Chaosbrut von Jadis ================================================================================ Kapitel 3: Höhlenerfahrungen ---------------------------- 3 ¨¯¯¨˜“ª¤.¸°¸.¤ª“˜¨¨¯¯¨ Höhlenerfahrungen Ich friere. Die Eishöhle ist riesig. Und kalt. Ein Labyrinth aus ewigem Eis und Kälte. ich trage nur meinen dünnen Pyjama und zittere zum gotterbarmen. Mein Atem steigt in wabbernden weißen Wolken vor mir auf, als ich barfuß durch die Gänge irre. Ich laufe gerade einen nicht enden wollenden Gang entlang, als sich dieser plötzlich vor mir auftut und in einen Eispalast öffnet, so hoch wie eine Kathedrale. Ich werfe meinen Kopf in den Nacken und kann ganz am oberen Ende der Eiswände die arktische Sonne durch fensterartige Öffnungen scheinen sehen. Mein Blick gleitet wieder hinab, fliegt hinüber zur Mitte des riesigen Areals und ich erspähe Byleist, der mich wie ein lebendes Mahnmal daran erinnert, dass die normale Gestalt der Eisriesen eigentlich groß, blau und furchteinflößend ist. »Folge mir«, dröhnt seine tiefe Stimme zu mir herüber, während ich überlege, ob ich erst einmal abwarte oder doch lieber schleunigst die Beine in die Hand nehme. Seine roten Augen machen mir eine Heidenangst. Von den spitzen Zähnen, die er beim Sprechen freilegt, will ich gar nicht erst anfangen. »Ich sage es nicht noch einmal.« Es kommt Bewegung in Byleist, er wendet sich von mir ab und steuert einen Ausgang am anderen Ende der Halle an. Eine Stimme in meinem Kopf sagt, dass ich mir einmal Gedanken darüber machen soll, wie es sein kann, dass Byleist am Leben ist, wo Loki seinem Bruder beim letzten Alienangriff doch einen Dolch in den Leib gerammt hat. Ich höre nicht auf die Stimme und beeile mich die Halle zu durchqueren, da Byleist den Tunnel bald erreicht hat. Ich blinzele und augenblicklich bin ich zu dem Eisriesen aufgeschlossen, habe hunderte Meter mit nur einem Augenschlag zurückgelegt. Er führt mich noch weiter hinein in die Eishöhle. Oder hinaus? Ich kann es nicht sagen, folge nur stumm dem Riesen und schnaufe schon bald aufgrund des hohen Tempos. An einer Eisnische vorbeigehend, erblicke ich Hel, die mir zunickt, ihren Skelettarm hebt und mir somit den Weg weist. Als ich den Blick wieder von ihr abwende und nach vorn schaue ist Byleist verschwunden. Ich setze meinen Weg allein fort und erblicke hinter der nächsten Biegung Sonnenlicht in der Ferne. Dann ertönt ein Schrei und ich beginne zu laufen. Gleißendes Licht blendet mich, als ich auf genau die Eishöhle mitten in der arktischen Eiswand stoße, in der mich Byleist damals festgehalten hat. In der Tiefe höre ich den Ozean rauschen, Schnee treibt in der Luft und vor meinen Augen tobt ein Kampf auf Leben und Tod. Zwei Lichtgestalten stürzen sich wie Berserker aufeinander, werfen Lichtblitze und schenken sich nichts. Ich bin geblendet von deren Schein und wende den Blick ab, erkenne jedoch trotzdem, dass ein Speer aus Licht in der Hand einer Gestalt erscheint und die andere mit einer Brutalität aufgespießt wird, die mich schaudern lässt. Die getroffene Gestalt taumelt zurück und geht zu Boden, dann verlischt der Schein und das Geschöpf bekommt klare Konturen. Helle Haut, dunkles Haar,- »Loki!«, kreische ich, bis meine Stimme bricht. Ich haste auf ihn zu und werfe mich über ihn. Sein Blick ist unfokussiert und seine Haut wird ganz grau, als ich auf seine Brust trommele und flehe, dass er bei mir bleibt. Ein Lachen ertönt hinter mir, also erhebe ich mich und stürze mich, rasend vor Wut, auf die verbliebene Gestalt aus Licht. Ein Arm schießt nach vorn, bevor ich diese erreiche und trifft mich im Gesicht. Ich stürze zu Boden und merke, dass meine Augenbraue aufgeplatzt ist. Doch das ist mir egal. Ich raffe mich schnell auf und will kratzen, beißen, wehtun. Dann trifft mich eine unsichtbare Barriere und schleudert mich aus der Eishöhle. Als ich schreiend in die Tief stürze und einen letzten Blick auf den sterbenden Loki erhasche, kann ich nur noch hoffen, dass ich auf den Eisschollen nicht zerschelle. Doch anstatt zu fallen, steige ich plötzlich wieder auf, blinzele und starre schwer atmend an unsere Schlafzimmerdecke. Ich bin erleichtert und rolle mich auf die Seite. Lokis Platz ist leer. Ich brauche ein paar Minuten um mich zu sammeln, dann schlage ich die Bettdecke beiseite und begebe mich zur Schiebetür zwischen Schlafzimmer und Wohnbereich. Loki schaut vom Küchentisch auf, als ich die Schiebetür öffne und ich lächele. Dali sitzt auf seinem Schoß und bekommt gerade sein Frühstück, Bob sitzt gebannt daneben und hofft, dass auch für ihn etwas abfällt. Letzterer sieht kurz zu mir, wedelt einmal mit dem Schwanz und schaut zurück auf den Löffel mit Babybrei, der soeben in Dalis Mund verschwindet. »Guten Morgen, Pilzköpfchen«, sagt Loki und ich danke irgendeiner höheren Macht, dass er wohlauf ist. »Guten Morgen«, erwidere ich und begrüße meine Männer gebührend. Dann stelle ich mich hinter Loki, lege mein Kinn auf seine Schulter und verschränke meine Arme vor seiner Brust. »Du bist ganz kalt«, stellt er fest und greift mit einer freien Hand nach der meinen. Erst jetzt bemerke ich, dass ich Gänsehaut habe und erbärmlich am frieren bin. »Und was ist das?« Loki dreht sich so gut es geht zu mir und sein Blick gleitet hinauf zu meiner Stirn. Sein Finger folgt seinem Blick. Mit dem Daumen streicht er über meine Augenbraue und als er ihn wieder davon löst ist dieser blutig. »Oh«, sage ich verwundert und denke an meinen Traum. »Da habe ich mich wohl im Schlaf gekratzt.« »Wahrscheinlich«, stimmt Loki mir zu und leckt mein Blut von seinem Finger, was mich irgendwie ganz schön wuschig macht. Dann streicht er über mein Kinn. »Du musst vorsichtiger sein.« Seine Hand wandert an meine Stirn. »Du wirst doch nicht etwa krank?« Ich verneine mit einem entsprechenden Geräusch und nehme Dali an mich, der keine Lust mehr auf sein Essen zu haben scheint. Bob schaut sehnsüchtig zu den Resten auf. »Na, mein Schatz?« Ich klopfe vorsichtig auf Dalis Rücken und warte auf das Bäuerchen, während Loki uns nachdenklich betrachtet und Bob den Kopf krault. »Wo wollen wir frühstücken?«, fragt er mit einem Mal. »In der Küche?«, schlage ich vor, während Luft aus Dalis Magen entweicht und ich ihm das Lätzchen abnehme. Loki verzieht das Gesicht. »Ich dachte eher an Australien, Indien, Afrika.« »Ah«, verstehe ich jetzt und überlege kurz. »In Yermo«, sage ich und Loki nickt einverstanden. Dann greift er nach meiner Hand und keine Sekunde später sitzen wir an einem gedeckten Tisch in Peggy Sue's Fünfzigerjahre Diner in Yermo, den Ort den wir bei unserem letzten Roadtrip besucht haben. Ich bin erleichtert, dass ich sogar Klamotten anhabe, die man in der Öffentlichkeit tragen kann und nicht mehr meinen Pyjama. Sogar ein Pflaster klebt über meiner Augenbraue, stelle ich fest, während Dali im Kinderstuhl neben mir nach einem luftigen Pancake grapscht und diesen in seinen Mund schiebt. Ich schmunzele, während Loki, der mir gegenüber sitzt, sich nach vorn beugt und der rote Lederbezug der stylischen Sitze leise quietscht. Er greift nach meiner Hand, sagt leise asische Worte und ich werde ganz emotional. »Ich dich auch«, sage ich und drücke seine Hand, während Dali den Pancake auf den gebohnerten Boden schmeißt und dabei vergnügt quietscht. ~ Ich steige gerade aus der Dusche und trete, in ein Badetuch gewickelt, ins Schlafzimmer, als es an der Tür klopft. Wieso benutzt eigentlich nie jemand unsere Klingel? Ich spähe durch die offen stehende Schiebetür, als Loki sich von seinem Schreibtisch erhebt und sich zur Tür begibt. Auf halbem Weg bleibt er stehen und schaut mich interessiert an. Er sieht von meinem Gesicht zum oberen Rand des Badetuchs und wieder zurück. »Verführerisch«, sagt er und geht zur Tür. Ich beeile mich, schließe die Tür und schlüpfe in frische Unterwäsche, als bereits Nicks Stimme an mein Ohr dringt. Jetzt beginnt er also. Der vermutlich schlimmste Tag in meinem Leben. Die Zombie-Apokalypse ist ein Dreck dagegen. Ich entscheide mich für ein nettes Sommerkleid, flache Sandalen und zwinge meine Haare in einen unordentlichen Dutt. Meine Mom wird es hassen, aber das ist mir egal. »Meine alte Wohnung steht ja immer noch leer«, höre ich Nick feststellen und mein Körper läutet eine leichte Nervenkrise ein, als Nick auch noch vorschlägt, dass Cooper, also Dad, doch einziehen könnte. Ein Familienmitglied in so unmittelbarer Nähe? Da kann ich ja gleich lachend in eine Kreissäge springen. Ich reiße die Schiebetür zur Seite und Nicks Blick fliegt zu mir. Ich will ihn begrüßen, doch sein Mund verzieht sich abschätzend und mir bleibt die Begrüßung im Hals stecken. »Willst du so aus dem Haus gehen?«, fragt er mich und ich werde unter der strafenden Härte seines Blickes immer kleiner, gehe hinüber zu Loki und versuche mich hinter seinem Rücken zu verstecken. »Das wird Wilhelmina gar nicht gefallen. Apropos, sie weiß Bescheid, dass wir gleich mit deinem Dad, der übrigens Spitze ist, bei ihr einfallen. Sie freut sich und hat irgendetwas von einer noch offen stehenden Rechnung oder so erzählt.« Ach du meine Güte, denke ich und schlage mir innerlich die Hand vor die Stirn. »Wo ist Dad?«, fällt mir dann auf und ich spähe zu der noch offen stehenden Tür. »Der steht unten und tratscht mit Bill«, erklärt Nick und geht hinüber zur Spieldecke, wo Dali und Bob mit ein paar Plüschtieren beschäftigt sind. Dabei sehe ich, dass er seine verschwundenen Augenbrauen stümperhaft mit Kajal nachgezogen hat und muss mir auf die Unterlippe beißen, um nicht laut loszulachen. Ich zucke erschrocken zusammen, als Lokis Lippen gegen meine Schläfe stoßen. »Alles wird gut«, sagt er leise, als könnte er Gedanken lesen. »Es wird bestimmt ein ganz wundervoller Familiennachmittag.« »Bestimmt«, sage ich und meine Stimme trieft vor Sarkasmus. Jetzt kann mich wirklich nur noch ein Alienangriff retten. »Da ist er«, sagt Dads Stimme von der Tür und wir alle wenden unseren Blick zu dem Neuankömmling, der jedoch nur Augen für Dali hat. Bob gibt ein kurzes Knurren von sich, als er den Fremden in der Tür stehen sieht. »Bob«, ermahnt Loki. »Alles in Ordnung.« Der Golden Retriever bettet seinen Kopf zwischen seine Vorderpfoten und beobachtet Dad, der langsam näher tritt. Dali lässt sein Plüschtier fallen und sieht seinen Großvater auf eine wissende Art an, die kein Kind in seinem Alter besitzen sollte. Dann reckt er seine Ärmchen nach oben und Dad hebt seinen Enkelsohn in beschützende Arme. »Hallo, kleiner Mann«, sagt Dad und ist ganz offensichtlich den Tränen nahe, als Dali nach seiner Nase greift. Ich sollte den Blick lieber abwenden – ich kann Männer doch nicht weinen sehen –, aber das Bild ist einfach zu rührend. »Ich bin dein Opa.« »Tja«, sagt Nick, schaut auf seine Ohr und zerstört somit die Idylle des Moments. »Wir sollten los. Wilhelmina hat es gar nicht gern, wenn man zu spät kommt.« »Das stimmt«, wirft Dad ein und erzählt eine kurze Anekdote über explodierende Küchengeräte. Ja, daran erinnere ich mich auch noch. »Dad«, beginne ich, nachdem mich Loki auffordernd ansieht. »Du weißt ja, dass wir bei Mom zum Kaffee eingeladen sind.« »Ja«, meint Dad nur und tut so, als würde er Dalis Nase klauen. »Und du weißt auch, dass Mom in L.A. wohnt«, fahre ich fort und taste mich langsam an das Thema asische Magie heran. »Ja«, sagt Dad weiter und wirkt jetzt immerhin ansatzweise verwirrt. Nick gibt mir mit Blicken zu verstehen, dass ich weiter machen soll und Loki begibt sich in die Küche, um die selbstgebackene Erdbeertorte aus dem Kühlschrank zu holen. »Das sind zehn Flugstunden«, erkläre ich also weiter. »Wir schaffen es demnach nicht pünktlich.« »Wie jetzt?«, fragt Dad und sieht zwischen Loki und mir hin und her. »Ich dachte, dein Freund beamt uns mal eben rüber.« Ein paar Sekunden ist es still, dann lacht Nick laut los und Bob erschrickt so sehr, dass er sofort auf allen vieren steht. »Du... weißt es?«, frage ich baff, während Dali unartikulierte Geräusche von sich gibt, Dad ihn in den Armen wiegt und Loki die Erdbeertorte in eine Transportbox packt. »Liebchen«, meint Dad und sieht mich an wie damals, als ich blöderweise das Beerdigungsinstitut meines Onkels Phil abgefackelt hatte. »Ich bin doch nicht von gestern.« Damit scheint alles gesagt zu sein und ich stehe ein wenig geplättet in der Gegend herum, als Loki bereits fragt: »Wer will zuerst?« Sofort schießt Nicks Arm in die Höhe und er schnippt eifrig mit den Fingern. »Ich, ich, ich, ich, ich!« Ich rolle mit den Augen, als Loki, Nick und die Erdbeertorte mit einem »Phlump« verschwinden. »Faszinierend«, flüstert Dad und bekommt gar nicht mit, wie Dalis grapschende Fingerchen seine Frisur zerstören. Dann erschrickt er, als Loki direkt vor ihm auftaucht. »Entschuldigung«, sagt dieser nur kurz und packt Dad an der Schulter. »Beim ersten Mal ist es besser, wenn man die Augen schließt.« Ich sehe Dad noch nicken, dann bin ich mit Bob und Mrs. Fish im Aquarium auf dem Fensterbrett allein. »Lieb sein«, sage ich dem Fellknäuel, kraule ihm hinter seinem rechten Ohr und schultere meine kleine Handtasche. »Wir sind bald wieder da.« »Phlump.« »Rey-Rey«, sagt Loki liebevoll und reicht mir beide Hände, zieht mich in seine Arme. Ich schaue etwas unglücklich, als ich seinen Oberkörper umschlinge und meine Wange gegen seine Brust bette. »Dein Vater sieht aus, als müsste er sich gleich in die Petunien deiner Mutter übergeben.« »Nicht die Petunien«, nuschele ich flehend, dann lösen wir uns auf und ein Ruck hinter meinem Bauchnabel zerrt uns durch Zeit und Raum. Einen Augenschlag später stehen wir auf Moms Terrasse und ich sehe zu Dad hinüber, der über dem weißen Geländer hängt und nach Luft schnappt, Moms Blumenbeet unter sich. Nick, der nun Dali auf dem Arm trägt, klopft Dad beruhigend auf den Rücken. »So ging es uns allen. Nur der kleine Scheißer hatte nie Probleme damit.« Eine Tür wird aufgerissen und Mom stößt zu uns, wie immer perfekt gestylt. »Da seid ihr ja endlich«, schimpft sie sofort los. »Der Kaffee wird doch kalt. Nicht in die Petunien, Cooper!« »Hallo, Willi«, sagt Dad und hebt grüßend eine Hand. Dann reißt er sich zusammen, richtet sich zu voller Größe auf und streicht seine Kleider glatt. »Schön dich... zu sehen.« »Jaja«, winkt Mom nur ab und begrüßt Loki und Nick mit Wangenküssen. Dann ist Dali ihr hilflos ausgeliefert. »Wo ist denn mein kleiner Liebling? Da ist er ja!« »Hi, Mom«, wage ich zu sagen und lenke ihre Aufmerksamkeit auf mich. »Hallo, Liebes«, sagt sie immerhin im Vorbeigehen und schürzt kurz die Lippen, als sie mein Outfit begutachtet, sagt jedoch nichts dazu, nicht einmal zu dem ominösen Pflaster über meiner Augenbraue. »Kommt doch herein, ich habe eine Überraschung für Kali.« »Er heißt Dali«, korrigiere ich sie und lasse Nick den Vortritt, der jetzt die Erdbeertorte an sich genommen hat. »Er ist mein Enkel und ich kann ihn nennen wie ich will«, dringt Moms gedämpfte Stimme an mein Ohr, da sie bereits im Inneren des Hauses verschwunden ist, und Kali... äh... Dali mit ihr. »Ich liebe deine Klingel, Wilhelmina!«, ruft Nick erfreut und betätigt aus Spaß die Taste, woraufhin just die Melodie von Jeopardy erklingt. »Hier hat sich rein gar nichts verändert«, sagt Dad und folgt Nick milde aufgeregt. Mit einem aufmunterndem Lächeln spricht Loki mir Mut zu und legt eine Hand gegen meinen Rücken. Ich seufze ergeben. Na dann auf in die Höhle der Löwin. ~ Ende des 3. Kapitels ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)