Tote Seele von BloodyRubin (Nicht nur der Körper kann sterben...) ================================================================================ Kapitel 2: Flashback -------------------- Ruhig, keinen Muskel rührend, stand Natsume vor dem heruntergekommenen Haus und versuchte, durch die verdreckten Fenster einen Blick in das Innere des Raumes zu erhaschen. Eigentlich hatte er vorgehabt, Nishimura einen spontanen Besuch abzustatten. Doch als er dann den Rücken einer ihm inzwischen bekannten Person entdeckte, war seine Neugier erwacht. Es interessierte ihn brennend, was Matoba ausgerechnet hier zu suchen hatte. Ob er wieder einen Youkai für seine Zwecke gebrauchen wollte? So unaufällig wie möglich war er ihm gefolgt, bis Matoba in eben diesem Haus verschwunden war. Seitdem war alles ruhig. Zu ruhig für Natsumes Geschmack. Dass er völlig alleine war, war da auch keine große Hilfe. Als Nyanko-sensei gehört hatte, dass er Nishimura besuchen wollte, hatte er das als willkommene Ausrede gesehen, um irgendwo etwas trinken zu gehen. So hatten sie sich an der Eingangstür getrennt und Nyanko-sensei hatte ihm nur noch geraten, auf das Buch der Freunde aufzupassen. Hinter dem Fenster regte sich etwas und der Braunhaarige spannte sich an. Doch offenbar hatten ihm seine Nerven einen Streich gespielt, denn alles war wieder genauso still wie vorher. Allmählich bekam er das Gefühl, dass sich wohl nichts Besonderes mehr abspielen würde. Ob er einfach überreagiert hatte? Vielleicht, aber eher unwahrscheinlich. Er näherte sein Gesicht dem Fenster und lauschte so angestrengt, dass er das Wesen, das hinter ihm erschienen war, gar nicht bemerkte. Erst ein leises Knacken brachte ihn dazu, sich umzudrehen. Niemand da. Leise und nervös lachte er auf. Offenbar sah er neben Youkai nun auch noch Gespenster. Sein Lachen brach jedoch ab, als ihn etwas Unsichtbares, Schweres am Kopf traf und ihm schwarz vor Augen wurde. Langsam ebbte die Dunkelheit in ihm ab und wurde durch erst verschwommene, dann klare Konturen ersetzt. Er war in einem Raum...vielleicht ein Keller. Sein Kopf dröhnte immer noch und er wollte sich die Stelle reiben, die der Angreifer getroffen hatte. Es ging nicht. Seine Arme waren über seinem Kopf mit einer eisernen Kette gefesselt. Panisch öffnete er die Augen und wollte etwas sagen, doch nur ein gedämpftes Gemurmel drang an seine Ohren. Er konnte nicht sprechen... „Du bist wach.“ stellte eine ruhige Stimme fest und sein Körper versteifte sich. Matoba kam in sein Sichtfeld und musterte ihn eindringlich, wobei sein Auge unheimlich glitzerte. „Es ist lange her, Natsume Takashi.“ Dieser setzte erneut zum Reden an, doch der Exorsist winkte ab. „Leider habe ich mich gezwungen gesehen, dich zu fesseln und zu knebeln. Das tut mir zwar Leid, aber so kannst du mir weder widersprechen noch weglaufen.“ Matoba beugte sich vor und sein Gesicht kam dem von Natsume so nahe, dass er den warmen Atem des Schwarzhaarigen an seiner Wange spüren konnte. „Also, was tust du hier, hm? Warum bist du mir gefolgt?“ Natsumes Augen weiteten sich und Matoba kicherte kurz. „Dachtest du wirklich, ich würde das nicht mitbekommen? Mein neuer Diener hatte dich die ganze Zeit im Blick. Er hat die wunderbare Eigenschaft, seine Präsenz zu verschleiern und kann sich obendrein noch unsichtbar machen. Entschuldige den heftigen Schlag, er ist noch recht unerfahren.“ Er zog sich etwas zurück und lächelte. „Ich weiß auch, dass du deine Katze nicht dabei hast. Es wundert mich nur, dass du mir trotzdem gefolgt bist. Hattest du solche Sehnsucht nach mir?“ Bei diesen Worten wurde Natsume übel. Er konnte sich wirklich hunderte Dinge vorstellen, die angenehmer waren, als hier gefesselt auf dem kalten Steinboden zu sitzen,während Matoba ihn anstarrte, als wäre er irgendein seltsames Insekt. „Was machst du für ein Gesicht? Du siehst aus, als wolltest du mir am liebsten an die Gurgel gehen. Hasst du mich wirklich so sehr?“ Wieder kam Matoba ganz nahe an Natsume heran. „Du brauchst mir nicht zu antworten. Deine Augen tun es für dich. Diese Augen, die mich schon immer mit diesem unverschämten Blick bedacht haben.“ Der Exorzist hob die Hand und strich Natsume über die Wange. „Also, was mache ich jetzt mit dir? Töten würde ich dich nur ungern. Das ist nicht meine Art. Einfach freilassen kann ich dich aber auch nicht. Vielleicht sollte ich dir ein Andenken verpassen. Etwas, das dich an mich erinnert.“ Mit einem Ruck zog er dem Braunhaarigen das Oberteil bis zum Hals hoch und etwas Silbernes blitzte in seiner Hand auf. Ein Messer... Panisch zerrte Natsume an den Ketten, doch sie gaben kein Stück nach. Mit weit geöffneten Augen verfolgte er, wie Matoba die Klinge ganz sanft über die freigelegte Haut gleiten ließ. Sein Körper zitterte unter der Kälte des Metalls, was dazu führte, dass die Spitze des Messers sich leicht in seinen Oberbauch drückte. Ein Blutstropfen sammelte sich an der Stelle und rann nach unten. „Hoppla. Das sollte eigentlich nicht passieren.“ Der Exorzist beugte sich vor und fuhr mit der Zunge über die hellrote Spur. An der Einstichstelle verharrte er kurz, ehe er sich, immer noch lächelnd, wieder aufrichtete. „Eigentlich hatte ich vor, deine Haut mit meinem Namen zu verzieren, aber das ist vielleicht kein guter Einfall. Wie du ja weißt, ist mein Sichtfeld begrenzt.“ Wie um seine Worte zu bestätigen, berührte er den Verband, der um sein rechtes Auge gewickelt war. Natsume zitterte stärker. Noch immer hielt Furcht ihn gepackt. Das unangenehme Gefühl, das Matobas Zunge auf seinem Körper hinterlassen hatte, hielt weiterhin an und das unheilvolle Funkeln im Auge des Exorzisten trug nicht dazu bei, dass er sich beruhigte. Kühle Fingerspitzen strichen über seine Brust bis hin zu seinem Bauchnabel. Natsume blickte nur verständnislos hoch. Was tat Matoba denn da? „Ich glaube, ich habe eine bessere Idee.“ murmelte er und etwas in seinem Ton veranlasste den Braunhaarigen dazu, heftig an seinen Ketten zu zerren. Bis auf ein Klirren gab es keine Reaktion. Er rüttelte noch stärker daran, als Matoba ihm die Hände auf die Hüften legte. „Bemüh dich nicht.“ meinte der Exorzist leicht belustigt. „Diese Ketten sind eigentlich für Youkai gedacht.“ Damit öffnete er Natsumes Hose und zog sie zusammen mit seinen Boxershorts bis über dessen Knöchel. Noch mehr Panik überflutete den Braunhaarigen wie eine dunkle Welle. Ihm kam eine furchtbare Ahnung, was Matoba plante. Nun entledigte sich auch der Schwarzhaarige seiner Klamotten. Als ihm das Entsetzen auffiel, dass deutlich in Natsumes Gesicht zu sehen war, wurde das Lächeln zu einem bösen Grinsen. „Du solltest stillhalten. Je mehr du dich bewegst, desto mehr wird es wehtun.“ Natsume warf den Kopf wild von einer Seite zur anderen und versuchte, sich irgendwie zu wehren. Umsonst. Schon drang ein Schmerz in sein Bewusstsein, der unerträglicher war als alles, was er kannte. Er schrie, doch durch den Knebel drang nur ein halblautes Wimmern. Matoba schien es gar nicht bemerkt zu haben, denn er machte unbeirrt weiter. Immer mehr Schmerz durchströmte den Braunhaarigen, der hilflos an den Ketten hing. Tränen strömten über seine Wangen. Er schloss die Augen und hoffte, dass seine Qualen schnell aufhörten. Sie mussten aufhören...Noch mehr konnte er nicht ertragen, sonst würde er zerbrechen... Wie lange das Ganze weiterging, wusste Natsume nicht. Als sich Matoba endlich von ihm löste, lag der Braunhaarige regungslos da. Er konnte sich nicht rühren, doch es waren nicht nur die Schmerzen, die ihn am Boden hielten. Etwas in ihm war während seines Martyriums gestorben. Aus leeren Augen sah er zu dem Exorzisten hoch, der seine Kleidung richtete und ihn dann von dem Knebel befreite. „Das sollten wir wiederholen. Ach, noch etwas. Es wäre wirklich schade, wenn deinen Pflegeeltern etwas...zustößt. Deswegen solltest du genau darüber nachdenken, ob du jemandem erzählst, was passiert ist. Bis bald, Natsume Takashi.“ Er beugte sich ein letztes Mal vor und legte für einen kurzen Moment seine Lippen auf die des Braunhaarigen. Dann erhob er sich und wandte sich zum Gehen, blieb aber an der Tür noch einmal stehen und holte einen Schlüssel aus der Tasche, den er Natsume zuwarf. Dieser wusste, wofür der Schlüssel war, doch es dauerte sehr lange, bis er sich überhaupt rühren konnte. Obwohl sein Körper gegen jegliche Bewegung protestierte, schaffte er es, seine Hände zu befreien und sich etwas aufzurichten. Er wollte aufstehen, sank aber gleich wieder stöhnend zurück. Erst jetzt sah er das Blut auf dem Boden und übergab sich. „Nein...“ schluchzte er schwach, als sein Magen sich wieder beruhigt hatte. „Nein...“ Das Licht des Tages schwand bereits, als er vor seinem Haus ankam. Wie er hierhergekommen war, wusste er nicht mehr. In ihm war nur Schmerz. Schmerz und eisige Leere. „Natsume.“ Die Stimme von Nyanko-sensei riss ihn aus seiner Lethargie. „Du kommst ganz schön spät.“ stellte die Katze fest. „Ich habe schon angefangen, mir Sorgen zu machen. Ist dem Buch der Freunde auch nichts passiert?“ Hass flammte in Natsume auf. Wäre Nyanko-sensei mit ihm gegangen, anstatt sich zu betrinken, wäre all das nicht geschehen. Und nun tauchte er einfach so auf und fragte nach dem elenden Buch. „Verschwinde.“ murmelte der Braunhaarige leise. „Hast du was gesagt?“ „VERSCHWINDE!!!“ schrie Natsume so laut, dass Nyanko-sensei zurückzuckte. „VERSCHWINDE UND NIMM DIESES VERDAMMTE DING GLEICH MIT! DAS IST ES DOCH, WAS DU WOLLTEST, ODER?“ Er warf der Katze das Buch der Freunde an den Kopf und stürmte in sein Zimmer, wo er alle Fenster fest verriegelte und sich danach auf sein Bett fallen ließ. Ungehemmt schluchzte er in sein Kissen, bis die Sonne aufging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)