Lichtspiel von PhiSigma (Armins Fallnotizen) ================================================================================ Kapitel 1: Nur für den Fall --------------------------- „Ray fängt Yurenka“, lautete die Schlagzeile. Armin versuchte das Dröhnen der Flugzeugturbinen und das Geplauder der Kinder auszublenden, doch seine Konzentration wurde immer wieder unterbrochen. Er las den Zeitungsartikel mehrmals, um sicherzugehen, dass ihm kein Hinweis entging. Der selbsternannte „Legendenjäger Ray“ hatte ein Foto an die Zeitung geschickt, das ihn mit dem legendären Pokémon Yurenka zeigte. Das veröffentlichte Foto deutete darauf hin, dass Rays Motiv, oder zumindest ein Teil davon, eine Botschaft an die Öffentlichkeit war, sei es „seht, ich bin toll“, irgendeine Ansicht wie „legendäre Pokémon sind auch nur Pokémon“ oder Erpressung – wobei in diesem Fall eine Forderung folgen müsste. Ray war offenbar Serientäter – anscheinend hatte er solche Fotos schon mit zwei anderen legendären Pokémon namens Serion und Futoran geschossen. Eine Formulierung im Artikel ließ Armin stutzen: „alle drei legendären Pokémon der Region“. Es wäre etwas ungewöhnlich, würde die Triko-Region nur drei legendäre Pokémon haben, doch wenn das stimmte, waren wohl keine weiteren gleichen Taten von Ray zu erwarten. „Guck mal! Guck mal!“, brüllte ein Kind. Armin drehte sich um und sah, wie ein Junge mit einem dieser komischen Stickeralben vor der Nase seiner Mutter herumwedelte. „Guck, Mama, das ist Taiki!“ Er war etwa zehn Jahre alt, etwas jünger als Lisa; Armin war froh, dass seine jüngste Schwester kein Fan von Pokémonkämpfen war. Genervt wandte sich Armin ab und dem Fall zu. Besonders interessant war das verschickte Foto, das in der Zeitung abgedruckt war. Es zeigte Ray in weißer Uniform wie aus einem Science-Fiction-Film mit passendem Helm, der sein Gesicht verbarg. Offenbar wollte Ray nicht erkannt werden, was ihm gelang – unter dem Kostüm konnte Armin gerade abschätzen, dass Ray wohl eine schlankere Figur hatte als er selbst. Denkbar war aber auch eine Verbindung zu einer kriminellen Organisation – der seltsame Aufzug erinnerte ihn an die Uniformen von Team Crypto. Im Hintergrund war nur eine weiße Wand zu sehen, was ein weiterer Hinweis darauf war, dass Ray seine Identität geheim halten wollte. Seltsam, wo er doch ein Foto von sich an die Presse geschickt hatte. Ging es nur darum, dass viele etwas dagegen hätten, dass legendäre Pokémon gefangen wurden - Armin dachte an seine Schwester – oder ging es hier um kriminelle Aktivitäten? Letzteres hielt Armin für wahrscheinlicher. Es passte besser zum Gesamtbild. Das Pokémon neben ihm — „Was liest du da eigentlich?“, riss ihn Esthers Stimme aus seinen Gedanken. Seine Schwester hatte den Kopfhörer abgenommen und starrte ausnahmsweise nicht auf ihren Computer, sondern auf die Zeitung in seinen Händen. „Das ist mein neuer Fall!“, antwortete er. „Triko-Journal…? Du bist doch nicht etwa nur mitgekommen, um irgendeinem Fall nachzugehen?“, fragte Esther und schüttelte ablehnend den Kopf. „Ist doch eine sinnvolle Beschäftigung, oder?“ „Das ist die Pokémon-Weltmeisterschaft! Das größte Sportereignis der Welt und du kommst hierher, um einen Fall zu lösen!? Pff. Banause.“ Ihre Entrüstung war schnell verschwunden. „Zeig mal her. Worum geht’s?“ Armin hielt seiner Schwester die Zeitung hin, aber nicht, ohne das Bild weiter zu betrachten. Dass Ray das Pokémon tatsächlich gefangen hatte, war beinahe sicher – ein rotes Leuchten umgab es und führte zu einem Pokéball in Rays Hand. Armin fragte sich, wie Ray es geschafft hatte, ein Foto genau in diesem Moment zu schießen, dass man das rote Licht sah und doch die Züge des Pokémon noch erkennen konnte. Sehr gutes Timing mit einem Selbstauslöser oder ein Komplize. Der Pokéball in seiner Hand war kein gewöhnlicher Pokéball sondern ganz weiß, Armin meinte jedoch, eine gelbe Stelle zu entdecken. Diese Art von Pokéball kannte er nicht. Er griff in seine Manteltasche und holte den Notizblock heraus. „MRKT, Sortiment, w. Ball?“, schrieb er. Die Funktion des Balls und woher man ihn bekam könnte etwas über Ray verraten. „Legendäre Pokémon fangen? Wer macht denn so was!?“, sagte Esther entsetzt.. „Um das herauszufinden bin ich hier.“ „Sag mal, wie bist du darauf gekommen? Bekommst du neuerdings Aufträge aus Triko?“ „Auftrag kann man es nicht nennen. Ich habe diesen Artikel in meinem Briefkasten gefunden und dachte, ’Das sieht aus wie ein Fall, und ein Fall will gelöst werden!’“ Wenn auch kein offizieller Auftrag, dieser Fall war eine willkommene Abwechslung zu den üblichen eifersüchtigen Eheleuten und Erbschaftsfragen, mit denen er in seiner Detektei zu tun hatte. Ein guter Grund, doch noch im Sommerurlaub seine Familie in die Triko-Region zu begleiten. „Gefunden…? Anonym, oder wie?“ Esther verzog skeptisch die Augenbrauen. „Das ist wirklich seltsam, da gebe ich dir Recht. Aber nicht so seltsam wie die Tatsache, dass jemand legendäre Pokémon fängt.“ „Das ist nicht seltsam, das ist verrückt! Legendäre Pokémon gehören nicht in einen Pokéball.“ „Warum, weil sie dafür sorgen, dass die Welt nicht untergeht, oder so? Komisch, dass es die Welt noch gibt, wo sie doch gefangen wurden.“ Armin hielt nichts davon, die legendären Pokémon so auf einen Thron zu stellen. Sie waren doch auch nur Pokémon. „Schlecht wird es natürlich, wenn dieser Ray die Pokémon für kriminelle Zwecke verwenden will, was ich bei dieser … Präsentation nicht für ausgeschlossen halte.“ „Wie auch immer, dieser Typ gehört gestoppt. Ich schlage vor, wir versuchen, diesen Fall zu lösen.“ „Abgemacht“, stimmte Armin zu. Das war fast wie früher, als sie zusammen allen möglichen Rätseln in Seegrasulb City nachgegangen waren. „Hmm. Aber wie könnte man da anfangen? Zeugen fragen wird schwierig, wenn man nicht weiß, wie dieser Ray an die Pokémon gekommen ist. Und wo man ihn gesehen haben könnte“, überlegte sie. Das brachte Armin auf eine Idee. „Wir sollten uns zuerst über die legendären Pokémon informieren.“ „Stimmt. Aber wer könnte uns etwas über sie erzählen?“ „Ich nehme mal an, so ziemlich jeder in dieser Region. Sie sind nicht umsonst legendär“, merkte Armin an. Jemanden auf die legendären Pokémon anzusprechen, konnte einen guten Ausgangspunkt liefern. Der Pokémon-Professor, den er bald treffen würde, bot sich besonders an. „Prof. U. fragen: Leg. PKMN“, notierte er. Wenn er erst einmal wusste, wo sich die Tatorte befanden, würde er dort Zeugen befragen können und endlich auch einmal eine richtige Tatortuntersuchung durchführen können. Ein legendäres Pokémon zu fangen hatte ohne Zweifel Spuren hinterlassen. Das Schwierige dabei war herauszufinden, wo sich die Pokémon vor ihrem Fang versteckt hatten. In seiner Heimatregion hatte Armin als Kind einmal nach Kyogre gesucht und sich in die Urzeithöhle geschlichen, doch er hatte es nicht gefunden. Allerdings hatte der Legendenjäger die legendären Pokémon der Triko-Region offensichtlich auch irgendwie aufgespürt. Es musste möglich sein. Die Frage war, wie. Esther deutete auf das Bild in der Zeitung und sagte irgendetwas, aber es konnte den Streit der Kinder im Hintergrund nicht übertönen. „Also, dieses Pokémon auf dem Bild, Yurenka, sieht aus wie ein Geist- oder Unlicht-Pokémon“, verstand er schließlich, als sie es ihm direkt ins Ohr sagte. „Wirklich? Es ist dunkel-violett und grinst über wörtlich das ganze Gesicht mit Zähnen wie ein Tohaido, da dachte ich jetzt eher an den Fee-Typ.“ „Fee? Nein, nein, das muss ein süßes kleines Normal-Pokémon sein. Sieht doch fast aus wie ein Eneco!“ Esther lachte. Ähnlichkeiten mit einem Eneco hatte es tatsächlich, zwar weniger im Bezug auf den Charakter, doch in Kopf- und Körperform gab es Gemeinsamkeiten, wobei Yurenka sogar kleiner war. „Hey, ist das ein ‘e’ auf seiner Stirn?“, meinte Esther. Armin betrachtete das Bild genauer, und tatsächlich, auf der Stirn des Pokémon zeichnete sich ein hellerer Fleck ab, der in seiner Form dem Buchstaben ‘e’ ähnelte. Auch sein Schwanz rollte sich am Ende in dieser Form. „Stimmt. Sieht aus, als könnte das eine Bedeutung haben.“ „Schade, dass in diesem Artikel nicht mehr über Yurenka steht. Man hätte dir mal mehr schicken sollen als so einen winzigen Ausschnitt— Oh! Ich hab eine Idee. Hm, ob das funktioniert…?“ „Schieß los.“ „Also, ich dachte gerade, vielleicht könnten wir uns die ganze Zeitung besorgen. Und die anderen Zeitungen aus diesem Zeitraum. Die haben da doch bestimmt noch mehr darüber berichtet. Wie lang ist das schon her? Oh, zwei Monate? Hm …“ „Gute Idee.“ Armin machte sich eine Notiz. „Zeig mal her!“ – „Nein, das gehört mir!“ – „Bitte, wenigstens Kitty!“ Armin steckte den Zeitungsartikel und das Notizbuch weg und sah aus dem Fenster. Während des Flugs konnte er sich bei dieser Lautstärke nicht lang genug konzentrieren. Zwischen den Wolken sah er nur das Meer. Er lehnte seinen Kopf gegen die Scheibe, um möglichst weit in Flugrichtung blicken zu können, doch er konnte den Klammberg, den höchsten Berg der Triko-Region, nicht mehr sehen. Stattdessen befand sich nun die Sonne in seinem Blickfeld. Er sah nach Westen, also flogen sie nach Süden, in die Richtung des Bergs. Das passte zu dem Knick in der Flugroute, den sie laut Plan erst kurz vor der Ankunft machten. Es war nicht mehr weit. In etwa einer halben Stunde würde er den Professor treffen. Wie konnte er ihn am besten nach den legendären Pokémon fragen? Wenngleich er als Pokémon-Professor sich sicherlich auch damit auskannte, war es nicht sein Fachgebiet – ihn einfach so darauf anzusprechen würde auffallen. Er suchte gedanklich nach Sätzen, die funktionieren konnten. „Aua, meine Ohren!“ Diesmal war es wirklich seine Schwester Lisa, die ihn ablenkte. Wenn sie bereits den Druckunterschied spürte, kam die Landung noch früher als erwartet. Armin durchsuchte seine Manteltaschen nach einer Packung Kaugummi und gab sie dann Esther, die, als sie den Blick endlich von ihrem Handy abwenden konnte, den Kaugummi über ihren gemeinsamen Vater an Lisa weiterreichte. „Esther, mach dein Handy aus, wir landen“, ermahnte Armin seine Schwester. „Das ist ein PokéNav und er ist im Flugmodus. Ist auf diesem Flug erlaubt“, murmelte sie. „Was machst du da eigentlich?“ „Ich verschaffe mir einen Überblick.“ Esther hielt ihm das Handy hin. Auf dem Bildschirm war eine Karte zu sehen. Auf dem zweiten Blick identifizierte sie Armin als eine Karte ihres Urlaubsorts Triko. Ganz im Norden an der Küste entdeckte er ihr Ziel. Als er ihr das Gerät zurückgegeben hatte, bemerkte er, dass er diesen Ort nun auch durch das Fenster sehen konnte. Sie hatten die Wolkendecke bereits durchbrochen und er hatte freie Sicht auf das Meer und die Küstenlinie, die sich in der Ferne abzeichnete. Er konnte die beiden Meeresarme erkennen, östlich derer sich Titaneon City befand. Das Land kam näher, er konnte den gut besuchten Strand erkennen, Schiffe in einem riesigen Hafen und schließlich eine Landschaft aus Hochhäusern und Wolkenkratzern in den verschiedensten Formen. Dann sah er große Wiesen mit Straßen dazwischen, ein langes, flaches Gebäude, andere Flugzeuge. Er spürte einen Ruck unter sich, als das Flugzeug auf der Landebahn aufsetzte. Armin kämpfte sich durch das Gedränge im Gang, wobei er viel zu lang brauchte, um seinen Koffer zu finden und der gestolperten Lisa aufzuhelfen, wodurch er am Ende des an die Flugzeugtür angeschlossenen Fingers seinen Vater und Esther erst einmal suchen musste. Mit seinem Koffer hinter sich ging Armin durch das Tor, dass den Innenraum des Flughafens von dem öffentlichen Außenbereich trennte. Aus der Menge der wartenden Personen traten zwei auf sie zu. Professor Ulm erkannte er gleich an seinem extra langen Laborkittel, den er auch außerhalb der Arbeit trug, als wäre er angewachsen. Ansonsten hatte er sich verändert – seine Haare waren weiß geworden, länger und unordentlicher, und es deutete sich eine Glatze an. Nicht nur die Brille ließ sein Gesicht älter wirken. Die achtzehn Jahre mehr seit dem letzten Treffen waren ihm deutlich anzumerken. Was seine Tochter anging, hatten die Bilder im Fernsehen nicht gelogen. Sie trug das gleiche weiße Kleid, mit dem man sie schon oft gesehen hatte, und ihre sanften Gesichtszüge und die hüftlangen lockigen blonden Haare verliehen ihr die gleiche Ausstrahlung einer Prinzessin. Die Tonnen an Make-Up trugen wohl einen Teil dazu bei. „Na, gute Reise?“, fragte Professor Ulm mit einem breiten Grinsen. „Darf ich euch meine Tochter Angelina vorstellen, den aktuellen Champ der Triko-Region, Kandidatin bei der Pokémon Weltmeisterschaft?“ Das Mädchen neben ihm lächelte. „Die kennen wir doch wohl alle…“, brummte Armin, zu leise, dass jemand es neben den lauten Unterhaltungen in der Menge hören könnte. Das letzte Mal im echten Leben hatte er Angelina zwar als Baby gesehen, aber in den Medien konnte man der Weltmeisterschaft und ihren Kandidaten nicht entgehen. Und sonst überall. Eigentlich nirgendwo. Es interessierte ihn viel mehr, was aus ihrer älteren Schwester Emilia geworden war. Laut Armins Vater war sie nach Orre gegangen und Zauberin geworden, aber mehr hatte auch er nicht sagen können – Professor Ulms Wortschwälle hatten selten ein anderes Thema als seine Forschungsarbeit und Angelina. Nach der üblichen Begrüßungs- und Vorstellungsrunde, wobei nur Armin nicht höflicher war als nötig, musste Lisa Professor Ulms Bemerkungen wie „wie groß deine Kleine schon geworden ist“, die eher zu einem Großvater passen würden, über sich ergehen lassen, während Esther Angelina aufgeregt um ein Autogramm bat. Angelina unterschrieb auf Esthers Stickeralbum, was eine Gruppe kreischender Teenager auf sie aufmerksam machte, die das gleiche Anliegen hatten. „Großartige Idee, Regentanz im Bizarroraum zu spielen. Regen kennt man doch sonst eher in Kombination mit Geschwindigkeit, zum Beispiel mit der Fähigkeit Wassertempo…“ Armin hörte dem Schwärmen seiner Schwester nicht weiter zu. Ihn interessierte das Wissen des Professors wesentlich mehr als die „großartigen“ strategischen Fähigkeiten seiner Tochter. Leider war gerade genau das das Gesprächsthema, in das Armins Vater und der Professor verwickelt waren. Professor Ulm wollte seinen ehemaligen Forschungskollegen anscheinend davon überzeugen, dass Angelina in ihrem Kampf gegen Oliver leichtes Spiel haben würde. Während sie den Flughafen verließen, ging Armin etwas abseits der Fans neben seiner jüngeren Schwester Lisa her. Ihrem genervten Gesichtsausdruck nach zu urteilen war sie ebenso wenig begeistert wie er. „Die spinnen doch alle. Mit ihrer WM“, sagte sie. „Oh ja. Oh ja. Ich würde ja gerne mal Professor Ulm etwas fragen, aber WM hier, Angelina da.“ Er verstand nicht, wie es monatelang um nichts anderes gehen konnte als irgendwelche Pokémon-Kämpfe und die Champs der Regionen verehrt wurden wie legendäre Pokémon. „Professor? Professor!“, rief Lisa, bis Professor Ulm seinen Redeschwall unterbrach und sich zu ihnen umdrehte. „Armin möchte Sie was fragen.“ „Oh! Ja, was gibt es denn?“ „Beschäftigen Sie sich auch mit legendären Pokémon? Das Thema finde ich sehr interessant.“ „Oh mein Arceus, Armin, du bist Ray!? Das hätte ich dir nie zugetraut!“, warf Angelina scherzhaft ein. Professor Ulm ignorierte ihren Kommentar und erklärte: „Dieses Gebiet ist mit meinem Fachgebiet eng verknüpft, du kannst mir selbstverständlich Fragen stellen. Ansonsten kann ich dir die Arbeit ‚Die legendären Pokémon der Triko-Region’ von Kaylee Lovison nur empfehlen.“ „Also, die drei legendären Pokémon von Triko heißen Serion, Futoran und Yurenka, richtig?“ „Das kommt darauf an, ob du an die Existenz des vierten Pokémon glaubst.“ „Vier?“ Im Zeitungsartikel hatte man eindeutig gesagt, Ray hätte mit Yurenka das dritte und letzte Pokémon gefangen. „Kohrin, das Austausch-Pokémon, das das Licht verkörpert. Seine Existenz ist umstritten, da die letzte Sichtung über einhundert Jahre zurückliegt und man bisher keinen eindeutigen Nachweis finden konnte. Allerdings sind die Zeugenberichte durchaus glaubwürdig. Aus meiner Sicht gibt es keinen Zweifel, dass es bis vor einhundert Jahren noch existierte. Seitdem scheint es allerdings ohne jede Spur verschwunden zu sein.“ Wahrscheinlich war seine Existenz nur deshalb umstritten, weil es sich um ein Gerücht handelte. Dass jemand Begegnungen mit legendären Pokémon erfand und das als „glaubwürdigen Zeugenbericht“ verkaufte, war schon oft genug vorgekommen. Aber was, wenn es nicht so war? Wenn wirklich ein legendäres Pokémon verschwunden war? Das klang noch deutlich interessanter als die Vermisstenfälle, die er ab und zu lösen durfte. Dass es sich versteckte, war eine Option, aber für hundert Jahre ohne jeglichen Hinweis auf seine Existenz, während sicher viele danach suchten? Und warum würde es das tun, und wie? War ihm etwas zugestoßen, ein Verbrechen etwa? Selbst dann, warum hatte man nie Hinweise gefunden? Und wie sollte einem mächtigen legendären Pokémon so etwas passieren? Nein, das ergab keinen Sinn. Wahrscheinlich existierte es einfach nicht, das war die einfachste Lösung. Allerdings hatte jemand drei legendäre Pokémon gefangen, wenn auch nicht gerade geheim. Auch in seinem Fall war eines der Rätsel, wie man ein Pokémon von dieser Stärke fangen konnte. Ob vor hundert Jahren jemand Kohrin gefangen hatte und es versteckt hatte, ein irrer Sammler vielleicht? Es klang seltsam, unglaubwürdig, dass ein Pokémon einfach so verschwunden sein sollte, aber Armin hatte bereits Fälle aufgeklärt, die beinahe unmöglich erschienen waren. Es war nicht auszuschließen, dass Kohrin doch existierte. Und dann würde es sich der irre Sammler namens Ray sicher auch nicht entgehen lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)