Dunkler als schwarz von Leira (Shinichi x Ran) ================================================================================ Kapitel 34: Zweifel ------------------- Kapitel 34 – Zweifel Shinichi erreichte kurz nach Ran die Lobby, wo sie Kazuha, Sonoko und Shiho wieder in die Arme gelaufen war. Er eilte ihr hinterher, blieb schwer atmend hinter ihr stehen, schaute sich nur kurz um – keine seltsamen Blicke ruhten auf ihm, offenbar war die Kunde seiner Suspendierung noch nicht von der Chefetage nach unten gesickert. „Ran…!“ Sie drehte sich um, starrte ihn an. Ihr Brustkorb hob und senkte sich hektisch, als sie ihn musterte. Er schluckte trocken, konnte den Blick aus ihren Augen kaum ertragen, als ihm bewusst wurde, woran sie nun dachte. „Du bist nicht besser als er, Shinichi.“ Ihre Lippen zitterten, als sie die Arme vor ihrer Brust verschränkte, sich selbst festzuhalten schien. „Du hast mich auch angelogen. Du…“ Shinichi holte Luft, fiel ihr ins Wort, aufgebracht. „Du weißt warum. Ich hab‘s doch oben gesagt. Ich wollte nicht, dass du das Vertrauen in…“ „…meinen Vater verliere?! Das ist nicht deine Entscheidung! Du bist ein genauso mieser Lügner wie er, ihr beide passt wirklich gut zusammen, ich versteh gar nicht…“ Sie brach ab, als sie die fragenden Blicke der anderen bemerkte. „Na los, sag ihnen, wer dir erzählt hat, dass ich tot bin.“ Böse zischte sie die Worte fast – Shinichi blickte sie matt an, massierte sich die Stirn. Langsam, das sah man ihm an, wurde ihm klar, in welche Richtung das hier lief – und was er wirklich angerichtet hatte, diesmal. Er hatte Ran noch nie so erlebt, und er wusste, dass er es war, weswegen sie jetzt so wurde. „Das tut doch jetzt nichts –…“, versuchte er mit leiser Stimme das Gespräch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. „Oh doch, das tut es. Weil du mir nämlich gesagt hast, du wüsstest es nicht mehr, als ich dich fragte. Ich war voller Mitleid, voller… Schuldgefühl, dass du so gelitten hast, all die Jahre, und alles was du tust, ist… mich glatt wieder anzulügen, als ich dich fragte, wer dir das gesagt hat…!“ „Ich wollte dein Leben nicht kaputtmachen. Deine Familie…“ Er schluckte, wurde sich der Blicke der anderen bewusst, die ihn fragend anschauten – auch die Mitarbeiter des Yards warfen nun den einen oder anderen Blick in ihre Richtung, ob der etwas lauteren Szene, die sich in ihren heiligen Hallen abspielte. „Aber das tust du!“ Sie schrie ihn fast an. „Mit jeder deiner dummen Lügen ein bisschen mehr!“ Ran schluckte hart, sammelte sich. „Und dumm sind sie, das weißt du! Und unnötig!“ Er zuckte zusammen, als er ihren verletzten, enttäuschten Blick bemerkte, der kurz auf ihm lag, als sie sich sammelte, versuchte, wieder ein wenig kontrollierter zu werden. „Als du mir nicht sagtest, dass du Conan warst, fing es an. Ich war… verdammt nochmal, ich war die Letzte, die es erfuhr, und das auch nicht von dir. Damals verzieh ich dir, ich… sah ja, dass du es nicht böse meintest, dass du es als notwendig ansahst, um mich zu beschützen, um diese Leute von mir fern zu halten. Dennoch…“ Sie zerbiss sich die Unterlippe, bis sie Blut schmeckte. „Dennoch kann ich nicht leugnen, dass es mich traf, dass du so wenig Vertrauen in mich hattest. Du hättest es mir sagen können. Du weißt, ich hätte niemals… du weißt, dein Geheimnis wäre bei mir in guten Händen gewesen. Du weißt, ich hätte, mit allem was ich habe, dein Leben beschützt… so wie du meins.“ Ihre Worte verebbten, gingen unter im geschäftigen Raunen der vielen Menschen. Shinichi schluckte hart, hielt den Atem an, unfähig, sich zu rühren. Jedes von Rans Worten traf mitten ins Ziel – traf ihn mitten ins Herz wie ein weißglühender Pfeil und blieb schmerzhaft stecken. Denn er wusste, sie hatte Recht. Er hatte keinen wirklich guten Grund gehabt, sie anzulügen. Bequemlichkeit war es gewesen. Vielleicht auch ein wenig Scham. Nein, nicht wenig. Ganz viel davon. Und dennoch… hatte sie ihm verziehen. Ran… Ihre Stimme war leise geworden, auf ein Flüstern herabgesunken. „Ich weiß nicht, mit welchem Recht du dir herausnimmst, der einzige zu sein, der sich Sorgen machen darf, der sich schlecht fühlen muss, der leidet, der…“ Er unterbrach sie. „Aber ich weiß doch, dass du – eben deswegen will ich…“ „Ja. Du willst.“ Ran schaute ihn trotzig an, in ihren Augen kalte Wut, ein Gefühl, dass er dort noch nie gesehen hatte. Shinichi schluckte hart. „Und das ist das Problem, Shinichi. Verdammt nochmal, du elender Egoist, hast du dir je Gedanken darüber gemacht, wie es für mich war, als ich erfahren hatte, was du getan hattest?!“ Ihr Atem ging flach, zitternd und gepresst, und er sah ihr an, wie sehr sie sich beherrschen musste, um ihn nicht anzuschreien oder loszuweinen – oder beides. „Hast du eine Ahnung, wie es für mich war, als du zehn verdammte Tage weg warst! Glaubst du, ich hab nicht… gespürt, dass…“ Er sah sie an, wurde blass. „Was…“, kroch ihm über die Lippen, langsam. Sie schaute ihn an, unsicher, wandte dann den Blick ab. Fahrig knetete sie ihre Hände, und ungeheuer leise war ihre Stimme, als sie sprach. „Ich weiß nicht, was du durchgemacht hast, denn darüber will ja keiner mit mir reden, du am allerwenigsten – und ich fürchte, keiner weiß etwas Genaues, denn wie ich dich kenne, musst du mal wieder alles für dich behalten. Aber ich… ich konnte kein Auge zutun. Schon bevor ich wusste, was du angezettelt hattest.“ Sie biss sich auf die Lippen, rang mit sich. „Ich war unruhig, und nervös. Ich hab versucht, dich auf dem Handy zu erreichen, und nie gingst du ran. Du nicht – und Conan auch nicht. Ich fühlte, irgendwie, dass… ich kann es nicht beschreiben, aber ich… es war, als…“ Ran brach ab. „Es war mir, als hörte ich dich meinen Namen rufen, Shinichi. Immer wieder. Und ich wusste, du brauchst mich, ich sollte bei dir sein, nicht da, wo ich war, so weit weg von Tokio, und als ich dann… als sie mir sagten, was…“ Eine Träne bahnte sich nun doch über ihre Wange. Die Wut in ihren Augen war für den Moment erloschen. „Ich weiß nicht, warum du dir das verwehrst, warum du nicht zugeben willst, dass du mich brauchst. Wie ich dich brauche, verdammt. Warum…“ „Das weißt du doch.“ Shinichis Stimme klang matt, seltsam müde. „Und gerade weil ich dich brauche, ist mir lieber, du bist irgendwo weg von mir, aber sicher, als in meiner Nähe und…“ Sie schüttelte den Kopf. „Du verstehst es nicht, oder?“ Verzweiflung sprach aus ihren Augen. „Oder willst du es nicht verstehen? Du ruinierst es. Alles. Uns.“ Sie zitterte. „Als du… weg warst, ohne ein Wort, da dachte ich wirklich, ich… hätte mich in dir getäuscht, all die Jahre, und ich fürchtete, war drauf und dran zu glauben, dass der Lügner, der du gewesen warst, der Conan… gewesen war, dein wahres Ich war. Der arrogante, selbstverliebte, egozentrische Detektiv, der glaubte, die Welt läge ihm zu Füßen.“ Shinichi schnappte nach Luft. „Ran, das -…“ „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Jetzt lässt du mich mal reden, Shinichi, und hörst zu.“ Sie atmete tief durch, schaute auf den Boden, um sich zu sammeln, ehe sie ihm wieder ins Gesicht blickte. „Als ich dich auf der Brücke sah… den Blick in deinen Augen sah, hätte ich weinen können… vor Erleichterung. Nicht nur, dich zu sehen… sondern in deinen Augen dasselbe Gefühl zu erkennen, wie ich es spürte. Sehnsucht, Shinichi. Und als… als wir miteinander geredet haben bei dir, als du mir, bevor du mich rausgeworfen hast, erklärt hattest, warum du gegangen warst, da…“ Sie rang nach Luft, starrte heftig blinzelnd an die Decke, ehe sie es schaffte, sich wieder zu fassen. Sie wollte nicht weinen. Diesmal nicht. „Da dachte ich wirklich, dass ich mich geirrt hatte. Dass ich mich nie getäuscht hatte in dir, dass du der… warst, den ich immer in dir sehen wollte, der strahlende Held. Verfechter der Wahrheit. Die… Konstante in meinem Leben, der Mensch, auf den ich mich immer verlassen konnte. Shinichi…“ Ihre Mundwinkel zogen sich nach unten. „…dabei hast du mich… da schon wieder angelogen…“ Eine Träne rollte ihr über die Wange und sie hasste sie dafür, wischte sie unwillig weg. „Ich… kann verstehen, wenn du sagst, du wolltest meine Familie nicht zerstören. Mir ist klar, dass du weißt, wie sehr ich an Paps hänge, du hast es mitgekriegt, hautnah, als du Conan warst. Dennoch… zerstört hast meine Familie nicht du, sondern er, wenn schon. Und du hättest mir sagen müssen, verdammt, dass er es war, der dir im Krankenhaus gesagt hast, dass ich… dass ich… tot bin! Dass mein Vater es war, Shinichi. Du warst mein bester Freund. Ich hab dir… immer bedingungslos vertraut, dir jedes Wort geglaubt, dir alles entschuldigt. Bis heute.“ Sie hörte Kazuha nach Luft schnappen, sah Sonoko nach vorn treten, spürte ihre Hand auf ihrer Schulter. „Ran…“ „Nein.“ Ran presste die Lippen aufeinander, schüttelte den Kopf, wand sich unter Sonokos Hand, bis sie von ihrer Schulter glitt, warf ihr einen Blick zu, der jede Aktion ihrerseits, ihre Freundin zu beruhigen, stoppte. „Und damit bist du genauso ein Lügner wie er. Wie er traust du mir nicht zu, meine Entscheidungen für mich zu treffen. Und noch schlimmer – du lügst dich selbst an, indem du glaubst, dieses Leben ist besser für dich.“ „Das ist nicht wahr.“, murmelte Shinichi leise. „Das ist einfach nicht wahr. Ich hab… dich angelogen, das stimmt. Ich… ach Gott, red mit deinem Vater über das Gespräch, das wir schon geführt haben, deswegen. Du weißt um unsere… Differenzen. Und er war wütend auf mich, damals… ich hatte ihn vorgeführt als Conan, ihm zu einem Ruf verholfen, den er nicht halten konnte, und mehr noch, ich war Schuld daran, dass seine Tochter lebensgefährlich verletzt worden ist. Das… rechtfertigt nichts, erst Recht nicht, dass er dich angelogen hat, was meinen Verbleib betraf, das weiß ich, aber ich wollte einfach… ich weiß, dass ich nicht da sein kann, in deinem Leben, verstehst du?! Ich… kann nicht, solange die noch da sind, und ich weiß einfach, dass sie da sind…“ Er zitterte, krampfte seine Finger in seiner Hosentasche zu Fäusten. „Und da ich nicht da sein kann, um dir eine neue Familie zu sein, weil du zweifelsohne enttäuscht sein würdest von ihm, von deinem eigenen Vater, der deinen… besten Freund, dem Mann, den du…“ Sein Gesicht verlor jeglichen Ausdruck, kurz. „… liebst, in… der Stunde, in der er ohnehin am Boden lag, einfach liegengelassen hat, anstatt ihm zu helfen…“ Er wischte sich über die Augen, seine Worte waren kaum verständlich gewesen, in dem Grad in unverständliches Murmeln verebbt, in dem auch sein Gesicht bleicher geworden war – und so räusperte er sich, ehe er weitersprach. „… habe ich gelogen. Damit du deine alte Familie behalten kannst. Ich wollte einfach nicht, dass du so von ihm denkst. Ich wollte nicht, dass du… so fühlst, wie ich.“ Er spürte die Blicke der anderen auf sich, die mit angehaltenem Atem seinen Worten gelauscht hatten. Kurz sah er auf, sah Shiho, die ihn ansah – und zum ersten Mal sah er in ihren Augen so etwas wie Mitgefühl. Sie wusste, was er getan hatte, um sie zu schützen. Er hatte nicht sie verraten. Er hatte sich selbst verraten. Shinichi wandte sich ab, versuchte Ran anzuschauen, irgendwie ihren Anblick zu ertragen. Schließlich schaffte er es, seine Stimme wieder zu sammeln. „Weil es ein Scheißgefühl ist… zu wissen, dass man sich in dem Menschen, dem man geglaubt hat, in den man vertraut hat, getäuscht hat. Glaub nicht, ich wüsste nicht, wie sich das anfühlt, Ran. Ich wollte, dass du weiter glauben und vertrauen kannst, wenn auch nicht in mich, dann doch in ihn, weil er dein Vater ist, weil er dich liebt, weil er mit mir eine einzige Gemeinsamkeit hat – und nur deswegen verstehe ich ihn – weil er absolut alles tun würde für dich, Ran.“ Ran schüttelte den Kopf. „Das rechtfertigt deine Lüge nicht. Es erklärt sie, aber…“ Sie sah ihn an. „Ich muss doch selber entscheiden dürfen, wem ich vertraue und was ich tue… wie kann ich das aber, wie kann ich mir ein Urteil bilden, ohne alle Fakten zu haben… Holmes?“ Der Satz klatschte wie eine Ohrfeige in sein Gesicht. Sie sah ihn an, in ihren Augen so viel Trauer und Bitterkeit, wie er noch nie in ihnen gesehen hatte. Nie hatte sehen wollen. „Du hast sie mir damals nicht gegeben, als du mir nicht sagtest, wer Conan wirklich war. Als du mir verschwiegst, was du dir antatest, als du… als du in deinen verdammten Krieg zogst, allein. Und du hast mich wieder angelogen, als ich so sehr bemüht war, mir ein neues Bild zu machen von dir. Nun. Ich… hab ja jetzt alle Fakten über dich. Und ich… muss wohl einsehen, dass ich mich getäuscht habe… du bist wohl doch der arrogante, selbstverliebte Lügner, der sich alles so hinbiegt, wie es gerade bequem ist für ihn, der sich dazu noch selbst in die Tasche lügt, um sich sein Leben zu erklären. Ich gratuliere dir – du musst dich nun nicht mehr darum kümmern, mich loszuwerden. Ich gehe.“ Damit wandte sie sich um, verließ das Gebäude, ohne ihn noch einmal anzusehen. Kogorô war hinter ihn getreten, schluckte hart – und erst jetzt merkte Shinichi, dass der Mann hinter ihm stand. Er wandte sich nicht um, schaute ihn nicht an. „Sagen Sie jetzt bloß nichts.“ Er schluckte, fühlte, wie sein Herzschlag fast zum Erliegen kam, als er an ihre Worte dachte – und an ihre Konsequenz. „Ich wollte es ja nicht anders.“ Kogorô warf ihm einen Blick zu – Shinichi fing ihn aus den Augenwinkeln heraus auf, jedoch gelang es ihm nicht, ihn zu deuten. Er schaute ihm hinterher, als er die Lobby des Yards verließ, wollte ebenfalls gehen, als ihn ein Ruf zurückhielt. „Sherlock?“ Es war McCoy, der ihn rief. Shinichi drehte sich langsam um, warf dem Heraneilenden einen fragenden Blick zu. McCoy winkte und hechelte, offenbar war er gerannt, um ihn einzuholen. Shinichi seufzte lautlos, verschränkte seine Arme vor der Brust. „What is it?“, fragte er schließlich leise, als der Pathologe ihn erreicht hatte. „As you well know, I was advised to leave this place.“ “Then let’s do this. But I have to talk to you.” Der alte Forensiker griff Shinichi am Arm und zog ihn mit sich aus dem Gebäude, hinein in den nächsten Coffeeshop, wo er ihn ohne große Gegenwehr seitens Shinichi in einer Ecke absetzte und für sie beide zwei Becher Kaffee holte. „I wanted to talk to you about what has just happened…“ „Well...“ Shinichi setzte seine Kaffeetasse an die Lippen nippte daran. „I don’t“ „Shinichi.“ Shinichi stutzte, sah auf, eine Augenbraue irritiert nach oben gezogen. So hatte ihn der Forensiker Zeit seines Lebens nie genannt. DI oder SI Kudô, manchmal… aber eigentlich immer Sherlock. So wie sie ihn alle nannten. Der Mann sah ihn jedoch ganz ruhig an, erwiderte seinen Blick ohne zu blinzeln. „I never read your file. But I was shaken to hear today that…“ Shinichi schaute ihn müde an, seufzte lautlos in seinen Kaffee. „Then, go, read my file and leave me alone. Really, forgive me, but I don’t feel like talking… I’ve had enough of this today, it will last for the next couple of days.“ Der alte Pathologe indessen schien ihn gar nicht zu hören. „I don’t know the reason why you started to take heroine. I am abhorred to just imagine…“ Shinichi schaute auf, grinste kurz. „Strange to hear that from your mouth. Your ever so admired Great Detective, the very man whose name you stamped on me, was addicted to cocaine himself. One should believe the thought is accustomed to you.” McCoy lächelte schmal, hob geschlagen die Hand. „Touché. Although… this is… another story.“ Shinichi hob die Augenbraue. „Yes, it is indeed. It was prescribed to me because of a substitution therapy. And if you had read my file, you’d now that I only had to undergo a therapy like this because while… being captured and taken hostage during the solution of my… big case… I came into contact with a substance that resembled very much a drug. To endure the treatment because of my addiction I made that therapy; diamorphine was the only substance that worked. You know, such things go on the record.” Er schaute auf, Unwille spiegelte sich in seinen Zügen. Er war es Leid, sich zu erklären. Es war doch eigentlich seine Sache, und noch dazu eine, die er am Liebsten vergessen würde. „Is this explanation sufficient?“ „Almost, yes.“ McCoy setzte seinen Kaffee an die Lippen, nahm einen großen Schluck, wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen. „Was it yours?“ „No.“ Shinichi schüttelte den Kopf, fühlte sich auf einmal unsäglich müde – und merkte, wie der Kopfschmerz, der ihn gestern schon gepiesackt hatte, sich zurückmeldete. Er nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse in der Hoffnung, das Koffein wirkte in der von ihm beabsichtigten Weise – kopfschmerzlindernd durch seine gefäßerweiternde Wirkung. „Then you are facing a serious problem, Sherlock.“ Shinichi holte tief Luft, ließ sich in seinen Stuhl zurücksinken. „That’s true.“ Er nickte langsam. „Because this means, somebody has put a flask of diamorphine into my drawer and therefore wants to give me a bad name. I just… have no clue who that person would be. Everybody has access to my office, I never lock it, there’s nothing of importance lying around. But who would profit from kicking me out? I don’t believe that some ordinary police officer would have a motive…” Shinichi massierte sich die Schläfen, seufzte. „That’s my opinion, too. It must be somebody close to you.“ „That’s pretty much restricting the circle of suspects.“ Der Superintendent lächelte ihn bitter an. „Would be you and Jenna, and probably DI Henderson, my former partner. And I… would rather suspect neither you nor her… and not him, too, to be plain. Our relationship is not the best these times, but that’s never proof enough to face him with a suspicion like this. He is and was a decent and honest police officer.“ Er seufzte leise. McCoy schaute ihn an. „For how long do you know Jenna, then?“ Shinichi hustete in seinen Kaffee. „What? No. Now, honestly, this is ridiculous.“ McCoy schaute ihn an. “No. Think, Shinichi. This mess began after she was appointed as your new partner, it started with this case. You know her for some months, not more. She is almost your age, but you have climbed the carreer ladder far more quickly than her. She has access to your file. She could know about your past. She could be jealous – you must not cross her of your list without having thought it over properly.” Shinichi starrte ihn an, atemlos. In seinem Kopf schien ein Bergwerk zu hämmern, und allein der Gedanke, dass Jenna etwas damit zu tun haben könnte, schien ihm absurd. Absurd. Absurd… Er schüttelte den Kopf, ließ es aber gleich wieder bleiben, als das Bergwerk einstürzen zu wollen schien. Er schloss die Augen, presste die Handballen auf seine Lider. „And what about you, then?“ “I am lacking every motive.” Der Pathologe lachte. Shinichi öffnete die Augen wieder, schaute ihn matt an. „This is not funny.“ „No, it’s not. I could be guilty as well, but it’s far more unlikely. I know you since you began working here, and I would guess, if I had wanted to get rid of you, I could have done better and earlier. But let’s finish this, I did not want to upset you.” Er nippte erneut an seiner Kaffeetasse. „Why are you thinking the organization is behind this crime?“ Shinichi stutzte ob des abrupten Themenwechsels, massierte sich kurz die Schläfen. „I’ve nothing but hints… but they are typical for them. Though…“ „… no proof at all.“ Shinichi zuckte hilflos mit den Schultern. „Yeah. You heard him. It…“ „Go. Let’s have a closer look at them.“ McCoy lehnte sich zurück. „Well then.“ Shinichi beugte sich vor, hob die Hand, hielt einen Finger hoch. „Number one, the weapon. I know…“ Er winkte ab, als McCoy ihm etwas entgegnen wollte, weil er genau wusste, was er sagen würde. „I know I’ve told you that I don’t know if there is someone out there wanting to take revenge on me. I said this because I knew that my theory would be rejected.” Er zuckte mit den Schultern, lächelte zynisch. „Quod erat demonstrandum – you’ve seen how right I was with my fear today. Well, nevertheless, with a sword of that kind, a katana as we call it, the Japanese razorblade-sharp long-sword – my girlfriend was hurt, five years ago, at the night of their downfall. The girl I considered dead, for five long years … because she had ceased breathing in my arms, that very night.“ Seine Stimme verlor sich kurz. Dann hob er die Tasse an seine Lippen. „Well, she lives, she could be revived and rescued, which I did not know until a few days ago – and the reason for this ignorance of mine is my private issue.“ Er hielt kurz inne. „You might have seen her today. She was one of the witnesses who found Juniper Torres.“ McCoy sah ihn aufmerksam an. „Yeah, I’ve seen the young ladies. Which one of them was her?“ Shinichi schaute ihn kurz verwirrt an. „The one with the long, chocolate-brown hair. I thought, you would know that after our talk when having a look at the first victim – Aiko, who looked so very much like her?” Der Forensiker riss die Augen auf. „Ah! Oh, I completely forgot thinking about that – you’re right. I didn’t know we were talking about the same girl.“ Shinichi runzelte die Stirn. Klar… wie viele tote Mädchen pflastern denn meinen Weg? Aber vielleicht ist er einfach überarbeitet… der Jüngste ist er ja auch nicht mehr. Er schob seine Bedenken beiseite, rieb sich die Nase, kurz. „Well, that was number one, the weapon. Second – you might remember the smell that clung to the dress of the second victim.” „Gin.“, nickte McCoy. „Gin.“, bestätigte Shinichi. „And Gin was the alias of that member of the Black Organization that has tried to kill her and let me live… he was able to escape, back then. Gone with the promise to come back when time would be ripe.“ Er streckte den zweiten Finger aus, um gleich darauf den dritten folgen zu lassen. „The fact that the first victim so much resembled Ran, to make me curious, number three. The flowers on the pictures are still mysteries to me, to be honest.“ Er seufzte. „The silvery hair, number four; Gin wore his that way. I was imagining to have seen him today at the crime scene, five. Six… they have sent me a picture of Ran. The last time they did the same to get me talking, to see, if they’ve found the right girl or not. As I would not talk, they caught her as well.“ McCoy sah ihn nachdenklich an. „This is an impressive amount of arguments, but as you’ve said – none of it is cast-iron proof.“ McCoy sah ihn an, mit hochgezogenen, buschigen, graumelierten Augenbrauen, die sich in der Mitte fast berührten und seine Stirn in tiefe Falten legten. „A big pile of assumptions you are risking your promising carreer for, Sherlock…“ Ein bedauernder Blick aus grauen Augen streifte Shinichi. „Let’s begin at the start… those girls were invited by this advert. That your first victim resembles your girlfriend so much could easily be conincidental. God alone knows how many girls have responded to that ad, but for sure fare more than they would ever need; it’s easily earned money. Would she have not called, they would have had their first problem here. With the very first victim. A daring project, if this was planned. They could not know who would respond.“ Shinichi schluckte hart, merkte, wie ihm eine Gänsehaut den Rücken hinunterrann. Daran hatte er nicht gedacht. „But as you said, there sure would be many…” “Yes. But you could not deny the coincidence, the luck involved to find exactly her?” Shinichi nickte widerstrebend. “Yeah.” „Then the Gin-issue. Who can promise you that she did not only lie in the leftovers of the champaign-gondola’s last guest. I mean, it’s the champaign-gondola, she was designed to celebrate parties in there. And the cleaning crew always arrives at the next morning. Now, if he was clothed like a cleaning man, no one would ever known that this gondola was not cleaned this morning.” Der junge Detektiv sagte nichts, starrte nur in seine fast leere Kaffeetasse. Seine Gedanken begannen sich unangenehm bohrend durch seine Hirnmasse zu winden. „The samurai-sword. Could be no more than the strange fetish of a madman. I mean, just think it through – no one knows better than you how strange the methods of murder can be, there seems to be no limit to bizzarreness. Let’s be honest – a sword like this is not common; not as common as a knife ore a gun – but it is by far not unlikely that two murders could be committed within five years on two different continents with the same kind of weapon. Especially if this is a personal revenge quest on you – an Asian weapon to conquer an Asian investigator with.“ McCoy lächelte bitter, blickte ihn dann ernst an, schwieg, so lange, bis Shinichi ihn ansah. Mitgefühl lag in seinen Augen, als er die Zweifel sah, die er gesät hatte – sein Gegenüber biss sich auf die Lippen, war auffallend bleich geworden. „The figure of your enemy you saw could be a joke your tired eyes played on you. That silver-blonde hair might be exceptional in Japan, but is not at all unsual here, as you might have considered as well.” Shinichi schaffte es kaum mehr, seinen Kopf zu einem Nicken zu überreden. Er wusste selber, dass er keinen Beweis hatte, nie gehabt hatte, aber es nun von fremder Stimme so ausführlich zu hören, wie sich all seine Hinweise anders erklären ließen, gab ihm für heute den Rest. „The flowers… I guess you have already done your research – they could have something to do with Shakespeare’s Ophelia. Now, I am asking you – what does inspire you not to believe that this is just some kind of ritual murder, committed by some Hamlet-obsessed lunatic - a little painter, craving for admiration and publicity, for validation, the outcry of an existence, failed in coping with his own life.” Shinichi atmete aus, langsam, krampfte seine schlanken Finger um seine Kaffeetasse, stierte auf die Tischplatte, als wolle er mit seinen Blicken Löcher in sie bohren. „I…“ Er brach ab, schluckte hart. „But what… what if I am right, nevertheless… I know, my arguments do not prove anything, but I can explain them just as well as you can…“ „That is true. But that is the very fact I wanted to show you – none of us can be sure. You must be aware that this alternatives do exist. And that they are just as likely as your explanations, your assumption that a mysterious organization pulls the strings in this play, an organization that is considered non-existant and dead for five years.” Jahren als zerschlagen geltende Verbrecherorganisation.“ „But the photo…“, fing Shinichi an. „Concerning the photograph, Sherlock, for you very likely the most important evidence, I have bothered myself to get you a list. You know it is a press photograph, so everyone could get it in his or her hands. And this list shows every name of every man and woman you have imprisoned the last five years and have come free this year. Every one of them is perfectly able to take his or her revenge on you. The first thing would be to have a close eye on you and what is written about you in the press. You would not be the first cop against such a vendetta is set up.” Shinichi merkte, wie ihm die Luft zum Atmen wegblieb. McCoy schüttelte den Kopf, langsam. „You have immersed yourself so much into your fears, Sherlock, that you got completely lost. Your ever so clear sight is clouded, you do not see the truth in front of you. Your emotional state of exception might sign itself responsible for that… it might sweep one of his socks to meet one’s love again after five years, especially if one has considered her dead. But you were controlled by fear, not by your ever so logical mind anymore.” Damit stand er auf. „Please, promise me to think about it. I would not like to see you driving both your live and your carreer against the wall. You are hunting ghosts, Sherlock.” Er warf ihm einen letzten, bekümmerten und gleichermaßen ernsten Blick zu, dann drehte er sich um, ließ ihn allein zurück mit all seinen Gedanken, die er krampfhaft zu sortieren versuchte. Wie gelähmt hing Shinichi in seinem Sessel, starrte auf einen Punkt in der Luft einen Meter vor seiner Nase, atmete kaum. Und so unbewegt sein Äußeres wirkte, umso mehr fuhren seine Gedanken Achterbahn, überschlugen sich, fielen übereinander, hinterließen nichts als pures Chaos. Kann das denn sein… Lag ich wirklich so falsch…? Ran ihrerseits kam auch nicht weit. Sie war noch vor Shinichi recht forschen Schrittes aus der Lobby gegangen, durch die Tür – und hatte doch gemerkt, wie ein unsichtbares Gewicht sie immer mehr nach unten drückte, wie ihre Knie sich aufzulösen schienen, von fester Knochenstruktur in eine wabbelige Masse mutierten, die sich weigerte, sie aufrecht gehen zu lassen. Akai griff gerade noch rechtzeitig zu, als er merkte, wie sie kippte, griff sie unter den Achseln, wollte sie hochheben und hielt doch inne. Shiho und die anderen versammelten sich um sie, sahen ein Bild von Ran, wie sie es noch nie erlebt hatten. Sie war zusammengesunken und weinte, völlig lautlos, vollkommen still, aber mit einem Ausdruck von Schmerz auf ihrem Gesicht, der es ihnen eiskalt den Rücken hinunter laufen ließ. Und wenn Herzen brechen können… dann tut es dieses gerade. Shiho schluckte, half Akai, sie hochzuziehen, damit er sie auf die Arme nehmen konnte. Kogorô war ihnen nachgelaufen, schaute seine Tochter an, sah das Leid in ihren Zügen und zum ersten Mal, viel deutlicher noch als oben in Shinichis Büro, sah er, was er angerichtet hatte. Er hatte es geschafft, nicht nur ein, sondern gleich zwei Leben zu ruinieren. Sie hatten Glück, bekamen ein Großtraumtaxi für ihre Rückfahrt ins Hotel. Ran war still geworden nach ihrem Ausbruch, und blieb es auch im Auto. Ihr rannen zwar immer noch lautlos die Tränen über die Wangen, als ihr mehr und mehr klar wurde, dass sie nun wohl tatsächlich den endgültigen Schlusspunkt gesetzt hatte – und diese Tatsache riss ihr Herz in Stücke. Was ihr eben von Wut und Enttäuschung befeuert entfahren war, all die Worte, die ihn so sehr getroffen hatten – sie hatte es gesehen, so blind hatte sie trotz ihrem Ärger nicht werden können – erschreckte sie nun selbst fast. Die Grausamkeit, mit der sie ihn beschimpft hatte, ihn, den sie doch mehr liebte als ihr eigenes Leben, immer noch, mehr als je zuvor sogar… die Kaltherzigkeit mit der sie ihn weggejagt und aus ihrem Leben gestrichen hatte, tat ihr jetzt selber weh, ließ sie frösteln und zittern. Und dennoch konnte sie ihm nicht verzeihen. Sie sank nach vorne, langsam, ließ ihren Kopf in ihre Hände sinken, spürte Sonokos Finger auf ihrem Rücken, die sie zart streichelten, versuchten, ihr Trost zu spenden. Langsam richtete sie sich auf, sah zuerst sie, dann Kazuha zu ihrer Linken an, lächelte traurig. „Dann ist es jetzt wohl wirklich aus…“ Kazuha schaute sie betroffen an. „Es ist so… unwirklich. Ich dachte, trotz allem, trotz gestern sogar noch… dass es ein Zurück gibt für uns. Dass wir doch noch zueinander finden, weil wir… weil ich doch dachte, dass wir zusammengehören.“ Sie fühlte, wie sich ihr Herz fast schmerzhaft verkrampfte, griff sich mit ihren Fingern an die Stelle, unter der es schug, massierte ihr Brustbein, kurz. Kazuha hingegen sah auf, betrachtete den Mann, der ihnen gegenübersaß. Kogorô hatte seine Augen auf seine Tochter gerichtet, sein Gesichtsausdruck war schwer zu lesen. „Sie haben also… Sie haben ihm damals im Krankenhaus gesagt, dass Ran tot wär und er is‘ daraufhin gegangen und hat in den letzten Jahren in dem Glauben gelebt, dass se tot is…? Hab ich das richtig verstanden?“ Kazuhas Stimme klang ungläubig, als sie die letzten Minuten zu rekapitulieren versuchte. Der Mann sagte nichts, hob nur seinen Blick, schluckte schwer. Sonoko warf ihm ebenfalls einen Blick zu; sie kannte Rans Vater ihr Leben lang, sie wusste, wie sehr er sein Mausebein liebte – allerdings, dass er in der Lage gewesen war, ihr diese Lüge vorzuleben, erstaunte sie. Und entfachte in ihr die Wut. Sie hatte gesehen, wie sehr Ran gelitten hatte, unter dem Glauben, von Shinichi zurückgewiesen worden zu sein – er musste es also auch mitgekriegt haben. Und hatte dennoch geschwiegen. Sie wandte den Blick von ihm ab, drehte sich zu Ran, seufzte leise. „Und dann hat er dir, als du mit ihm geredet hast, dir was gesagt, als du fragtest, warum er das glaubte, was gesagt?“ „Dass er es nicht mehr wüsste. Er wäre an dem Abend ziemlich neben sich gestanden.“ „Woah.“ Sonoko ließ sich in die Polster zurücksinken, schnaufte. Kazuha hingegen schaute Ran zurückhaltend an. „Du weißt aber schon… Ran.“ Sie schluckte, fing noch einmal an. „Ich kenn… Shinichi und auch…“, sie blickte zu Kogorô, zögernd, „deinen Vater zu wenig, als dass ich das… komplexe bis kompliziert zu nennende Verhältnis, dass die beiden da haben, beurteilen könnt‘. Aber jetzt… denk mal nach. Ich weiß, wie er mit Conan umgegangen is‘, und ich hatt‘ schon das Gefühl, dass, wenn ihn auch der kleine Junge manchmal genervt hat, er ihn mocht‘, und ich glaub, das beruhte auf Gegenseitigkeit. Und nu. Shinichi war Conan. Als… ihm also aufging, dass der Mann, bei dem er die letzten zwei Jahre gewohnt hatte, ihn so angelogen hat… ihn immer noch so wenig schätzt, so viel Wut auf ihn hat, dass er ihn ins offene Messer laufen lässt, muss er… sauer gewesen sein, und enttäuscht. Und sich dann dafür zu entscheiden, einen Mann zu decken, der ihn fünf Jahre Hölle beschert hat, und Herrgott, sieh ihn dir an, Ran…“ Ran hob müde den Blick. „Ich weiß ja, Kazuha. Was mich… aber so erschreckt, weshalb ich so sauer war, und so enttäuscht, ist… das Entsetzen darüber, dass er das kann. Dass er sich so ignorieren und mich gleichzeitig so dreist anlügen kann, und ihm dabei nicht klar wird, dass er uns beide mit demselben Schwert in den Rücken sticht.“ Sie schniefte, holte Luft. „Ich meine, ihr habt beide… eure Freunde. Du Heiji, Kazuha, und du hast deinen Makoto, Sonoko. Wie würdet ihr euch fühlen, würden sie das tun…? Kann ich mir denn je sicher sein, dass er die Wahrheit spricht, so oft, wie er mich jetzt schon ohne mit der Wimper zu zucken angelogen hat… und grundlos, möchte ich meinen. Aus… um in seiner Sprache zu bleiben, niederen Motiven. Ich meine, die Sache mit Conan… ehrlich, warum sagt er mir das nicht? Ich sag euch, warum. Ich hatte fünf Jahre Zeit, nachzudenken darüber… aus Scham. Aus Bequemlichkeit, weil er wusste, dass ein Zusammenleben unaushaltbar sein würde, wüssten wir um einander. Nicht, weil ich in Gefahr wäre. Das war ich schon allein dadurch, dass ich ihn kannte.“ Sie ballte die Fäuste. „Denn ich weiß, dass er sich im Klaren darüber war, dass ich ihn niemals verraten hätte. Das kann es also auch nicht gewesen sein.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Und dann… frage ich mich einfach, wann wollte er mir sagen, wer er gewesen war? Er hat nicht ein Wort hinterlassen. Er hat diese Email geschrieben, an alle anderen, aber zu mir keinen Ton, keine Silbe, keine Notiz. Keinen Brief, nichts. Er hat sich in die Schlacht geworfen, ohne mir etwas zu sagen...“ Sie schluckte, spürte den Blick der Forscherin auf sich. Als sie aufsah, begegneten sich ihre Blicke, kurz, ehe Ran sich wieder abwandte, müde gegen die Fensterscheibe sank. „Ran…“ Shiho lächelte müde. „Du weißt, dass er dir nicht deswegen nichts gesagt hat, weil er dir nicht vertrauen würde. Er würde sein Leben in…“ „Meine Hände legen? Dass ich nicht lache.“ Ran schaute sie an, schüttelte den Kopf. „Du willst mir wirklich weismachen, er sagt mir nur deshalb nichts, um mich zu schützen? Das ist Unsinn. Du weißt das. Ich… ich kann einfach nicht… ich sehe einfach nicht, wie es für mich und ihn weitergehen kann, wenn ich nicht alles weiß. Wenn er nicht endlich gnadenlos ehrlich ist, wirklich alles offenbart, was… da noch ist. Und ich weiß, da ist noch was. Ich habs… vorhin erst wieder gemerkt, als… wir oben waren, in seinem Büro. Er hat mir gegenüber nur Geheimnisse.“ Sie wandte sich ab, schaute aus dem Fenster, sah das vorbeiziehen, was eigentlich ein schöner Urlaub hätte werden sollen. „Natürlich hat er die.“ Kogorô schaute sie an; im Wagen wurde es schlagartig still. Ran wandte sich um, langsam. Ihr Vater hatte geschwiegen, bis gerade eben – und sie hatte auch nicht erwartet, dass er sich noch in das Gespräch einklinken würde, nachdem, was gerade herausgekommen war. „Du könntest keine Minute mehr ruhig schlafen, wüsstest du, was er tut, was er riskiert oder was er schon erleben hat müssen, und glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Du kannst ihm das nicht vorwerfen, Ran. Und gelogen hat er dieses letzte Mal wegen mir, das weißt du. Er hat dir seine Gründe genannt, du weißt, dass es diese eine Mal wirklich gute und nachvollziehbare Gründe sind… Mausebein.“ Er schluckte, runzelte die Stirn, schaute seine Tochter lange an, ehe er sich zum Weitersprechen überwinden konnte. „Ich hab dir das verschwiegen, weil ich ihn in deinen Augen nicht schon wieder als Lügner dastehen lassen wollte. Ich hab geahnt, dass du ihm das übel nimmst. Du bist in der Hinsicht wie deine Mutter. Einmal in diesem Leben wollte ich auch etwas Gutes für ihn tun.“ Er lächelte schmal. „Offen gestanden hatte ich aber nicht geglaubt, dass du ihn deswegen abschießt. Ich… hatte eigentlich gedacht, jetzt, wo du ihn wieder hast, lässt du ihn nicht mehr los, und das war es doch, was du die ganze Zeit behauptet hast. Sogar ich glaubte endlich verstanden zu haben, was das ist, das euch verbindet…“ Er sah sie an, sah den Kampf in Rans Augen, den sie mit sich selbst austrug. Dann wandte sie sich ab, schaute nach draußen, schlang die Arme um ihren Körper.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)