Heart Tingles von KiraNear (Path of Amy) ================================================================================ Kapitel 1: Heart Tingles ------------------------ „Pscht“, raunte er sanft, als er mit seinen Fingern über meine Wange strich. Seine glänzenden Augen trafen die meinen; und ich konnte nicht anders, als in ihnen zu versinken. Ich versuchte, mich mit aller Kraft auf seine widerspenstigen Locken zu konzentrieren, doch ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und in meinen Ohren. So laut, dass es mich nicht verwundert hätte, wenn er es auch hätte hören können. Doch entweder war das nicht der Fall oder er ignorierte das Geräusch. Sein Blick verriet mir nichts und so blieb mir nichts anderes übrig, als diesen zu erwidern.   Ursprünglich kam ich ganz spontan zu ihm vorbei, da ich heute frei hatte und mir die gelegentlichen Diskussionen mit meinem wohl besten Freund gefehlt hatten. So trugen mich meine Beine in die Baker Street, wo ich augenblicklich von Mrs. Hudson aufgegabelt wurde. Sie freute sich sehr und tadelte mich, dass ich mich nicht öfter in der Gegend hab blicken lassen. Als ich ihr meine Abwesenheit mit dem hohen Patientenandrang in den letzten Tagen und Wochen erklären konnte, nickte sie zustimmend. Sie gab mir einen Klaps auf die Schulter und meinte, sie wolle mich nicht noch länger als nötig aufhalten. „Sherlock wird sich auch sehr darüber freuen, dass Sie ihn besuchen kommen. Der Ärmste ist ganz schön durcheinander, weil derzeit wohl keine Klienten zu ihm kommen. Ich wünschte mir nur, er würde sich ein anderes Hobby als diese seltsamen Experimente, die da oben in seiner Küche so veranstaltet, suchen.“ Ein kurzer Seufzer kam ihr über die Lippen, bevor sie in ihrer Wohnung verschwand. Innerlich auf alles vorbereitet, jedenfalls soweit es mir möglich war, stieg ich die Treppe zu seiner Wohnung hinauf. Zu der Wohnung, die ich mir früher mit ihm geteilt hatte. Früher, als es nur uns drei gab: Ihn, mich und den Schädel auf seinem Kamin. Doch seitdem war eine Menge passiert.   Sherlock hatte es geschafft, den genialen Kopf einer weit verzweigten, internationalen Verbrecherorganisation unschädlich zu machen. Genauer gesagt, hatte dieser es laut Sherlocks Aussage selbst getan. Anschließend täuschte Sherlock dafür seinen eigenen Tod vor, nur um dann drei Jahre später als mein Kellner „verkleidet“ neben meinem Tisch aufzutauchen, als ich mir mit Mary einen gemütlichen Abend machen wollte. Ich dagegen musste von dem Tag an, an dem er sprang, erst einmal mit dem Verlust zurechtkommen. Immerhin war ich an dem damaligen Zeitpunkt fest im Glauben, Sherlock für immer verloren zu haben. Dazu verließ ich die Wohnung in der Baker Street. Zuviel, nein, alles darin erinnerte mich an Sherlock und damit auch an meinen Schmerz. Meine erste Wohnung war gelinde gesagt eine Ein-Zimmer-Katastrophe in einem fraglichen Randgebiet von London. Zwielichtige Gestalten, die auf den blutbefleckten Straßen umherschlichen. Überall lagen Gewalt und Verbrechen in der Luft. Der Tod und die Sirenen von Polizei und Notarzt gehörten quasi zur Tagesordnung. Fast täglich rief mich Mrs. Hudson an, um sich nach meinem Wohl zu erkundigen. Im gleichen Atemzug bot sie mir auch immer wieder an, dass ich in die alte Wohnung zurückkehren könnte, dass ich dort jederzeit willkommen wäre. Sie bot mir sogar eine Mietminderung an, solange sie mich nur in einer sicheren Umgebung wisse. Doch ich lehnte ihr Angebot jedes einzelne Mal ab, bis sie es schließlich aufgab. Wer auch bei mir anrief, jedoch nicht so häufig wie meine ehemalige Vermieterin, war Lestrade. Auch ihn musste ich des Öfteren davon überzeugen, dass ich weder in einer der vielen blutigen Straßenkämpfe geschlittert war, noch, dass es mir sonst auf irgendeine Weise schlecht erging. Er schlug zwar vor, dass es dafür sorgen könnte, dass eine oder zwei Bobbys regelmäßig bei mir nach dem Rechten sehen könnten, aber auch das lehnte ich dankend ab.   In der Zwischenzeit fand ich wieder eine feste Anstellung in einer größeren Londoner Arztpraxis, in welche ich auch heute noch praktiziere. Zwar verdiente ich dort nicht die Welt, aber es war genug, dass ich mir jetzt eine weitaus größere Wohnung in einer besseren Gegend und auch die anderen Dinge wie Essen, Kleidung und diversen Luxus leisten konnte. Mit dem Umzug ließen auch die mehr oder weniger regelmäßigen Kontrollanrufe nach, worüber ich nicht sehr traurig war. Nebenbei lernte ich Mary lieben und kennen, nach ein paar wenigen Wochen war sie bereits zu mir gezogen. Mit ihr zusammen zu wohnen war gänzlich anders als mit Sherlock, doch dieser war in jeder Hinsicht ein besonderer Mitbewohner. Einer, den man nur einmal in seinem Leben findet. Einer, den man am besten festhalten und nie wieder gehen lassen sollte. Doch ich konnte ihn nicht festhalten. Nicht, als ich es konnte. Nicht, als ich es sollte. Ich konnte ihn erst halten, als er bereits unten war. Als sein Blut, oder zumindest etwas, was mich damals glauben lassen sollte, dass es sein Blut war, sich auf dem Gehweg ausbreitete. Als seine immer kälter werdende Hand in der meinen lag. Als er mitten am helllichten Tag von mir ging. Doch nur war er wieder da, seine Wohnung war nun wieder mit Leben gefüllt. Doch für mich hatte sich die Erde weitergedreht, das Rad der Zeit war nicht für mich stehengeblieben. So war ich in der Wohnung nur noch ein Gast und kein Bewohner mehr.   Mrs. Hudsons Kommentar im Hinterkopf behaltend, klingelte ich an Sherlocks Tür. Dieser sah wenig überrascht aus, als er mich in seine Wohnung hineinbat. Nur mit einem Bademantel bekleidet, warf er sich wieder auf das Sofa und starrte die Decke an. In der Hoffnung, dort würde sich ein Loch auftun und ein Klient mit einem komplizierten und verdrehten Fall herausplumpsen. Doch leider wollte ihm das Universum diesen Gefallen nicht tun, und so hatte er keine andere Wahl, als vor sich hinzustarren und über seine Langeweile zu lamentieren. Wenigstens verpasste er dabei der Wand keine zusätzlichen Löcher. Vermutlich hatte Mrs. Hudson, als er gerade nicht da war, heimlich seine Sachen durchsucht und die Waffe an sich genommen. Oder aber, was ich noch viel eher vermute, war, dass Sherlock die Motivation am Schießen vergangen war. Was Mrs. Hudsons Bemerkung über sein anderes Hobby betraf, so hatte Sherlock meine wildesten Befürchtungen übertroffen: Wenn man seine Küche sah, hätte man glauben können, das Labor der Londoner Polizei wäre hier neuerdings eingezogen.   Nur zu gerne wand ich meine Augen von all den seltsamen Gegenständen, die auf dem Tisch standen, ab und sah stattdessen Sherlock an. Erst kam das Gespräch nur sehr zäh zustande, doch dann konnte ich ihm nach und nach mehr aus der Nase ziehen. Besonders ausgiebig beklagte er sich darüber, dass sich im Fall Moriarty nichts Neues ergeben hatte. Seit sein Bild vor wenigen Wochen landesweit im Fernsehen übertragen wurde, war es um das kriminelle Supergenie still geworden, als wäre nichts geschehen. Die enttäuschte Presse war zu diesem Thema längst wieder still geworden, einzig allein Diskussionssendungen auf kleinen Randgruppensendern beschäftigten sich noch mit dem Thema. Selbst seine diversen Kontakte hatten kaum neue Erkenntnisse an den Tag gebracht. Ich persönlich war der Ansicht, dass es nur der dumme Streich oder eine PR-Strategie des Senders war, doch so wirklich glaubte ich es nicht. Trotzdem gefiel mir die Stille danach und ich hoffte, dass es dabei blieb. Besonders, wenn ich daran dachte, wie es das letzte Mal endete …   Dann kamen wir thematisch zu meiner Frau, Mary, und dass wir uns beide schon auf das Kind freuten. Emotionslos beteiligte sich Sherlock am Gespräch, aber man merkte, dass es ihn nicht interessierte. Nicht auf die gelangweilte Art, es wirkte eher so, als würde es nicht hören wollen. Selbst, als ich wieder das Thema wechselte, blieb er in seiner verkrampften Laune und wurde immer wortkarger.   Schließlich gab ich es auf, und ließ mich auf dem Sessel nieder. Welcher ein leichtes Seufzen, gepaart mit einem Knarzen, von sich gab. So blieben wir eine Weile, ich auf dem Sessel und er auf dem Sofa. Immer noch starrte er unentwegt die Decke an, gab jedoch keinen Mucks von sich. Als sich nach 15 Minuten immer noch nichts an der Situation geändert hatte, erhob ich mich aus dem seufzenden Sessel und ging zur Wohnungstüre. „Also dann, Sherlock. Es … war nett, dich wieder zu sehen. Ich geh dann mal wieder.“ Nicht, dass mir seine Gegenwart zuwider geworden war, allerdings wollte ich nur zu gerne der seltsamen Stimmung entkommen. Was auch immer in der Luft war, ließ den Raum noch stickiger als sonst erscheinen. Mit einer flinken Bewegung sprang er vom Sofa und ging auf mich zu. Sein Bademantel flog ihm locker um die Hüfte. Zwar kannte ich bereits den Anblick seines nackten Körpers, dennoch war ich darüber erleichtert, dass mir jetzt der Blick auf seinen Privatbereich erspart blieb. „Oh, du gehst schon?“, sagte er in einer Tonlage, die ich nicht ganz deuten konnte. Unschlüssig kratzte ich meinen Hinterkopf. Die Stimmung hatte in Sachen Merkwürdigkeit noch eine Schippe obendrauf gelegt. „Ja, ich dachte, dass ich mich mal langsam wieder auf den Weg mache. Ich will dich auch gar nicht länger groß aufhalten …“, wobei es nicht viel gab, bei dem ich ihn gerade groß stören würde. Höchstens beim Liegen auf der Drama-Couch.   Ich hatte die Tür bereits einen Spalt weit geöffnet, als sie mit einem leisen Knall wieder zuging. Sherlocks ausgestreckter Arm führte zur Tür; er selbst sah mich mit einem durchdringenden, aber auch irritierten Blick an. „Bleib doch noch ein wenig … keine Angst, du störst mich nicht“. Ein gequältes Lächeln lag auf seinen Lippen, welches recht schnell wieder verschwand. Einen Fixpunkt suchend wanderte sein Blick auf meinem Gesicht, doch er wurde kaum fündig. Man hörte ihm auch an, dass ihm dieser Moment mehr als unangenehm war. Leider wusste ich nicht, was er damit bezwecken wollte. Vermutlich wusste er es selbst nicht so richtig. Ich räusperte mich. „Ja, gut, wenn das so ist, dann nehme ich dein Angebot gerne an und bleibe ein wenig.“ Hauptsächlich, um eine Erklärung für all das hier zu finden, aber auch aus Neugierde. Doch statt wieder auf dem Sessel Platz zu nehmen, blieb ich an der Tür stehen. Aus dem einfachen Grund, dass Sherlock sich selbst keinen Zentimeter bewegt hatte. Stattdessen kam er auf mich zu und verkleinerte den Abstand zwischen uns. Nun hatte ich vollkommen das Gefühl, im falschen Film gelandet zu sein. Wie bei ihm sprangen meine Augen hin und her, als könnte ich die Antwort auf alles in seinem Gesicht finden. Doch wie er wurde auch ich nicht fündig. Er lächelte; an seinen Augen konnte ich erkennen, dass es dieses Mal ernst gemeint war. Meine Nerven spannten sich an, und das drückende Gefühl in meiner Brust und auf meiner Haut wurde immer stärker. In meinem Kopf fuhren meine Gedanken Achterbahn und ich versuchte mich zu sammeln, was mir nur spärlich gelang. Jetzt erkannte ich endlich, was in der Luft lag: Spannung. Eine Spannung, die man mit herkömmlichen Geräten hätte unmöglich messen können. Eine, die zunehmend stärker wurde. Prickelnd, aber auch bedrückend. Dann hob Sherlock seine Hand und fing an, meine Wange zu streicheln. Sachte, fast zärtlich ging er dabei vor. Als wäre ich eine zerbrechliche Porzellanpuppe oder etwas, an dem er sich verbrennen könnte.   „Sherlock“, stammelte ich leise, doch er brachte mich zum Schweigen. Mit seinem Daumen verschloss er meinen Mund, versiegelte ihn und schwieg selbst. Seine Hand ruhte auf meiner Wange. Die Außenwelt, Mrs. Hudson, die Wohnung – all dies war weit weg. Noch immer wurde ich von seinem Blick magisch angezogen. Man konnte sie nicht sehen und doch gab es eine Verbindung, eine stille Kommunikation zwischen uns. Worte, die wir nie über die Lippen bringen würden, wurden ausgetauscht und ich bekam das behagliche Gefühl,  mich fallenlassen zu können. Ich sah, wie sich sein Kopf dem meinen näherte, die Augen geschlossen. Für einen kurzen Moment schossen mir Fragen durch den Kopf. Ob seine Lippen weich sind? Ob er nach Zigaretten schmeckt? Oder nach seinem Frühstück? Er legte seine Lippen auf die meinen, und erhöhte den Druck, in dem er seine Hand auf meinen Hinterkopf legte. Blut schoss mir in die Wangen, meine Gedanken rasten noch wilder in meinem Kopf umher. Das Gefühl zu fallen verstärkte sich explosionsartig in meinem gesamten Körper, und ich riss die Augen weit auf. Doch dann schloss ich sie wieder. Gab mich dem Kuss hin, erwiderte ihn. Mein ganzer Körper entspannte sich und ein wunderschönes Glücksgefühl überschwemmte meinen Körper. Bei keinem einzigen Kuss mit Mary oder meinen anderen Exfreundinnen hatte ich so ein starkes Gefühl wie jetzt. Es fühlte sich so toll, so richtig an. Ganz so, als hätte jede Faser meines Körpers auf einen Augenblick wie diesen gewartet, ohne dass ich etwas davon wusste. Ohne, dass ich es auch nur geahnt hätte. Dass mein Körper auf einen traumhaften Moment wie diesen gewartet hatte.   Ich begann heftig zu blinzeln, kniff mir die Augen einmal kurz zu. Als ich sie wieder öffnete, stand Sherlock immer noch in seiner Ausgangsposition. So, als hätte er sich nie bewegt. Als hätte er mich nie geküsst … Enttäuschung machte sich in mir breit. Moment mal … ich bin enttäuscht? Auch fiel mir auf, dass ich zwar an meine Frau gedacht hatte, jedoch nicht in dem Sinne, wie ich es als Ehemann eigentlich hätte tun sollen. Stattdessen dachte ich nur an das schöne Gefühl, dass ich dabei empfunden hatte. Auch, wenn es nur eine Einbildung war.   „An was hast du gedacht, John?“, fragte er mich. Dabei klang er amüsiert. Aber auch sinnlich. Noch mehr Blut wurde mir in die geröteten Adern gepumpt. Sherlock sah mich mit einem wissenden Blick an. Mehr denn je war ich ein offenes Buch für ihn. Meine Gedanken standen ihm wie auf einem Serviertablett auf meinem Gesicht. Mein Herz klopfte immer noch aufgeregt, wenn auch nicht mehr so heftig wie vorhin. „John“, raunte er und trat einen Schritt auf mich zu. Erst jetzt fiel mir auf, dass Sherlock einen leicht verschwitzten Eindruck machte. Unfähig zu denken oder zu reagieren, ließ ich ihn einfach gewähren. Ob es jetzt wohl passieren wird? War das vorhin nur eine Art Vorahnung und jetzt kommt die Realität hinterher? Meine Nackenhaare stellten sich hoch, mein ganzer Körper war gespannt auf das, was auch immer jetzt geschehen würde. Wie in Zeitlupe näherte sich sein Gesicht. Ein angenehmer Geruch kam mir in die Nase und in mir kam die Frage auf, ob er schon immer so gut gerochen hatte. Doch anstatt dass er mich küsste, näherte er sich meinem Ohr. Erneut verging eine gefühlte Ewigkeit, in der nichts passierte. Bis er die vier Worte aussprach, nein, flüsterte, die mir für Wochen ein Rätsel blieben: „Es tut mir Leid.“ Er klang dabei ruhig und ernst, und ich hätte schwören können, dass dabei noch eine Spur Traurigkeit dabei war. Gleichzeitig sorgte seine Stimme an meinem Ohr für eine Gänsehaut und ein aufregendes Kribbeln in meinem Hinterkopf, das ich ebenfalls lange nicht vergessen konnte.   Leider konnte ich ihn nicht fragen, wofür er sich entschuldigen wollte, da ihn dem Moment sein Handy klingelte. Lestrade war am anderen Ende der schnurlosen Leitung und als Sherlock mit ihm sprach, klang er so ruhig wie immer. Als wäre nichts von all dem eben gerade geschehen. Sherlock nickte viel und stellte eine Menge Fragen. Kein Zweifel, der Meisterdetektiv war voll in seinem Element. Dann legte er auf. „John“, sah er mich an und hielt inne. Wie ein Kind, das eine Frage auf der Zunge hatte und sie dann vor Furcht heruntergeschluckt hatte. „Lestrade war gerade dran. Er hat einen Mordfall für mich bzw. braucht mich. Früher hätte ich dich einfach mitgezerrt, aber heute hast du dein eigenes Leben …“ Ich ignorierte die Tatsache, dass er mich gerade als leblos bezeichnet hatte (auch wenn er damit irgendwie richtig lag) und drehte mich zu ihm. Meinen Kopf schief haltend, sah ich ihn fragend an. Er rieb seine Hände aneinander, wie immer, wenn er eine Gedankenkette aufbaute. „Darum möchte ich dich bitten: Kommst du mit mir mit?“ Ungläubig sah ich ihn an, dann begann ich zu grinsen. „Sherlock, nur weil ich jetzt verheiratet bin, heißt es nicht, dass ich keine Lust auf Abenteuer mit dir habe! Ich möchte gern von dir herumgeschleift werden, es sei denn, ich bin gerade mit einem Patienten beschäftigt. Oder mit meiner Frau.“ „Ausgezeichnet!“, freute sich Sherlock; schlüpfte in Mantel und Schal und stürmte aus der Wohnung. Auch ich zog meine Jacke an. Als ich die Wohnung verlassen wollte, kam mir Mrs. Hudson entgegen.   „Ein neuer Fall?“ Ich nickte, und sie verschwand, sich laut freuend, wieder in ihre Wohnung. Wir bekamen auch recht schnell ein Taxi und nahmen den schnellsten Weg zu dem Ort, den Lestrade ihm über das Handy genannt hatte. Mir fiel langsam der Geschmack von Spiegelei auf meinen Lippen auf, als ich diese gedankenverloren befeuchtete. Was mir noch mehr auffiel, war die Tatsache, dass das Ei nicht so schmeckte, wie Mary sie immer kochte, sondern wie die von Mrs. Hudson. Verwirrt sah ich zu Sherlock, doch der war so tief in seinen Gedanken, dass ich gar nicht mal zu versuchen brauchte, ihn etwas zu fragen. Hat er mich etwa doch …? Kaum hatte ich innerlich eins und eins zusammengezählt, hielten wir am Zielort an und Lestrade begrüßte uns. Es ging um einen Mord unter höchst mysteriösen Umständen. „Ich kann doch auf dich zählen, oder, John?“ „Natürlich kannst du das!“ Sämtliche Gedanken und Theorien schob ich beiseite. Jetzt zählte nur noch der Fall, und ich war schon gespannt, welche Erkenntnisse er bereits in den ersten Minuten gewinnen würde.   Was auch immer in der Baker Street 221 b passiert war, ich bin mir sicher, dass ich es eines Tages noch in Erfahrung bringen würde. Ich hoffte nur, dass es das Richtige war. Doch ganz tief, tief in meinem Herzen, dass ich so eine Ahnung, dass ich die Antwort auf diese Frage bereits wusste. Nur, dass sie hinter einem Schloss versiegelt war und darauf wartete, zum richtigen Moment zum Vorschein kommen zu können. In dem Moment, in dem Sherlock mir den Schlüssel bringen würde. Bis dahin würde ich geduldig sein und warten.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)