Warum erwachsen werden von Amunet ================================================================================ Kapitel 16: Kapitel 16 ---------------------- Die Stimmung im Beiboot war angespannt. Keiner der fünf niederen Piraten traute sich, etwas zu sagen. Kein Wort kam ihnen über die Lippen, während ihre Blicke unsicher von Pan zu ihrem Kapitän wanderten. Falls sie jedoch gehofft hatten, Unterstützung in den Augen von Hook zu finden, dann irrten sie. Ihr Kapitän war unwillig, ihnen gegen die Furcht vor Pan behilflich zu sein. Aber auch die Neugier, welche sie verspürten, fand keine Nahrung. Wie gerne hätten sie gewusst, was in den letzten Tagen zwischen dem Jungen und Hook vorgegangen war. Die fragwürdigen Geräusche, die Sache mit der Kette, der Waschzuber, den sie hatten tragen und füllen müssen, und alledem voran der schlichte Fakt, dass Peter Pan noch lebte, beunruhigte sie. Zwar waren sie bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, doch jede noch so kleine Bewegung Pans ließ sie zusammenzucken und selbst Mr. Smee schwieg ungewöhnlich lange. Doch wenn man von den ganzen Vorfällen an Bord der Jolly Roger absah, war es gerade Pans finsterer Gesichtsausdruck, der sie ängstige. Seit Pan mit gefesselten Händen und einem Seil um den Hals, was auf seltsam anmutende Art an eine Hundeleine erinnerte, aus der Kabine des Kapitäns gekommen war, war selbst dem ungebildetsten Piraten klar, dass der Junge gespannt war wie die Sehne eines Bogens. Eine Aura reinster Wut umgab ihn und sollte er auch die geringste Chance erhalten, anzugreifen, würde er dies tun. Kompromisslos. Schonungslos. Absolut tödlich. Er würde sich für jede Erniedrigung, jede Peinlichkeit, die Hook im angetan hatte, rächen. Aber auch der Kapitän trug eine düstere Laune vor sich her, wie ein Gewitter. Auf Mr. Smees Fragen antwortete er nur, wenn es nötig war und zudem auch noch sehr einsilbig. Die Leine Pans trug er um das Handgelenk seiner gesunden Hand gebunden und drohte jedem einen fürchterlichen Tod an, der auch nur den Vorschlag unterbreitete, ihm Pan abzunehmen. Der Maat, welcher als erstes den Schneid aufgebracht und Hook gefragt hatte, war nur knapp dem Haken des Kapitäns entkommen. Kein weiterer war lebensmüde genug, nochmals einen Versuch zu wagen. Die erste Befürchtung, Hook würde Pan verhätscheln, wurde jedoch rasch widerlegt. Der Kapitän ging außerordentlich grob mit dem Jungen um. Zog und zerrte an dem Seil, so dass Pan, ehe er auf dem Beiboot ankam, bereits zweimal heftig nach Luft ringen musste. Zwar lockerte der Kapitän das Seil, sobald er dies bemerkte, doch ging er dabei mit ebensolcher Brutalität vor, so dass Pans zarten Hals bereits jetzt rote Striemen zierten. Bei alledem verlor der Junge jedoch kein Wort. Er starrte stolz durch Hook hindurch, was diesen noch rasender zu machen schien und jeder an Bord erkannte, dass der Kapitän sauer auf Pan war. Peter Pan selbst brodelte innerlich, wenngleich er seine Miene verschlossen hielt. Obwohl Hook sich ebenso widerlich benahm, wie er es immer tat, fühlte sich Pan dieses Mal von ihm merkwürdig betrogen. Er konnte nicht ausmachen, woher dieses Gefühl kam, aber er vermutete, dass der Kontrast von Hooks Boshaftigkeit zu der erstaunlichen Zärtlichkeit, wenn er ihn berührte, Ursache hierfür war. Ihm wurde ganz mulmig, wenn er daran dachte, wo Hook ihn liebkost und geküsst hatte. Sein Körper jedenfalls hatte darauf reagiert. Er kannte zwar schon, dass sein Glied des Nachts gelegentlich anschwoll, dann jedoch ohne jeglichen Grund und der Zustand verging nach wenigen Minuten von selbst. Ihm war neu, dass dies auch durch Berührungen geschehen konnte. Offenbar gab es so einige Dinge, welche er erst noch entdecken musste. Weshalb war es ausgerechnet Hook, der ihm den Weg in dieses Abenteuer ebnete? Jeder der verlorenen Jungen wäre Peter lieber gewesen als dieser schreckliche Mann. Nur tief in sich drin, da ahnte er, dass nur Hook ihn derart fühlen und reagieren ließ. Gerade als er leicht aufseufzte, setzte das Beiboot an Land auf. In dem Geräusch ging sein Seufzen unter und er war froh darum, denn so bemerkte selbst Hook es nicht. Leichtfüßig, wie er es den Piraten keineswegs zugetraut hatte, stiegen die Männer aus, machten das Tau an einem einsamen Stein fest und liefen an den Strand. Hook folgte ihnen und zog Peter mit sich. Am liebsten hätte Peter Hook dafür erstochen. Das Seil um seinen Hals scheuerte und wenn er nicht schnell genug lief, schnürte es ihm die Kehle zu. Kein sehr schönes Gefühl. Oh, er wusste, dass er Hook bereits an Bord der Jolly Roger gereizt hatte, aber was hatte der Pirat erwartet? Dass er es hinnahm, dass Hook was auch immer mit ihm getan hätte? Dass er es toll fand, dass er noch immer das Gift zu sich nehmen sollte? Dass Mr. Smee gekommen war, hatte ihn lediglich wieder zu Verstand gebracht. Das Gefühl, endlich wieder zu Sinnen zu kommen, verstärkte sich, als er den Boden Nimmerlands unter seinen Füßen spürte. „Zuhause“, dachte er und spürte, wie die Magie des Eilands durch jede seiner Zellen floss. „Lauf schneller“, fauchte Hook ihn an. „Ich bin es leid, ständig das Tau zu lockern.“ „Ich dachte, es macht dir Spaß, mich fast ersticken zu sehen?“, konterte Peter liebenswürdig und voll Ironie. „Nein“, sagte Hook und zog so stark an dem Seil, dass Peter in seine Arme stolperte. „Es macht mir Spaß, dich nackt unter mir zu haben.“ Augenblicklich errötete Peter stark. Seine Augen weiteten sich und sein Blick suchte die anderen Piraten. Doch die Männer waren zu weit weg, um Hooks Geflüster an seinem Ohr gehört zu haben. „Lass das!“ „Was? Dass ich dir sage, was ich will? Du hast doch angefangen.“ „Ich…“, stammelte Peter, dem ungewöhnlicherweise auf diese Unverschämtheit nichts einfiel, doch dann richtete er sich wieder auf und straffte die Schultern. „So etwas wird es nie wieder geben.“ „Ach?“ „Ja. Es war ein…“, Peter schluckte an dieser Stelle das Wort Fehler hinunter und sagte stattdessen: „… Abenteuer, aber es langweilt mich.“ „Ist das so?“, lächelte Hook zynisch. „Aber das Abenteuer hat doch noch gar nicht richtig begonnen.“ Augenblicklich fühlte Peter sich unsicher. Was meinte der Kapitän damit? Gab es noch so viel mehr in Hooks Armen zu entdecken? Es lockte ihn, machte ihn neugierig, aber er musste standhaft bleiben. Durfte kein weiteres Mal schwach werden. Verdammt, er war Peter Pan und kein Spielball von Hook. Reichte es nicht, dass sein Erzfeind ihn die letzten Tage misshandelt, gedemütigt und durcheinander gebracht hatte? Schon als Hook sagte, er wollte ihm noch immer das Gift zu trinken geben, hatte er sich dazu entschlossen, gegen den Piraten zu kämpfen. Die törichte Vorstellung, etwas habe sich zwischen ihnen geändert, weil er sich so gut mit Hooks Küssen gefühlt hatte, war Vergangenheit und Peter vergaß in diesem Fall wissentlich und gerne. Hooks Küsse würden schon bald vergessen sein. „Ich bin nicht interessiert.“ „Natürlich bist du das“, grinste Hook ihn an. „Bin ich nicht!“, erwiderte Peter und war drauf und dran, dem Piraten das Knie zwischen die Schenkel zu rammen. „Kapitän? Gehen wir zur Nord- oder zur Westseite rauf?“ „SMEE!“, knurrte Hook gefährlich, dessen Augen noch immer auf Peter gerichtet waren und bedrohlich dunkel wurden. „Ist dir eigentlich bewusst, wie gefährlich du heute lebst?“ Hook wandte sich Mr. Smee zu und Peter war froh, dass die vergissmeinnichtfarbenen Augen sich von ihm abwandten. Die Kämpfe zwischen ihm und Hook wurden irgendwie immer anstrengender. „Kapitän“, stotterte Smee und wich vor dem Angesprochenen zurück. „Wenn du es wagst, mich noch einmal zu unterbrechen, während ich mich um Pan kümmere, dann wird dich mein Haken treffen!“ „Aber-“ „-kein aber!“, unterbrach Hook ihn. „Haben wir uns verstanden?“ „Aye, Kapitän“, sagte Smee, welcher deutlich irritiert und eingeschüchtert zugleich war von dem Verhalten seines Vertrauten. „Und nun“, sagte Hook plötzlich wieder viel liebenswürdiger, „werden wir uns zur Nordseite begeben. Der Aufstieg sollte dort einfach sein, mit unserem Freund hier.“ Er deutete mit seinem Haken auf Peter, dem die Galle schier überlief. Diensteifrig und weil er den Stimmungsschwankungen seines Kapitäns entkommen wollte, verschwand Smee und rettete sich zu den anderen Piraten, um ihnen Anweisungen zu geben. „Wohin gehen wir?“, fragte Peter Hook. „Wir gehen den Berg hinauf.“ „Warum?“ „Dort gibt es ein Geheimversteck. Eine Höhle, von der man sagt, sie soll die Geister Nimmerlands beherbergen.“ „Davon hab ich nie gehört“, sagte Peter skeptisch. „Und wenn es einer wissen müsste, dann wohl ich. Es gibt keine Stelle auf der Insel, die ich nicht kenne.“ „Nun, die Höhle kannst du aber nicht kennen. Nur Piraten haben dorthin Zutritt, denn es sind die Geister der Piraten, die dort hausen.“ „Woher weißt du das? Warst du schon einmal dort?“ „Einmal“, sagte Hook und strich sich gedankenverloren über seine Brust, genau an der Stelle, von der Peter wusste, dass Hook dort die große Narbe trug. Sofort wusste er, dass in der Höhle ein Geheimnis auf ihn wartete. Ein Geheimnis über Hook, welches er herausbekommen würde. Wie um unliebsame Erinnerungen zu vertreiben, schüttelte der Kapitän kurz seinen Kopf. „Es kann dir egal sein, was in den Höhlen ist. Du musst nur wissen, dass dort ein Flakon mit dem Meerjungenfrauengift auf dich wartet. Blackbeard selbst hat es aus dem Blut einer Meerjungfrau gewonnen. Es heißt, er habe sich gegen dieses Gift immunisiert, indem er das Fleisch der Meerjungfrau gegessen hat.“ „Ist es tödlich?“, wollte Peter wissen, denn bisher hatte Hook nur von der wahrheitssagenden Wirkung gesprochen. „Nun“, meinte Hook, „das werden wir wohl bald wissen.“ Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)