Virus von fragile ================================================================================ Kapitel 3: ----------- „Ich habe einen überaus netten, jungen Mann kennen gelernt, der auch noch engagiert ist und sehr attraktiv. Liebes, ich könnte euch miteinander bekannt machen“, plapperte meine Mom vor sich hin und nippte an dem schwarzen Kaffee. Ich runzelte die Stirn und wünschte mir in diesem Moment, dass sie sich an einem der Zuckerwürfel verschluckte und einfach all das vergaß, was sie mir jetzt aufschwatzen wollte. Oder aber sie würde einfach einen Anruf von ihrem neuen Lover erhalten, dass er sie jetzt auf einen Kurztrip in irgendeiner Großstadt weit, weit und noch weiter weg von dieser viel zu kleinen Stadt für sie und mich zusammen, einlud. „Er hat so ein schönes Gesicht, Sakura. Er würde dir sicherlich gefallen“, fügte sie hinzu und ließ einen wohligen Seufzer über ihre Lippen kriechen und ließ einen dritten Zuckerwürfel in die schwarze Brühe. Ich seufzte laut. Natürlich hatte ich mich gefreut, als sie morgens vor meiner Haustüre stand und mit der gut befüllten Bäckerstüte vor meinem Gesicht herum baumelte. Mit Essen konnte man mich immer kriegen, vor allem mit Frühstück. Ich ließ sie ohne zu zögern hinein. Das war so, als würde man freiwillig den Teufel hinein lassen. Sie tippte mit ihren langen Nägeln auf der Tischplatte herum und ließ ihren Blick wie immer durch die kleine Küche schweifen. „Wolltet ihr nicht eigentlich renovieren?“ Sie rümpfte genervt die Nase und blickte länger als eigentlich gewollt auf den hässlichen grauen Fleck der hinter dem quietschgelben Kühlschrank hervor linste. Wo auch immer dieser Fleck herkam, er war nicht gefährlich. Ino und ich tauften ihn nach einem lustigen Sektabend mit den Mädels Mr. Grey. Eher ideenarm, aber was fällt einem auch alles so ein, wenn die prickelnde Brause dein Gehirn benebelt. Amüsant dennoch, weil es irgendwie durch den Softporno Fifty Shades of Grey entstand und wenn man den grauen Fleck an der Wand genauer inspizierte (was zuweilen nur möglich war, wenn der quietschgelbe Kühlschrank beiseite gerückt wurde), tatsächlich mehrere Nuancen an Grau aufwies. „Wir fühlen uns hier wohl, Mom“, warf ich ihr als Antwort entgegen und biss in mein herzhaft beschmiertes Nutellabrötchen. „Du solltest nicht so viel zuckerhaltiges Zeug essen. Das ist nicht gut für die Figur“, triezte sie mich und aus Protest biss ich nochmals ins Brötchen. Ich hob meine Augenbraue, während ich ihr entgegen warf, dass vier Stück Zucker in einer kleinen Tasse voll Kaffe auch nicht besser seien und ihrer Kehle entfloh ein seltsames Grunzen. „Liebes, ich würde mich wirklich freuen, wenn du dich auf dieses Date einlässt. Du bist immerhin alt genug, um dich endlich zu binden. Und ich will endlich bei meiner Cousine angeben können, was für einen stattlichen, jungen und überaus erfolgreichen Kerl du an deiner Seite hast.“ „Mom! Ich brauche das einfach gerade nicht“, antwortete ich empört. Aber sie hörte gar nicht mehr auf. Sie schwärmte von Familienfesten und von Verlobung bishin zur Hochzeit und dem ersten Enkelkind. Schwärmte davon, wie sie mit ihrem Enkel, der den Namen meines Großvaters tragen sollte, nun ja, mindestens als Zweitnamen… die Wahl für den ersten Vornamen würde sie mir lassen, im Schwimmbad oder beim Bummeln sein könnte und wie jung sie neben diesem Kind aussehen würde. Nach ungefähr weiteren fünfzehn Minuten verabschiedete sich tatsächlich von mir und ich war befreit. Ich klopfte fast schon liebevoll auf Mr. Grey und schlurfte mich gemächlichen Schritten zurück ins Wohnzimmer. Ich setzte mich an meinen Laptop und ohne mich selbst dabei wirklich zu wehren, loggte ich mich wieder ein. Alles natürlich nur, weil Ino mich am Folgetag nur löchern würde und sie würde ganz bestimmt herausfinden, wie lange ich online war. Überraschenderweise war ich nicht alleine. Erneut ein Hoch auf die Sichtbarkeit. Dabei rechnete ich gar nicht mehr damit, dass Mr.-Ich-bin-so-geheimnisvoll-und-nenne-mich-einfach-nur-S online sein würde. Und überraschter war ich von mir selbst, weil ich ihn schon anschrieb, bevor ich meinen Gedankengang wirklich zuende führte. Sakura: Wieso bist du online? Oder bist du gerade vielleicht gar nicht S? Es dauerte zwei Minuten bis eine Antwort erschien. S: Tatsächlich bin ich wirklich ich. Sakura: Und wer ist ich? S: Spielt das etwa eine große Rolle? Hier ist jeder irgendwer. Hier ist jeder der, der er sein will Er hatte Recht und ich überging es einfach. Sakura: Warum bist du online? S: Wette verloren Sakura: Mit deinem Kumpel? S: Korrekt. Sakura: Worum ging es? S: Verliere ich, muss ich drei Tage weiterhin hier online sein und mich mit dir unterhalten Sakura: Was wenn ich nicht mitmachen würde? S: Da ich gar nicht hier sein will, stört es mich recht wenig. Sakura: Herzallerliebst. Was war denn nun genau die Wette? S: Er hat gewettet, dass er seinen Schwarm zu einem Date einlädt Sakura: Wieso sollte er das nicht tun? [S: Dummheit. Oder aber auch Schüchternheit. Naivität schwappt irgendwo dazwischen. Sakura: Aber warum nur drei Tage Online-Dating für den mysteriösen Mr. S? S: Genau hier sollte Dummheit und Naivität deutlich hervorstechen. Immerhin hätte er alles fordern können Sakura: Dann bringst du also die drei Tage hinter dich und verschwindest dann für immer? Oder flattert in dir doch die Hoffnung eine Frau zu finden? Oder bist doch auf der Suche nach einem Mann? S: Ich bin auf der Suche nach niemandem Sakura: Haha, du findest keinen Partner im Real Life und bist frustriert S: Ich kann jede haben, die ich will Sakura: Ich schließe hieraus zwei Dinge: Du bist hetero und du bist sehr von dir überzeugt. Du musst sehr attraktiv sein, wenn du so überzeugt von dir bist S: Ich schließe hieraus, dass du oberflächlich bist und nicht einmal einen Hehl daraus machst Mir entfloh ein lautes Lachen und wider Erwarten war es amüsanter als gedacht, mit S zu kommunizieren. Sakura: Meine Mutter war eben da und schwärmte davon, dass sie den perfekten Heiratskandidaten für mich gefunden hat und ich habe nächste Woche ein Blind Date S: Du erzählst mir das weil? Sakura: Wir sitzen beide in derselben Misere. Meine beste Freundin hat mich angemeldet. Da die anderen User bisher nur an… unpassenden Dinge für ein erstes Date vorschlugen, bist du wohl der einzig Normale hier. S: Hn. Sakura: Es interessiert dich nicht. Verstehe schon. Wie geht’s denn Naruto? S: Er lebt Sakura: Du stehst nicht so auf Kommunikation, oder? Liegt es vielleicht einfach nur am Schreiben? Manchmal bin ich auch wirklich schreibfaul. Hier gibt’s Möglichkeiten, auch miteinander zu sprechen S: Nein, danke. Vielleicht ein anderes Mal Sakura: Du brauchst nicht verkrampft zu tun, als seist du höflich S: Ich muss offline. Mein Bruder ist da… warum auch immer ich dir das sage S ist offline Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)