Dann ändert sich alles von jane-pride (Chelsea&Vaughn) ================================================================================ Die gute Seele -------------- Kapitel 14: Die gute Seele     „Bist du dir sicher, dass das funktionieren wird?“, wollte Elliot von seiner Freundin wissen, während beide die Starry Sky Ranch verließen. „Es muss funktionieren.“. beharrte Julia und hatte ihren Blick aufgesetzt, der so viel aussagte: Und wehe, wenn nicht. Mittlerweile war das junge Paar schon so lange zusammen, dass Elliot ganz genau wusste, dass es für alle Beteiligten besser wäre, wenn man ihr dann auch nicht wiedersprach. „Chelsea und Vaughn werden dafür sorgen, dass Mark mit ihnen zusammen das Haus verlässt und wir beide zwingen deine Schwester mit uns zu kommen. Zur Not benutzen wir eben Gewalt.“, ergänzte Julia lapidar. „Meinst du, dass es so weit kommen wird?“ Was seine Schwester betraf, hatte Elliot natürlich seine Zweifel. Immerhin kannte er sie seit sie ein Baby war.   „Sei nicht so pessimistisch, Elliot. Es wird schon klappen. Warum sollte das nicht?“ „Nun ja, wenn einer von den beiden einfach davon läuft? Oder Mark gar nicht erst Chelsea und Vaughn begleiten wird? Oder schlimmer noch, dass Nathalie uns vorher zu Brei verarbeiten wird? Ihre Laune war in den letzten Tagen fast schon unerträglich.“ „Eben. Genau deswegen und aus vielen anderen Gründen muss dagegen endlich etwas unternehmen. Die zwei wollen nicht miteinander reden und sich aussöhnen, also zwingen wir sie eben dazu. Mensch, Elliot. Die zwei sind für einander geschaffen und trauen sich nicht, den Stier bei den Hörnern zu packen. Ewig kann es so zwischen den beiden nicht weitergehen. Darunter leiden zwangsläufig wir alle.“, beteuerte die Brünette und hakte sich bei ihrem Freund unter.   „Ich weiß, dass du Recht hast, Julia. Aber wir müssen ebenso damit rechnen, dass die zwei sich nicht aussöhnen werden. Zumindest nicht so, wie wir es gerne hätten. Denn, ich sehe es genauso wie du, mein Gott, jeder hier auf der Insel ist dieser Ansicht, dass meine Schwester und Mark ein prima Paar abgeben und einfach zusammen gehören.“ „Siehst du! Aus diesem Grund dürfen wir nichts unversucht lassen. Je mehr Zeit vergeht, desto schlimmer wird es und der Kummer immer größer. So sollte es zwischen den beiden nicht sein. Sondern sich in die Arme nehmen, Händchen halten und einen kleinen schönen Abendspaziergang in dieser eisigen Kälte machen.“   „So wie wir gerade?“, fragte Elliot und küsste seine Freundin aufs Haar. Zumindest fast, denn sie trug eine Wollmütze. Die Luft war wirklich verdammt kalt. „Stimmt, wie wir. Vertrau mir Elliot. Das wird schon funktionieren.“ „Ich vertraue dir. Dir am meisten.“ Sie nahmen sich diesen Moment und versiegelten ihre Lippen miteinander. Als sie ihren Weg fortsetzen, fragte sich Julia, warum nicht jedes Paar so glücklich miteinander sein konnte?                                                                                       ~<>~   Es war schwierig für einen jungen Mann den erforderlichen Mut aufzubringen, seiner heimlichen Geliebten nach Jahren endlich seine Liebe zu gestehen. Nachdem Will unverhofft erfahren hatte, dass Sabrina doch nicht an jemand anderen vergeben war, hatte er nun den Vorsatz gefasst ihr zu beichten, was er für sie fühlte. Doch, wie zum Teufel sollte man sowas anstellen? In seiner Vorstellung war alles so einfach. Dort wusste er, wie er es machen würde, aber es dann auch noch in die Realität umsetzen? Ins Besondere dann, wenn man jahrelang zuvor davon ausgegangen war, dass er das niemals tun würde? Es blieb dem jungen Mann ein Rätsel mit was für dämlichen Gedanken er sich überhaupt beschäftigte. Im Grunde genommen war er sich fast zu hundert Prozent sicher, dass Sabrina für ihn ähnliche Gefühle hegte, aber eben nur fast zu hundert Prozent. Einige Prozent an Zweifel blieben übrig und waren komischerweise stärker, als die positiven fast hundert Prozent, weswegen er sein Vorhaben bisher noch nicht umgesetzt hatte.   Seit einer ganzen Weile ging er den Flur vor Sabrinas Zimmer auf und ab und hatte es bisher noch nicht geschafft, an ihre Tür zu klopfen und sie zu einem Spaziergang am Fluss einzuladen. Etwas Besseres war ihm nicht eingefallen. Er wollte vor allen Dingen ungestört sein und seiner Geliebten ein bisschen die Gegend zeigen, denn allzu häufig war Sabrina noch nicht draußen gewesen. Dies wäre ein Vorteil für den jungen Mann. Mittlerweile kannte er sich recht gut auf der Insel aus und könnte ihr alle schönen Ecken und Orte zeigen, die auch ihn verzaubert hatten. Besonders im Winter glänzte alles richtig. Zudem hoffte Will bald auf Schnee, den Sabrina immer schon gern gehabt hatte. Viele Schneemänner und Schneeballschlachten haben sie miteinander und gegeneinander ausgetragen und es hatte ihnen immer ziemlichen Spaß gemacht. Eine schöne Erinnerung, die Will ein Lächeln aufs Gesicht zauberte und ihm den benötigten Mut schenkte endlich an Sabrinas Tür zu klopfen.                                                                                       ~<>~   Den jungen Farmer aus dem Haus zu bekommen, stellte sich als Schwieriges Unterfangen raus. Chelsea und Vaughn konnten so viel argumentieren wie sie wollten, Mark wollte nicht klein beigeben. Allerdings hatte er vergessen, wie hartnäckig seine kleine Schwester sein konnte, die ihm damit drohte seine Wäsche nicht mehr zu waschen, wenn er sich nicht bereit erklärte, sie und Vaughn auf dem Weg zur Göttinnen Quelle zu begleiten. Mark wollte schon erwidern, dass ihm das herzlich egal wäre, aber er stimmte doch noch zu. Der Gedanke, dass ihm alles egal geworden war, hatte ihn für einen kurzen Moment doch sehr erschreckt. Außerdem sah er die Erleichterung in den Augen seiner Schwester. Anscheinend hatte er sich in letzter Zeit wie der letzte Idiot benommen und nicht mehr darauf geachtet, ob er seine Schwester mit seinem Verhalten verletzte oder nicht. Das sollte sich wieder ändern und er zog sich eifrig seine dicken Winterstiefel an.   Vaughn hatte die ganze Zeit etwas abseits von den beiden die Diskussion mit angehört und Chelseas Mimik beobachtet. Zur gleichen Zeit war er fasziniert, als auch ein wenig verängstigt gewesen. Ihm kam der Gedanke, dass es wohl stets ratsam wäre, einer Frau, in diesem Fall seiner Freundin, niemals zu wiedersprechen, wenn sie sich etwas hartnäckig in den Kopf gesetzt hatte. Nachdem sie vor die Tür gegangen waren, hatte Vaughn sowieso seine Zweifel daran, ob sich Nathalie und Mark wieder versöhnen werden. Wenn man sich so lange aus dem Weg gegangen war, hielt er es für extrem unwahrscheinlich, dass eine Versöhnung auf diesem simplen Weg möglich war. Weiterhin waren ihm die Ideen und Gedankengänge von Frauen oft so irrational, dass er nicht wirklich nachhakte, was Julia sich dabei gedacht hatte. Sie war gestern Abend in sein Zimmer gestürmt und hatte ihn praktisch mit dieser heimlichen Liebesoperation überfallen. Da er seine Ruhe haben wollte, hatte er einfach zugestimmt und sie war strahlend wie ein Honigkuchenpferd wieder gegangen.   „Warum muss es ausgerechnet die Göttinnen Quelle sein?“, brummte Mark vor sich hin und wäre am liebsten wieder umgedreht. Schon allein der Name dieser Quelle riefen Erinnerungen in Mark hervor, die er nicht wieder hervorholen wollte. An dieser Quelle hatte er viele und schöne Stunden mit Nathalie zusammen erlebt. Vor allen Dingen ihren ersten gemeinsamen Kuss… „Ich geh wieder zurück. Ich glaube, dass ich die Kühe noch nicht gefüttert habe und…“ „Mark! Du bist mein Bruder und ich habe dich, warum auch immer, verdammt doll lieb, aber wenn du jetzt umkehrst, kündige ich dir hier und heute unsere Verwandtschaft. Hast du mich verstanden?“ Chelseas blaue Augen funkelten zornig, dass Mark unter diesem Blick noch aufrecht stehen konnte, hielt er für ein Weltwunder.   „Schon gut. Ich bleibe und folge euch. Brav wie in Hündchen. Ach, und Schwesterherz,“ , diesem Wort ließ er seine besondere Betonung beikommen, „führ dich nicht so auf wie ein Drache. Du machst deinem Freund noch Angst.“ „Mein liebes Brüderchen, kümmere dich gefälligst um deine Angelegenheiten. Vaughn hat es bei mir schon sehr gut und er ist gerne bei mir.“ „Was du nicht sagst.“, flüsterte Vaughn und presste auf der Stelle seine Lippen aufeinander, da ihn Chelsea alles andere als begeistert von der Seite ansah.     In Taros Haus hatten Julia und Elliot ähnliche Probleme mit Nathalie, sie dazu zu überreden die beiden zur Göttinnen Quelle zu begleiten. Weil ihre Mutter eingeweiht war, gelang es nur durch ihr geduldiges Zureden, Nathalie aus dem Haus zu kriegen. Während Julia und ihr Bruder miteinander redeten, ging sie missmutig neben den beiden her und wäre vermutlich heimlich davon geschlichen, wenn sich Julia nicht bei ihr eingehakt hätte. Natürlich hatte Julia ihre Freundin durchschaut und ihr diese Möglichkeit gleich von vornherein verhindert.   Dabei wäre Nathalie viel lieber woanders hingegangen, als ausgerechnet zur Quelle, wo sie und Mark ihren ersten Kuss gehabt hatten. Schmerzlich zog sich ihr Herz an diese wehmütige Erinnerung zusammen. Sogar jetzt noch, Monate später konnte sie genau beschreiben, wie sich der Kuss damals angefühlt hatte. Sie hatte geweint, weil sie zum ersten Mal richtig glücklich gewesen war und geglaubt hatte, es würde ewig währen. Warum hatte sie sich von Mark abgewandt, der der erste war, der sich auf diese Art für sie interessiert hatte? Er war ihr erster Freund gewesen und sie hatte alles verbockt, was man wohl falsch machen konnte. Hätte sie doch nur den Mut und die Möglichkeit alles wieder rückgängig zu machen, sie würde es auf der Stelle tun. Nur so, war es ihr unmöglich ihrem Geliebten in die Augen zu sehen und sich bei ihm zu entschuldigen. Dafür schämte sie sich zu sehr.   Ihr Unbehagen nahm auch noch zu, als sie an der Weggabelung zur Quelle mit einem Mal Mark und seine Schwester mit Vaughn auftauchen sah. Selbst Mark guckte ziemlich verwundert und blieb wie erstarrt stehen. Sie war die erste von den dreien die er bemerkt hatte. Immer würde er sie als erste sehen, wenn er irgendwo hinging. Es war anscheinend sein Schicksal. Doch warum war sie hier? Nathalies Verhalten zu urteilen, hatte sie genauso wenig von diesem Hinterhalt gewusst wie er.                                                                                 ~<>~   Überrumpelt und gleichzeitig hocherfreut war Sabrina auf Wills Vorschlag eingegangen, wenige Stunden außer Haus zu verbringen und sich von ihm die Gegend zeigen zu lassen. Erst jetzt fiel dem Mädchen auf, dass sie so viel noch gar nicht gesehen hatte. Wie lange wohnten sie überhaupt schon auf der Insel? Einige Wochen waren es bereits. Sabrina hatte viel Zeit in ihrem Atelier zugebracht und die nähere Umgebung ihres Hauses erkundigt, mehr jedoch nicht. Deswegen war sie auch so unglaublich froh über Wills Vorschlag und hätte zudem die Möglichkeit eine Zeit lang mit ihm alleine zu sein. Vor Aufregung schlug mal wieder ihr Herz bis zum Hals und ließ sie das Tragen von Winterkleidung schon fast unnötig erscheinen, so warm war ihr inzwischen geworden. Will ging direkt neben. Was er wohl gerade dachte?   „Hier läuft der Fluss. Er kommt direkt aus dem dichten Wald zu unserer linken Seite.“, klärte Will sie auf und holte sie damit zurück aus ihren Träumereien. „Von wo er genau entspringt, kann ich nicht sagen. Dieser Wald soll wohl ziemlich gefährlich sein, weswegen niemand mir sagen konnte, wie es in dem aussieht oder was es dort zu sehen gibt.“ „Und was meinst du mit gefährlich?“ „Auch das weiß ich nicht genau. Angeblich befindet sich in dem Wald ein weißer Turm, aber ob es dort auch Menschen gibt, die ihn bewachen oder andere Wesen, konnte man mir nicht sagen.“ „Es ist schon komisch, dass ihn sich niemand näher angesehen hat.“ „Irgendwie schon, aber Taro hatte sehr ernst dabei ausgesehen, als er mir von der Gegend hier erzählt hatte. Daher gehe ich davon aus, dass irgendeine Wahrheit an den Gerüchten dran sein muss.“   Einige Minuten liefen sie schweigend nebeneinander her und hingen ihren Gedanken um den Wald nach. Neugierig war Sabrina schon geworden, aber deswegen ein unnötiges Risiko eingehen, wollte sie auch nicht. Also betrachtete sie eingehender den klaren Fluss und die Umgebung darum. Alles sah so friedlich aus. Es war ruhig und die Sonne schien sogar. Dennoch war es ziemlich kalt. Wenige Meter vor ihnen erschien eine kleine Brücke. Sofort lief Sabrina auf sie zu und schaute über das Geländer ins fließende Wasser unter ihnen.   „Es ist schön hier, nicht wahr?“, fragte sie nach einer Weile Will, der neben sie getreten war und lächelte ihn mit einem strahlenden Lächeln an. Auf der Stelle setzte sein Herz für einen kurzen Moment aus und er verlor sich in diesen wunderschönen blauen Augen, die er trotz der Brille ganz klar erkennen konnte. „Du trägst heute wieder deine Brille.“, stellte er plötzlich fest und die junge Frau wandte sich verlegen ab. „Ja. Ähm, zwar habe ich die Kontaktlinsen am Abend von Lilys Party vertragen, aber … ich bin meine Brille gewohnt.“ „Du bist mir keine Erklärung schuldig.“, versicherte Will ihr schnell. „Sie steht dir. Das hat sie schon immer getan. Und deine Augen kann man trotzdem sehr gut hinter ihr erkennen.“ „Oh. Wenn du so etwas sagst, fällt es mir schwer das zu glauben, selbst wenn ich mir nicht vorstellen kann, weswegen du mich anlügen solltest.“   „Ich werde dich niemals anlügen, Sabrina. Und wenn ich dir sage, dass ich dich hübsch finde, dann ist das auf jeden Fall ehrlich gemeint.“ „Du findest mich hübsch?“ „Natürlich…Schon immer.“, gab der junge Mann nach kurzem Zögern zu und strich ihr eine dunkle Strähne wieder hinters Ohr, die sich am Gestell der Brille verfangen hatte. „Bitte…Lass das.“, hauchte Sabrina fast und wandte sich verlegen von ihm ab. „Aber warum? Ich…habe ich was falsch gemacht?“ „Ja, nein. Ich…Will, ich…“ „Würdest du mich wieder ansehen?“   Sabrina schüttelte ihren Kopf und der Mut des jungen Mannes wollte sich bereits wieder verflüchtigen, als er einfach entschlossen um sie herum trat und seine Hände auf ihre bebenden Schultern legte. Abrupt hob die junge Dame ihren puterroten Kopf, ließ ihre Lider aber gleich danach wieder sinken. Mit geschlossenen Augen stand sie nun vor ihm. Etwas zerknirscht schloss auch Will kurz seine Augen ehe er einen letzten tiefen Atemzug nahm und mit warmer Stimme seiner Geliebten seine Gefühle offenbarte.   „Sabrina, ich…Verdammt! Ich habe mir bereits so oft vorgestellt, was ich dir gleich sagen werde, dass ich es schon gar nicht mehr zählen kann. Hinzu kommt, dass…dass ich schrecklich nervös bin und das kenne ich normalerweise gar nicht von mir. Also, ich…Lieber wäre es mir, du würdest mich ansehen.“ Will wartete einen Moment, doch Sabrina schüttelte zögernd ihren Kopf, weil sie nicht glauben konnte, worauf ihre heimliche Liebe offenbar hinaus wollte. „Na gut, dann eben so. Puh. Ich…Sabrina, ich…Wir kennen uns schon so lange und ich weiß nicht mehr genau, wann es angefangen hat, aber…Außerdem war ich immer davon ausgegangen, dass ich auf diese Art nicht für dich empfinden darf, weil ich dachte, du wärst vergeben und verdienst jemand besseres als…als mich. Aber jetzt…Es ist alles anders geworden, wodurch ich wieder gehofft habe, dass…Ach, verdammt!“   Er fluchte plötzlich so laut, dass Sabrina kurz zusammen zuckte und ihre Augen wieder auf ihn richtete. Anscheinend sammelte er all seinen Mut zusammen, um ihr die Worte zu sagen, die ihm eigentlich auf der Zunge lagen. „Ich…Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen. Ich…Ich liebe dich.“ Die letzten Worte waren nur noch ein Flüstern. Dennoch hatte Sabrina jede einzelne Silbe verstanden. Sofort bahnten sich unzählige Tränen ihren Weg über ihre geröteten Wangen. Unbeholfen wollte Will schon ein Taschentuch hervorholen, weil er mit dieser Reaktion nicht gerechnet hatte, als Sabrina unvermittelt ihm an die Brust fiel und ihre Arme um seinen Hals legte. „Oh, Will.“   „Sabrina, ich…Ist alles in Ordnung?“ „Schnief. Ja. Mein Gott, Ja! Ich hatte immer davon geträumt und gehofft, dass du für mich so empfindest.“ „Heißt das, du…du auch?“ So viel Hoffnung schwang in seiner Frage mit, dass Will die junge Frau nicht eher aus seinen Armen entlassen wollte, bevor sie ihm geantwortet hatte. „Immer wenn Lily zu  mir gesagt hatte, ich wäre ein Mauerblümchen, habe ich ihr auf der Stelle geglaubt. Ich meine, ich weiß, dass ich mich nicht so hip kleide wie sie oder andere Mädchen in unserem Alter. Und du warst immer von hübschen und schicken Mädchen umgeben, dass ich befürchtete, dass ich nicht dein Typ bin und ewig darauf warten werde, dass sich ein Junge jemals für mich interessieren könnte. Deshalb…“   „Schon gut, Sabrina. Ich habe verstanden.“ Beendete er ihren Redefluss, der sie überfallen hatte. Vorsichtig wischte er ihr die Tränen aus dem Gesicht und nahm ihr sogar ihre Brille ab, damit er sie säubern konnte. „Will, das musst du nicht.“ „Ich weiß, aber ich möchte es so gerne.“ Kaum hatte er ihr die Brille wieder aufgesetzt, als seine Hände erneut auf ihren Schultern lagen. „Du bist wunderschön.“   Zwar war Sabrina schleierhaft, wie er sie noch schön finden konnte, nachdem sie völlig verheult vor ihm gestanden hatte und ihre Augen sichtbar gerötet waren. Allerdings war ihr das ziemlich egal. Verliebt strahlte sie ihn an und konnte ihre Gefühle nicht mehr für sich behalten. „Ich liebe dich auch, Will. Schon immer.“ Ihre Lippen fanden sich von alleine. Es war ein schönes Gefühl. Sie schmeckte für ihn sogar noch viel besser, als er sich jemals hätte vorstellen können. Ihre Lippen waren weich, zart. Endlich konnte er sie berühren und ihr so nahe sein, wie er es beinahe sein ganzes Leben lang gewollt hatte.                                                                                          ~<>~   Mark konnte nicht anders, als sich in die Enge getrieben fühlen. Zwar hatten seine Schwester und die anderen so getan, als ob es Zufall wäre, dass sie sich hier alle über den Weg gelaufen wären, aber Nathalie und er ließen sich nicht täuschen. Die Krönung des ganzen war, als Julia mit einem Mal verkündete, dass die zwei ihre gemeinsame Zeit wieder aufleben lassen sollten und die anderen einfach wieder verschwanden, als wäre nichts gewesen. Betroffen, verwirrt und maßlos überfordert blieb das verzweifelte Paar zurück. Zudem hatte es Mark vermieden Nathalie direkt anzusehen, weswegen er mit den Schultern zuckte, als die anderen gegangen waren und er sich zur Quelle gewandt hinstellte und Nathalie den Rücken zukehrte. So lange er noch so wütend und bitter enttäuscht war, sah er sich nicht in der Lage den ersten Schritt zu machen und auf seine Liebe zuzugehen. Denn, er konnte es in alle Richtungen drehen so viel er wollte, seine Gefühle für sie konnte er nicht leugnen. In diesem Moment war es ihm auch einerlei, sollte Nathalie vor ihm davon laufen. Schließlich hatte sie das schon immer getan, wenn es ein Problem zwischen ihnen gab oder es brenzlig wurde. Darum erstaunte es ihn umso mehr, als Nathalie das Wort an ihn richtete.   „W-wie…geht es dir?“ Er spürte ihre Unsicherheit und Nervosität. Es war nicht leicht für sie. Seine erste Regung war es, sich umzudrehen und sie ihn seine schützenden Arme zu schließen. Aber er tat es nicht. Dafür saß seine Kränkung zu tief. „Könnte besser sein.“, antwortete er knapp und blickte weiterhin auf die glatte Oberfläche der Quelle. „Okay.“ Was sollte sie nur tun? Nathalie fühlte sich völlig überfordert und verfluchte sich innerlich dafür, dass sie sich in diese heikle Situation gebracht hatte. Doch was sollte sie ihm sagen? Würde er ihre Entschuldigung überhaupt akzeptieren? Würde er sie noch wollen, nach allem was geschehen war? „Wie läuft es auf der Farm?“ Blöde Kuh, schallte sich die junge Frau selbst. „Gut. Zu der Jahreszeit hat man viel Freizeit.“   Sie konnte es ihm nicht verdenken, dass er noch Salz in die offene Wunde streute. Wahrscheinlich hätte sie dasselbe getan. Trotzdem tat es unbeschreiblich weh. „Ich kann verstehen, dass du…“ Weiter kam sie nicht. „Warum hast du das getan? Verrate es mir!“ Der Farmer hatte sich so abrupt zu ihr gewandt, dass ihm sein Wutausbruch bis in ihre kalten Gliedmaßen überging. „Ich kann mich nicht daran erinnern dich dermaßen vernachlässigt zu haben, dass du Gesellschaft von einem anderen Kerl brauchst.“, brüllte er sie an, sodass Tränen ihr Gesicht zierten. Krampfhaft krallten sich ihre Hände in den Stoff ihrer Jacke. Ihre Handschuhe hatte sie nämlich zu Hause liegen lassen. „Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist, aber bitte, bitte schrei mich nicht an. Das ertrage ich nicht.“ „Aber ich soll dein Fehlverhalten ertragen oder wie?“ „Nein, aber…“ „Wie nah seid ihr euch gekommen?“ „Was?“ „Du hast mich schon verstanden. Wie nah war er dir?“   „Schnief…Ich…Nicht so wie du denkst. Es ist nichts passiert. Wirklich nichts.“ „Und das soll ich dir glauben?“ Obwohl Mark instinktiv spürte, dass Nathalie die Wahrheit sprach. Sein Stolz war eben zu sehr verletzt worden. „Ja…schnief. Bitte, glaub mir.“ Mühsam versuchte Nathalie ihren Tränenstrom zum Versiegen zu bringen. Allerdings war es hoffnungslos. Ihre Trauer und ihr Schmerz und die panische Angst davor Mark zu verlieren, waren zu groß. Es ließ sich nicht annähernd in Worte fassen. „Was hat dann diese Lily den Abend gemeint?“ Normalerweise wollte Mark diesen unmöglichen Abend schon längst vergessen haben. Zu viel war an dem Abend geschehen oder eben nicht geschehen. Mit Sicherheit konnte er sagen, dass er diese Lily nicht so schnell wieder sehen wollte.   „Das kann ich dir nicht sagen. Will hat…Er hat sich nie an mich heran gemacht. Ich hatte nur gehofft oder gedacht, dass…Ach, es ist alles so furchtbar.“ Beschämt verbarg sie ihr Gesicht hinter ihren Händen. „Bitte, Mark…Ich war so entsetzlich dumm und zu egoistisch. Ich wollte dich für mich alleine haben und dich mit niemanden teilen auch nicht mit deiner Arbeit. Bitte, verzeih mir.“ „Sag mir nur eins, wolltest du mit ihm zusammen sein?“ Er konnte nicht anders. Er musste diese Frage stellen, ansonsten würde er es vermutlich niemals abschließen können. Auch wenn er die Antwort darauf nicht unbedingt hören wollte. Nathalie zögerte. Sie brauchte einen Moment ehe sie den Mut fand, ihm ehrlich zu antworten, denn sie wusste, dass eine Lüge ihre Beziehung, wenn es sie denn noch gab, nur noch schlimmer belastet hätte. „Am Anfang schon.“ Erneut wandte sich Mark von ihr ab. Seine schlimmste Befürchtung hatte sich bewahrheitet. „Zumindest habe ich das gedacht, nachdem…Will war mir über dem Weg gelaufen, als ich mal wieder wütend und enttäuscht von eurer Farm gerannt bin. An dem Tag war ein neues Kalb geboren und du hattest keine Zeit. Darüber war ich so sauer, dass…Ich konnte nicht klar denken. Ich habe ständig an dich gedacht, auch als ich mich mit ihm getroffen habe. Dabei wollte er nur nett sein und alles über diese Insel wissen. Viel mehr Zeit hat er zusammen mit meinem Opa verbracht weil er die Insel eben am besten kennt und viele Geschichten auf Lager hat. Ich weiß nicht wie ich es anders erklären soll, aber ich habe die ganze Zeit dich in ihm gesehen, da ich stets an dich gedacht habe. Natürlich, es entschuldigt vielleicht nicht, was ich getan habe, aber…Ich habe ihn nie berührt. Das hätte ich nicht gekonnt. Als ich dich mit Lily dann tanzen sah, war ich so eifersüchtig, dass ich ihr am liebsten die Augen ausgekratzt hätte. So fordernd wie sie sich an dich herangeschmissen hat. In diesem Moment habe ich gefühlt, bzw. wurde mir richtig bewusst, was ich im Begriff war zu tun und irgendwie auch getan habe ohne es richtig zu registrieren. Julia hat mir an dem Abend ins Gewissen geredet und mir die Augen geöffnet. Es tut mir so entsetzlich Leid. Das habe ich wirklich nicht gewollt. Ich…ich war so egoistisch und jämmerlich und…“   Die nächsten Tränen kamen und Nathalie versagte ihre Stimme. In dem ganzen Durcheinander hatte Mark sie aber verstanden. Zumindest glaubte er das. Einerseits war er erleichtert, dass sie sich nicht direkt an Will herangemacht hatte oder er sich an sie, andererseits wollte sie von ihm etwas, was er ihr kurzzeitig nicht geben konnte und das schmerzte ihn. Andersherum war er auch froh darüber, dass Nathalie ihm das enge Tanzen mit Lily nicht vorwarf. Immerhin hatte sich Lily an ihn herangeschmissen und ihm fast keine Möglichkeit gelassen, sich aus ihren Klauen zu befreien. Des Weiterhin tat es ihm weh, Nathalie verheult und beschämt vor sich zu sehen. Er spürte und wusste, dass es ihr Leid tat. Ja, es war ein völliges Durcheinander und ihr ehrlich gegenüber hatte er sich auch nicht verhalten.   „Nathalie, an dem Tag als das Kalb kam, habe ich dir angesehen, dass du enttäuscht von mir warst, dass ich dich nicht zur Hilfe geholt habe. Ich schätze, diese Tatsache hat den Stein ins Rollen gebracht und dich zutiefst verletzt. Das tut mir Leid. Es war nur so, dass ich dir nicht zugetraut habe, diese Arbeit an meiner Seite zu verrichten. Es war ein Fehler von mir, so von dir zu denken.“ „Nein, Mark.“, unterbrach sie ihn. „Du hattest damit vollkommen Recht. Deine Arbeit mit den Tieren, die … die liegt mir nicht und ich weiß nicht, ob ich mich jemals daran gewöhnen werde, an den ganzen Stallmief und alles was damit verbunden ist. Aber, ich würde es gerne versuchen, wenn du mir noch eine Chance gibst.“   Sehnsüchtig sah sie ihn an und er konnte diese Sehnsucht nachempfinden und war froh, dass sie in seiner Nathalie noch existierte. Ohne auch noch weiter darüber nachzudenken, lief er auf sie zu und küsste sie stürmisch. Hart und fordernd lagen seine Lippen auf ihre. Für einen Augenblick war Nathalie überrascht und aus dem Konzept gebracht, doch dann erwiderte sie diesen Kuss mit der gleichen Sehnsucht und Leidenschaft. Endlich war sie wieder dort, wo sie hingehörte. In seinen starken Armen und seine heißen Lippen auf ihre, die ihr so vertraut waren.   „Lauf nie wieder vor mir weg. Versprich es.“, brachte Mark zwischen den Küssen keuchend hervor und konnte nicht verhindern, dass ihm eine einzelne Träne über die Wange lief. Behutsam entfernte sie Nathalie für ihn. „Ja. Ich verspreche es dir. Ich will auch bei niemand anderen sein.“ „Nie werde ich dich hergeben. Du gehörst zu mir.“ Um diesem Versprechen zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, folgte ein weiterer inniger Kuss und noch unzählige weitere, die ihre Liebe füreinander erneuerten und festigten. Keiner von ihnen war bereit, den anderen wieder loszulassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)