Reise in die Zukunft von Vei-Chan (Kakashi in der Neuzeit) ================================================================================ Kapitel 5: Schattenspiele ------------------------- Schließlich würgte Gina ihre Pizza hinunter und mit jedem Stück normalisierte sich ihr Puls wieder ein wenig. Er tat gar nichts und doch brachte Kakashi sie so in Aufruhr, dass es kaum auszuhalten war. »Was ist?«, fragte er zu allem Überfluss noch, er musste ihre Nervosität bemerkt haben. »Nichts«, antwortete sie auch halbwegs überzeugend, »Ich freue mich auf den Gruselfilm. Ihr habt doch auch Kinos, oder?« »Schon, ja. Aber die sind eher die Ausnahme und man findet selten Zeit, dort einen Film zu sehen.« »Ja, das kann ich verstehen. Na ja, der Horrorfilm ist jedenfalls mit fünf Sternen bewertet worden, er muss also gut sein. Diese Zeitung hat sich noch nie geirrt.« »Na, wenn du meinst...« Tatsächlich war der Horrorfilm gut - um ehrlich zu sein etwas zu gut für Ginas Verhältnisse. Am Anfang war da nur ein Beziehungsstreit in einer kleinen Hütte in Amerika - Gina ahnte schon, dass der Kerl seine Freundin lieber nicht alleine lassen sollte - und wie es in solchen Filmen eben war, ließ die erste Schrecksequenz nicht lange auf sich warten. Das Mädchen hatte selten einen so überzeugenden Film gesehen, der auch noch nach einer wahren Begebenheit gedreht worden sein sollte - ob sowas stimmte, war natürlich immer zweierlei, aber wenn Gina sich vorstellte, dass plötzlich aus dem Nichts drei Personen mit Masken auftauchen und sie zu töten versuchen würden, wurde ihr ganz flau im Magen. Selbst die charakteristische, einsame Gegend fehlte - es passierte mitten in einer Stadt. Selbst Kakashi wirkte gegen Mitte des Films recht gebannt von dem Horror und spähte aufmerksam in die Flimmerkiste. Gina wurde jede Minute banger, was sie tapfer zu verstecken schaffte. Nur ein Mal fiel sie vor Schreck fast vom Sofa, als dieser maskierte Typ auf einmal mitten im Zimmer stand - und das auch nur, weil sie halb auf Kakashis entblößtes, chipsessendes Gesicht gestarrt hatte. Das einzig Bittere war das bedauernswerte, wenn auch realistische Ende. Gina zischte in der letzten Szene scharf und blinzelte dann etwas verwirrt aufs Bild. »Wie jetzt? Das ist wirklich das Ende?« »Es ist realistisch«, sagte Kakashi nur. »Ja, schon«, sie nickte, »aber ich hatte irgendwie ein besseres Ende erwartet.« »Ich fand' es im Grunde passend. Deine Zeitschrift hat sich wirklich nicht geirrt.« Gina nahm die leere Chipsschüssel und spülte sie kurz aus, verfrachtete sie wieder in den Küchenschrank zurück. Kakashi trug seine Maske natürlich wieder. »Ich denke, ich gehe jetzt schlafen«, gab er zu bedenken, »Ist ja schon relativ spät.« »Jetzt?«, fragte Gina entgeistert und schlug sich dann die Hand vor den Mund. Natürlich hatte er keine Panik nach einem Horrorfilm... »Wieso nicht?«, entgegnete er belustigt, »Hast du Angst jetzt zu schlafen?« Gina lief von unten nach oben knallrot an. »Ach, weißt du... ich meine, ich sehe lieber vorher noch etwas Freundliches. Weil... Weil...-« Während Gina versuchte sich zu erklären, standen sie plötzlich im Dunkeln. Einige Male blinzelte das rothaarige Mädchen verwirrt, dann dämmerte es. »Oh nein«, stöhnte sie, »Stromausfall... Das hat mir gerade noch gefehlt.« »Wie lange wird das dauern?« »Kommt drauf an. Aber eine halbe Stunde bestimmt. Komisch, dabei ist doch gar kein Unwetter...« Ohne das Gina es sich selbst eingestand, wurde ihr mehr als mulmig. Im Film hatte der Strom zwar funktioniert, aber trotzdem... Es war schon ein merkwürdiger Zufall. Sie schluckte schwer und blickte sich in der Dunkelheit um, tastete sich dann voran. »Ich hole mal Kerzen...« Obwohl sie die Wohnung so gut kannte war es schwer, sich ohne Augen fortzubewegen. Gina stieß nahezu überall gegen, bis sie endlich den kleinen Schrank im Flur fand und ein Paket Streichhölzer herausfingerte. Eines brennend gezückt kam sie zurück ins Wohnzimmer, wo Kakashi mehr oder weniger regungslos auf dem Sofa verharrte - ohne Stirnband stand sein Haar etwas wild ab und das gefiel ihr wirklich - und während sie die Kerzen in der Schrankwand suchte, errötete sie. Jetzt saß sie mit einem mehr oder weniger fremden Mann in einer stockdunklen Wohnung. Wer hätte hier wohl nichts Falsches gedacht? Kurz räusperte sich Gina und dann fand sie endlich die Kerzen, die nach Zimt rochen - die waren noch von Weihnachten - aber damit konnte sie jetzt auch leben. Gina stellte sie im Ständer auf den Couchtisch und setzte sich dazu. »Na ja, schon besser wenigstens.« »Jetzt fehlen nur noch die drei Mörder, dann ist die Atmossphäre perfekt«, foppte Kakashi sie ein wenig und obwohl er so freundlich dabei lächelte, um zu zeigen, dass er sie nur etwas ärgern wollte wurde Gina stocksteif. »S-Sag es doch nicht auch noch...« »Keine Sorge. Diese Stadt ist wesentlich größer, wir befinden uns im zehnten Stock und ich bin ja auch noch da«, beruhigte der ehemalige Jo-Nin sie ein wenig reuevoll. Gina errötete so tief, dass sie wohl leuchten musste. Ich bin ja auch noch da..., wie das klang! Es war ihr so peinlich, dass sie aufstand. »Ich gehe jetzt jedenfalls ins Bett...«, verkündete Gina, »Morgen früh ist der Strom garantiert wieder da.« »Wahrscheinlich hast du Recht. Es bringt nichts, hier zu warten«, Kakashi lächelte kurz, »Gute Nacht.« »Schlaf gut«, murmelte Gina, gab ihm die Kerze, nahm selbst eine und verzog sich in ihr Elternschlafzimmer, wo sie das Leuchtmittel in einiger Entfernung auf den Nachtisch stellte. Sie hörte Kakashis etwas ungleichmäßige Schritte auf dem Flur und in ihrem Zimmer knallte es daraufhin - er war wohl irgendwo gegengelaufen und Gina konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er war eben hier doch nur ein Mensch. Sie seufzte kurz, zog sich um und pustete die Flamme aus, nachdem sie ins Bett gekrochen war. Auf der Stelle huschten ihre Augen umher und hielten immer für einige Zeit an gewissen Schatten inne. Natürlich kannte Gina ihre Wohnung in- und auswendig und doch vermochte so ein Horrorfilm einem doch alles unheimlich erscheinen zu lassen. Gina sah normalerweise diese Filme nicht aus eben diesen Gründen, obwohl sie sie eigentlich mochte. Aber gut, sie rief sich ins Gedächtnis, dass Kakashi ja auch noch da war - wie er peinlicherweise ja selbst angemerkt hatte. Gina wurde wieder einmal rot und wühlte einige Zeit in der Erinnerung an sein Gesicht, welches sie sogleich auf ein anderes Thema brachte. Genau zog sie gedanklich die Linien und Konturen nach und stellte sie ihn sich in jeder Situation ohne Maske vor, was ihre Angst verfliegen ließ. Ohne es zu wollen musste Gina mehr als je zuvor zugeben, dass er hübsch war. Nicht so metrosexuell-hübsch, sondern wirklich männlich schön. Mit heißen Ohren zwang sie sich zum Schlafen und tatsächlich funktionierte es irgendwann auch. Sie fand sich im Traum in ihrer Wohnung wieder. Gina blinzelte einige Male und verstand nicht, dass sie nur träumte - es war sehr real und sie konnte sogar den Teppich unter ihren nackten Füßen fühlen. Sie selbst und doch irgendwie gesteuert durchquerte sie auf Schienen ihre Wohnung. Erst die Küche, dann den Flur, das Bad, ihr Elternschlafzimmer und schließlich ihr eigenes. Was Gina im Traum suchte wusste sie nicht, sie folgte nur dem Traumgeschehen, welches sie als Astralkörper durch die Zimmer wandern ließ. An den Wänden hingen Bilder, die in Wirklichkeit nicht dort waren und aus dem Kühlschrank hörte sie ein hohes Gelächter. Eigentlich hätte sie es in Angst versetzen müssen, aber im Traum ignorierte sie die Stimme schlicht und suchte weiter ihren Weg. Gina trat in ihr Kinderzimmer, ohne die Tür zu öffnen - sie schwand einfach wie ein Geist durch das Holz. Kakashi saß aufgerichtet auf seinem Bett und sie sprach mit ihm, konnte aber selbst nicht erfassen was genau. Nur einzelne Wörter schwappten zu ihr durch, die dann auch nicht wirklich Sinn zusammen ergaben. Er stand irgendwann auf - er trug seine normale Ninjakleidung samt Stirnband und Weste - und nickte ihr zu. Ein Augenzwinkern später war er verschwunden und Gina schlug die Augen auf. Für den Moment desorientiert starrte sie an die dunkle Decke. Die Kerze war vom Tisch gefallen, das dumpfe Geräusch hatte sie geweckt - gottseidank brannte sie die Flamme nicht mehr, sonst hätte sie bei Ginas Glück noch die Wohnung abgefackelt. Erst nachdem sie das harte Wachs aufgehoben und abgelegt hatte erinnerte sich das Mädchen an den eigenartigen Traum von eben. Schnell übermannte sie Wehmut und Trauer - garantiert hatte Kakashi sich gerade geistig von ihr verabschiedet. Heute Nacht war es also soweit gewesen - er war nach Konoha zurückgekehrt. Vorsichtig, um keinen Lärm zu veranstalten stand Gina auf, nahm die inzwischen wieder angezündete Kerze und öffnete ihre Tür. Sie musste sich selbst davon überzeugen, dass er wirklich weg war - vielleicht war es doch nur ein Traum gewesen? Aber schnell kam sie dazu, dass er wohl doch zu real gewesen war, um eben einfach nur ein Traum zu sein... Langsam schrat Gina über den Flur und suchte auf leisen aber flinken Sohlen die Tür. Sie stand offen, Gina wusste nicht, ob Kakashi sie geschlossen hatte oder nicht - aber wie erwartet war das Bett leer. Die Decke war nicht zurückgeschlagen, so als hätte sie jemand hochgezogen oder... wäre im Liegen daraus verschwunden. Gina seufzte deprimiert. Natürlich freute sie sich für ihn und sie hatte ihm hier hoffentlich eine angenehme Zeit ermöglicht, aber wieder einmal war sie es, die zurückstecken musste. Egal was sie tat, Gina blieb immer allein zurück und musste die anderen ziehen lassen. Zu allem Überfluss würde Kakashi im Manga bald sterben, dann hatte sie noch nicht einmal mehr ihn. Wütend ballte sie die Faust und lehnte sich frustriert an den Türrahmen. Das war einfach nicht fair. Wieso war nicht sie mal zur Abwechslung die, die verschwand? Wohin auch immer, Hauptsache raus aus der ewigen Einsamkeit. Mit traurigem Blick sah sie auf sein leeres Bett, erinnerte sich daran, wie er gewesen war, wie er geredet und gerochen hatte und musste dabei Tränen mit deutlicher Stärke unterdrücken. Selbst die Angst vor der Dunkelheit um sie herum war jetzt völlig vergessen. Der Kerzenschein warf tanzende Schatten durch den Raum, die Gina gedankenversunken mit den Augen verfolgte. Was sollte sie jetzt machen? Im gleichen Augenblick fühlte sie deutlich eine Präsenz im Rücken. Atem und die Wärme einer Person strahlten ihr ganz offensichtlich entgegen - irgendjemand stand genau hinter ihr. Stocksteif vor Schreck, nicht atmend und nicht blinzelnd fixierte Gina die Kerze vor sich und ihr Geist spielte tausend Möglichkeiten durch, wer ohne ein Geräusch hier eingebrochen haben konnte. Die drei Mörder aus dem Horrorfilm kamen ihr wieder in den Sinn und Paniktränen sammelten sich in ihren Augen, während sie, die Kerze fest umklammert, versuchte ihre Schreckstarre zu überwinden und sich umzudrehen. »Ist was?«, fragte man sie dann und als Gina erkannte, dass es Kakashis Stimme war, entspannte sich so ruckartig, dass sie fast wie ein nasser Sack umgefallen wäre. Er war noch da! Er war nicht verschwunden?! War es doch nur ein Traum gewesen? Noch immer zitternd drehte sie sich um, ihr Atmen ging stoßweise. »Tu-das-nie-wieder...«, stammelte sie ihm entgegen, »Du hast mich zu Tode erschreckt...« »Entschuldige«, meinte er, »Ich war nur im Bad. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du plötzlich hier im Zimmer stehst...« Gina wurde knallrot. Wie musste das aussehen, dass sie hier war? Was dachte er jetzt von ihr? Am liebsten hätte sie vor Scham die Kerze gefressen. »I-ich...«, versuchte sie sich zu rechtfertigen, »E-Es... Es war komisch... Es war so... real. Ich wollte nur sehen, ob du noch da bist... o-oder ob du schon... ob du schon verschwunden bist. In meinem Traum hast du dich von mir verabschiedet, deshalb dachte ich...« Hilfesuchend sah sie ihn an. Das Kerzenlicht flimmerte in seinen schwarzen Augen. »Ich verstehe...«, ging er darauf ein, »Nun, dann habe ich dich wohl wirklich erschreckt. Tut mir leid.« »N-Nicht schlimm...«, seufzte Gina, die diese Situation furchtbar fand, »Dann gehe ich jetzt einfach wieder ins Bett...« Wenige Minuten später hatte sie sich wieder unter der Decke verkrochen. Was war das bloß für ein Auftritt gewesen? Er musste sie für völlig bescheuert halten. Garantiert dachte er jetzt, sie hätte Angst im Dunkeln gehabt und sich nur herausreden wollen. Gina hasste solche Sachen, wenn sie ihr passierten. [Anmerkung: Der Horrorfilm im Kapitel ist "Strangers" - kann ich nur empfehlen ^^] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)