Kidnapped von Felicity ================================================================================ Kapitel 1: Kidnapped -------------------- „ Zielobjekt gesichtet. Beschreibung passt.“ „Bestätige, Zielobjekt gesichtet. Wo befindet ihr euch?“ „Nordgrenze des Feuerreichs.“ „Bestätige. Ist er allein?“ „Negativ. Zweite gesuchte Person bei ihm.“ „Schnappt sie euch!“   Der seit Tagen anhaltende Regen hatte den Boden aufgeweicht und matschig gemacht. Er war nicht üblich für die Jahreszeit, aber schon vorgekommen und machte das ganze eher unangenehm als wirklich schlimm. Auch wenn Sasuke langsam wirklich keine Lust mehr auf die durchweichten Schuhe hatte. Er machte sich eine gedankliche Notiz sich doch für Gummistiefel im Frühling und Herbst einzusetzen, als er in eine weitere Pfütze trat, die tiefer war, als er erwartet hatte. Schlammiges Wasser schwappte über seine Zehen, kühl und seltsam klebrig und er verzog leicht angewidert das Gesicht. Es war sicher nichts schlimmes, aber niemand tat sich sowas freiwillig an und wären sie nicht da gewesen, hätte er längst die Richtung geändert und entweder eine Höhle gesucht oder wäre dem Regen davon gelaufen. Aber so wollte er erst wissen, was vor sich ging. Scheinbar dachten die fünf Ninja in den Bäumen über ihm, dass er sie nicht bemerkt hatte. Dabei folgten sie ihnen seit über drei Stunden und waren dabei nicht einmal sonderlich geschickt. Aber er war vorsichtig, vielleicht wollten sie ihn auch nur herauslocken und dazu bringen sie anzugreifen. Sie waren inzwischen recht dicht an der nördlichen Grenze des Landes, es wäre sicher nicht unmöglich einen Angriff politisch dazustellen und das konnten sie nicht gebrauchen. Ein Niesen erklang hinter ihm und als er sich umdrehte, sah er gerade noch, wie eine Hand wieder im Umhang verschwand und ihn gegen den Regen fester um den Körper zog. Sasuke konnte sich denken, wie unbegeistert der Junge gerade war und hätte ihm gern erklärt, warum er ihnen das antat, aber noch wartete er auf eine Reaktion. Er war nicht gänzlich sicher, ob Boruto selbst wusste, dass sie nicht allein waren. Er konnte seine Fähigkeiten zwar halbwegs abschätzen, aber da sie mit seinen Launen stark schwankten und die Stimmung gerade sicher nicht auf den Höhepunkt sein dürfte, war er alles andere als sicher. Er war auch ein wenig überrascht, dass Boruto sich noch nicht beschwerte, sondern stumm hinter ihm her trottete. Vielleicht hatte er doch etwas bemerkt? Sasuke überlegte gerade, wie er möglichst unauffällig etwas sagen könnte, das einen Hinweis enthielt, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung sah und sich schnell wie zufällig ein Stück vorlehnte, als wäre er kurz gestolpert. Ein Shuriken schlug in den Baum auf der anderen Seite des engen, lehmigen Weges ein, dem sie folgten. „Woah!“, schrie Boruto in dem Moment auf und blieb augenblicklich stehen, um einen halben Schritt zurück zu weichen. „Was ...?“ Okay, Sasuke korrigierte seine Einschätzung, er hatte ganz offensichtlich nicht gemerkt, was los war, aber immerhin reagierte er schnell genug und blockte das Kunai, das auf ihn zuflog, kurz bevor die fünf sich auf einmal auf sie stürzten. In Sekundenbruchteilen war Sasuke bei Boruto und stieß zwei von ihnen mit einem schnellen Tritt ein gutes Stück weg. Seine Augen huschten eilends über die Angreifer. Sie trugen die Stirnbänder des Lands der Reisfelder, dem sie gerade sehr nahe waren. Allerdings dürfte es selbst im Ninjatempo noch eine gute halbe Stunde sein, bis sie die Grenze überschritten hatten. Sie waren nicht ohne Grund ausgerechnet hierher zum Training gegangen, da Gerüchte eines geplanten Angriffs bereits Konoha erreicht hatten. Eigentlich war das Land viel zu schwach um eine wirkliche Gefahr darzustellen, aber Vorsicht war besser als Nachsicht und Gegner, die mehr drauf hatten, versteckten sich gerne hinter kleinen Namen, um nicht sofort aufzufallen. Während Sasuke die Ninja absichtlich mehr schlecht als Recht abwehrte und immerhin halbwegs zufrieden feststellte, dass Boruto sich gefangen hatte und sich nach dem ersten Schock selbst verteidigen konnte, kalkulierte er schnell die Chancen durch. Entweder sie wussten nicht, wen sie vor sich hatten oder sie waren dumm. Oder aber sehr überzeugt von ihren Fähigkeiten. So oder so war es ein ziemlich direkter, plumper Angriff, aber das waren wahrscheinlich auch nur Handlanger, vielleicht dazu gedacht, verfeuert zu werden. Gut, dann sollten sie mal zeigen, was sie drauf hatten. Die einzige Frage war ... Sein Blick wanderte zu Boruto, der sich bisher gegen zwei von ihnen nicht schlecht zur Wehr setzte. Er würde dem Jungen schlecht sagen können, dass er sich fangen lassen sollte. Vor allem nicht unbemerkt. Sasuke traf eine Blitzentscheidung, huschte hinter ihn und setzte schneller als jemand reagieren oder es bemerken sollte einen gezielten Schlag in Borutos Nacken, der ihn auf der Stelle bewusstlos umkippen ließ. In Gedanken murmelte er eine Entschuldigung, aber das war der schnellste Weg. Und wie erwartet, ließen die Gegner augenblicklich von ihm ab, als er keine offensichtliche Gefahr mehr darstellte. So, jetzt blieb noch der Teil mit dem sich möglichst unauffällig fangen zu lassen ... oh, wie er es doch liebte sich gegen schlechte Gegner schlecht zu stellen ... das war ja schon eine Herausforderung an sich ...   Sein Kopf schmerzte und schien leicht zu pochen, als er langsam wieder zu sich kam. Er kannte das Gefühl, entfernt erinnerte er sich daran, dass ihn etwas im Nacken getroffen und offensichtlich ausgeschaltet hatte. Jemand hatte ihn schon einmal mit so einer Technik getroffen, irgendwann in der Schule. Es war unangenehm genug gewesen im Krankenzimmer aufzuwachen und seinen Lehrer auf ihn herab starren zu haben. Das Aufwachen nun war noch unschöner. Sein Körper fühlte sich steif an, er lag definitiv nicht auf einem Krankenzimmerbett, sondern etwas hartem, vermutlich hölzernem und seine Muskeln beschwerten sich von einer irgendwie unnatürlichen Haltung. Außerdem war es kühl und feucht und irgendwoher kam ein kühler Luftzug. Boruto stöhnte leise, als er sich langsam aus der seltsam gezwungen wirkenden Position aufsetzte und sich den Kopf rieb. Aua ... Die Bewegungen erzeugten laute, unangenehm rasselnde, metallene Geräusche und ihm tat alles weh. Widerwillig öffnete er langsam ein Auge, um zu sehen, woher die komischen Geräusche kamen und ... starrte auf metallene, ziemlich massiv aussehende Fesseln an seinen Handgelenken. Er zuckte heftig zusammen und Panik setzte ein. Das war keine harmlose Trainingsmission oder Schulübung. Er war wirklich gefangen und eingesperrt worden. Zitternd atmete er ein, versuchte und scheiterte daran ruhig zu bleiben, Adrenalin schoss ihm ins Blut und mit zitternden Fingern riss er panisch an den Fesseln. Irgendwo wusste er, dass es sinnlos war, dass er nicht so einfach entkommen konnte, aber alles in ihm schrie darin fortzulaufen, so schnell und so weit wie möglich. „Boruto!“ Er zuckte erneut zusammen, als eine Stimme ziemlich laut und nachdrücklich seinen Namen rief. Schwer atmend sah er sich hektisch um und merkte zum ersten Mal überhaupt, wo er sich befand. Eine offensichtlich fast komplett unterirdische Zelle, grob in Stein gehauen, mit einem kleinen, hohen Fenster, aus dem schwach ein wenig Licht hereinströmte. Der Raum war klein, bestand nur aus zwei Holzbänken - auf einer davon saß er selbst gerade - und der Tür gegenüber von ihm. Die Wände waren feucht und hier und da wuchsen Wurzeln aus Rissen im Stein. Auf dem lehmigen Boden hatten sich ein paar Pfützen gebildet. „Boruto!“ Noch immer mit klopfendem Herzen und stockender Atmung drehte er den Kopf nach links zu der zweiten Bank an der anderen Wand. Nun endlich erkannte er auch die Stimme, die ihn vermutlich schon mehr als nur die zweimal angesprochen hatte, die er mitbekommen hatte. Sasuke saß dort, sein rechter Arm an die Wand gekettet - allerdings mit einer winzigen Kette, die ihm kaum Spielraum geben dürfte, im Gegensatz zu seinen eigenen, die es ihm vermutlich erlauben würden aufzustehen und ein, zwei Schritte zu gehen - der Rest des Linken an seinen Körper gebunden und ein dunkler Stoffstreifen über seinen Augen. Er wirkte dafür aber verwirrend ruhig. „Boruto“, versuchte er es gerade nochmal, „Beruhig dich, hör mir zu!“ Boruto schluckte schwer und versuchte nicht sehr erfolgreich gegen die aufkommende Panik anzukämpfen. Selbst er war gefangen worden?? „O-onkel ... werden wir ...“ „Nein“, unterbrach ihn Sasuke mit fester, ruhiger Stimme, „Wir werden nicht sterben. Atme ein paar Mal tief durch und zähl bis zehn.“ Boruto ballte die Hände zu Fäusten, schloss die Augen und folgte der Anweisung. Er versuchte bewusst zu atmen, das ganze wieder unter Kontrolle zu bekommen, sich zu fassen. Als er bei zehn angekommen war, hatte er zumindest seine Stimme wieder unter Kontrolle: „Wie ...?“ Sasuke nickte langsam. „Sehr gut, bleib konzentriert. Ich habe uns fangen lassen.“ „WAS?!“, brach es aus ihm heraus und irgendwie war er fast sicher, dass Sasuke bei dem Seufzen, das er nun von sich gab die Augen verdrehte. „Psst! Wir wollten Informationen, wo bekommt man die besser her, als direkt aus dem Zentrum? Außerdem mussten sie uns so ihr Versteck verraten.“ Boruto blinzelte. Nochmal. Und noch einmal. „Indem wir in ihrem Verließ stecken?“, fragte er ungläubig. Sasuke nickte langsam. „Atme noch einmal durch. Sieh dich um, wo sind wir?“ Boruto atmete durch, aber er sah den Sinn nicht, war Sasuke durchgedreht? „In einem Kerker?“ Sasuke schüttelte den Kopf. „Genauer.“ Boruto seufzte leise, das war ein blöder Moment für eine Lektion ... „In einem nassen Drecksloch, das halb unter der Erde liegt, an die Wände gefesselt mit dicken Stahlketten?“ Sasukes Mundwinkel zuckte. Warum auch immer, fand er das etwa noch lustig?? „Stimmt, pass auf, dass du dich nicht zu sehr bewegst und die Ketten abreißt.“ Wie bitte? Boruto beäugte die Kette an seinem Handgelenk, folgte ihr mit dem Blick zu der Verankerung in der Wand. Das sah alles sehr massiv aus, was sollte der blöde Kommentar? Testweise wollte er daran ziehen, als ... „Stop, nicht!“ Ein Stöhnen. „Du bist echt wie dein Vater ... man darf euch nicht sagen, etwas nicht zu tun, sonst macht ihr es erst recht ...“, grummelte Sasuke. Boruto verzog das Gesicht und wollte gerade protestieren, als Sasuke weitersprach: „Die Wand ist ... nennen wir es mal, nicht sehr stabil, wenn du zu arg dran ziehst, werden sie abgehen und die Leute gleich was merken, das wollen wir verhindern.“ Boruto fuhr mit dem Finger über das breite Metallband an seinem Arm. Es fühlte sich irgendwie ein wenig seltsam an. „Sind das ... Chakrafesseln?“, fragte er dann langsam. „Ja“, erwiderte Sasuke wieder etwas sachlicher, „richtig. Eine sehr archaische Methode, sie haben uns nicht mal Siegel aufgelegt. Diese Fesseln fressen bei Hautkontakt dein Chakra.“ „Bei Hautkontakt?“, wiederholte Boruto langsam und Sasuke grinste ein wenig schief. „Exakt, nur bei Hautkontakt.“   Naruto gähnte und rieb sich über die Augen. Manchmal wünschte er sich wirklich er könnte Kaffee etwas abgewinnen ... Er hatte in der Nacht einen sehr wirren Traum von Regen und Abwasserkanälen und Kerkern gehabt und war nicht eben erholt aufgewacht. Er hoffte, dass das diesmal nicht wieder Kuramas Werk war. Wobei, als ihm das letzte Mal langweilig gewesen war, hatte er immerhin kreativere Ideen gehabt und alle Einwohner Konohas in Narutos Traum in verschieden farbige Füchse verwandelt ... Er kippte stattdessen eine Tasse Schwarztee herunter - und verzog vom bitteren Geschmack das Gesicht - ehe er versuchte sich seinen E-Mails zu widmen. Bevor er allerdings auch nur eine gelesen hatte, klopfte es an der Tür und Shikamaru kam rein. „Die Post ist da.“ Wenn er alles in der Hand hatte, war es heute harmlos. Zwei Umschläge und eine Schriftrolle? Das war weniger als normal. „Die Akten, um die wir gebeten haben und das ...“ Shikamaru hielt ihm die versiegelte Rolle hin. „Kam gerade mit einem unbekannten Botenvogel ohne Absender.“ „Oh?“ Naruto nahm sie entgegen ohne sich was dabei zu denken, seine Augen huschten über den Dringlichkeitsvermerk, dann brach er das Siegel und las die ersten Zeilen. Die ihn die Stirn runzeln ließen. „Shikamaru?“ „Mmh?“ „Hier steht, ich wurde entführt.“ Eine Sekunde lang war es totenstill, dann sahen die beiden sich an und Shikamaru machte eine wegwerfende Handbewegung. „Was ...?“ Naruto räusperte sich und las vor: „Wir haben den Hokagen in unserer Gewalt ...“, er skippte zum Ende der Nachricht. „Land der Reisfelder ... waren dort in der Nähe nicht Sasuke und Boruto unterwegs?“ Da waren doch die Gerüchte einer Bewegung gewesen ... Er runzelte die Stirn. Das Land war nicht unbedingt auf dem Stand der technischen Errungenschaften. Dennoch ... „Denkst du, es ist möglich, dass sie mich mit einem Dreizehnjährigen verwechseln würden?“ Shikamaru hob langsam die Augenbrauen. „Wenn du deinen Sohn meinst, der ist vierzehn.“ Eine weitere Sekunde Schweigen, ehe Naruto die Stirn runzelte und anfing nachzurechnen, was Shikamaru offenbar ahnte und leicht schmunzelte. „Nein, Scherz, er ist dreizehn“ Naruto stöhnte. Wie sie einfach alle es nicht lassen konnten, ihn damit aufzuziehen, dass er das schon falsch im Kopf gehabt hatte. Okay, mehrmals ... „Und um deine Frage zu beantworten, ich halte es für unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Schreiben sie noch mehr?“ Naruto grummelte nur, las weiter. „Ja, sie haben mich und meinen ... Berater?“ Er sah blinzelnd auf, rief dann etwas lauter: „Shizune?“ „Ja?“, kam es entfernt von draußen. „Mmmh ... Berater ... wen könnten sie noch meinen?“ Shikamaru schnaubte. „Wenn Boruto mit Sasuke unterwegs war ...“ Naruto konnte nicht anders, er stieß ein leises Kichern aus. „Das wird Sasuke sicher freuen zu hören, dass sie ihn für meinen Berater halten ...“ Er schüttelte nur den Kopf. „Du bist erstaunlich ruhig dafür, dass sie deinen Sohn gefangen haben?“, merkte Shikamaru an, woraufhin Naruto ihm die Rolle reichte und sich in seinem Stuhl zurück lehnte. „Sasuke ist bei ihm. Wenn sie die beiden wirklich haben, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie sind wirklich stark - in dem Fall hätten sie mindestens Sasuke wahrscheinlich umgebracht und ich spüre, dass er noch lebt - oder Sasuke hat sie fangen lassen. In dem Fall besteht keine akute Gefahr.“ Shikamaru sah ihn einen Moment lang stumm an, zuckte dann die Schultern. „Soll ich einen Trupp losschicken?“ Naruto schüttelte nur den Kopf. „Noch nicht. Wir geben ihnen drei Tage, wenn wir dann noch nichts gehört haben, kümmer ich mich selbst drum. Bis dahin ... unterliegt das der höchsten Geheimnisstufe.“ Shikamaru seufzte. „Wie du meinst ... was willst du Hinata sagen?“ „Boruto und Sasuke sind auf Trainingsreise. Sind sie ja auch ...“ Auch wenn sie eigentlich am Abend zurück kommen sollten, aber er war nicht mal sicher, ob Hinata das so genau wusste. Wahrscheinlich würde sie ohnehin nicht fragen und solange würde er die leichte Unruhe, die ihn tatsächlich befallen hatte - immerhin ging es hier um seinen Sohn und besten Freund - unterdrücken. Sasuke würde es schon im Griff haben ...   Er hatte keine Ahnung, wieviel Zeit verging oder wie lange sie schweigend dasaßen, nachdem er Boruto bedeutet hatte still zu sein. Immer wieder liefen Leute draußen auf dem Gang vorbei, aber niemand kam zu ihnen herein. Er erkannte inzwischen die Schritte, es waren maximal sechs verschiedene Personen, also gerade mal eine mehr als beim Angriff. Ob das alle waren? Und warum liefen sie so oft am Kerker vorbei? War das Versteck so klein? Er hielt ihnen immerhin zugute, dass sie gemerkt hatten, dass sie mit seinen Augen vorsichtig sein mussten, auch wenn er sich fragte, ob sie ernsthaft glaubten, dass eine Augenbinde allein ihn von irgendetwas abhalten würde. Vielleicht war ihnen auch nur das Rinnegan aufgefallen und sie hatten vorsorgen wollen? Seine Einstufung der Gefahr sank tiefer und tiefer. Die Vorkehrungen waren mau, er musste wirklich schon aufpassen sich nicht zu sehr zu bewegen um nicht aus Versehen die Fessel aus der Wand zu reißen, die Chakrafessel war leicht umgangen und nicht mal die Anzahl der Leute schien irgendwie besorgniserregend. Einzig, dass er einen Drahtzieher dahinter vermutete, ließ ihn still halten und abwarten. Boruto hatte ihm inzwischen verraten, dass ihre Zelle auch noch ein Fenster hatte. Er meinte, es wäre zu klein, um durch zu kommen, aber das brauchte es nicht. Ein Chidori in den morschen Fels und sie wären draußen, solange er wusste, in welche Richtung sie mussten. Ehrlich, hätte er wirklich fliehen wollen, hätten sie ihn keine fünf Sekunden aufgehalten mit diesen lächerlichen Vorkehrungen ... Draußen wurde es etwas leiser und er lauschte kurz auf Boruto. Seine Atmung hatte sich wieder beruhigt und bisher war der Junge still gewesen. Sasuke vergas manchmal, dass die Kinder im Vergleich zu ihnen damals geradezu lächerliche Missionen erledigen mussten und schlicht nicht so viel Erfahrung im tatsächlichen Kampf oder Einsatz hatten. Er hätte ahnen können, dass Borutos Reaktion schlichte Panik sein würde. Er konnte aber nicht einschätzen, wie es ihm jetzt gerade ging. Doch als er gerade etwas sagen wollte, kamen Schritte näher und diesmal wurde die Tür aufgeschlossen. „Hier, Abendessen. Du, hilf ihm.“ Etwas knallte auf den Boden, dann wurde die Tür wieder zugezogen. Sasuke nahm an, dass sie ein Tablett auf den Boden geschmissen hatten. Er wartete, bis der Wärter außer Hörweite war, dann seufzte er leise. Die Kette an seiner Hand war kaum zehn Zentimeter lang, vermutlich, um zu verhindern, dass er die Augenbinde abnahm, was ihm nur minimale Bewegungsfreiheit gab. Borutos Ketten waren vermutlich deutlich länger, zumindest konnte er sich scheinbar ganz gut damit bewegen. Langsam wurde das auch echt unbequem und er war nicht begeistert, aber der Scharade zuliebe konnte er seine Hand nicht einfach so befreien, leider. Er hörte, wie Boruto aufstand, seine Ketten rasselten. Er bewegte sich ein Stück vor, dann setzte er sich neben ihn. Eindeutig längere Ketten, hoffentlich passte er auf nicht zu sehr an ihnen zu ziehen. „Wasser und Brot ...“, kommentierte der Junge gerade trocken, aber mit einem leicht amüsierten Unterton, der Sasuke etwas beruhigte. Zu schlecht konnte es ihm nicht gehen. „Das ist schon etwas viel des Guten ...“ Er seufzte. „Denkst du, Dad holt uns hier raus?“ Sasuke schmunzelte etwas ironisch. „Wenn er auf die Idee kommt das Lösegeld zu zahlen, tret ich ihm höchstpersönlich in den Arsch“, kommentierte er trocken, „Aber wo wir dabei sind ... ich habe ein paar Wortfetzen aufgeschnappt. Ich glaube, sie denken, du wärst er.“ Boruto schnaubte und dem Tonfall nach runzelte er die Stirn. „Ich bin dreizehn und seh‘ auch nicht gerade aus, als wäre ich über Dreißig? Ich mein, ich weiß, wie jeder sagt, ich sehe ihm so ähnlich, aber ...“ Sasuke konnte nur zu gut nachvollziehen, was er meinte. Nur zu gut ... „Ich weiß, scheinbar sind sie hier doch etwas ... weiter zurück, als ich dachte. Aber wie auch immer, wir lassen sie in dem Glauben hörst du? Wenn sie was von uns wissen wollen ...“ Boruto murrte. „Ich werde nichts verraten, auch unter Folter nicht, so tief bin auch ich nicht gesunken und wenn sie ...!“ Sasuke schmunzelte sacht, unterbrach ihn aber: „Ich glaube nicht, dass sie uns foltern werden“, beruhigte er ihn, „Aber wenn sie mit uns reden, musst du so tun, als wärst du Naruto. Ich werde dich auch so nennen.“ Boruto neben ihm seufzte. „Okay, okay ... also, ich bin ein von seiner Arbeit besessener ... scheiß Vater ...“ Sasuke konnte ein leises Lachen gerade noch unterdrücken. „Nein, du bist kein Vater. Du siehst zu jung aus, das nehmen sie dir nicht ab.“ Ein kurzes Schweigen, dann ein Seufzen. „Okay, ich bin also von meiner Arbeit besessen ... sehr. Ich kenne nur Papierkrieg und E-Mails ... und laber gern darüber, wie das ganze Dorf meine Familie ist und bla?“ Sasuke nickte. „Klingt besser. Sie werden wahrscheinlich morgen kommen und Fragen stellen, nachdem sie uns eine Nacht zermürbt haben“, er schüttelte den Kopf. Veraltete Methode, die zweite, „Texte sie ein wenig mit dem Willen des Feuers zu, kriegst du das hin?“ Ein tiefes Seufzen. „Ja, natürlich ... durfte ich mir schon oft genug anhören, keine Sorge ...“ Sasuke lächelte zufrieden und tätschelte leicht umständlich den Kopf des Jungen, woraufhin der ein unwilliges Murren von sich gab. „Wie lang sind deine Ketten eigentlich? Man sollte meinen, sie würden nicht wollen, dass du an meine Augenbinde herankommst.“ „Ah!“ Eine Hand fasste an seine Schläfe und fummelte ein wenig, ehe das Tuch auf seinen Schoß fiel. Er blinzelte kurz ins Halbdunkel und erkannte nun, dass Boruto seine rechte Hand offenbar befreit hatte und nur die linke leicht seitlich hielt um den maximalen Radius auszunutzen, den die Kette bot. „Sie haben wohl mit größeren Händen gerechnet ... funktioniert aber leider nicht bei beiden Seiten ...“, erwiderte der Junge etwas schelmisch. Sasuke schmunzelte im Stillen. Er lernte ja doch schnell.   Die Nacht war kurz und unangenehm. Er konnte sich war auf der Bank irgendwie hinlegen, aber der kühle Luftzug und die Schritte draußen vor dem kleinen Fenster hielten ihn wach. Er fragte sich, wie Sasuke in dieser Position schlafen konnte - oder ob überhaupt. Er musste extrem still sitzen, Boruto selbst würde durchdrehen. Als die Morgensonne die Zelle wieder ein wenig heller werden ließ, gab er es schließlich auf, setzte sich und streckte knackend den schmerzenden Rücken durch, nur um überrascht festzustellen, dass Sasuke am Fenster stand und hinaussah. „Wie ...?“ Schneller, als er sprechen konnte, lag eine Hand auf seinen Lippen und Sasuke schüttelte stumm den Kopf, den Blick weiter nach draußen. Wahrscheinlich lief gerade jemand draußen vorbei, denn Augenblicke später, ließ er ihn los. „Habt ihr keine Entfesselungskünste in der Schule gelernt?“, fragte er leise. Boruto blinzelte. „Doch, aus Seilen und Ketten und sowas, aber nicht ... die hier.“ Er hob seine Arme. Wahrscheinlich schlicht und ergreifend, weil fast niemand so altmodisch war diese Fesseln noch zu benutzen. Sasuke musterte ihn einen Augenblick lang stumm, offenbar nicht sicher, ob er etwas sagen sollte, dann setzte er langsam an: „Kannst du mit Schmerzen umgehen?“ Gar nicht begeistert verzog Boruto leicht das Gesicht. „Ich bin nicht gerade scharf drauf, aber ich halte ein bisschen was aus, wieso?“ Sasuke ging vor ihm in die Knie und hob die eigene Hand. „Die Breite deiner Hand verhindert, dass du aus den Fesseln kommst, du kannst sie schmäler machen, wenn du dir den Daumen auskugelst.“ Boruto starrte ihn einen Moment lang ungläubig an. War das sein Ernst? Das war ein dummer Scherz, oder? Nein, er sah nicht aus, als würde er scherzen und mit einer schnellen Bewegung der anderen Finger ... irgh ... kugelte sich Sasuke wirklich den Daumen aus, ehe er sich wieder auf seinen Platz setzte und die Hand durch seine Fessel schob. Dann renkte er sich das Gelenk wieder ein ohne dabei auch nur eine Miene zu verziehen. „Es tut weh, aber es ist erträglich“, erklärte er leise, „Und du kommst so aus den meisten Fesseln raus ohne sie kaputt zu machen.“ Er schwieg kurz und Boruto befürchtete, dass er gleich wollen würde, dass er das auch ausprobierte, aber Sasuke warf einen flüchtigen Blick auf das Fenster und murmelte: „Komm kurz rüber und hilf mir mal die Augenbinde wieder aufzuziehen, ich glaube, gleich kommt die Morgenvisite ...“ Und er behielt recht, keine zehn Minuten später öffnete sich die Tür und zwei etwas grobschlächtig und ... nicht sehr intelligent wirkende Typen kamen herein. Der eine hatte eine Narbe quer über die linke Wange, der andere keine Haare. Beide grinsten schief. „Also“, begann Glatze gehässig, „werter Hokage, werter Berater“, was sollte das denn jetzt werden? „Wir haben uns hier versammelt ... nun, um mal ein wenig zu reden.“ Er trat vollends ein und schlug die Tür hinter sich zu. „Was machen denn zwei so feine Herrschaften so dicht an der Grenze und ohne Begleitung?“ Auf einmal verschwand der gespielt höfliche Ton und machte einem seltsam überlegenen Platz. Boruto seufzte innerlich. Sie hielten ihn echt für seinen Vater? Er warf einen kurzen, sichernden Blick zu Sasuke, der aber scheinbar falsch ankam, denn Narbe beäugte ihn ebenfalls. „Hat der Hokage Angst um seine Begleitung? Ist ja herzzerreißend.“ Und damit trat er herüber und ... scheuerte Sasuke eine? Was zum ...?! Boruto wollte ihn ärgerlich anschreien, aber ihm fiel noch gerade rechtzeitig ein, dass er seinen Vater spielen sollte. Seine Gedanken rasten, wie würde der in dieser Situation reagieren? Dad stellte alles andere vor sich ... und seine Familie. Aber das gehörte jetzt nicht hierher. Er würde sicher nicht wollen, dass sie seinen Rivalen schlugen ... uhh, danke Dad ... „Hey, hört auf! Wenn ihr jemanden schlagen müsst, schlagt mich!“ Er warf sich behutsam leicht gegen die Fesseln, merkte, dass die eine rutschte und nahm es als willkommene Ausflucht sich wieder zurückzulehnen, als Glatze näher zu ihm kam. Er verzog wütend das Gesicht. „Sieh an, macht sich da jemand Sorgen?“ Er grinste und eine Wolke sehr unangenehmen Mundgeruchs stieg Boruto in die Nase. Wann hatte der sich das letzte Mal die Zähne geputzt ...? „Also, du wirst sicher viel zu erzählen haben.“ Er grinste noch schiefer. „Erzähl mir was über dein Dorf“, meinte er dann kühl, „Wenn du zu lange schweigst, bekommt er noch eine Klatsche.“ Boruto knurrte leise, atmete aber einmal durch und straffte sich innerlich, ehe er anfing die alte Leier seines Vaters herunterzubeten. Die Kinder sind der größte Schatz, blabla, Wille des Feuers, blabla, Sicherheit der Leute, blabla, das ganze Dorf ist meine Familie, blabla ...   Naruto seufzte, als er sich in seinen Stuhl sinken ließ und aus dem Fenster zusah, wie die Sonne unterging. Inzwischen mussten über 24 Stunden vergangen sein, seit sie Sasuke und Boruto geschnappt hatten und auch wenn er zu seinen Worten stand und überzeugt war, nicht eher einzugreifen, konnte er nicht komplett verhindern, dass er sich Sorgen machte. Es war und blieb unwahrscheinlich, aber da war die leise Stimme in seinem Hinterkopf, die ihn daran erinnerte, dass es auch sein könnte, dass dort draußen ein starker Gegner war, der die beiden gefangen hatte und sie wirklich daran hinderte zu fliehen. Alles, was er sicher wusste, war, dass Sasuke sich im Reich der Reisfelder befand, dicht an der südlichen Grenze zum Feuerreich und sich seit über einem Tag nicht von der Stelle bewegt hatte. Keine sehr zuverlässige Information und nach allem, was er wusste, könnte es gut und gerne sein, dass sein Sohn längst tot war. Er seufzte und schaltete seinen Laptop aus, um aufzustehen. Er würde heute ohnehin nichts gescheites mehr zustande bringen. Er wartete kurz, klappte dann den Bildschirm runter und verließ das Büro. Als er das Gebäude verließ schien ihm warmes, rotes Licht entgegen und ließ ihn blinzeln. Den beiden ging es schon gut, Sasuke würde aufpassen, das tat er immer. „Ah, Naruto!“ Er wand den Kopf und lächelte als Sakura ihm entgegen kam. „Du bist früh heute“, merkte sie an und klang dabei zufrieden. „Ja, ich brauchte mal eine Pause“, antwortete er und log dabei nicht einmal. Sie nickte darauf wissend. „Dringend. Das solltest du öfter tun, du arbeitest dich noch kaputt ... nicht mal Kakashi hatte so einen Stress damit.“ Er seufzte, ja, wie auch immer er das gemacht hatte ... aber vielleicht war sein Helfer auch einfach nicht ganz so faul wie Shikamaru gewesen? „Aber, sag mal, Sarada hat heute Boruto gesucht und nicht gefunden, weißt du, wo er ist?“ Er stöhnte innerlich. Danke, Sakura ... „Er ist auf Trainingsreise mit Sasuke“, soweit immer noch keine Lüge. Dennoch hob Sakura verwundert die Augenbrauen. „Sollte er nicht gestern Abend wiederkommen?“ Naruto nickte langsam. „Das war der ursprüngliche Plan, aber ... ich habe eine Nachricht bekommen und ... ähm, das zieht sich noch etwas.“ Sie war alles, aber nicht überzeugt und vermutlich erkannte sie mal wieder, dass er nicht ganz überzeugt versuchte zu lügen. Sakuras Augenbrauen wanderten tiefer. „Das ist nicht die ganze Wahrheit, oder?“ „Öhm ... fast?“, schlug er schelmisch vor und räusperte sich, woraufhin sie stöhnte und sich mit der Hand übers Gesicht rieb. „Okay, okay, ist er in Gefahr?“ Naruto schüttelte seufzend den Kopf. „Sasuke ist bei ihm.“ Sakura atmete aus und entspannte sich ein wenig. Es gefiel ihm gar nicht, wie sie ihn so leicht durchschaut hatte - oh, bitte, Hinata, frag nicht. Frag einfach nicht ...   Er musste zugeben, es war erstaunlich, wie auf den Punkt er Narutos Tonfall treffen konnte. Ob Boruto das absichtlich machte oder nicht, er machte einen echt guten Job. Er machte sich allerdings auch eine gedankliche Notiz Narutos nächste Rede dringend zu überarbeiten, bevor er sie hielt. Gott, war das langweilig und einschläfernd ... Dafür, dass sein Laber no Jutsu eine seiner effektivsten Waffen war, war Naruto wirklich schlecht darin vorbereitete Reden zu halten. Vielleicht reichte es auch, wenn man ihn einfach nicht vorwarnte und ihm erst fünf Minuten vorher, nein, erst direkt davor sagte, dass er nun eine halten sollte? Wenn seine Schätzung stimmte, schaffte es Boruto aber wirklich weit über fünfzehn Minuten am Stück über absolut belanglose Themen zu reden, das musste man auch erstmal hinkriegen. Entsprechend wunderte es ihn wenig, dass ihre Kidnapper irgendwann total entnervt auf den Boden stampften und einer von ihnen „Was soll dieser Mist eigentlich?!“ schrie. Sasuke unterdrückte ein Schmunzeln und ließ sich absichtlich vorsichtig leicht zusammensinken ohne zu viel Druck auf die Fessel auszuüben. „Das bringt doch absolut überhaupt nichts.“ Er donnerte irgendwas auf den Boden und riss scheinbar die Tür wieder auf. „Wenn dir bis heute Abend nichts gescheiteres einfällt, dann kassiert dein Freund da an der Wand eine gehörige Tracht Prügel, hörst du!“ Damit marschierten zwei Paar Schuhe davon und die Tür wurde fest ins Schloss geknallt. Er erlaubte sich auszuatmen und ein leises Kichern. Ehe er aber etwas sagen konnte, fragte auf einmal Boruto scheinbar arg besorgt: „Onkel? Haben sie dir so wehgetan?“ Sasuke hob den Kopf und schüttelte ihn lachend. „Ganz ehrlich, da hat mich dein Vater im Schlaf schlimmer getreten ... da könnte mich deine Schwester schlimmer hauen, ich habe noch nie einen so erbärmlichen Schlag abbekommen.“ Als er ein erleichtertes Ausatmen hörte, schenkte er ihm ein kleines, hoffentlich beruhigendes Lächeln. „Keine Sorge, die sind ungefährlich. Und das hast du auch sehr gut gemacht.“ Auch wenn er es nicht wirklich gut heißen konnte, dass der Junge den potentiellen Zorn und die Schläge auf sich hatte lenken wollen. Allerdings war das vermutlich traurigerweise, was Naruto tatsächlich versucht hätte. Trotz allem schien er seinen Vater doch besser zu kennen, als gedacht. „Danke ... aber ich habe nur nachgeredet, was Dad immer sagt. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich dieses Gelaber schon abbekommen habe ...“ Sasuke schmunzelte etwas ironisch. „Ja, er hat schon immer gerne doofes Zeug von sich gegeben ...“ Er schüttelte den Kopf. „Alles okay bei dir?“ Boruto murrte nur. „Ja, ich denke schon. Außer, dass wir schon wieder Wasser und Brot bekommen und ich diese Zelle echt unbequem finde ... wie lange müssen wir das noch durchziehen?“ Sasuke lächelte im Stillen. Die Ungeduld der Jugend, das kam ihm nur zu bekannt vor. „Ich habe eigentlich gehofft, dass ihnen was rausrutscht ... halt noch ein wenig durch, ja?“ Boruto stöhnte leise. „Ich könnte auch die Tür aufschneiden und mich hier ein wenig umsehen?“, grummelte er, „Das wäre schneller, oder?“ Geduld musste er eindeutig noch lernen, aber vom Prinzip her war die Idee nicht mal zu schlecht. „Wie willst du denn herauskommen?“ Schweigen. Irgendwie hatte Sasuke das fast erwartet, er war immer noch zu übereilt und suchte den schnellen, einfachen Weg. Das war sicher nicht immer schlecht, aber wenn er den nicht fand, gab er viel zu schnell auf. „Habt ihr in der Schule gelernt Schlösser zu knacken?“ Wieder Stille, dann ein fast schon kleinlautes, unwilliges: „Nein?“ Sasuke stutzte. Was brachten die ihnen heutzutage eigentlich noch bei? „Hast du es jemals selbst versucht?“ Noch unwilliger: „Nein?“ Sasuke unterdrückte ein stummes Seufzen. Das würde ihn jetzt keinen Schritt weiter bringen. „Okay, komm her, Zeit für eine kleine Lektion ...“ „Ähm ...“ Offensichtlich zögerte Boruto. Andere hätten jetzt sicher nachgefragt, aber Sasuke zog es vor stumm zu warten, bis er von selbst weitersprach: „Erstens, wie soll ich das machen? Zweitens ... was ist eigentlich, wenn die uns überwachen und zuhören?“ Sasuke schnaubte. „Das tun sie nicht, sonst hätten sie schon längst reagiert.“ Und würden keine maroden Metallfesseln nehmen. „Was das andere angeht ... finde selbst eine Lösung.“ Er hatte ihm gezeigt, wie man sich befreite, jetzt war es an Boruto daran zu denken und den Mut aufzubringen es zu versuchen. Sasuke ignorierte auch im Augenblick gekonnt den Gedanken daran, dass Sakura ihn verbal umbringen würde, wenn Boruto etwas falsch machte und sich dabei was brach ... sie würden es beide überleben, es gab schlimmeres.   Die Zeit verging kriechend langsam. Gefühlt vergingen Stunden, bis er endlich das Türschloss aufbekam - nachdem Sasuke ihn eine halbe Ewigkeit an den Ketten üben ließ - und zwei Doppelgänger nach draußen auf die Gänge schickte. Sein Daumen pochte noch immer leicht von Ein- und Ausrenken und die ganze Hand fühlte sich etwas taub und angeschwollen an. Er fragte sich ernsthaft, wie Sasuke das so ruhig gleich öfter hatte machen können, es war unangenehm und unnötig ... Ebenso wie die ganze Aktion, als seine Doppelgänger sich auflösten hatten sich nichts außer ein paar weniger, verlassener Gänge gefunden. „Und jetzt?“ „Wir warten.“ Das schien heute Sasukes Standardantwort auf alles. Boruto seufzte und versuchte gar nicht zu diskutieren, er zog die Beine an und legte den Kopf darauf. Er wollte nicht mehr. Ihm tat langsam alles weh, es war kalt und er hatte Hunger. Am liebsten einen Burger und ein paar Fritten ... oder auch eine Nudelsuppe, im schlimmsten Fall sogar eine von Dads ekelhaften Fertigdingern ... Die ganze Aktion war einfach komplett sinnlos, sie saßen alleine in einer Höhle irgendwo im Nirgendwo und spielten Gefangene. Warum brachen sie nicht einfach aus? War das eine doofe Idee, um ihn zur Ruhe zu zwingen? Er hatte wirklich keine Lust mehr! Boruto seufzte nochmal und vergrub den Kopf auf den Beinen. Blöde Trainingsreise ... „Liefen Trainingsausflüge bei euch immer so ab?“, fragte er irgendwann in die Stille und sah ein Stück auf. Sasuke hatte die Augenbinde wieder abgelegt und den Arm aus der Kette gezogen. Boruto zog es vor das nicht zu tun, um seinen armen Daumen zu schonen. Machte auch keinen so großen Unterschied, das Gewicht der Kette loszuwerden machte es nicht nennenswert besser hier zu hocken. Sasuke reagierte gar nicht, dann schüttelte er langsam den Kopf. „Vermutlich nicht. Aber ich hatte nie wirklich einen, also kann ich dazu nicht zu viel sagen.“ Das nun ließ Boruto ein wenig überrascht blinzeln. „Nicht?“ Sasuke verzog leicht das Gesicht. „Das ist eine lange Geschichte, die dir dein Vater irgendwann erzählen soll, wenn er das noch nicht hat. Aber ich war ein paar Jahre nicht im Dorf. Davor hat es sich nie ergeben und danach ...“ Er schüttelte nur den Kopf. „Sagen wir, danach hatte sich der Sinn von Reisen für mich geändert.“ Boruto runzelte angesichts dieser sehr kryptischen Aussage doch die Stirn. Was immer das jetzt heißen sollte? Er öffnete den Mund, um nachzuhaken, schloss ihn dann aber etwas schmollig wieder. Das hatte er schon gelernt, wenn er nachhakte würde er im besten Fall gar keine, im schlimmsten Fall eine noch unhilfreichere Antwort bekommen. Er seufzte. „Warum weiß ich eigentlich so wenig über die Geschichte meines Vaters?“, murrte er eigentlich nur zu sich selbst. Das nun ließ allerdings Sasuke etwas aufsehen und dann etwas seltsam schmunzeln. „Das ist eine gute Frage ... hat er nie was erzählt? Oder alle anderen um dich?“ Boruto schnaubte. „Ich habe nur immer, wenn ich was geschafft habe zu hören bekommen ‚Genau, wie dein Vater damals‘ ... daher weiß ich, dass er vor dem Abschluss Schattendoppelgänger konnte und das Rasengan ziemlich schnell gelernt hat.“ Er grummelte. „Deswegen ist es ja auch nichts besonderes mehr, wenn sein Sohn das schafft.“ Das klang härter, als er vorgehabt hatte, aber irgendwie brach gerade der Frust darüber aus ihm heraus. Natürlich, sie erwarteten nichts anderes von ihm, er war ja dazu bestimmt gewesen ... manchmal fragte er sich, was sie wohl sagen würden, wenn er einfach nur ein Idiot wäre, der in allem versagen würde, was er anfasste? „Ah, ja ...“ Der etwas seltsame Tonfall ließ ihn aufblicken und er sah Sasuke gedankenversunken und etwas melancholisch Löcher in die Luft starren, „Lass dich davon nicht runtermachen ... irgendwann hören sie auf damit.“ Boruto schnaubte und runzelte die Stirn. „Was?“ Sasuke sah zu ihm und blinzelte wie aus einem Gedanken geschreckt. „Mein großer Bruder war mit zwölf Anbu und ein Genie ...“, erklärte er dann sacht, „Ich bin nie so gut gewesen, wie er ...“   48 Stunden. Seit fast 48 Stunden (okay, 47 Stunden, 42 Minuten) hatte sich Sasuke nicht vom Fleck bewegt und er kein Lebenszeichen mehr bekommen. Er hatte ihnen drei Tage gegeben, aber langsam war er nicht sicher, ob das nicht schon zu viel war. Was, wenn doch etwas war? Wenn sie nicht wegkamen? Wenn sie betäubt oder gerade gefoltert wurden? Er konnte regelrecht schon Borutos (viel zu berechtigte) Anschuldigungen hören ... Naruto zwang sich mit einiger Mühe zur Ruhe. Sie lebten und Sasuke würde das nicht zulassen. Es müssten ungeheuer starke Gegner sein, damit sie so etwas gegen seinen Willen tun könnten und wenn sie so stark wären, hätten sie mehr getan als ihm ein lächerliches Schreiben mit einer Summe Geld zu schicken. Er atmete mehrmals tief ein, konnte aber die Panik nicht ganz unterdrücken. Es klopfte an der Tür, aber er registrierte es kaum. Wenn die Gegner was drauf hätten, hätten sie ohnehin einiges anders gemacht, insbesondere hätten sie ihn nicht mit seinem Sohn verwechselt. In welchem Hinterland lebten die eigentlich, dass die ihn für einen Dreizehnjährigen halten konnten? Ehrlich, er durfte sich oft genug anhören, dass er alt aussah ... und ganz bestimmt nicht wie dreizehn! Es stimmte zwar, dass Boruto sehr nach ihm kam, aber nach ihm, als er noch Genin gewesen war! Okay, nein, das war er ziemlich lange ... als er zwölf gewesen war, verdammt! Also, wenn sie so dumm waren ... „Naruto?“ „Ich mache mir keine Sorgen!“, platzte es aus mitten im Gedanken ihm raus, ehe er sich rumdrehte und Sakura anblinzelte. Okay, vielleicht machte er sich doch Sorgen ... „Ähm ...?“   Eine weitere Nacht und ein weiterer Morgen vergingen. Sie versuchten noch dreimal etwas aus ihnen heraus zu bekommen. Boruto laberte sie sehr gekonnt zu (woher er allerdings die Zutaten für Ichirakus Spezialramen kannte, wollte Sasuke gar nicht wissen), einer von beiden schlief darüber sogar fast ein, wenn der andere ihn nicht getreten hätte. Seine Versuche Gegenfragen zu stellen endeten allerdings allesamt darin, dass er ignoriert oder geschlagen wurde. Nein, schlagen konnte man das eigentlich nicht nennen. Gestreichelt. Okay, das klang noch falscher ... Am Nachmittag des inzwischen dritten Tages waren sie wieder alleine und er kalkulierte die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf die Art erfolgreich sein würden, nochmal durch. Er schätzte sie auf gegen Null gehend. Draußen auf dem Gang liefen gerade ziemlich hektisch immer wieder Leute vorbei und redeten aufgeregt, aber er verstand die Worte nicht. Hoffentlich war Naruto nicht eingeknickt. Dieser Idiot, dachte der ernsthaft, er würde zulassen, dass sie entführt würden? Seine Hand begann zu kribbeln und Sasuke seufzte. Sie schlief von der unangenehmen Haltung immer öfter ein und er befreite sie vorsichtig, um die Adern nicht länger abzuquetschen. Er seufzte stumm und streifte sich die Augenbinde ab. Er hatte wirklich keine Lust mehr. Wenn nötig könnte er das mehrere Tage aushalten, aber hier bestand irgendwie keine wirkliche Notwendigkeit und ein Blick zur Seite sagte ihm, dass es wohl Zeit wurde das Ganze zu beenden. Boruto hatte wieder die Beine angezogen und schien in einem Halbschlaf. Wahrscheinlich war der Junge erschöpft. Er schlief kaum und die Situation setzte ihm mehr zu, als Sasuke vermutet hätte. Ein winziges, ironisches Schmunzeln schlich sich auf seine Lippen. Wie war das? Jede Generation schimpfte auf die nächste? Nun, ein Schritt nach dem anderen, die Kinder würden lernen. Und so gerne er bereit war, seinen Schüler an seine Grenze zu treiben, er wollte es auf keinen Fall übertreiben und die ganze Aktion war sicher nicht ganz umsonst gewesen, er dürfte daraus gut etwas gelernt haben. Er stand auf und streckte sich kurz um die etwas eingeschlafenen Muskeln zu wecken. „Boruto.“ „Mmh?“ Der Junge sah müde auf. „Reiß dich los.“ Die Antwort darauf war ein Blinzeln und große, blaue Augen, die ihn fragend ansahen. „Wir hauen ab, es reicht. Ich bin gleich zurück, bleib hier, aber befrei dich. Und denk dran, dass Hautkontakt dein Chakra entzieht.“ Damit wand er sich zur Tür und trat probeweise dagegen. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie tatsächlich nachgab und umkippte. Was war das hier für ein Ramschversteck? Hatten die das aus dem Sonderangebot, oder was? Er schnaubte abwertend und marschierte los. Das sollte nicht lange dauern ...   Es tat unheimlich gut aus der Höhle zu treten und in die Nachmittagssonne zu sehen. Boruto atmete unbewusst erleichtert aus und streckte sich ein wenig. Sasuke trat neben ihm und als er sich umdrehte, sah er ein kleines Lächeln und ein Nicken zur Seite. Er nickte ebenfalls eilig und Sekunden später waren sie auf dem Weg. Nach Hause, endlich. Er wollte nur noch ein warmes Bad und in sein eigenes, weiches Bett kriechen. Durchschlafen, möglichst lange und tief ... Als sie durch Konohas Tor traten, war die Sonne gerade untergegangen und Boruto seufzte laut, ehe er gähnte. „Darf ich nach Hause?“, fragte er leise, woraufhin ihm Sasuke seltsamerweise durch die Haare wuschelte. „Ja. Das hast du gut gemacht.“ Boruto blinzelte überrascht. Es war nicht so, dass Sasuke ihn nie lobte, aber ... es war auch nicht unbedingt etwas, das allzu regelmäßig vorkam und er konnte nicht verhindern, dass sich ein glückliches Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. „Sasuke! Boruto!“ Als er sich umwand, kam gerade sein Vater auf sie zu, winkte wild. War das ein Doppelgänger oder der Echte? Bei einem zweiten Gedanken, er war zu müde, um sich darum zu scheren. „Hallo, Dad.“ Unerwarteterweise griff der nach seinen Schultern und musterte ihn kritisch. „Alles okay bei dir?“, fragte er hastig und fast ein wenig panisch, sodass Boruto nur blinzeln und langsam nicken konnte. Naruto entspannte sich sichtbar und atmete langsam aus, ehe er seine Schulter kurz drückte und dann losließ. „Wo wart ihr? Was war los? Ich ... Hinata hat sich riesige Sorgen gemacht!“ Noch eine Überraschung heute. Boruto lächelte müde. „Wir sind entführt worden, Dad ... von den lausigsten Verbrechern überhaupt ...“ Er gähnte nochmal und irgendwie wurde die Welt auf einmal leiser.   Naruto fing seinen Sohn hastig auf, als der vornüber kippte. „Sasuke?“, fragte er und wollte sofort eine Antwort haben. Sasuke schmunzelte aber nur viel zu ruhig und erklärte: „Er hat kaum geschlafen. Alles okay, eine Nacht im eigenen Bett sollte ihn wieder auf die Beine bringen.“ Naruto blieb etwas skeptisch, aber als er Borutos leise, ruhige Atmung hörte, seufzte er und nickte langsam, während er den Jungen auf den Arm hob. „Was hast  du mit ihm gemacht?“ Sasuke schüttelte den Kopf. „Sie haben uns nahe der Grenze angegriffen und entführt“, fasste er für Narutos Geschmack viel zu sachlich zusammen, „Ich sah eine Chance und habe uns fangen lassen. Mach dir keine Sorgen wegen den Gerüchten, das war die lausigste Kidnapping Aktion, die ich jemals gesehen habe. Ein Kind hätte jederzeit fliehen können, sie können einen Dreißigjährigen nicht von einem Dreizehnjährigen unterscheiden und deine Tochter schlägt fester zu, als diese Deppen. Keine Gefahr.“ Als er Narutos Blick auffing, wurde seiner eine Spur weicher. „Es war anstrengend für ihn, aber ich glaube, irgendwo wird es ihm gut getan haben. Er war in keiner Gefahr, ich habe aufgepasst“, fügte er ernst hinzu. Naruto nickte langsam. „Ich weiß, ich vertraue dir.“ Dann lächelte auch er leicht und deutete Sasuke an zu folgen, als er langsam loslief. „Also, absolut keine Gefahr?“, wiederholte er dann sicherheitshalber, woraufhin Sasuke schnaubte. „Nein. Das könnte man sogar für das nächste Chunin Examen gefahrlos als Aufgabe einbauen ... wobei, nein, lieber die Abschlussprüfung?“ Naruto lachte leise. Das war gut - sowohl für das Dorf, als auch für seinen Sohn. Vielleicht sollte er morgen mal später anfangen, die Geschichte beim Frühstück wollte er eigentlich hören. „Oh, wir müssen übrigens an deinen Reden arbeiten.“ Woher kam das? Er blinzelte und sah Sasuke verwirrt an. „An meinen Reden?“ Sasuke schnaubte. „Ja, Boruto hat etwa fünf davon wiedergegeben ... die sind echt Mist.“ Naruto starrte ihn etwas überfordert an. „Er hat was ...? Und was meinst du ...? Hey!“ Aber Sasuke lachte nur leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)