Bananeneis von Raija ================================================================================ Kapitel 16: Rausch ------------------ „Drei.verdammte.Wochen." Jedes Wort wurde mit einem Klaps auf ihren Po unterstrichen. „Drei verdammte Wochen schmollst du schon vor dich hin." Mara hob den Kopf widerwillig von ihrem Kissen und starrte Hanji finster an. Sie hasste sich ja selbst dafür, dass sie ihm so hinterher heulte. Doch sie konnte nicht anders. Ständig war er in ihren Gedanken präsent. Ständig erinnerte sie irgendwas daran, dass er ihr Herz gebrochen hatte. „Könntest du meinen Arsch mal aus dem Spiel lassen?", knurrte sie ihre Freundin an. Diese gab ihr erst recht noch einen Klaps. Stöhnend richtete Mara sich in ihrem Bett auf. „Na also, geht doch", lächelte Hanji triumphierend. Sie war zusammen mit Petra angereist, um Mara von ihrem Liebeskummer abzulenken. Seit drei Wochen, seit sie den Anruf auf Erwins Handy entdeckt hat, schmollte diese und verbreitete nur noch schlechte Laune. Selbst die Freude über Levis Entlassung war getrübt durch den Vorfall. Also hatten ihre ehemaligen Mitbewohnerinnen es sich zur Aufgabe gemacht Mara aufzuheitern. Immerhin feierte man in dieser Nacht den Jahreswechsel. „Komm schon. Du hast Weihnachten schon Trübsal geblasen, da solltest du wenigstens Silvester in vollen Zügen genießen", versuchte Petra nun ihr Glück. Schnaubend gab Mara ihre Begeisterung, die sich in Grenzen hielt, kund. Eigentlich war etwas anderes geplant gewesen für diese Nacht. Sie sollte wo anders sein. Mit ihm... Verrückt, wie schnell sich die Dinge ändern konnten. Noch vor kurzem war sie mit ihrer rosa Brille auf der Nase durch die bunte Welt getanzt, die nun farblos und trist wirkte. Levi hatte es aus alle Wolken gerissen, als sie ihm davon erzählt hatte. Sein ohnehin schlechtes Bild von Erwin hatte sich verstärkt und er hatte geschworen, Erwin seine Krücken in den Allerwertesten zu schieben, bis sie ihm zum Mund wieder raus kamen. Hannah hatte Glück, dass sie eine Frau war, sonst würde sie wohl das selbe Schicksal erleiden. Mara dachte zurück an den Tag, an dem Erwin sie das erste Mal besucht hatte. Hannah war aufgetaucht und sie waren sich im Hausflur begegnet. Erwin hatte sich nichts anmerken lassen, aber Hannahs Blick hatte alles verraten. Nur war Mara zu blind gewesen, um es zu erkennen. Der blonde Junge, den Hannah in den Armen gehalten hatte, sagte doch schon alles. Aber sie war zu sehr mit ihren Gefühlen beschäftigt gewesen, dass sie diese Details gar nicht bemerkt hatte. Wie denn auch? Er hatte ihr Honig ums Maul geschmiert, sie auf Händen getragen und ihr Hirn vernebelt. Er war ihre Droge gewesen und nun war sie auf eiskaltem Entzug. Plötzlich traf sie etwas am Kopf. „Aua", beschwerte sie sich. „Du hast schon wieder an ihn gedacht, stimmt's?", fragte Hanji, die ihr das Kissen über die Rübe gezogen hatte. Petra kicherte hinter vorgehaltener Hand. Entsetzt sah Mara zwischen ihren Freundinnen hin und her. Dann schnappte sie sich ebenfalls mehrere Kissen. Das Erste landete in Petras Gesicht. Blöde Kuh! Was lachte sie so doof? Mit dem Zweiten revanchierte sie sich bei Hanji, welche den Schlag konterte. Eine unerbittliche Kissenschlacht brach zwischen den zwei Frauen aus. Petra zögerte keine Sekunde und stürzte sich ebenfalls in die Schlacht. Sie lachten und kreischten, während sie sich die Kissen um die Ohren schlugen. Der Kummer war vergessen, die Sorgen aufgelöst. In diesem Moment war Mara so dankbar, dass sie diese beiden wunderbaren Menschen ihre Freunde nennen durfte. {CENTER].•:*´¨`*:•☆ ☆•:*´¨`*:•. Später am Abend feierten sie die letzten Stunden des alten Jahres. Doch nachdem Mara das gefühlte tausendste knutschende Paar ausgemacht hatte, war ihr die Feierlaune vergangen. Sie hatte an der Bar Platz genommen und ließ frustriert die Eiswürfel in ihrem Glas kreisen. Whiskey on the rocks. Wie Erwin es damals getrunken hatte. Es war schon lachhaft, wie sehr sie sich in ihrem Kummer aalte. Wie lange waren sie ein Paar gewesen? Acht Monate? Und sie stellte sich an, als wären es acht Jahre... „Gosh“, stieß sie zwischen den Zähnen hervor, als sie einen großen Schluck genommen hatte. Whiskey war absolut nicht ihr Getränk. Es schüttelte sie, während der Alkohol in ihrem Hals brannte. „Na, der ist wohl etwas hart für dich?“, erklang plötzlich eine Stimme neben ihr. Missgestimmt wandte Mara den Kopf und erblickte einen Mann in ihrem Alter, der sich neben ihr an die Bar lehnte. Er kaute Kaugummi und ein silberner Stecker funkelte an seiner Unterlippe. Die Lederjacke, die er trug, ließ ihn rebellisch aussehen. Ebenso das strähnige Haar, das in seine Stirn hing. Uninteressiert musterte sie ihn, ehe sie den Blick wieder abwandte. „Und noch immer nicht hart genug“, murrte sie. Sie rechnete eigentlich damit, dass er sie über die laute, bass-schwangere Musik nicht gehört hatte, doch schien er sie verstanden zu haben. „Lass mich raten: Liebeskummer?“ Er zog den Barhocker neben ihr etwas zurück und ließ sich darauf nieder. Skeptisch sah sie ihn wieder an. Anhand ihres Blickes fühlte er sich in seinem Verdacht bestätigt. Ein dümmliches Grinsen schlich sich auf sein schmales Gesicht. „Ich hätte da etwas, das dir weiterhelfen könnte.“ Er griff in seine Lederjacke und holte eine kleine Tüte aus einer Innentasche. In dieser Tüte befanden sich bunte Pillen, die Mara an Smarties erinnerten. Als er dann noch zwei dieser Pillen ihr ihr auf die Theke legte, sah sie sich erschrocken um. Sie konnte Hanji und Petra in der Menschenmasse nicht ausfindig machen. Langsam wandte sie den Kopf wieder um und sah hinab zu den zwei Pillen. Eine war rosa, die andere orange. In beiden war ein Smilie eingraviert. Die Vernunft riet ihr sofort aufzustehen und zu gehen. Ihr gerochenes Herz schrie nach Erlösung. Ohne weiter zu überlegen nahm sie beide Pillen in die Hand, schmiss sie ein und spülte mit dem Whiskey nach. „Bist du verrückt? Eine ist völlig ausreichend!“ Entsetzt sah der junge Kerl sie an. Mara ignorierte ihn. Ihre Speiseröhre brannte und in ihrem Magen brodelte es. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie diesen Abend nicht ohne zu erbrechen überstehen würde. Mit zittrigen Beinen stand sie auf. „Wohin willst du?“ „Tanzen“, war Maras schlichte Antwort. „Du schuldest mir noch etwas“, stellte der Kerl klar. Er wollte die Pillen bezahlt bekommen. Mara grinste schief. „Ich habe nicht darum gebeten.“ Er war sauer, das erkannte sie. Seine Hände ballte er zu Fäusten und er spuckte, während er sie anbrüllte. „Dafür wirst du bezahlen, Bitch!“ „Gibt es hier ein Problem?“ Ein Schrank von Mann tauchte plötzlich auf. Er trug ein Headset und auf seinem Oberteil leuchtete die Aufschrift Security. Noch immer grinsend sah Mara zu dem Kerl in Lederjacke. Dieser biss die Zähne zusammen, ehe er mit dem Kopf schüttelte. „Nein, alles in Ordnung“, sagte er widerwillig und zog Leine. Zufrieden sah Mara ihm hinterher, bevor auch sie in der Menschenmasse verschwand. Sie schlängelte sich durch die Menschen, bis sie auf der Tanzfläche stand. Die Musik dröhnte in ihren Ohren. Das Stroboskoplicht zuckte über die tanzenden Leiber. Die Farben der Beleuchtung schienen stärker als sonst. Ihr Herz begann zu flattern und sie fühlte sich mit einem Mal so befreit. Ihren Körper bewegte sie im Takt der Musik. Die Augen geschlossen. Ein Lächeln auf den Lippen. Das Zeitgefühl völlig verloren tanzte sie, bis sie gegen jemanden stieß. „Huch“, lachte sie atemlos und wandte um. Als sie sah, wer da vor ihr stand, entglitten ihr kurzzeitig die Gesichtszüge. Erwin. „Was machst du denn hier?“, fragte sie über die laute Musik hinweg. Das Herz schlug ihr bis zum Hals und sie freute sich ihn zu sehen. Gleichzeitig war sie ebenso traurig. Sie wollte ihn doch aus ihrem Leben verbannen und vergessen. Und jetzt stand er vor ihr. Erinnerte sie daran, wie sehr sie ihn doch vermisst hatte. „Das könnte ich dich genauso fragen“, antwortete er, wobei er sich etwas zu ihr hinunter beugte. Der Klang seiner Stimme jagte ihr einen Schauder über den Rücken und ließen ihre Beine weich werden. „Tanzen“, sagten sie so unbekümmert sie nur konnte. Sie durfte ihm jetzt bloß nicht nachgeben. Da er dazu nichts zu sagen zu haben schien, zuckte sie mit den Schultern und wandte sich zum Gehen. Sie musste ihre Freundinnen suchen und möglichst bald verschwinden, sonst würde Erwin sie wieder einlullen. „Mara.“ Unter all dem Lärm, der um sie herum herrschte, drang seine Stimme so klar und deutlich an ihr Ohr, dass sie stehen blieb. Es war, als würden alle Geräusche in den Hintergrund rücken und sie nur noch seine Stimme wahrnahm. „Bitte lass uns reden.“ Er wollte sich noch immer erklären? Er meinte es wohl wirklich ernst. Langsam drehte sie den Kopf, damit sie ihn ansehen konnte. Erwin trat einen Schritt auf sie zu und bat ihr seine Hand an. Er bemerkte ihren Blick. „Ich werde dir alles sagen“, versprach er. Ohne es kontrollieren zu können, begann sie prustend zu lachen. „'Tschuldigung, aber das glaubst du doch selbst nicht“, brachte sie dann hervor. Erwin verzog den Mund zu einer geraden Linie und sah sich kurz um. „Das ist nicht der richtige Ort für so ein Gespräch.“ „Wieso? Ist dir das etwa peinlich?.“ Mara verstand selbst nicht, wieso sie so eine große Klappe ihm gegenüber hatte. Hätte sie doch bloß nicht die Pillen geschluckt! Ohne diese Dinger würde sie jetzt nicht hier stehen und mit Erwin reden. Wahrscheinlich wäre sie schon längst zu Hause oder würde sturzbetrunken über der Toilette hängen und ihren Frust auskotzen. Erwin antwortete nicht. Er trat noch einen Schritt auf sie zu, beugte sich vor und umfasste ihre Oberschenkel. Mit einen Ruck hatte er sie über die Schulter gelegt und marschierte mit ihr Richtung Ausgang. „Hey, was soll das?“, beschwerte Mara sich und hielt den Saum ihres Kleides an Ort und Stelle, um ihr Hinterteil nicht zu entblößen. Auch diesmal bekam sie keine Antwort. An der Kasse setzte er sie kurz ab, holte ihren Mantel und bezahlte ihre Getränke. Kaum hatte sie sich in ihren Mantel eingewickelt, hievte er sie wieder auf seine Schulter und ging mit ihr hinaus ins Freie. Mara machte sich gar nicht die Mühe sich zu wehren. Er würde sie sowieso nicht gehen lassen. Seufzend ließ sie den Kopf hängen und fügte sich in ihr Schicksal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)