Cursed Shadow von _-Merle-_ (- verliebt in einen Dämon -) ================================================================================ Kapitel 37: Verlust ------------------- Es pochte. Es hämmerte. Mein Herz. Wie eine Sirene. Ein Feuer. Eine Explosion. Erschütternd. Schmerzend. Brutal. Eine Flutwelle. Unbezwingbar. Fesselnde Ketten. Kratzend. Kribbelnd. Stechend. Mir wurde heiß. Mir wurde kalt. Meine Haut schien so bleich wie Schnee. Wie eine einsame Schneeflocke, die nicht mehr die Kraft hatte, sich an die Wolken zu klammern. Eine Schneeflocke, die so zweifelhaft durch die Luft schwebte, nur um am Boden aufzukommen und für immer zu verschwinden. Ich starrte Mephisto an. Seine Augen konnten nicht lügen. Nicht in diesem Moment. Deeon und Shiro hatten verloren? Sie waren tot? Erschüttert begann mein Körper zu zittern. Mir blieb die Luft weg. Meine Brust schnürte sich zu, während mein Bauch sich schmerzhaft verkrampfte. Verstört wandte ich mich von ihm ab. Ich umklammerte meinen Bauch und lehnte mich aufgelöst an die Wand. Mein Albtraum wurde war. Verwirrt atmete ich schwer und richtete meinen starren Blick ins Nichts. „Mephisto!“, sprach Kitsune laut. „Das ist nicht witzig! Lass… lass die Scherze!“, ermahnte sie ihn zögerlich. Auch ihrem Gesicht konnte man den Schock ansehen. Kitsune und Kisho standen nahe beieinander um sich gegenseitig zu halten. Sie klammerte sich an sein Bein, während er seine Hand an ihre Schulter legte. Doch Mephisto ließ seinen Blick sinken. Er seufzte trauernd und versteckte sein Gesicht hinter seinen Haaren. In diesem Moment wurde es Kisho klar. Er riss die Augen auf. Doch biss verbittert die Zähne aufeinander. Auch ihm schien der Schock die Luft wegzudrücken. Kitsune klammerte sich stärker an ihren Bruder. „Mephisto! Hey! Sag doch was!“ Ängstlich begannen sich Tränen in ihren Augen zu sammeln. „Mephisto! Man macht darüber keine Witze! Wo sind Shiro und Deeon!“ „Kitsune..“, unterbrach Kisho seine Schwester. Sie schreckte zurück. Dann sah Kisho zu ihr herab, kniete sich tapfer hin und hielt sie fest. „Wir, sollten gehen.“ Doch sie schüttelte verständnislos den Kopf. „Was?! Nein! Dafür sind wir nicht hergekommen! Wir.. wir wollen doch.. Shiro holen! Und Deeon!..“ „Schwesterchen.. Shiro und Deeon kommen nicht mit uns.“ „NEIN!“, schrie Kitsune. „Wir sind extra für die beiden her gekommen!!!“ Er versuchte verständnisvoll zu lächeln. „Bitte.. –“ „NEIN!“ Kitsune schlug seine Hände weg. „Sie soll ruhig sein!“, flüsterte Mephisto und sah sich besorgt um. „Sonst werden wir gleich noch gefunden.“ Kisho blickte zu ihm auf. Dann richtete er sich wieder seiner Schwester zu. Wimmernd presste sie ihre Lippen aufeinander. Aus ihren Augen kullerten dicke Tränen und ihre Hände drückte sie fest zusammen. Erwartungsvoll sah sie ihren Bruder an. Gefesselt von ihrem Willen, die Realität nicht zu akzeptieren, stand sie wütend da und bewegte sich nicht. „Holen.. wir jetzt Shiro?!“, fragte sie schniefend. Kisho schaute sie lange sprachlos an. Dann wischte er kurz durch sein Gesicht und kniete sich geduldig hin. Er sprach ruhig und streckte ihr seinen Arm entgegen. „Kitsune. Komm bitte her.“ „Nein!“, wehrte sie sich und schüttelte den Kopf. Währenddessen stand Mephisto bereits am Ende des Gangs und blickte vorsichtig um die Ecke. „Psst!“, kam es nervös von ihm, als er sich wieder den anderen zuwandte. „Wir gehen jetzt Shiro und Deeon holen!“, sagte Kitsune immer lauter. „Wir sind extra dafür her gekommen!“ Langsam kam Mephisto zurück und hielt seine Hand beruhigend vor sich. „Ruhe!“, flüsterte er warnend. „Mepshito! Hör auf uns zu ärgern! Wo ist Shiro?!“, fragte sie aufbrausend, den Tränen nahe. „Ich hasse Lügen!“ Nun stand Kisho wieder auf und ging auf seine Schwester zu. Sie bemerkte seine strenge Haltung und überkreuzte sofort ihre Arme. „Nein! Kisho! Nein! Ich-“ Plötzlich holte Kisho aus und verpasste ihr eine Ohrfeige. Ein kurzes Klatschen erklang und ließ alle Stimmen verstummen. Dann war es leise. Kitsune riss ihre Augen auf und starrte ihren Bruder sprachlos an. Ihre Wange war errötet, welche sie sich nach einem kurzen Moment des Schocks zögernd festhielt. Ihre Blicke kreuzten sich einen Moment. Kisho sah sie wütend an. Er war selten wütend und besonders gegenüber seiner Schwester nie. Doch nun konnte er nicht anders. Und schließlich begann Kitsune zu begreifen. Ihre Haltung wurde locker und ihr Kopf senkte sich. Sie schloss die Augen und weinte. „Kisho…!“, schluchzte sie leise und hielt sich die Hände vor ihr Gesicht. Sofort lehnte er sich vor und drückte sie wieder schützend an sich. Er schwieg und umklammerte sie behutsam, während seine Schwester ihren Kopf an seine Schulter legte. Niedergeschlagen versuchte sie nach Luft zu schnappen, während ihr Wehklagen auch die anderen Beiden mitriss. Die Tränen kullerten an ihren Wangen herunter und glitten auf Kishos Kleidung herab. Sie schniefte. Sie weinte. Sie zitterte und klammerte sich an ihren Bruder. „Kisho.. ich.. will das nicht. Ich.. will sie nicht hier lassen. Ich will Shiro.. und Deeon.. mit nach Hause nehmen.. und..“ doch ehe sie ihren Satz beenden konnte, brach sie erneut in Tränen aus. Nur schwer schaffte Kisho es, jede Art von Trauer zu unterdrücken, bis auf eine Träne, die langsam über seine Wange schlich. Er biss seine Zähne tapfer aufeinander und schloss die Augen. Dann drückte er sie fester an sich. Es dauerte, bis er die Kraft sammelte, um endlich aufzuatmen. „Ich weiß.“, flüsterte er ihr schließlich zu. „Ich will sie auch mit nach Hause nehmen.“ Bevor auch er zu weinen begann, löste er langsam seine Umarmung und sah ihr in die Augen. „Aber.. wir müssen jetzt gehen..“, sprach er ihr sicher zu. Ihren Blick trübselig zu Boden gesenkt, nickte sie ihm schwach zu und wischte über ihre Wangen. „Hmh..“ Besorgt lächelte er und streichelte ihren Kopf. „Ich bin stolz auf dich.“ Dann stand er wieder auf. „Wir werden gehen.“, begann er. „Ich muss mich für deine Hilfe bedanken.“, sagte er und wandte sich zu Mephisto. Sein Blick wanderte von Mephistos leeren Ärmel, zur Wunde an seinem Gesicht und den müden Augen. „Du siehst nicht glücklich aus. Warum kommst du nicht mit uns mit?“ Gerührt von dem Moment musste Mephisto sich schnell die Augen reiben. Dann zog er locker eine Augenbraue hoch und wedelte mit der Hand. „Ach.. geht ruhig ohne mich. Ich habe schon einen Fluchtplan.“, dann wurde seine Stimme leiser und er schaute in die Leere. „Ich.. muss mich noch verabschieden.. und dann werde ich gehen. Das habe ich ihm versprochen.“ „Verabschieden?“, fragte Kisho verwundert. Aber Mephisto konnte ihm nicht in die Augen sehen. Er zögerte, bevor er antwortete, doch sah wieder auf. „Unser Freund.. hat mich um einen Gefallen gebeten.. falls er irgendwann mal „scheitern“ sollte.“ „Was meinst du damit?“ Mephisto schluckte und sah an die Decke. Dann versuchte er wieder mit einem ironischen Lächeln seine Tränen zu unterdrücken. „Es ist total idiotisch. Aber.. er hat mich darum gebeten, seine Seelen auszulöschen, falls ihm etwas passieren sollte. Ich hatte nie geglaubt, dass der Moment wirklich mal kommen würde..“ „Auslöschen..?“, wiederholte Kisho schockiert. Zögerlich seufzte Mephisto. „Ja.. bevor Lilith ihm seine Seele entreißt.. werde ich sie vernichten… deshalb.. werde ich mich.. von ihm verabschieden..“ Plötzlich wich Kisho zurück. Es war still für einen Moment. Er runzelte die Stirn und dachte nach. Dabei legte er seine Hand grübelnd an sein Kinn. „Was ist?“, fragte Mephisto ermüdet. Er erhielt zunächst keine Antwort. Denn Kisho drehte sich weg und biss immer wieder die Zähne klackernd aufeinander. In kaum hörbaren, flüsternden Worten sprach er mit sich selber. Nachdem Mephisto in die Runde blickte, schüttelte er mit dem Kopf. „Ich sollte schon längst oben sein.. Ich .. muss gehen..“ „Warte!“, stoppte Kisho ihn schnell und griff ihn an der Schulter. „Warte..!“, sagte er wieder und tippte sich mit dem Finger an die Lippen. „Was denn?!“ „Lilith will doch Shiros Seele. Oder?!“ Mephisto hielt kurz inne und schaute ihn genervt an. „Ja, und?“ Kishos Blick wurde immer lebendiger. „Warum hat sie sich die Seele nicht schon längst genommen?!“, fragte er mit positivem Unterton. Mephisto seufzte und lehnte sich an die Wand. „Naja.. sie kann die Seele noch nicht aus seinem Körper ziehen.“, antwortete er gelassen. „Die Dämonenseele hat sich zu sehr an seinen Körper gekrallt. Und sein Körper ist.. irgendwie noch zu stark, so dass er die Seele nicht freigibt.“, erklärte Mephisto und legte seinen Arm verschränkt an seinen Körper. „Ich sollte seinen Körper langsam vergiften.. damit dieser schwächer wird. Doch habe das Gift mit einem Heilserum vertauscht.. in der Hoffnung, dass er aufwachen würde.. aber.. … es ist zu spät… er hat… aufgegeben..“ Kisho wurde starr. Alles Negative blendete er aus. „Also lebt er noch?!“, fragte er hoffnungsvoll. Aber Mephisto schüttelte verzweifelt mit dem Kopf. „Nein.. also.. ich.. … ich weiß nicht.. Er.. ist nicht bei Bewusstsein! Er atmet nicht einmal! Er hockt angekettet und mit Schattenspeeren durchbohrt, leblos neben Lilith Thron! Also.. Ja. Ich würde schon sagen, dass er so ziemlich, “nicht mehr lebt!““ „Aber die Seele kann Lilith nicht aus seinem Körper zerren, hast du gesagt!“, kam es aufgeweckt von Kisho. „Shiro kann nicht tot sein, wenn sie die Seele nicht aus seinem Körper entnehmen kann!“ „Nein.. ich habe ihn gesehen.. er.. ist tot.. Genau wie … Deeon…“ Nach diesen Worten zuckte mein Körper leicht zusammen. Ich wollte nicht hören dass sie gestorben waren. Ich wollte nicht hören, dass Deeon und Shiro es nicht geschafft hatten. Es fühlte sich wie ein kleiner Stich im Herzen an. „Bist du dir da wirklich sicher?“, setzte er nun Mephisto unter Druck. Aber dieser wich erbost zurück und hob die Hand vor Kisho. „JA! Sie sind TOT!“, sprach er laut. Nun blickte auch ich ihn wortlos an. „Deeon hat nichts als ein paar lieblose Federn hinterlassen, hat sich aufgelöst und hat uns einfach verlassen! Und .. der.. Schattenmann… Selbst wenn er noch leben würde! Selbst wenn er nicht tot wäre!! Was dann?! Sobald er die Augen öffnen würde, wird Lilith ihm grinsend die Gliedmaßen abreißen, bis er elendig verblutet! Selbst wenn er jetzt, in diesem Moment noch lebt. Hätte er keine Chance auf Rettung! Sie wird ihm jeden Augenblick die Seele entziehen. Und dann ist es sowieso vorbei!“ Mephisto wurde ungewöhnlich wütend und laut. Seine Stimme zitterte, denn auch er hatte seinen Verlust noch nicht verkraftet. „Ich habe versucht mich damit abzufinden, dass sie nicht mehr da sind..!“ Langsam begannen Tränen seine Augen zu füllen. Seine Hand zitterte. Er wurde blass und faste sich an seinen fehlenden Arm. „Ich will nicht, dass er noch mehr leiden muss! Er.. hat Deeon verloren.. Er.. hat seine Familie verloren.. Und.. wenn er aufwacht.. würde sie ihn quälen… Das hat er einfach nicht verdient..“ Sanft floss eine Träne an seiner Wange herunter, während er Kisho wütend anstarrte. Dann begann er zu weinen. „Wenn ich seine Seele auslöschen würde.. wäre es ein viel sanfteres Ende..“ Ergriffen von seiner Ansprache, starrten wir Mephisto sprachlos an. Er war verletzt und schwach. Er war ehrlich und ängstlich. Er war einfach hilflos. Mich hatte das laute Gespräch langsam aus meiner Starre befreit. Noch perplex von seiner Botschaft, wurde mein Körper ganz starr und bewegte sich nicht mehr. Ich stand lediglich an der Wand und hatte meinen Blick erst dem Boden zugerichtet und dann Mephisto. Uns alle traf der Schmerz tief. Wie benebelt schaute ich mich um. Kitsune stand dicht hinter ihrem Bruder und versuchte ihre Tränen zu bändigen, während sie immer wieder über ihre schon rote Nase wischte. Mephisto zeigte sich von seiner, seit Ewigkeiten vergrabenen Seite. Er zeigte Trauer und Schmerz, welche er doch sonst zu gut vertuschen konnte. Doch nur Kisho strahlte zwischen den dunklen Gestalten in einem schwachen und doch warmen Licht. Und ich? Ich stand abseits von ihnen. Meinem Geist vortäuschend, das alles nur ein Traum sei. Nicht realisierend, was dieser Zustand zu bedeuten hatte. Es war als stand ich neben mir selber. Beobachtend, zeitlos. Meine Gefühlswelt verständnislos ignorierend. Ich war leise. Ich weinte nicht und ich trauerte nicht. Ich fühlte mich falsch. Aber was war es, das mich noch immer hier stehen ließ? Wieso wollte ich hier nicht weg? Wieso brach ich nicht zusammen, obwohl ich doch sonst so schwach war? Mephisto lies die Schultern sinken und sah weg. Es war leise. Eine bedrückende Stille stand zwischen uns und lastete schwer auf unseren Herzen. Doch Kisho ballte standhaft seine Hände zu Fäusten. „Gibt es.. nicht irgendeine Möglichkeit…“, begann er zögernd. Wütend darüber, keinen Ausweg zu finden, biss er seine Zähne aufeinander. „Shiro ist hier! Und selbst wenn wir Deeon verloren haben, können wir immer noch Shiro retten! Wir dürfen nicht in Trauer versinken! Nicht jetzt! Wir.. könnten ihn heilen! Wir.. müssen ihn hier weg schaffen… wir können ihn doch nicht einfach hier lassen! Und..“ „Und was dann?“, fragte Mephisto trocken. „Lilith sitzt im gleichen Raum wie er. Du kannst ihn dort nicht befreien. Und wenn du doch zu ihm kommen könntest, wirst du die Ketten nicht öffnen können! Und selbst wenn du das schaffst, indem du die Ketten mit Engels-Licht sprengst, wirst du mit ihm nicht einfach so hier hinaus spazieren! Du kannst nicht schnipsen und bist plötzlich hier weg! … Es.. gibt keine Möglichkeit!“, begegnete er ihm eisern. Doch plötzlich öffnete Kisho verdattert den Mund und sah Mephisto an. „Doch..“, antwortete er knapp. „Was?“ „Doch! Ich kann! Ich kann hier hinaus spazieren!“ Sofort kramte Kisho vorsichtig in seiner inneren Tasche seines Oberteils und holte das müde und halb benommene Irrlicht auf seine Hand. Er hob sie hoch und präsentiere sie Mephisto. Auch ihm blieb einen Moment der Atem stehen. „Ein.. Irrlicht..!?“ „Es kann Portale erstellen und schließen!“, kam es hoffnungsvoll von Kisho. „Aber.. das würde bedeuten… das… - Nein! Nein.. nein.. ich… es geht nicht. Das wird nie klappen!“ Unentschlossen und überrumpelt von Kishos Idee, schüttelte Mephisto den Kopf. „Wie.. sollten wir.. wir.. nein..“ „Wir müssen Lilith ablenken! Sie kann uns hier nicht spüren! Wir müssen ihr eigenes Schild gegen sie verwenden! Wir brauchen nur etwas zur Ablenkung!“ Kishos Stimme wurde immer motivierter. Er sah Mephisto mit großen Augen an. Auch mich ergriff plötzlich ein Hoffnungsschimmer. „Kommt schon! Wir… werden es doch wohl schaffen irgendeine Ablenkung zu finden!“, kam es fordernd von dem Fuchsdämon. Er sah zwischen uns beiden her. Ergriffen von dem Gedanke, Shiro zu retten, sprang mein Herz beinahe aus meiner Brust. Ich erwiderte Kishos Blick. „Ich helfe dir!“ Waren meine ersten Worte. Sofort machte ich einen gewissenhaften Schritt nach vorn. Seine Wärme schmelze mein starres Eis. Meine eisigen, zitternden Hände wärmten sich auf und mein Puls pochte immer schneller. Gab es nun doch noch Hoffnung? „Kisho! Ich helfe dir!“, sprach ich wieder entschlossen und nickte ihm zu. Dann sah ich zu Mephisto und bemerkte, was mich die ganze Zeit aufrecht hielt. Ich konnte es nicht zulassen, zu scheitern. Ich wollte nicht scheitern. Und ich würde nicht scheitern. Shiro schenkte mir Mut und Kraft. Es war der Wille, nicht verlieren zu wollen. Der Wille, den Shiro so stolz und stur machte. Und dieser war nun tief in mir verankert. „Wir müssen nachdenken! Was könnte sie ablenken?“, fragte Kisho. „Jemand muss sie weg locken. Jemand muss sie weg holen. .. Weil man ihr etwas zeigen will!“, war meine erste Idee.“ „Nein nein.. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie jemanden schickt ist zu hoch!“, erwiderte Kisho. „Dann etwas lautes. Eine Rauferei! Ein Streit.“, antwortete ich schnell. Mephisto schaute verwirrt zwischen uns her. „Das ist kein Spiel Leute!“, tadelte er uns. Doch wir ignorierten seine Negativität. „Warum sollte sie sich die Mühe machen, den Streit zu schlichten?“ „Na, dann ein Kampf?!“ „Aber.. Yuki… keiner von uns wäre stark genug. Wenn es nicht einmal Shiro und Deeon zusammen schaffen..“, begegnete Kisho mir zögerlich. „Aber es muss kein Kampf - gegen sie - sein!“, argumentierte ich. „Es muss sie nur ablenken!“ „Aber die Gefahr ist zu hoch, dass sie einschreitet… ich wüsste nicht wer nur einen Schlag von ihr aushalten würde. Geschweige denn, einen Blick. Wir brauchen etwas anderes.. Ich würde das keinem zumuten..“ „Wir.. brauchen doch nur jemanden, der … stark ist..“ Plötzlich hörten wir Mephisto neben uns seufzen. Er holte tief Luft und faste sich zwischen die Augen, an die Seiten seines Nasenknochens. „Bastet..“, unterbrach er uns. „Was?“ Dann rollte er die Augen und presste kurz die Lippen aufeinander. „Bastet wäre stark genug..“, erklärte er gezwungen. „Bastet?!“, fragte ich laut und sah ihn überrascht an. Mephisto biss die Zähne aufeinander, legte seine Hand vor sein Gesicht und drehte sich weg. „Ich… hasse es, mir Hoffnung zu machen..“, flüsterte er sich zu, ehe er sich uns wieder zuwandte. „Bastet ist im Raum neben dem Saal eingesperrt.“, begann er zu erzählen. „Lilith hat dort eine kleine Folterkammer und Kerker errichtet. Man kommt auch von einer kleinen Seitentür dort hinein. Ein paar andere Überlebende und auch Bastet sind dort angekettet. … Würde man sie befreien..“ „Dann kann Bastet sie ablenken!“, beendete ich seinen Satz. „Ich weiß, dass Bastet stark ist!“ Doch Kisho schüttelte den Kopf. „Moment. Wir würden die Leute dort doch nur in Gefahr bringen! Wollt ihr das verantworten?!“ „Wir müssen nur schnell genug sein.“ Mephisto legte sich seine Hand an sein Kinn. „Dort ist nur eine Wache… Und wenn Bastet dort randaliert, muss Lilith nachsehen! Sie ist stärker als Bastet, aber auch die einzige die sie wieder zügeln kann. Sie wird Bastet nicht töten. Ich weiß, dass sie Pläne mit ihr hat.“ „Dann können wir zu Shiro und die Ketten lösen! Und schnell mit dem Irrlicht fliehen!“, kam es von mir. „Und später kommen wir und retten Bastet!“ Schnell kramte Mephisto in der Tasche seines Jacketts. „Hier. Eine Berührung damit, wird die Schattenketten auflösen.“, sagte er und zeigte uns eine Feder. Somit stimmte auch er dem Plan zu. Er zeigte uns eine schneeweiße Feder. Sie strahlte Ruhe und Wärme aus. Es war eine Engelsfeder. „Ist das…“, stotterte ich. Mir blieb der Atem für einen Moment stehen. Denn es war eine Feder aus Deeons Flügel. „Ja..“, antwortete Mephisto mir ruhig und legte sie mir in meine Hand. Seine Stimme wurde immer leiser. „Ich konnte eine retten, bevor sie die restlichen verbrannte…“ Nun voller Mut und Kraft, Shiro zu retten, blickte er uns an. „Wir müssen zusammen bleiben!“, sprach er uns zu. „Wir müssen in der Nähe des Irrlichts bleiben! Damit wir alle zusammen verschwinden können! So weit weg wie möglich! Also darf keiner von uns sich von der Gruppe trennen!“ „Ja!“ Kisho und Ich nickten ihm zuversichtlich zu. Nun kam auch Kitsune zu uns, die sich langsam wieder aufraffte. „Wir.. retten Shiro..?“, fragte sie leise. Sofort kniete Kisho sich zu ihr. „Ja! Schwesterchen! Wir werden ihn retten! Und wir müssen zusammen bleiben.“ „Na gut.“, kam es entschlossen von Mephisto. „Wir müssen schnell den Gang runter und sofort links. Wir werden an der Wand entlang laufen! Und so schnell und leise wie möglich! Es sollten weder Wachen noch ihre Hunde unterwegs sein. Denn die einzige Person die ihr gefährlich werden könnte, wurde ja bereits beseitigt!“ Er zeigte hinter sich und schaute in die Runde. „Wir laufen bis zum Ende und die Treppen hinauf. Dann wieder links und die erste Tür.“ „Okay“ Kisho, Kitsune und ich sahen ihn aufmerksam an. Dann sahen wir ein letztes Mal in die Gruppe, um uns gegenseitig Kraft zu geben. Ein kleines Kichern unterbrach die Stille. Kitsune musste sich glücklich die letzte Träne vom Auge wischen. „Ich habe doch gesagt, dass wir Shiro holen! Dafür sind wir doch hier!“ Nun musste auch Mephisto lächeln. „Ja..“, kam sanft aus seinem Mund. Er zögerte etwas, denn es fiel ihm schwer weiter zu sprechen. „Ich.. bin… euch wirklich sehr dankbar dafür… dass ihr hergekommen seid.. und-“ „HEY!“ Plötzlich hörten wir eine raue Stimme den Gang herunter brüllen. „MEPHISTO! Beeil dich mal!“, schrie jemand anderes. Panisch erstarrten wir. Ich sah Mephisto erschrocken an. Mir blieb der Atem weg. Auch er wurde bleich und starrte mich an. Doch ich bemerkte, wie sein Blick zu Kitsune und Kisho fuhr und anschließend wieder zu mir. Ein starrer, panischer Blick. Er schluckte. Sein Puls schlug immer höher. „KOMM HER!“, schrie wieder die raue Stimme. Mir lief ein Schauer den Rücken entlang. Es war wie ein Schock, der meine Knochen durchfuhr. Und dann lächelte Mephisto traurig. „Geht..“, flüsterte er zuletzt, als er sich schnell umdrehte. Panisch riss ich die Augen auf und wollte ihn greifen. „Nein!“ Doch Kisho hielt mich fest. Ich zitterte und sah ihm nach. „Stopp!“, rief ich erneut und schaute Mephisto erschüttert an. Mephisto sollte mit uns fliehen. Wir mussten zusammen bleiben. Und nun wollte er sich von uns trennen. Das wollte ich nicht zulassen. Ich wollte ihn nicht schon wieder verlieren. „Mephisto!“, rief ich ihm hinterher. Die Zeit verging quälend langsam. Verstört versuchte ich mich von Kisho loszureißen. „Yuki!“, stoppte Kisho mich aber. „Nein! Warte!“ „Yuki!“, schnell drückte er mich an die Wand und legte seine Hand auf meinen Mund. Schweigend erkannte ich ein letztes Mal Mephistos Blick. Ein wohlwollendes und verabschiedendes Nicken zeigte er mir. Bis er schließ lies um die Ecke lief. Er rannte aus dem Seitengang, in dem wir uns versteckten und drehte sich den rufenden Stimmen zu. „OOOH! Ja! Hallöchen! Na. Das ist ja zucker süß, dass ihr euch um mich Sorgt. Hihi.“, antwortete Mephisto ihnen. Dann lief er auf sie zu. „Na. Was braucht ihr süßen denn von mir?“ Ein großer, zwei Meter großer, mit Muskeln bepackter Echsendämon, mit langem schuppigen Schwanz und spitzen Zähnen wartete mit verschränkten Armen auf den Rothaarigen. Neben ihm stand ein kleinerer Fischdämon mit glupschenden, runden Augen und blauer Haut. „Ich habe dich doch sprechen hören…“, sagte der kleinere mit seiner fiesen hellen Stimme. „Wer ist da bei dir?!“ „Waaas?“, fragte Mephisto dekadent und wedelte in der Luft. „Haach ich muss halt manchmal mit mir selber sprechen. Wisst ihr, wenn man immer… so einsam ist wie ich..-“ „Halt die Klappe Mephisto!“, unterbrach der Große ihn. „Wer war da bei dir.“ Wir hörten das Gespräch erschrocken mit an. Noch immer stand Kisho vor mir und presste mich an die Wand. Wir sahen uns panisch an. Wir mussten uns ruhig verhalten. Wir durften nicht auffallen. Wir mussten leise sein. Dann lief der Echsendämon auf Mephisto zu. Sobald dieser bemerkte, dass er sich dem Versteck näherte, schnellte Mephisto den beiden entgegen. „Hach. DU bist immer so ernst. Haha. Soll ich dich etwas massieren, ja? Das entspannt..“ Mephisto wollte ihm die Muskeln an seinem Arm massieren, doch die Echse lief an ihm vorbei und drückte ihn verachtend weg. „Lass das.“ Dahinter folgte der Fisch ihm. „Mephisto. Ich hab dich genau gehört!“ „Ich schau selber nach.“, kam es genervt von der Echse. „Ehm! W… warte doch.“, schnell stellte Mephisto sich vor ihn. „Weißt du. Lilith wartet auf mich. Und ehm.. ich denke wir sollten sie nicht warten lassen. Los los. Also wieder zurück.“ Plötzlich packte die Echse ihm am Kragen und zog ihn grob zu sich. „Halt deine Klappe! Und sag uns lieber wer da bei dir ist!“ „Oh du wirst immer so schnell wütend. Weißt du, dass das echt sexy ist? Wollen wir beide nicht vielleicht zusammen.. hmhh.. also.. du weißt schon.“, Mephisto leckte sich die Lippen und hob gelassen die Augenbraue hoch. Doch die Eche warf ihn angeekelt gegen die Wand und lief weiter. Sprachlos hörten wir die Schritte immer näher kommen. Kisho und ich waren wie vereist. Unsere Blicke kreuzten sich. Sollten wir rennen? Sollten wir kämpfen? Sollten wir fliehen? Vorsichtig deutete Kisho auf das Irrlicht in seiner Hand. Doch sobald wir mit ihrem Portal verschwinden, wäre die ganze Planung umsonst gewesen. Ich konnte ihm nicht zustimmen. Es musste einen anderen Weg geben. Also schüttelte ich den Kopf. Doch er runzelte die Augenbrauen und nickte mir zu. Langsam hob er das kleine, Feen ähnliche Wesen und wollte es wecken. Doch schnell legte ich meine Hände an seinen Arm und zog ihn vorsichtig wieder herunter. Wieder sahen wir uns tief in die Augen. Unsere Blicke kreuzten sich lange. Ohne Worte wusste der andere, was gemeint war. Doch wir konnten uns nicht einigen. „Hey! Wer ist das!“, hörten wir den gemeinen Fisch den Gang entlang rufen. Erschrocken rissen wir die Augen auf und sahen uns um. „Wer ist dieses kleine Mädchen!?“, schrie die Echse. Panisch drehten wir uns zum Ende des Ganges. Kitsune war verschwunden. Denn sie stand nun außerhalb des Ganges und präsentierte sich den wütenden Dämonen. „Was? Nein!“ Kisho wollte ihr nachlaufen. Wie verwirrt wollte er sie schnell zu sich ziehen. „Kitsu-“, doch ehe er auch sich selber unseren Feinden zeigte, hielt ich seinen Arm fest und zog ihn zurück. „Nicht..“; flüsterte ich ihm besorgt zu und sah an ihm vorbei zu Kitsune. Auch mich schockierte ihr seltsames Verhalten. Wusste sie nur nicht, was sie tat? Wir beide standen angewurzelt im Gang und starrten Kitsune an. Kishos Herz pochte immer lauter. Ich bemerkte seine Angst und seine aufbrausende Art. „Ich.. wollte Lilith sehen..“, sprach Kitsune nun naiv und leise. „Wer bist du?!“, rief die Echse nun lauthals. „Das! Ach das!.. Die kleine.. ja… ehm ja das ist nur…“, stotterte Mephisto vor sich her. „Ich.. bin Kitsune! Und ich bin hergekommen, um Lilith zu sehen. Ich.. ich habe schon so viel von ihr gehört.. und ich wollte sie unbedingt kennen lernen..“, antwortete die Kleine und lief mit langsamen Schritten auf die drei zu. Starr und doch bereit ihr jede Sekunde hinterher zu rennen, blickte Kisho seiner Schwester nach. Ihm verschlug es die Sprache. „Sie will Lilith ablenken..“, flüsterte ich ihm zu. Ich verstand, was sie vor hatte. Sie wollte uns helfen. Und anscheinend hatte sie schon einen Plan. Kisho presste die Zähne aufeinander. „Diese kleine dumme Ziege..“, fluchte er verärgert. Die riesige Echse beugte sich belustigt zu Kitsune herunter, als sie sich mutig vor ihn stellte. „Was?“, fragte er laut. „PA! HAHAHA!“, er begann spuckend zu lachen und riss seinen langen Mund auf. Grinsend und dabei seine spitzen Zähne zeigend blickte er sie an. „Du weißt wohl nicht, mit wem du es zu tun hast!“ Sofort stellte sich Mephisto vor ihn. „Jaaa ach ja! Die Kleine. Weißt du.. sie ist niemand. Irgendein verwirrtes Kind. Haha! Ja… also wirklich nicht zu beachten. Ich wollte sie gerade sowieso rausschmeißen. Es ist nur ein verrücktes Kind.“, meinte er und wedelte mit seiner Hand in der Luft herum. „Ich habe einen sehr weiten Weg auf mich genommen, um herzukommen. Und nun will ich mich nicht vertrösten lassen. Ich will Lilith sprechen! Außerdem habe ich ihr etwas zu sagen, dass Gewiss ihr Interesse weckt“, kam es fordernd, mit eiskaltem Blick von Kitsune. Der Fischdämon beugte sich zu seinem Gefährten. „Pff… dummes Gör. Du weißt wohl nicht, dass wir dich einfach mit einer Hand jetzt sofort töten könnten! Wenn du so viel von Lillith gehör hast, weißt du auch bestimmt, dass sie Eindringlinge hasst.“ „Hey Fisk! Hallt die Schnauze.“, ermahnte die Echse den gemein dreinblickenden Fisch. „Eh! Was!?“, „Die Kleine ist taff. Wenn es ihr Wunsch ist, Lilith zu sehen, sollten wir ihr den Wunsch doch gerne erfüllen. Ich würde auch zu gerne wissen, welche Infos das kleine Fuchsmädchen hat.“ „Bist du verrückt?! Wenn wir Lilith mit diesem Mädchen nerven, tötet sie am ende auch noch uns!“ Nun meldete Mephisto sich wieder. „Ich werde sie zu Lilith bringen!“, kam es wie aus einer Pistole geschossen. „Du?“, fragte der Fisch neugierig. „Wieso das denn plötzlich?“ Sofort lief Mephisto ignorant auf Kitsune zu und stellte sich hinter sie. Dann legte er seine Hand auf ihre Schulter. „Komm kleine. Wenn die beiden das unbedingt wollen, bringe ich dich zu ihr. Vorausgesetzt, du willst das wirklich.“ Sie taten, als würden sie sich nicht kennen. Doch Kitsune sah zu ihm herauf. „Ja! Ich will zu Lilith!“, antwortete sie ihm strickt. Ohne weiter Zeit zu verlieren, griff er ihren Arm und lief mit ihr an den anderen Beiden vorbei. „Du hast Glück! Denn ich wollte sowieso gerade zu ihr!“, meinte er arrogant. „He. Mephisto.“, die beiden anderen schauten ihm überrascht nach. „Keine Zeit keine Zeit! Meine Güte!“, Mephisto drehte sich um und rollte die Augen. „Ihr sagt mir, dass ich mich beeilen soll und jetzt haltet ihr mich auf! Dann wollt ihr, dass dieses komische Kind zu Lilith kommt und lasst mich nicht mit ihr gehen. Entscheidet euch doch mal! Das ist hier ja ein Kindergarten! Tze!“ Sprachlos starrten die Echse und der Fisch ihm hinterher und ließen ihn mit Kitsune von dannen schreiten. „Der Typ…“, knurrte die Echse erbost. „Aus dem wird man nicht schlau..“, kam es vom Fisch, der sich am Kinn kratzte. „Na los, lass uns auch Mal gehen. Wir müssen noch zur Planbesprechung bevor wir in die Menschwelt gehen..“ Nachdem die Gespräche verstummten, spähte Kisho vorsichtig um die Ecke. „Sind sie weg?“, fragte ich leise, obgleich ich es schon erahnen konnte, dass wir nun alleine waren. Doch er blieb stumm. Schweigend hatte er mir nur den Rücken zugewandt. „Kisho..?“, zaghaft berührte ich seinen Rücken und blickte in sein Gesicht. Krampfhaft biss er sich auf die Lippen. Seine spitzen Eckzähne bohrten sich dabei in seine Haut. Seine Augen starrten fassungslos ins Nichts und seine langen Ohren waren entsetzt angelegt. Bestürzt griff er sich mit seinen Händen in die Haare. „Kitsune…“, kam es leise aus seinem Mund. Dann lehnte er sich zurück an die Wand und richtete seinen Blick dem Boden zu. Ich hielt inne, als ich diese verloren aussehende Gestalt vor mir stehen sah. Er versuchte stark zu bleiben, doch brachte ihn die unglückliche Abwesenheit seiner Schwester zum zweifeln. Uns allen lag eine schwere Bürde auf den Schultern. Alle von uns mussten eine Art Verlust verkraften. Doch wir mussten stark bleiben und durften unserer Angst erst ein anderes Mal erliegen. Ich wartete einen Moment, bis ich langsam vor Kisho trat. Mitfühlend legte ich meine Hände an seine Arme. „Kisho..“, flüsterte ich ihm zu. „Wir holen sie wieder…“ Still versuchte er erst meinem Blick auszuweichen. Doch dann nickte er mir zu. „Ja… und dann bekommt sie was von mir zu hören!“, antwortete er angespannt, mit einem Hauch von Ironie in seiner Stimme. Ich war gerührt von seiner aufrechten Haltung und lächelte. „Von mir auch.“, begegnete ich ihm ebenfalls ironisch. Wieder bei Sinnen, richtete Kisho sich auf. „Komm! Wir müssen uns beeilen!“, sagte er und deutete zum Ende des Ganges. Ich nickte. „Los geht’s!“ Nachdem wir uns wieder aufrafften, rannten wir mit schnellen Schritten aus dem Gang heraus. Kisho lief voraus, während ich ihm sicher folgte. Wir waren leise. Wir waren flink. Wir waren schnell und unsichtbar. Zusammen liefen wir den Weg entlang, den Mephisto uns gesagt hatte. Es sollte nicht weit sein. Wir liefen wie vereinbart an den Wänden entlang und versteckten uns hinter jedem Schild und jedem Winkel. Die Flure und Gänge waren wie leergefegt. Wo vorher eine Masse von laut schreienden Dämonen her trottete, war nun kein Laut mehr zu hören. Manche Geschäfte mit herausragenden Ständen, waren zusammengebrochen oder mit Brettern vernagelt. Einige Laternen, die an Bändern zwischen den Wänden befestigt waren, hingen zerrissen herab. Am Boden und an den Wänden erkannte man vereinzelte Spuren von Kämpfen. Mich erschütterte der Anblick, doch gleichzeitigt weckte er in mir den Willen, die anderen zu retten. Ich ballte die Fäuste mutig zusammen und rannte hastig weiter. Niemand begegnete uns auf dem Weg. Weder Freund noch Feind. Wir waren ein gut eingespieltes Team. Sobald Kisho vorsichtig bei den kleinen Nebengängen hielt um schnell um die Ecken zu schauen, hielt ich den Restlichen Raum, sowie den Weg hinter uns im Blick. War die Luft rein, ging es rasch weiter. Wir verständigten uns ohne Worte. Leise und unauffällig. Denn wir beide waren es leid, ständig von unserer Angst und Trauer aufgehalten zu werden. So wie Shiro jeden Tag mit erhobenem Haupt voranschritt, wollten wir auch unsere Kraft für diesen Moment geben. So wie Shiro in jeder Situation Stärke und Mut bewies, wollten auch wir uns von unserer Furchtlosigkeit leiten lassen. Und ich verstand immer mehr, wie es dazu kommen konnte, dass Shiro so stark, mutig und egoistisch, und doch so ängstlich und schwach sein konnte. Je mehr schlimme Ereignisse auf mich einschlugen, desto mehr musste ich von mir selber verlangen. Nachdem ich immer wieder einen Fehler, eine Ablehnung oder einen unmöglichen Weg vor mir hatte, musste ich mich aufraffen. Ein ständiges verlieren wollte ich nicht mehr akzeptieren. Ich musste härter werden. Ich musste stärker werden, um weitere Fehlschläge auszuhalten. Nicht um sie zu verhindern. Denn Fehlschläge werden immer ein Begleiter des Lebens sein. Wichtig ist nur, diese auszuhalten. Und so kam es dazu, dass ich mir einredete, alles schaffen zu können, wenn ich nur stark genug wäre. Nachdem Kisho und ich den vollen Weg hinter uns hatten, kamen wir endlich an der von Mephisto beschriebenen Tür an. Strickt blieben wir vor dieser stehen und blickten uns an. „Er sagte, dort könnte eine Wache sein.“, flüsterte ich. „Hmh. Wenn es kein starker Dämon ist, könnte ich in schlafen lassen!“ „Schlafen lassen?!“ Kisho grinste. „Ich bin kein Kämpfer wie Shiro. Aber ich kann sehr gut heilen. Und der Körper heilt am besten, wenn er schläft!“ Ich runzelte vergnügt die Augenbrauen und schmunzelte. „Na dann.“ Gewappnet atmeten wir tief ein. Wir wollten dort hinein. Wir mussten dort hinein. Und niemand sollte uns aufhalten! „Bereit?“, fragte er mich. „Ja!“ Dann legte er vorsichtig seine Hand auf den Knauf und drehte diesen leise. Kaum hörbar öffnete er die Tür einen Spalt breit. Mein Herz schlug immer schneller. Mein Körper war angespannt. Meine Knochen waren Starr und mein Blick immer geradeaus gerichtet. Ich wollte für alles bereit sein. Mit seinem ausgeprägten Gehör versuchte er in den Raum zu lauschen. Leise blickte er anschließend in den Raum hinein. Es war ein langer Gang. Er war sehr dunkel und eine leichte Kälte wehte aus ihm. Am Boden lag eine leblose Person. Sie war an die Wand gekettet und atmete nicht mehr. Mehrere Meter weiter, hing eine weitere Person an der Wand. Ihre Hände über ihren Kopf gekettet, nicht einmal den Boden berührend. Dieser gegenüber war eine kleine Tür, die anscheinend in den Thronsaal führte. Desweiteren war der Raum leer. „Es ist keiner da.“, kam es überrascht von Kisho, der schließlich die Tür weit öffnete. Etwas erschrocken über die aufgeschlagene Tür, riss ich die Augen auf und starrte in den Raum hinein. „HMMMGH!“ Erst presste ich die Lippen fest aufeinander, doch als auch ich sah, dass der Raum nur von zwei Gefangenen belegt war, ließ ich entspannt die Schultern sinken und atmete beruhigt aus. Sofort liefen wir hinein und schlossen die Tür leise hinter uns. Mich belastete zunächst der Anblick des toten Dämons, der wohl seinem Leid erlag. Doch mein Blick wanderte sofort auf den anderen Dämon. Eine Frau mit langem schwarzem Haar. Sie trug ein zerfetztes Kleid und Blut triefte an ihrer Haut herunter. „Bastet!“, sagte ich erleichtert und lief auf sie zu. Das rascheln der Ketten verriet mir, dass sie auf ihren Namen reagierte. Sie schien schwach und müde. Als ich mich vor sie stellte, fiel mir ihre bleiche, graue Haut auf. Schwarze Streifen zierten sie in weiten Abständen wie ein schwaches Tiegermuster. „Kisho. Das ist Bastet!“, sagte ich und wandte mich ihm schnell zu. „Du musst sie heilen!“ Ohne zu zögern bestätigte er mich und lief auf die Gefangene zu. Sie atmete schwer und bewegte sich kaum. „Schnell!“, sagte ich wieder und sah auf ihre Hände, die bereits vom Druck der Ketten bluteten. „Bastet! Wir holen dich hier raus“ Sie versuchte ihren Kopf anzuheben, als ich wieder ihren Namen nannte. Ein leises Knurren hörte ich von ihr. Jedoch schien sie vollkommen benommen. „Warte, ich hole sie dort herunter…“ Als Kisho sie nun berührte, riss sie plötzlich die Augen auf. „GAAR!“, sie schrie laut und versuchte um sich zu treten und zu beißen. Da jedoch auch ihre Beine angekettet waren, konnten wir unbeschadet zurückweichen. Wie ein wildes, gequältes Tier, fauchte sie uns an und zappelte verrückt. Kisho schreckte erschrocken zurück. „Wow!“ Doch ich lief auf sie zu und versuchte sanft meine Hände auf ihre Wangen zu legen. „Bastet! Bastet ich bin es! Yuki. Ganz ruhig! Wir holen dich da runter Bastet.“ Als sie mir nun tief in die Augen sah, erkannte ich einen anderen Blick als erwartet. Es war nicht Bastet die mich ansah. Das Weiße in ihren Augen war tief schwarz und sie sah mich hasserfüllt an. „Ich.. bin nicht.. Bastet..“, knurrte sie wütend. „Ich.. habe mir das.. das Licht genommen. Bastet wäre zu schwach.. um das auszuhalten…“ Ich blieb mutig bei ihr Stehen und sah sie nachdenklich an. „Ich.. verstehe nicht ganz..“ „Ich bin Sachmet!“, brüllte sie mich an, um mich zu verängstigen. Doch gefasst blieb ich bei ihr und ließ mich nicht einschüchtern. Ich versuchte ihr Verhalten und Aussehen irgendwie zu identifizieren. Dass ich keine Angst zeigte, ließ sie ernüchtern. Sie knurrte wieder und zog verärgert ihren Kopf weg. „Bastet und ich teilen uns diesen Körper… ich bin… bin die Starke von uns beiden! Nur wegen mir denken alle, dass sie so… mächtig ist…“ Ich dachte einen Moment lang nach. Denn ich erinnerte mich an Bastets seltsames Verhalten, als sie mir die Haare für den Ball richtete. Damals sprach sie von den gescheiterten Kämpfen gegen Shiro, als sie ihn kennenlerne. Er hatte sie mit Leichtigkeit besiegt, während es ihr schwer fiel, überhaupt etwas gegen ihn auszurichten. Besonders wütend machte es sie, dass er nicht einen Kratzer vom Kampf davon trug. Nun wusste ich, dass es nur seine immensen Heilkräfte waren, die seine Wunden sofort schlossen. Als sie mir die Geschichte damals erzählte, wurden ihre Augen ebenfalls schwarz und ihre Haut wurde bleich vor Wut. Schon da war es mir aufgefallen, doch hatte ich es nicht hinterfragt. Anscheinend war es Sachmet, die sich innerlich darüber aufregte. Noch immer mein Ziel klar vor Augen, schaute ich sie ernst an. „Sachmet!“, begann ich zu sprechen. „Wir können dich hier raus holen… wenn du uns hilfst!“ Sie spuckte herablassen etwas Blut aus ihrem Mund. „Tze. Ich soll… euch helfen? …“, fragte sie. „Ja! Ganz einfach. Du musst einen Kampf auslösen. Du musst Lilith Aufmerksamkeit auf dich ziehen –“ „Damit sich mich am Ende doch tötet?!“, fragte sie aufbrausend. „Nein! Wir werden einschreiten, bevor Lilith etwas tun kann!“ „Und wie… soll ich irgendwas ausrichten? Mit meinen Wunden… kann ich kaum bei.. Besinnung bleiben..“ Ich ging einen Schritt zu Kisho, der sich eingeschüchtert von Sachmet entfernt hatte. Dann zog ich ihn am Ärmel deutete präsentierend auf ihn. „Glücklicherweise, haben wir den besten Heiler der Welt hier!“ Kisho grinste ertappt. „Eh.. was?“ „Du hast doch gerade noch gesagt, dass du heilen kannst!“ „Ja.. aber…“ „Nichts aber! Heile sie! Sie wird dir nichts tun!“, unterbrach ich ihn und hob einen Finger. Sachmet schaute ihn mit einem dunklen Blick an. „Ich werde dir nichts tun…“, bestätigte sie mich. „Es sei denn du stehst mir im Weg…“, fügte sie anschließend hinzu. „Alles ist besser als hier zu hängen..“ Kurz hielt sie inne und sah weg. „Du…“, meinte sie zu mir. „Hm?“ „Bastet.. vertraut dir… und nur deswegen.. helfe ich euch.. Verstanden?“ Erleichtert musste ich lächeln. „Das freut mich.“ „Solltet ihr mich… auf irgend einer Weise aufhalten, … werde ich euch aus den Weg räumen..“ Kisho schauderte kurz vor dieser Drohung. „Ehm.. ja… Das werden wir nicht… Moment kurz.“ Er ging zu ihr und legte seine Hand an ihre Hände. „Ich werde… zuerst das hier lösen..“ Als er versuchte die Ketten zu öffnen, stoppte Sachmet ihn. „Warte!“, maulte sie wütend. „Heil mich zuerst…. Dann werde ich sie sprengen.“, befahl sie ihm. „Das ist wirklich in Ordnung für dich?“, fragte Kisho. „Mach schon!“, brüllte sie ihn an. Ich zuckte zusammen und sah mich schnell um. „Nicht so laut.“, meinte ich und hob meine Hände besänftigend. Kisho legte seine Hand sofort auf ihren Rücken. Sanft hielt er seine Handflächen über ihren Körper und ein warmes, gelbes Licht begann zu leuchten. „Es wird etwas dauern..“, sagte er und schloss konzentriert die Augen. Währenddessen schaute Sachmet mich an. „Wie.. ist der Plan?“ Ich stand ihr gegenüber. „Also.. der Plan..-“ Plötzlich hörte ich die Tür hinter mir knarren. Ich schreckte zurück. Meine Muskeln zuckten schmerzhaft zusammen. Mir blieb der Atem stehen. Auch Kisho schreckte zurück. Ich riss die Augen auf und stellte mich im Affekt hinter die Tür. Mir fiel kein anderer Ort zum verstecken ein. Schnell winkte ich Kisho hastig zu mir. „Komm schon!“, forderte ich ihn auf. Er befreite sich schnell aus seiner Schockstarre, schüttelte seinen Kopf. Im letzten Moment schaffte er es, sich ebenfalls hinter der Tür zu verstecken, ehe sie weit aufgerissen wurde. Der tollpatschige Ziegendämon, den wir zuvor mit Mephisto gesehen hatten, kam mit einem Schritt hinein. Ein undeutliches „Sei leise!“, rief er in den Raum hinein. Kisho und ich waren wie vereist. Wir standen dicht zusammen, direkt neben der Tür. Ein kleiner Blick zur Seite hätte gereicht, um uns zu sehen. Mein Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. Kisho und ich hielten uns gegenseitig fest. Sachmet hing noch immer an ihren Ketten und schaute den Ziegendämon grummelnd an. Dann spuckte sie auch ihm gegenüber verachtend auf den Boden. Weitere Worte wurden nicht gewechselt. Denn der Ziegendämon schaute sie zitternd an und lief rückwärts wieder aus der Tür hinaus. Obwohl sie angekettet war, schien er ihr gegenüber Respekt zu haben. Er zog die Tür wieder hinter sich zu. Durch sein ungeschicktes Verhalten, ließ er die Tür jedoch nicht im Türrahmen einrasten. Sie sprang mit einem leisen Klacken wieder heraus und ein kleiner Spalt zum Saal öffnete sich. Auch nach weiteren, stillen Momenten, standen Kisho und ich angewurzelt in der Ecke. Wir trauten uns nicht, etwas zu sagen oder gar zu blinzeln. Genervt davon, rollte Sachmet mit den Augen. „Er ist weg..“ „Eh! Ja!“, sofort ging Kisho wieder auf sie zu und fuhr mit der Heilung fort. Währenddessen stand ich noch vereist an der Wand. Meinen Puls suchend presste ich meine Arme an mich. Es dauerte, bis ich mich wieder beruhigte. Doch ein lautes Lachen aus dem Saal, rüttelte mich direkt wieder wach. Es war ein gemeines und hochmütiges Lachen, das durch den Saal schallte. Neugierig klimperte ich mit den Augen und kam zu mir. Schleichend bewegte ich mich zur Tür und erkannte den Spalt, der mich in den Saal blicken ließ. „Mach die Tür zu.“, flüsterte Kisho mir zu. „Moment noch..“ Ich stellte mich nahe an den Spalt um mehr sehen zu können. Ich sah einen verwüsteten Saal. Ich sah kaputte Statuen und Steine am Boden liegen. Und dann sah ich Mephisto mit Kitsune in mitten diesem Saal stehen. „Da sind sie!“, sagte ich überrascht. „Was?“, auch Kisho wollte sehen, was ich sah. Doch Sachmet grummelte. „Mach schon. Sonst wird das nichts.“ Alleine beobachtete ich also die beiden von dem Nebenraum aus. Viel zu gefährlich war die Situation, doch war ich zu neugierig um die Tür zu schließen. Mephisto stand hinter Kitsune. Es schien, als würde er einer dritten Person etwas erklären. Doch ich konnte nicht hören, was er sagte. Dann begann Kitsune wieder zu sprechen. Sie ging einen Schritt vor und sprach ernst und bittend. Sie schüttelte vergebens den Kopf und gestikulierte gefühlvoll. Ängstlich ging sie dann einen Schritt zurück. Mir blieb der Atem stehen. Meine Knochen erzitterten. Denn ich sah Lilith auf sie zulaufen. Ich konnte nicht atmen. Ich konnte nicht sprechen. Lilith sah herablassend auf Kitsune herunter. Belustigt lachte sie laut. Dieses Lachen. Es war sie! Ich sah, wie Mephisto sich in das Gespräch einmischte und sich vor Kitsune stellte. Doch sofort gab sie ihm eine leichte Ohrfeige. Es klatschte laut und er wurde mit Wucht gegen die nächste Wand geschleudert. Ein großer Riss entstand durch den Aufprall und einige kleine Steine fielen herab. Von Schmerzen erfüllt, versuchte er irgendwie nach Luft zu ringen. Kitsune schaute ihm geschockt nach und wandte sich wieder Lilith zu. Ich hörte sie laut sprechen. „Lilith!“, sagte sie und schaute sie wütend an. Erneut schien es, als würde Kitsune sie um etwas bitten. Belustigt hockte Lilith sich zu ihr herunter. Sie schaute ihr in die Augen. Kitsune schien verzweifelt, während Lilith beinahe zu gähnen begann. Ohne zu antworten, hob sie ihre Hand und tippte Kitsune nur mit dem Zeigefinger auf die Stirn. Es war, als würde die Zeit stehen bleiben. Kitsune wurde bleich. Ihr Körper wurde schlapp. Das Schimmern in ihren Augen erlosch. Dann sackte Kitsune leblos zusammen und fiel tot zu Boden. Schockiert hielt ich mir die Hand vor dem Mund. Mein Magen drehte sich. Mir wurde übel. Ich hatte Angst. Mein Herz raste. Ich konnte nicht stehen. Meine Knochen zitterten. Ich hielt die Luft an und lies mich auf meine Knie fallen. Entsetzt starrte ich noch immer in den Saal hinein. Ich konnte meinen Augen nicht glauben. Mein Hals schnürte sich zusammen. Ich verlor die Fassung. In meinem Kopf schien eine entsetzte Leere zu wüten. „Was ist los?! Was ist denn?!“, fragte Kisho, der noch nicht ahnen konnte, was gerade passiert war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)