Der Schatz von Daelis ================================================================================ Kapitel 1: ...ist weg! ---------------------- Nein, hier war er auch nicht. Und hier auch nicht. Das konnte nicht sein! Er hatte ganz sicher hier gelegen, absolut sicher sogar! Am morgen hatte sie ihn noch benutzt und ihn dann an den üblichen Platz auf dem Regal gelegt. Da war sie sich absolut sicher. Neliel hielt inne, das Kissen in der Hand. Sie hockte auf dem Sofa, hatte dieses gerade intensiv abgesucht und dabei selbst die Sitzpolster hochgehoben, um darunter zu sehen. Allerdings war ihre Suche an dieser Stelle ebenso erfolglos geblieben, wie im Rest ihrer Räumlichkeiten. Im Bett hatte sie ihren Schatz nicht gefunden, auch die Küche hatte sie ohne Erfolg durchsucht und nun zerlegte sie zum zweiten Male ihr Wohnzimmer, in dem ihre Suche auch begonnen hatte. Er musste einfach hier sein. Er musste! Achtlos stopfte sie das Kissen zurück an seinen Platz, sprang vom Sofa und eilte zurück zu dem Schreibtisch, auf dem ein heilloses Chaos aus Zetteln und Schnipseln herrschte, sodass man hätte glauben können, hier lebe ein Kind. Doch die Espada selbst hatte all diese Fotos und Bilderschnipsel dort ausgebreitet und klebte und malte jeden Tag ein wenig mehr an ihrer Collage, die sie über ihrem Bett aufhängen wollte. Viele Fotos von ihrer Fraccion und ihr, die offen zeigten, das sie eine tiefe Freundschaft verband. Nun jedoch schob sie auch diese Ansammlung von bunt bedrucktem Papier gnadenlos beiseite auf der Suche nach dem Gegenstand, den sie insgeheim nur als ihren 'Schatz' bezeichnete. Objektiv betrachtet wäre es wohl nur ein etwas angekauter blaugrauer Kugelschreiber, dessen Miene langsam den Geist aufgab und der daher nur noch undeutlich schrieb. Selbst zu seinen besten Zeiten hatte das Schriftbild wenig vorzeigbar ausgesehen, gab es doch immer wieder Kleckse und breitere Stellen, doch für die Frau mit dem grünen Haar hatte der wertlos anmutenden Stift eine tiefere Bedeutung, wenngleich sie diese keinem anderen offenbarte. Ohnehin hatte sie das Kleinod auf ihrem Schreibtisch in Sicherheit gewähnt. Es wäre allerdings auch nicht das erste Mal, dass sie den Stift, den sie so wertschätzte, verlegt hätte, ging in dem akuten Durcheinander auf ihrem Schreibtisch doch des öfteren mal etwas verloren. Sie trat einen Schritt von ihrem Schreibtisch zurück, auf dem sie den Stift wieder nicht hatte finden können. Wo könnte er denn nur sein? Ohne sich weiter damit aufzuhalten, die Unordnung, die sie durch ihre Suche nur noch verschlimmert hatte, wieder zu beseitigen oder zumindest einzudämmen, wandte sich die grünhaarige Frau mit wehendem Schopf dem Regal zu ihrer Linken zu, in dem sie Bücher und Aktenordner aufbewahrte. War der Stift vielleicht zwischen die Deko gerutscht? Nachdenkliche Falten bildeten sich auf der Stirn der Espada und sie wischte sich eine grüne Locke aus den Augen. Möglich wäre es. Ein Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet, genährt von der Angst, ihren Schatz gar nicht wiederzufinden. Nein, so durfte sie nicht einmal denken. Er musste hier sein. Wo denn auch sonst? Die Tres Espada schüttelte leicht den Kopf, um diesen frei zu bekommen und wühlte weiter durch ihre Unterlagen, bis ein Klopfen an der Tür sie unterbrach. Neliel schreckte zusammen, hatte vor Überraschung sogar das Buch fallen lassen, das sie in der Hand gehalten hatte, während sie ein Regal durchsuchte. Beinahe hätte sie das Espada-Meeting verpasst! So aber, durch das Klopfen erinnert, schaffte sie es gerade noch pünktlich in den Besprechungsraum, in dem die meisten anderen Espada bereits Platz genommen hatten. Sie nahm sich fest vor, Dondochakka, der geklopft hatte und eigentlich bloß fragen wollte, ob sie den letzten Muffin essen wollte, dafür zu belohnen, dass er sie davor bewahrt hatte, sich zu verspäten. Selten hatte sie einem Treffen, dem Aizen-sama vorsaß, so wenig Aufmerksamkeit geschenkt, wie heute. Ihre Laune war auf dem Tiefpunkt und so hatte sie nur gerade so weit zugehört, wie es absolut nötig war, um nicht gänzlich unhöflich zu sein, und sich ansonsten ihren düsteren Grübeleien über ihren verlorenen Schatz hingegeben. Wie hatte sie ihn nur verlieren können? So lange wie heute war er noch nie weg gewesen. Sie seufzte tief, als der Shinigami sie alle schließlich entließ und sie, eine Aktenmappe unter dem Arm wie alle Espada, den Raum hinter dem Sexta Espada Grimmjow Jaegerjaques verließ. Normalerweise schenkte sie dem Blauhaarigen keine weitere Beachtung, fand sie doch er war ein unhöflicher, respektloser und arroganter Idiot, der in seiner Kampfeslust so ganz anders als sie selbst war, die man schon als pazifistisch bezeichnen konnte. Abgesehen von den allgemeinen Treffen hatte sie bisher auch noch nicht weiter mit ihm zu tun gehabt. Jetzt jedoch lenkte etwas ihren Blick auf den Sexta – oder vielmehr auf die Mappe unter seinem Arm. An der schwarzen Mappe klemmte ein blaugrauer Stift. Ein Kugelschreiber. Ihr Kugelschreiber! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)