Cursed Shadow von _-Merle-_ (- verliebt in einen Dämon -) ================================================================================ Kapitel 14: Ein Kuss -------------------- Draußen legte sich ein dämmerndes, leichtes Licht über den Nebel. Die Sonne wagte sich nur ganz langsam über den Horizont hinaus zu schauen. Von den Blättern der Sträucher und Bäume lösten sich die letzten Regentropfen, welche der Abend zuvor hergegeben hatte. Die Straßen waren noch nass getränkt und bildeten an unebenen Stellen kleine Pfützen. Leises Vogelgezwitscher war bereits zu hören. Ich öffnete meine Augen und erkannte durch mein Fenster ein einzelnes Licht aus dem Haus gegenüber strahlen. Wie spät war es? Wie lange hatte ich geschlafen? Ich lag still auf meinem Bett und verschwendete keine Zeit mehr zu versuchen wieder einzuschlafen. Leise drehte ich mich also zu meinem Nachttisch und nahm mein Handy. Als ich den Knopf betätigte, blendete mich ein greller Bildschirm. „Urgh...“, die Augen halb zugekniffen starrte ich auf die digitale Zeitangabe auf dem Gerät „Samstag. Und erst fünf Uhr morgens...“, flüsterte ich mir selber zu und schnaufte. Schließlich sah ich auf mein Hintergrundbild. Darauf waren Nami und ich zu erkennen. Wir hielten uns Arm in Arm und grinsten mit dem glücklichsten Lächeln das wir hatten, in die Kamera. Nachdenklich runzelte ich die Stirn. Es war so viel passiert. Und ich hatte noch so viele Fragen. Was würde noch alles auf mich zu kommen? Und warum war unbedingt „ich“ mitten in dieses Geschehen verwickelt? Und was war nun mit Shiro. Ich konnte doch nicht einfach ignorieren, welchen Gedanken er ausgesetzt war! Wie sollte ich mit ihm nun reden? Sollte ich so tun als wäre am gestrigen Tag nichts geschehen? „Kannst du nicht mehr schlafen?“, wurde die Stille dann plötzlich unterbrochen. Schnell machte ich mein Handy wieder aus und setzte mich auf. Dann lächelte ich beruhigt. „Du anscheinend auch nicht.“, antwortete ich flüsternd. Shiro lag auf einer einfachen Matratze an meinem Bettende auf dem Boden. Er blickte nachdenklich an die Decke und war beinahe zu groß für die Matratze gewesen. „Ich bin langen Schlaf nicht gewohnt.“, erklärte er kurz Direkt legte ich mich wieder hin. „Verstehe..“, sagte ich so dahin, dann drehte ich mich auf die Seite. „Mein Vater sollte schon wieder weg sein. Wir können froh sein, dass er nichts bemerkt hat. Er würde dich umbringen.“ „Ehrlich?“, grinste er. „Ich hoffe du hättest nichts dagegen, wenn ich mich in einer solchen Situation wehre..“ „Nein, könntest du nicht.“, antwortete ich strickt mit ernstem, schon ironischem Unterton, „Er würde dich ganz langsam und schmerzvoll erledigen. Und du kannst nichts dagegen machen.“, schmunzelte ich mit tiefer, verspielter Stimme. „Achso. Dann bin ich ja froh, dass es nicht so weit gekommen ist.“. Sein unterschwelliges Grinsen war nicht zu überhören. Dann war es wieder leise. Wir beide genossen den angenehmen, ruhigen Moment denn er und ich machten wohl in letzter Zeit viel durch. Und nach der anstrengenden Zeit am gestrigen Tag, beschlossen wir auf dem Weg, uns einfach des restlichen Abend auszuruhen. Also legten wir nach unserem schweren Besuch in der Schule die Engelsfeder sorgfältig zurück in den Schrank meines Vaters, zerrten eine alte Matratze unter meinem Bettkasten hervor und ließen den Abend müde und wortlos ausklingen. Da mein Vater sehr spät von der Arbeit kam und stets seiner Routine folgte, in welcher das Betreten meines Zimmers nicht enthalten war, war es nicht schwer den Schattenmann vor ihm zu verheimlichen. Doch so früh der Abend sein Ende gefunden hatte, so früh begann der neue Morgen. Eine kurze Zeit lagen wir also noch schweigend da. Diese Zeit nutzte ich um nachzudenken. Ich lag alleine in meinem Bett, während er alleine auf dem Boden lag. Es war ein angenehmes Gefühl zu wissen, dass er da war. Auch wenn es seltsam war mit ihm im gleichen Zimmer zu schlafen. Ich denke wir hatten uns beide an den anderen gewöhnt. Es war ruhig. Es war sicher. Es war entspannend. Es war schön. Doch mein fröhliches Lächeln wurde zur ernsten Miene. Ich runzelte die Stirn. „Du...“, begann ich schließlich. „Shiro..? Wie entsteht eigentlich ein halber Engel? Ich meine... Also ist man nicht von Anfang an ein halber Engel wenn ein Mensch und ein Engel sich lieben?“ „Nein.“, begegnete er mir abrupt. „Das Ergebnis der Liebe eines Menschen und eines Engels wird zu einem Dämon. Immer.“ „Stimmt...“, ich drehte mich nachdenklich zur Seite. „Aber... wie entsteht denn dann ein „halber“ Engel?“, fragte ich neugierig, den Blick träumend aus dem Fenster gerichtet. Doch der Schattenmann schwieg einen Moment. „Ich bin mir unsicher... So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich könnte mir vorstellen, dass für ein solches Werk eine enorme Kraft benötigt wird. Viele Seelen, ein Opfer oder eine Art Ritual. Sie war ja anscheinend nicht von Geburt an ein Engel.“, sprach er weiter. „Aber warum unbedingt Nami..?“ Shiro lehnte sich leicht auf. „Ich weiß es nicht... Es ist lange her, dass mich solch eine Unwissenheit plagte...“ Plötzlich hörten ich ein Knacken aus dem Flur und ich sprang geschockt auf. „Was war das?!“, unterbrach ich ihn. „Was war was?“, auch Shiro riss seine Decke von sich und stand mit einem Mal neben mir. Ich war überrascht. Sein Anblick brachte mich leicht aus der Fassung. Meine Wangen wurden rot und ich hielt mir die Hand vor dem Mund. Dann zeigte ich mit dem Finger auf ihn und sah an ihm herunter. „Wo ist deine Kleidung! Du trägst nur eine Hose und diese ist auch noch offen!“, motzte ich so leise und doch so tadelnd wie es möglich war. Er flüsterte mir eben so tadelnd zurück: „Wie soll ich denn sonst hier schlafen? Mensch sein ist ziemlich unbequem!“ „Du könntest aufhören ständig in meiner Gegenwart so herumzulaufen!“ Doch er legte seinen Kopf leicht schräg und sah mich an. „Sieht das denn so schlimm aus?“ Ich wich zurück und betrachtete reflexhaft seinen Körper. Seine braunen Haare, passend zu seinen braunen Augen. Die breiten Schultern, der muskulöse Torso der zur schmaleren Hüfte überging. Die drei Narben die noch immer seine Haut auf eine maskuline Art zierten. Und diese trainierten Arme. „Ehm.. also.. Es ist ja immer noch verbesserungswürdig“, log ich, in der Hoffnung, dass er meine lange Nase nicht bemerken würde. Dann schüttelte ich den Kopf und deutete zur Tür. „Mein Vater! Er ist noch da! Du musst dich verstecken! Und... und die Matratze! Die muss weg!“ Wir arbeiteten ohne Worte als Team. Ich packte Decke und Kissen vom Boden und warf diese hinter mein Bett. Gleichzeitig griff Shiro sich die Matratze und wuchtete diese zwischen Schrank und Wand. Dann klopfte es plötzlich an meiner Tür. Es war ein klares, sanftes, gleich klingendes Klopfen. Wie vereist blieben wir stocksteif stehen und starrten dem Geräusch entgegen. Ich hielt einen Moment die Luft an. Dann klopfte es wieder. „Schnell!! Da rein!“, sofort öffnete ich meinen Kleiderschrank und schob Shiro hektisch hinein. „Was? Was zu Hölle soll das?!“, frage er und wehrte sich nur sehr dezent. „Schnell! Los! Sei leise!“, moserte ich nur und schloss mit Gewalt wieder hinter ihm meinen Schrank. Dann klopfte es ein drittes Mal. Im gleichen Augenblick hörte ich jemanden im Flur sprechen. „Ich werde einfach herein kommen!“, kam es dumpf von der anderen Seite der Tür. Schließlich wurde diese aufgerissen. Mein Körper wurde blass vor Schreck. Was sollte mein Vater nur davon halten, mich mit einem halbnackten Mann in meinem Zimmer zu finden?! Doch die Person sie herein gerannt kam war nicht mein Vater, sondern ein schlanker, rothaariger Mann. „Mephisto?“, fragte ich unglaubwürdig. Er stürmte mein Zimmer. „Darling! Hast du mich vermisst?“, fragte er mit erhobenen Armen und blieb stehen. Dann sah er sich um. „Wehe dir du hintergehst mich!!!“, schrie er skeptisch und schrill. Verdattert erkannte er mich schließlich und blieb direkt vor mir stehen. Er sah mich hochmütig an. Dann schaute er mit seinem arroganten Blick an mir herunter, umschlug mit seinem Arm seinen Oberkörper und stützte sein Kinn mit der anderen Hand. „Hmh. Soso... Yuki. Habe ich euch gestört? Du wirkst so überrascht?!“, sprach er gelassen und zog die Augenbrauen hoch. Dann rumpelte es in meinem Schrank und Shiro kam heraus. „Mephisto! Weshalb erscheinst du hier plötzlich?“, fragte er erleichtert und doch erzürnt um seine Maske vor ihm zu bewahren. Ich wandte mich leicht zu Shiro und legte die Hand flüsternd vor meine Lippen. „Das frage ich mich ständig, wenn ihr hier immer aus dem Nichts auftaucht.“ Mephisto zwängte sich zwischen uns und begutachtete den Schattenmann mit interessierten Blicken. „Aha. So weit ist es also schon?“, erwähnte er und lief nachdenklich, sein Kinn reibend um ihn herum. Ich hatte jedoch nur ein Augenrollen und ein Schmunzeln für seine, um Aufmerksamkeit ringende Aktion übrig. „Weshalb bist du gekommen? Wer bewacht meine Bibliothek?“, fragte Shiro dann aber erzürnt. „Hach!“, begann der Rothaarige und begab sich zu meinem Bett. „Naja, ich komme nur, weil ich eine Lösung für dein Problem habe Schatz!“ sagte er und setzte sich auf die Bettkante. „Also, ich meine nicht DIESES Problem da.“, fügte er noch hinzu und deutete mit zappelnder Hand auf mich. „Hey!-“ Ich legte meine Hände verärgert in die Hüfte. „Jaja.“, unterbrach er mich jedoch. „Darling, ich weiß, wie deine Seele verheilt!“, sagte er und überhörte mich. Shiro schritt überrascht vor. „Was? Sprich!“ Mephisto grinste und blickte Shiro verführerisch an. „Hmhh..“ und tippte sich mehrmals zeitschindend auf die Wange. Schließlich lehnte er sich zurück. „Es gibt zwei Wege mein Herz.“, begann er. „Entweder, sie stirbt und deine Seele fügt sich wieder zusammen! - Ich übernehme gerne den Part des Mörders.“, erklärte er entspannt. Ich wich erschrocken zurück. Geschockt blickte ich zwischen beiden hin und her. Kam diese Möglichkeit wirklich in Frage? Nein. Das glaube ich nicht. Oder doch? „Die zweite Variante wäre, wenn eure Seelenteile sich auf die geringste Entfernung nähern. Eure Seelen müssen sich schon fast vereinen. Ihr könntet miteinander schlafen!“ Innerlich schreckte ich auf. Doch nach außen zeigte ich einen entgeisterten, versteinerten Blick. Beide Arten kamen für mich nicht annähernd in Betracht. Shiro aber stand mit dem gleichen Ausdruck neben mir und wir starrten Mephisto schweigend an. „Oh meine Güte.“, seufzte Mephisto. „Ein Kuss sollte auch ausreichen!“, sagte er genervt und sah schnippisch weg. Dann legte er seinen Finger vor seine Lippen und sah uns verführerisch an. „Aber das wäre nicht so aufregend...“, flüsterte er noch. Doch ich trat entrüstet zurück und presste meine Arme um mich. Meine Wangen strahlten kochend rot „Das geht trotzdem nicht!“, sagte ich laut und hob eine Hand. „Es wäre doch nur ein Kuss!“, schob der Rothaarige wieder ein. „Stell dich mal nicht so an! Menschen küssen sich jeden Tag!“, verdrehte er die Augen und kreuzte seine Beine übereinander. Ich fummelte nervös an meinem Shirt. Doch Mephisto war es egal, wie ich dazu stand. Dann sah ich mit großen Augen zu Shiro. Doch er wich meinen Blicken aus und stand nachdenklich vor Mephisto. Was war denn plötzlich wieder los mit ihm? „Das geht nicht...“, stotterte ich immer leiser werdend. „Ich kann doch nicht... Nein. Shiro! Das geht nicht!“, jammerte ich und richtete mich um Hilfe bittend zu ihm. Shiro jedoch ignorierte meinen Hilferuf und lief zum Bett. Er lehnte sich langsam zur dahinter geworfenen Wäsche und holte sein Hemd schweigend hervor. Dann starrte ich wieder hilflos dem Rothaarigen in die Augen. Das konnte nicht sein Ernst sein. Doch Mephisto sah zum Schattenmann, dann drehte er sich wieder zu mir und belächelte mich. „Tz. Nur ein Kuss! Es muss ja nicht mal emotional sein! Stell dich nicht so an!“, fauchte Mephisto zickig und wedelte wieder arrogant mit seiner Hand. Im Hintergrund zog Shiro schweigend sein Hemd wieder an. Ich sah schüchtern zu Boden und spielte an meinen zerzausten Haaren. Mit meinem Fuß streifte ich in kreisender Bewegung über den Boden. „Ich kann ihn nicht küssen...“, dann blickt ich erschrocken zu Shiro. „Also nicht, dass ich dich nicht küssen möchte, nein also. Ich meine ich möchte! Also ich möchte dir helfen! Aber.. Argh...“, verhaspelte sich meine Zunge. Ich legte meine Hände verwirrt und hoffnungslos vor mein Gesicht. „Mein.. mein erster Kuss... sollte doch mit der Person sein, die ich Liebe...“, nuschelte ich leise und sah herab. Mephisto stand genervt auf. „Och je. Niemand hatte sich bisher erbarmt sie zu Küssen. Los. Macht schnell dann habt ihr es hinter euch! Und das ganze Schlamassel ist gelöst!“ Shiro stand erbost vor ihm. „Mephisto!“, ermahnte er ihn mit grimmiger Stimme. „Lass sie.“ Ich stand noch da und zupfte an meiner Kleidung. In was für eine Situation war ich nur geraten? Ein Kuss? Aber ich hatte doch noch nie jemanden geküsst. Mein erster Kuss darf doch kein ungewollter sein. Plötzlich fühlte ich eine Hand an meiner Schulter. „Yuki.“, sagte Shiro beruhigend. Ich drehte mich erschrocken zu ihm und sah ihn mit großen Augen an. „Shiro?“ Ich erkannte seinen aufrechten Blick. Ich sah seine braunen, offenen Augen. Ich merkte seine Nähe. Ich fühlte seine warme Hand auf meiner Schulter. Wir sahen uns lange an. Mein Puls pochte so stark. Die Zeit blieb einen Moment lang stehen. Ich hörte nichts als meinen Herzschlag und spürte meinen tief anhaltenden Atem. Warum kam er mir so nahe? Warum kribbelte mein Bauch wenn er mich so liebevoll ansah. War da mehr? Nein. Das konnte nicht sein. Wollte mir mein Kopf das nur einreden? Meine Wangen wurden ganz rot, als unsere Blicke sich eine gefühlte Ewigkeit kreuzten. Zögernd legte ich meine Arme auf meine Brust. Wollte er mich nun doch einfach küssen? Würde ich das zulassen wollen? Sollte ich es? Sollte ich das praktisch und emotionslos betrachten? Aber das wäre mein erster Kuss. Würde ich es denn überhaupt bereuen? Genau. Das war die Frage. Würde ich es bereuen? Will ich es nicht vielleicht sogar? Einen sanften Kuss von seinen warmen Lippen. „Yuki!“, sagte er wieder. Ich klimperte verdattert mit den Augen und besann mich wieder. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde mir deinen ersten Kuss nicht erzwingen. Verspreche ich dir. Und nimm Mephisto nicht so ernst. Er meint es gar nicht so böse wie es sich immer anhört.“ grinste er und stellte sich wieder locker hin. Erstarrt klimperte ich einige Male mit meinen Lidern. Und im nächsten Augenblick drehte ich mich von ihm weg und schlug mir gegen die Wangen. Was hatte ich da nur gedacht? Was war nur los mit mir? Dann streifte ich durch meine Haare. Was wollte ich mir denn vorstellen? Wie bescheuert. Mir waren meine Gedanken wieder peinlich. Natürlich darf ich da nicht emotional dran gehen! Was ein Quatsch. Als wenn da noch mehr wäre. Da ist nichts! Und Shiro wird keine Gefühle für mich haben, also habe ich keine für ihn. - Redete ich mir ein. „Arrrgghh...“, ich zerknautschte mit meinen Händen mein Gesicht und schaute beschämt zur Decke. „Soll ich sie einfach töten?“, frage Mephisto nun. Schnell räusperte ich mich und drehte mich wieder zu ihm. „Ehm.. Hey!.. Was?“ „Nein. Keine Sorge. Das ist nicht sein Ernst.“, lächelte Shiro und ging an mir vorbei. Ich sah ihm hinterher. Er könnte mich einfach überrumpeln. Er könnte ganz einfach seine Kraft wieder bekommen. Er könnte mich locker töten. Oder wäre auch in der Lage einen Kuss zu erzwingen oder mehr. Aber er respektierte mich und meine Entscheidung. Doch mich wunderte, weshalb Mephisto auf Shiro hörte, obwohl er nur ein Mensch war. Ich ballte meine Faust und runzelte ernst die Stirn. Es war nur meine Schuld, dass er in diese Lage geraten war! Es war meine Pflicht ihm zu helfen! Ja! Ich musste es einfach praktisch sehen! Wenn ihm ein Kuss helfen sollte, dann soll er einen Kuss bekommen! Und wenn mein erster Kuss von jemanden sein soll, den ich liebe. Dann sollte ich meinen ersten Liebeskuss schnellstmöglich „abholen“! Damit ich Shiro meinen zweiten Kuss schenken konnte! Schnell lief ich ihm hinterher. „Shiro!“, ich sah ihn energisch an und griff ihn an seinem Ärmel. Er verzog überrascht die Augenbrauen und wich etwas zurück. „Hmh?“ „Ich helfe dir! Aber vorher, brauche ich Deeons Hilfe! Wie kommen wir zu ihm?!“, sagte ich und hob den Finger lehrend. „Was? Deeon? Wie sollte er denn hilfreich sein?“, kam es arrogant aus meinem Zimmer und Mephisto folgte uns. Zögernd zog ich meine Hand zurück. „Ehm.. also... ich.. Ist doch egal! Ich brauche seine Hilfe! Wir müssen zu ihm! Wie kommen wir denn jetzt zu ihm? Können wir ihn einfach rufen oder so?“ Doch Shiro tätschelte mir den Kopf. „Nimm das alles nicht so ernst. Meine Seele verheilt schon von alleine. Auch Deeon kann da nicht viel dran ändern.“ Ich presste meine Hände ineinander und blickte zu ihm hinauf. „Bitte...“ Dann erröteten meine Wangen und ich sah weg. Shiro erkannte mit überraschten Blick meine Gedanken. Ich musste ihm helfen. Und daher musste ich schnellstmöglich meinen ersten Kuss von der Person, die ich liebe erhalten. Und das war Deeon. Das bedeutete ja, dass ich ihm meine Liebe gestehen müsste! Wie nur beichte ich ihm davon? Würde er mich denn Küssen? Würde er meine Gefühle erwidern? Würde er wenigstens meine Bitte erhören? Gedankenverloren legte ich meine Hände auf meine Wangen und träumte vor mich hin. Er würde seine Hände auf meine Wangen legen und mir tief in die Augen sehen. Vor Aufregung könnte ich mich nicht bewegen und wäre ihm vollkommen erlegen. Doch seine wärmende Nähe würde mein vor Aufregung rasendes Herz beruhigen. Seine liebevolle Stimme würde mir auch seine Liebe gestehen. Das er, wie ich, seit unserer ersten Begegnung nur an mich denken konnte. Dann legt er sanft seine Hand an meine Hüfte und würde mich an sich drücken. Und unsere Lippen berühren sich ganz zart. Und mein Herz und Körper gehören ganz ihm. „Hach...“, stöhnte ich verliebt ohne zu bemerken, dass Shiro genervt von mir weg ging und in die Küche lief. Dann schüttelte ich den Kopf. „Hey! Shiro! Was ist denn jetzt?!“, fragte ich und schaute ihm hinterher. Er kam aus der Küche mit einem Apfel und setzte sich wieder an den Tisch. „Meine menschliche Hülle ist geschwächt. Ich muss sie erst wieder stärken!“, meinte er mürrisch und biss hinein. Ich setzte mich aufgeregt vor ihn. „Wann gehen wir denn zu Deeon?“, fragte ich aufdringlich. Doch Shiro aß einfach weiter. Ich durchbohrte ihn mit meinem aufdringlichen Blick. Er sah mich an, dann biss er wieder vom Apfel ab, sah weg und kaute weiter. „Heey!“, moserte ich aufdringlich. „Wie kommen wir zu Deeon?“ „Du solltest frühstücken. Das ist wichtig für einen Menschen!“, sagte er und deutete auf seinen Apfel. Ich kniff meine Augen zu einem grimmigen Schlitzt zusammen und starrte ihn an. „Heey! Antworte mir! Wieso weichst du vom Thema ab?“ Shiro lehnte sich zurück. Schließlich sah er mich an und legte seinen Apfel auf den Tisch. „Es ist nicht notwendig, dass wir zu Deeon gehen. Er wird nicht helfen.“, sagte er und zog kurz die Augenbrauen hoch. Ich biss auf meine Lippe. „Doch... also. Er wird helfen.“, meinte ich stotternd. Mephisto mischte sich wieder ein und lehnte sich an die Couch. „Ich würde es bevorzugen, wenn Deeon nicht hilft! Dieser arrogante, gefallene Engel kann uns doch gestohlen bleiben! Ich weiß sowieso nicht, warum du so viel von ihm sprichst!“ Ich setzte mich nervös auf. „Ehm... ist egal! Man! Jetzt lass doch endlich zu Deeon! Dann haben wir es hinter uns! Wie du gesagt hast!“, forderte ich beide auf und schnappte den Apfel vom Tisch. Ich ließ ihn sanft von einer Hand in die andere fallen und betrachtete dessen rote Schale. Schließlich begegnete ich Shiro mit einem traurigen Hundeblick. Doch er wich nur wieder aus und tippte mehrmals nachdenklich mit seinem Finger auf den Tisch. Ich wusste, dass er keine Hilfe von Deeon annehmen wollte. Es hätte jede andere Person sein können, außer er. „Was soll Deeon schon tun können?“, moserte Mephisto und hob die Augenbraue. „Außer wenn er dich töten würde oder... Oh. Achso.“ Ich biss auffällig die Lippen aufeinander und errötete. Mephisto wusste wohl, was ich vor hatte. Er lief langsam auf mich zu und schmunzelte arrogant. „Liebes, er ist ein Engel. Er wird dich nicht küssen!“, sagte er und hielt mich an meinen Schultern. „Es ist nur die Aura, die Menschen so verführen.“ Aber ich ging von ihm weg und ballte die Fäuste. „Nein! Da ist noch mehr! Ich weiß es!“, sagte ich laut und energisch. Aber Mephisto lachte laut und verdrehte die Augen. „Pah! Das sagt wohl bestimmt jede die er verführen will! Jaja, er ist was besonderes. Er ist ja auch ein Engel! Aber meine Süße...“, er wurde von seiner hellen, schnippischen Stimme immer finsterer und ernster, „Er ist ein gefallener Engel. Das hat auch einen Grund. Vergiss das nicht.“ Mich überrumpelte die Tatsache, die er ansprach. Aber ich wollte nicht aufgeben! Ich wusste, dass uns etwas verbinden musste! Da war noch mehr! Dieses Gefühl, das ich habe wenn er mich in den Arm nimmt. Die Art wie er mich beschützt. Da muss mehr sein! Ich wollte Mephistos Worten nicht weiter zuhören. Es musste einen Grund haben, warum ich Deeon getroffen habe! „Shiro! Bitte...“, ich wandte mich wieder dem Schattenmann zu der grübelnd wegsah. „Ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst. Aber ich weiß, dass er mir nicht wehtun würde. Ich weiß dass er mir helfen wird.“, war ich der festen Überzeugung. Um ihn jedoch nicht aufzuregen und dadurch ein Einverständnis zu gefährden, blieb ich ruhig und still sitzen. Ich war etwas nervös. Ich wollte Deeon unbedingt sehen. Auch wenn ich mich dadurch selber zwingen müsste, ihm meine Gefühle zu offenbaren, wollte ich schnellstmöglich zu ihm. Trotz leichter Angst, freute sich mein Herz. „Mephisto. Bitte.“ Nun ging ich zu dem Rothaarigen und hielt seine Hand fest zwischen meinen Händen. „Mephisto..“, bat ich mit strahlenden Augen. Ich wollte es unbedingt. Überrascht verzog er sein Gesicht. „Oh meine Güte. Du bist ja echt überzeugt. Das ist dumm und naiv.“, hörte ich erstaunt von ihm und er drehte sich fragend zu Shiro. Dieser stand schließlich auf und strich sich durch die Haare. „Meinetwegen!“, fauchte er unglücklich und stellte sich hin. Mein Lächeln wurde immer breiter. Glücklich sah ich zu ihm und schmunzelte erleichtert „Und wie kommen wir zu ihm?“ Doch Shiro überkreuzte seine Arme ineinander. „Wir können nicht einfach zu ihm. Wir sind Menschen. Und ich kann nicht sagen wo er sich aufhält. Daher kommt er hierhin!“ „Gut!“, strahlte ich und hüpfte zu ihm. „Und wie kommt er hier hin?“ „Du könntest versuchen ihn zu bitten. Ruf ihn doch. Aber ich denke nicht, dass er dich hören wird.“ Mephisto hob zickig die Hand. „Natürlich wird er nicht von alleine kommen.“ „Rufen? Wie? Einfach so?!“, fragte ich stirnrunzelnd. „Ja. Stell dich hin. Dann nennst du aufrichtig seinen Namen. Aber Engel sind immer sehr eigen. Besonders gefallene. Er wird bestimmt nicht kommen.“, erklärte Shiro brummig. „Na gut!“, sagte ich bereit und stellte mich gerade hin. Ich schloss meine Augen und legte meine Hände zusammen auf meinen Brustkorb. Dann atmete ich tief ein. Mephisto und Shiro standen nebeneinander. „Das wird doch nie was.“, flüsterte Mephisto Shiro zu. Ich hörte die Zweifel, wollte mich aber nicht ablenken lassen! „Deeon. Deeon! Bitte komm zu mir.“, flüsterte ich. „Bitte komm her.“ Dieser Wunsch kam aus den Tiefen meines Herzens. Ich wollte ihn so sehr sehen. Ich wollte ihm endlich sagen, was ich fühlte. Dann war es leise. Ich wartete einen Moment und öffnete meine Augen wieder. „Hat es geklappt?“ Doch Shiro sah mich genervt an. „Nein.“ „Sag ich doch!“, nörgelte Mephisto. „Vielleicht war es zu leise?“, schnell schloss ich wieder meine Augen. „Deeon. Komm bitte zu uns! Deeon!“, forderte ich etwas lauter. „Yuki! Hör auf. Der wird nicht kommen!“, sagte Shiro und legte seine Hände in seine Hosentaschen. „War doch klar, dass er nicht helfen wird...“, fügte er leise hinzu. Ich war etwas geschockt. Sollte meine Hoffnung nun einfach dahinschwinden? Nur weil er mich nicht hört? Hartnäckig faltete ich meine Hände ineinander und richtete meinen Kopf betend herab. „Deeon bitte. Ich muss dir doch etwas sagen.“ Shiro stellte sich vor mich. „Lass es. Er enttäuscht dich nur.“ Niedergeschlagen sah ich in Shiros wütenden Augen. Er war nicht wegen mir sauer, sondern wegen Deeon. Dann legte er seine Hand auf meine Schulter. „Wenn er nicht von alleine kommt, zwingen wir ihn eben!“, seufzte er und setzte sich. „Was...? Oh... Ok.!“, antwortete ich deprimiert und setzte mich ebenso zurück an den Tisch, meinen Blick immer aufmerksam auf ihn gerichtet. Energisch ließ er seine Fingerknöchel laut knacken und seinen Nacken. „Dann mal los!“ Er blickte zu Mephisto. „Wir brauchen eine deiner Sigillen!“, sagte er direkt. „Sigille?“, fragte er und wich zurück. „Das solltest du nicht tun!“ Ich verstand kein Wort von dem Gespräch. Beide ignorierten mich jedoch auch so gut, dass sie es nicht für nötig hielten, mich aufzuklären. Wie eine zurückgelassene Katze saß ich dort und starrte beide an. Mir war egal was passiert. Hauptsache ich sehe Deeon. „Du weißt, dass gerade du in deinem Zustand besser aufpassen solltest was du tust.“, Mephisto stellte sich locker mit einer Hand in der Hüfte hin und spreizte den Zeigefinger mit der anderen erhobenen Hand. „Gib mir das Amulett mit der Sigille für Engel!“, sagte Shiro und und öffnete seine Handfläche fordernd. Zögernd blickte Mephisto auf seine Hand und seine ernste Miene. Dann schnipste er brummig mit seiner erhobenen Hand und eine Tasche puffte in der Luft auf. Der Rothaarige fing diese gelassen und griff hinein. „Du benimmst dich seltsam Darling. Ich bin erleichtert, wenn du wieder ein Dämon bist und bei klarem Verstand!“, murmelte er dabei vor sich hin. Heraus holte er ein kleines silbernes, Münzen ähnliches Amulett. Es war nicht besonders groß und wirkte wie eine Art Anhänger. Drauf graviert war ein kleines Muster mit geraden Strichen und Punkten. Von der Weite war es zu klein um es genau zu erkennen. „Hier, aber bedenke was du tust.“, sagte er zögerlich und biss sich auf die Lippe. Shiro nahm das Amulett und wurde ganz ernst. „Ich nicht. Sie macht es.“ Nun ging er kurz in die Küche. „Was mache ich?“, fragte ich plump und stand auf. Plötzlich kam er wieder zurück und stellte sich ganz nahe vor mich. „Gottchen! Du wirst deinen Deeon beschwören! Denk doch mal mit!“, motzte Mephisto und stöhnte laut. „Hmh?!“, überrascht sah ich ihn mit großen Augen an. „Mit einer Sigille kannst du bestimmte Wesen rufen, die sogar damit geschwächt werden können. Dafür wird nur die Kraft der Sigille gebraucht und Blut des Beschwörers!“ „Blut?“, fragte ich. Dann sah ich plötzlich ein Messer in Shiros Hand. „WOW!“, ich wich erschrocken zurück, doch er hielt meine Hand sicher fest. „Hey! Was machst du!“ Ich hatte keine Angst vor ihm. Ich war mir sicher, dass er mir nichts schlimmes antun würde. Doch die ganze Situation kam mir suspekt vor. „Halt still. Das tut ein bisschen weh! Aber du willst ja Deeon sehen!“, sagte er und legte mir das Messer leicht mit der Schnittseite in die Handfläche. Dann wartete er auf meine Einverständnis. „Oh... ok.“, nickte ich zögerlich. Neugierig beobachtete ich, was er tat, auch wenn es schmerzte. Es war ein kleiner, flacher Schnitt. Nicht sehr tief, aber tief genug, damit etwas Blut heraus glitt. Mephisto betrachtete das Geschehen schweigend, stehend von der Couch aus. Ich biss die Zähne zusammen und runzelte die Stirn. „Hmmh. Aua...“, jammerte ich. „Und wie soll das helfen Deeon zu holen?“ Shiro legte mir das Amulett in die Hand, sodass es etwas mit meinem Blut bedeckt wurde. „Lege es auf den Boden! Richte deine Gedanken auf Deeon! Dann sprichst du seinen Namen und nimmst etwas Abstand.“ „Ehm.. okee.“, zögerte ich. Dann ließ er mich los und ich stellte mich in die Mitte des Raumes. Das Amulett hatte etwas Blut an sich haften. Ich drehte es in meiner Hand und kniete mich auf den Boden. Würde Deeon gleich hier sein? Was soll ich sagen, wenn er da ist? Moment! Ich war noch nicht bereit! Mein Körper war plötzlich wie eingefroren. Alle meine Muskeln verkrampften sich zu einer starren Statue als ich mein Problem erkannte. Ich wollte Deeon meine Gefühle offenbaren. Würde er sie denn annehmen? Würde er mir meinen ersten Kuss schenken? Wie reagiert er? Mein Atem blieb eine Zeit lang stehen und ich starrte mit aufgerissenen Augen herab in Richtung meiner Hand. Wenn ich dieses Amulett nun dort hinlege, wird er erscheinen. Wie bereite ich mich denn vor? Ich hatte darüber doch gar nicht nachgedacht! Plötzlich war mir das alles zu schnell, auch wenn ich wollte, dass ich ihn schnellstmöglich sehen kann! „Jetzt mach schon!“, kam es hinter mir von dem rothaarigen Dämon. Ich schluckte nervös. „J..jaa... Ich mach ja schon!“, zitternd legte ich das Amulett auf den Boden. Jetzt gleich geht’s los. Augen zu und durch! Ich kniff meine Augenlider fest zusammen und presste meine Hand auf den Boden. „Deeon!“, sagte ich laut und deutlich. Ich dachte an sein Gesicht. An seine hellen Augen und sein blondes Haar. An sein immer lächelndes Gesicht wenn er mich anblickte. Mein Herz fühlte sich ihm hingezogen. „Deeon!“ Langsam bemerkte ich eine sanfte Wärme die von der Münze ausging. Als ich meine Handfläche von ihr nahm, erstrahlte ein Licht hervor. „Hmh?“ Schnell stand ich wieder auf und bewegte mich einen Schritt zurück. „Und jetzt?“ Ich richtete mich fragend zu Shiro. Er saß wieder gelassen am Tisch und lehnte seinen Kopf auf seine Hand. Seine Miene zeigte ein gemäßigtes aber erfreutes Lächeln. Worüber freute er sich denn jetzt? Mephisto stand mit überkreuzten Armen noch immer an der Couch. Auch ihm konnte man eine gewissen Freude vom Gesicht lesen. Warum? Das Amulett glänzte. Dann entstand ein großer, weiß strahlender Kreis am Boden. Er breitete sich etwas aus und erhellte den kompletten Raum. Aufgeregt beobachtete ich, was geschah. Einige Male pochte dieses Leuchten in einem angenehmen, beruhigenden Tempo. Dieses Licht war so schön und erstaunlich. Langsam wurde es immer greller. Es war wie ein Lichtstrahl durch das ganze Haus. So grell, dass ich leicht weg sehen musste und die Hand schützend vor meinen Augen hielt. Und dann war es endlich so weit. Ich sah die Silhouette einer Person. Je dumpfer das Licht wurde, desto besser konnte ich Deeon erkennen, welcher in dem Kreis auftauchte. Auf einmal verdunkelte sich der Strahl und nur der Kreis blieb am Boden bestehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)