Down Hill 3: Crisis von Sky- ================================================================================ Kapitel 7: Der Informant ------------------------ Mello war nach einer ausgiebigen Dusche in sein Zimmer zurückgekehrt und stellte mit Überraschung fest, dass da schon jemand drin war. Ein junger Mann, der so ungefähr in seinem Alter war und blondes Haar und grasgrüne Augen hatte, schaute sich neugierig bei ihm um und lächelte fröhlich vor sich hin. Er trug einen hellgrünen Kapuzenpullover und bewegte sich so selbstverständlich in seinem Zimmer, als wäre er hier zuhause. „Was zum…“ Bevor Mello weitersprechen konnte, hatte sich der junge Mann mit dem recht androgynen Körper zu ihm umgedreht und sah etwas erstaunt aus. Anzumerken war hierbei, dass Mello nichts als ein Handtuch um die Hüften trug und deshalb erst mal sehr feindselig reagierte. „Wer bist du und was suchst du in meinem Zimmer?“ „Oh entschuldige, dass ich so reinplatze. Mein Name ist Clockwise, ich bin ein guter Freund von Horace und Kaonashi. Ich dachte, ich schau mal kurz vorbei und sag Hallo.“ Er lächelte herzlich und wirkte ein wenig wie Birdie. Es war ein so ehrliches und fröhliches Lächeln, welches irgendwie den Anschein erweckte, als könne nichts auf der Welt sein Herz gänzlich trüben. Nun, da er ein Freund von Kaonashi war, duldete Mello ihn und begann nun, sich anzuziehen. „Ich hab von den anderen erfahren, was passiert ist. Das mit Umbra…“ „Scheint sich verdammt schnell herumgesprochen zu haben, dass ich jetzt ein Freak bin, was?“ „Das bleibt in einem Gefängnis leider nicht aus. Hier ist es wie in einem kleinen Dorf auf dem Land: jeder kennt jeden und solche Nachrichten verbreiten sich schneller als Grippeviren. Aber sag mal Mello, hast du…“ Clockwise sprach nicht weiter, als ein Geräusch vom Lüftungsschacht herkam und er sah, dass Horace gerade hindurch kam. Dieser war mehr überrascht, als er seinen Schauspielerkollegen sah. „Hey Clocky, was suchst du denn hier?“ „Ich wollte Mello mal kennen lernen“, antwortete dieser. „Und ich sagte doch, du sollst mich nicht so nennen. Das klingt bescheuert.“ Mit so viel Besuch auf einmal hätte Mello jetzt nicht gerechnet. Aber andererseits hatte er auch nichts dagegen, immerhin schienen sie ihm helfen zu wollen. „Wie ich sehe, hast du unsere kleine Märchenprinzessin schon kennen gelernt“, stellte der Psychologe fest, wobei Clockwise eine Schmollmiene zog, als er das hörte. Aber das ignorierte Horace einfach und fuhr fort. „Ich wollte mal vorbeischauen und hören, wie es dir so geht. Kaonashi wollte erst selbst vorbeikommen, aber er hat etwas sehr Wichtiges zu erledigen, deshalb hat er leider gerade keine Zeit.“ Mello setzte sich aufs Bett und wischte sich seine nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dabei erzählte er von seinem ersten Tag in Efrafa I und wie es mit Matt gelaufen war. Inzwischen vertraute er Horace und Kaonashi und auch Clockwise schien soweit in Ordnung zu sein. Als er schließlich fertig mit seinem Bericht war, verschränkte Horace die Arme und nickte bedächtig. „Okay. Also was ich dir anraten kann ist, dich während deines Aufenthalts in diesem Stützpunkt am besten an Leaks und Hiram zu halten. Sie sind neben Morph, Rhyme und Christine absolut vertrauenswürdig. Aber an deiner Stelle wäre ich vorsichtig, was den Umgang mit Matt und Birdie angeht. Vor allem vor Helmstedter musst du dich in Acht nehmen. Insbesondere jetzt, wo bekannt ist, dass du ein Penumbra bist.“ „Wieso Matt und Birdie?“ fragte Mello und war sichtlich irritiert. Nun gut… Birdie war vielleicht nicht gerade die Geschickteste und stolperte alle paar Meter über ihre eigenen Füße, aber Matt war sein bester Freund und ihm hatte er immer vertraut. Warum hieß es plötzlich, er dürfe es nicht mehr? Horace erklärte es ihm. „Glaub mir, diese Birdie ist eine falsche Schlange. Mit ihr wirst du nur Ärger haben, wenn du dich allzu sehr auf sie einlässt. Außerdem darf man nicht vergessen, dass sie den Doktor regelrecht anhimmelt. Der Kontakt zu den beiden lässt sich leider nicht gänzlich vermeiden, aber wenn du hier weiterkommen willst, solltest du besser auf uns hören. Birdie wird dir nur Probleme machen. Und was deinen Freund Matt angeht, er ist auch nur noch Helmstedters Marionette und tanzt nach seiner Pfeife. Was glaubst du, warum der Doktor in Efrafa ist?“ „Na weil er die Hilfe der anderen braucht, um an Umbra zu kommen.“ „Eben!“ erklärte Horace mit betonter Stimme. „Und genau das wollen wir verhindern. Wir kennen den Doktor schon sehr lange und wissen, wie gefährlich er wirklich ist. Erstens ist er schon als Mensch so genommen ein absolutes Ekel, aber als Arzt ist er ein kaltblütiges Monster. Was glaubst du wohl, was er tun wird, wenn er erst einmal das Umbra-Gen in den Händen hält? Du kannst dir sicher sein, dass es noch sehr viel mehr Probleme geben und er die Insassen als Laborratten benutzt. Und das nimmt Matt in Kauf, um hier rauszukommen. Glaub mir ruhig, wenn ich dir sage, dass hier die Hölle ausbrechen wird, wenn Helmstedter erst mal das Gen in Händen hält.“ Nun gut, Mello hatte das irgendwie schon geahnt, aber trotzdem fiel es ihm schwer, Matt dafür zu verurteilen. Für diesen war es der letzte verzweifelte Ausweg, um Down Hill zu verlassen. Horace schien zu ahnen, was ihm durch den Kopf ging und seufzte. „Den Teufel spürt das Völkchen nie und wenn er sie am Kragen hätte… Und ich sehe schon: der sauberen Herren Pfuschereien ist bei euch schon Maxime.“ „An Umbra zu kommen ist eben die einzige Möglichkeit, aus Down Hill zu entkommen.“ „Und wenn es nicht so wäre?“ Diese Worte machten Mello hellhörig. Zuerst war er sich nicht sicher, ob er es richtig verstanden hatte, doch auch Clockwise nickte bestätigend. „Wir arbeiten ebenfalls an einer Möglichkeit, aus Down Hill zu entkommen, ohne dass irgendjemand dafür geopfert oder zu einem zweiten Umbra gemacht werden muss.“ „Und wie wollt ihr das anstellen?“ „Das können wir dir nicht sagen, zumindest noch nicht. Du musst wissen, wir könnten theoretisch längst hier raus, aber wir haben noch etwas sehr Wichtiges zu tun. Denn Horace, Kaonashi und ich, wir sind nicht als Gefangene hergekommen. Wir sind freiwillig hier.“ Nun glaubte Mello erst recht, sich verhört zu haben. Was für eine Wahnsinnsidee hätte die drei denn bitteschön dazu gebracht, freiwillig ins ausbruchsicherste Gefängnis der Welt zu gehen, selbst auf die Gefahr hin, nie wieder das Tageslicht zu sehen? Das war doch komplett verrückt. „Wieso seid ihr freiwillig hier?“ „Weil wir Helmstedters Treiben ein Ende bereiten wollen“, erklärte Horace. „Dieser Mann hat unser Leben zerstört und unzählige Gräueltaten begangen. Wir wollen nicht zulassen, dass er wieder an Menschen experimentiert und noch mehr Leben zerstört. Aus diesem Grund wollen wir erfahren, was er mit seinen Experimenten bezweckt, wer Umbra wirklich ist und was sich Helmstedter von diesen Experimenten verspricht. Ich hab zwar eine gewisse Ahnung, aber dazu brauchen wir mehr Indizien. Und wenn wir unsere Antworten haben, werden wir Helmstedter töten, seine Arbeit zerstören und Down Hill verlassen. Das ist der Grund, weshalb wir hier sind.“ „Inwiefern hat er euer Leben zerstört?“ „Er hat meine Eltern getötet“, antwortete Clockwise mit Ernst in der Stimme. „Horace hat er als lebendes Ersatzteillager benutzt und Kaonashi war sein Versuchskaninchen.“ „Und was hat er mit ihm gemacht?“ „Das sollte Kao dir selbst sagen“, meinte Horace schließlich. „Aber du siehst, jeder von uns hat triftige Gründe, um an Helmstedter Rache zu nehmen.“ „Und wieso redet ihr nicht mit Matt? Nun gut, er hat sich zwar verändert, aber wenn ihr ihm die Sache erklärt, dann wird er sicherlich…“ Doch da unterbrach ihn Horaces Lachen und er ahnte, dass da wohl schon Versuche gestartet worden waren und diese offenbar erfolglos geblieben waren. Clockwise schüttelte den Kopf und erklärte „Helmstedters Einfluss ist zu groß, als dass wir eine Zusammenarbeit mit Efrafa riskieren können. Außerdem hängen Leben davon ab, dass wir erfolgreich unsere Identität geheim halten können. Nicht nur unsere, sondern auch die von anderen. Außerdem hat Helmstedter Matt schon längst gegen uns aufgestachelt, sodass jegliche Bemühungen komplett gescheitert sind. Aus diesem Grund haben wir es aufgegeben und gehen alleine vor.“ Nun, wenn Helmstedter wirklich so einen großen Einfluss in Down Hill hatte, dann war es wohl tatsächlich das Beste, wenn die drei alleine arbeiteten, wenn sie andernfalls in Gefahr geraten konnten. Aber so ganz leuchtete ihm nicht wirklich ein, was sie dann von ihm wollten. Immerhin war er Matts bester Freund und Mitglied in Efrafa. Als er deshalb nachfragte, hatte er sogleich schon einen Verdacht. „Wollt ihr etwa, dass ich Matt ausspioniere?“ „Nein, überhaupt nicht“, versicherte Clockwise. „Unser Anliegen besteht mehr darin, dass du uns hilfst, mehr über Umbra herauszufinden und was damals alles passiert ist. Denn weißt du… wir arbeiten mit jemandem zusammen, der eine Verbindung zu einem gewissen Waisenhaus hat, in welchem auch du aufgewachsen bist.“ Das warf Mello fast völlig aus der Bahn. Kaonashi und die beiden anderen kannten noch jemanden, der aus Wammys House stammte und sie arbeiteten mit dieser Person zusammen? Aber wer? „Wer ist es? Nennt er sich vielleicht Near?“ Doch sie zuckten beide unsicher mit den Schultern und erklärten „Er nennt sich Fourty-Nine und er ist stets in Begleitung einer Dame, die sich Eleven nennt. Ob es dieser Near ist, können wir nicht sagen.“ „Wie sieht er aus?“ „Die beiden sind stets maskiert und wir können ihr Gesicht nicht erkennen. Aber du wirst die beiden schon noch kennen lernen. Sie leben in Core City, näher gesagt im Pardarail-Viertel. Wenn du mal dort unterwegs bist, kannst du gerne vorbeischauen und die beiden kennen lernen.“ In Mellos Kopf schwirrten die Gedanken umher und er wusste nicht. Wie er das Ganze einordnen sollte. Kaonashi hatte Kontakt zu einem ehemaligen Abgänger aus dem Waisenhaus, der unter Umständen vielleicht Near sein könnte. Aber was machte der denn hier, wenn es denn wirklich er war? „Was genau erwartet ihr von mir?“ „Eigentlich nicht sonderlich viel“, kam es von Horace, dessen Lächeln ein wenig zwielichtig wie das eines gefährlichen Intellektuellen wirkte. Es erinnerte ein klein wenig an Helmstedter, nur war es nicht so eiskalt und herablassend. „Du gehst einfach deinem gewöhnlichen Alltag in Efrafa nach und schweigst über unsere Besuche bei dir. Das erspart uns und vor allem dir Ärger. Wenn die Zeit kommt, werden wir dir mehr erzählen und dann hoffen wir natürlich, dass du uns ein kleines bisschen unter die Arme greifst. Aber das erklären wir dir noch. Dafür helfen wir dir, falls dir Helmstedter gefährlich werden sollte. Immerhin zählst du jetzt offiziell auch zu seinen Opfern und bist in Gefahr. Darum kannst du mit uns rechnen. Im Gegenzug dafür brauchst du nichts Weiteres zu tun, als ein wenig auf deinen Freund Matt aufzupassen und für uns als Informant fungieren.“ „Ich soll ihn für euch also doch ausspionieren?“ „Das hast du gesagt. Vom Spionieren war nie die Rede.“ „Die Sache ist einfach die, dass Matt zwar unser Feind ist“, begann Clockwise zu erklären, „aber wir vermuten, dass auch Helmstedter ihn für seine Zwecke benutzt und er deshalb in Gefahr geraten könnte. Und da wir weitere Opfer durch den Doktor vermeiden wollen, haben wir ein wachsames Auge auf Efrafa. Da wir aber kaum an Matt herankommen, bitten wir dich einfach nur, uns Bescheid zu geben, sollte er sich plötzlich ganz anders verhalten als vorher oder wenn sich sein Gesundheitszustand stark verändert.“ So wirklich sicher war sich Mello nicht, was er davon halten sollte und ob es so eine gute Idee war, Matt zu bewachen. Aber andererseits… wenn er bedachte, dass der Doktor so gefährlich war und an Menschen experimentierte, dann war es vielleicht ratsam, Matt im Auge zu behalten. „Deinem Gesicht nach zu urteilen, hast du bereits gravierende Veränderungen feststellen können“, stellte Horace fest und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, wobei er die Hände in den Hosentaschen vergrub. „Erzähl uns davon. Jede kleinste Kleinigkeit könnte von Bedeutung sein.“ „Matt hat sich vom Charakter her stark verändert. Als kleiner Junge hat er damals seine Familie durch die KEE verloren und war eine kleine Heulsuse gewesen. Im Waisenhaus haben wir uns ein Zimmer geteilt und ich hab ihn so weit wieder aufgebaut gekriegt, dass er danach einen recht ruhigen Charakter entwickelt hat. Er war vom Wesen her recht gleichgültig gewesen, was irgendwelche Probleme anging und er hat sich nie aus der Ruhe bringen lassen, nicht mal von mir. Er hat einfach sein Ding gemacht, hat eine Zigarette nach der anderen verqualmt und seine Games gezockt, wenn er nicht als Hacker gearbeitet hat. Außerdem hat er sich nie in den Vordergrund gerückt und hatte damals auch nie Ambitionen gezeigt, L’s nächster Nachfolger zu werden. In der Hinsicht war er ein klein wenig sorglos. Aber jetzt hab ich das Gefühl, er ist ein ganz anderer Mensch. Er liebt mich nicht mehr, er ist zu einem Shutcall geworden, der ohne zu zögern Menschen tötet und grausam und brutal ist, er hat von jetzt auf gleich mit dem Rauchen aufgehört und auch seine Spiele zockt er nicht mehr. Außerdem reibt er sich die Augen, was er früher noch nie getan hat und irgendwie hab ich das Gefühl, dass er innerlich vollkommen zerrissen ist und nicht weiß, was er denken oder fühlen soll in meiner Gegenwart. Ich hab auch gemerkt, dass er sehr häufig Kopfschmerzen hat.“ „Hat er dir auch erklärt, warum er sich so verändert hat?“ hakte Clockwise weiter nach und an seinem Gesicht ließ sich erkennen, dass da vielleicht etwas dran war. Mello dachte kurz nach und antwortete „Er sagte, dass er bei seiner Flucht aus dem Asylum eine schwere Kopfverletzung erlitten hat und als er aufgewacht ist, hatte er Erinnerungslücken. Aber die Kopfschmerzen schiebt er auf den Stress, den er momentan hat.“ „Kannst du uns vielleicht verraten, wie Matt mit richtigem Namen heißt?“ „Warum ist das wichtig?“ „Für eventuelle Recherchearbeiten. Es kann gut möglich sein, dass wir auch Matts Familiengeschichte untersuchen müssen.“ „Er heißt Mail Jeevas und soweit ich weiß, hatte er sowohl seine Eltern, als auch einen großen Bruder. Aber mehr hat er mir nie über seine Familie verraten. Lediglich, dass die KEE sie getötet hat und er daraufhin von Watari nach Wammys House gebracht wurde.“ Horace und Clockwise tauschten kurze fragende Blicke aus und es schien so, als würde ihnen etwas Bestimmtes durch den Kopf gehen. Aber wahrscheinlich täuschte sie das nur. Dann aber wandten sie sich wieder Mello zu. „Diese Informationen helfen uns wirklich weiter. Danke, Mello. Wir werden das auf jeden Fall weiter verfolgen und herausfinden, was Helmstedter von deinem Freund will. Sollte dir irgendetwas auffallen, dann sag uns einfach Bescheid, wenn wir wieder vorbeischauen oder wenn du nichts von uns hörst und etwas sehr Wichtiges sein sollte, dann mach einfach Folgendes: Klopf laut gegen die Innenwand des Lüftungsschachtes und ruf nach Sezru oder Fiver. Die beiden können die Nachricht dann auch weitergeben.“ „Wer sind die beiden? Auch Verbündete von euch?“ „So in etwa. Wir passen ein wenig auf sie auf, nachdem sie uns quasi anvertraut wurden. Aber Näheres erfährst du schon, wenn du Nine triffst. So, wir müssen dann auch wieder los. Clockwise, komm wir gehen.“ Damit kletterte Horace den Lüftungsschacht rauf und verschwand. Doch Clockwise blieb noch kurz stehen, begutachtete Mello aufmerksam mit seinen grünen Augen und lächelte dann zufrieden. „Ich glaube, ich verstehe so langsam, warum Kaonashi so viel von dir hält. Du bist ihm wirklich sehr ähnlich. Ich wünsch dir noch viel Erfolg mit deinem Freund Matt. Und lass den Kopf nicht hängen, ja? Auch wenn es vielleicht im Moment schwer ist, aber man kann sich auch ein zweites Mal ineinander verlieben.“ Nun kletterte auch Clockwise hoch in den Lüftungsschacht und folgte Horace. Als sie nach oben mussten, kletterten sie den Schacht hoch, in welchen Leitersprossen festgeschraubt waren, wie man sie beispielsweise an Türmen fand. Während sie hoch in die obere Ebene kletterten, dachte Clockwise nach. „Sag mal Horace… meinst du, dass das alles irgendwie zusammenhängt?“ „Tja…“, murmelte der Psychologe und dachte nach. „So ganz sicher bin ich mir noch nicht. Aber wenn ich mal davon ausgehe, dass Helmstedter irgendetwas an Matt gemacht hat und ihn für einen seiner Versuche benutzt hat, dann könnte ich mir tatsächlich denken, dass es beabsichtigt war, dass Mello von der KEE verhaftet wurde. Womöglich sind die Experimente noch nicht gänzlich abgeschlossen…“ „Und ob da eine Verbindung zu Umbra besteht?“ „Das kann ich im ersten Augenblick noch nicht erkennen. Wenn es stimmt und Matt hatte durch den schweren Schlag einen Gedächtnisverlust, dann sehe ich leider keinen direkten Zusammenhang mit dem Blood-Freezing Experiment. Das wären zwei verschiedene Paar Schuhe. Womöglich hat der Mistkerl zwei Versuche am Laufen, nur dann würde mich natürlich interessieren, was er sich davon verspricht, irgendeinem Menschen, der an Amnesie leidet, seine Erinnerungen zurückzuholen. Das ist für jemanden wie Helmstedter doch viel zu uninteressant. Entweder war es für ihn eine harmlose Spielerei, es ist eine Hirnwäsche oder aber es steckt noch etwas ganz anderes dahinter und genau das müssen wir unbedingt herausfinden. Bei diesem Bastard können wir nie vorsichtig genug sein.“ „Und was ist mit Mello?“ „Nun, den können wir als Informant sehr gut gebrauchen und aus dem Grund werden wir ihn eben im Auge behalten. Nicht, dass Helmstedter noch auf den Trichter kommt, ihn aus dem Weg zu räumen, weil dieser ein Problem für seine Experimente darstellen könnte. Aus dem Grund halten wir ihn erst mal weitestgehend aus der Sache raus. Je weniger er weiß, desto weniger können sie aus ihm herausquetschen. Aus dem Grund werden wir ihm auch nichts von Rhymes Aufgabe erzählen. Das würde alles nur komplizierter machen.“ Ja, das leuchtete ihm auch ein und auch er konnte da nicht so wirklich einen Zusammenhang erkennen, was Matts verändertem Verhalten und dem Blood-Freezing Experiment zu tun hatte. Wahrscheinlich gab es da auch wirklich keinen Zusammenhang und es waren zwei verschiedene Projekte, wie Horace schon gesagt hatte. „Das verkompliziert die ganze Sache schlimmstenfalls noch, oder?“ „Nur, wenn wir uns irritieren lassen und nachlässig werden. Würdest du mir gleich den Gefallen tun und Nine die neuesten Erkenntnisse mitteilen?“ „Klar, kann ich machen. Und was machst du derweil?“ „Na was wohl? Kaonashi natürlich helfen.“ „Bist du dir sicher?“ fragte Clockwise unsicher und blickte skeptisch zu Horace, der diesen Blick aber nicht sehen konnte. „Du weißt doch, dass er uns bei der Sache nicht dabei haben will. Er wird noch richtig sauer werden, wenn du dich schon wieder über seine Anweisungen hinwegsetzt.“ Clockwise wusste, dass die beiden zwar ein Paar waren und sie sich beide liebten, aber die Beziehung zwischen ihnen war nicht gerade die einfachste, vor allem weil Kaonashi gerne das Sagen hatte und Horace sich stets und ständig darüber hinwegsetzte, weil er Kaonashi helfen wollte. Manchmal war es schon ein regelrechter Machtkampf zwischen den beiden und in solchen Momenten wünschte sich Clockwise, dass Rhyme da wäre. Er hatte es immer geschafft, zwischen den beiden erfolgreich zu vermitteln und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Und als er wieder an Rhyme dachte, kam die Sehnsucht nach ihm wieder zurück. Das schien Horace zu ahnen, denn als er den Schacht für die erste Ebene erreicht hatte, machte er etwas Platz, damit auch Clockwise Platz hatte und wandte sich zu ihm um. „Ich weiß, dass du Rhyme gerne wiedersehen würdest, aber wenn wir mit der Sabotage beginnen, wird es erst mal ratsam sein, wenn wir uns von Efrafa fernhalten. Allein schon, um Rhymes Leben nicht zu gefährden.“ „Ich weiß“, seufzte Clockwise. „Aber es kann ja nicht jeder das Glück haben, dass du mit Kaonashi jederzeit rumturteln kannst. Ich stell ja schon die Lautstärke höher, um nicht noch selber in Stimmung zu kommen.“ „Ja, das haben wir auch schon gemerkt. Und es ist nicht gerade erotisch, zum Höhepunkt zu kommen, wenn du im Hintergrund Arielle die kleine Meerjungfrau singen hörst.“ „Sorry. Wenn ich Kopfhörer hätte, würde ich sie auch benutzen.“ Schließlich trennten sie sich voneinander. Während Clockwise nach Pardarail zurückkehrte, machte sich Horace weiter auf den Weg nach oben zu Ebene 2. Jetzt galt es, die Lage zu überprüfen und dann zu Kaonashi dazuzustoßen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)