Yasashikunai Mirai von Harulein (Tsuzuku x Meto) ================================================================================ Kapitel 8: [meto] Act 8 ----------------------- Tsuzuku zog sich, zunächst nur bis auf die Shorts, aus, und ich schloss ihn in meine Arme. Zusammen ließen wir uns ganz aufs Bett sinken und er begann, mich zu streicheln, seufzte wohlig, als ich das erwiderte und meinerseits mit beiden Händen über seinen Rücken strich, und schmiegte sich an mich. Mein Herz klopfte wie wild, noch von dem, was wir zuvor geredet hatten, von seinen deutlichen, doch recht unanständigen Worten und dem, was er damit ausgedrückt hatte. Er wollte, dass wir, nicht heute, aber irgendwann, die Positionen tauschten, dass ich dann in ihn eindrang, und das stimmte mich ziemlich aufgeregt. Ich hatte wirklich noch kaum darüber nachgedacht und im Nachhinein fand ich das selbst ein wenig seltsam. Tsuzuku hatte Recht, ich war mit meinen zwanzig Jahren genauso ein Mann wie er, irgendwo in mir musste doch dieses Verlangen vorhanden sein. Noch spürte ich davon nicht viel, aber so, wie ich meinen Freund kannte, würde er das zu gegebener Zeit zu ändern wissen. Er wusste, wie er mich über alle Maßen heiß machen konnte. Wir rutschten beide weiter aufs Bett, bis ich das Kissen unter meinem Kopf spürte, und Tsu kuschelte sich an mich, ich spürte deutlich, wie er meine Nähe genoss. „Meto“, sprach er mich leise an, hob die Hand und streichelte meinen Hals. „Zieh dich ganz aus, ich will dich ganz nackt bei mir haben.“ Er löste sich von mir, ich setzte mich auf und zog mein Tanktop aus, streifte mir dann die Shorts vom Leib und sah zu, wie er seine ebenfalls auszog. Tsuzuku sah so wunderschön aus, so absolut sexy und verführerisch, wie er dann so ganz nackt vor mir lag und mich mit diesem geradezu lasziven Blick ansah, dass ich gar nicht anders konnte, als mich über ihn zu beugen und seinen Hals zu küssen, dann seine Schulter, die kleine Vertiefung an seinem Schlüsselbein und schließlich das ringförmige Implantat auf seinem Brustbein. Er seufzte tief, bewegte sich mir entgegen, und ich machte weiter, übersäte die Tätowierungen auf seiner Brust mit Küsschen und Streicheleinheiten, drückte dabei meinen nackten Körper immer enger an seinen. Sein Seufzen wurde zu Stöhnen, als ich dann meine Lippen auf seine rechte Brustwarze drückte, küsste, vorsichtig saugte und leckte und ebenso vorsichtig meine Zunge mit dem Piercing spielen ließ. Ich spürte, wie er heiß wurde, seine Härte drückte gegen meinen Bauch, und je mehr Zärtlichkeiten ich ihm zukommen ließ, umso stärker begann er, sich an mir zu reiben. Ich legte meine Hand auf sein wild gegen seine Rippen hämmerndes Herz und drückte dann meine Lippen auf die Stelle. Tsuzuku stöhnte, wie ich ihn fast noch nie hatte stöhnen hören, klang völlig hingerissen und bis ins Innerste berührt. „Wie fühlt sich das an?“, fragte ich leise. „… Schön …“, antwortete er, „… ohhh, so schön …!“ Seiner Stimme war deutlich anzuhören, dass ich da etwas gefunden hatte, das weniger eine erogene als vielmehr eine hoch emotionale Zone war, deren Berührung für ihn eine tiefe Bedeutung hatte. Ich dachte daran, wie gut ihm das auch sonst tat, wenn ich, wenn er aufgeregt war, meine Hand auf sein Herz legte. „Meto“, sprach er wieder meinen Namen aus und drückte sich sehnsüchtig an mich. „Halt mich, bitte, halt mich ganz fest!“ Ich rutschte wieder hoch, bis wir auf Augenhöhe waren, legte meine Arme um ihn, und er barg sein Gesicht an meinem Hals, ich hörte ihn tief ein- und ausatmen, und spürte, wie sehr er sich nach meiner Nähe und Umarmung sehnte. „Darf ich wieder in deinen Armen liegen?“, fragte er leise. „Ja, klar darfst du.“ Ich zog ihn enger an mich, streichelte ihn und hielt ihn fest. Eine ganze Weile blieben wir so liegen und irgendwann glaubte ich schon, dass Tsuzuku eingeschlafen wäre, doch auf einmal bewegte er sich, drehte uns beide mit einem Ruck herum, so dass er auf mir lag, richtete sich halb auf und sah mich an. „Ich will jetzt nicht schlafen“, sagte er, beugte sich runter und küsste mich. „Ich weiß was viel Besseres, etwas, das wir noch nicht gemacht haben.“ „Was denn?“, fragte ich, obwohl ich mir irgendwie schon fast denken konnte, was er meinte. „Mir ist gerade eingefallen, dass ich dich … noch nie so da unten geküsst habe. Und das würde ich jetzt gern tun.“ Das war so ziemlich das, was ich schon gedacht hatte, doch trotzdem wurde ich wieder rot und wich seinem Blick aus. Mir war klar, dass Tsu einiges mehr als nur ‚da unten küssen‘ meinte und kurz fragte ich mich, warum wir das, was er da wollte, nicht schon früher gemacht hatten. Er streckte die Hand aus, strich mit dem Daumen über meine Lippen und fragte: „Und? Willst du das? Darf ich das mit dir machen?“ Ich versuchte, mir das vorzustellen, seine weichen Lippen und seine Zunge an meiner Körpermitte. Sofort verspürte ich dieses heiße, kribbelige Ziehen, und wie ich heiß und hart wurde. „Jaah“, kam es mir über die Lippen. „Mach …!“ Tsuzuku erhob sich, stieg vom Bett und blieb an der Bettkante stehen. „Komm her“, sagte er und streckte mir einladend die Hand entgegen. Ich stand ebenfalls auf, kletterte vom Bett und nahm sie an, wurde von ihm dann mit der anderen sanft in eine sitzende Position gedrückt. Dabei streifte mein Blick seine inzwischen voll ausgeprägte und lustgerötete Erregung, er bemerkte meinen Blick und lächelte. „Das ist nur wegen dir. Schon allein der Gedanke, dir solche Lust zu schenken, macht mich wahnsinnig an“, sprach er, ließ meine Hand los und schob meine Beine sanft auseinander, um sich dazwischen zu knien und so vorzubeugen, dass sein Kopf in etwa auf Höhe meines Schoßes war. Mein Herz klopfte wie verrückt und immer schneller, als ich seinen warmen Atem dort spürte, und als er sich dann noch etwas weiter vorbeugte und ganz direkt meine Härte küsste, da stöhnte ich auch schon laut auf. „Gefällt dir das?“, fragte er leise und setzte dann einen weiteren Kuss auf mein Glied. „Jaah … ohhh … oh Gott, ja …!“ Tsuzuku lachte leise, ließ seine warmen Hände langsam über die Innenseiten meiner Oberschenkel wandern und fuhr dann fort, mich mit seinen Lippen völlig wahnsinnig zu machen. Obwohl er das ja auch so zum ersten Mal machte, wirkte er kein bisschen aufgeregt, nur erregt, und so süß wie immer. Ich dagegen schwankte zwischen Rotwerden und Stöhnen, einerseits war es ungewohnt und mir irgendwie peinlich, und andererseits genoss ich sehr, was Tsuzukus weichen, warmen Lippen mit mir anstellten. Zuerst küsste und saugte er vorsichtig, dann nahm er seine Zunge dazu, saugte heftiger und leckte über meine ganze Länge, berührte dabei gefühlte hunderttausend Nervenenden, was mich wieder laut stöhnen ließ. Kurz ließ er von mir ab, blickte zu mir hoch und sah die Röte auf meinen Wangen. „Ist dir das unangenehm?“, fragte er. Ich schüttelte den Kopf. „Nein … es ist nur … halt das erste Mal, dass du das machst, deshalb …“ „Dann soll ich weiter machen?“ „Jaaah …!“ Er nahm meine Hand, legte sie auf seine Schulter und sah mich noch einmal an, lächelte, leckte sich kurz über die Lippen und schloss diese dann wieder um meine heiße Erregung. Ich spürte meinen eigenen Pulsschlag dort unten, Tsuzukus unglaublich weichen Lippen, und wie er den Mund etwas weiter öffnete, um mich schließlich fast ganz in sich aufzunehmen. Meine Hand krallte in seine Schulter und ich schrie auf, das Gefühl, zum ersten Mal im Leben so in ihm zu sein, überwältigte mich beinahe. Mein ganzes Empfinden konzentrierte sich auf meine Körpermitte und so spürte ich deutlich, wie ich die ersten Tropfen ergoss. Stöhnend legte ich den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, fühlte Tsuzukus Hand an meinen Hoden, wie er mich dort streichelte und äußerst erregend massierte. Er leckte meinen Lusttropfen ab, ich hörte ihn schlucken und spürte dann, wie er seine heiße Zunge, ihre Besonderheit voll ausspielend, meine Eichel umspielte. Ich stöhnte, meine Hüfte zuckte, und ich hielt mich mit beiden Händen haltsuchend an den Schultern meines Freundes fest. „Tsu…zuku…“, kam mir sein Name über die Lippen, ich sah ihn wieder an und der Anblick, wie er da vor mir kniete und seinen Kopf in meinem Schoß bewegte, brachte mich dem Höhepunkt ein ganzes Stück näher. In dem Moment nahm er seine Hand von meinen Hoden weg, die andere grub sich in meinen Oberschenkel, und griff in seinen eigenen Schritt. Ganz offenbar machte es ihn wirklich sehr an, was er hier mit mir tat, und er hielt seine eigene Erregung kaum mehr aus. „Brings … zuende …“, keuchte ich, woraufhin er wieder an der Spitze saugte, so einen leichten Unterdruck erzeugte und dabei seine Zunge auf den hochempfindlichen Nerv an der Unterseite meines Glieds drückte. Das war zu viel für mich, ich schrie wieder auf und kam heftig in seine Mundhöhle, hörte sein ersticktes Keuchen und dann, wie er schluckte. Sobald er von mir abließ, sank ich rückwärts aufs Bett und es dauerte einen Moment, bis ich mich wieder soweit beisammen hatte, dass ich mich darum kümmern konnte, dass er immer noch hocherregt war. Ich setzte mich wieder auf, sah zu ihm, wie er da auf dem Boden vor dem Bett kniete und anscheinend, mühsam beherrscht, auf mich wartete. Er erhob sich, setzte sich zu mir aufs Bett und ließ seinen Kopf an meine Schulter sinken. „Meto … bitte …“ Ich lächelte, streckte dann die Hand aus und legte sie um sein heißes Glied, spürte das Zucken und den erregten Pulsschlag an meiner Handfläche. Schon ein leichter Druck meiner Hand reichte aus, damit Tsuzuku mit einem tiefen, erlösten Stöhnen kam und sein Samen sich über meine Hand verteilte. Einen Moment blieben wir einfach so, ich hörte ihn schwer atmen und streichelte mit der sauberen Hand seine Seite. Irgendwann ließ er sich dann auf den Rücken sinken, griff nach der Box Taschentücher auf dem Nachttisch und reichte sie mir. Ich zog ein Tuch heraus, säuberte meine Hand und legte mich dann ebenfalls hin. „Hat’s dir gefallen?“, fragte Tsuzuku, seine Stimme klang müde, aber auch irgendwie zufrieden. Ich nickte. „Ja, sehr.“ „Dann … soll ich das von jetzt an öfter mit dir machen?“ „Wenn du möchtest, gerne.“ Etwas wollte ich dann aber doch noch wissen, eine Sache, die mir zwar recht peinlich war, aber ich fragte trotzdem: „Tsu …? Sag mal, findest du wirklich, dass … na ja, dass ich gut schmecke? Du hast das damals in unserer ersten Nacht mal gesagt und …“ Weiter kam ich nicht, denn Tsuzuku lachte laut auf. „Und du glaubst mir das nicht so ganz?“, fragte er lächelnd zurück und sagte dann: „Weißt du, es schmeckt vielleicht bitter, das stimmt schon, aber ich schlucke es trotzdem gern. Weil’s deins ist, verstehst du? Ich hab dann was von dir in mir und … der Gedanke gefällt mir.“ Er blickte zur Seite, zuerst verstand ich nicht warum, doch dann sagte er: „Und, weißt du … ich hatte schon ekligeres Zeug im Mund. Da macht mir so was wie Samen nicht viel aus.“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Und ich fragte mich, wie Tsuzuku es schaffte, selbst aus einer solchen leicht ekligen Sache eine Liebeserklärung zu machen. Infolge dessen fühlte ich mich wahnsinnig geliebt von ihm und schmiegte mich eng an seinen schmalen, warmen Körper. Es war fast schon ein bisschen unheimlich, wenn ich so darüber nachdachte, wie beinahe besessen und von mir abhängig er mich liebte und wie sehr er mich brauchte. Ich spürte wieder die Verantwortung für ihn, dass ich als sein Liebster gut auf ihn achten musste und dass es zum größten Teil an mir lag, ob er glücklich war oder nicht. Doch jetzt war es anders als früher, wir waren nicht mehr nur gute Freunde und er lebte nicht mehr auf der Straße, war nicht mehr ganz so krank. Wir waren jetzt ein richtiges Paar und als solches war diese Verantwortung in einem irgendwie leichter zu tragenden Zusammenhang. Tsuzuku setzte sich auf, zog die Bettdecke heran und deckte uns beide zu, kuschelte sich an mich und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut, mein Liebster“, flüsterte er. „Du auch.“ Als ich am Morgen aufwachte, war es noch dunkel. Ich streckte mich, tastete nach dem Schalter der Nachttischlampe und machte Licht an. Tsuzuku schlief noch, er lag wieder auf dem Bauch, aber mit dem Gesicht weg von mir, in die andere Richtung. Ich hörte seine gleichmäßigen Atemzüge, und eine Weile lag ich nur da und sah ihn an. Die Bettdecke bedeckte ihn nur bis zur Hüfte und seine helle, glatte Haut schimmerte im Licht, wunderschön, anziehend, verführerisch. Ich setzte mich auf, rutschte zu ihm rüber und berührte vorsichtig seinen Arm, fuhr mit den Fingern sanft die Konturen der Rose auf seiner Haut nach und ließ meine Hand dann über seine Schulter zu seinem Rücken wandern. Ich wollte ihn nicht wecken, aber ich konnte einfach nicht die Hände von ihm lassen, zu anziehend fand ich ihn in diesem Moment. „Ich liebe dich“, sagte ich leise, beugte mich über ihn und küsste seine Schulter. Dabei schmiegte ich mich ein wenig an ihn, er gab ein leises Brummen von sich und bewegte sich meiner Berührung entgegen. Einen Moment lang wusste ich nicht, ob er noch schlief oder schon wach war, und so hörte ich kurz auf, ihn zu streicheln, denn eigentlich hatte ich ihn ja nicht wecken wollen. „Mhh… Mmeto … Mach weiter …“ „Ist das so schön, wenn ich dich so wecke?“, fragte ich. „Jaa. Wunderschön …“ Er drehte sich zu mir um, kuschelte sich an mich und seufzte genießend. Sein nackter Körper an meinem fühlte sich unglaublich gut an und ich war noch schlaftrunken genug, um ihn einfach zurück zu kuscheln, sodass wir wenig später die schönste morgendliche Schmuserei hatten. Erst, als Tsuzuku dann eine Hand zwischen uns schob, nach meinen Nippeln tastete und begann, sie zwischen seinen Fingern zu drücken und zu massieren, kam mein noch recht umnachtetes Gehirn darauf, dass das hier eventuell in eine gewisse Richtung ging, die für den frühen Morgen etwas unpassend war. Aber andererseits … wir hatten heute beide frei, und es fühlte sich einfach wahnsinnig gut an, was wir hier taten. Schon reagierte mein Körper deutlich angetan und Tsuzuku bemerkte das sofort, lächelte, küsste mich und fuhr fort, meine Brustknospen zu reiben. Ich seufzte gegen seine Lippen, bewegte meine Brust seiner Hand entgegen und spürte, wie sehr er meine Reaktion und dieses Mich-nah-bei-sich-haben genoss. Seine andere Hand wanderte von meiner Seite über meinen Rücken zu meinem Hintern, streichelte und griff dann zu, zog mich eng an seinen Körper, sodass ich spürte, wie erregt er schon war. Mein Glied berührte seines und wir stöhnten beide auf. „Meto“, sprach er, näherte seine Lippen meinem Ohr und flüsterte: „Ich will mit dir schlafen.“ „Jetzt?“, fragte ich in einem letzten Versuch, unseren ersten morgendlichen Sex doch noch aufzuschieben. Wir hatten es bisher nur abends getan, bis auf das eine Mal nachmittags im Love-Hotel, und irgendwie war mir der Gedanke ungewohnt und ein bisschen unwohl. Tsuzuku lächelte wieder. „Ja, jetzt.“ Sah mich dann an und fügte hinzu: „Es sei denn, du möchtest nicht.“ „Wir … haben noch nie … morgens …“, sagte ich leise. „Wollen tu ich schon, aber … ich hab ein bisschen Angst, dass ich wieder verspanne …“ „Kann ich denn was tun, dass du entspannt bleibst?“, fragte er, hob die Hand und streichelte meine Wange, sah mich dabei so liebevoll an, dass mein Herz wild zu klopfen begann. „Mach so, wie bei … unseren zweiten Mal, dass du hinter mir liegst … und mich im Arm hältst. Das war schön …“ „Und vorher deine Nippel küssen, wenn ich dich vorbereite?“ „M-hmm“, machte ich, konnte auch gar nicht mehr sagen, weil Tsu mich in dem Moment küsste und sich noch ein wenig enger an mich drückte. Schon löste er den Kuss wieder, jedoch nur, um ein Stück weit runter zu rutschen und sich mit dem Mund über meine Brust herzumachen, während seine Hand an meinem Hintern nach meinem Eingang tastete. In seinem Tun lag eine Art von liebevoller Dominanz, dass er mich einerseits eroberte und gleichzeitig zeigte, dass er lieb und vorsichtig mit mir sein wollte. Und ich schmolz geradezu dahin, fühlte mich wahnsinnig geliebt von ihm und zerging unter seinen Berührungen, seufzte, stöhnte, und war nicht einen Moment lang angespannt, es war einfach nur schön. Und so war ich kurz ein bisschen verwirrt, als er sich wieder von mir löste und sich erhob. „Ich bin gleich wieder bei dir, ich hole nur eben das Gleitgel“, sagte er und lächelte leicht. Ich beobachtete ihn, wie er die Schublade öffnete, darin herumkramte und die Tube herausnahm, und fand ihn einfach nur wunderschön. Und als er mit der Tube in der Hand zurückkam und wieder zu mir unter die Decke kroch, legte ich meine Arme um ihn. Er legte sich gleich wieder so hin, dass er mit den Lippen an meine Nippel herankam, und tat sich mit den Händen hinter meinem Rücken etwas von dem Gleitmittel auf die Finger, fuhr dann fort, meinen Eingang zu erweichen. Mein Inneres nahm seinen Finger ganz leicht auf und ich stöhnte leise, weil es sich irgendwie unheimlich gut anfühlte. Mein Stöhnen schien Tsuzuku als Zeichen zu dienen, dass das, was er mit mir machte, gut war, und so machte er immer weiter, küsste meine Brustwarzen und nahm derweil erst einen zweiten, kurz darauf einen dritten Finger dazu, um mein Loch weit genug zu dehnen, dass ich ihn gleich würde aufnehmen können. Längst war ich ihm ganz hingegeben, süchtig nach seine Zärtlichkeiten, seinen weichen Lippen, warmen Händen, seinem heißen Körper und der Art, wie er mich so liebevoll und bestimmt für sich eroberte. Und als er dann seine Finger aus mir zurückzog und mich leise aufforderte, mich umzudrehen, da klopfte mein Herz vor Vorfreude auf das, was jetzt kommen würde, immer schneller. Ich drehte mich auf die andere Seite und zog die Knie ein wenig hoch, wissend, dass er dann leichter reinkam. Eben war mir gar nicht aufgefallen, dass er mit dem Gleitmittel auch gleich ein Kondom geholt hatte, welches er sich jetzt hinter meinem Rücken über sein Glied abrollte, ich konnte es hören und auch, wie er nach den Taschentüchern griff und seine Finger vom Gleitmittel befreite. Tsuzuku nahm mich in seine Arme, zog mich eng an seinen Körper und schob sich dann langsam und vorsichtig in mich. Ich war so geweitet, heiß und willig, dass mein Inneres sein Glied fast ebenso leicht aufnahm wie seine Finger zuvor, und es tat fast gar nicht weh. Ein bisschen mochte ich diesen leichten Schmerz sogar, irgendwie machte mich das an. Tsuzukus weichen Lippen küssten meinen Nacken, seine oben liegende Hand streichelte meinen Oberkörper, von meinen Nippeln bis zu meinem Bauch, wo ich wieder dieses heiße, kribbelige Ziehen verspürte, während seine unter mir liegende Hand sich meiner Erregung widmete. Ich stöhnte, wand mich ein wenig und berührte seine Hände und Unterarme mit meinen Händen, was ihm irgendwie zu gefallen schien, denn er begann, sich in mir zu bewegen. Wie ich dieses wundervolle Gefühl von vollkommener Nähe und dieses Eins-sein mit Tsuzuku liebte! Wie gut sich das anfühlte, ihn in mir zu haben! Und wie schön die Lust war, die wir einander bereiteten! Es schien nichts Schöneres auf der Welt zu geben, und ich genoss es in vollen Zügen, stöhnte, sprach seinen Namen aus, und schrie, als er jenen süßen Punkt in meinem Innern traf und so in mir immer mehr Lust entfesselte. „Tsu…zuku … ohhh, jaah … mehr …!“, kam es über meine Lippen. Er lachte leise, küsste meinen Nacken, drückte mit der flachen Hand auf meinen Bauch, und fragte mit einem hörbaren Lächeln: „Ist das schön, wenn ich dich so vögele?“ „Weißt … du doch … ahhhh … aber, ohhh, mehr!“ Er stöhnte tief, bewegte sich ein wenig schneller und heftiger und fragte dann, atemlos vor Lust: „Soll ich … stoßen?“ Mein Sprachzentrum versagte mir spontan den Dienst und so nickte ich nur, so deutlich wie nur möglich. Tsuzuku fragte nicht mehr nach, er wusste, dass ich mir sicher war, und war wohl auch zu erregt, um sich noch zu beherrschen. Er zog sich ein Stück weit aus mir zurück und stieß dann, laut aufstöhnend, in mich, was mich wiederum schreien ließ. Ich spürte, dass ich das irgendwie sehr mochte, wenn er so heftig wurde, dass seine hocherregte Hemmungslosigkeit mich anmachte, dazu kam dieses Gefühl von Sicherheit und wie sehr ich ihm vertraute. Er hielt mich fest, berührte meine Nippel und meine Härte, während er wieder und wieder in mich stieß, stöhnend und viel zu erregt, meinen Nacken noch zu küssen. Und ich überließ ihm völlig die Führung, ließ mich willig von ihm vögeln und wünschte mir, dass kein Kondom zwischen uns wäre, dass ich seinen Samen gleich in mir haben würde. Ich wusste, das Kondom war wichtig wegen Tsuzukus früherem Lebenswandel, doch daran konnte ich jetzt kaum halbwegs vernünftig denken, war viel zu heiß für irgendeinen geordneten Gedanken. „Meto … ohhhh…“ Sein Stöhnen war nah an meinem Ohr und ihm war anzumerken, dass er kurz vor dem Höhepunkt stand. „Ohhh… Ich liebe dich …!“ Ich griff hinter mich, berührte seine Seite, fühlte seine schweißnasse Haut unter meinen Fingern und hauchte: „Ich liebe dich auch.“ Seine Hand um mein Glied begann, es richtig zu massieren und mich dem Höhepunkt immer näher zu bringen, dem er selbst schon spürbar nahe war und es, das fühlte ich deutlich, kaum mehr aushielt. „Ich will … ahhh, mit dir zusammen kommen …“, keuchte er, seine Finger reizten die hochempfindlichen Nerven an meinem Glied, und ich dachte an gestern Abend, als seine Zunge dasselbe mit mir gemacht hatte. Dieser Gedanke gab mir den Rest, und in dem Moment kam Tsuzuku mit einem harten Stoß und einem tiefen, ekstatischen Knurren in meinem Innern. Ich schrie auf, mein Samen ergoss sich über seine Hand und er rieb und drückte so lange, bis nichts mehr kam. Ich hörte ihn und mich selbst laut und schnell atmen, spürte meinen aufgeregten Herzschlag und glaubte fast, Tsuzukus Herz gegen meinen Rücken hämmern zu spüren. Es dauerte eine Weile, bis wir wieder recht zu Atem kamen und uns soweit beruhigt hatten, dass ein halbwegs klarer Gedanke daran möglich war, dass wir nicht Abend hatten, sondern Morgen, und jetzt nicht einfach eng zusammen einschlafen konnten. Schließlich zog Tsu sich langsam und vorsichtig aus mir zurück, erhob sich und entsorgte das Kondom und die benutzten Papiertücher. Dann legte er sich wieder neben mich und schloss mich in seine Arme. „Irgendwann …“, sagte er nach einer Weile, „irgendwann machst du das auch mal mit mir.“ „Ich … weiß nicht, ob ich das kann“, gestand ich leise. „Ich hab Angst, dir weh zu tun, weil … Ich hab’s ja noch nie gemacht, jemanden genommen.“ „Du musst ganz einfach nur das machen, was ich eben mit dir gemacht habe. Aber du hast ja noch Zeit. Ich verlange das erst von dir, wenn du dafür bereit bist.“ „Aber du möchtest das wirklich, oder?“, fragte ich und drehte mich zu ihm um. Tsuzuku nickte. „Ich finde das wichtig. Und außerdem …“, er lächelte, „bin ich neugierig darauf, wie sich das anfühlt. Ich will wissen, wie das für dich ist, was ich mit dir mache, will es selbst spüren.“ Ich überbrückte die kurze Distanz zwischen uns und küsste ihn. Er war einfach so wahnsinnig süß, lieb und wundervoll, und ich fühlte mich so geliebt von ihm, dass es mich richtig rührte. Deshalb tat es mir auch jedes Mal so weh, wenn er sich abwertete und schlechtredete. Weil er in meinen Augen der liebste, süßeste Mensch auf der Welt war. Egal, was er für Fehler hatte, ich liebte ihn einfach über alles. „Tsu, du bist so süß, weißt du das?“ „Süß? Ich?“, fragte er und zog die Augenbrauen leicht hoch. „Ja, süß, du.“ Ich grinste und küsste ihn wieder. „Und ich hab dich so, so, so, so lieb.“ Irrte ich mich oder schlich sich da ein leichter Rotschimmer auf seine Wangen? Doch anscheinend sah ich richtig, denn er drehte den Kopf weg und sagte leise: „Meto, du bist hier der Süße. Du machst mich noch … ganz verlegen.“ Ich lachte, küsste ihn auf die Wange und stand dann auf. Es ziepte ein wenig, doch das ignorierte ich, sah es einfach als notwendige Folge an und als Preis, den ich für diesen Genuss zu zahlen hatte. Und es war ja wirklich so wahnsinnig schön gewesen, das musste ja einen Nachteil haben. Wenn mir dann heute ein bisschen der Hintern weh tat, dann war das eben so. „Gehst du zuerst duschen?“, fragte Tsu und erhob sich ebenfalls. Ich nickte und begab mich ins Bad, stieg, unbekleidet wie ich war, gleich in die Dusche, und stellte das Wasser an. Tsuzuku kam herein, stellte sich vor den Spiegel und begann mit dem Teil seiner Morgenroutine, den er schon vor dem Duschen erledigen konnte. „Und?“, fragte er und sah mich durch den Spiegel an. „Weißt du schon, was wir heute machen?“ Ich überlegte einen Moment. Zuerst dachte ich ans Meer und an das Schwimmbad beim Strand, doch nachdem Tsu und ich heute ja schon sehr intim geworden waren, war Schwimmen gehen und das damit verbundene Rumknutschen vielleicht zu viel. Besser war es sicher, wenn wir irgendwas taten, was nichts mit Intimitäten zu tun hatte, sozusagen als kleiner Ausgleich, und so kam mir schließlich die Idee, dass wir ja in unsere Heimatstadt fahren und meine Eltern besuchen könnten. „Wie wär’s, wenn wir zu meinen Eltern fahren?“, fragte ich. Tsuzuku drehte sich zu mir um und sah mich einen Moment lang durch die durchsichtige Tür der Dusche hindurch an. Er schien kurz darüber nachzudenken und antwortete dann: „Ja, können wir machen.“ „Mama macht sich ein bisschen Sorgen um dich, weil ich ja letztens bei ihr war und ihr erzählt hab, dass es dir nicht gut ging. Ich denke, sie würde sich freuen, zu sehen, dass es dir besser geht“, sagte ich und begann dabei, mich einzuseifen. „Geht’s mir denn besser?“, fragte Tsuzuku, klang auf einmal wieder so seltsam ironisch und drehte sich wieder zum Spiegel um. Ich wusste keine rechte Antwort auf die Frage. Sie hörte sich an, als fühlte mein Freund sich, obwohl es ihm von außen gesehen gut ging, trotzdem innerlich instabil, und das ließ wieder leise Sorge in mir aufkeimen. Ich tat doch alles, damit es ihm gut ging, warum fragte er dann so? War etwa wieder irgendwas in ihm nicht in Ordnung, was er mir nicht sagen wollte? Ich beeilte mich mit dem Duschen und als ich aus der Kabine stieg, wartete Tsu schon darauf und betrat sie gleich, um sich ebenfalls zu waschen. Ich trocknete mich derweil ab, zog mich an, trocknete meine Haare und kämmte sie einfach nur durch, hatte heute keine Lust, sie besonders zu stylen. Stattdessen kramte ich meine heißgeliebten Sclera-Linsen mal wieder raus und setzte eine durchsichtig-weiße und eine schwarz-rote ein. Mein Make-up fiel dementsprechend bunt aus und als Tsu mit Duschen fertig war und mich ansah, lächelte er. „Du siehst umwerfend aus, mein Süßer.“ Er selbst ließ sein Makeup, nachdem er sich abgetrocknet und angezogen hatte, heute wesentlich schlichter ausfallen als meines, schien weniger Lust auf Kontaktlinsen und dergleichen zu haben. Und so sah ich, als ich in seine dunklen Augen blickte, irgendetwas darin, was sehr verdächtig nach Geheimnis und versteckter Traurigkeit aussah. Ich wollte einfach nicht, dass er schon wieder irgendwas mit sich herumtrug und mit sich selbst ausmachte, und so nahm ich meinen Mut zusammen, legte beide Hände auf seine Schultern und fragte: „Sag mal, ist irgendwas? Macht dich was traurig?“ Er wich meinem Blick aus, sah nach unten und sagte: „Nein, nichts.“ Zwar hatte ich mir denken können, dass er das antwortete, doch jetzt wollte ich das nicht einfach dabei belassen. Gerade vorgestern, wo er so ausgepackt hatte, hatte ich das Gefühl gehabt, dass er endlich was begriffen hatte, was Geheimnisse anging, doch jetzt schien das schon wieder loszugehen, dass er alles mit sich selbst ausmachte. Und so ließ ich ihn nicht los, sondern berührte ihn am Kinn und zwang ihn, mich anzusehen. „Tsuzuku, ich merk doch, dass da gerade was ist, also sag! Rede mit mir!“ Es dauerte einen Moment, bis er antwortete, und ich versuchte, in seinen Augen zu lesen. Ging es um diese Borderline-Sache, von der ich immer noch nicht so wirklich wusste, was das eigentlich genau war? Oder war da noch etwas anderes? „… Mir ist nur eben … irgendwie der Gedanke gekommen …“, sagte er schließlich, „… dass ich schon sehr lange nicht mehr am Grab meiner Mutter war. Zuletzt war ich da vor eineinhalb Jahren oder so, nachdem ich die Wohnung verloren hatte.“ Seine Mama. Das also. Jetzt wusste ich den Schmerz in seinen Augen wieder zu deuten, diese tiefe, unauslöschliche Traurigkeit. „Möchtest du … da gern mal wieder hin?“, fragte ich vorsichtig. „Ich weiß nicht. Ob ich das aushalte. Eine Zeit lang hat es nicht mehr so wehgetan, aber in letzter Zeit ist das wieder mehr geworden. Ich …“, er brach ab, biss sich auf die Unterlippe, war auf einmal den Tränen nahe. Und ich schloss ihn in meine Arme, wusste nicht, ob ich ‚Nicht weinen‘ oder ‚Lass sie raus, die Tränen‘ sagen sollte, und spürte, dass er selbst nicht wusste, ob er jetzt weinen wollte oder nicht. Eine Weile blieben wir einfach so, dann löste er sich aus meiner Umarmung, straffte seine Haltung, schluckte, und blinzelte ein paar Mal. „Wir können ja erst mal zu meinen Eltern fahren, und dann überlegen wir, ob wir noch auf den Friedhof gehen oder nicht“, sagte ich. Tsuzuku nickte, drehte sich dann um und ging in Richtung Küche. Ich folgte ihm und sah zu, wie er ohne ein Wort den Tisch deckte, sich etwas zu trinken in sein Glas eingoss und sich etwas von dem kalten Gemüse nahm, der noch von gestern übrig war. Ich kochte mir eine Tasse Kaffee und setzte mich dann, um mir ein Brot zu machen, da war er schon mit Essen fertig, öffnete das Fenster und rauchte seine allmorgendliche Zigarette. „Hat dir das eigentlich gefallen, dass wir heute zum ersten Mal morgens Sex hatten?“, fragte er auf einmal. Ich nickte, lächelte. „Es war auf jeden Fall schön. Auch, wenn es sich ein bisschen komisch anfühlt, das morgens zu machen und dann aufzustehen.“ Er drückte seine Zigarette auf dem äußeren Fensterbrett aus, ließ sie nach draußen hinunterfallen und sah mich einen Moment lang mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an. „Aber es gefällt dir?“ „Ja, sehr.“ „Weißt du, Meto … Ich hoffe immer, wenn wir uns morgens schon nahe sind und sich das so gut anfühlt, dass der ganze Tag gut wird, dass mir das Kraft gibt, all das, was auf mich zukommt, durchzustehen. Im Moment ist alles … irgendwie wieder ziemlich schwer, da … brauche ich das.“ „M-hm.“ Ich nickte. Ja, das konnte ich verstehen. „Da ist mir wichtig, dass du das auch gern tust. Und wenn dir was wehtut …“ „Das ist mir egal, ob es wehtut“, unterbrach ich ihn, stand auf, ging die zwei Schritte auf ihn zu und umarmte ihn. „Das ist mir wirklich egal. Tsu, das Wichtigste für mich ist, dass es dir gut geht, dass du glücklich bist. Und es gefällt mir sehr, mit dir zu schlafen.“ Ich schob meine Hand zwischen uns, legte sie auf sein Herz und malte ein kleines Herzchen auf den schwarzen Stoff seines Shirts. Einen Moment lang blieben wir so, ich hörte ihn leise atmen und spürte seinen Herzschlag unter meiner Hand. Schließlich löste Tsuzuku sich von mir, gab mir einen Kuss auf die Wange und ging in den Flur, zog seine Jacke an. Ich räumte schnell das Essen wieder in den Kühlschrank und das Geschirr ins Spülbecken, dann folgte ich ihm und zog ebenfalls meine Jacke an, nahm meine Tasche und wir verließen die Wohnung. Auf dem Flur trafen wir Akko, das Mädchen aus der Wohnung gegenüber. Sie kam gerade die Treppe rauf, sah uns und lächelte. „Guten Morgen, ihr beiden“, begrüßte sie uns fröhlich und verbeugte sich leicht. „… Morgen“, erwiderte ich, viel zu leise und unsicher. Wenn ich lange und intensiv mit Tsu alleine war, vergaß ich manchmal beinahe, wie schwer mir das Sprechen bei anderen fiel. Dadurch, dass ich jetzt bei der Arbeit im Café die Rolle der schweigenden Puppe spielte, fühlte es sich an wie wieder zwei Welten, zwischen denen ich hin- und her wechselte. Mein Stottern und das alles, die Unsicherheit beim Sprechen, lag irgendwo dazwischen. Tsuzuku war da so anders als ich, oder zumindest ging er anders damit um, tat leichter so, als hätte er kein Problem damit, auf Leute zuzugehen. Ich wusste ja, dass er da auch so seine Schwierigkeiten hatte, aber er überspielte das einfach anders, besser, wünschte Akko freundlich einen guten Morgen. „Geht ihr aus?“, fragte Akko und sah mich mit besonderem Blick auf mein heute ja sehr buntes Makeup an. „Wir fahren Metos Eltern besuchen“, antwortete Tsu an meiner Stelle. „Ihr zwei seht immer so hübsch aus, als ob ihr irgendwo besonderes hinwollt“, sagte Akko. „Aber das gehört ja so, wenn man sich zum VKei zählt, ne?“ „Danke“ Tsuzuku lächelte, und ich bekam auch ein passables Lächeln hin. Akko ging in ihre Wohnung und wir die Treppen hinunter und nach draußen. „Nehmen wir die U-Bahn bis zum Bahnhof oder wollen wir das Stück laufen?“, fragte mein Freund mich und legte einen Arm um meine Taille. Ich blickte hoch zum Himmel, wo die Sonne gerade zwischen den Wolken durchkam. Es sah nicht nach Regen aus, also sagte ich: „Wir laufen.“ Den ganzen Weg zum Bahnhof über hielt Tsuzuku den Kontakt zu mir: Erst sein Arm um mich, und dann, als wir etwas schneller gingen, nahm er meine Hand. Doch irgendwie fühlte sich das weniger nach seiner Verliebtheit, als vielmehr nach einer Sehnsucht nach Schutz und Kraft an, fast ein bisschen so wie in der Zeit, als ich sein einziger Halt im Leben gewesen war. Ich schaute ihn an, er sah nachdenklich aus und wieder fast so traurig wie vorhin. Ob er auch jetzt wieder an seine Mama dachte? Diese unglaublich schwere Sache, diesen tiefen Schmerz, ich wollte ihm das so gern nehmen, doch das konnte ich nicht, niemand konnte das. Alles, was ich tun konnte, war, ihm so viel Liebe wie irgend möglich zu geben, und das wollte ich unbedingt tun. Ich schmiegte mich im Gehen an seinen Arm, er sah mich an, und ich lächelte, so süß und fröhlich, wie ich nur vermochte. Als wir den Bahnhof erreichten, fuhr gerade der Zug in Richtung unserer Heimatstadt ein. Wir stiegen ein und suchten uns ein ruhiges Abteil, in dem nur zwei ältere Damen saßen. Tsuzuku suchte weiter Körperkontakt zu mir, legte seine Hand auf mein Bein, gut sichtbar, und streichelte mit dem Daumen über den Stoff meiner Hose. Ich lehnte mich an seine Schulter und hörte, wie er mir ganz leise zuflüsterte: „Wenn du jetzt dein Kleid und die Perücke anhättest, würden die beiden Omas dich bestimmt für ein süßes Mädchen halten.“ Ich lachte leise, legte meine Hand auf seine. Wir hatten das schon mal gemacht, dass ich ein Kleid und die Perücke angezogen hatte, und Tsuzuku seine Lackledersachen. So hübsch gemacht waren wir zusammen in die Innenstadt gegangen und hatten unseren Spaß daran gehabt, aufzufallen, anders zu sein und die Leute ein wenig damit zu verwirren, dass ich mit meiner zwar meist leisen, aber doch unverkennbar männlichen Stimme gesprochen und so das mädchenhafte Bild, welches ich durch das süße Outfit abgab, ein wenig aufgebrochen hatte. Das Selbstbewusstsein, das ich dabei empfand, war ähnlich dem, mit dem ich mich früher im Techno-Club präsentiert und fremde Typen angesprochen hatte, um mich abzulenken. Ich fiel gerne auf, auf gewisse Weise jedenfalls. Eine der beiden älteren Damen sah uns aufmerksam an und ich vermutete, dass sie versuchte, uns einzuschätzen. Mich störte es nicht, aber ich wusste nicht genau, wie Tsuzuku sich fühlte, wenn ihn jemand so beurteilend ansah. Fühlte er sich ähnlich selbstbewusst wie ich, oder war er gerade so unsicher und traurig, dass ihm das wehtat? Ich war froh, als der Zug hielt und wir aussteigen konnten. Doch während wir durch den Bahnhof in Richtung Stadt gingen, fühlte ich mich wieder irgendwie seltsam, weil es eben unsere Heimatstadt war, in der wir jetzt nur noch zu Besuch waren. Tsuzuku hielt wieder meine Hand, das gab mir Sicherheit und ließ mich mich gut fühlen. Wir liefen durch die Stadt, wobei wir einen großen Bogen um die Gegend des Akutagawa-Parks machten, und außerdem, wie schon immer, der Straße auswichen, in der Tsu früher gelebt hatte. Dabei kamen wir, mehr zufällig, durch die Altstadt, und dort am Friedhof vorbei. Ich sah die vielen grauen Steinstelen schon von weitem und bekam sofort ein ungutes Gefühl, wollte stehen bleiben, doch Tsuzuku legte, statt langsamer zu werden, an Gehgeschwindigkeit zu, ließ meine Hand los und strebte in jene unheilvolle Richtung. „Tsu…“, begann ich, da blieb er auch schon an der Pforte stehen. Er hatte den Kopf gesenkt und strahlte auf einmal eine seltsame Unnahbarkeit aus. „… Denkst du, das ist … eine gute Idee …?“, fragte ich unsicher. Tsuzuku antwortete nicht. Ich ging auf ihn zu und sah, dass seine Hände und seine Schultern zitterten. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seinen Rücken und spürte so, dass er große Angst hatte. Und mit einem Mal drehte er sich um und lief davon. Rannte einfach weg und ließ mich stehen. „Tsuzuku!“, rief ich, lief dann los, ihm nach. Und als ich ihn endlich sah und einholen konnte, da stand er mitten auf dem schmalen Weg zwischen den alten Häusern, vornüber gebeugt, keuchend, völlig außer Atem. Ich lief auf ihn zu, hörte mich selbst laut und schnell atmen, und als ich bei ihm war, nahm ich ihn einfach in meine Arme. Er zitterte am ganzen Körper, hustete, klammerte sich an mich. „Bist du okay?“, fragte ich, heftig besorgt. Er antwortete zuerst nicht, dann, ganz leise: „… Ich … pack das nicht … Ich halte das … nicht aus …“ „Du musst doch auch nicht“, sagte ich und streichelte über seinen Rücken. „Niemand schreibt dir vor, da hin zu gehen, auch deine Mama nicht.“ „Ich … will aber.“ Zum Glück waren wir in einer kleinen Seitenstraße und es war niemand in der Nähe, der uns sehen, anstarren und eine dumme Bemerkung hätte machen können. „Warum willst du das denn? Einerseits sagst du, du packst das nicht, aber andererseits willst du?“ „Ich … muss mich doch auch … darum kümmern …“, sagte er und fügte dann kaum hörbar hinzu: „Sie hatte doch … nur noch mich …“ „Was ist denn mit deinen Verwandten? Denen, die jetzt in der Wohnung leben und so?“ „Ich kenn die doch kaum. Und … als Mama noch da war, … haben die sich auch nicht für sie interessiert.“ Ich spürte, dass Tsuzuku dabei war, tief in seiner Traurigkeit zu graben und Sachen hochzuholen, die besser vergessen bleiben sollten. Und ich ahnte, wie gefährlich das war. Zwar wusste ich immer noch so gut wie nichts über dieses Ungeheuer namens Borderline, aber ich hatte so das Gefühl, dass er da gerade ganz nah dran war. „Komm, wir gehen jetzt hier weg, zu meinen Eltern, und du beruhigst dich wieder und lenkst dich ab, okay?“, sagte ich. „Und nachher können wir immer noch überlegen, ob wir auf den Friedhof gehen oder nicht.“ Er nickte, immer noch zitternd. Ich nahm seine Hand und führte ihn weg, in Richtung Akayama. Auf dem Weg zu meinem Elternhaus beruhigte Tsuzuku sich langsam wieder und als wir dort ankamen, ging es ihm wenigstens auf den ersten Blick gesehen wieder gut. Ich hoffte, dass es in ihm auch halbwegs ruhig aussah und er seine Traurigkeit zumindest bis nachher beiseiteschieben konnte. Ich schloss die Haustür auf und hörte gleich, dass auf jeden Fall Mama zu Hause war, denn das Radio in der Küche lief, schallte durchs ganze Haus. „Mama?“, fragte ich laut. „Yuu, bist du’s?“ Das Radio wurde leiser gestellt und kurz darauf kam Mama aus der Küche, während Tsu und ich noch unsere Schuhe und Jacken auszogen. Mama strahlte mich an, freute sich sichtlich, uns zu sehen. „Yuu, Genki, kommt ihr mich besuchen?“ „Wir haben frei … und da dachten wir … wir besuchen dich“, antwortete ich. „Wie geht’s euch?“, fragte sie. „Kommt ihr gut alleine zurecht?“ Ich nickte und erzählte ihr leicht stockend davon, dass ich begonnen hatte, für Tsuzuku und mich regelmäßig zu kochen. Mama fragte weiter, wollte wissen, wie es mit dem Arbeiten lief, mein Job im Café und bei Tsu das Studio, und kochte uns derweil Tee. Ich erzählte, mein Freund sagte auch hin und wieder etwas dazu, und so kamen wir irgendwann auch auf das Thema, wie es ihm ging. „Geht’s dir besser, Genki? Yuu hatte letztens erzählt, dass es dir nicht gut ging.“ Tsu war sofort anzumerken, dass er nicht wusste, was er antworten sollte. Nach seinem kleinen Zusammenbruch eben konnte man ja irgendwie nicht behaupten, dass es ihm besonders gut ging, aber er schien auch nicht sagen zu wollen, dass es ihm schlecht ging. „… Es geht …“, antwortete er schließlich. „Mal gut, mal schlechter, ist ja normal für mich.“ „Und geht’s mit dem Essen, wenn ich das fragen darf?“, fragte Mama weiter. Tsuzuku nickte. „Meto gibt sich so viel Mühe beim Kochen, das muss ich einfach essen.“ Seine Hand griff unter dem Tisch nach meiner, ich ergriff seine und spürte, dass er das wirklich so meinte mit dem Essen. Es war ein Kompliment an meine noch unausgereiften Kochkünste und zugleich ein Zeichen, dass Tsu sich an sein Versprechen, gegen die Essstörung anzukämpfen, unbedingt halten wollte. Und es machte mich glücklich. Ich lehnte mich leicht an ihn, er sah mich an und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. „Man kann euch so schön ansehen, dass ihr glücklich zusammen seid“, sagte Mama, lächelte, nahm einen Schluck Tee und fuhr dann fort: „Ich kann inzwischen wirklich nicht mehr verstehen, wie man was dagegen haben kann.“ „Unsere eine Nachbarin schon“, antwortete Tsuzuku. „Die kommt da gar nicht mit zurecht.“ „Aber sie macht euch nicht das Leben schwer, oder?“ „Bis jetzt nicht“, sagte mein Freund. „Und ich hoffe, sie lässt uns einfach in Ruhe.“ Wir saßen eine ganze Weile am Küchentisch, tranken Tee und redeten, Mama räumte irgendwann ihre auf dem Küchentisch ausgebreiteten Unterlagen weg. Ich hatte das Gefühl, dass Tsuzuku sich langsam wieder entspannte, dass er sich in meinem Elternhaus wohlfühlte, und er und Mama sich wirklich gut verstanden. Und ich hoffte, dass meine Mama und ich, irgendwie oder vielleicht nur ein klein wenig, meinem Schatz seine verlorene Familie ein bisschen ersetzen konnten. Mir war klar, dass niemand ihm seine Mama ersetzen konnte, aber vielleicht konnten wir ihn ja ein bisschen ablenken und glücklich machen. Ich hielt fast die ganze Zeit über seine Hand und bekam so ziemlich genau mit, wie er sich fühlte. Und es schien ihm gerade gut zu gehen. Doch irgendwann spürte ich wieder, wie er sich anspannte und seine Hand zitterte. Es war in dem Moment, als Mama auf die Uhr schaute und sagte, dass es auf Mittag zuging. „Wollt ihr hier essen?“, fragte Mama. Ich sah Tsuzuku fragend an. Er wirkte auf einmal wieder so seltsam unnahbar und viel zu nachdenklich, sodass ich mich kaum traute, ihn anzusprechen. „Tsu …?“, fragte ich unsicher. „Willst du hier essen, oder fahren wir nach Hause und ich koche was für uns?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hab keinen Hunger. Du kannst gerne was essen, aber ich will nichts.“ „Was … ist denn?“ „Ich möchte jetzt nichts essen.“ Er klang zwar noch ruhig, aber seine Hände zitterten und er strahlte diese Mischung aus Angst und … Selbsthass aus, die ich von früher von ihm kannte. Ich dachte einen Moment nach, darüber, was ich tun sollte, stand dann kurzentschlossen auf, nahm Tsuzukus Hand und zog ihn mit, raus aus der Küche, ins Wohnzimmer, wo ich ihn sanft, aber bestimmt aufs Sofa niederdrückte. „Was hast du denn?“, fragte ich, mit gedämpfter Stimme, damit Mama in der Küche nicht alles mitbekam. Tsu sah mich nicht an, blickte zu Boden und sagte leise: „Ich will da hin, auf den Friedhof. Ich hab so ein Gefühl, dass ich das muss. Und wenn ich vorher was essen würde, dann würde ich sehr wahrscheinlich brechen.“ „Und du meinst, du schaffst das, also da hin?“ „Ich muss. Sie hatte doch nur noch mich.“ Ich wusste nichts dagegen zu sagen. Tsuzuku schien das, obwohl er sich bestimmt absolut sicher war, dass er weinen würde, unbedingt zu wollen. Ich hatte Angst, dass es ihm nicht gut tun würde, dass er infolge dessen rückfällig wurde, doch ich konnte ihn nicht aufhalten. Er stand auf, ging an der Küche vorbei in den Eingangsbereich und zog seine Schuhe und seine Jacke an. Ich ging zu Mama und sagte ihr, dass wir nach Hause fuhren, weil Tsu sich nicht gut fühlte, und dass es mir leidtat, nicht noch länger bleiben zu können. Dann folgte ich ihm, zog ebenfalls Schuhe und Jacke an, nahm meine Tasche und verließ mein Elternhaus wieder. Ich wusste, Mama bekam mit der Zeit immer mehr von Tsuzukus Problemen mit, von denen sie ja wusste, weil ich ihr damals alles erzählt hatte. Wahrscheinlich machte sie sich jetzt, genau wie ich, Sorgen um ihn. Tsuzuku ging schnell, ich musste ihn richtig einholen, und als ich ihn erreichte und ansah, da sah ich Tränen in seinen Augen, er schniefte und blinzelte, ging dabei immer schneller. „Tsu, warte!“, rief ich, fiel schon wieder hinter ihn zurück. „Bleib stehen!“ Er blieb stehen, sah sich nach mir um, ich holte ihn wieder ein und griff seine Hand. „Wir machen das zusammen, okay?“, sagte ich, leicht keuchend vom schnellen Laufen. „Wir gehen da zusammen hin, du sagst deiner Mama, wer ich bin, und wenn da was zu tun ist, irgendwas aufräumen oder so, dann machen wir das auch zusammen.“ Tsuzuku drückte meine Hand, sah mich mit dieser Dunkelheit in den Augen an und sagte leise: „Danke, Meto. Auch, … dass du mich nicht allein lässt …“ „Warum sollte ich dich alleine lassen?“, fragte ich. „Wieso denkst du so was?“ „Weil ich so unerträglich bin … und dir so viel abverlange …“ Ich drehte mich ganz zu ihm um, legte beide Hände auf seine Schultern und sah ihn ganz direkt an. Beinahe schon machte es mich sogar wütend, was Tsu da gerade gesagt hatte, von wegen er sei unerträglich. Wie oft sollte ich ihm denn noch sagen, dass das nicht stimmte, dass er absolut nicht ‚unerträglich‘ war?! Ich hatte ihn ja gefragt und er hatte geantwortet, aber dass er überhaupt so dachte … „Tsuzuku!“, sagte ich laut, „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du ganz sicher nicht ‚unerträglich‘ bist? Ich liebe dich, verdammt nochmal, und es tut mir weh, wenn du so was sagst!“ Er sah mich an, verwundert oder vielleicht ein bisschen erschrocken, weil ich so laut wurde. Ich spürte, das hier war ziemlich nah dran an einem Streit. „Ich … will dir nicht weh tun“, antwortete er leise. „Es ist nur so, dass ich … Ich kann das manchmal einfach nicht so glauben, dass … du so was wie mich liebst.“ „‘So was‘?“, wiederholte ich diese so abwertend klingenden Worte und spürte dabei einen leichten Stich in der Herzgegend. Tsuzuku blickte mit Tränen in den Augen an mir vorbei, bewegte tonlos die Lippen und sagte dann, ganz leise, kaum zu hören: „So ‘n Borderliner wie mich …“ Es tat weh. Es tat richtig weh. Ich wusste zwar immer noch nicht genau, was ich mir unter diesem Wort eigentlich vorstellen sollte, aber dass es nichts Gutes war, das war mir klar. Es war abwertend, schmerzhaft und gemein, und der Tonfall, in dem Tsu das sagte, verstärkte das noch. Ich spürte, wie ich wütend wurde, wusste aber nicht, auf wen oder was. Vielleicht auf dieses Ungeheuer, dass sich vor langer Zeit in der Seele meines Freundes eingenistet hatte und ihn solche Dinge sagen ließ. Und doch wusste ich, dass er das alles jetzt wahrscheinlich nur sagte, weil er aufgeregt war wegen dem, was er vorhatte. Er konnte nichts dafür und wollte mich weder verletzen, noch wütend machen, er konnte einfach nur nicht anders. „Du bist aufgeregt, oder? Und du hast Angst. Deshalb sagst du jetzt so was. Eigentlich weißt du, dass ich dich liebe, so wie du bist, oder?“, fragte ich. Tsuzuku antwortete nicht, doch ich sah ihm an, dass ich Recht hatte. Er hatte einfach wahnsinnige Angst. Angst, am Grab seiner Mama die Fassung zu verlieren, und Angst, dann rückfällig zu werden, zu erbrechen oder sich verletzen zu wollen. Es war ihm nur allzu deutlich anzusehen. „Ich bin bei dir“, sprach ich und nahm wieder seine Hand. „Ich halte dich.“ Den Rest des Weges gingen wir ohne ein weiteres Wort Hand in Hand. Ich spürte, wie er, obwohl sich ein Teil seiner Anspannung eben ein wenig entladen hatte, mit jedem Schritt aufgeregter wurde. Und als wir die Altstadt durchquerten und schließlich die Pforte des Friedhofs erreichten, war er zwar nach außen hin ruhig, doch von ihm ging eine eigenartige, dunkle Ausstrahlung aus, die sich wie Lava unter der Oberfläche zu stauen schien. „Bereit?“, fragte ich leise. Er nickte, seine Hand in meiner zitterte. Langsam gingen wir zwischen den grauen Steinstelen entlang, den vielen Namen, Blumen, Opfergaben. Tsuzuku schien nicht mehr ganz genau zu wissen, wo sich das Grab befand, er sah sich einige Steine genauer an, schaute sich um, blieb hin und wieder stehen. „Weißt du noch, wo’s ist?“, fragte ich. „Irgendwo weiter hinten“, sagte er, seine Stimme klang seltsam ruhig und belegt. Wir durchquerten den halben Friedhof, auf dem wir ganz allein zu sein schienen, gingen an dem kleinen Tempel vorbei, der sich etwa in der Mitte befand, und Tsu ging wieder schneller, schien jetzt genau zu wissen, wo er hin wollte. Ich ließ seine Hand los, er lief los, zwischen den Grabsteinen entlang, und blieb dann auf einmal stehen. Und ich wusste, er hatte es gefunden. Zuerst stand er nur da und blickte auf den Stein vor ihm. Je näher ich kam, umso deutlicher sah ich, wie sehr er um Fassung rang. Und als ich schließlich wieder neben ihm stand, da schluchzte er plötzlich auf und sank auf die Knie. Seine Schultern bebten, er beugte sich vor, stützte sich mit den Händen auf dem kalten Erdboden ab und weinte. Ich kniete mich neben ihn, ob meine Hose schmutzig wurde, war mir egal, und legte meine Hand auf seinen Rücken. „Lass es raus“, sprach ich leise. „Es ist niemand hier außer uns, nur du und ich.“ Ich hatte mit meinen Worten erreichen wollen, dass er sich nicht zu sehr selbst kontrollierte und nicht diesen schmerzhaften Stau im Herzen fühlte. Doch trotzdem war ich erschrocken, als Tsuzuku auf meine Worte hin immer heftiger weinte, hemmungslos alles herausließ und schließlich kaum verständliche Worte über seine Lippen kamen. Worte aus seinem Innersten, schlimme Dinge, die ich so noch nicht gewusst hatte. „Mama … Es tut mir so leid … Es tut mir so wahnsinnig leid … Ich hab dir so oft weh getan, hab dir das Leben schwer gemacht, mit meiner ganzen verdammten, kaputten Persönlichkeit … Ich weiß jetzt, wie gestört ich bin, ich will nicht so sein, und doch, manchmal bin ich gern so. Ich hasse mich! Warum bin ich so, warum hab ich dir solche Schwierigkeiten gemacht?!“ Seine Tränen fielen auf den Sandboden, malten dort dunkle, runde Flecken. Ich fühlte mich irgendwie befangen, blickte auf den Stein, wo der Name „Aoba Misayo“ in hübschen, perfekt in den grauen Stein gravierten Zeichen stand. Misayo hatte sie also geheißen, Tsuzukus Mama. „Verzeih mir, Mama, bitte … Ich … hab das nicht gewollt. Ich …“ Er brach ab, konnte vor weinen kaum mehr sprechen. Kurzentschlossen rückte ich näher zu ihm und schloss ihn in meine Arme, hielt seinen bebenden Körper fest, zog ihn eng an mich und spürte seine tiefe Trauer und die entsetzliche Verzweiflung ganz nah. Er ließ sich einfach von mir umarmen und halten, und vielleicht tat es ihm auch ein klein wenig gut. „Ich … ich hab sie umgebracht“, flüsterte er mit tränenerstickter Stimme an meiner Schulter. „Ich bin schuld. Wenn ich damals nicht …“ „Shhh“, unterbrach ich ihn. „Shhh…“ Ich wollte irgendwas wie ‚Alles gut‘ sagen, ‚Alles gut, ich bin bei dir‘, aber würde ihn das in seiner furchtbaren Traurigkeit überhaupt erreichen? „… Wenn ich nicht so gestört wäre … und wenn ich dran gedacht hätte, dass sie krank war …“ „Nein, Tsu, nicht das alles wieder hochholen“, unterbrach ich ihn wieder. „Das ist nicht gut.“ Doch ich spürte, dass es längst alles oben war, dass er sich binnen Sekunden seine ganze Trauer und seine Schuldgefühle wieder ins Bewusstsein geholt hatte und jetzt nicht einfach wieder davon weg konnte. Ich hoffte und betete so sehr, dass er das hier überstand, ohne rückfällig zu werden. Der Tag heute hatte doch so schön angefangen! Warum war jetzt alles wieder so schlimm und traurig? Warum musste der liebste Mensch, den ich auf dieser Welt hatte, so furchtbar leiden? Wieso lag er schon wieder weinend in meinen Armen, statt glücklich zu lachen und mit mir unseren gemeinsamen freien Tag zu genießen? In diesem Moment empfand ich das Leben als furchtbar ungerecht. Und ich konnte nichts tun, als meinen Freund zu halten und ihm all meine Nähe und Liebe zu schenken, damit er ein paar Momente lang glücklich war, nur um dann wieder zusammenzubrechen. Doch ich war bereit, das immer wieder zu tun, ihn immer wieder, wenn auch nur für kurz, glücklich zu machen. Tsuzuku klammerte sich an mich, seine Hände krallten in meinen Rücken, er weinte bitterlich und ich spürte die Nässe seiner Tränen schon auf der Haut, mein Shirt war an der Schulter ganz nass. Es war recht lange her, dass er so vor mir geweint hatte, und mir kam der Gedanke, dass er das vielleicht brauchte, mal alles rauszulassen. Und irgendwann, ich hatte schon ein wenig das Zeitgefühl verloren, da beruhigte er sich langsam wieder. Seine Atmung schluchzte noch weiter, er klang fast so, als bekäme er kaum Luft, und ich streichelte seinen Rücken, geduldig wartend, bis er wieder halbwegs zu Atem kam und seine Tränen nicht mehr flossen. Er sah mich an, seine Augen waren stark gerötet vom Weinen, und fragte flüsternd: „Meto, wie hab ich so jemand Süßes wie dich eigentlich verdient?“ Es war ja nicht das erste Mal, dass er mich das fragte, aber dieses Mal konnte ich ganz sicher und überzeugt antworten: „Indem du der liebste Mensch bist, den ich auf dieser Welt habe. Und jetzt lächle ein bisschen und freu dich, dass du mich hast.“ Ein kleines, zögerliches Lächeln huschte über seine Lippen und dann fiel er mir um den Hals, ich glaubte fast, seinen Herzschlag zu spüren, und wie er mit einem Mal wieder glücklich war. Oder so was Ähnliches wie glücklich. Er löste sich wieder von mir, wandte sich dem Grabstein zu und blickte diesen einen Moment lang einfach nur an, so als wartete er auf etwas. Und das, worauf er wartete, schien auch kurz darauf einzutreten, denn er erhob sich und bedeutete mir, ebenfalls aufzustehen. „Mama … Ich möchte dir gern jemanden vorstellen“, sagte er leise. Sah er sie jetzt vor sich? Es kam mir irgendwie ganz normal vor, kein bisschen seltsam, und ich dachte: ‚Wenn meine Mama tot wäre, würde ich auch noch mit ihr sprechen und sie sozusagen sehen, an ihren Geist glauben.‘ Ich wusste ja nicht, wie Misayo ausgesehen hatte, deshalb konnte ich sie mir kaum vorstellen. Doch trotzdem versuchte ich es und verbeugte mich leicht in Richtung des Grabsteins. „Mama, das ist Meto. Er ist mein Freund, also … mein fester Freund. Wir leben zusammen und ich hab ihn sehr, sehr lieb.“ Tsuzuku legte seinen rechten Arm um mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Einen Moment standen wir einfach nur da, zumindest aus meiner Sicht, denn ich hatte das Gefühl, dass Tsu seine Mama irgendetwas tun sah. Vielleicht war er auch einfach in Erinnerungen an sie versunken. Aber es schien ihn nicht traurig zu machen, denn er hatte ein ganz leichtes Lächeln auf den Lippen. Und dann ließ er mich los, kniete sich wieder auf den Boden und erneuerte sein Versprechen, gesund zu werden, oder zumindest glücklich. Ich hörte zu und sah, wie er dann aufblickte und ein wenig den Kopf bewegte, so als wäre da eine Hand, die ihm durchs Haar strich. Obwohl ich Misayo nicht sehen konnte, spürte ich diese Innigkeit zwischen ihr und meinem Freund und mir traten Tränen in die Augen vor Rührung. Tsuzuku blickte sich nach mir um, sah die Tränen, stand auf und fragte: „Warum weinst du denn jetzt, Meto-chan?“ „Weil … Ich freu mich so … dass deine Mama doch noch … ein bisschen für dich da ist …“, brachte ich leise heraus und blinzelte, um meine Kontaktlinsen an ihrem Platz zu halten und mein Make-up nicht völlig kaputt zu machen. Tsuzuku lachte, als er das sah. „Deshalb hab ich heute keine drin.“ Dann wandte er sich wieder seiner Mama zu: „Ich gehe jetzt. Aber … ich denke, ich komme bald wieder.“ Er verbeugte sich leicht und nahm meine Hand. Und dann verließen wir, nachdem ich mich ebenfalls verbeugt hatte, den Friedhof in Richtung Bahnhof, um wieder nach Hause zu fahren, in die andere Stadt, unser neues Zuhause. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)