Cursed Shadow von _-Merle-_ (- verliebt in einen Dämon -) ================================================================================ Kapitel 1: Der Schattenmann --------------------------- Draußen war es finster und kalt. Ein sanfter Wind fegte durch die Straßen und nur die Laternen erhellten die kleinen, verlassenen Wege. Es war eine perfekte Nacht, um schaurige Horrorfilme zu genießen und vor Furcht das Kissen zu umschlingen. Nami und ich hatten es uns auf ihrem Bett bequem gemacht. Zusammen lagen wir vor ihrem kleinen rosa Laptop und genossen die Ruhe des Abspanns. „Der war ja öde! Wir hätten lieber einen anderen Horrorfilm gucken sollen.“, störte Nami die Ruhe, während sie den Laptop zuklappte und sich vom Bett aufraffte. Ich sah ihr hinterher und bewarf sie mit dem letzten Süßkram aus der Schüssel vor mir. „Hee! Ich fand den ganz gut. Natürlich war der gruselig, auch wenn er alt ist.“ „Du bist ja auch ein Angsthase.“, lachte sie mich aus. Während sie wieder über mich lachte, räumte sie leere Flaschen zur Seite und warf den restlichen, auf dem Boden verteilten Müll weg. Ich beobachtete sie grimmig, doch sie streckte mir nur dreist die Zunge entgegen. Eigentlich hatte sie sogar Recht. Ich war schon immer ein Angsthase und würde es wohl auch immer bleiben. Aber wer will das schon zugeben? „Bin ich gar nicht!!!“, maulte ich also. Nami sah mich verdächtig an und zog eine Augenbraue hoch. Dann näherte sie sich dem Lichtschalter und legte ihren Kopf schief. „Ach ja?“, fragte sie mit einem fiesen Unterton. Ich fing an zu grinsen. Denn wir wussten beide, dass ich  Unrecht hatte. Nami und ich waren schon sehr lange befreundet und daher kannte sie mich schon besser als mein Vater. Ich wusste nicht warum, aber sie war immer für mich da. Schon seit ich denken konnte war sie an meiner Seite. Andere Freunde hatte ich nicht. Und andere Freunde brauchte Nami nicht, obwohl sie schon immer beliebt war. Sie wollte immer nur bei mir sein und mir helfen. Die beste Freundin die ich haben konnte. Einen Moment war es leise. Sie biss sich kurz auf ihre Lippen und sah nachdenklich zur Tür. Es schien, als würde sie sich über etwas Sorgen machen. „Was hast du? Hast du etwa selber Angst?“, fragte ich aus dem Affekt heraus und musste breit lächeln. Sie schüttelte den Kopf und kam wieder zu sich. „Pa! Ich und Angst?“, dann zeigte sie mit dem Finger auf mich. „Du sagst, du bist kein Angsthase? Na das will ich mal testen! Schalte das Licht aus und sag es!“, grinste sie mich plötzlich überzeugt an. Schnell wich ich etwas zurück. „Was? I.. Ich weiß nicht was du meinst!“, log ich und hob die Hände. „Du weißt sehr wohl was ich meine.“ Sofort lief sie auf mich zu und hockte sich schmunzelnd neben mich auf das Bett. Ihre Stimme wurde leiser und tiefer. „Du erinnerst dich doch bestimmt die Geschichte die ich dir heute erzählt habe.“, fragte sie und näherte sich mir ganz langsam. Ich begann verwirrt zu stottern. „Die... die Geschichte? Von diesem Schattenmann? Diesen Mythos den du mal im Internet gelesen hast?“ Scheinheilig versuchte ich meine Angst zu vertuschen und sah weg. „Oh ja!“, sie rückte mir etwas näher und faste mir an die Schulter. „Du weißt was ich meine! Schalte das Licht aus, stelle dich in den Raum und ruf ihn! Zwei mal musst du den Spruch sagen!“ Amüsiert betrachtete sie meine Unsicherheit. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Mein Magen zog sich zusammen. Was sollte ich dagegen sagen? Wenn Nami etwas wollte, dann geschah es auch. „Pff. Das ist doch nicht dein Ernst oder?“, belächelte ich die Situation und sah sie unglaubwürdig an, in der Hoffnung, dass sie aufgeben würde. Doch ich erhielt nur ihren aufgeregten, verspielten Blick. Das bedeutete also unterschwellig, dass es ihr Ernst war. „Ehrlich jetzt?“, rollte ich die Augen. Sie sprach ganz schnell um mich zu überzeugen: „Dann verspreche ich hoch und heilig, dich nicht mehr Angsthase zu nennen!“, plapperte sie und wartete auf meine Antwort. Kurz sah ich zum Lichtschalter und überlegte. Die ganze Zeit mit ihrem stechenden Blick von der Seite, der mich immer mehr bedrängte. Es sollte doch zu schaffen sein, einen dummen Spruch zwei Mal aufzusagen, oder? Ich wollte ihr zeigen, dass ich keine Angst hatte! Aber, wie konnte ich das, wenn ich doch Angst hatte? Mein Grübeln brachte sie zum Lachen. Sie stand direkt auf und kicherte. „Hihi. Ich weiß doch was du denkst! Das geht ganz schnell! Zack, zack. Fertig! Du kleiner Feigling.“ „Das ist gar nicht witzig…“, nuschelte ich mürrisch. Mehr wollte ich nicht erwidern. Es erschien mir sinnlos ihr Kommentar zu beantworten, und Diskussionen verlor ich doch sowieso immer. Also riss ich mich zusammen! Entschlossen nickte ich, wenn auch nicht ganz freiwillig. „Oke…“, bestätigte ich schüchtern. Ein lautes: „GUT!“ schrie Nami durch den Raum. Sie drehte sich sofort um und hopste zur Tür. „Ich mache das Licht eben aus! Und du musst es laut genug sagen ja!? Zwei Mal!“ Wieder nickte ich schweigend und sah ihr einfach nur hinterher. Dieses Mal aber mit sehr viel mehr Angst und einem drückenden Magen. Dann stand auch ich auf. Nami wartete bereits im Flur auf mich und starrte in das Zimmer. Auf was hatte ich mich eigentlich eingelassen?! Aber es sollte doch nichts passieren. Ich glaubte nicht an übernatürliches, auch wenn ich Angst davor hatte. Also wollte ich es einfach hinter mich bringen. Ich nickte mir selber zu und drückte meine Fäuste zusammen. „Ich kann das...!“, versuchte ich mir selber Mut zu machen. Dann stellte ich mich in die Mitte des Raumes, den Rücken zu Nami gedreht und sah mich kurz um. Meine Augen waren so weit aufgerissen, als wenn schon vorher etwas passieren könnte. Dann machte ich noch einen sicheren Blick über meine Schulter. Nami hob ihren Daumen. „Du schaffst das!“, grinste sie und schaltete das Licht aus. Nur das Flurlicht schien in den Raum, durch einen kleinen Spalt der Tür. Doch langsam wurde auch dieser immer dünner, bis die Tür sich mit einem Klacken schloss und im Bogen eingerastet war. Stille. „Wie bescheuert…“, schnaufte ich und legte meinen Kopf in den Nacken. - Irgendwie ging mir das alles zu schnell. Ich hätte einfach auf meine Meinung beharren sollen! Jetzt muss ich da wohl durch. - „Muss ich echt jetzt?“, fragte ich laut. Mit meinen Händen spielte ich aufgeregt an meinem Pullover herum. Ein dumpfes „Jaa!“, kam mir von der anderen Seite entgegen. Aber ich versuchte der Situation weiter auszuweichen. „Das ist doch echt idiotisch! Wir sind doch keine Kinder!“ Ein ungewöhnlich nervöses „Mach schon!“, hörte ich nun von ihr. Warum drängte sie mich so? Ich biss die Zähne zusammen. Noch einmal sah ich mich in dem nun dunklen Zimmer um. Durch die Lücken in den Jalousien am Fenster drang etwas Laternenlicht von draußen hinein. Und langsam gewöhnten meine Augen sich auch an die Finsternis. Das große Bett und die Regale am Fenster konnte ich schon etwas erkennen. Doch für mehr reichte meine Konzentration nicht mehr. Überall nur Schatten, gruselige Schatten. Ich hatte eine Gänsehaut, als wenn ein Geist direkt hinter mir stehen würde. Ein letztes Mal holte ich tief Luft und schüttelte den Kopf. „Jetzt geht es los. Ich werde es machen! Ich werde einen Dämon rufen. Ich rufe einen Dämon! Ich werde es machen!“, faselte ich leise und tätschelte meine Wangen. „LOOOS!“ brüllte es aus dem Flur. Sofort schreckte ich zusammen und drehte mich um, „BOA! JA!“ Vor Angst hielt mir meine Hand auf die Brust und stellte mich wieder aufrecht hin. Dann noch etwas auf der Stelle hüpfen und die Arme aus schlackern. „Dann mal los…“, sagte ich mir selber und schloss die Augen. „Also los! Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst! Los! Schattenmann! Ich habe keine Angst. Komm her und zeig mir was du kannst!“, brüllte ich in den Raum und presste meine Augenlider fester zusammen. Krampfhaft runzelte ich vor Angst die Stirn und traute mich nur ganz langsam meine Augen zu öffnen. Doch es war leise. Niemand war dort. Ängstlich blickte ich umher. Am liebsten hätte ich mich wie eine Maus in ihrem Mauseloch verkrochen. Mein Herz begann zu rasen. Es pochte so stark, dass ich es bis zum Hals spüren konnte. Mein Bauch schmerze vor Aufregung und ich konnte nur schwer atmen. Voller Furcht versuchte ich im Raum etwas zu erkennen. Es wirkte so schaurig düster. Alles war leise. Selbst Nami war nicht aus dem Flur zu hören. Kein Schattenmann, keine Geräusche, nur Stille. Aber es war niemand da. Kein Dämon. Jetzt lächelte ich wieder und atmete auf. „Siehst du Nami! Ich habs gemacht.“, entspannte ich mich und löste meine verkrampfte Stirn. „Nami?“ Doch ich erhielt keine Antwort. „Nami! Keine Scherze jetzt!“, grinste ich unsicher und legte meine Hand auf den Schalter. Doch die Lampe an der Decke reagierte nicht. Hektisch bewegte ich den Regler herauf und herunter. „Warum geht das nicht?“ - Nami will mich doch nur ärgern! – Also wollte ich nun die Tür schnell öffnen. Ich griff nach dem Henkel und wollte mit Schwung die Tür aufreißen. Aber sie bewegte sich nicht. Egal wie sehr ich daran zog, sie ließ sich nicht öffnen. Ich klopfte gegen die Holztür. „Hallo?! Mach auf! Das ist nicht witzig!!!“ brüllte ich wütend. Ich merkte wie mein Körper immer wärmer wurde. Mit ganzer Kraft rüttelte ich an dem Knauf. „Mach auf!“ Ich stampfte gegen die Tür. „NAMI! Mach auf!“ Mich überkam wieder die Angst. Panisch füllten sich meine Augen mit Tränen. Meine schwache Stimme wurde leiser. „Bitte! Bitte! Ich…-“ Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. Ich riss die Augen auf, denn ein kalter Hauch lief über meinen Rücken. Es war wie ein kalter Atem, der sich mir näherte. Ich war wie versteinert. „Nami…?“ flüsterte ich. Meine Hände zitterten. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Nur sehr langsam nahm ich die Hand zurück. Ich spürte jemanden hinter mir.  Angst durchfuhr meine Knochen, Adrenalin schoss in die Höhe, Schweißperlen liefen meiner Stirn entlang. Auch wenn mein Körper sich umdrehen wollte, hielt meine Angst mich jedoch auf. Langsam kamen die Schritte näher. Ich konnte es hören. Das langsame Laufen. Luft zu holen wurde immer schwerer. Es fühlte sich an, als würde mir etwas die Brust zu schnüren. Ich konnte mich nicht bewegen. Die Schritte kamen näher und näher. Meine Beine wurden schwer. Sollte ich schreien? Die Schritte waren fast bei mir. Sollte ich mich umdrehen? Ich biss die Zähne zusammen und riss die Augen auf. Panisch drehte ich mich um und sah dem Klang der Schritte entgegen. Plötzlich war es wieder still. Ich blickte in den düsteren Raum und versuchte etwas darin zu erkennen. Das Bett stand an seiner Stelle und auch die Couch und der Fernseher. Doch was war das in mitten des Raumes vor mir? Plötzlich blieb mir der Atem stehen und mein Blut gefror. Ein Schatten war zu sehen. Eine Person stand im Raum und beobachtete mich. Oder wollte meine Angst mir nur einen Streich spielen? Ich fixierte diesen Schatten also ganz genau. Stand dort wirklich jemand? Leicht kniff ich die Augen zu und trat vor, aber erstarrte verschreckt. Dieser Schatten gehörte nicht in den Raum! Ich hielt die Luft an. „Was?!“ Plötzlich bewegte es sich auch auf mich zu! Es war so schnell. Vor Schreck warf ich mich rückwärts auf den Boden. Es krachte. Ich hielt mich auf den Händen und kroch in die Ecke neben der Tür. Mit starrendem Blick erkannte ich, wie diese Person auf mich zu stürmte. „Du hast mich gerufen.“, hörte ich eine Stimme flüstern. „Sei mir nützlich, indem du stirbst.“ Wie gelähmt starrte ich diesen Schatten an. Eine eisige Hand packte mich plötzlich am Hals. Ich war hilflos. Ich hatte solche Angst. Dann wurde ich zur Seite geworfen. Ich wurde brutal in den Raum geschleudert und fand mich am Boden liegend wieder. Erst versuchte ich mit meinem Armen Halt zu finden und drehte mich schockiert um. Doch ehe ich mich besinnen konnte, kniete sich dieser Schatten locker vor mich und griff erneut meinen Hals. „Nein! Nein! Warte!“, kam es panisch aus mir, und ich versuchte mich noch weiter zurück zu lehnen. Doch ganz langsam kam seine eisige Hand mir näher, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Er drückte mich einfach zu Boden und würgte mich. Ich versuchte nach Luft zu schnappen. Ich hatte keinen klaren Gedanken mehr. Nur Panik! Pure Panik! Ich haute mit Armen und Beinen um mich. Ich versuchte Lärm zu machen und hoffte auf Hilfe. Wo war Nami? Konnte das wirklich gerade passieren? Auch als ich versuchte seine Hand von mir zu drücken, hatte ich keinen Erfolg. Mir wurde so heiß. Mein Kopf dröhnte. Tränen kullerten bereits an meinen Schläfen hinunter. Dann erkannte ich etwas metalisch, glänzendes über mir. Ein Dolch. Ich griff wieder seinen Arm an meinem Hals und versuchte damit den Druck zu lockern. „Warte!“, versuchte ich ihn aufzuhalten. Und riss meine Hand hoch. „Ich… ich will dir anders nützlich sein! Es … tut mir… leid.“, keuchte ich atemlos mit letzter Kraft. Mir wurde langsam schwindelig. Es fühlte sich an als würde mein Kopf platzen. Sollte ich nun hier sterben? Sollte ich tatsächlich hier und jetzt getötet werden? Meine Augen wurden immer schwächer. Sollte ich mich also nun dem Augenblick ergeben? Wie dumm ich nur war. Wieso hatte ich das mitgemacht? Warum habe ich mich dazu überreden lassen? Bevor ich bewusstlos wurde, lockerte sich sein Griff plötzlich und er nahm den Dolch herunter. Ich konnte wieder atmen. Verstört stemmte ich mich sofort zur Seite und rang nach Luft. Ich keuchte. Ich hustete. Mein Herz schlug so sehr, dass es beinahe stehen blieb. Meine Hände zitterten so sehr. Mein Blick war wie benommen. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Meine Gedanken waren so konfus. Hatte ich doch überlebt? „Anders nützlich?“, hörte ich seine Stimme fragen. Dann stand er wieder auf. Von mir kam jedoch noch keine Antwort. Ich hustete nur und atmete schwer. Ich hielt meinen Hals fest und drehte mich zu ihm. Noch immer konnte ich es nicht glauben. Ich konnte nicht fassen was passierte! Grob packte er mich nun am Arm und zog mich hoch. Ich war noch immer so schlaff und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Schwach gebeugte ich mich vor und stützte mich an meinen Beinen. Schwer atmend sah ich zu ihm auf. Er schaute mich mit stechend hellen Augen an. Seine Nähe verbreitete Angst in mir. Die schwarze Schattengestalt. Direkt vor mir. Doch kaum zu erkennen. „Gib mir einen Grund dich nicht zu töten.“, sprach er zornig. „I…. I… ich… kann dir vielleicht helfen!“, stotterte ich gedankenlos. Noch nie hatte ich eine solche Angst in meinem Leben. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Es platzte einfach aus meinem Mund. Mein Wille zu überleben war größer als alles andere in diesem Moment. „I… Ich helfe dir! Und du lässt mich am leben!“, jauchzte ich voller Angst und hustete wieder. Ich spürte schon gar nicht mehr wie die Tränen weiter an meinen Wangen herunter kullerten. Langsam wandte er sich von mir ab und sah weg. „Ein Packt?“, fragte er nachdenklich und spielte an der Spitze des Dolches. „Ja! Ja! Ein Packt!“, antwortete ich schnell und nickte ihm immer wieder zu, in der Hoffnung, gnädig mit mir zu sein. „Hm…“, er drehte sich weg und lief in den Raum hinein. In diesem Moment versuchte ich mich zu fangen und einen klaren Gedanken zu bekommen. Ich raffte mich wieder etwas auf und auch meine Atmung beruhigte sich. Mit Angst saß ich da und beobachtete ihn zitternd. Schließlich drehte er sich mir wieder zu und streckte mir seine Hand entgegen. „Angenommen!“, sagte er und schaute mich wartend an. Der Schattenmann starrte mich wieder mit seinen tief blickenden Augen an und schwieg. Verdattert hob auch ich meine schwache Hand und schlug ein. Er war so kalt. Was hatte ich nur getan? Er hielt meine Hand fest. Plötzlich spürte ich etwas Warmes auf meiner Handfläche. Je länger er meine Hand hielt, desto mehr hatte ich das Gefühl, meine Kraft zu verlieren. Mein Körper wurde schwer und meine Arme schwach. Was war das? Sollte ich nun doch sterben? Benommen blickte ich noch einmal zu ihm auf. „Träume schön.“, sagte er zuletzt und strich mit seiner Hand vor mein Gesicht. Alles begann vor mir zu verschwimmen. Ich merkte nur noch, wie sich meine Augen verdrehten und ich die Kraft über meinen Körper verlor. Benommen fiel ich in einen tiefen, dunklen Schlaf. Schwach stand ich in einem endlosen schwarzen Raum. „Du widerst mich an!“, hörte ich jemanden schreien. Dann erschien ein alter Mann vor mir. „Du bist nicht besser als dein Vater!“ Er schrie und erhob seine Hand gegen mich. „Warum gibt es dich nur?!“ Ich fand mich im Körper meines jungen Ichs wieder. Dieser Mann kam mir bekannt vor. Er hasste mich. Das wusste ich. Doch ich stand hilflos dort und tat nichts. Als er ausholte um mich zu schlagen, schepperte plötzlich etwas zu Boden. Ich drehte mich um. Dann öffnete ich erschrocken die Augen. Es war nur ein Traum. Meine Augenlieder müde geöffnet, starrte ich in die Leere ohne mich zu bewegen. Mein Körper fühlte sich schwer und schlaff an. Einen Moment lang verarbeitete ich still den Albtraum der mich nur kurz beunruhigte. Erst langsam realisierte ich, dass ich schon länger auf etwas helles und funkelndes blickte. „Ein… Kamin?“, flüsterte ich mir selber zu. Feuer brannte in ihm und wärmte mich. Es war so schön warm und angenehm. Als ich mich langsam auf meine Hände stemmte, bemerkte ich die rote Couch, auf der ich lag. Mir gegenüber knisterte das Feuer in einem riesigen, prachtvollen Kamin. Verschlafen rieb ich mir die Augen. Unter mir lag ein wunderschöner großer Teppich. Die Couch war bequem und hier war es ruhig. Nichts war zu hören, als das zarte Knistern des Feuers. Ich brauchte etwas Zeit um mich zu sammeln. Wo war ich? Was war das letzte, an das ich mich erinnern konnte? Hatte ich nicht schreckliche Angst? Sollte ich nicht sterben? War ich tot? Nein. Perplex sah ich auf. „Hä?“ Ich schaute verwundert umher. Immer wieder bewegte ich meinen Kopf nach links und rechts. „Was war den nochmal passiert?“, fragte ich mich und legte meine Hand nachdenklich auf meinen Kopf. Wie ein Blitz erfasste es meinen Körper. Es fiel mir wieder ein. „Der Schattenmann!“, schrie ich laut und sprang panisch auf. Ich hatte seinen stechenden Blick vor Augen. Und seinen Versuch mich zu töten. Die Erinnerung an seine eisige Hand an meinem Hals, stärkte meine Furcht. Doch wo war er? Und wie war ich dort hingekommen? Irgendwer musste mich her gebracht haben! Mit schnellen Schritten rannte ich in den Raum hinein. „Hallo? Nami?!“, fragte ich laut und sah mich um. Im gesamten Raum standen Regale, die mit Büchern gefüllt wurden. Sie wurden nicht nur hineingestellt, sondern sie waren hineingequetscht und an jeder Ecke hingen die Bücher unordentlich heraus. Egal wohin ich sah, überall lagen Bücher. Tausende von Büchern auf Tischen, in den Regalen und einige Stapel auf dem Boden davor. Es sah aus wie eine uralte Bibliothek, in welcher niemand mehr jemals ein Buch lesen würde. Rechts neben der Kaminecke, war eine riesige Tür. Sie war mit goldenen Schnörkeln verziert und erschien pompös und antik. Der Raum bestand aus zwei Stockwerken. Eine kleine, steile Wendeltreppe führte hinauf zu noch mehr Regalen mit ebenso vielen Büchern. Doch warum Bücher? Warum war ich in einer Bibliothek? Neugierig schaute ich mich weiter um. „Hallo?! Hallooo?! … Was mache ich denn hier?“ Fassungslos drehte ich mich einige Male und blickte an die Decke. Nirgends waren Fenster angebracht, aber auch keine Lampen und trotzdem war alles sehr hell. Dann lief ich durch die Regalreihen. Kein Buchrücken war mit einem Titel bezeichnet. Einige schienen alt und zerfleddert. Einige Lederdeckel waren zermackt und andere waren beinahe unberührt. Erwartungsvoll nahm ich ein Buch heraus und schlug die erste Seite auf. Jede Seite war handgeschrieben. Doch dort standen keine sinnvollen Sätze. Zu lesen waren nur aneinandergereihte Namen. „Andy, Makoto, Hector…“ und auch die nächsten Seiten verschluckten einfach nur Namen. „Seltsam…“, ich schlug das Buch wieder zu und stellte es wieder weg. Dann wandte ich mich wieder in den Raum. Immer wieder richtete ich meinen Kopf in die Höhe. Denn so einen riesigen Raum hatte ich noch nie gesehen. An einer Wand, links neben der Kaminecke, erkannte ich noch eine einfache, unscheinbare Holztür. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich durch die prachtvolle Tür gehen sollte, die scheinbar der Ausgang war, oder ob meine Neugier mich zu der kleinen Tür führen sollte. Ich stand mitten in der Halle und drehte mich einige Male fragend herum. Ich blickte nach links, nach rechts, drehte mich um und blickte auf die obere Etage. Als mein Blick wieder herunter wanderte, erkannte ich einen großen, mit Gold umrandeten Spiegel zwischen den Regalen stehen. Doch er hing nicht an der Wand, stand aber auch nicht auf dem Boden. „Der schwebt ja!!!“ Entsetzt riss ich die Augen auf. „Wie funktioniert das?!“ Mein Herz wollte sich nicht beruhigen und trotzdem wollte ich diesen Spiegel berühren. Denn meine Neugier war stärker als meine Angst. Erst starrte ich nur mein Spiegelbild aus der Ferne an. Dann traute ich mich doch, langsam auf ihn zuzulaufen. Kaum näherte ich mich dem Spiegel, zischte es plötzlich aus ihm. Er funkelte plötzlich und kleine Blitze leuchteten auf. Sofort erschrak ich und zuckte zusammen. Hatte ich etwas mit dem Spiegel gemacht? Verängstigt rannte ich hinter das nächste Regal und versteckte mich. Doch neugierig schaute ich um die Ecke um mit angehaltenem Atem zu beobachten, was passierte. Der Spiegel schlug leichte Wellen, wie auf einer Wasseroberfläche. Die Spiegelung wurde immer milchiger und verschwommener. Dann sah ich ein Bein dort hinaus treten, danach folgte der Körper. Ich hielt die Hand erschrocken vor meinem Mund. Ein junger Mann lief aus dem Spiegel heraus. Durch den Kloß in meinem Hals konnte ich kein Wort sagen. Ich starrte nur auf diese Person, die den Raum betrat und duckte mich etwas auf den Boden, hoffend nicht entdeckt zu werden. Nachdem er komplett hindurch gelaufen war, blickte er direkt zu mir hinüber. Seine Kleidung war voller Blut, das auf den Boden tropfte. Er war wohl ebenso verwundert, mich dort hocken zu sehen, wie ich verwundert war, ihn dort hinaus spazieren zu sehen. Erschrocken hielt ich die Luft an. Hatte er mich etwa direkt erkannt? Meine Augen hätten nicht größer sein können! Meine Haare standen zu berge. Starr bewegte ich mich nicht. Am liebsten hätte ich meinen Kopf im Sand versteckt. Doch langsam näherte er sich mir. Der Mann wirkte wie ein normaler Mensch, war sehr groß und hatte einen düsteren Blick. Er trug knarrende Lederstiefel und eine braune Lederweste. In seiner rechten Hand hielt er einen blutigen Dolch, dessen Schneide auf den Boden gerichtet war. Mit jedem Schritt verteilte er eine längere Blutspur am Boden. Das Knarren der Stiefel kam immer näher. Schweigend lief er auf mich zu. Wer war er? Was wollte er? Ich konnte mich vor Aufregung nicht bewegen. Noch immer entlief kein Ton meinen Lippen. Was sollte ich nur tun? Ich war ängstlich doch fasziniert zugleich. Doch das Schweigen und seine seltsame, mysteriöse Art bedrückten mich. Seine Anwesenheit bereitete mir Angst. Warum lief er zu mir? Ich sollte mich lieber in Sicherheit bringen. Unauffällig verschwand ich nun hinter dem Regal und lehnte mich mit meinem Rücken an. Und dachte nach. Langsam huschte ich schließlich am Regal entlang und hielt meine Hand vor dem Mund um nicht laut zu atmen. Dann hörte ich wieder diese Schritte. Plötzlich erschreckte ich und blieb perplex stehen. Denn ich erinnerte mich an diese Schritte! Jeder Schritt, jedes knarren seiner Lederstiefel erzeugten in mir einen schnelleren Puls. Es waren die gleichen Schritte wie in der letzten Nacht! War er etwa der Schattenmann? Rasch schlich ich mich zum Regalende und setzte mich verängstigt hin. Meine Hände begannen zu zittern. Eingeschüchtert blickte ich hinter mich. Doch der Mann war mich nicht gefolgt. Ich schluckte aufgebracht. Dann richtete ich mich wieder nach vorn. Plötzlich sah ich ihn direkt vor mir hocken. Wild schreckte ich auf. „WAS?!“, schrie ich und sprang auf. Der Schock riss mich direkt nach hinten. Erst stolperte ich über einen Stapel Bücher, danach rannte ich einen Tisch um. „Nein! Geh weg!!!“, ich fuchtelte tollpatschig mit meinen Händen vor mir. Bis ich schließlich zu Boden plumpste. Es krachte laut. Dann fand ich mich auf dem harten Steinboden wieder. Erst robbte ich mich etwas nach hinten, dann hob ich meinen Arm schützend vor mein Gesicht und kniff die Augen zusammen. „Nein! Bitte! …“, zitterte meine Stimme. Er starrte mich währenddessen mit hochgezogener Augenbraue an. Während ich voller Angst auf dem Boden lag, wurde sein leises, vergnügtes Lächeln immer breiter. Es passierte nichts. Er sagte nichts. Ein paar Mal blinzelte ich mit den Augen. „.. W… Was..?“ Dann sah ich duckend zu ihm auf. Unsere Blicke trafen sich eine Weile. Er sah mir tief in die Augen. Obwohl sein Gesicht etwas mit Blut befleckt war, lächelte er mich lieb an. Ich blickte ihn erstarrt an und traute mich nicht zu reden. „Erholsam geschlafen?“, unterbrach er nun die Stille. Seine Stimme wirkte ruhig und zutraulich. Er grinste und ließ sein Messer mit einem Schnipsen in grauen Nebel verpuffen. Gleichzeitig verschwand auch all das Blut was er an sich hatte. „Tu mir nichts!“, flehte ich, während ich mich zusammenkauerte. Dann kam er mir langsam näher. „Lass mich!“, sagte ich wieder und hielt die Hände vor mich. Vor lauter Angst kamen mir beinahe die Tränen. Der Junge kniete sich interessiert neben mich. „Es ist für mich unmöglich dir etwas anzutun. Wir haben einen Pakt geschlossen.“, versuchte er mich zu beruhigen. Es dauerte eine kurze Zeit, bis ich meine Hände von meinem Gesicht nahm. „W… was für einen Pakt?“, fragte ich zögerlich. Er zuckte mit den Schultern. „Tja, du hast mich gerufen! Und mich herausgefordert! Und dann hast du mit mir einen Pakt geschlossen!“, antwortete er selbstverständlich.  „Das weißt du doch noch?“ Ich rieb mir die Augen und richtete mich zum Boden. „Hmh..“, nickte ich schwach ohne begreifen zu wollen was geschehen war. „Na du wirst mir ja eine tolle Hilfe sein!“ Er lehnte sich etwas zurück und kratzte sich den Kopf. Meine Angst hielt mich zaghaft zurück, doch neugierig fragte ich ihn. „Bist du…-“ „Der Schattenmann?“, unterbrach er mich. „Ja, der bin ich.“, sagte er ernst und stellte sich selbstsicher vor mich. Erstaunt sah ich zu ihm auf. Das sollte der Schattenmann sein? Der Mann aus der Nacht? Langsam verstand ich, dass es die Realität sein musste. –Was ist nur passiert?- Ich atmete schwer. Dann sah ich herab. Eine kleine Träne kullerte an meiner Wange entlang als ich darüber nachdachte was ich getan hatte. Ich winkelte meine Knie an und umklammerte meine Beine. Ich war nicht zuhause. Ich war nicht bei Nami. Ich war irgendwo. Ich war bei einem Fremden. Ich war alleine. Nachdem ich meinen Kopf auf meine Beine legte, begann ich nun leise zu wimmern. Ich wollte es nicht fassen. Aber ich musste mich mit meiner Lage abfinden. „Und… das ist kein Traum?“, flüsterte ich traurig. „Natürlich nicht. Wie ist dein Name?“, antwortete er grummellig und stellte sich mit seinen Händen in den Hosentaschen vor mich. Verwirrt sah ich ihm in seine hellen Augen. „Ehm.. eh.. Yuki...", antwortete ich zögerlich. „Setz dich lieber noch ein wenig an den Kamin und beruhige dich, Yuki.“, meinte er und drehte mir wieder den Rücken zu. „Ich habe keine Lust hier meine Zeit mit einem weinenden Mädchen zu vergeuden.“, motzte er und lief von mir weg. Sprachlos sah ich ihm nach. Dieser Junge ignorierte mich und setzte sich an den Tisch an der Couch. Anscheinend beachtete er mich nicht mehr. Ich bekam seine geballte Ignoranz zu spüren und fühlte mich vollkommen verloren. Eine Weile saß ich noch dort am Boden. Er lief manchmal durch die Bibliothek ohne mich anzusehen. Es lief sogar an mir vorbei, ohne mich anzusprechen. Mir war nicht bewusst wie lange ich noch auf dem Boden saß. Ich schaute eine Weile auf meine Hände. Dann streifte ich mir durch die Haare. Zwischendurch blickte ich auch an den Regalen entlang. Meine Gedanken schweiften umher. Doch langsam wurde mir klar, dass ich nicht weiter grübeln, sondern etwas tun sollte! Noch immer schweigsam, schaute ich hinter mich. Dieser Junge saß auf der Couch und schrieb etwas mit einer Feder. Ich beobachtete ihn eine Zeit lang. Er war sehr blass, seine Haut war fast weiß. Seine etwas zotteligen Haare waren pechschwarz. Einige Strähnchen fielen ihm ins Gesicht. Dabei trug er eine braune Weste und ein weißes Shirt, eine schwarze Hose und alles war mit Schnallen und Lederriemen geschmückt. Seine Hosenbeine verschwanden in seinen dunkelbraunen Lederstiefeln. Er war groß und muskulös. Aber zusammenfassend wirkte er nicht wie ein Dämon sondern wie ein einfacher Mensch. Ob er merkte, dass ich ihn ansah? Je länger ich ihn betrachtete desto weniger Angst hatte ich. Ständig lief er durch den Raum, nahm ein Buch, las etwas, stellte es zurück, setzte sich an den Tisch bei der Couch, schrieb etwas und stand wieder auf. Das ging eine ganze Weile so. Nach langer Beobachtung merkte ich, wie mein Rücken langsam schmerzte. Der Boden war zwar nicht kalt, jedoch irgendwann sehr ungemütlich. Also stand ich auf. Ich richtete meine Kleidung etwas, und näherte mich zögerlich der Kaminecke. Er saß mit dem Rücken zu mir und beachtete mich nicht. „D… du..?“, stotterte ich und legte meine Hände schüchtern hinter meinen Rücken. Er drehte sich nicht zu mir aber antwortete mit einem tiefen: „Hm?“ Ich wischte mit meinem Fuß nachdenklich über den Boden. „Ehm… also… ich… was passiert denn nun?“, fragte ich endlich. Nach dieser Frage legte er die Feder weg. Dann machte er mit seiner Hand eine leichte Bewegung und das Buch, das vor ihm offen lag, schloss sich auf magische Weise von allein. „Hast du dich beruhigt?“, fragte er als erstes. Jetzt blickte ich ihn erwartungsvoll an und nickte. Er wirkte zwar mürrisch aber nicht mehr so angsteinflößend. „Na dann. Ich erkläre es dir.“ Seine Stimme klang beruhigend. Doch ich hatte  Angst vor dem, was er als nächstes sagen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)