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Yakusoku

von

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Kyoto, August 1864

 

 

Die Sommertage in Edo waren meist unerträglich heiß, aber das war nichts im Vergleich zu der schwülen Hitze die sie in Kyoto heimsuchte. Als er an jenem Spätsommertag nach Mibu zurück kehrte, war kaum noch jemand auf der Straße zu sehen. Eine träge Stille hatte sich über die Stadt gelegt und wer konnte, hatte sich einen schattigen Platz in seinem Garten oder beim Fluß gesucht und wartete darauf, das die Nacht etwas Abkühlung brachte.

Als er durch das Tor ging und den menschenleeren Vorplatz des Mibudera betrat, wurde die Ruhe von einem begeisterten Aufschrei durchbrochen, gefolgt von einem hellen Lachen, welches gar kein Ende nehmen wollte. Toshi folgte dem vertrautem Lachen zu der Rückseite des Tempels.

Bei dem Anblick, der sich ihm in dem kleinen Garten bot, schwankte er zwischen Wut, Verzweiflung und Belustigung.

Das Schweinegehege stand fast vollständig unter Wasser. Alle Schweine, allen voran natürlich Saizou, suhlten sich mit Wonne im tiefen, schlammigen Matsch und grunzten und quickten dabei wie verrückt. Die Verursacher dieses – in Toshis Augen zweifelhaftes Vergnügens – liefen gerade mit zwei frisch gefüllten Wassereimern vom Brunnen zum Gehege und amüsierten sich prächtig.

 

„Tetsu, leer hier rechts nochmal etwas aus, an der Stelle ist die Erde ja noch gar nicht richtig naß. Ich übernehme die linke Seite.“

 

Souji und Tetsu waren schweißgebadet, ihre Gesichter erhitzt und die Kleidung über und über mit Schlammspritzer bedeckt. So wie es aussah, hatten sie wohl schon einige Zeit in der brütenden Hitze damit zugebracht, ein Wassereimer nach dem anderen über den Hof zu schleppen um den Schweinen den Tag etwas angenehmer zu machen.

 

„Was zur Hölle macht ihr da?!?“ herrschte er die beiden an, woraufhin Tetsu erschrocken zusammenzuckte und Souji sich mit einem vergnügten Lachen zu Toshi umdrehte um ihn seinen gefüllten Eimer präsentierte.

 

„Wollen Sie auch? Sie sehen aus als könnten Sie eine Erfrischung vertragen.“

 

Ehe er auch nur ein Wort sagen konnte, holte Souji mit dem Eimer aus. Das letzte was Toshi wahr nahm, bevor er von dem Schwall kalten Wasser getroffen wurde, war Tetsus entsetzter Gesichtsausdruck.

 

Wütend strich er sich die klatschnassen Haare aus dem Gesicht.

 

„SOUJI, DU-“

 

„Aber, aber Hijikata-san. Ich habe Sie doch nur vor dem sicheren Hitzschlag gerettet. Sie sahen aus, als würden Sie gleich umkippen.“ unterbrach ihn Souji mit einem breiten Grinsen.

Tetsu hatte inzwischen das Weite gesucht.

 

„Sie sollten mir lieber dankbar sein.“ erklärte Souji weiter und rannte dann in die selbe Richtung davon, in die Tetsu entwischt war.

 

„Ich hole Ihnen ein Handtuch und frische Sachen!“

 

Toshi wollte zu einer Antwort ansetzen, sparte sich die Mühe aber dann. Souji war sowieso schon verschwunden.

 

Baka Souji...

 

Seufzend ging er zum Brunnen um seine nassen Sachen auszuziehen.

Die Besprechung im Hauptquartier des Aizu-Clan hatte zwar nur einige Stunden gedauert, aber dennoch...es war schön nach Hause zukommen.

 

 

 

Die Nacht brachte keine Abkühlung. Toshi saß auf der Engawa vor seinem Zimmer und rauchte, während Souji noch dabei war die letzten Reste der Wassermelone zu essen, die sie sich mit Katsu geteilt hatten.

Als er fertig war, ließ Souji sich mit einem Seufzen zurückfallen bis er schließlich auf dem Rücken ausgestreckt auf der Engawa lag.

 

„Die Hitze ist einfach unerträglich...“

 

Toshi antwortet nichts und versuchte stattdessen einen perfekten Kringel aus Rauch auszuatmen. Er scheiterte kläglich, sehr zu Soujis Belustigung.

 

„Wie viele Jahre wollen Sie das noch üben, Hijikata-san? Es hat noch nie auch nur annähernd geklappt...“

Die Stunden vergingen, die Hitze blieb. Langsam wurde es still über dem Tempelgelände, nur der ständige Gesang der Zirkaden war noch zu hören. An Schlaf war nicht zu denken. Toshi hielt das Katori Buta in Gang um die Moskitos von Souji fern zu halten, der immerhin schon mal die Augen geschlossen hatte und neben ihm auf der Engawa döste.

Aus dem Garten vor ihnen ertönte plötzlich ein leises Grunzen und Souji war sofort hellwach.

 

„Saizou..kannst du auch nicht schlafen?“ fragte er das kleine Schweinchen das sich mit seinem üblichen missmutigen Gesichtsausdruck ein paar Meter entfernt niederließ.

„Dabei haben wir doch so eine schöne Matschlandschaft für euch gemacht...“ redete Souji weiter auf das Schwein an.

 

Saizou grunzte und machte sich dann wieder davon.

 

„Doofes Ferkel“ war alles was Toshi denken konnte, als Saizou im Schatten der Nacht verschwand.

Musste es gerade jetzt auftauchen, als wenigstens einer von ihnen schlafen konnte.

Seine Hoffnung, Souji würde schnell wieder einschlafen wurde zerschlagen als sich dieser aufsetze und ihn hoffnungsvoll fragte:

 

„Hijikata-san...gehen wir zum Fluß?“

 

Der Vollmond strahlte so hell in dieser Augustnacht, dass sie keine Laterne für den kurzen Weg mitnahmen.

 

„Da sind sie!“ rief Souji begeistert als sie das Flussufer erreichten. Er löste sich von Toshis Seite und lief voraus, die Böschung hinunter zum Ufer. Dort im Schilf saßen sie, genau wie im letzten Sommer.

Glühwürmchen.

Hunderte kleine leuchtende Wesen, ein grünliches Schimmern in der Dunkelheit.

Souji war entzückt.

 

„So viele! Das sind viel mehr als letztes Jahr, nee Hijikata-san?“

 

Toshi nickte zustimmend und ließ sich dann ein wenig oberhalb des Ufers im Grass nieder. Außer ihnen beiden war zu dieser späten Stunde niemand mehr unterwegs um die Schönheit der Glühwürmchen zu bewundern. Als sie diesen Platz im letzten Sommer zu ersten mal besucht hatten - nachdem Souji davon von einem der Nachbarskinder gehört hatte – war es zugegangen wie auf einem Matsuri. Dutzende von Kindern waren mit ihren Eltern unterwegs gewesen um die Glühwürmchen zu bewundern. Einige hatten Laternen dabei und versuchten mehr oder weniger erfolgreich ein paar der Insekten zu fangen und sie mit nach Hause zu nehmen. Souji war sofort von einigen Kindern aus der Nachbarschaft bestürmt worden und irgendwann aus seinem Blickfeld verschwunden. Toshi hatte sich zunächst geärgert, aber nur bis ihm auffiel, das auch jede Menge junge Damen zu zweit oder zu dritt unterwegs waren.

Allerdings würde er jederzeit einen solchen einsamen Abend wie heute dem Trubel des letzten Jahres vorziehen.

 

Souji ging am Ufer entlang und streifte sacht die langen Schilfgräser und lachte jedes mal begeistert wenn sich daraufhin ein paar Glühwürmchen von den Gräsern loslösten und um ihn herumflogen.

 

„Kirei ...“

 

Toshis Gedanken schweiften zurück an vergangene Sommer, die unendlich weit weg schienen, in einem Leben das so anders gewesen war. Er dachte an zu Hause, an die Weite Tamas, an Sommertage die soviel angenehmer und leichter gewesen waren. Es hatte sich soviel verändert in seinem Leben, für sie alle. Manchmal konnte er es immer noch nicht glauben. Doch seit jener Nacht vor ein paar Wochen, lag ein dunkler Schatten über seinem Glück.

 

„ Hijikata-san, ich habe Ihnen etwas mitgebracht.“ Soujis lächelndes Gesicht riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte sich vor ihm im Gras niedergelassen und streckte ihm seine ineinandergelegten Hände hin.

Als er sie öffnete, saß ein einzelnes Glühwürmchen in seiner Hand und tauchte Soujis Gesicht in ein grünlich-gelbes Schimmern. Ein paar Sekunden später flog es davon, ein kleines Leuchten unter dem sternenübersäten Nachthimmel, immer höher bis es schließlich verschwunden war.

Souji setzte sich neben Toshi und ließ seinen Blick über die Flussebene schweife. Er konnte sich nicht satt sehen.

 

„Kirei, nee?“

 

Toshi nickte. Ja, es war schön. Doch nicht der Tanz der Glühwürmchen bezauberte ihn, sondern die Ruhe und Genügsamkeit des Augenblicks, ein Moment der Vollkommenheit, geteilt mit dem Menschen der ihm das liebste war.

 

„Ob sich unsere Seelen hier treffen werden...?“ fragte Souji nachdenklich.

 

„Hm...?“

 

„Wenn wir sterben, meine ich...“ erklärte er das offensichtliche.

 

Toshi antwortete nichts. Sie hatten nicht mehr über den Vorfall gesprochen. Seit Wochen hustete Souji nicht mehr und reagierte auch gereizt wenn er oder sonst jemand nochmal darauf zurück kam. Die vom Arzt empfohlene Bettruhe hatte er nicht mal eine Woche eingehalten.

 

„Die Weide am anderen Flussufer, das wäre ein guter Treffpunkt...“ überlegte Souji weiter und deutete auf den Baum der am Fuß eines sanften Hügels auf der anderen Seite des Flusses stand.

Toshi folgte seinem Blick zu dem einsamen Baum. Nur wenige Glühwürmchen hatten ihren Weg zu ihm gefunden.

 

„Machen wir es so, Hijikata-san? Wenn wir auf die andere Seite gehen, treffen wir uns dort an der Weide.“

 

Als Toshi wieder nicht antwortete, hob Souji ihm seinen kleinen Finger hin.

 

„Versprechen Sie es?“

 

Toshi schaute ihn genervt an. Er würde es nicht zulassen. Der Vorfall würde einmalig bleiben. Souji würde ruhmreich im Kampf sterben. Kein langsamer Tod, keine Krankheit die seinen Körper langsam verzehren lassen würde.

 

„Nein.“

 

Souji erstarrte für einen Moment und ließ dann langsam seine Hand wieder sinken.

 

„Nein?“ wiederholte er mit gerunzelter Stirn und zog einen Schmollmund.

 

„Nein. Wir brauchen kein Treffpunkt.“ erklärte Toshi entschieden und wandte seinen Aufmerksamkeit wieder den tanzenden Leuchtkäfern zu.

 

„Ich finde dich auch so.“

 

Die Worte zauberten ein Lächeln auf Soujis Lippen.

 

„Ach, so ist das...Ich habe mir schon Sorgen gemacht, Hijikata-san...“ beschwerte sich Souji mit gespielter Empörung und begann dann zu lachen als er sich trotz der Hitze zufrieden an Toshis Schulter lehnte.

 

„Egal wo du bist, in dieser oder einen anderen Welt...ich finde dich. Immer.“

 

 

Owari

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Cat_Ivanov
2015-12-24T15:07:40+00:00 24.12.2015 16:07
Hallo,

deine One Shot war sehr schön zu lesen. Erst einmal ist dein Schreibstil sehr sehr gut. Ich konnte mir alles super vorstellen und war auch erstaunt, wie schön du alles einfach beschrieben hast, denn das hatte ich schon lange nicht mehr so. Dabei bist du nicht nur auf das Äußere eingegangen, sondern auch auf die Geräusche etc. Dadurch hatte ich beim Lesen direkt ein genaues Bild in meinem Kopf. Das gefällt mir richtig gut! Auch deine Ausdrucksweise ist toll, alles war schön flüssig und angenehm zu lesen :)

Die Idee der One Shot hat mir auch sehr gut gefallen. Sie war am Anfang witzig und am Ende dann ernster und einfach süß :3 Die Aktion mit dem Wasser war einfach amüsant und war auch ein schöner Anfang für die OS. Die Charaktere waren auch gut getroffen. Das Ende hat dann einfach alles so schön abgerundet. Zudem war das einfach so ein typischer "ohh wie süß" - Moment :D.

Insgesamt hat mir die ganze OS gut gefallen. Zudem ist es schon ein paar Monate her, dass ich etwas zu Peace Maker gelesen habe, weshalb ich wieder so ein schönes Gefühl einfach beim Lesen hatte^^

Liebe Grüße
Cat_Ivanov


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