Zum Inhalt der Seite

Der Untergang der Familie Crouch

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kleines Vorwort zur Fanfic:
Vielleicht ist dem einen oder anderen aufgefallen, dass ich verschiedene Fanfics zu den Lebensabschnitten von Barty Crouch Jr schreibe. Eigentlich sollte erst etwas über Bartys Todesserzeit kommen, aber da die Fanfic wesentlich aufwendiger ist als das hier, kommt erst eine, die die allseits bekannte Zeit seines Aufenthalts in Askaban behandelt.
Auf meiner Suche nach Barty FFs war zwar auffällig, dass die Askaban Zeit in vielen teils fantastischen Formen abgedeckt worden ist, aber irgendwie wollte ich mich auch einmal daran versuchen und habe beschlossen an das Ganze etwas anders heranzugehen. Andere Momente einzufangen und verschiedene Sichtweisen zu benutzen. So wird sich - wie man spätestens im zweiten Kapitel herausfinden sollte - nicht alles nur um Barty und sein schreckliches Jahr in Askaban drehen bzw. nicht immer dort vor Ort. Mit anderen Worten Mr und Mrs Crouch haben auch ihren Auftritt und ihre eigenen Problem, die es zu bewältigen gilt.

Stilistisch ist zu sagen, dass ich mich hier mal habe gehen lassen. Der trostlosen Stimmung wegen habe ich herumexperimentiert und mich nicht immer in langen malerischen Beschreibungen verloren. Ich hoffe, das sagt dem ein oder anderen trotzdem zu.
Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Verurteilt

„Nein! Bitte nicht. Ich hab denen nichts getan, ich war das nicht!“

Die panische Stimme hallte von den dreckigen Wänden wieder. Alle Bemühungen, sich aus dem eisernen Griff des Auroren zu winden, waren vergebens. Doch Bartemius Crouch Junior wollte nichts unversucht lassen.

„Bitte!“, stieß er hervor und stemmte sich mit der Kraft der Verzweiflung gegen die Seile, mit denen man ihn gefesselt hatte. „Nicht Askaban…“

„Ruhe!“, knurrte Moody und funkelte den Jungen hasserfüllt an. Sein ohnehin schon zerfurchtes Gesicht war zu einer entsetzlichen Fratze des Abscheus verzogen. „Dein Vater wird entscheiden, was mit dir passiert.“

Barty stieß ein hysterisches Lachen aus. „Mein Vater hasst mich!“

„Grund dazu hat er allemal“, spie ein anderer Auror.

Irgendjemand verpasste Barty einen groben Tritt. Er stolperte und schaffte es so gerade eben sich zu fangen.

Er wollte nicht, er wollte nicht. Er wollte nicht!

Seine Machtlosigkeit trieb ihn in eine ohnmächtige Verzweiflung. Jeder Schritt war eine Qual. Jeder Schritt brachte ihn tiefer ins Gefängnis. Er konnte nicht verstehen, wie die anderen ihrem Schicksal so ruhig entgegentraten. Sie hatten alles verloren. Alles!

Die kleine Gruppe hatte eine Zelle erreicht. Grob wurden die vier Todesser hineingestoßen. Barty bemerkte kaum, wie Bellatrix einem der Auroren verächtlich vor die Füße spuckte, bevor die Zellentür geschlossen wurde. Zu sehr war er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Er wusste, was mit ihm geschehen würde. Er hatte das Prozedere oft genug in den letzten Wochen erlebt. Wahrscheinlich würden sie nicht einmal einen Prozess bekommen.

Er war ein Nichts!

Ein Niemand.

Ein eisiger Schauer fuhr durch Bartys Glieder. Zitternd zog er die Beine an den Körper und schlang die Arme darum. Sein Blick verlor sich ins Leere.
 

„Er ist fort!“
 

Barty konnte und wollte nicht glauben, was er hörte. Fassungslos lauschte er den Stimmen, die vom Verschwinden des Dunklen Lords berichteten.
 

„Er ist fort!“ Seine Stimme war heiser, als er die Worte wiederholte. Er spürte Unglauben in sich aufwallen, Wut und Verzweiflung. Das durfte nicht wahr sein!

Er sah in die drei Gesichter vor ihm und er konnte erkennen, dass es ihnen genauso erging.
 

„VERARSCH MICH NICHT!“, schrie er wütend und stieß den kleinen Tisch um. Krachend zerbrach das Holz. Porzellan klirrte, als die edlen Teetassen auf dem steinernen Boden zerschellten. Aber das kümmerte ihn nicht. Was sollte es auch? Was sollte es ihn kümmern, wenn sein verdammtes Leben dabei war auseinander zu fallen? „WO IST ER?“
 

Die schwarzen wunderschönen Linien auf seiner bleichen Haut fingen an zu verblassen. Er tat, als würde er es nicht bemerken, doch irgendwann konnte er sich nichts mehr vormachen: Das Dunkle Mal schwand.
 

„Wir müssen ihn finden!“
 

Sie mussten ihn finden!
 

Nie hatte er sich mehr verachtet für das, was er tat. Er feierte den Sturz seines Dunklen Lords. Doch er hatte keine Wahl. Er musste. Sein breites Lächeln, seine Freudensbekundungen, sie alle öffneten ihm Türen. Niemand wollte von der Möglichkeit wissen, dass er noch leben könnte. Niemand … bis auf zwei Auroren.
 

Sie wurden wieder aus Askaban herausgebracht und trotzdem klebten diese Parasiten an ihnen. Sechs Dementoren. Sie beraubten Barty jeglichen klaren Gedankens. Er hörte so viele Stimmen in seinem Kopf, Erinnerungen waren da, Erinnerungen, die ihn immer mehr in der Gewissheit bestärkten, dass nichts, rein gar nichts mehr gut werden würde.
 

Er zitterte. Er hatte Angst. Seine Nerven lagen blank und sein Blick war starr auf die Tür gerichtet, die sie in den Gerichtssaal führen würde. Bellatrix neben ihm hatte Haltung angenommen. Sie wirkte beinahe erhaben, wie sie so auf ihr endgültiges Urteil zugehen würde.

Und irgendwo spürte Barty Hoffnung. Ein winziges Fünkchen, an das er sich klammerte, denn ihnen wurde ein Prozess gewährt. Wenn er sich anstrengte, vielleicht konnte er dann doch seinen Richter überzeugen. Seinen Vater …
 

Die Tür ging auf, Licht ergoss sich in den dunklen Raum, in dem die vier Angeklagten ausgeharrt hatten, dann wurden sie von sechs Dementoren in den Gerichtssaal gebracht.
 

„Ich bin unschuldig.“
 

„Bitte schicke mich nicht zurück zu den Dementoren.“
 

„Mutter, Mutter, lass ihn das nicht tun. Bitte!“
 

„Ich bin dein Sohn!“
 

„Du bist nicht mein Sohn. Ich habe keinen Sohn!“ *
 

Sein Kopf dröhnte. Noch immer schienen die Worte seines Vaters in ihm nachzuhallen. Sie verschwanden nicht. Sie steigerten sich zu einer unerträglichen Kakafonie. Er wollte es nicht hören. Er wollte gar nichts hören. Alles, was er wollte, war, dass die Welt endlich wieder in Ordnung werden würde. Doch das war sie nie gewesen.

Er war an der Reihe. Sein Blick war vernebelt. Er spürte, wie man ihm das hölzerne Schild in die Hand drückte. Ein Blitz flammte auf. Das Sträflingsfoto war geschossen. Ein Schubs. Er stolperte, sah auf. Alles verschwommen, kalt, einsam, leer.

Das Stechen an seinem Hals verlor sich in der tiefen Gleichgültigkeit, die ihn befallen hatte. Gleichgültigkeit, die Dementoren in ihn trieben. Der Schmerz war verklungen. Von nun an war er auf immer als Sträfling gezeichnet.

„Mitkommen.“

Die Worte klangen so fern.

„Mitkommen!“

Jemand stieß ihn. Schmerz explodierte in seiner Seite, Ketten klirrten, als man ihn unsanft zu dem Boot trieb, das geduldig auf ihn zu warten schien. Das Boot in die Hölle.

„Wähnt euch nur in Sicherheit“, rief Bellatrix. Ihre Stimme hatte an Stärke verloren, doch in ihren Augen loderte nach wie vor ein entschlossenes Feuer „Der Dunkle Lord wird zurückkehren und euch widerliche Blutsverräter vernichten.“

Würde er das?

Barty glaubte nicht daran. Er glaubte an nichts mehr. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte in den dunklen Himmel. Schwere Wolken hingen dort oben und kündeten von einem aufkommenden Sturm. Der Wind zog an seinen Haaren und fuhr ihm in die leichte Sträflingskleidung; brachte seine Glieder zum Zittern.

Er schloss die Augen und sog tief die frische Seeluft ein. Eine Träne rann sein blasses Gesicht hinab.
 

Eine dunkle große Tür ragte vor dem keinen Jungen auf. In seiner Hand hielt er ein Zeugnis, auf das er so stolz gewesen war. Doch der Mann, der sich hinter dieser Tür verschanzt hatte, interessierte sich nicht für derlei Belanglosigkeiten.

Der kleine Junge senkte den Kopf. Eine Träne fiel auf den kunstvollen Teppich.
 

Die Wellen warfen sich gegen das Boot. Der schwarze Klumpen, der so schwer in seinen Eingeweiden zu liegen schien, wirkte mit einem Mal erschreckend real. Barty wurde schlecht. Der Boden unter ihm schwankte und schaukelte. Als er aufsah, blickten ihm leere Gesichter entgegen. Sie alle standen unter dem Einfluss der drei Dementoren an Bord. Selbst Bellatrix hatte den Kampf verloren.

Barty merkte kaum, wie sich alles in ihm verkrampfte. Erst der galleartige Geschmack auf seiner Zunge zerrte Erkenntnis an den Rand seiner Wahrnehmung. Seine Augen blieben auf der Sauerei hängen, die seine Kleidung tränkte, und nahmen sie doch nicht wirklich wahr.
 

„Ich hasse ihn!“, schrie er.

Das ungerührte Gesicht seines Freundes blickte ihm entgegen. Die hellen Augen schienen ihn durchdringen zu wollen.

Er hasste das.

„Was ist?“, fuhr er ihn knapp an.

„Nichts.“
Er war wütend. Er war so wütend, weil alles, was er tat, falsch zu sein schien. Niemand schien eine seiner Entscheidungen anerkennen zu wollen.
 

Die schwere Zellentür fiel ins Schloss.

Barty war kalt. Er war nass und durchgefroren und stank. Der eisige Nebel in seinen Gedanken lichtete sich allmählich wieder. Mit einem Mal sah er den winzigen Raum, der für die restliche Zeit seines Lebens seine Unterkunft sein sollte, glasklar vor Augen. Den Dreck, den Schimmel, roch den beißenden Gestank, er hörte Schreie und spürte, wie wachsende Verzweiflung ihm den Atem nahm.

Er schrie.

Blind vor Panik stürzte er an die Tür und klammerte sich an die kühlen Eisenstäbe, die in das vermoderte Holz eingelassen waren.

„Bitte nicht! Ich war’s nicht. Holt mich hier raus. Holt mich hier raus. Bitte, holt mich hier raus!“

Plötzlich schüttelte es ihn. Jegliche Wärme verließ seinen Körper und mit ihm jegliche Erinnerung an die schönen Dinge. Die Welt verlor sich in gräulichem Matsch.

Die Stärke wich ihm aus den Fingern. Sie wurden schlaff und konnten ihn nicht mehr halten. Er fiel auf den steinernen Boden. Benommen starrte er hinauf zu der Tür, hinter deren Gitterstäbe große schorfige Finger auftauchten und sich an ihnen festhielten.

„Mutter“, wimmerte Barty.
 

„Ich bin nicht gut genug“, sagte der kleine Junge mit tränenerstickter Stimme. „Er ist böse auf mich, weil ich nicht gut genug war.“

„Das stimmt doch gar nicht.“

Tröstend strichen ihm die zierlichen Fingerspitzen seiner Mutter durchs Haar und brachten ihn noch mehr zum Weinen. Denn es stimmte: Tief in sich drin wusste er einfach, dass er eine Enttäuschung war, dass er es nie würde richtig machen können.
 

„Mutter, bitte, ich will hier raus.“

Ein ersticktes Schluchzen erklang, das in den Schreien seiner Umgebung unterging.

Verzweifelt

Erlösende Schwärze hatte ihre Sinne vernebelt und sie tief in die Weiten der Bewusstlosigkeit gezogen. Mrs Crouch sah nicht mehr, wie der neunzehnjährige Junge verurteilt wurde. Sie hörte nicht, wie seine verzweifelten Unschuldsbeteuerungen Resignation und schließlich der eisigen Gleichgültigkeit der Dementoren wichen. Ohnmächtig war sie auf ihrem Platz zusammengebrochen, unfähig das Elend noch länger anzusehen.

Irgendwann drang aufgeregtes Stimmengewirr an ihre Ohren. Erst dumpf, dann immer, immer lauter. Die Stimmen waren so laut, überspülten ihre Sinne, rissen sie gewaltsam in die Realität.

Sie hörte ihren Namen. Irgendjemand hatte eine Hand stützend gegen ihren Rücken gelegt.

Mrs Crouch blinzelte.

Das Schwarz wich Farben und Licht. Die verschwommenen Umrisse wurden scharf. Dann wurde ihr wieder bewusst, wo sie sich befand. Ruckartig fuhr sie hoch und starrte auf den leeren Platz.

„Barty!“, brach es aus ihr heraus, gefolgt von einem erstickten Schluchzen.

Zutiefst erschüttert presste sie sich die Hand mit dem tränenfeuchten Taschentuch vors Gesicht, als die unerwünschten Erinnerungen in ihr aufkamen. Ein weiteres Schluchzen schüttelte ihren Körper.

„Mein kleiner Junge“, weinte sie.

Jemand griff nach ihrem Arm und forderte sie sanft aber bestimmt dazu auf aufzustehen. Eine andere Hand strich ihr das blonde Haar aus dem Gesicht, das sich aus ihrer Frisur gelöst hatte.

„Beruhige dich, Liebling“, sagte ihr Mann.

Verständnislos sah sie in das Antlitz des Zauberers, den sie geglaubt hatte, so gut zu kennen. Beruhigen? Wie sollte sie sich beruhigen, wenn sie wusste, dass ihr kleiner Barty in diesem Augenblick nach Askaban gebracht wurde?

„Schschschhhh“, machte Crouch und legte seinen Arm um ihre Schulter, während er sie durch die Sitzreihen führte.

Um sie herum drängte sich eine neugierige Menge. Grelle Lichtblitze flammten auf, Stimmen verlangten sensationslüstern nach einem Kommentar und vermengten sich zu einem hektischen Durcheinander.

Wie benommen wandelte Mrs Crouch durch die Masse aus Reportern.

„Wussten Sie, dass Ihr Sohn ein Todesser ist?“

„Finden Sie die Strafe gerecht?“

„Was sagen Sie, Mrs Crouch?“

„Mr Crouch, wie konnte es passieren, dass Ihr Sohn…?“

„… einen Kommentar zu…“

„Bitte, Mr Crouch, erzählen Sie uns…“

Eine Tür schlug mit einem lauten Knall hinter ihnen zu. Das Stimmengewirr wurde gedämpft und verlor sich schließlich.

Zischend holte Mr Crouch Luft. Dann führte er seine Frau an einen Tisch.

„Setz dich“, sagte er und beobachtete, wie sie vorsichtig seiner Aufforderung Folge leistete. Stumme Tränen rannen ihre Wangen hinab. Seinen Blick mied sie.

„Kannst du hier ein paar Minuten auf mich warten?“, fragte er. „Ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Danach bin ich für dich da. Einverstanden?“

Mrs Crouch schwieg. Leise Schluchzer entwichen ihr, während vereinzelte Tränen auf ihre feine Robe tropften.

„Ich komme gleich wieder, warte hier auf mich“, sagte Mr Crouch von Neuem, wobei er bereits ein paar Schritte zurück zur Tür gesetzt hatte. Ein letztes Mal sah er zu seiner Frau, dann war er durch die Tür in die wissbegierige Meute hinein verschwunden.

Mrs Crouch brach in hemmungsloses Schluchzen aus.
 

Stunden vergingen, ehe sich ihr Mann wieder blicken ließ. Das ordentlich zur Seite gekämmte Haar hing ihm mittlerweile in die Stirn und das verbitterte Gesicht war von Wut und Erschöpfung gezeichnet.

Seine Frau hatte sich keinen Millimeter bewegt. Steif saß sie da und starrte mit leerem Blick auf die dunkel geflieste Wand. Die Tränen waren getrocknet, doch die Trauer hatte sich tief in ihre Züge genistet.

„Die haben mich doch allen Ernstes verdächtigt, mit diesem Abschaum von einem Sohn unter einer Decke zu stecken!“, polterte er los. Mrs Crouch zuckte bei seinen harschen Worten zusammen. „Glauben, ich hätte mein Amt missbrauchen wollen, um ihn zu schützen.“ Er lachte ein raues freudloses Lachen. „Als ob ich für so etwas meine Position aufs Spiel setzen würde, als ob ich auf diesen absurden Gedanken kommen würde! Nicht nachdem ich so viele Jahre harter Arbeit gegen dieses Pack von Todessern gekämpft habe.“

Frustriert ließ er sich neben seine Frau sinken.

„Verräter“, brummte er.

Mrs Crouch höre ihm nicht zu. Schweigend ließ sie sich in ihren Gedanken treiben und ergriff schließlich die Gelegenheit zu sagen: „Ich möchte hier raus.“

Ihre Stimme zitterte vor unterdrückter Abscheu und tiefer Trauer.

Mr Crouch hielt inne. Es war, als würde er seine Frau das erste Mal bewusst wahrnehmen und er spürte einen Stich, den ihm ihr gebrochener Anblick versetzte. Und Wut. Wut auf diesen elenden Jungen, der sich sein Sohn geschimpft hatte.

Er wollte einen Arm um sie legen, wie er es so oft getan hatte, wenn es ihr nicht gut gegangen war, doch dieses Mal wich sie zurück.

„Lass uns gehen“, sagte er knapp und stand auf.

Mrs Crouch tat es ihrem Mann gleich. Mit zittrigen Gliedern erhob sie sich und wurde plötzlich vom Schwindel übermannt.

Hastig stürzte Barty vor und schaffte es so gerade eben noch, ihren Fall zu verhindern.

„Vorsicht“, rief er mit echter Sorge in der Stimme.

„Es geht schon“, murmelte Mrs Crouch und wollte sich aus seinem Griff wenden, doch sie merkte, dass sie dafür zu schwach war. Ihr wurde schlecht. Eine andere Art von Übelkeit als die des Hungergefühls übermannte sie. Ein eiskalter Schauer lief ihren Rücken hinab, während eine böse Gewissheit sich auf leisen Sohlen anschlich und sich in ihre Gedanken nistete.

„Danke“, sagte sie abweisend.

Gemeinsam kehrten sie zu ihrem Haus zurück. Die Leere, die die Flure und Zimmer erfüllte, war erdrückender geworden, nun da Barty endgültig nach Askaban geschickt worden war.

Mit einem geschwächten Seufzer ließ sich Mrs Crouch auf das bequeme Sofa fallen und nahm dankbar das Glas Wasser entgegen, das Winky ihr beflissen brachte.

Nervös spielte die kleine Hauselfe am Saum ihres Handtuchs herum, bis sie es schließlich wagte zu ihrer Herrin aufzusehen.

„Darf … darf Winky fragen, ob der junge Herr…“, setzte die Hauselfe zögernd an und wurde sogleich harsch von Mr Crouch unterbrochen: „Kümmere dich um deine Aufgaben. Den jungen Herrn gibt es nicht mehr.“

Winkys Augen weiteten sich erschrocken. „Sir, Winky bittet um Verzeihung, Winky wollte nichts Falsches sagen und wird sich dafür zur Strafe die Hände bügeln.“

Verächtlich sah Mr Crouch der Hauselfe hinterher, die mit eingezogenen Schultern von dannen lief.

„Barty, das hättest du nicht tun sollen“, brachte Mrs Crouch hervor. Ihre Stimme klang missbilligend.

„Aber…“

„Sie hat sich bloß um unseren Jungen Sorgen gemacht!“

„Unseren Jungen?“ Sofort war der heiße Zorn wieder in Mr Crouch empor geschlagen. „Wen nennst du hier unseren Jungen?“

„Barty…“, flüsterte sie und brach in hemmungsloses Schluchzen aus.

Ihr Mann stieß einen frustrierten Seufzer hervor. Wenn er gekonnt hätte, hätte er nach irgendetwas geschlagen.

„Dein Barty hat eins der grausamsten Verbrechen begangen, die uns in den letzten Monaten untergekommen sind.“

Doch Mrs Crouch wollte davon nichts hören. „Was wenn er dazu gezwungen worden ist?“

„Das kann er nicht.“

„Wie willst du das wissen? Wie kannst du das einfach so sagen? Du hast doch nicht einmal überprüft, ob er schuldig gewesen ist!“

„Er war mit diesem elenden Pack von Todessern an einem Ort. Er war da, als die Longbottoms gefoltert worden sind!“

Mrs Crouch schüttelte heftig den Kopf, wie um diese grausame Vorstellung einfach von sich zu werfen.

„Ich muss wieder los“, sagte ihr Mann schließlich. „Es gibt noch viel Arbeit, die ich nicht einfach den anderen überlassen kann.“

Schweigend sah seine Frau ihn an. Nichts in ihrem Gesicht deutete daraufhin, dass sie ihn aufhalten wollen würde, ebenso wenig schien sie ihn ermutigen zu wollen. Es war ihr egal. In ihren Augen spiegelte sich seine tiefe Verachtung wider. Verachtung, die nicht ihrem Sohn sondern ihm selbst galt.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, machte Mr Crouch auf dem Absatz kehrt und ging wieder zurück ins Zaubereiministerium.
 

„Erzähl mir von Barty.“

Mrs Crouchs Stimme klang schwach. Sie war kaum mehr als ein Flüstern und doch füllte sie die distanzierte Stille vollends aus.

Schweigend sah Mr Crouch auf seine Frau, die sich unter einer dicken Wolldecke zusammengekauert hatte, den Rücken ihm zugekehrt. In seiner Hand hielt er eine Schüssel mit dampfender Suppe.

„Er war fleißig“, sagte er mit einigem Widerwillen und versuchte an den kleinen Jungen zurückzudenken, der sein eigen Fleisch und Blut war. „Er mochte Quidditch.“

Er war ein elender Verräter.

„Er hat dich sehr gern gehabt.“

Und war am Ende nicht besser als der Abschaum, mit dem er sich herumgetrieben hatte.

Mr Crouch hielt inne. Vorsichtig beugte er sich vor und berührte seine Frau an der Schulter. „Du musst etwas essen“, drängte er. „Sonst wird es dir noch schlechter gehen.“

Er erhielt keine Antwort. Seit Wochen ging das nun so. Die Verurteilung von Bartemius Crouch Junior hatte eine Kluft zwischen sie getrieben, die sich mit jeder Geste weiter auftat.

„Sei keine Närrin“, sagte er verärgert, wobei er die Suppenschüssel geräuschvoll abstellte. „Du kannst nicht ewig so weiter machen!“

Die Matratze wippte leicht, als das Gewicht Mr Crouchs von ihr verschwand. Eine Tür knallte ins Schloss und Mrs Crouch war wieder allein in dem abgedunkelten Schlafgemach. Sie hustete. Die Tränen, die ihr aus dem Augenwinkel liefen, bemerkte sie kaum.
 

„Master Crouch, Winky ist gekommen, um zu sagen, dass die Herrin nach Ihnen gefragt hat.“

Schweigend löste Bartemius Crouch Senior den Blick von dem Kaminfeuer und sah auf seine Hauselfe. Er nickte knapp. Gleichgültig sah er Winky hinterher, dann richtete sich seine Aufmerksamkeit wieder auf die Akten, die er sich mit hinunter in das Kaminzimmer genommen hatte.

Abteilungsleiter für Internationale magische Zusammenarbeit.

Er hatte seinen Posten verloren. Nach dem Prozess, den er diesen verabscheuungswürdigen Todessern gewährt hatte, hatte man ihn für ungeeignet erklärt, seine Position als Leiter der Magischen Strafabteilung weiter auszuführen!

Es war sein Verdienst, dass mehr als die Hälfte der Zellen Askabans mit den übelsten Schwarzmagiern gefüllt war. Er hatte die Gesellschaft zu einem etwas sicheren Ort gemacht. Und wie dankte man ihm?

Übellaunig stand er auf und dachte an seine Frau, die dort oben in ihrem Ehebett lag und immer schwächer wurde. Plötzlich packte ihn Angst. Mit forschen Schritten stieg er die Treppen hinauf zu dem Zimmer, in dem sich Mrs Crouch befand.

„Soll ich dir von Winky einen Stärkungstrank bringen lassen?“, fragte er, nachdem er sich auf die Bettkante gesetzt hatte. Es erschreckt ihn zu sehen, wie blass seine Frau war. Mit jedem weiteren Tag, der verstrich, schien sie ein bisschen mehr dahinzuschwinden.

Mrs Crouch sah zu ihm auf. Dann schüttelte sie leicht den Kopf. „Ich möchte nichts.“

Schweigend strich er ihr das Haar aus dem ausgemergelten Gesicht.

„Wir können rausgehen und einen kleinen Spaziergang machen“, schlug er vor in der Hoffnung, dass der beginnende Sommer Wunder wirken könnte.

Zierliche Finger griffen nach seiner kräftigen Hand. Auf den trockenen Lippen lag ein feines Lächeln.

Wie sehr er dieses Lächeln vermisste!

Barty Crouch beugte sich vor und gab seiner Frau einen sanften Kuss. Wärme brachte seine verbitterten Züge zum Erweichen, als er auf den einzigen Menschen sah, der ihm wirklich von Bedeutung war.

„Weißt du noch, wie er gestrahlt hat, als er die Leprechauns der Kenmare Kestrels zum ersten Mal gesehen hat?“, sprach er unwillkürlich in die Stille hinein. Bevor er tatsächlich darüber nachdenken konnte, was er da sagte, hatten sich weitere Worte einen Weg hinaus gesucht: „Wie begeistert er von den wilden Tänzen und ihrem Gold gewesen ist? Er hat tagelang von nichts anderem mehr gesprochen. Ich glaube, die Idee, Quidditchspieler zu werden, habe ich nach diesem Spiel nie ganz aus seinem Kopf bekommen.“

Mr Crouch lachte leise, als er an den kleinen Jungen dachte, der bei der bloßen Erwähnung dieses Sports aufgeregt auf- und abhüpfte und voller Ernst verkündete, eines Tages ein großer Quidditchspieler zu werden. So etwas Lächerliches.

Ein Schluchzen ließ ihn aufsehen.

„Ich habe ihn nie bei etwas so sehr strahlen gesehen wie bei Quidditch“, sagte Mrs Crouch mit erstickter Stimme.

Es stimmte. Sein Sohn hatte sich fast immer bedeckt gehalten, war ruhig gewesen und hatte zu Mr Crouchs großer Zufriedenheit sehr früh gewusst, wie man sich zu benehmen hatte. Ärger hatte es mit ihm nie gegeben. Große Gefühlsausbrüche auch nicht.

„Einmal wollten Barty und ich uns mit dir in der Winkelgasse treffen. Aber du kamst und kamst nicht von der Arbeit, weil du wieder einmal viel zu viel gemacht hast. Barty war deswegen sehr traurig und dachte fast, dass du gar nicht mehr kommen würdest… Aber dann warst du auf einmal da und hast uns zu einem Eis eingeladen. Weißt du noch, wie sehr Barty an diesem Abend gestrahlt hat? Wie glücklich er gewesen war, etwas mit seinem Vater gemacht zu haben? “

Mr Crouch schwieg.

Bettwäsche raschelte, als Mrs Crouch sich umständlich aufrichtete, um ihrem Mann in die Augen zu sehen. „Du erinnerst dich nicht.“

Er sagte nichts, doch das brauchte er nicht.

Verbittert schüttelte sie den Kopf. „Manchmal habe ich das Gefühl, wir waren dir egal. Alles, was zählte, war deine verfluchte Arbeit.“

„Ich habe das für euch getan“, erwiderte Mr Crouch. Seine Stimme hatte an Schärfe gewonnen. „Ich wollte, dass Barty in einer sicheren Welt aufwächst. Einer Welt ohne fanatische Irre wie Voldemort und seine Anhänger. Ich wollte das Beste für euch.“

„Wolltest du das?“

Mrs Crouch sah ihn eindringlich an. Vergeblich suchte sie nach Antworten auf Fragen, die sie sich all die Jahre gestellt hatte und doch nie beantwortet haben wollte.

„Ja.“

Seine Hand suchte ihre und drückte sie bestätigend.

„Warum hast du ihm keine zweite Chance gegeben?“

„Weil ich das nicht konnte.“

„Natürlich konntest du das.“

Mr Crouchs Gesicht verfinsterte sich. „Er hatte nichts anderes verdient.“

Mrs Crouch zuckte wie von einer unsichtbaren Ohrfeige getroffen zusammen.

„Ich habe ihm alles gegeben und er hat es mit Füßen getreten“, fuhr ihr Mann unbarmherzig fort.

„Das stimmt nicht!“ Mühsam versuchte sich Mrs Crouch aufrecht zu halten, während sie entschlossen Bartys verbissenem Blick begegnete. „Wie kannst du das einfach so sagen, wenn du nie da warst?“

Mr Crouch sah weg, zu einem unbestimmten Punkt in dem muffigen Schlafzimmer.

„Wie oft hast du deinen Sohn wirklich gesehen, Barty? Wann hast du dich für das interessiert, was er gemacht hat?“ Abwartend funkelte Mrs Crouch ihren Mann an und lächelte verbittert. „Alles, was du kennst, sind die Dinge, die er für dich gemacht hat. Er hat ein Leben gelebt, das deinen Vorgaben entsprach!“

„Dieser Junge wurde mit drei Todessern gefasst“, sagte Crouch, als würde das alle seine Entscheidungen rechtfertigen.

„Aber…“

„Hast du die Longbottoms gesehen?“, unterbrach er seine Frau ungnädig. „Hast du gesehen, was aus Frank und Alice geworden ist? Sie sind im St. Mungo’s, weil dieses Pack sie in den Wahnsinn getrieben hat.“

„Was wenn Barty dazu gezwungen worden ist? Er kannte Frank und Alice, er würde doch nie…“, Mrs Crouchs Stimme versagte den Dienst. Schluchzend zog sie die Bettdecke zu sich heran und vergrub ihr Gesicht darin.

Nachdenklich sah Barty Crouch auf das Bild des Elends, das seine Frau ihm bot, und legte nach einigem Zögern tröstend seine Hand auf ihren Rücken. „Schhh“, flüsterte er beinahe hilflos, während er sie beruhigend streichelte.

Als sie sich wieder soweit beruhigt hatte, dass er glaubte, ihr Gespräch fortsetzen zu können, beugte er sich tief zu ihr hinab, um ihr eindringlich in die geröteten Augen zu schauen. „Liebling, er hatte das Dunkle Mal.“

Er konnte erkennen, wie sich Unglauben und Trotz in ihre verweinten Züge nisteten.

„Das muss nichts heißen“, erwiderte Mrs Crouch heftig. „Vielleicht wurde er erpresst.“

„Erpresst?“

„Barty, er ist dein Sohn! Der Sohn des Leiters der Abteilung für Magische Strafverfolgung, er-“

„Unsinn! Wenn dem wirklich so gewesen wäre, dann hätte er bescheid sagen können“, erklärte Crouch, doch seine Frau schenkte ihm nur ein freudloses Lächeln, während sie unwillkürlich vor ihm zurückwich.

„Wie denn?“, erwiderte sie bitter. „Du warst nie da.“

„Er hat mit mir im Ministerium gearbeitet!“

„Du warst nicht für ihn da“, beharrte Mrs Crouch leise und kroch zurück unter die Decken.
 

„Mister Crouch, Herr, Mister Crouch!“, empfing Barty Crouch eine völlig aufgelöste Hauselfe, als er wieder nach Hause kam. Es war ein kalter Novemberabend, die Arbeit war stressig gewesen, weil es auch nach einem Jahr des Kriegendes noch viele Angelegenheiten gab, die auf Konferenzen der Internationalen Zauberervereinigung von dringendster Wichtigkeit waren, und alles, was er sich in diesem Moment wünschte, war Ruhe. Ruhe, um seine Situation zu begreifen.

„Herr, es ist die Mistress“, piepste Winky völlig außer sich. „Sie-“ Doch weiter kam die Hauselfe nicht.

Mit einem lauten Rums fiel seine Aktentasche zu Boden, als Crouch alarmiert auf dem Absatz herumwirbelte und die Treppe hinauf stürmte, die ihn in das Schlafgemach seiner Frau führte.

„Liebling!“, brachte er völlig außer Atem hervor, kaum dass er über die Türschwelle getreten war.

Es war dunkel in dem geräumigen Zimmer und in der Luft hing der stechende Geruch von Krankheit.

Vorsichtig trat Mr Crouch näher an das große Ehebett und sah in dem spärlichen Licht, das durch die Tür hineinfiel, auf seine Frau herab. Etwas zog sich schmerzhaft in ihm zusammen, als er sie so einsam und verloren daliegen sah. Ihr Gesicht war verzerrt, als durchlitte sie große Pein, und ihre Haut, die früher von zarter Blässe gewesen war, war gräulich geworden.

Behutsam strich Barty seiner Frau eine Strähne ihres verschwitzten Haars aus der Stirn. „Liebling?“, flüsterte er noch einmal und erkannte, dass er keine Antwort erhalten würde; sie schlief.

Mit einem erleichterten Seufzer ließ er sich auf einen bereitstehenden Stuhl zurücksinken. Für einen kurzen Moment hatte er Sorge gehabt, dass … doch das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Es musste etwas geben, das er für seine Frau tun konnte.

„Was ist passiert?“, flüsterte er, als Winky wenige Minuten später mit einem Stapel frischer Decken hereinkam.

„Sir, ich weiß nicht, die Mistress hat ganz heftig gezittert und keine Luft mehr bekommen. Winky wollte ihr einen Beruhigungstrank geben, aber der ist verschüttet. Winky hat sich dafür schon bestraft.“ Winky hielt inne und sah traurig zu der regungslosen Gestalt in dem Bett.

Auf einmal durchbrach ein trockenes Husten die Stille gefolgt von einem leisen Stöhnen. Sofort war Crouch aufgesprungen und beugte sich besorgt über seine Frau.

„Alles ist gut“, flüsterte er, als er merkte, dass sie unruhig wurde. „Keine Sorge, ich bin für dich da.“

Schwerfällig öffnete Mrs Crouch die Augen und blinzelte in das schummerige Licht.

„Barty?“, krächzte sie heiser und ließ sich willenlos von ihrem Mann aufrichten, damit er ihr kühles Wasser an die Lippen führen konnte.

„Schh, ich bin da“, sagte er, während er das Glas wieder auf dem kleinen Nachtschrank abstellte. „Es wird alles gut.“

Doch bei den letzten Worten brach ein ersticktes Schluchzen aus seiner Frau hervor und traurig schüttelte sie den Kopf. „Nein“, sagte sie. „Nein, das wird es nicht“, und lehnte sich gegen den aufrechten Oberkörper ihres Mannes.

Teilnahmslos strich Mr Crouch ihr durch das Haar. „Wenn es nur irgendetwas gibt, das ich für dich tun könnte“, murmelte er gedankenverloren.

Er spürte, wie sich der Körper seiner Frau an ihm versteifte. Langsam löste sie das Gesicht von seiner Brust und sah ihn aus dunkel umschatteten Augen an. „Ich möchte meinen Sohn noch einmal sehen.“

Geradezu entsetzt erwiderte Mr Crouch ihren Blick. In all den Wochen hatte keiner mehr ein Wort über den Jungen verloren, der weit entfernt in Askaban saß. Das Thema hatte unausgesprochen zwischen ihnen gestanden, doch schien es zu müßig, weitere Worte darüber zu verlieren, denn alles war bereits gesagt worden. Das hatte er zumindest geglaubt.

„Ich“, sagte er langsam und überlegte, was er sagen sollte. Er sah den flehentlichen Ausdruck in den Augen seiner Frau und spürte, wie sich alles in ihm schmerzhaft zusammenzog. Wenn sie nur verstehen würde. Aber vielleicht würde sie ja verstehen, wenn sie den Abschaum von ihrem Sohn sah. Wenn sie das Dunkle Mal sah. „Ich werde zusehen, was sich machen lässt.“
 

Es hatte gedauert. Es hatte viele Gefallen gebraucht, er hatte die Leute an Dinge erinnern müssen, die sie hatten vergessen wollen, doch am Ende kehrte er mit einer guten und mit einer schlechten Nachricht heim.

„Wir können deinen Sohn besuchen“, sagt Barty Crouch eines Abends vorsichtig, nachdem er von der Arbeit zurückgekehrt war. Er sah, wie für einen Moment Leben in das ausgemergelte Gesicht seiner Frau trat. „Aber“, fuhr er zögernd fort, „es … geht ihm nicht gut. Er ist gesundheitlich am Ende. Sie geben ihm sechs Wochen … höchstens.“

Mit einem Laut des Leids sank Mrs Crouch in sich zusammen. „Mein kleiner Barty“, wimmerte sie und sah plötzlich anklagend auf. „Warum kannst du ihn nicht rausholen?“, verlangte sie zu wissen. „Warum kannst du ihn nicht aus diesen unmenschlichen Zuständen befreien? Das hat er nicht verdient. Er hat es nicht verdient…“

Ihre Stimme wurde schwächer und brach schließlich, als sie ein starker Hustenanfall schüttelte.

„Es geht nicht“, sagte Crouch tonlos. Und er meinte es. Es war unmöglich. Sollte er es wirklich können, konnte es Monate, vielleicht auch Jahre brauchen, bis dieser Schandfleck von einem Sohn herauskommen würde. Diese Zeit hatte er nicht.

Es gab jedoch andere Methoden Bartemius Crouch Junior aus seinem Gefängnis zu befreien. Methoden, die sich Crouch nie im Leben hätte ausmalen können.
 

„Barty“, empfing sie ihn mit einem schwachen Lächeln, als er wieder spät von der Arbeit kam.

Erschrocken sah Barty zu seiner Frau, die sich kaum auf den Beinen halten konnte, so schwach war sie. „Liebling!“, entfuhr es ihm entsetzt, wobei er bereits hastig zu ihr geeilt war und stützend nach ihrem Arm griff. „Liebling, dir geht es nicht gut, du musst dich wieder hinlegen.“

Doch Mrs Crouch schüttelte entschieden den Kopf.

„Ich will nicht“, sagte sie. „Ich kann nicht … einfach im Bett liegen.“

Mr Crouch verstand die Welt nicht. „Rede keinen Unsinn“, sagte er. „Du musst dich ausruhen, damit es dir bald wieder besser geht!“

Da sah sie zu ihm auf. Ganz langsam mit einem traurigen Lächeln auf den ausgetrockneten Lippen und Barty Crouch spürte, wie eiskalte Angst ihre Krallen in ihn schlug.

„Mir wird es nicht mehr besser gehen. Ich bin krank und kein Zauber- oder Zaubertrank auf dieser Welt soll mich jetzt noch retten können.“

„Aber … das St Mungo’s. Lass mich dich dahin bringen. Wir werden einen Weg finden.“

„Nein, Barty“, sagte Mrs Crouch entschieden und führte ihren Mann ins Wohnzimmer, wo sie gemeinsam auf einem Sofa Platz nahmen. „Winky hat einmal nach einem Heiler geschickt, als es mir schlecht ging und auch er meinte, … dass es mit mir zu Ende geht.“

Barty Crouch wollte das nicht hören. Erschöpft vergrub er den Kopf in die Hände und fragte sich, wann dieser Albtraum endlich vorbei sein würde. Er konnte doch nicht einfach so aufgeben!

„Barty, hör mir zu, ich habe … eine andere Idee“, fuhr Mrs Crouch fort und strich ihm mit ihren dürren Fingern sanft übers Gesicht. „Ich möchte, dass ich nicht umsonst … sterbe. Ich möchte, dass du mir einen letzten Wunsch erfüllst.“

Verwundert sah Crouch auf. Sein Instinkt sagte ihm, dass etwas nicht stimmte. Sein Blick fiel zu dem kleinen Sofatisch, auf dem, wie er nun erkannte, mehrere Zaubertrankzutaten standen.

„Was willst du?“, sagte er und bemerkte kaum, wie seine Stimme hart wurde.

„Ich werde meinen Sohn retten.“

Ungläubig drehte er sich zu seiner Frau. Eine Mischung der unterschiedlichsten Gefühle rang in ihm um die Oberhand, während er versuchte die richtigen Worte zu finden.

„Was?“, war schließlich alles, was er zustande brachte.

„Ich habe lange überlegt, wie man es am geschicktesten anstellen könnte, aber jetzt … ist es ganz einfach.“ Seine Frau lächelte einen Hauch von Optimismus, den man nur verspüren konnte, wenn man nichts mehr zu verlieren hatte.

„Was sagst du da?“, rief Mr Crouch und er spürte, wie alle Härte in ihm zurückkehrte. „Was soll der Blödsinn? Du kannst nichts tun! Wir werden ihn besuchen, sowie ich das Einverständnis bekommen habe, aber mehr können wir nicht machen.“

„Barty, versprich es mir!“, verlangte Mrs Crouch jedoch nur. „Hör mir zu und hilf mir, unseren …kleinen Barty aus diesem grausamen Ort zu befreien.“

Barty Crouch wollte toben und schreien und sich auf diese ganzen Lächerlichkeiten nicht einlassen, doch als er zu seiner Frau sah, die zum ersten Mal seit Wochen wieder auf den Beinen war und entschlossener denn je wirkte, stürzte seine Wut in sich zusammen. Alles, was blieb, war Resignation.

Und so lauschte er einem Befreiungsplan, den er sich in seinen kühnsten Träumen nie hätte ausmalen können.

„Kommt nicht in Frage“, wandte er ein. „Das können wir nicht. Ich lasse dich nicht in dieser … dieser Hölle zurück, um diesen Abschaum zu befreien.“

Abrupt erhob er sich und ging.

„Barty!“, rief ihm seine Frau hinterher, während sie mühsam aufstand und versuchte, ihm hinterherzulaufen. „Barty, bitte, tue es für mich. Er hat-“

Ein Poltern riss ihr die letzten Worte von den Lippen. Mrs Crouch war ohnmächtig zusammengebrochen.

Verloren

Mein lieber Sohn,
 

ich hoffe, Du hast nicht vergessen, welch hohe Position ich inzwischen im Ministerium bekleide.

Deshalb, und auch für meinen weiteren Werdegang ist es von äußerster Wichtigkeit, dass meine Familie - also Dich eingeschlossen - und ich selbst nicht nur ein tadelloses Benehmen, sondern darüber hinaus hervorragende Leistungen an den Tag legen.

Für Dich bedeutet das natürlich, dass Du Deine Bemühungen im Unterricht verdoppeln, wenn nicht verdreifachen musst und in allen Prüfungen überdurchschnittliche Noten eine Notwendigkeit darstellen.

Du darfst Dich in Hogwarts auf keinen Fall durch sportliche oder soziale Aktivitäten vom Lernen abhalten lassen.

Gute Zensuren werden auf Dich und natürlich auf mich ein gutes Licht werfen. Wenn Du also tust, was ich Dir auftrage, steht Dir eine glänzende Zukunft bevor!

Du weißt, was ich von Dir erwarte.
 

Dein Vater,

Bartemius Crouch Snr.
 

Barty wimmerte.
 

Der kleine Junge fühlte sich dumpf und leer. Schweigend faltete er das Pergament zusammen und steckte es ordentlich in ein Fach seiner ledernen Schultasche. Um ihn herum hörte er das ausgelassene Lachen seiner Mitschüler, die sich über ihre Morgenpost unterhielten oder aufgeregt von der kommenden Quidditchsaison sprachen.

Er war kein Teil davon. Er würde auch nie ein Teil davon sein dürfen, rief sich Barty mit einem dicken Kloß in Erinnerung und verließ einsam und allein den Frühstückstisch.
 

Verzweifelt presste Barty sich gegen die schimmelige Wand. Seine Hände verloren den Halt und rutschten unter ihm weg. Der Schmerz der flüchtig, auf seinem Handballen aufflammte, als er die Haut auf dem rauen Boden aufschürfte, war nichts im Vergleich zu der unerträglichen Panik, die ihn befallen hatte.

Seine Atmung wurde schneller. Alles verkrampfte sich. Er konnte nicht mehr aufhören zu denken. Wollte aufhören zu denken. Konnte die Stimmen nicht mehr ertragen.

„Nicht“, krächzte Barty. „N-nein. Nich. Ich hab nicht-“

Die steinerne Wand bohrte sich schmerzhaft in seinen Rücken, als der Junge vergeblich versuchte, noch weiter von seiner Zellentür wegzurücken. Hinter ihr erhob sich der rasselnde Atem seiner Wachen. Es dürstete sie nach seinem Leid, er wusste das. Tränen der Verzweiflung rannen über sein Gesicht. Er konnte gar nichts mehr sehen, er konnte nicht mehr klar denken. Sein brennender Wunsch, dem allem zu entfliehen, wurde von eisigen Klauen gepackt.
 

„Er ist fort.“
 

Panische Laute entschlüpften Bartys trockenen Lippen. Mit einem Mal erstarrten seine Glieder, als hätte das Eis, das von seinem Inneren Besitz ergriffen hatte, nun auch seinen Körper gefroren. Seine dunkelumschatteten Augen waren weit aufgerissen, der flache Atem beschleunigte sich.
 

„Er ist fort.“
 

Er war fort. Seine Welt war ein Witz. Seine Welt war ein Nichts, zusammengebrochen. So nutzlos. Immer schon gewesen. Immer schon gewesen. Was hatte er auch anderes erwartet? Dummer kleiner Barty…

Wie konnte das sein?

Wie konnte das möglich sein?

Es war ein Albtraum. Ein einziger Albtraum. Es war eine Lüge.
 

„Ich bin unschuldig!“
 

Seine Stimme gellte durch die leeren Gänge Askabans und verlor sich ungehört in dem Wehklagen der anderen Gefangenen. Niemand schenkte ihm Beachtung. Jeder war mit sich selbst beschäftigt.

„Ich hab das nicht getan“, wimmerte Barty. Seine Finger krallten sich in das verfilzte Haar. Der dünne Körper war zusammengekrümmt und das Kinn irgendwo an den Knien seiner angezogenen Beine vergraben. „Vater, bitte nicht. Bitte, schick mich nicht dorthin. Bitte!“

Sein Flehen wurde von einem dicken Kloß erstickt. Er wollte sich zusammenreißen, doch er konnte nicht. Seine Nerven lagen blank. Mühsam versuchte er aufzustehen. Die Welt um ihn herum war eine stinkende graue Masse. So bedeutungslos … Die Zellentür erhob sich vor ihm mit dem grausamen Versprechen von Freiheit, das durch das kleine mit eisernen Stäben versehen Fenster fiel.

Er spürte, wie sein Körper erneut ein unkontrolliertes Zittern erfasste, wie seine nackten Füße kaum Halt auf dem feuchten, dreckigen Boden finden konnten, wie seine Knie weich wurden, drohten unter ihm nachzugeben. Sie waren weich, weich wie Kesselkuchen.

„Mutter“, krächzte er. Seine Arme streckten sich schwerfällig aus. Es schien eine Ewigkeit zu brauchen, bis sie gegen den Widerstand der dicken Luft angekämpft hatten, weiter vorgedrungen waren und seine Fingerspitzen die raue Oberfläche der verrosteten Gitterstäbe erfühlten. Barty stürzte vor. „Holt mich hier raus. Bitte. BITTE. Ich war’s nicht. Ich war’s nich. Mutter, hilf mir!“

Ein heftiges Schluchzen schüttelte ihn. Sein Inneres wog schwer von einem dicken fetten Klumpen Elend, der sich in seinen Eingeweiden eingenistet hatte, sein Herz zuzog, seine Kehle zuschnürte, ihm den Atem nahm. Barty wusste, wenn er loslassen würde, würde er jeglichen Halt verlieren.
 

Die schrillen Schmerzensschreie klingelten ihm in den Ohren.

„Wo ist er?“

Schreie. Ein männlicher, ein weiblicher. Das bitterliche Weinen eines kleinen Jungen.

„WO IST ER?“

Fort, fort, fort.

Er war fort.

Der Dunkle Lord war fort.

Alles Lügen, dreckige, dreckige Lügen.

Barty glaubte den Halt zu verlieren. Er fiel in tiefe Schwerelosigkeit. Immer weiter und weiter, weil er nicht glauben konnte, was geschah. Er hatte gehofft, Antworten zu finden und diese Blutsverräter enthielten sie ihm! Er verlor sich. Er wusste nicht mehr, was es war, das seinen Verstand vernebelte. Zorn, Verzweiflung, das Gefühl verraten worden zu sein. Er war blind. Alles war schwarz und er fiel.
 

Die Schwäche hatte ihr lähmendes Gift in seine Glieder gefüllt. Alles war bleischwer. Jeder rasselnde Atemzug, schien ihn viel zu viel Kraft zu kosten. Selbst die Augen offen zu halten, war ein Akt, der ihm alles abverlangte. Am schlimmsten war jedoch das trockene Husten, das sich immer wieder einen Weg aus ihm heraus zwang. Jedes Mal schmerzte mehr, jedes Mal war erschöpfender, doch jedes Mal unterlag er hilflos dem Reiz, der seinen ganzen mageren Körper schüttelte. Die einzige Bewegung, zu der er noch in der Lage zu sein schien.
 

Schmerz explodierte in seiner Wange und klingelte ihm in den Ohren. Die Wucht des Schlags hatte ihn zu Boden geworfen. Er hörte das erschrockene Aufkeuchen seiner Mutter, er sah die hervorquellenden Augen seines Vaters, hörte dessen Stimme, die sich vor Zorn überschlug, die immer lauter und lauter wurde, bis sich sein Geschrei in einem bedeutungslosen Getöse verlor.

Ängstlich verharrte Barty auf dem Boden und wartete. Nickte und wartete, während ihm stumme Tränen die Wange hinabliefen. Er durfte nicht … er hatte was falsch gemacht … wie konnte er? Eine Enttäuschung. Das war er. Eine einzige Enttäuschung.
 

Barty konnte sie spüren. Es waren mehr geworden. Wie gierige Aasgeier sammelten sie sich vor seiner Zellentür und labten sich an seinem nichtendenden Leid. Doch ihr rasselnder Atem verursachte ihm keine Gänsehaut mehr, ebenso wenig wie ihre bloße Präsenz ihn mit Panik füllte.

Er war abgestumpft, siechte dahin. Schien das Denken und Fühlen verlernt zu haben, in dem immer währenden Albtraum seiner Vergangenheit.

Krankheit hatte sich in ihn genistet und raubte ihn das letzte bisschen Kraft. Jeder Atemzug fiel schwerer, mit jedem Atemzug schien ihn etwas mehr seines Lebens zu verlassen, bis nur noch eine eiskalte Hülle zurückblieb.

Dabei war der Boden gar nicht mehr so kalt, der Wind nicht mehr so bitterlich. Nein, das Eis befand in seinem Inneren und beraubte ihn jeglicher Wärme.

Der Gedanke zu schreien war in weite Ferne gerückt. Erschien Barty fast genauso unsinnig, wie sich zu bewegen. Dumpf stierte er ins Leere. Ganz selten noch regte sich sein schwächender Überlebenstrieb und brachte ihn dazu, immerhin die Flüssigkeit zu trinken, die sich in den schmutzigen Unebenheiten seines feuchten Gefängnisses sammelte. Sie war voll von Schmutz und Krankheit.
 

„Ich habe keinen Sohn!“ „Er ist fort.“ „Ich habe keinen Sohn!“„Ich habe „Er ist fort.“ keinen Sohn!“ „Eine Enttäuschung!“„Ich habe …“
 

Regungslos lag Barty da und lauschte den ewigen Stimmen, den nie verstummenden Stimmen. Den Schreien und Lauten und Worten, die trotz aller Leere nicht ihre Bedeutung verlieren wollten.
 

„Es wird alles gut, Barty.“
 

Den Schreien, den Worten, den Grausamkeiten. Den Hämmern von Fäusten, die verzweifelt gegen ihre Zellentür schlugen. Dem Rasseln eines Schlüssels, den Schritten, dem Schluchzen.
 

„Es wird alles gut“, flüsterte eine zittrige Stimme schwach. Trockene Fingerspitzen strichen fahrig über Bartys ausgemergeltes Gesicht und hinterließen eine Spur der Wärme. Etwas Nasses tropfte auf seine Wange und brachte Bartys Lider zum Flattern. Aus halbgeschlossenen Augen sah er zu der Gestalt, die sich über ihn gebeugt hatte. Sie gab ihm das Gefühl von Geborgenheit — etwas, das er geglaubt hatte, nie wieder zu spüren.

„Mutter?“ Sein Wort war bloß ein heiseres Krächzen. Er war kaum in der Lage die Silben richtig zu formen.

„Sch“, schluchzte Mrs Crouch nur und drückte ihn an sich.

Voller Verwunderung versuchte Barty zu erfassen, was geschah. Versuchte wieder zu denken, versuchte das Gefühl von der inneren Wärme zu begreifen, die ihn mit einem Mal erfüllte. So viel Wärme!

Barty versuchte sich zu regen. Doch er schaffte es kaum. Seine Glieder schmerzten. Jegliche Energie schien aus ihm heraus gesaugt worden zu sein.

Plötzlich packten ihn starke Hände bei den Schultern und zogen ihn unsanft auf die wackligen Beine. Viel zu schnell. Barty schwindelte. Schwarze Punkte tanzten einen wilden Tanz auf seinem Blickfeld und drohten es zu verschlingen. Er glaubte ihnen zu folgen, zu fallen, in die tiefe Schwärze.

Ein spitzer Schrei drang an seine Ohren. Der Griff, der ihn festhielt, war stärker geworden, schmerzte.

Benommen zwang sich Barty die Augen aufzureißen, zu sehen und blickte in das verbitterte Antlitz seines Vaters. Nun war er sich sicher, dass das alles nur ein grausamer Scherz sein konnte. Vielleicht fühlte sich so das Sterben an? Das Sterben in Askaban, das ihm ein letztes Mal das entriss, wonach er sich so sehr sehnte.

Ein Lächeln verzerrte seine aufgerissenen Lippen. Das war’s! Das musste es sein.

Dann spürte Barty, wie sich zierliche Finger vorsichtig auf seine eingefallenen Wangen legten und ihn sanft dazu brachten, den Kopf zu drehen. Barty starrte in das todkranke Gesicht seiner Mutter.

„Ich liebe dich“, flüsterte sie. Stumme Tränen tropften von ihrem spitzen Kinn.

Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte Barty auf seiner Kopfhaut.

Er wollte etwas sagen, wollte begreifen. Doch selbst fürs Denken schien er zu schwach.

„Geh nicht.“

Es dauerte, bis ihm klar war, dass die flehentlichen Worte seinen ausgetrockneten Lippen entsprungen waren, dass seine Mutter vor ihm zurückwich. Ihr trauriges Gesicht trug ein aufmunterndes Lächeln, das Lächeln, das sie ihm so oft geschenkt hatte, das er nicht missen wollte. In ihrer zittrigen Hand befand sich eine kleine Phiole.

„Alles wird gut“, hauchte sie mit erstickter Stimme.

Barty verstand nicht. Das bloße Konzept dieses Satzes schien unmöglich. Er wollte sich zu Wort melden, sich zur Tat bewegen, doch da drückte sich eine kalte Öffnung gegen seinen Mund. Instinktiv begann er zu trinken. Sein dehydrierter Körper schrie nach jedem Tropfen Flüssigkeit. Er bemerkte kaum, was es war, das seine Kehle hinablief, die zähe Konsistenz, den widerlichen Nachgeschmack.

Erst der brennende Schmerz, der kurz darauf in seinen Gliedern einsetzte, brachte Erkenntnis, dass etwas nicht stimmte. Seine Knochen mussten Feuer gefangen haben. Barty glaubte zu schrumpfen, alles in ihm zog sich zusammen, beraubte ihn all seiner Kraft.

Sein Gesichtsfeld verschleierte. Dumpf meinte er sich selbst sehen zu können, der ihn aus mitfühlenden Augen anstarrte. Dann verschluckte die imposante Gestalt seines Vaters das Bild. Diesmal griff dessen starke Hand nach seinem Arm, ganz so als wollte er sich einhaken. Er gab ihm Halt.

Barty wollte verstehen. Wollte sehen, aber die Schwäche forderte unnachgiebig ihren Tribut. Seine Gedanken waren wirr und sein Blick verlor sich wieder in Dunkelheit, während unaufhörlich die Frage in seinem Schädel widerhallte, was geschah. Was geschah? Was sollte das? Was passierte mit ihm?

War das er? War das…

Da endlich erfüllte betäubende Leere seinen Kopf. Weich wie Watte drang sie in ihn ein, breitete sich in seinen Gedanken aus und nahm ihm die Last all dieser verwirrenden Fragen. Er musste einfach nur folgen.
 

„Es wird alles gut“, hatte seine Mutter gesagt.

Verdammt

Es war, als erwachte er aus einem tiefen Traum. Blinzelnd schlug Barty die Augen auf und starrte an die Decke seines Zimmers. Sein schwacher Körper ruhte auf einer weichen Matratze unter warmer frischer Bettwäsche. Nirgendwo war der eisige Hauch des Nordseewinds zu spüren.

Mühsam versuchte Barty sich zu bewegen und spürte, wie seine Muskeln unter dieser Anstrengung zu schreien begannen. Alles schmerzte. In seinem Inneren befand sich eine seltsame Leere. Sie war rau und kratzig. Stöhnend wälzte sich Barty auf die Seite und versuchte zu begreifen.

Bilder von Dunkelheit, von Leere, Verfall, unsagbarem Grauen, fanden einen Weg in seinen Kopf. Es wurden mehr und mehr. Schreie drangen an sein Ohr — ein dumpfes Echo, das vom Anblick seiner Gedanken herrühren musste. Es schüttelte ihn. Die Schreie wurden mit einem Mal lauter. Sie sollten verstummen. Sie sollten aufhören, leise sein, verstummen. Er würde sie töten, er…

Verzweifelt presste Barty die Hände auf die Ohren, während er sich in seiner Panik wild in den Decken herumwälzte.

„Master Barty, junger Herr…“

Die piepsige Stimme seiner Hauselfe erklang irgendwo in dem Getöse, das seinen Verstand erfüllte.

Barty schlug die Augen auf und da war sie: Winky. Sorgenvoll hatte sich ihre hässliche Fratze über ihn gebeugt. Noch immer befand er sich in seinem Zimmer, während in seinem Inneren die Schmerzens- und Todesschreie unaufhörlich widerhallten. Dann erkannte er, dass er es war, der so schrie. Schrie und schrie und immer weiter schrie, sodass seine Stimme von der Belastung ganz heiser wurde.

So war es doch, oder?

„Es ist alles gut“, flüsterte die Hauselfe, in dem lächerlichen Versuch beruhigende Worte zu finden. „Der junge Herr muss sich keine Sorgen machen. Winky passt gut auf. Das hat sie der Mistress versprochen. Ja, das hat sie. Alles wird gut — im Nu wird der junge Herr Barty wieder auf den Beinen sein.“

Gut. Was für ein absurder Klang. Dieses Wort hatte schon lange an Bedeutung verloren. Wahrscheinlich war das alles ein Streich, den ihm sein Verstand spielte. Ganz bestimmt war es das. Ein böser, böser Streich, damit die Dementoren ihn nur noch weiter aussaugen konnten. Gleich würde er aufwachen, in diesem verfluchten Albtraum, der sich Realität schimpfte.

Plötzlich spürte Barty, eine beißende Flüssigkeit seine trockenen Lippen benetzen. Langsam lief sie ihm in den Mund und brannte sich seine Kehle hinab. Er verschluckte sich, hustete, während er wild um sich schlug. Irgendwie gelangte jedoch mehr von diesem Trank in ihn hinein. Er spürte die vorsichtigen Finger der Hauselfe, die ihn festhielten. Das faltige Gesicht verschwamm. Das helle, tröstende Zimmer versank in Dunkelheit.

Mit einem Stöhnen fiel Barty in die Kissen zurück und wurde von einem tiefen traumlosen Schlaf übermannt.
 

~*~
 

„Nicht! Nein, bitte, ich war’s nicht.“

Gedämpftes Wimmern drang aus dem Zimmer des jungen Herrn. Vorsichtig öffnete Winky die Tür und sah besorgt, wie der junge Master Barty sich ganz entsetzlich in seinen Decken hin und her warf. Straffe Lederriemen fixierten ihn an Händen und Füßen, sonst wäre er bestimmt schon aus dem Bett gefallen.

Ein verzweifeltes Schluchzen erklang, dann war wieder alles ruhig.

Behutsam tapste Winky weiter vor, in der Hand einen großen Krug mit frischem Wasser. Sie fühlte sich hilflos und traurig, wenn sie den jungen Herrn in diesem Zustand sah. Eigentlich war sie sehr glücklich darüber, dass er wieder im Hause war. Doch irgendetwas stimmte nicht. Winky hatte dem Meister verspreche müssen, kein Sterbenswörtchen über den jungen Herrn zu verlieren. Sie ahnte, dass das etwas mit dem Verschwinden der lieben Mistress zu tun hatte, aber was genau es war, versuchte sie gar nicht erst herauszufinden. Denn das stand Winky nicht zu.

„Der junge Herr darf sich nicht so aufregen. Winky ist da und Winky gibt gut acht. Winky kümmert sich darum, dass alles gut wird“, piepste Winky, während sie dem jungen Herrn Barty den Schweiß von der Stirn tupfte. Er glühte. Er musste ganz schlimme Fieberträume haben und Winky verstand nicht, warum Meister Crouch sie nicht einfach einen Trank benutzen ließ. Dann würde sich der junge Herr ganz schnell wieder besser fühlen.

Vorsichtig begann sie ihm etwas von dem kalten Wasser einzuflößen. Sie verschwieg dem Meister, dass sie heimlich etwas von dem Heiltrank untergemischt hatte. Nur ganz wenig. Aber sie hatte der Mistress versprochen, sich gut um den jungen Barty zu kümmern, wenn er wieder da war. Natürlich hatte sie sich für ihren Ungehorsam schon bestraft und so war es eigentlich in Ordnung, was sie tat.
 

~*~
 

„Winky, wo ist der Feuerwhisky?“

Mehrere Wochen waren vergangen, seit er seiner Frau diesen entsetzlichen Dementoren überlassen hatte. Es war eine Woche her, seit man ihm die Nachricht überbracht hatte, dass sein Sohn verstorben war.

Ein bitterer Kloß saß in Crouchs Kehle. Der Gedanke an seine Frau, die nun in Gestalt dieses Abschaums in der Tiefe eines Massengrabs verbuddelt war, verursachte ihm Übelkeit.

„Winky, der Whisky!“

„Sehr wohl, Sir, verzeiht.“

Er hörte das eilige Trippeln der Hauselfe, während sie seinem Wunsch nachkam. Wahrscheinlich hatte sie sich schon wieder dort oben bei ihm rumgetrieben. Seit er diesen Jungen aus Askaban geholt hatte, hatte ihn die leise Hoffnung beschlichen, dass er seiner Schwäche unterliegen würde, dass selbst die Pflege nicht ausreichen und er einfach verrecken würde. Doch stattdessen lebte er, während seine liebe … während sie einfach gestorben war.

Aber was hatte er erwartet? Ungeziefer vergeht nicht, wie man so schön sagte.

Crouch schnaubte verbittert, riss der Hauselfe die Flasche aus der Hand und nahm einen großzügigen Schluck.

Mit einem erschöpften Seufzer ließ er sich in die weichen Sofakissen zurückfallen und genoss das warme Brennen des Spiritus’. Es betäubte ihn. Drängte den Gedanken an all die Dinge, die er verloren hatte, in den Hintergrund. Seine Karriere, seine Frau, sein Ansehen … seinen Sohn.

Tief in sich drin ballte sich ein gewaltiger Klumpen Trauer, den er nicht wahrhaben wollte. Dafür war keine Zeit! Nicht wirklich. Er würde arbeiten, um zu retten, was noch zu retten war. In den nächsten Tagen würde er den Tod seiner Frau bekannt geben und sie beisetzen lassen. Bei dem Wissen, dass er nie wirklich von ihr würde Abschied nehmen können, dass er ihr nie ein angemessenes Begräbnis geben konnte, zog sich etwas in Crouch zusammen. Seine Augen brannten, seine Kehle brannte.

Mit einem Knall stellte er die Flasche beiseite. Er durfte sich nicht so gehen lassen! Bei Merlin, so weit war es noch nicht mit ihm gekommen — das würde er nie zulassen!

In dem Moment drang ein dumpfer Schrei aus dem ersten Stock zu ihm hinunter in das gemütliche Kaminzimmer.
 

Ehe Crouch wusste, wie ihm geschah, war er bereits aufgesprungen und stürmte blind vor Wut die Treppe hinauf. Polternd stieß er die Tür auf und starrte auf den jämmerlichen Anblick von einem Sohn, der sich von schlimmen Albträumen geplagt in seinen Kissen herumwarf. Tränen rannen über das verhärmte Gesicht und die Stimme klang rau.

„Schnauze!“, donnerte Crouch. Er konnte und wollte nicht hören, dass dieser Schandfleck existierte, wollte nicht daran erinnert werden …

Wütend packte er in den Schopf strohblonder Haare, die mittlerweile wieder sauber und ordentlich frisiert waren, und riss den Kopf seines Sohnes in die Höhe.

Dieser hörte jedoch nicht mit dem jämmerlichen Geschrei auf. Verzweifelt warf er sich gegen den Griff und schien noch immer nicht zu bemerken, was die Realität bereithielt.

„Schluss mit diesem Unfug!“

Eine harte Ohrfeige ließ das Geschrei in ein klägliches Wimmern ersterben. Die dunkelumschatteten Augen waren plötzlich weit aufgerissen und starrten den Vater glasig an. Blind von dem Grauen, das sich in seinem Kopf abspielte.

„Ich bin unschuldig“, winselte Barty.

Ein weiterer Schlag folgte. Voller Verachtung starrte Barty Crouch auf den abgemagerten jungen Mann, in dessen sommersprossigem Gesicht das Leid und der Schrecken tiefe Spuren hinterlassen hatten, ihn älter machten, als er war.

„V-Vater?“

Dieses Mal waren die hellen Augen klar. Verwirrt huschten sie in ihren Höhlen umher, darum bemüht, herauszufinden, was geschah.

Crouch musste feststellen, dass er gar nicht wusste, was er nun tun sollte. Wortlos starrte er auf diesen Abschaum hinab und rang mit dem unbändigen Zorn, den er für diesen Menschen empfand. Der Griff in den Haaren wurde stärker, doch das schien der Junge nicht zu bemerken.

Fragend sah er zu ihm hinauf. Er wirkte verloren und so unglaublich verletzlich.
 

„Wo ist Mutter?“, entwich es seinen spröden Lippen.
 

Mr Crouch sah rot.

„Wie kannst du es wagen!“, schrie er, Speicheltropfen flogen aus seinem Mund. Rasend vor Zorn gab er diesem elenden Mörder eine weitere schallende Ohrfeige. Wie von selbst hatten seine Hände einen Weg um den dünnen Hals gefunden. Er musste nur drücken. Kräftig genug zudrücken und dieses ganze Ärgernis würde auf immer verschwunden sein. Nichts würde ihn mehr an diese Schande erinnern, die zwei Jahrzehnte lang in seinen vier Wänden gelebt hatte.

„Du hast sie umgebracht! Du elendes Stück Scheiße. Warum bist du nicht an ihrer Stelle gestorben?“

„Master Crouch, bitte, bitte nicht, das dürft Ihr nicht, die Mistress … sie wäre…“

Winkys Piepsen verstummte, als Crouch die Hauselfe grob von sich gestoßen hatte. Doch ihr Eingriff hatte seinen Zweck erfüllt und ihn wieder zur Besinnung gebracht. Zornig starrte er die Gestalt seines Sohns an, während er tief Luft holte und sich zur Beherrschung zwang.

Barty starrte aus seinen weit aufgerissenen Augen zurück. Regungslos lag er da. Sein Atem war so flach, dass man fast glaubte, er wäre tot. Und dann ertönte ein Glucksen. Der Blick verklärte sich, seine Schultern zogen sich hoch, als er lachend den Kopf in den Nacken warf.

Crouch schlug ein weiteres Mal auf dieses Monster ein, doch nützte es nichts.

Es lachte weiter. Sein Sohn lachte immer weiter und weiter. Selbst als sein Gelächter bereits vom Silencio verschluckt worden war, warf er sich in seinen Decken herum und schüttelte sich vor Lachen.

Hinter Crouch fiel die Tür laut ins Schloss. Er hörte ein befriedigendes Klicken, als der Riegel einrastete und ihm bedeutete, dass Bartemius Crouch Junior eingesperrt war. Er wusste, dass es kaum Nutzen hatte, doch stimmte es ihn für den Moment zufrieden.
 

~*~
 

Weitere Wochen vergingen, in denen sich Barty allmählich erholte. Dank Winkys fürsorglicher Pflege, stachen seine Knochen nicht mehr ganz so sehr unter der pergamentartigen Haut hervor und mit seinen wiedergewonnen Kräften nahmen auch seine Gedanken wieder festere Formen an. Gelegentlich waren sie zwar noch furchtbar verwirrend, doch würde Barty damit leben können.

Leben …

Dieser Begriff schien nach wie vor abstrakt.

Leben …

Das klang so vielversprechend, wenn er nur wüsste, was getan werden musste.

Barty schloss die Augen und versuchte nicht über seinen Verlust nachzudenken. Er hatte noch immer nicht ganz verstanden, was geschehen war. Doch wenn er richtig lag, hatte seine todkranke Mutter seinen Platz in Askaban eingenommen, um ihm etwas zurückzugeben, das wertlos war in den Händen seines Vaters.

Ein freudloses Lächeln huschte über Bartys Lippen. Er erinnerte sich kaum mehr an die beiden Male, als der Mistkerl seinen Raum betreten hatte. Es war zu einer Zeit geschehen, in der ihn Stunde für Stunde Fieberträume heimgesucht hatten und es ihm schwer gefallen war, die Realität von seinem fiebrigen Delirium zu unterscheiden. Eines aber war ihm klar geworden: Sein „Vater“ würde ihn eher tot sehen, bevor er ihm etwas ermöglichte, das der Bezeichnung Leben gerecht werden würde.

Also nutzte Barty all die ruhigen Stunden der Genesung und arbeitete in seinen lichten Momenten einen Plan aus. Er würde warten müssen. Sein Vater durfte nicht im Haus sein. Und Winky würde mitspielen müssen. So viel war klar. Als allererstes musste er es bewerkstelligen, an einen Zauberstab ranzukommen. Egal woher, egal von wem. Hauptsache er würde in der Lage sein zu zaubern.

Noch immer hörte er das grauenvolle Knacken, mit dem man vor seinen Augen seinen Zauberstab entzwei gebrochen hatte. Es hatte sich angefühlt, als hätte man ein Teil von ihm abgehackt.
 

Winky war eingetreten und brachte einen Teller mit dampfendem Eintopf.

„Für den jungen Herrn“, sagte sie mit ihrer unerträglich hohen Stimme. „Dass er bald wieder gesund und stark ist.“

Barty ignorierte das Geschwätz der Hauselfe und spielte den Schwachen, der kaum in der Lage war, die Nahrung zu sich zu nehmen. Er wollte den Moment, in dem Crouch vor der Frage stand, was es nun mit ihm zu tun galt, so lange wie möglich hinauszögern. Er wollte die Entscheidung selbst in die Hand nehmen.

Flohpulver, dachte er. Flohpulver war gut. Aber wohin damit? Kannte er noch andere, denen er trauen konnte? Denen er trauen durfte? Wer durfte von ihm wissen? Ihm, dem toten, toten Barty.

Barty grinste bei dem Wissen, dass ihn all die dummen Zauberer für tot hielten. Dass jeder dachte, er wäre jämmerlich umgekommen und niemand wusste, dass er nach wie vor dem Dunklen Lord treu ergeben war und nur auf eine passende Gelegenheit wartete zuzuschlagen.

Dafür gab er sich sogar der Erniedrigung hin, sich von seiner Hauselfe füttern zu lassen.

„Kann Winky noch etwas für den jungen Herrn tun?“, erkundigte sie sich, nachdem Barty aufgegessen hatte.
 

„Wo ist Vater?“
 

Die Hauselfe hielt zögernd inne. Barty konnte beobachten, wie sie unwillkürlich den Kopf einzog und nervös damit begann, an dem ausgefransten Enden ihres gammeligen Geschirrtuchs zu spielen.

„Bitte Winky. Warum kommt er nicht mehr?“

„Der Herr ist ganz viel arbeiten. Er hat Winky gesagt … böse Winky. Böse, böse Winky.“ Interessiert sah Barty Winky dabei zu, wie sie ihre Stirn gegen den Bettpfosten schlug.

„Aber die Mistress hat gesagt …“, brachte Winky kläglich hervor. Dann sah sie zu Barty hoch, mit ihren großen, treuen Augen starrte sie ihn an. „Winky hat versprochen, ganz gut auf den jungen Herrn aufzupassen und ihn zu pflegen.“

„Vater möchte das nicht.“

„Nein, nein. Der Meister hat andere Wünsche, aber Winky ist schon an das Versprechen ihrer Herrin gebunden. Winky widersetzt sich keinem Befehl!“

Die piepsige Stimme wurde schrill.

Barty streckte eine zittrige Hand unter der Bettdecke hervor und strich der Hauselfe flüchtig über die Schulter. Ihren erstaunten Blick erwiderte er mit einem Lächeln, das er ihr als kleiner Junge so oft geschenkt hatte. Es war ein ehrliches, vertrauensvolles Lächeln gewesen.

„Ich danke dir. Du machst deine Sache gut.“

Winky lächelte zurück und ihre Augen füllten sich mit dicken Freudentränen. „Oh Winky ist so froh, den jungen Meister Barty wieder da zu haben“, schluchzte sie. „Winky hat Sie schrecklich vermisst. Das hat auch die Mistress. Sie war ganz krank vor Kummer, aber Winky konnte nichts für sie tun.“

Winky verstummte und ließ traurig die Fledermausohren hängen.

„Schon gut, Winky“, brachte Barty mühsam hervor. „Ich bin mir sicher, du hast dein Bestes getan.“

Zufrieden beobachtete er, wie Winkys Gemütszustand wieder in Hoffnung umschlug. „Glaubt der junge Herr das wirklich?“

„Ja, ich bin mir ganz sicher.“

Winky quiekte vergnügt.

„Aber ich sollte mich jetzt ausruhen, damit ich bald wieder auf den Beinen bin, ja?“

Beflissen nickte die Hauselfe und ließ Barty wieder mit seinen Gedanken allein. Nachdem er sich seiner Ruhe sicher war, stand er vorsichtig auf. Es kostete ihn viel Kraft. Er musste gegen den Schwindel ankämpfen, der ihn befallen hatte, während ihn seine zittrigen Beine zu tragen versuchten. Aber er wusste, dass das nicht für immer war. Er würde üben und bald seine Pflicht erfüllen. Denn was sonst war ihm geblieben?
 

Crouch war auf der Arbeit. Barty war auf den Beinen. Die frische Kraft zurückgewonnener Stärke pulsierte durch seine Adern. Es fühlte sich gut an, nachdem er so lange ans Bett gefesselt und seinem Wahnsinn überlassen gewesen war. Hinzu kam die unbändige Euphorie, mit der ihn der bloße Gedanke erfüllte, endlich diesem Haus zu entkommen.

„Winky?“, rief er schwach. „Winky!“

„Der junge Herr hat Winky gerufen?“

Mit einem Knall apparierte Winky in Bartys Zimmer. Nun galt es vorsichtig zu sein.

„Ich wollte mich so gerne mal wieder in meinem Zuhause umsehen. Ich dachte vielleicht könntest du mir helfen.“

Unsicher spähte die Hauselfe von Barty zur verschlossenen Zimmertür und wieder zurück. Ihr war anzusehen, wie sie mit sich rang.

„Ich bin mir sicher, meine Mutter hätte nicht gewollt, dass ich den ganzen Tag lang in meinem Zimmer eingesperrt bin“, fügte Barty flehend hinzu.

Erneut huschte Winkys Blick hin und her. „Ich weiß nicht, Herr. Master Crouch hat Winky ganz ausdrücklich gesagt, dass der junge Herr nicht das Haus zu verlassen hat.“

„Aber Winky, ich verlasse doch nur kurz mein Zimmer. Bitte. Ich werde noch ganz verrückt immer hier drin eingesperrt zu sein!“

Barty sah der Hauselfe an, dass er gewonnen hatte. Zögerlich tapste sie zu der Zimmertür und öffnete sie schließlich mit ihrer Hauselfenmagie. Wut schoss in Barty hervor angesichts seiner Machtlosigkeit, doch wenn alles gut lief, dann würde er sich in wenigen Stunden wieder im Besitz eines Zauberstabs befinden.

Gemäßigten Schrittes ging Barty den stillen Flur entlang und folgte der breiten Treppe hinunter in das Foyer. Es kostete ihn alle Mühe, sich nicht dazu hinreißen zu lassen, ins Kaminzimmer zu eilen und umgehend mit dem Flohpulver abzuhauen. Stattdessen lief er durch den kalten Eingangsbereich des verlassenen Hauses und folgte einem Weg, den er unzählige Male gelaufen war.
 

Das Zimmer war kalt und düster, als Barty es betrat. Es war seltsam beklemmend, da es Zeit seines Lebens immer ein warmer und heller Ort gewesen war. Früher hatte seine Mutter auf dem Sofa gesessen und im sanften Feuerschein die Hexenwoche gelesen. Nun lag das Möbelstück verlassen da. Die einzige Lichtquelle war die schwache Wintersonne, die von den zugezogenen Vorhängen zurückgehalten wurde. Das alles war so falsch.

Schließlich erkannte Barty, was nicht stimme. Das Feuer brannte nicht. Schlimmer noch, ohne Feuer würde er nicht reisen können! Aber wie sollte er Winky dazu bringen, ohne dass sie herausfand, was er vorhatte?

Nachdenklich ließ sich Barty auf das Sofa fallen und vergrub das Gesicht in den Händen. Er musste nachdenken. Und sitzen war gut. Er wollte es sich nicht eingestehen, doch fühlte er sich bereits geschwächt. War er zu überstürzt? Nein, das konnte er nicht sein! Er musste hier raus! Musste weg von diesem Mistkerl, musste seine Aufgabe erfüllen, musste den Dunklen Lord finden.

„Winky“, flüsterte Barty.

Sofort erschien die Hauselfe und sah ihn ehrerbietig an.

„Kannst du Feuer machen? Es ist so kalt und dunkel hier drinnen.“

Zu seiner Freude tat Winky wie geheißen und entzündete mit einem Fingerschnippen augenblicklich ein Feuer in dem Kamin.

Begierig starrte Barty in die Flamme. Er versuchte nicht zu dem Kästchen mit dem Flohpulver zu sehen, das auf dem Kaminsims stand. Stattdessen ermahnte er sich zu warten, Kraft zu schöpfen und sich nichts anmerken zu lassen.

Nachdem Winky wieder verschwunden war, stand Barty langsam auf und begann sich umzusehen, als würde er den Moment, wieder zu Hause zu sein, noch erfassen müssen. Nachdenklich strich er über die ledernen Einbände der dicken Wälzer, die sich in einem hohen Bücherregal befanden. Erinnerungen an einen kleinen Jungen stiegen in ihm auf, der sich vorgenommen hatte, all diese Bücher zu lesen. Er erinnerte sich, wie er sich den Band über die neuen Nimbus Modelle von Devlin Whitehorn gewünscht hatte und sich letzten Endes traurig mit einer Ausgabe des politischen Zauberers hatte zufrieden geben müssen.

Barty bemerkte nicht, wie er innegehalten hatte. Wie seine Finger auf dem ledernen Buchrücken verweilten, während er tief in Gedanken verloren war. Sein Kiefer mahlte vor unterdrückter Wut. Sein Plan fiel ihm ein, sein großer, verheißungsvoller Plan.

Von Winky war nirgends etwas zu sehen; also begab er sich Richtung Kaminfeuer. Hastig griff er nach dem kleinen Kästchen, das das Flohpulver beinhaltete — seine Rettung! — und erstarrte.

Panik wuchs in Barty. Er versuchte sich zu bewegen, kämpfte mit aller Macht gegen den Zauber an und musste voller Bitterkeit einsehen, dass er keine Chance hatte. Nicht ohne einen verdammten Zauberstab.
 

„Winky tut das sehr leid, junger Herr, aber der Meister hat befohlen, dass wenn …“, die Stimme der Hauselfe erstarb.

Am liebsten hätte Barty sie an Ort und Stelle getötet. Er war so nah dran! So nah dran! Alles in ihm zog sich zusammen. Er konnte und wollte nicht glauben, was geschah. Er war so nah dran.

„Winky“, brachte er heraus, als er bemerkte, dass er noch sprechen konnte. „Winky, ich befehle dir, dass du mich gehen lässt!“

Doch nichts geschah. Diese dumme Hauselfe wrang verzweifelt ihr schmutziges Geschirrtuch; mehr tat sie jedoch nicht.

Barty versuchte ruhig zu bleiben, nicht den Kopf zu verlieren. Bei Slytherin! Es musste einen Ausweg geben, musste, musste, musste! Fieberhaft zermarterte er sich das Hirn. Seine Augen huschten wild umher, während er langsam die Nerven verlor. Nicht so. Nicht schon wieder. Er wollte kein zweites Mal erwischt werden.

Bartys Herz pochte ihm bis zum Hals; irgendwo in der Ferne schlug die alte Standuhr sechs und pünktlich zum letzten Schlag, erstrahlte das Kaminzimmer plötzlich in einem smaragdgrünen Licht. Geblendet kniff Barty die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete, war von dem Grün jegliche Spur verschwunden, stattdessen ragte die unheilverkündende Gestalt Mr Crouchs vor ihm auf.

Dieser sagte nichts. In seinem Blick lag tiefe Abscheu, doch das verbitterte Gesicht blieb ausdruckslos.
 

Barty wartete ebenfalls. Kein Wort drang über seine trockenen Lippen, während er stumm die Gestalt anstarrte, die sich Vater schimpfte.

Dann brach das Donnerwetter los.

Ein unsichtbarer Schlag warf Barty zu Boden. Das Kästchen mit dem Flohpulver fiel ihm aus der Hand, wobei sich der Inhalt auf den kunstvoll gewebten Teppich ergoss.

„Ich hatte dir angeordnet, dass dieser Abschaum sein Zimmer nicht verlassen darf!“, tobte Crouch.

„Sir, Winky, bittet um Verzeihung, Winky wollte nicht ungehorsam sein, sie wollte nur den Wunsch der Herrin berücksichtigen und-“

„Genug!“, donnerte Crouch und trat nach der Hauselfe. „Ich will, dass du nie wieder ein Wort über die Herrin verlierst. Nie wieder! Haben wir uns verstanden? Alles, was sie dir aufgetragen hat, ist nicht mehr wirksam. Die Herrin ist tot!“

Der letzte Satz fegte durch das Zimmer und hinterließ eine beklemmende Stille, in der sich langsam die schreckliche Bedeutung entfaltete.

Barty nutzte die kurze Ablenkung, um sich eine Handvoll Flohpulver zu greifen. Wenn er es jetzt nur noch zum Kamin schaffte!

„Und du“, sagte Crouch und stand mit einem Mal über ihm. Starke Hände zerrten an seinem Kragen, halfen Barty aufzustehen. Die hellen Augen schienen ihn mit ihren Blicken töten zu wollen. „Du mieses kleines Stück Scheiße. Ich hätte dich nie aus Askaban holen sollen.“
 

„Du hast es für Mutter getan.“
 

Barty wusste nicht, wie und warum. Die Worte waren einfach so seinen Lippen entschlüpft. Doch plötzlich waren sie da, ausgesprochen, hingen in der Luft, machten alles lächerlich, wofür sein Vater arbeitete, alles so lächerlich lächerlich. Und Barty konnte sehen, wie sie ihn trafen. Jedes einzelne Wort bohrte sich in sein Gegenüber, war besser als jeder Cruciatus. Er spürte ein Gefühl tiefster Genugtuung in ihm hervorbrechen.

„Wie kannst du es wagen?“, flüsterte Crouch. Noch ehe Barty sich versah, wurde er gegen das Bücherregal gestoßen. Die Bretter bohrten sich schmerzhaft in seinen Rücken, doch das war es ihm allemal wert, bei dem zutiefst verletzten Anblick seines Vaters.
 

„Wie kannst du es wagen!“
 

Barty schrie. Knochen für Knochen schien in seinem Körper entzwei zu brechen, ihre zersplitterten Enden schienen sich einen Weg aus seiner Haut zu bohren. Seine Beine knickten unter ihm weg. Einzig das Regal in seinem Rücken gab ihm Halt, sodass er langsam daran herab rutschte, schreiend, weil seine Knochen nicht aufhörten zu brechen, weil das Brennen und Reißen zunahm, sein Denken vernebelte, weil der Schmerz so unsäglich wurde. So unsäglich und dennoch spürte Barty, wie seine Gedanken Vergleiche zogen, wie das Bewusstsein ihn erfüllte, dass er Schlimmeres durchgemacht hatte, dass ihm Schlimmeres angetan worden war, dass er Schlimmeres verspürt hatte.

Eigentlich war es niedlich. Dieses vermaledeite Arschloch versuchte sich doch tatsächlich an einem Cruciatus!

Barty glaubte, kaum mehr Luft zu bekommen. Japsend versuchte er zu atmen, was schwer war, bei all dem Schreien. Dem Schreien, das sich allmählich in Gelächter verwandelte. Er war blind vor Tränen und Schmerz.

„Das ist erbärmlich“, kicherte er. „Erbärmlich.“

Seine Stimme erstarb, als eine weitere Welle des Schmerzes über ihn hinweg brandete. Dann war auf einmal alles wieder normal.
 

Ächzend versuchte Barty sich gegen das Regal in seinem Rücken zu pressen und sich somit wenigstens in eine halbsitzende Position zu bringen. Er verabscheute, wie schwach er plötzlich geworden war. Wie seine Glieder unkontrolliert zitterten, ihn kaum mehr stehen ließen. In seiner Faust hielt er noch immer das Flohpulver. Er hatte sie so fest geballt, dass sich seine Fingernägel schmerzhaft ins Fleisch bohrten. Wenn er den Kopf in den Nacken legte, konnte er hinauf zu diesem Mistkerl blicken.

„Was hätte Mutter nur gesagt, wenn sie das jetzt gesehen hätte?“

Er konnte nicht anders. Er hatte den wunden Punkt seines Vaters gefunden und er würde, solange er konnte, darin herum bohren. Vielleicht würde dieser dann einen Fehler begehen. Einen Fehler, den er nutzen konnte. Wenn er nur den Zauberstab dieses Mistkerls zu fassen bekäme, wäre das auch schon ein entscheidender Sieg.
 

„Wie kannst du so über sie sprechen?“, schrie Crouch außer sich vor Zorn. „Du hast sie umgebracht!“

„Das habe ich nicht“, sagte Barty leise. Sein Blick flackerte, seine Lippen umspielte ein irres Lächeln. „Du warst das, Vater, du ganz allein. Du hast mich nach Askaban geworfen, du hast sie so unglücklich gemacht.“

Ein Schwebezauber erfasst Bartys schwachen Körper und beförderte ihn wieder auf die Beine, drückte ihn unsanft gegen das Bücherregal und erlaubte keine weitere Bewegung. Dann traf ihn eine schallende Ohrfeige.

„Schnauze“, keuchte Crouch. „Alles, was ich je für dich getan habe, hast du mit Füßen getreten! Du hast kein Recht so davon zu reden!“

„Ach ja?“ Dieses Mal setzte etwas in Barty aus. Ein Sturm von Gefühlen übermannte ihn, er konnte nicht mehr klar denken, er konnte nur noch Worte schreien, die ihm all die Jahre auf der Zunge gebrannt hatten: „Du Scheißkerl hast doch überhaupt keine Ahnung! Was hast du für mich getan? Was hast du überhaupt getan? Du warst nie da! Du hast dich einen Scheiß um uns gekümmert. Alles, was du wolltest, war deine beschissene Arbeit. Mutter und ich, wir warn nur da, damit du dich mit was schmücken konntest. Ist es nicht so? Ist es nicht so?! Aber weißt du was? Ich hab Besseres gefunden. Ich hab nicht wie du unserer Familientradition den Rücken gekehrt für’n bisschen Ruhm dieser Blutsverräter und Schlammblüter. Oh nein, nein, nein, das hab ich nicht, Vater. Ich habe mich dem Dunklen Lord angeschlossen. Ich bin einer seiner treuesten Diener geworden. Ich habe gemacht, was ganz allein ich wollte!“ Hass und Wahnsinn verzerrten Bartys Gesicht gleichermaßen, als er mit fiebrigem Blick seinen Vater anstarrte. Seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Und ich werde den Dunklen Lord zurückholen“, flüsterte er in die eingekehrte Stille hinein. „Er wird wieder auferstehen. Und wenn das geschieht, bist du tot!“

Zufrieden beobachtete Barty, wie sich tiefe Abscheu in die Züge seines Vaters grub, wie sie sich fassungslos verzerrten. Wie seine Worte ihm kurzzeitig die Stimmte geraubt hatten.
 

„Ich hätte dich von einem Dementor küssen lassen sollen“, stieß Crouch schließlich hervor. Das ergraute Haar war ihm in die Stirn gefallen. Hass funkelte in den hellen Augen und Barty konnte sich nichts Schöneres in diesem Moment vorstellen.

„Stattdessen hast du mich nach Askaban geworfen und Mutter damit umgebracht.“

„Halt die Klappe!“

Schon wieder ein Cruciatus. Der Zorn musste die Gedanken dieses Mistkerls deutlich beeinflussen, sonst hätte er erkannt, dass Barty seine Gelegenheit nutzte, von seiner einzigen Waffe Gebrauch machte, die ihm geblieben war. Worte. Wunderschöne Worte, die er schon immer mal hatte sprechen wollen.

Zu seiner Freude musste er feststellen, wie sich der Schwebezauber gelöst hatte, wie er sich wieder ganz nach seinem Willen bewegen konnte, wenn seine Kräfte es denn zuließen. Wenn er vorwärts stolpern konnte…
 

Barty versuchte einen Schritt, nachdem der Folterfluch wieder an Wirkung verloren hatte und stürzte nach vorne. Er verlor jeglichen Halt. Oben war unten, rechts war links, alles bedeutungslos.

Als Barty wieder die Augen geöffnet hatte, hatte sein Vater ihn beim Kragen gepackt. Hasserfüllt starrte er ihn an und Barty erwiderte diesen Blick. Er hasste es, wie er dabei den Kopf leicht in den Nacken legen musste, weil er nie so groß wie dieser Mistkerl geworden war. Wie er immer zu ihm hochsehen musste.

„Ich werde dich umbringen“, sagte Barty mit einem breiten irren Grinsen im Gesicht. Er musste es sagen. Die Worte hatten rausgewollt. Währenddessen versuchte er nach dem Zauberstab zu greifen. Er hatte nur diese eine Chance. Der Zauberstab.

Aber er war zu schwach. Sein Vater stieß ihn mühelos zu Boden. Sein Kopf schlug dieses Mal hart auf der Kaminplatte auf, brachte seine Ohren zum Klingeln, das Bild zum Verschwimmen. Schwarze Punkte tanzten auf seinem Blickfeld.

Keuchend versuchte Barty sich hochzuziehen, seine Gedanken beisammen zu halten und sich auf das lodernde Feuer zu konzentrieren. Noch hatte er nicht alles Flohpulver verloren. Es konnte reichen.

Er zog sich weiter Richtung Flammen, die Hände fest zu Fäusten geballt.

„Ich hasse dich, Vater“, spie er mit einem letzten Blick über die Schulter hervor.

Jetzt oder nie.

Barty sammelte alle Kräfte, während er in das verhasste Gesicht seines Erzeugers sah. Er schöpfte Kraft aus seinem Hass, er schwor sich Rache, er riss sich zusammen.

Dann richtete sein Vater unbarmherzig den Zauberstab auf ihn.

„Imperio.“

Ein Gefühl so weich wie Watte quoll in seinen Kopf, nahm ihm den Hass, die Panik, die Kraft, sich zu wehren. Barty fiel und konnte nicht anders, als der Stimme zu lauschen, die sich in ihm einnistete. Ausdruckslos sah er zu seinem Vater. Das Wissen, das er verloren hatte, wurde von der warmen weichen Wolke in seinen Gedanken erstickt.
 

ENDE


Nachwort zu diesem Kapitel:
*: Die wörtliche Rede orientiert sich an den Geschehnissen aus „Harry Potter und der Feuerkelch“, S. 621-624

Anm: Aus dramaturgische Gründen habe ich es dabei belassen, dass die Todesser bei eisiger Kälte mit einem Schiff nach Askaban gebracht werden |DD Mir ist mittlerweile klar, dass es Flohpulver (okeh, ich habe Schwierigkeiten mit der Vorstellung, einen Kamin in Askaban zu finden xD) oder ein Portschlüssel auch getan hätten. Aber mal ehrlich. Als Muggel denkt man nicht immer so weit ;D Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Anmerkung/Schleichwerbung für den interessierten Leser: Die beiden Erinnerung an den kleinen Barty, über die Mrs Crouch mit ihrem Mann spricht, können in meiner One-Shot Sammlung „Kindheitsmomente“, Kapitel 4 und dem kommenden Kapitel 10 nachgelesen werden :DD Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Anmerkung: Der Wortlaut von Crouch Seniors Brief entspringt nicht meiner Feder, sondern wurde von einem Mitglied der „Magical Mischief Makers“ verfasst. Ich war lediglich so frei, ihn zu übernehmen und ein, zwei Formulierungen auszubessern. Leider habe ich nie in Erfahrung bringen können, wer genau es war, der mir mit diesem tollen Brief einen so fantastischen Einstieg für den Charakter ermöglicht hat. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war’s schon. Den Rest kann man in den Büchern nachlesen :D
Nein, was ich sagen möchte ist, dass ich meinen Spaß daran hatte, dieses Drama zu schreiben und sehr hoffe, dass es dem ein oder anderen gefallen hat. Ich selbst bin ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn ich mir das letzte Kapitel wesentlich kürzer vorgestellt habe (und überrascht gewesen bin, wie die Konfrontation zwischen Barty und seinem Vater letzten Endes vonstatten gegangen ist. In meinem Kopf hat sie sich zuvor immer anders abgespielt).
Des Weiteren wollte ich mich für die lieben Reviews und Favs bedanken. Ich bin tatsächlich davon ausgegangen, dass dieser Inhalt, also das Leben der Crouchs, niemanden interessieren wird. Deshalb ein großes Danke an jeden, der das hier liest <3 Es hat mich sehr gefreut, zu wissen, dass es den einen oder anderen Leser gab, den das Ganze hier zu interessieren schien.
Ein besonders großes Danke gilt insbesondere Caligula, der sich die Mühe gemacht hat, heftige Romane zu den letzten Kapiteln zu schreiben. Du bist der Wahnsinn!
Dann nutze ich noch die Gelegenheit für Werbung im Rahmen der FF zu machen, weil es eine Fotoreihe zu Bartys Askabanaufenthalt gibt |DD (falls das jemand schon immer mal sehen wollte — schließlich haben die das im Film einfach außer Acht gelassen)
Und zum Schluss noch ein kleines Fun Fact (für den, den’s interessiert): Während des Schreibens dieser Fanfic hab ich für die Atmosphäre wahnsinnig viel den Broadchurch Soundtrack gehört. Erst im Nachhinein fiel mir auf, dass der Schauspieler (David Tennant) von Barty Crouch Jr auch in Broadchurch mitspielt xD

Jedenfalls, vielen Dank noch mal fürs Lesen! :3

Sweeney
Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu dieser Fanfic (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2017-02-25T08:38:56+00:00 25.02.2017 09:38
Die Geschichte fügt sich nahtlos ins HP-Universum ein. Du hast hier einen Nebencharakter beleuchtet, den man nicht auf dem Schirm hat, und ihm einen authentischen Hintergrund verpasst. Persönlich hätte ich eine Triggerwarnung für Gewalt/Missbrauch gesetzt, da du die Ereignisse und das Verhalten des Vaters extrem eindringlich zu beschreiben vermagst. Dein Wortschatz ist passend, abwechslungsreich und profitiert massiv von dem gekonnten Wechsel der Satzlängen. Obgleich mir die impulsiven Beleidigungen im vierten Kapitel zu derb waren, sind sie situationsbedingt und aufgrund des Vorgeschehens eine Punktlandung. Ebenfalls ist dir im Bezug zwischen Hauselfe Winky und Barty eine kolossale Leistung gelungen. Das war eine der besten Darstellungen, die mir auf Animex bisher unterkamen.
Der IM und Vater toppen das jedoch in der Schilderung. Ein ganz starkes Portrait!
Inhaltlich könntest du noch den Wechsel vom Unschuldigen zum Todesser klarer herausarbeiten, ebenso die Kommasetzung vor Namen nachholen.
Hinsichtlich des Leids und des Falls der Familie bin ich nachhaltig beeindruckt und fasziniert. Die Rolle der Mutter nicht zu vergessen, verdient Hochachtung.
Hervorragende Geschichte, durch und durch.

Cylk.
Helfer der KomMission
Antwort von:  SweeneyLestrange
01.03.2017 12:58
Hallo Cylk,

vielen, vielen Dank für das Lob und überhaupt, dass du dir die Zeit genommen hast, dir die FF durchzulesen und so einen hilfreichen Kommentar zu schreiben. Deinen Tipp mit der Triggerwarnung finde ich echt gut — die Warnung werde ich auf jeden Fall setzen. (auch auf die Kommasetzung werde ich noch mal schauen, danke :3)
Es freut mich aber wirklich zu hören, dass ich mit dieser FF die gezielte Wirkung erreichen konnte und die Familie Crouch sowie die Tragik, die dahintersteckt, näher bringen konnte. Deshalb kann ich nur noch einmal sagen, vielen lieben Dank für diese großartige Rückmeldung! Ich hab mich total darüber gefreut!

Liebe Grüße,
Sweeney
Von:  Valenfield
2015-06-13T14:14:07+00:00 13.06.2015 16:14
Hi!
Ich muss sagen, dass es wenige Geschichten schaffen, mit den ersten Sätzen mein Interesse zu wecken. Meistens muss ich mich erstmal reinlesen, bevor ich mich eindenken kann und wirklich Spannung entsteht, aber hier ging es mir tatsächlich anders.
Barty Crouch Jr. ist nicht wirklich ein Charakter, dem ich in den Büchern und Filmen besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt oder der mich außerordentlich interessiert hätte, aber du schaffst es gleich zu Beginn, dass man sich in seine Position versetzt und seine Gefühle...mitfühlt. :D Während man für eine Bellatrix wahrscheinlich nur Verachtung empfinden kann - so wie sie für jeden - kann man sich bei Barty gut vorstellen, dass er mit seinem Vater immer unter Druck stand, etwas zu leisten, diese Leistungen aber nie gut genug waren, um sich dafür Zeit zu nehmen. Das kann extrem frustrieren und einem das Gefühl geben, für nichts gut genug zu sein und immer nur zu versagen - dieses Gefühl scheint Barty zu haben und du bringst es wirklich gut rüber, durch die düsteren Adjektive, gemischt mit "perfekte Familie" Attributen wie "kunstvoller Teppich", die durch ihren Kontrast noch einmal extrem bissig wirken und dem Ganzen eine zynische Note geben.

Stilistisch gefallen mir die stellenweise vielen abgehackten Sätze nacheinander sehr gut. Die unterstreichen die Verzweiflung und Machtlosigkeit, die er empfindet. Insgesamt finde ich deinen Schreibstil sehr angenehm zu lesen und auch fesselnd.

Lieben Gruß,
Valenfield
Antwort von:  SweeneyLestrange
15.06.2015 10:12
Hi,

wow, vielen lieben Dank für so einen tollen Kommentar! *-*
Dein Lob machst mich gleich doppelt glücklich, weil es die Geschichte geschafft hat, dich direkt zu anfangs hineinzuziehen und das obwohl es Barty ist. Mir war es wirklich wichtig, so eine Wirkung zu erzielen und dabei viel mit den Gefühlen zu arbeiten.
Ich denke auch, dass Barty wegen des mangelnden Interesses seines Vaters oft ein Gefühl der Wertlosigkeit empfunden und stark nach (dessen) Anerkennung gesucht hat, bis er dann schließlich abgerutscht ist.
Vielen, vielen Dank jedenfalls, dass du dir die Zeit für so ein schönes und ausführliches Feedback genommen hast, ich habe mich sehr darüber gefreut :3 zumal ich eigentlich nicht davon ausgegangen bin, dass die Fanfic auf viel Interesse stoßen wird.

Liebe Grüße,
Sweeney
Von: abgemeldet
2015-06-12T13:25:16+00:00 12.06.2015 15:25
Ich habe selten eine so authentische, beunruhigende Bootsszene gelesen. Ob das von dem "schwarzen Klumpen in den Eingeweiden" oder dem "schaukeln" und "schwanken" kam, kann ich gar nicht recht unterscheiden - aber wenn ich irgendwo das Gefühl hatte, Askaban und die Dementoren wären real, dann dort. :-)
Da dies meine erste Geschichte von dir ist, kann ich dir leider nicht sagen, inwiefern er sich unterscheidet. Aber mir gefiel das düstere Szenario, das sehr von den kurzen Sätzen und ausdrucksstarken Attributen profitierte. Beim ersten kursiven Einschub musste ich kurz überlegen, weil ich dachte, da wäre eine Formatierung schiefgegangen - das lag, glaube ich, daran, dass die Leerzeilen mich verwirrten - doch insgesamt ist der Vergangenheitsflashback absoluter, emotionaler Gruselfaktor. Von Verzweiflung über Wut, Hilflosigkeit, Unglück und Fanatismus; da ist alles dabei.
Du hast sehr gut herausgekehrt, wie schwrr es sein kann, unter dem Erwartungsdruck aufzuwachsen, nach Höherem zu streben und entweder darin Erfüllung zu finden (Bellatrix) oder daran zu zerbrechen (Barty).

Gruß, Morgi
Antwort von:  SweeneyLestrange
15.06.2015 10:03
Hallo Morgi,

vielen lieben Dank für deinen wirklich tollen Kommentar! :D
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich selten ein Lob in so schöner Form bekommen habe. Es freut mich wirklich sehr zu hören, welche Wirkung das Kapitel bzw einzelne Sätze auf dich hatten - besonders das die Vergangheitsflashbacks den gewünschten Effekt beim Lesen hervorgerufen haben.
Danke noch einmal für das tolle Feedback.

LG, Sweeney


Zurück