dass es Levi glatt in den Fingern juckte, sie an der Schulter zu packen. Erwin würde es ihm nicht verzeihen, wenn eine von ihm ausgesuchte Soldatin schon vor Beginn der Expedition von der Mauer in den Tod purzelte. Doch Sakura stützte die Hände auf dem Gestein ab, das eine Art Gelände bildete und kniehoch war. In regelmäßigen Abständen befanden sich Öffnungen, in denen Kanonen bereit standen und ferne Soldaten patrouillierten die Mauern, die sie nur aufgrund ihrer Uniform und dem Abzeichen des Aufklärungstrupps hier oben duldeten. Levi überbrückte den Abstand zu Sakura mit einem Schritt. Seine Finger schlangen sich nun doch um ihren Oberarm, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, ohne sie unnötig zu erschrecken. „Dafür kämpfen wir“, entrann es ihm und er nickte der Freiheit entgegen, die so nah und greifbar und einnehmend war. Anschließend streckte er den Arm aus und deutete zur linken Seite, dort wo die Mauer einen ovalen Bogen zog, weit genug von ihnen entfernt, um nicht sofort erkenn- oder hörbar zu sein. „Und dagegen kämpfen wir.“ Sakura folgte seinem Blick zu dem Titan hinüber, der halb so hoch wie die Mauer war. Seine Finger kratzen an dem Gestein, das schon Jahrhunderte stand und von dem jeder hoffte, dass es noch weitere Jahrhunderte stehen würde. Ein verzehrtes Grinsen nahm die riesige Fratze ein, die sich den Soldaten auf der Mauer entgegen streckte, während er von einem Fuß auf den anderen trat, als könnte er weitergehen und als stünde ihm keine Barriere im Weg. „Wenn ich deinen netten Babysitter spiele, bringt dir das nichts“, sagte Levi. „Dort draußen bist du auf dich selbst gestellt. Du kannst dich zwar auf deine Kameraden verlassen, aber im Endeffekt stehst du dem Titanen am Ende allein Aug in Aug. Es kommt auf dich und deine Fähigkeiten an, ob du überlebst, Sakura.“ Seine Worte holten sie aus ihrer Erstarrung. Sie löste den Blick nur widerwillig von dem Titan, um Levi mit ihm festzunageln. „So wie ich das sehe, haben wir aber niemand anderes als unsere Kameraden. Gerade da draußen.“ Und sie machte eine schweifende Armbewegung zu den Wiesen und Bäumen, Wäldern und weiten Flächen, als sei Sakura mit ihnen vertraut, vertrauter als Levi, obwohl er derjenige war, der die Mauern schon unzählige Male verlassen hatte und die Einsamkeit und die Gefahren dieser Freiheit kannte. Vielleicht war es das, was Erwin in ihr gesehen hatte, ging es Levi durch den Kopf, als er Sakura musterte. Womöglich war es diese Entschlossenheit gewesen, die zwar von Zweifeln besät war, sich aber nicht von ihnen unterkriegen ließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)