Bananeneis von Raija ================================================================================ Kapitel 14: Anruf ----------------- „Weißt du eigentlich, wie sehr du mich erschreckt hast?“ Mara saß neben Levis Bett und spielte mit ihrer Halskette, die Erwin ihr geschenkt hatte. Levis Zustand hatte sich innerhalb kürzester Zeit rapide verbessert. Mittlerweile war er geistig voll da, nur körperlich noch immer eingeschränkt. Er musste stehen, laufen und sogar das Sprechen neu erlernen. Viele Stunden verbrachte er mit Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Neurologen und Logopäden, um die einfachsten Fähigkeiten wieder zu erlangen. Doch zeigte Levi seine Kämpfernatur und belohnte die Hingabe, mit der jeder sich um ihn kümmerte, indem er sich stetig weiterentwickelte. Mara freute sich über jeden kleinen Schritt, den er machte, und war kaum noch aus seinem Zimmer zu bekommen. Sie verfolgte jeder seiner Therapiestunden, sofern sie nicht anderweitig beschäftigt war, und half mit, wo sie nur konnte. Dr. Wolf meinte, es würde ihrem Bruder enorm unterstützen von vertrauten Personen umgeben zu sein, die ihm bei der Genesung Beistand leisteten. „Scheiß dir nicht schon wieder ein“, sagte er, wobei er klang, als hätte er drei Flaschen Wodka intus. Er stotterte und lallte, während jedes Wort ihn große Mühe zu bereiten schien. Seine Zunge war noch nicht so flink, wie vor seinem Unfall, aber noch immer genauso spitz. „Na na, du solltest vielleicht diese Chance nutzen und deinen Wortschatz ein wenig überarbeiten“, tadelte sie ihn, woraufhin sie einen tödlichen Blick seinerseits erntete. Mara kicherte. „Es freut mich jedenfalls sehr, dass du wieder da bist“, sagte sie und griff nach seiner Hand. „Und noch mehr würde ich mich darüber freuen, wenn wir Weihnachten tatsächlich zu dritt feiern könnten.“ „Mit dem Lackaffen?“ Levi stand der blanke Ekel ins Gesicht geschrieben, als hätte sie ihm eine drei Tage alte Unterhose vor die Nase geworfen. Mara konnte sich einfach nicht erklären, woher diese Abneigung gegenüber Erwin kam. Ja, Levi war ihr großer Bruder und war von daher allen männlichen Vertretern, die in irgendeiner Form Interesse an ihr zeigten, skeptisch gegenüber. Aber besonders seit er erwacht war, war dieser Argwohn sehr stark ausgeprägt. „Komm schon, immerhin hat er all das hier ermöglicht. Dafür kannst du dich zumindest mal bei ihm bedanken.“ Abfällig schnalzte er mit der Zunge und Mara wusste, dass es keinen Sinn machte mit ihm zu diskutieren. Sie war froh, dass er endlich wieder bei Bewusstsein war, da wollte sie sich nicht gleich mit ihm streiten. „Darüber reden wir noch“, drohte sie ihm, wodurch sie Todesblick Nummer zwei kassierte. „Ok, ich verzieh mich dann mal.“ Sie sah auf ihre Armbanduhr. „Deine schnuckelige Physiotherapeutin sollte gleich auftauchen“, zwinkerte sie Levi zu, welcher nun noch finsterer dreinschaute. Inzwischen empfand Mara eine gewisse Sympathie der jungen Frau gegenüber, denn sie schien ihren Bruder recht gut im Griff zu haben. „Ich rufe dich morgen an“, sagte sie noch, ehe sie sein Zimmer verließ und auf dem Flur beinahe in besagte Dame hinein gelaufen wäre. .•:*´¨`*:•☆ ☆•:*´¨`*:•. Später saß Mara in Erwins Appartement vor dem offenen Kamin, in dem ein Feuer leise vor sich hin prasselte, und umklammerte eine Tasse heißen Kakao. Erwin saß direkt hinter ihr, sodass sie sich mit dem Oberkörper an seine Brust lehnen konnte. „Am Montag darf er probeweise mit nach Hause und wenn das alles klappt, dann bekommt er das Ok für Weihnachten“, berichtete Mara von dem Gespräch mit Dr. Wolf. Dieser wollte ihr nämlich ermöglichen die Feiertage zusammen mit ihrem Bruder zu Hause zu verbringen. Jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie vorher ausprobierten, ob Mara dieser Aufgabe gewachsen war. Levi durfte für einige Tage nach Hause, hatte allerdings auch Termine, die eingehalten werden mussten. Mara konnte in dieser Zeit sichergehen, dass sie die Pflege ihres Bruders, dessen Behandlungen und ihr eigenes Leben unter einen Hut bekam. Falls als dies miteinander vereinbar war, dann versprach Dr. Wolf Levi bis Weihnachten zu entlassen. „Und du fühlst dich dieser Verantwortung wirklich gewachsen?“, fragte Erwin und legte sein Kinn auf ihrem Kopf ab, wo ihr seidiges Haar seine Haut kitzelte. Mara wandte sich in seiner Umarmung und sah ihn über die Schulter hinweg an. „Ja natürlich.“ Die Empörung war nicht zu überhören. „Aber Schluss jetzt damit. Ich will endlich wissen wie es weiter geht“, drängte sie. Ihr neuestes Hobby war es abends vor dem Kamin zu sitzen und gemeinsam in einem Buch zu lesen, wobei die meiste Zeit Erwin laut vorlas, da Mara bei den spannenden Passagen vor Aufregung so schnell las, dass sie begann über die Wörter zu stolpern, bis man gar nichts mehr verstand. Ihr momentanes Projekt, Dark Places von Gillian Flynn, nahm sie so sehr ein, dass sie nie erwarten konnte ein paar Seiten darin zu lesen. Erwin seufzte. Er öffnete das Buch an entsprechender stelle, während er schmunzelnd den Kopf schüttelte. Gleichzeitig ließ Mara sich wieder an seine Brust sinken und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse. „Sie standen sich gegenüber, Runner atmete wie ein wütender Esel, und seine Hände zitterten, als er sie auf Pattys Arme legte, sie aber mit demonstrativer Anstrengung gleich wieder zurückzog. Sogar sein Schnurrbart zitterte. 'Das wird dir mal sehr leidtun, Patty.'“ Sie fühlte sich im Moment so sicher, denn alles wirkte beinahe schon perfekt. Ihr Bruder war auf dem besten Weg zur Genesung und ihr Privatleben konnte auch nicht besser laufen. Ihr Blick war auf das lodernde Feuer gerichtet, das knisterte und knackte, und dabei eine warme Gemütlichkeit ausstrahlte. Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie sich noch ein wenig enger an Erwin kuschelte und diese Zufriedenheit tief einatmete. .•:*´¨`*:•☆ ☆•:*´¨`*:•. Am nächsten Morgen stieg sie nur widerwillig aus dem Bett. Viel zu schön war der vergangene Abend gewesen und die leider schon verstrichene Nacht. Doch hatte sie sich einiges für diesen Tag vorgenommen. Sie wollte vor der Arbeit noch nach Hause und neue Kleidung für Levi einpacken, die sie dann auch noch bei ihm vorbeibringen wollte. Schließlich musste er doch gut aussehen, wenn seine Physiotherapeutin an ihm werkelte. Mara kicherte. Es war einfach zu schön, wie sie ihn damit aufziehen konnte und auch heute würde sie ihm keine Ruhe gönnen. Nach einer ausgiebigen Dusche ging sie in die Küche, wo Erwin im schicken Anzug gekleidet an der Theke stand, in der Zeitung blätterte und an seinem Kaffee nippte. Sie schritt auf ihn zu, küsste seine Wange und griff nach ihrer Handtasche. Ihr Smartphone schien spurlos verschwunden zu sein. „Kannst du mich mal anklingeln? Ich finde mein blödes Handy nicht“, meckerte sie und sah sich in der Küche suchend um. Erwin, der total in einen interessanten Artikel vertief war, fummelte sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und reichte es ihr. Mara nahm es entgegen und wählte ihre Nummer. Das Freizeichen erklang und irgendwo in der Wohnung ertönte ihr Klingelton. Sie hielt Ausschau, ob sie es irgendwo entdeckte, während sie durch den Wohnbereich schritt. Schließlich fand sie es auf dem Kaminsims und beendete die Verbindung. Gerade als sie sich umdrehte, begann Erwins Handy in ihrer Hand zu vibrieren. Mara blickte auf das leuchtende Display und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Sie erkannte die Nummer und sie kannte den Anrufer! Ungläubig klappte ihr die Kinnlade hinunter, während ihr Hirn plötzlich all die kleinen Hinweise, denen sie all die Zeit keine Beachtung geschenkt hatte, wie ein Puzzle zusammenfügte. Nun machte alles Sinn! Tausende Emotionen strömten auf sie ein und schienen sie, einer Welle gleich, unter sich zu begraben und in den Abgrund zu ziehen. Ein Räuspern ließ sie aufblicken. Am anderen Ende des Raumes stand Erwin, der sie besorgt musterte. „Ist alles in Ordnung?“ Er stand da, die blauen Augen beunruhigt auf sie gerichtet, das blonde Haar ordentlich gekämmt, der teure Anzug makellos an seinem Körper. Er sah so gut aus, so verboten gut und es tat so verdammt weh ihn anzusehen. Wie gerne hätte sie dieses Ding in ihrer Hand zerdrück, es auf den Boden fallen gelassen und drauf getreten oder es in Erwins Gesicht geschmissen, doch tat sie weder noch. Sie hielt es in ihrer Hand und spürte plötzlich dieses emotionale Gewicht, das es zugelegt hatte. Dabei sah sie ihn unentwegt an. Ihr Mund öffnete und schloss sich, sie wollte etwas sagen, allerdings fand sie keine Worte. Das Vibrieren erstarb und sie sah erneut auf das Display, das einen entgangenen Anruf anzeigte. 1 verpasster Anruf: Hannah Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)