Captain Hook von Aquamarine ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Prolog Der Dezember war verhältnismäßig kalt in diesem Jahr gewesen. Die glitzernden Schneeflocken fielen auf den, mit smaragdgrünem Stoff bezogenen, Kinderwagen. Mrs. Addington-Stratford hatte ihre filigranen Hände um den schmalen Griff des Wagens gelegt. Ihre schneeweißen Handschuhe waren aus feinstem Kaschmir, ebenso wie die dicke Daunendecke, die den kleinen Jungen im Inneren der Kutsche vor der Kälte schützte. Seine Mutter sah zu ihm herab und lächelte. Immerzu wollte sie dieses hübsche, kleine Gesicht, seine winzigen Hände, die Grübchen auf seinen Wangen, die der Winter zart rosa bemalt hatte, ansehen. Noch vor seiner Geburt hatte sie ihn geliebt, dieses kleine Wunder. Die Straßen Londons waren bereits reichlich verschneit, als Mrs. Addington-Stratford um die nächste große Ecke bog, die sie ihrem Heim ein Stück näher brachte. James, wie sie ihn genannt hatte, schlief hingegen tief und fest. Seine winzigen Lippen waren ein Stück geöffnet und man konnte ahnen, dass er träumte. Wahrscheinlich befand er sich gerade irgendwo in einem wunderschönen Traumland, in dem ihm niemand je Schaden zuzufügen vermochte. Ein Land, in dem es nichts Böses gab. Irgendwo, weit weg von aller Habgier und Niedertracht der englischen Gesellschaft. Mrs. Addington-Stratfords Vorname war Olivia, doch wie für eine Lady üblich, schätzte Sie es nicht besonders, von Menschen mit eben jenem angesprochen zu werden, die sie nicht im Besonderen darum bat. Ihrer Meinung nach ziemte es sich für einen englischen Gentleman nicht, die Manieren auf der Strecke zu lassen. So kam es, dass sie wenig erfreut darüber war, ihren Namen aus dem Munde eines ungepflegten Mannes zu hören, der mitten auf dem Gehweg vor ihr stand und sie musternd ansah. Seine Stimme war tief und so ölig, dass es Lady Addington-Stratford eiskalt den Rücken hinunter lief. Mehr noch als die kühle Winterluft ließ sie ihr eigener Name, ausgesprochen von jenem Manne, erschaudern. Sie blieb stehen, antwortete ihm allerdings nicht, sondern sah ihn, mit einem Misstrauen an, das eine Spur Ängstlichkeit in sich trug. Die Laternen um sie herum begannen allmählich, ihr warmes Licht auszustrahlen, trat in diesen Monaten doch rasch die Dunkelheit ein. Mrs. Addington-Stratford hatte ihrem Ehemann, Thomas, versprochen noch vor der Dämmerung daheim zu sein. Die Erde hingegen schien sich schneller zu drehen, als sie es erwartet hatte, vielleicht aber war es auch nur ihre Liebe zu ausgedehnten Spaziergängen, die ihr gerade einen Strich durch die Rechnung machte. »Treten Sie bitte zur Seite, Sir.« Sie räusperte sich nachdem sie dem Mann, der ihr noch immer, unverändert regungslos, im Weg stand, geantwortet hatte. »Über das Förmliche sind wir doch längst hinaus, Olivia.« Mrs. Addington-Stratford schluckte. Sie kannte diesen Mann. Schon als sie ihn erblickt hatte, wäre sie am liebsten weiter gelaufen, doch das war bekanntermaßen nicht möglich gewesen. Das Haus der Familie Addington-Stratford lag nur ein paar Gehminuten entfernt, doch im Moment kam es Olivia unerreichbar weit weg vor. Sie klammerte ihre Finger um die Stange des Kinderwagens, in dem ihr Sohn noch immer seelenruhig schlief. »Wir hatten das besprochen. Geh uns aus dem Weg.« Ihre Stimme wurde mit jedem Wort fordernder. Dennoch schien sich der Mann nicht beirren zu lassen. Im Gegenteil, er ballte die Fäuste und starrte sie unentwegt an. Auch sein Tonfall wurde bestimmter. »Ich will ihn sehen.« »Nein.« Olivia zog den Kinderwagen näher zu sich heran. »Er ist mein Sohn!« Ihr Atem stockte. Sie begriff nur langsam, was er gerade gesagt hatte. Hier, in aller Öffentlichkeit. Ihr Herz pumpte immer schneller, ihre Hände begannen zu zittern, ebenso ihre Stimme, als sie sprach. »Du...Er ist nicht dein Sohn, Thomas ist sein Vater und das wird sich niemals ändern!« Sie atmete schnell, stoßartig. Er hingegen stand einfach nur da. Er stand da und...lächelte? »Guten Abend Thomas.« Erschrocken drehte sie ihren Kopf zur Seite. Thomas. Olivia war starr vor Schreck und brachte kein Wort heraus. Wie lang hatte er dort gestanden? »Ich habe mir Sorgen gemacht, weil du nicht heim gekommen bist.« Er war ganz ruhig, doch seine Augen hatten diesen gewissen Glanz, die sie stets hatten, als er seine Frau ansah, verloren. Stattdessen sah man jetzt nur noch Kälte in ihnen. Jene Kälte, die ein Lebewesen schneller auskühlen ließ als der Winter um sie herum. Der weiche, mintgrüne Stoffmantel, der Olivias schlanken Körper umhüllte, schleifte im Schnee, als sie auf Thomas zuging. Thomas hingegen machte auf dem Absatz kehrt und ging in die Richtung, aus der er gekommen war. »Thomas warte!« Doch auch ihr Flehen brachte nichts. Dieser Abend sollte alles verändern. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)