True Fear von KiraNear ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Von der Vorstellung beschwingt schwebte sie die Treppen hinauf und machte sich an den größten Schrank im gesamten Raum. Nach wenigen Minuten stellte sie fest, dass sie ihn gar nicht so schön in Erinnerung hatte. Der Staub hatte dem Schrank einen hässlich-matten Schleier verliehen, darunter kam das wie neu wirkende Holz zum Vorschein. Eigentlich ein schöner Schrank – schade, dass Omi den hier oben verstaut hat. Mal sehen, vielleicht sind ja noch ein paar ihrer alten Sachen drin. Aus ihrer Jugend oder sogar ihrer Kindheit… Zaghaft öffnete sie die Tür, welche sie leichter öffnen ließ als sie aussah. Doch was sie im Inneren sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie fuhr zusammen und starrte auf den Anblick, der sich ihr bot. Wild zuckten die Augen umher, unsicher, was sie fokussieren sollten. Ihre Kehle fühlte sich trocken an, und sie konnte ihren Herzschlag hören, wie er wild in ihr schlug. Sie wich ein Stück zurück, ohne den Blick vom Schrankinneren zu nehmen und hörte einen Schrei. Einen lauten, entsetzten, angsterfüllten Schrei. Erst nach wenigen Sekunden stellte sie fest, dass der Schrei aus ihrem Mund kam. Doch sie konnte sich nicht stoppen, sie konnte nur noch starren und schreien.   Zur gleichen Zeit träumte Bill einen in seinen Augen absurden Traum: Er hatte von Sookie eine Einladung bekommen; und egal wie oft er es ablehnte, sie bestand darauf, dass er einen ihrer köstlich aussehenden Pancakes probierte. Schließlich kam sie auf die Idee, aus TruBlood ein paar Pancakes zu machen. Doch gerade, als sie ihm die TruBlood-Pancakes reichen wollte, fing sie zu schreien an. Irritiert riss er die Augen auf, bis er merkte, dass der Schrei kein Teil des Traumes war. Er war real. So real wie der Geruch des Holzbodens über sich oder dem leichten Modergeruch um sich. Reflexartig starrte er auf seine Uhr – und fluchte augenblicklich. Seine Uhr zeigte ihm 17:40 an. 20 Minuten zu früh. Wut stieg ihn ihm auf, und damit auch Verzweiflung. Er spürte, dass Sookie sich vor etwas fürchtete, er spürte ihre Panik, jedoch waren ihre Gedanken zu wirr, um zu erkennen, was diese Panik verursacht hatte. Wütend schlug er mit den Fäusten auf den Boden unter sich. Er wusste, dass er warten musste. Das letzte Mal, als er Sookie helfen wollte, wurde er gnadenlos von der Sonne verbrannt und hatte es nur dem beherzten Eingreifen von Sookie und Sam zu verdanken, dass er trotzdem noch hier war. Sookie … Er wollte sie streicheln, er wollte sie berühren. Er wollte sie in seine Arme nehmen und sie trösten. Ihr sagen, dass alles wieder gut wird und dass sie keine Angst mehr haben muss. Er wollte das, was seiner Sookie Angst machte, für sie beseitigen. Was auch immer es sein sollte. Er wollte nur für sie da sein – und er konnte es nicht. Ein Blick auf seine Uhr – 15 Minuten bis zum Sonnenuntergang. Seine Gedanken begannen ebenfalls sich im Kreise zu drehen, und er versuchte, sich zu beruhigen. Selbst hinausgehen fällt also erstmal flach, das kann ich vergessen, wenn ich Sookie wirklich helfen möchte … Er durchforstete sein Gehirn nach einer Möglichkeit, ihr zu helfen, stoß dabei immer wieder auf eine Barriere. Zuerst wollte er Sam anrufen, bis ihm einfiel, dass er dessen Nummer nicht kannte, und auch kein Telefonbuch bei sich hatte. Ich könnte Jessica benutzen, doch auch den Gedanken verwarf er recht schnell. Zum einen hätte er dann gegenüber Eric eine Menge zu erklären, warum er sie am späten Abend hinaus in die Sonne gejagt hatte; zum anderen hatte er noch nicht den Mut aufgebracht, Sookie bezüglich der ganzen Sache reinen Wein einzuschenken. Zischend und fauchend stellte er fest, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als in seiner Ruhestätte zu verharren und darauf zu warten, dass die Sonne ihren Weg auf die andere Erdhälfte gefunden hatte. In seinen Gedanken fluchend biss er sich auf die Lippe, bis er Blut auf seiner Zunge schmeckte. Seine Fäuste geballt, schlug er abwechselnd gegen den Boden und die Decke über ihn, als könnte er damit den Herrn der Zeit auf irgendeine Art und Weise beeindrucken. „Mist verdammter …!“ Zwar konnte er einiges an weiteren Flüchen herunterschlucken, aber nicht verhindern, dass er seine Wut über seinen Körper hinausließ. Ein erneuter Blick auf die die Uhr. Zehn Minuten bis zum vermaledeitem Sonnenuntergang. Schmerzerfüllt schrie er sich seinen Frust aus dem Leib, immer noch Sookies Angst an seiner Seele spürend.   Ok, ganz ruhig, alter Junge, so kannst du Sookie auf jeden Fall nicht helfen, wenn du dein Haus niederreißt oder demolierst … Er versuchte seine Gedanken zu sortieren, was ihm angesichts seiner Sorge um sie nicht gerade leicht fiel. Tief atmete er ein und aus; dies wiederholte er so oft, bis er das Gefühl hatte, sich wieder einigermaßen unter Kontrolle zu haben. Gut, Schritt 1 ist getan. Als nächstes watete er durch die Nebelsuppe in seinem Kopf, was er recht schnell bereute. Seine Fantasie nahm ihn bei der Hand und zerrte ihn von einer abstrusen Theorie zu der nächsten. Was, wenn sich Sam an ihr vergriffen hatte? Was, wenn der Mörder einen Komplizen hatte? Was, wenn ihr Bruder dieses Mal noch mehr getan hatte, als sie zu schlagen? Oder war ein anderes Wesen von der dunklen Seite der Welt aufgetaucht? War sie gestürzt oder quälte sie die Erinnerung an jene Nacht? Mit jeder Sekunde wuchs seine Angst um sie, seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Wäre er noch am Leben gewesen, hätte sein Herz die Stärke eines Schlagzeugers oder Motors erreicht, und ihm wäre der Schweiß in Flüssen hinuntergelaufen. Zwar spürte er längst, dass die Emotion nicht so stark war, wie an dem Tag, als der Mörder hinter ihr her war, dennoch war sie auf eine andere Art stark present.  Ein misstrauischer Blick, von dem er sich sagte, dass es der letzte sein würde, fiel auf seine Uhr. Spottend rückte der Sekundenzeiger ganz langsam voran, bis das Haus vom Geräusch der schlagenden Pendeluhr erfüllt war. Doch dafür hatte Bill weder Zeit noch Ohren. So vorsichtig er konnte, öffnete er den Deckel seines Verstecks, blickte sich um und raste so schnell er konnte los. Ein ungehorsamer Vampirwelpe war jetzt das letzte, was er gebrauchen konnte.   Sookies Haus stand ruhig in der Straße, seine aufmerksamen Sinne verrieten ihm, dass keine Gefahr in unmittelbarer Nähe war. Aber er konnte es hören, und auch riechen wie auch spüren: Sookie weinte. Forsch durchsuchte er das Haus, darauf achtend, ob er irgendjemanden oder irgendwas begegnete, bis er ein kleines Häufchen Decke auf dem Bett sah. Ein kleiner Hügel, der leicht zitterte und bebte. „Sookie?“, fragte er vorsichtig und schritt langsam auf sie zu. Erst, als er ihren Namen ein paar weitere Male erwähnte und sich neben sie aufs Bett setzte, reagierte sie. Mit tränenverschmierten Augen kletterte sie unter der Decke hervor, direkt in Bills tröstende Arme. „Sookie, was ist denn passiert? Warum bist du denn so aufgelöst?“ Sanft streichelte er ihren Kopf, und es dauerte eine Weile, bis aus ihrem brüchtigen Worten ein paar vollständige Sätze wurden. „Ach, weißt du … eigentlich ist es mir total peinlich.“, und wischte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht. „Dir muss es nicht peinlich sein – dafür bin ich da, um dir zu helfen. Egal, was auch immer dein Herz quält, ich werde für dich da sein und dich trösten. Wir sind miteinander verbunden, Sookie. Was auch immer deine Sorge ist, ist nun auch meine. Und da ich im Gegensatz zu dir keine Gedanken hören kann, wirst du mir leider erzählen müssen, was meine kleine Sookie so erschüttert hat.“ Er lächelte sie an, größtenteils weil er froh darüber war, sie unversehrt zu sehen. Sie nahm ihn an der Hand, und er folgte ihr langsam, bis zum Dachboden hinauf. Welcher immer noch einen Teil der Wärme gespeichert hatte. „Bitte lach mich nicht aus“, fing sie langsam an, und bewegte sich auf den Schrank zu, welcher inzwischen wieder geschlossen hatte. „Ich wollte nur heute ein wenig hier oben ausmisten … eigentlich dachte ich, ich hätte es endlich überstanden und würde drüberstehen. Aber als ich DAS sah, kam einfach die alte Panik von damals wieder hoch …“ Mit einer seltsamen Neugierde öffnete er den Schrank, doch was er sah, damit hatte er nicht gerechnet. In keinster Weise. Ein riesiger Wald aus Spinnennetzen sah ihm entgegen, mit einer großen Menge an Spinnen. Manche etwas größer, und eine noch größere Menge an kleinen Spinnen. Bill starrte die Spinnen an und für einen Moment kam es ihm so vor, als würden sie ihm ebenfalls so ratlos anstarren wie er sie. „Warte mal … du datest einen Vampir … du findest deine tote Großmutter und wirst fast selbst umgebracht … und dann bringen dich ein paar kleine Spinnen so dermaßen aus der Fassung? Dafür hab ich mich nun da unten zum Wolf gemacht?“ Er wusste nicht, was er sagen, denken oder fühlen sollte. Zum einen war die ganze Sache so absurd, wenn er darüber nachdachte, zum anderen aber auch wieder herrlich komisch. Sookie dagegen brachte es nur zum Schniefen. „Ich fürchte mich auch nicht so schnell. Nur hatte ich schon als kleines Kind eine furchtbare Angst vor Spinnen. Zwar hatte ich viel Unterstützung von meiner Granny, aber wie es aussieht, bin ich noch nicht ganz darüber hinweggekommen …“ Verschämt reibt sie sich am Arm. „Es tut mir Leid Sookie – es ist nur, ich habe mir, als ich da unten lag, die wildesten Dinge ausgemalt und ich hatte Angst, dass etwas wirklich … grausames mit dir passiert sein könnte“, versuchte er sich gerade noch zu retten, als er merkte, dass der Fund im Schrank keine Kleinigkeit für sie darstellte. Sanft schob er die Türen wieder zu, und lächelte sie an. „Wenn du möchtest, könnte ich den Schrank für dich entsorgen, und du müsstest dich nie wieder vor ihnen fürchten. Natürlich nur, wenn du es mir erlaubst.“ Er lächelte sie tröstend an, was sie erwiderte. „Natürlich wäre es mir mehr als recht!“ Erleichtert seufzte er auf. „Aber dafür musst du mir jetzt eine Flasche TruBlood aufmachen … oder noch besser, wir beide machen es uns jetzt gemütlich. Die Nacht ist noch jung und jetzt, wo ich doch schon mal hier bin, sollten wir das auch nutzen ...“ Sookie kicherte verlegen. „In Ordnung, mein großer Superheld“, und zog ihn in Richtung Schlafzimmer, mit einem verschmitztem Lächeln im Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)