Tote Seele von BloodyRubin (Nicht nur der Körper kann sterben...) ================================================================================ Kapitel 3: Im Auge des Feindes ------------------------------ Tiefe Stille herrschte in dem Raum. Natsumes Körper lag auf einer hohen Trage, umgeben von Blumen. Sein Gesicht war von einem Tuch verdeckt, während neben ihm Räucherstäbchen dunkle Wölkchen in die Luft sandten. Tanuma kniete, umgeben von Nishimura und Kitamoto, auf einem dunklen Kissen und lauschte der ruhigen, tiefen Stimme des Mönchs, der die Totensutren vorlas. Seit dem Tod von Natsume waren zwei Tage vergangen. Immer noch hatte der Schwarzhaarige das Bild vor Augen, wie sich sein bester Freund lächelnd von der Brücke stürzte. Den Autofahrer, der Natsume gerammt hatte, hatte es noch schlimmer getroffen. Er hatte einen schweren Schock erlitten und musste psychologisch behandelt werden. Kein Wunder bei dem, was passiert war. Tanuma hingegen hatte es abgelehnt, sich behandeln zu lassen. Alles in ihm schrie nach Rache an dem Kerl, der für all das verantwortlich war. Bisher jedoch waren seine Versuche, Seji Matoba zu finden, fehlgeschlagen. Behutsam sah er sich in dem Zimmer um. Da war Touko, die leise, aber ungehalten schluchzte und Shigure, der einen Arm um ihre Schulter gelegt hatte. Sogar Natori Shuuichi war unter den Trauergästen und blickte mit ernstem Gesicht nach vorne. Auch wenn Tanuma den Schauspieler und Exorzisten nicht übermäßig mochte, rechnete er es diesem doch hoch an, dass er sich extra freigenommen hatte, um Natsume die letzte Ehre zu erweisen. Während er darüber nachdachte, verstummte der Mönch. Shigure flüsterte Touko etwas zu, stand dann auf und trat an die Trage heran. Sanft hob er den Leichnam hoch und legte ihn in den Sarg, der sich neben der Trage auf dem Boden befand. Als er den Deckel des Sarges schloss, fühlte Tanuma, wie sich etwas in seinem Hals zusammenschnürte. Nie mehr würde er mit dem Braunhaarigen zusammen lachen, nie mehr seine Stimme hören oder gemeinsam mit ihm die mystische Welt der Youkai erkunden. Unbemerkt huschte er nach draußen und hielt sein Gesicht der wärmenden Sonne entgegen. Eine Hand, die sich auf seine Schulter legte, brachte ihn jedoch dazu, nicht wieder in seinen düsteren Gedanken zu versinken. „Natori.“ „Hallo, Tanuma. Wie geht es dir?“ „Nicht besonders.“ Der andere nickte verständnisvoll und Trauer legte sich über seine Züge. „Entschuldige. Für dich muss die Erinnerung am Schlimmsten sein. Zusehen zu müssen, wie Natsume...“ Er brach ab und zündete sich eine Zigarette an. „Seit wann rauchst du?“ fragte Tanuma, um das Thema zu wechseln. „Seit ich von der ganzen Sache erfahren habe.“ Er pustete den Qualm in die Luft und sah den Schwarzhaarigen dann direkt an. „Hat er irgendetwas gesagt? Du weißt schon, bevor...“ „Nein.“ log Tanuma sofort. Er hatte bereits entschieden, noch niemandem zu sagen, was vor zwei Tagen genau passiert war. Jedenfalls vorläufig nicht. „Ich verstehe.“ Abermals ließ Natori Rauch durch seinen halb geöffneten Mund ausströmen, bevor er den tiefblauen Himmel beobachtete. „Dieses Wetter passt nicht zu einer Beerdigung, findest du nicht auch?“ „Nein...“ Wieder saß Tanuma der Kloß im Hals, noch stärker als zuvor. Ohne es zu merken, traten ihm Tränen in die Augen und als er weitersprach, zitterte seine Stimme hörbar. „Absolut nicht...“ Ohne ein Wort schloss Natori den Schwarzhaarigen in die Arme und Tanuma wehrte sich nicht dagegen, sondern lauschte dem Herzschlag des Schauspielers, während er sich erneut seinem Schmerz hingab. Nachdem er zur Ruhe gekommen war, fiel ihm auf, dass Natori ihn immer noch festhielt. Behutsam löste er sich aus der Umarmung. „Tut mir leid.“ „Kein Problem.“ Kurz lächelte Natori, ehe er wieder ernst wurde. „Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ruf mich an. Hier, meine Karte.“ Tanuma nahm die Karte entgegen und lächelte zurück. „Danke. Offenbar habe ich dich falsch eingeschätzt.“ Der andere wollte antworten, doch ehe er dazu kam, schritten die restlichen Trauergäste aus dem Haus und er verstummte. Der Rest der Trauerfeier verging und das Licht des Tages verblasste zu einem gräulichen Zwielicht. Nachdem sich der Schwarzhaarige von allen verabschiedet hatte, machte er sich auf den Weg nach Hause. Dabei fiel ihm ein junger Mann auf, der etwas entfernt von ihm stand und zu der Versammlung hinübersah. Mit einer Hand hielt er einen Schirm, der die Hälfte seines Gesichtes verdeckte. Trotzdem erkannte Tanuma das höhnische Lächeln, das um seine Lippen spielte. Wut kochte in ihm hoch, dennoch zwang er sich, ruhig zu bleiben. Mit möglichst unbewegter Miene wollte er an dem Fremden vorbeigehen, als dieser in seine Tasche griff und ein Handy hervorzog. „Ja? Ja, ich bin noch hier...Es sieht aus, als wären die Gerüchte wahr...Natsume ist tot...Offenbar habe ich es ein wenig übertrieben...“ Sofort blieb Tanuma stehen, als wäre er vom Blitz getroffen worden. „Stimmt, eigentlich ist es schade...ich hatte wirklich großes Interesse an ihm...Ja, bis später.“ Kaum hatte er aufgelegt, als sich der Schwarzhaarige auch schon auf ihn stürzte und ihm den Arm gegen die Kehle drückte. Das Handy und der Schirm fielen klappernd zu Boden und ein leicht überraschter Ausdruck trat in die Gesichtszüge des anderen. Doch genauso schnell, wie er erschienen war, verschwand er auch wieder und das höhnische Lächeln kehrte zurück. „Aber, aber. Vielleicht solltest du dich erst vorstellen, bevor du mir so nahe kommst.“ „Du bist Seji Matoba.“ knurrte Tanuma. Es war keine Frage. Das Lächeln wurde breiter. „Und du bist...?“ „Tanuma. Du bist schuld daran, dass mein bester Freund sich getötet hat.“ „Ach, bin ich das? Kannst du das beweisen?“ „Du verdammter...“ Der Schwarzhaarige schlug zu und obwohl sein Gegner ausweichen wollte, erwischte er ihn dennoch. Matobas Gesicht ruckte zur Seite und ein dünnes Rinnsal Blut lief über seine Unterlippe. Fast beiläufig wischte er es fort, bevor sich der glühende Blick seines Auges auf Tanuma richtete. „Wie unhöflich. Das hat wehgetan. Sieht so aus, als müsste man dir einmal Manieren beibringen.“ Tanuma wollte wieder angreifen, aber etwas hielt ihn fest und zog ihn zurück. Gleichzeitig stellten sich ihm die Nackenhaare auf. „Offenbar kannst du keine Youkai sehen. Wunderbar.“ Matoba lächelte wieder. „Wäre Natsume jetzt hier, könnte er dir sagen, was du machen musst. Er hat sich mir ständig in den Weg gestellt und alles versucht, um friedlich mit den Youkai zu leben. So ein sanfter, ruhiger Junge...und so sensibel...“ Ein Kichern folgte. „Er hat alles versucht, um seine Pflegeeltern zu beschützen. Fast schon enttäuschend. Ich hatte gehofft, er würde sich stärker gegen mich verteidigen. Ihm schien die Möglichkeit, seine neue Familie zu verlieren, völlig auszureichen, um ihn zu einer willenlosen Marionette zu machen.“ „Also stimmt es, was er gesagt hat. Du hast ihn vergewaltigt.“ „Was für ein hartes Wort. Leider kannst du mir nichts nachweisen.“ „Ich werde dich dafür bezahlen lassen, was du Natsume angetan hast.“ „Du? Ein halbes Kind, das nicht einmal in der Lage ist, irgendetwas von dem zu verstehen, was in dieser Welt wirklich geschieht?“ Matoba begann zu lachen, kurz und grausam. „Ganz wie du willst. Ich bin gespannt, was du gegen mich ausrichten kannst. Vielleicht wirst du für mich genauso interessant, wie es Natsume war. Also, bis dahin.“ Er drehte sich um und ging, während Tanuma ihm nachsah. Immer noch hielt ihn irgendetwas fest, bis Matoba endgültig verschwunden war. Erst dann konnte der Schwarzhaarige sich wieder frei bewegen. Trotzdem rührte er sich nicht, sondern ballte die Hände zu Fäusten. „Irgendwann sehen wir uns wieder, Seiji. Und dann werde ich dich für alles bezahlen lassen. Das verspreche ich dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)