Zeiten des Schreckens von SweeneyLestrange ================================================================================ Kapitel 12: Verblendung ----------------------- Barty verlor sich im Siegestaumel. Jubelrufe wurden laut und schwellten über das große Anwesen hinweg, das man für diese Nacht als Stützpunkt auserkoren hatte. Das dunkle Mal prangte grün und unheilschwanger am Himmel, während die ehemaligen Besitzer mehr tot als lebendig in der Luft schwebten und mit glasigem Blick auf die fröhliche Versammlung stierten. Hinter seiner Maske war es heiß. Das triumphierende Grinsen blieb ungesehen, doch blitzte das manische Funkeln seiner Augen unter ihr hervor und spiegelte sich in den Blicken so vieler Anwesenden wider. Berauscht von der Euphorie, die in der Luft lag, suchte sich Barty einen Weg durch die feiernde Menge, lachte und scherzte und glaubte sich trunken vor Glück. Neben ihm war Rabastan aufgetaucht. Er teilte das Lachen, die Scherze und das Leuchten in den Augen. Sie wussten, dass es eine lange Nacht werden würde, jeder Atemzug unvergesslich und jeder Augenblick von der unerschütterlichen Gewissheit erfüllt, dass ihr Sieg in greifbare Nähe rückte. „Diese Schwachköpfe haben keine Chance!“ „Bald kriegen sie endlich, was sie verdient haben.“ Die Stimmen wurden laut, begleitet von bekräftigenden Rufen der Zustimmung. Barty spürte, wie er nickte und begeistert die Faust in die Luft stieß. Sie schrieen ihren Triumph in die Nacht hinaus, erfüllt von einem unglaublichen Machtgefühl. Und inmitten dieses Festes weilte er, gewährte ihnen die Ehre seiner Anwesenheit. Barty konnte beobachten, wie Bellatrix es vermochte an seiner Seite zu sein. Mit aufrechtem Gang und doch einem Hauch von Demut und Ehrfurcht folgte sie ihm, sprach mit ihm, während der Dunkle Lord seine feiernden Diener betrachtete. Nicht weit entfernt entdeckte Barty die breitschultrige Gestalt von Rodolphus Lestrange. Auch er hielt sich in der Nähe seines Herrn auf und schien sich von Zeit zu Zeit sogar in Konversation mit diesem zu befinden. Bartys Herz begann unwillkürlich schneller zu schlagen, bei der Vorstellung, wie er an der Stelle der Lestranges stehen würde, wie er … Doch versuchte er diesen Gedanken schnell wieder zu verwerfen und nicht allzu aufdringlich in die Richtung seines Herr und Meisters zu starren. Stattdessen begab er sich in eine Konversation, die neben ihm gehalten wurde und lachte über Rabastans derbe Scherze. Es war einer der Momente, in denen er sich selbst fast vergessen und sich vom wilden Rausch der Feier hatte mitreißen lassen, als Bellatrix neben ihm stand. Ungefragt griff sie nach seinem Handgelenk und presste den Kopf gegen seine Kapuze. Durch den dicken Stoff hörte er ihre dunkle Stimme sagen: „Komm mit.“ Barty sah auf und folgte. Wehrte sich nicht gegen den Griff, mit dem sie ihn zielstrebig durch die Menge führte, sondern versuchte seine Atmung zu beruhigen. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, während alles um ihn herum immer mehr die Gestalt eines Traumes anzunehmen schien. Er war ein Schlafwandler, dem die Kontrolle über seinen Körper entglitten war. Dann kamen sie zum Halt. Rodolphus stand in der Nähe, Barty glaubte unter den maskierten Anwesenden Rookwood, Dolohow und Malfoy erkennen zu können, sicher war er sich jedoch nicht. Und eigentlich spielte es auch keine Rolle. Denn vor ihm befand sich der Dunkle Lord, die katzenhaften Augen fest auf ihn gerichtet. „Leiste mir Gesellschaft“, sagte er und Barty spürte, wie seine Knie nachgaben und er ehrfürchtig den Kopf senkte. Eine flüchtige Handbewegung forderte ihn auf, sich wieder zu erheben. „Es ist viel passiert; ich hörte, du hast dich tapfer geschlagen“, erklang da wieder die Stimme des Dunklen Lords. Für Barty gab es in dem Moment niemand anderes mehr. Das Fest war verstummt, die Feiernden verloren sich im finsteren Farbenrausch, in dessen Mittelpunkt sich klar und deutlich der Dunkle Lord abhob. „Wie wäre es, wenn du mich ein Stück begleitest und mir von den Ereignissen dieses Abends berichtest?“ Die erhabenen Diener wichen zur Seite, Bartys Füße bewegten sich wie von selbst und plötzlich befand er sich fernab des Trubels an der Seite seines Herr und Meisters und erzählte mit vor Aufregung belegter Stimme, was er in Erfahrung hatte bringen können. Jedes Detail über die Potters beschrieb er in der Hoffnung, das es seinem Dunklen Lord von Nutzen sein würde. Er erzählte von den bruchstückhaften Strategien, die er mitbekommen hatte, ergänzte sie mit seinen eigenen Überlegungen und berichtete auch von der Aufhebung des Verbots der Unverzeihlichen Flüche. Sein Herr und Meister hörte ihm aufmerksam zu, unterbrach nur hier und da und bedachte ihn letztlich mit einem Blick, den Barty all die Jahre lang in den strengen Augen seines Vaters zu sehen gehofft hatte. Anerkennung. „Ich danke dir, Bartemius“, sagte er. Es waren diese Worte, die den Abend vervollkommneten. Ein breites, glückliches Grinsen brach hervor, als Barty sich verneigte und antwortete: „Es ist mir eine Ehre.“ Danach waren sie wieder zu den anderen zurückgekehrt. Barty gehörte nun der Respekt der Umstehenden. Er verlor sich in gewitzter Konversation und durfte Pläne mit anhören, die den meisten Anwesenden verwehrt blieben. Mit Voranschreiten der Nacht begann sich das Fest allmählich zu lösen. Der Dunkle Lord begab sich wieder fort und all die kleinen Fische krochen in ihre Löcher zurück. Ein fester Kern aus einem Dutzend Gestalten blieb jedoch zusammen und machte sich zum Anwesen der Lestranges auf, endlich befreit von den schweren Masken, die sie voreinander verbargen, um den letzten Rausch auszukosten. Ein prasselndes Feuer erhellte den prächtig eingerichteten Salon und tauchte die verbliebenen Todesser in flackernde Schatten. Hauselfen waren beflissen mit Speis und Trank herangetreten; auf einem runden Tisch leuchteten die Spirituosen im Licht des Kaminfeuers bunt auf und rundherum waren Sessel, Sofas und Stühle herangeschoben worden, auf denen es sich die Todesser bequem gemacht hatten. Ein ausgelassenes Gespräch erfüllte den Raum. Angetrunken saß Barty auf einer ledernen Couch neben Rabastan und lauschte den Worten, die von ihrem Triumph erzählten. Das raue Lachen von Dolohow gesellte sich zum leisen Knistern der Flammen. Mit blitzenden Augen beugte er sich in dem großen Sessel vor und nahm einen langen Schluck aus seiner Wodkaflasche. „Da haben die Scheißer im Ministerium bestimmt ’ne Menge zu tun“, grinste er. Barty wusste gar nicht so recht, worauf das die Antwort war, doch erfüllte sie ihn mit Schadenfreude. Er fiel in das Lachen ein und zog so die Aufmerksamkeit des älteren Todessers auf sich. „Was meinste, Crouch? Werden die ’ne gescheite Erklärung dafür finden?“ „Hmm, es könnte ’ne Gasleitung explodiert sein“, überlegte Barty. Triumph und Alkohol hatten sich einer schweren Decke gleich über ihn gelegt und ließen seine Gedanken träge werden. Dennoch war sein Tatendrang bei dieser Frage augenblicklich geweckt. „Ne Menge Überlebende, gibt’s ja nicht, die das bestätigen können.“ „Sieht so, als hätten wir den Vergiss-Michs ziemlich viele Überstunden gemacht“, lächelte Rookwood amüsiert. „Da bin ich froh, das meine Abteilung von sowas nicht betroffen ist.“ „Es ist wahrlich bedauerlich, dass wir diese Vergiss-Michs überhaupt brauchen. Heute Nacht war bloß ein weiterer Beweis dafür, wie schwach und hilflos diese … Kreaturen sind. Es wird Zeit, dass wir uns nicht mehr verstecken müssen und die Muggel erkennen, wer der Stärkere ist.“ Zustimmendes Murmeln folgte auf Malfoys Worte. „Bald wird das Werk des Dunklen Lords vollendet sein!“, hauchte Bellatrix mit geweiteten Augen und löste einen Schauer der Erregung in Barty aus. Der bloße Gedanke war köstlich. Sein Herz beschleunigte sich bei der Vorstellung, wenn er die Maske fallen lassen konnte und… „Davor müssen wir erst einmal das Zaubereiministerium in unserer Kontrolle haben“, warf Rodolphus nüchtern ein. „Rodolphus, ich bitte dich.“ Malfoys Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. „Die meisten Positionen haben wir doch schon längst auf unserer Seite und der Rest ist käuflich.“ „Die Auroren sind aber noch problematisch“, hörte Barty sich sagen. Frust lag in seiner Stimme und etwas Defensives, da er unwillkürlich für Rodolphus Partei ergriffen hatte. „Und Bagnold haben wir auch noch nicht in der Hand.“ „Hah!“ Mit spöttischem Lächeln sah Bellatrix zu Barty. „Der Dunkle Lord wird diese Blutsverräter bald zu Fall bringen. Oder zweifelst du etwa daran?“ „Natürlich nicht!“ Barty sprang auf und hätte dabei beinahe sein Glas Feuerwhisky umgeworfen. Mit flammendem Blick sah er zu den Umstehenden, während er heftiger als gewollt verkündete: „Diese erbärmlichen Widerstandsversuche werden wir dem Erdboden gleich machen. Sie haben keine Chance.“ Schweigen kehrte ein, in dem Barty auf wackligen Beinen wieder Platz nahm. Blut rauschte ihm in den Ohren und ein winziges bisschen Angst flackerte auf, dass man seinen Einwand als Untreue deutete. Aber da machte Dolohow auf sich aufmerksam. „Ganz recht“, meinte er mit einem grausamen Grinsen. „Ihr hättet diesen Prewett-Scheißer sehen sollen, wie der sich am Boden gewunden hat. Man hätte meinen können, der Hurensohn stirbt schon an ’nem Cruciatus. Schade dass wir ihn brauchten; ich hätte gerne mehr von seiner Brut plattgemacht.“ „Immerhin sind uns diese dummen Verräter dadurch direkt in die Arme gelaufen“, fügte Rabastan vergnügt hinzu und meinte dann an Barty gewandt: „Du hättest sehen sollen, wie erschrocken die alle waren, dass ihr treuer Freund sie verraten und eine falsche Richtung genannt hatte.“ Nun verstand Barty auch, warum ihm bei seiner Flucht auf einmal Todesser aufgelauert hatten. Aber er konnte sich nicht darüber ärgern, denn es war ein erster Triumph für sie in dieser Schlacht gewesen. „Und ihre Gesichter, als sie so tief in der Patsche saßen, dass einer von ihnen einen Unverzeihlichen herausgebracht hat…“, warf Evan Rosier ein. Rodolphus schnaubte. „Ich dachte die kleine Göre hätte ’nen Kitzelfluch benutzt.“ Wieder erfüllte Lachen den erhitzten Raum. „Ich glaube auch nicht, dass die ganzen kleinen Moralapostel die Unverzeihlichen für ihre Zwecke einsetzen werden“, durchdrang Bellatrix’ Stimme die Ausgelassenheit und sie verstellte sie voller Hohn, als sie hinzufügte: „Dafür sind sie doch viel zu gut!“ Spöttisches Gelächter folgte, in das Barty berauscht mit einfiel. Insgeheim fragte er sich, wie er diesen Erlass so ernst hatte nehmen können. Rabastan hatte recht gehabt. Das war nichts, worüber sie sich Sorgen machen mussten. Mit einem breiten Grinsen Barty legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Der trostlose Alltag, der ihm am nächsten Morgen bevorstehen würde, verlor sich in tiefster Bedeutungslosigkeit angesichts seines Erfolgs. Mit offenen Armen empfing er die Hybris der anderen und stürzte sich in sie hinein. In dieser Nacht hatten sie gesiegt. Sie hatten all den Verrätern ein Mahnmal des Schreckens gesetzt. Es sollte nur noch eine Frage der Zeit sein, dann würde nicht nur die Schlacht geschlagen, sondern der Krieg gewonnen sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)