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Dunkler als schwarz

Shinichi x Ran
von

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Tag 5 - Kapitel 18: Befragungen

KAPITEL 18 – BEFRAGUNGEN
 


 

Es war nicht der Wecker, der ihn an diesem Morgen aus dem Schlaf riss.
 

Es war sein Handy.
 

Shinichi fuhr hoch – und stöhnte einmal kurz auf, als er merkte, wie verspannt sein Nacken war. Er war am Tisch eingeschlafen, neben sich die Reste seines nächtlichen Imbisses. Schlaftrunken griff er nach dem Störenfried, seufzte, als er den Anrufer erkannte, nahm dann das Telefongespräch an.
 

„Kudô, sag mal, WO BISTE EIGENTLICH?!“
 

Der Angesprochene hielt sich das Smartphone vom Kopf weg, als seine Ohren klingelten, schluckte trocken, räusperte sich, ehe er antwortete.
 

„Auf dem Weg.“

„Lügner.“

Heiji klang nervös.

„Was…?“

„Hab schlecht geschlafen, bin am Küchentisch eingenickt, du hast mich grad geweckt.“

Er wischte sich den Schlaf aus den Augen.

„Wie spät isses?“

„Halb neun, verdammt!“
 

Und mit einem Schlag war er hellwach.

„Wie viel?!“

„Sag mal, hörste schlecht?“, maulte Heiji ungeduldig.

„Halb neun! Du solltest längst hier sein! Und haste den Reporter schon gelesen?! Du hast…“

„… dich gestern nicht beliebt gemacht.“, vollendete Shinichi seinen Satz.

„Das dacht ich mir schon…“

„Das is dein kleinstes Problem.“

Heijis Stimme klang säuerlich.

„Diese Tussi hat nämlich deine tragische Lovestory…“

Shinichi verdrehte die Augen, merkte, wie Ärger in ihm hochbrodelte.

„Nein.“

„Doch.“

Shinichi atmete tief durch.

„Hat Ran…“

„Ja.“

Heiji seufzte leise, sein Gemüt war merklich abgekühlt.

„Kazuha hats mir erzählt, vorhin. Scheint, sie nimmts mit Fassung, du kennstse, aber…“

Shinichi stand umständlich auf, merkte, wie es in seinem Kopf zu hämmern begann.

„Gut, ich komme… ich bin in einer halben Stunde da. Was sagt... hat…?“
 

„Dein Chef schon Wind bekommen? Keine Ahnung.“, antwortete Heiji wahrheitsgemäß.

„Mach, dassde deinen Hintern herschwingst, Kudô.“
 

Shinichi legte auf, hielt das Telefon noch kurz in seiner Hand, atmete ein – und wieder aus.
 

Verdammt.
 

Fünfundzwanzig Minuten später schlug er im Yard auf – und musste nicht lange fragen, um herauszufinden, dass bereits das ganze verdammte Department den Reporter gelesen hatte. Allein die Blicke, die sie ihm zuwarfen, sprachen Bände – ihm, dem großen, einsamen Wolf von Scotland Yard, traute man eine derart tragische Romanze eigentlich nicht zu; und nun lasen sie es schwarz auf weiß – das war das Highlight des Tages.
 

Ach was, der Woche.
 

Sherlock Holmes war den Frauen wohl doch nicht so abgeneigt, wie sie immer gedacht hatten, und sie brannten darauf, mehr zu erfahren, das sah er ihnen an.
 

Den Teufel würde er tun und ihnen den Gefallen machen.
 

Er lächelte sie also alle unverbindlich sachlich wie immer an, grüßte kurz angebunden und bahnte sich seinen Weg, wie jeden Morgen. Er sah Heiji von weitem, winkte ihm zu, machte sich dann ohne Umweg zügig auf den Weg in das Büro seine Chefs, wo er ohne Zweifel erwartet wurde. Jillian schreckte hoch, als sie ihn sah.
 

„Superintendent! Here are you! The Assisstant Com…“

„Wants to see me, I suppose.“

Shinichi schluckte trocken. Die Chefsekretärin nickte nur, verbiss sich sichtlich ihre Frage, ob an den Gerüchten um dieses Mädchen auf der Titelseite etwas dran war, winkte ihn durch.
 

AC Jackson Montgomery hatte sich bemerkenswert gut im Griff, als er das Büro betrat.

„You are late.“

Shinichi blieb stehen, schluckte.

„I… know. I was held up by… researches.“

Er versuchte, seine Notlüge glaubwürdig klingen zu lassen, nahm auf dem Stuhl Platz, der dem seines Chefs gegenüberstand.

„I guess you want to hear my statement concerning the newspaper article. Frankly, I haven’t read it yet.“

„Oh.“

Der AC lächelte schmal.

„Don’t worry. I’ve got a copy at hand. Here you are.“

Shinichi griff sich die Zeitung, biss sich auf die Lippen, als er das Bild sah – Ran und er selber waren zu sehen – sie standen schon relativ nah beieinander, also war es wohl der Moment gewesen, als er ihr gesagt hatte, dass sie ihn vergessen sollte und wieder heimfliegen. Er konnte trotz des Druckrasters die Tränen in ihren Augen sehen.
 

WHO IS THAT WOMAN?, prangte darüber.

Darunter, der wenig schmeichelhafte Untertitel: OR SHOULD WE ASK… WHO ARE THOSE WOMEN?
 

Shinichi ließ die Zeitung auf den Tisch sinken, hielt sich den Kopf, als er die folgenden Zeilen überflog.
 

The solution of that thrilling murder case about the death of a young Japanese girl by a ferocious guy called “The Artist” seems to stagnate and the press department of New Scotland Yard remains silent about questions concerning a new victim, that might have been discovered in one gondola of the Giant Wheel - but that does not mean, that there is nothing going on in New Scotland Yard!
 

Our reporter has witnessed a very peculiar scene yesterday, a scene including every character a good theatre play needs.

There are four good-looking women – young, Japanese of origin, obviously visiting London to spend their holiday here.

There is Mr. Hattori, our liaison officer from the Far East, emanating the attractiveness of a young samurai, being well-trained and sunburnt.

And, last but not least, there is him.

There is the lonely wolf, starring our dearest Mr. Sherlock Holmes. We know, that he has not much friends – we never see him roam around with anyone else than a colleague while doing his work. Everybody we asked tells us the same, sad story – he is, what he is, a lonely man, living just to do his work. We feel with that guy, we pity him, we are wondering why he leads this unhappy life – he is smart, he is young, and he is fairly handsome – so, either he really leads a very mysterious, very lonesome life or he is just a fabulous actor, hiding his real self from the public as well as from his employers.
 

Why do we assume the latter?
 

Because of mentioned scene, we have witnessed.

There was a meeting at the Westminster Bridge, there was one woman, rushing towards him, slapping him hard in his face – and what did he do? Nothing at all.

He just stood there, petrified, while his attacker, a slim, blonde girl, kept on shouting at him. Two of the others followed, and there was this one girl, the forth of them, a stunning beauty, crying.

And cried even more, when he finally approached her, telling her words we could not hear – but one must be blind not to guess what he has told her.
 

All of this tells a thrilling story of love, of loss - of betrayal?
 

Is he, whom we all saw so similar to Sherlock Holmes, lonely and only living for his work, bothering his mind not with such trivial human feelings like love and friendship, but only feeding it with facts and mysteries, not at all what we wanted to see in him?

We see that pretty face of that brown-haired girl, we see a hurt soul, we see love and longing, such a strong desire to be close to him – and we see him, pushing her away, in a most cruel manner.
 

Is he not more than a heart-breaker in the end, confronted with one or more of his ex-girlfriends?

How many girls has he been disappointing here, the past five years? Or worse, how many hearts has he broken, betrayed?

Is he using his looks, this aura of mystery which is wafting around him, the air of danger which is constantly clinging to his heels to get himself a nice companion to fill those lonely hours, without ever wanting…
 

Shinichi legte die Zeitung beiseite, war nicht in der Lage, weiter zu lesen; er hatte über die letzten Absätze angestrengt versucht, seine Fassung zu bewahren, hatte sie auf keinen Fall fahren lassen wollen, nicht vor Montgomery, aber die letzten Sätze setzten dem Ganzen einfach die Krone auf.
 

Er lachte.
 

Bitter, und aus vollem Hals, und merkte doch, wie Wut ihn schüttelte, über so viel Dreistigkeit, ihm in aller Öffentlichkeit so etwas zu unterstellen.

Montgomery hingegen sah ihn perplex an, runzelte die Stirn so sehr, dass tiefe Furchen zu sehen waren.

Shinichi bekam sich mit Mühe wieder unter Kontrolle, schluckte hart und wischte sich übers Gesicht. Im Anschluss schaute er auf, blickte seinem Vorgesetzten in die Augen, scheinbar gelassen, auf seinen Lippen jedoch immer noch ein zynisches Lächeln.
 

„Honestly, Sir – do you believe this crap? One single word of this? I would have hoped, you knew me better.”
 

Montgomery schwieg kurz. Er hatte den Artikel gelesen, und war wütend geworden; derartige Presse konnte er für diese Institution nicht brauchen. Andererseits sah er auch, was das hier war - eine Seifenoper, wie sie im Buche stand. Mutmaßungen wurden geäußert, wer sie war; warum sie weinte; warum sie gestritten hatten, warum er einfach so gegangen war, ob sie das einzige gebrochene Herzchen war, das in seinem Fahrwasser dümpelte und so weiter und so fort. Man las so etwas täglich, und selten genung war es wahr – die Leute liebten Drama, das war alles.

Und die britische Yellow Press war berühmt für Drama.
 

Shinichi beobachtete seinen Vorgesetzten stumm. Zwar hatte er über diese absurden Unterstellungen, er wäre nichts weiter als ein rücksichtsloser Herzensbrecher, der sich mit seinem Aussehen, seiner mysteriösen Aura und dem Hauch von Gefahr, der ihm anhaftete – diese blumige Umschreibung seiner selbst entlockte ihm erneut den Hauch eines bitteren Grinsens – herzlich lachen können – was ihn allerdings schockierte, war die Schnelligkeit, mit der Ran in die Presse gelangt war, und was diese in der Lage war, daraus zu machen.

Was nun zu lesen war, waren Mutmaßungen, die zwar ein Kernchen Wahrheit enthielten, das allerdings aufgebläht worden war wie Popcorn – schließlich hatte ihre Konversation in Japanisch stattgefunden, und obgleich die Kamera ihren Job ordentlich gemacht hatte, konnte Shinichi doch erkennen, dass ein ordentlicher Zoom zum Einsatz gekommen war.

Das Bildrauschen des digitalen Zooms war minimal, aber für das geübte Auge durchaus erkennbar. Sie konnten kein Wort mitgekriegt haben, wie sie auch zugegeben hatten.

Und wenn die eine Story erfinden konnten, dann konnte er das wohl auch.
 

„Ah, well, now. I guess, you want an explanation, nevertheless.“

So ruhig wie er konnte, legte er die Zeitung auf den Tisch.

Montgomery blickte ihn an.

„I would appreciate this, yes.“

Shinichi verschränkte die Finger, legte seine Hände ruhig vor sich auf den Tisch.

„A very… tragic story. Well written, though a bit too much of a soap opera in it to meet my taste, to be honest. I like crime novels most, as you might have guessed.“

Montgomery schaute ihn abwartend an.

„So. Who is that woman? Or who are these women, and what relationship are they bearing to you? “

„How am I to know?“

„Sherlock.“

Die Stimme seines Chefs klang harsch.

„Don’t think I am a fool. That picture…“

„… shows a very pretty Japanese girl. Which is about to cry. And it shows me, talking in a rather serious manner to her. That’s it.“

„So you don’t know her.“

„I don’t. Not well, that is. She seems to be a friend of Mr. Hattoris fiancée, the girl next to her.“

Er tippte auf Kazuha.
 

Die beste Lüge ist die, die möglichst nah an der Wahrheit bleibt.
 

„We advised them to go home. There is a serial killer among us, and he seems to pick girls like them. The girl here was emotionally agitated, frightened, that’s all. I advised her to fly back home, as I should know best what’s safe for them, being the investigating detective in that case.“
 

Er seufzte.

„Honestly, Sir, didn’t you see that coming? Since that last case the press is only waiting for something sensational happening around me – every kind of tragedy would be welcome to them. They saw us and invented the obvious, it just isn’t the truth. They made up a nice tale about a good looking girl and a rather attractive, mysterious guy of approximately the same age, who appears to be the face of Scotland Yard at the moment. That’s what they are dreaming of. Love within the Yard. Dangerous, forbidden love, in the best case.“

Shinichi sortierte sich, überlegte sich seine nächsten Worte genau.

„Look. They began digging into my past only two days ago, and, as we very well know, this past is… kind of exceptional. You knew that when employing me. I expect my parents to appear in the next issues. They have come to London yesterday, so don’t be surprised.“

Ein müdes Lächeln schlich über seine Lippen.

„So – what am I to tell the press?“

Montgomery schaute ihn abwartend an.

„Nothing. It’s the Reporter after all. I am to meet that girl and tell her to remain quiet as well. Me or Mr Hattori.“

„Whom you knew and didn’t tell me either.“

Shinichi verdrehte die Augen.

„Was that so important?“

„Everything that concerns our work here is important, Sherlock. I did not know that I had to mention that at all.“

Montgomerys Stimme hatte an Schärfe gewonnen. Shinichi sah ihn ruhig an.

„Well. I wanted to have a word to him before talking to you. I would have told you then.“

„Why not in the moment I told you his name?“

„Because…“

Shinichi seufzte.

„You… know, why I have left. I haven’t talked to anyone of them since then. I just… wanted to handle that first. But as you can see, there is no problem at all.“
 

Jackson Montgomery erhob sich langsam, beugte sich vor.
 

„I don’t like it very much to be informed by the newspapers about the going-ons in my bureaus.“

Seine Stimme klang hart und kalt. Shinichi atmete tief durch, erhob sich dann ebenfalls.

„I promise, that won’t happen again. I apologize for any inconveniences.“
 

Montgomery drehte sich um, trat ans Fenster.

„Well then. Go and do what you are paid for.“
 

Shinichi zuckte kurz zusammen, warf ihm einen verwirrten Blick zu, zog es dann vor, kommentarlos das Büro zu verlassen. Der AC war angespannt, das war deutlich zu merken. Und der Grund dafür war sein leitender Detective im laufenden Mordfall, der sich zu einem Serienmord auswuchs.

Wer konnte ihm das verübeln.
 

Fakt war, er musste mit Ran reden, und das bald. Also machte er sich auf den Weg in sein eigenes Arbeitszimmer, um von dort aus zu versuchen, sie anzurufen. Danach würde er schauen müssen, wo Heiji abgeblieben war.

Er hatte sich kaum hinter seinen Schreibtisch gesetzt und sein Handy hervorgezogen, als Jenna das Büro betrat – und er merkte sofort, dass etwas nicht stimmte.

Oder besser gesagt… dass sie es nun wusste. Es sollte ihn nicht wundern – schließlich konnte die Frau auch lesen.

Jenna hatte ihren ganzen Mut zusammen genommen; sie wähnte sich als seine Freundin, zumindest auf irgendeine seltsame Partner- und Partnerin- Ebene, und als solche wollte sie nicht weiter unwissend sein und tatenlos zusehen, wie er sein Leben wegwarf. Oder an sich vorüberziehen ließ, wie auch immer man es sehen wollte.
 

Musternd glitten seine wachen Augen über das Gesicht von Jenna Watson, um herauszufinden, wie viel sie denn nun wusste – und so wie er das sah, wusste sie wohl alles, zumindest das, was herauszufinden gewesen war. Jenna war Polizistin, immerhin, sie würde bei ihren Recherchen nicht bei der Hälfte aufgegeben haben. Langsam ließ er die Hand mit dem Handy wieder sinken.

„Close the door behind you, Jenna.“

Die junge Frau starrte ihn an, und er konnte sehen, dass sie mit Gewalt nach einem Gesprächseinstieg suchte, und ihn auf Teufel komm raus nicht fand, als sie mit einer Hand und ohne hinzusehen die Tür hinter sich ins Schloss drückte.

Ein gequältes Lächeln umspielte Shinichis Lippen; unsicher fuhr er sich durch die Haare am Hinterkopf, lehnte sich gegen den Tisch. Dann sah er ihr in die Augen, fest.
 

„Well, Jenna… what does Google know about me? I hope, you found a decent translating engine?“

Blut schoss ihr in die Wangen, und fast amüsierte ihn der Anblick; wenn Jenna eine Schwäche hatte, dann war es wohl die, dass man ihr ihre Gefühle immer augenblicklich ansah. Er konnte in ihr lesen wie in einem offenen Buch.

„Well, Sir…“, begann sie zögernd, räusperte sich.

„I didn’t want to pry, but… after the happenings of yesterday, the article in the Reporter… Mr Hattori insisted it would be appropriate to have a look…“

„Come on, Jenna.“

Shinichi winkte ungeduldig ab.

„Reading the google records of someone is not the same as prying after him. You haven’t cleared out my closet, have you? But, to be honest, I wonder that you didn’t think of trying this by yourself, or that it didn’t seem to interest you earlier, who I was. Who I am. On the other hand, I found it quite… relaxing.“

Er seufzte.

„It was nice to work with somebody who did not look at me like you do now. Someone who started at zero with me, without any expectations. But well, these times are over, I see you are about to burst. Come on, let’s get over this, finally.“

Jenna merkte, wie ihr immer heißer geworden war, verknotete ihre Finger.

„High-school detective, Saviour of the Japanese police forces…“, fing sie schließlich an.

„Good Lord, well… now the whole city of London knows that stupid titles…“, Shinichi stöhnte auf, wischte sich genervt über die Augen.
 

…warum löscht nicht mal endlich wer diesen albernen Titel aus meinen Annalen…
 

„… participating at the solutions of countless crime cases, and that as a teenager, among those cases some major crimes and bigger fish… and…“

Erneut brach sie ab, studierte scheu die Mimik ihres Vorgesetzten.

„… the very person who has provoked the downfall of the Black Organization, a crime syndicate of international size.“
 

Er wandte seinen Blick ab, während sie weiterredete, Fakten herunterbetete, die Zeugnis darüber ablegten, wie genau sie sich eingearbeitet hatte. Sie musste sich die halbe Nacht um die Ohren geschlagen haben. Genau genommen sah sie so auch aus; unter ihren Augen lagen dunkle Ringe, ihr Teint war fahl und in ihrer Hand bestimmt die dritte Tasse Kaffee des Tages, wie er anhand der Lippenstiftspuren, die rund um den Becherrand kreisten, ablas. Sehnsüchtig sah er sie an – er hätte jetzt auch gern eine Tasse gehabt.

„The coup lasted well over a week, and you were disappeared for about ten days, without a trace. You have never talked about what had happened to you these days. When you escaped, most of the members of the Organization where still in the building for the police to take into custody, as the strike came out of the blue and completely unexpected, but some of them could track you down. And as one reads those lines, you did not expect this, because if you did, you would have never ever allowed…“
 

Sie merkte, wie in ihr die Übelkeit erneut hochkam, die sie gestern Nacht noch ergriffen hatte, nach ihrem Gespräch mit Heiji. Jenna sah ihn nicht an, als sie sprach; sie drehte ununterbrochen die Tasse in ihren Händen. Shinichi seinerseits merkte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Er fragte sich, woher sie diese Infos hatte; sofern er wusste, war das nie veröffentlicht worden. Er selbst hätte ja sonst schließlich gewusst, dass sie nur verletzt und nicht getötet worden war.
 

„Okay, Jenna, I think, this will do. You have researched well, but…“

Er sah auf, in seinen wasserblauen Augen ein stechender Blick. Jenna erwiderte ihn, hielt ihm stand, was ihn stutzig machte.

„That brown-haired girl the paper is talking about today… the girl on the bridge yesterday… that was your girlfriend…“

„Jenna… I do mean that seriously. This is enough…“

„She was stabbed that night, because you were led into a trap. Her name is Ran, and she is…“

„Jenna!“

Sie fuhr zusammen, starrte ihn erschrocken an. In seinen Augen glomm leichte Wut.

„How on earth do you come to know this? This fact never appeared in the news, otherwise I would…“

„I…“

Sie schluckte hart.

„I have called your friend Hattori last night. I wanted to know why you have left your old life as if you were running away from it. Why you have left your friends without a single word, obviously, measured by the anger of Mr. Hattori the day you met again. I did not think that you left on friendly terms, as I have told you before. And he has told me. That you were trapped, that your girlfriend was stabbed. Nothing else.“

Shinichi strich sich übers Gesicht.
 

Heiji… du Idiot! Was geht dich mein Leben an, du weißt es doch jetzt, du weißt doch, warum… lass mich doch einfach in Frieden, warum setzt du sie auch noch darauf an…
 

„And now she is here, your girlfriend, and your life seems to go completely off the rails. You have left her, but why, on earth did you do this?“

Er merkte, wie in ihm immer mehr die Wut hochkochte. Er wollte sich nicht darüber unterhalten, nicht hier, nicht mit Jenna, nicht nach der Szene mit Ran gestern.

„I mean, good lord, it’s pretty obvious that you love her – even the Reporter…!“

Scheinbar unbeirrt fuhr sie fort, begann gestikulierend auf und ab zu gehen, blind für die Reaktionen ihres Gegenübers, als sie ihre Schlussfolgerungen zog.

„You have, during all the time you work here, rejected every girl that showed only the slightest interest in you! You haven’t even looked at them! That’s enough proof for me that you still have feelings for her, so why did you…“
 

„I THOUGHT SHE WAS DEAD!“
 

Jenna drehte sich erschrocken um, merkte erst jetzt, was sie mit ihrem Monolog provoziert hatte. Und eigentlich, schalt sie sich in Gedanken, hätte sie es besser wissen müssen, genau das gleiche Spiel spielten sie doch immer mit ihren Zeugen, wenn sie sie verhörten. Shinichi schien genau das Gleiche zu denken in diesem Moment; er massierte sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel, schloss die Augen und atmete tief ein und aus.

„Because I thought, that she had died that night“, wiederholte er deshalb leiser, schluckte, räusperte sich.

„Jenna, I thought that she had died in my arms. Hattori has told you that she was stabbed. She ceased breathing in my arms, before the ambulance arrived, finally. I thought she was dead. Because of me. How could I’ve stayed in Tokyo after this…“

Seine Stimme brach; das Bild in seinem Kopf war immer noch übermächtig, auch wenn er nun wusste, dass es falsch war.
 

„And now, please, let that topic rest. That’s my private life, and none of your business.“

Er schaute sie ernst an.

„But as you now know who she is and in what kind of relationship we’re in, I must beg you to keep that for yourself. I’ve told Montgomery just now that I don’t know her. That there is no romance, no love, no friendship, not even a better relationship at all. We must get her out of the newspapers.“

Jenna schluckte.

„You lied to him, Sir?“

„I did. And I know, that’s a favour I should not ask you for. Will you… keep silent, for me?“

Jenna schaute ihn an, merkte die Spannung, die sich über sie gelegt hatte. Und sie ahnte, dass sich in diesen Minuten das Verhältnis zu ihrem Partner grundlegend änderte. Vor ihr stand ein komplett anderer Mensch als noch gestern um diese Zeit.

„Of course I will.“

Leise sagte sie es, aber ihre Stimme wankte nicht im Geringsten.

Er nickte mit zusammengekniffenen Lippen, wandte sich zum Gehen, als sie sich hinter ihm noch einmal zu Wort meldete, zögernd.
 

„One last question…? Sir?“
 

Shinichi drehte sich nicht um.

„What is it?“

„Why are you still rejecting her? Why are you two not a couple, and happy…? I thought you’d have to burst with relief, but instead you look, and please excuse this, more worried than ever.“

Er atmete aus, stopfte seine Hände in seine Jackentaschen.

„For the same reason I have just lied to Montgomery, for the same reason I do not want public attention on her. Because they are still there, Jenna. Some of them are still waiting for their time to come, you have mentioned it, some of them have trapped me and escaped - and they are preparing their revenge.“
 

Er drehte sich um, lächelte bitter.

„And when this time finally comes, I want them to attend to the right one.“

Sie bemerkte das gefährliche Funkeln, das kurz in seinen Augen aufgeglüht war – ein Leuchten, das sie bei ihm noch nie gesehen hatte, und das ihr einen Vorgeschmack auf den Shinichi Kudô bescherte, zu dem er sich verwandelte, wenn man ihn mit seinem Erzfeind konfrontieren würde.

Entschlossen und bereit, bis zum Äußersten zu gehen.
 

Just like Sherlock Holmes and James Moriarty.
 

Das Glimmen war so schnell verschwunden, wie es gekommen war – und vor ihr stand ihr Chef, abgeklärt und ruhig wie eh und je.

„Besides, there is still a case wanting to be solved. Erins fiancée needs to be talked to, McCoy surely has some new results for us, I want to have a closer look at that picture, and where is Heiji, by the way?“

Die letzten Worte waren gar nicht mehr an sie gerichtet, sondern eher an den Quadratmeter Londoner Luft vor seinem Fenster, aus dem er hinausschaute, als könne er ihn die Straße entlangeilen sehen.

Er zuckte mit den Achseln, dann griff er nach seinem Sakko, schlüpfte mit einer geschmeidigen Bewegung hinein - und hielt inne, als das Telefon läutete. Shinichi warf ihr einen fragenden Blick zu, den sie mit einem Achselzucken beantwortete.
 

„Detective Superintendent Shinichi Kudô speaking, how may I – oh, hallo Jillian. Ah. Really? This is… kind of strange. Has Mr Hattori been informed? He is standing right in front of you, ah. Well. Tell him and AC Montgomery I’ll be there at once.“
 

Damit drehte er sich um.

„Jenna, as it seems, we are being accompanied by another Japanese liasion officer. Please go down into the lobby and get him into your care.“

Er lächelte dünn.

„I have to meet with the AC because of this, it seems he wants yet another word with me today.“

Jennas Augenbrauen waren unter ihren lockigen Pony gerutscht.

„A second liasion officer? Why that?“

Shinichi schüttelte ahnungslos den Kopf, verdrehte die Augen.

„How would I know? We’ll learn about that in a few moment’s time, I am sure.“

Damit öffnete er die Tür, ließ sie vor sich auf den Gang treten und schloss sie hinter sich.

Unwillig schaute er auf das Handy in seiner Hand. Das Telefonat mit Ran würde er noch ein wenig verschieben müssen, auch wenn ihm das gar nicht schmecken wollte.
 

Er gabelte Heiji vor dem Tisch der Chefsekretärin auf. Der Osakaner warf ihm einen ebenso fragenden Blick zu, wie er ihm.

„Ich weiß es seit gerade eben. Wie du. Anscheinend wollten die Kanagawas jemand anderen hier haben, ich reich‘ anscheinend nich‘…“

Seine Lippen verzogen sich zu einem säuerlichen Grinsen, ein Mundwinkel zuckte – und Shinichi wusste genau, wie sehr das seine Polizistenehre kränkte, dass er anscheinend nicht ausreichte als Verbindungsmann, dass man ihm anscheinend nicht genügend vertraute.

Shinichi grinste.

„Mein Freund, erstaunt dich das? Du warst mir schon immer suspekt, kein Wunder, dass…“

Der Rest seines Satzes ging in einem erstickten Keuchen unter, das ihm entwich, weil Heiji ihm seinen Ellenbogen in die Seite gerammt hatte. Ein Blick auf ihn zeigte Shinichi jedoch, dass sein Manöver gefruchtet hatte – Heijis Wut und der kleine Selbstzweifel, der an ihm genagt hatte, waren offenbar verschwunden.

„Wahrscheinlich kennen sie ihn persönlich.“, meinte Shinichi leise, während er mit einem leisen gemurmelten Dankeschön die Tasse Kaffee aus Lady McDermitts Händen entgegennahm, einmal kurz auf die Oberfläche pustete und dann einen Schluck trank, genoss, wie die warme Flüssigkeit seine Finger etwas wärmte, sich der Geschmack in seinem Mund ausbreitete.

„Arabica.“, nickte die Sekretärin als er fragend zu ihr schaute.

„Du bist doch immer noch dran an dem Fall, oder?“

„Ja.“

Heiji nickte nachdenklich, stopfte eine Hand in seine Hosentasche, nippte seinerseits an seiner Tasse Kaffee.

„Darf ich dich was anderes fragen?“

Shinichi blickte von dem Kalender, der auf dem Schreibtisch stand, auf.

„Spielt es eine Rolle, ob ich ja oder nein sage?“

„Ne.“

Heiji schaute ihn an, versuchte ein schmales Lächeln.

„Wie wars gestern?“

„Fantastisch. Eine Nacht voller Romantik.“

Heiji starrte ihn genervt an.

„Kudô….!“
 

Shinichi stöhnte leise auf, ließ sich gegen die Wand sinken.

„Müssen wir wirklich über dieses Thema sprechen?“

„Na… Ich mach mir Gedanken. Und Jenna…“

„Ja, die weiß es jetzt auch. Danke für Backobst, im Übrigen.“

Er schüttelte den Kopf.

„Wie solls schon gewesen sein? Furchtbar.“

Shinichi schluckte.

„Um nicht zu sagen, desaströs. Ich glaubte ja zuerst, nur meine Eltern wären da, weil Ran in der Küche gewartet hatte, und ich war nach den Ereignissen gestern auch nicht wirklich erfreut, meine Eltern zu sehen und mich mit ihnen über mein Leben auseinanderzusetzen. Und dann kommt sie…“

Shinichi setzte die Tasse an seine Lippen, trank sie auf Ex aus, merkte, wie ihm der heiße Kaffee die Speiseröhre entlang brannte, hustete kurz.

Jillian McDermitt, die gerade von einem kurzen Gang zum Kopierer zurückkam, warf ihm einen milde entsetzten Blick zu.

„Better drink it, when it’s still hot.“, brachte Shinichi hustend hervor, lächelte gezwungen, wandte sich dann rasch Heiji zu.

„Sie wusste nicht einmal, dass sie überhaupt gestorben ist, wussest du das?!“

In seiner Stimme lag jetzt unterdrückte Wut.

In Heijis Gesicht spiegelte sich Entsetzen – dann schüttelte er den Kopf.

„Ne, wusst‘ ich nich‘. Du weißt ja, nich mal ich wussts, wie soll ich wissen, dass sie’s nich‘ wusst‘. Wir haben mit ihr nie über diesen Abend geredet… ich dacht‘, ihre Eltern…“

„Haben sie nicht. Also hab ich ihr das gestern erzählen müssen, neben der schwierigen Aufgabe, ihr zu erklären, dass ich sie zwar liebe, aber nicht mit ihr mein Leben teilen will.“

Er schluckte.

„Ich brauch dir nicht sagen, dass sie geheult hat, als ich sie vor die Tür gesetzt hab.“

„Du hast was…?! Kudô, ernsthaft, deine Paranoia in allen Ehren…“

Shinichi schluckte, biss sich auf die Lippen.

„Du verstehst das nicht.“

Er wischte sich über sein Gesicht, fahrig.

„Ich… ich liebe sie.“

„Das weiß die ganze Welt, Kudô.“, meinte Heiji trocken. „Aber du hast ne sonderbare Art, das zu zeigen, wenn du das Mädel rauswirfst-…“

„Du verstehst das nicht. Ich… jetzt versetz dich mal in meine Lage. Ich dachte, sie wäre tot. Sie erkennt, dass ich nicht der skrupellose Aufreißer und Feigling bin, der Typ, der sich verdrückt, wenn‘s ernst wird oder wenn mal was nicht nach Plan läuft. Sie war so… froh darüber, sich nicht getäuscht zu haben, und hat gleichzeitig so gelitten, weil sie sich ausmalen konnte, wie es mir ging, mit dem Gedanken, sie wäre tot. Und ich sah wirklich schrecklich aus, gestern, ich war nervlich echt durch.“

„Du bist schwach geworden.“

Heiji grinste – und nun war es Shinichi, der ihm einen Tritt auf den Fuß verpasste.

„Grins nicht so bescheuert. Das ist nicht lustig. Sie hat… woahh.“

Er verdrehte die Augen.

„Da soll man nicht schwach werden. Große, blaue Augen, Haare wie geschmolzene Schokolade, und sieht einen an… und ich… ich meine, das war es doch. Seit Jahren wollte ich nur das, diese eine Chance, sie noch mal zu sehen, sie nochmal zu hören, sie noch einmal… in die Arme zu nehmen, und als sie…, da wars einfach rum.“

Shinichi drehte sich um, ließ seinen Kopf gegen die Wand sinken, schloss die Augen.

„Und ich streit gar nicht ab, dass es fantastisch war, dass es… Aber es geht nicht. Ehrlich, noch einmal überleb ich das nicht, wenn ihr wegen mir was passiert. Deshalb hab ich sie… rausgeworfen, danach. Sie ist mit meinen Eltern wieder heimgefahren.“

Er atmete tief ein und aus, straffte die Schultern.

„Aber bevor du jetzt anfängst mich zu bemitleiden, warte, bis die Geschichte zu Ende ist.“, sagte er, als Heiji zu einem Kommentar ansetzen wollte.

„Nach unserem Gespräch hat sie mit ihrer Mum telefoniert.“

Shinichi drehte sich wieder um, blickte Heiji stur ins Gesicht.

„Und dreimal darfst du raten, wen Eri Kisaki, nunmehr wieder Eri Mori, nach diesem Telefonat mit ihrer Tochter ihrerseits angerufen hat.“
 

Heiji ächzte, stellte seinen Kaffee mit einem lauten „Klonk“ auf den Schreibtisch, so heftig, dass die Brühe überschwappte. Er beachtete es nicht.

„Dich?“

„Nein. Das Sandmännchen.“

Shinichi schaute ihn aus Halbmondaugen an.

„Natürlich mich. Um sich zu bedanken, stell dir vor… dafür zu danken, dass ich ihre Tochter wieder einmal angelogen hab, als ich ihre Frage nach der Person, die mir erzählt hat, dass sie tot sei, damit beantwortet habe, dass ich mich nicht mehr erinnern kann. War damals ja auch recht durch mit den Nerven undsoweiterunsofort.“

Shinichi fuhr sich über die Augen.

„Ich brauch keine halbe Stunde und lüg sie an, ohne mit der Wimper zu zucken.“

Heiji schüttelte verständnislos den Kopf.

„Aber du weißt doch…“

„Klar weiß ichs. Aber wenn ich ihr das sage… dann ruinier ich ihr Leben komplett. Ich kann nicht mit ihr zusammen sein. Und wenn ich ihr sage, dass ihre Eltern ihren besten Freund, den… Mann, den sie liebt… so dermaßen angelogen haben, dass es ihn fast in seinen persönlichen Ruin getrieben hätte, nur, damit er nicht mit ihr zusammen ist, aus welchen noblen Gründen und Sorgen um ihre Sicherheit auch immer, dann… glaubst du, sie hat dann noch ein Zuhause, in dem sie sich wohl und sicher fühlt? Gerade Ran?“

Langsam schüttelte Heiji den Kopf. Entsetzen spiegelte sich in seinen Zügen, gemischt mit Zorn.

„Deshalb. Ich… wollt ihr nicht alles nehmen, was sie hat. Sie braucht ihre Eltern. Ich bin doch der Grund überhaupt, warum Kogorô gelogen hat. Nun… Eri schien’s zumindest Leid zu tun.“

Er lächelte bitter.
 

„Du siehst also, mein Abend gestern war ein echtes Highlight.“
 

Das Telefon der Sekretärin klingelte, ließ die beiden jungen Männer herumfahren. Jillian McDermitt nahm ab.

„Yes, Sir. They are already waiting. I’ll send them straight away.“

Sie legte auf.

„The AC awaits you.“

Wortlos machten Heiji und Shinichi sich auf den Weg ins Montgomerys Büro.
 

„I am afraid, this is growing into dimensions we could never have anticipated.“

Jackson Montgomery schaute seinen Mitarbeiter über seine Brille hinweg bedauernd an. Shinichi hatte mit Heiji gegenüber Platz genommen, wartete nun auf die neuesten Erkenntnisse hinsichtlich des zweiten Verbindungsoffiziers.

„I am happy to see that the two of you are working well togehter…“, er schenkte Shinichi ein leicht angesäuertes Lächeln, ehe er sich dann wieder sammelte, „but it seems that your police is not satisfied with sending just one officer, or at least, the parents of the vicitim weren’t. They insist that a police officer, who is a friend of them, takes part in the investigation of the murder of their daughter. That’s why Tokyo sends another officer, as their parents live there. He’ll arrive today. He should already have arrived, to be plain.“

Heiji schaute den britischen Polizeichef fragend an.

„Is it allowed to ask for the name of the man, Sir?“

„Oh, you may, of course.“

Montgomery lächelte schmal.

„Unfortunately I cannot tell you. I do not know his name either.“

In dem Moment klingelte das Telefon. Der Polizeichef seufzte, hob ab. Shinichi und Heiji warfen einander einen fragenden Blick zu.
 

Aus Tokio?
 

Dann riss die Stimme des Engländers sie aus ihrer stummen Zwiesprache.

„He is here? Wonderful. Tell him to wait for us. We have just talked about him.“

Damit hängte er ein, erhob sich, wobei er beide Hände auf den Tisch aufstützte.

„Your colleague is here. Let’s welcome him.“
 

Damit verließ er das Zimmer, Heiji und Shinichi im Schlepptau, und machte sich auf den Weg in die Lobby. Shinichi hörte Jennas Stimme, die ihren Gast wohl aufgegabelt hatte, schon von weitem; sie versuchte gerade, mit sehr langsamem und deutlichem Englisch einem Mann in den Endvierzigern klarzumachen, wer sie war. Der Mann stand mit dem Rücken zu Ihnen, trug einen dunkelgrauen Mantel mit hochgeklappten Kragen. Shinichi hob irritiert seine Hände; sie waren auf einmal kalt geworden, sein Herzschlag hatte sich beschleunigt, und er wusste nicht warum.
 

„Good afternoon Sir. My name is Jackson Montgomery, I am the Assistant Commissioner of New Scotland Yard.“

Montgomerys sonore Stimme brachte den Ankömmling dazu, sich umzudrehen.

Shinichis Augen weiteten sich, als er erkannte, wer vor ihm stand. Er verfehlte die nächste Stufe, trat ins Leere, als er die Treppe herunterging, wäre fast gestürzt – er konnte sich gerade noch so am Geländer abfangen.

Der Mann, der ihnen gerade sein so typisches smartes, fast etwas arrogantes Lächeln schenkte, erstarrte ebenfalls mitten in der Bewegung. Shinichi ignorierte den verwunderten Blick, den Montgomery ihm zuwarf und hoffte inständig, nicht auch noch beantworten zu müssen, ob er den Mann etwa auch kannte. Heiji taxierte ihn beunruhigt, und auch Jenna musterte ihn unwillkürlich. Diesen Gesichtsausdruck hatte sie noch nie auf dem Gesicht ihres Partners gesehen.
 

Shinichis Miene war eisig, der Blick seiner klaren Augen kühl, starr und verriet in keinster Weise, wie sehr es in ihm zu kochen begonnen hatte, in ihm dumpfer Hass loderte, auf diesen Mann, der vor ihm stand, und dem sein gerade noch so lässiges Lächeln zusehends von den Lippen bröckelte.
 

Vor ihm, in der Lobby von Scotland Yard, stand Kogorô Môri.

Und der geriet unter seinem Mantel wohl gerade ziemlich ins Schwitzen.

Kogorô schluckte, bewegte sich unbehaglich. Er hatte Shinichi sofort erkannt, und wusste auch, dass er ihn so noch nie erlebt hatte. Ebenso war ihm klar, dass der Grund für diese Ablehnung nur er selbst war.

Was nur eines heißen konnte.
 

Shinichi wusste bereits, dass Ran noch lebte.
 

„Welcome to London, Mr…?“
 

Kogorô fuhr zusammen, riss sich von Shinichis Gesicht los und wandte sich dem hochgewachsenen Mann mit den graumelierten Schläfen im Nadelstreifenanzug zu, der ihm die Hand entgegen streckte. Kogorô schluckte, dann verneigte er sich kurz, ehe er die Hand ergriff und sie schüttelte.
 

„Môri. Und ich…“

Er blickte unsicher zu Shinichi, seufzte, fühlte sich zunehmend unwohl.

„… muss gestehen, mein Englisch ist etwas eingerostet.“

Shinichi schluckte, widerstand dem Drang, sich über die Stirn zu wischen, weil ihm der Schweiß aus allen Poren zu brechen schien. Stattdessen riss er sich am Riemen, räusperte sich abgeklärt und wandte sich zu seinem Vorgesetzten um.
 

„He says, his English is a bit rusty. If you don’t mind, Sir, I’ll translate to avoid any misunderstandings.”

“Ah!”

Montgomery lächelte jovial.

“That shouldn't be a problem - we consider ourselves lucky as we can provide an investigator being a japanese native speaker as your partner. Therefore I'll leave you alone now - SI Kudô will show and explain everything to you.“

Damit ergriff er Kogorôs Hand ein weiteres Mal, drückte sie, immer noch lächelnd, und hob die Hand zum Abschied, ließ Jenna, Heiji, Kogorô und Shinichi in der Lobby zurück. Shinichi atmete tief ein und aus, ballte seine Hände zu Fäusten und entspannte sie wieder, um sich in den Griff zu kriegen. Kogorôs Anwesenheit hier beschäftigte ihn mehr, als er es wollte.

Kogorô Môri bemerkte es. Er sah ihm an, dass er sich nur mit Mühe davon abhielt, ihn anzuschreien und ihm seine ganze Wut und Frustration ins Gesicht zu schleudern.
 

„Hör zu, Shinichi, ich…“, fing er an.

„Nein.“

Shinichi drehte sich um, sah ihn an, und allein sein Blick hätte gereicht, um Kogorô zum Verstummen zu bringen. Sein Teint war blass, seine Augen glitzerten zornig.

„Nein.“, wiederholte er. Sein Tonfall klang frostig, aber bestimmt.

„Ich will von Ihnen jetzt kein Wort hören. Keine Rechtfertigung, keine Entschuldigung, nichts. Nichts! Keine Silbe. Keinen Ton, der sich nicht mit diesem Fall beschäftigt, weil ich sonst für nichts garantieren kann. Haben Sie mich verstanden?“

Sein Tonfall war zum Ende seines Satzes immer beißender und schärfer geworden; nun atmete er mühsam ein und aus, um sich wieder zu beherrschen. Er war hier in der Arbeit, ein derartiges Verhalten war unangebracht und unprofessionell.

Abgesehen davon wollte er keine Aufmerksamkeit auf sie lenken, davon hatte er heute ohnehin schon genug. Er bedeutete den anderen, ihm zu folgen und machte sich seinerseits auf den Weg aus der Lobby hinaus auf den Vorplatz.

Erneut atmete er tief durch, ehe er weiterredete – merklich leiser, deutlich gefasster diesmal, und ohne Kogorô dabei anzusehen, der neben ihm her schritt, und dem sein Unbehagen anzusehen war.

„Was Ran betrifft, ja, ich hab sie gesehen. Und ja, ich hab auch mit ihr geredet, sie wollte sich nicht abwimmeln lassen. Und nein, ich hab ihr nicht gesagt, wer mir erzählt hat, dass sie tot ist.“

Er stieß die Tür zum Parkplatz auf, heftiger, als es nötig gewesen wäre.

„Nicht, dass ich Ihnen Rechenschaft schuldig wäre – aber seien Sie ganz beruhigt. Ich hab sie weggeschickt und… werde mich auch weiterhin von ihr fernhalten.“

Der beißende Zynismus war deutlich zu hören, selbst für Jenna, die keins der Worte verstand, das ihr Partner sprach.

Shinichi hingegen blinzelte unwillig in die Sonne, die London in strahlende Helligkeit tauchte. Er griff sich an die Stirn, als ein unangenehmes Pochen einsetzte, ihm das klare Denken noch schwerer machte, als es ihm dank Kogorôs Anwesenheit ohnehin schon fiel.

„Und was das betrifft – ich sagte es Ihrer Frau gestern schon, die es für nötig hielt, mich anzurufen, nachdem Ran sich bei ihr über - wer hätte es gedacht: mich - ausgeheult hatte; ich werde ihr auch weiterhin nicht sagen, warum ich wirklich gegangen bin. Wer mich dazu brachte.“

Kogorô starrte ihn an, wie vom Donner gerührt.

„Warum nicht? Sie…“

„Weil ich nicht mit ihr zusammen sein kann, weil sie immer noch da sind… nicht viele, aber… es reicht ja eigentlich schon einer.“

Er schluckte, fuhr sich müde über die Augen, merkte, wie sich in ihm etwas rührte, bei dem Gedanken, niemals… niemals mit ihr sein Leben verbringen zu können.

Niemals.

Weil er immer noch eine Gefahr war, für sie.

Unwillig zerbiss er sich die Unterlippe, schüttelte harsch den Kopf, um sich zur Raison zu bringen. Er starrte stur auf den Boden, als er sprach.

„Und sie braucht aber eine Familie. Eine, von der sie sich möglichst nicht betrogen fühlt.“

Er schluckte den bitteren Geschmack runter, der ihm auf der Zunge lag.

„Die sie nicht mehr haben wird, wenn sie weiß, dass Sie es waren, der…“

Er brach ab, drehte er sich um, schritt zügig los, ohne sich noch einmal umzuwenden. Jenna warf Heiji einen fragenden Blick zu.

„They know each other?“

Heiji seufzte, rammte seine Hände in seine Hosentaschen.

„Yeah. Pretty good.“

Er warf ihr einen kurzen Blick zu, musterte dann Kogorô, der auf seiner Zunge zu kauen schien.

„This is her father. The very man who told your partner, that his girlfriend has died in his arms, and that this was his own fault.“

Jenna ächzte, merkte, wie etwas in ihr zu brodeln anfangen wollte, Wut, die aus Sympathie zu ihrem Partner hochkochte. Sie war von einer Minute auf die andere blass geworden.

„We should let them handle this alone, Miss Watson.“

Heiji war ihr Blick nicht entgangen.

„That’s only their business – and Ran’s, if necessary.“

Damit winkte er sie mit sich, folgte Shinichi und Kogorô, die das Gebäude bereits verließen.
 

Kogorô ging schweigend neben Shinichi zum Auto. In ihm meldete sich etwas, und er brauchte ein paar Augenblicke, um es einordnen zu können, ehe er erkannte, was es

war.

Sein schlechtes Gewissen.

Reue.
 

Er sah Shinichi an, musterte ihn eingehend. Hochgewachsen, schlank, gut gekleidet.
 

Sicher das, was man als attraktiven Kerl bezeichnen würde. Als Frau, zumindest.

Heißt man Ran Môri, auf jeden Fall.
 

Kogorô seufzte – dann studierte er das Bild, das sich ihm bot, genauer.

Der wache, intelligente Blick seiner klaren, blauen Augen war ihm sofort aufgefallen. Das war es, was ihm an Shinichi – und auch an Conan – immer und sofort ins Auge gestochen war.

Der ungeheuer scharfe Verstand, der sich in diesen Augen spiegelte – und das Nacktsein, das man verspürte, ruhten sie zu lange auf einem.

Shinichi war der ideale Ermittler – er hatte die Kombinationsgabe dafür, war hartnäckig, konnte genauestens beobachten und zwang jeden Verdächtigen in die Knie, schaute er ihn nur lange genug mit diesen Röntgenaugen an – und stellte er ihm die richtigen Fragen, mit genau der richtigen Portion Schärfe und Eindringlichkeit in seiner Stimme.
 

Und doch waren es diese Augen, die den Unterschied zwischen heute und vor fünf Jahren am deutlichsten machen – dunkler, irgendwie. Nicht matter oder lebloser, aber…
 

Sie scheinen, als hätten sie sich durch das, was sie sehen mussten, verfärbt.

Irgendwo hinterlassen wohl auch an dir die Schrecken, die du siehst und erlebst, ihre Spuren.
 

Abgesehen davon war sein Teint auffallend blass, verriet dem geschulten Polizisten (und Ehemann und Vater einer Tochter), dass er nur mit Mühe unterdrückte, wie es in ihm brodelte.

Wie wütend er wirklich war.
 

Wie sehr er mich hasst, für das, was ich ihm angetan habe. Ihm und Ran.
 

Kogorô hatte eine ziemlich gute Ahnung, was ihm der junge Superintendent gerne an den Kopf geworfen hätte – und genauso ahnte er auch, dass nicht eine Silbe über seine Lippen kommen würde, solange sie in der Arbeit waren.

Das hier war sein Job.

Den er offenbar exzellent machte, so wie er in seinem Leben niemals halbe Sachen gemacht hatte.
 

Nicht umsonst bist du in deinem Alter da, wo du jetzt bist… Superintendent beim Yard.
 

Vor seinem Auto blieb er stehen.

„Well.“

Er wartete, bis Jenna und Heiji herangekommen waren.

„We meet with Erin’s fiancée at one p.m. Besides, there is the checkup in that fashion school and the UAL. As you have been there yesterday, Jenna, I want you to go there with Heiji, you are already accustomed to that place. Here is the search warrant for the ateliers.“

Er zog eine Akte aus seiner Umhängetasche, händigte das Dokument aus.

„Kogorô und me will visit Erin’s former future husband…“, er schluckte, „…and ask him our questions. We meet again after this. Please be careful and watch out for everything. You knew what matters to us, and please try to find that Eddie and his girlfriend – we do know nothing for sure, but perhaps this is worth a second look.“
 

Jenna schaute ihren Partner unbehaglich an – Heiji sprach aus, was sie dachte.

„Und das hältste für ne gute Idee?“

Shinichi lächelte bitter, vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen und studierte seine Schuhspitzen, ehe er aufblickte.

„Nein.“

Er schüttelte den Kopf, atmete seufzend aus.

„Durchaus nicht. Aber welche Wahl haben wir? Beides muss heute erledigt werden, in jedem Team muss ein Beamter von Scotland Yard sein, und Jenna kennt dich bereits.“ Damit wandte er sich zu seiner rotgelockten Kollegin, lächelte ihr aufmunternd zu.

„Jenna, you’ve got to take your car, I need mine for myself.“

Die junge Frau nickte kurz.

„Okay, Sir. Good luck!“

Damit drehte sie sich um, vergewisserte sich, dass Heiji ihr folgte, der lange immer wieder über seine Schulter zu seinem Freund blickte.

Kogorô stand neben ihm, blickte den beiden nach, sah Shinichi nicht an, als er sprach.

„Und wo fahren wir hin?“

Shinichi sperrte den Wagen mit einem kurzen Drücken der Fernbedienung am Schlüssel auf.

„Nach Watford, unseren Mann befragen. Steigen Sie ein.“
 

Die Fahrt nach Watford, wo der junge Mann namens Cedric Bakersfield wohnte, dauerte eine gute halbe Stunde – und sie verlief in völligem Schweigen. Shinichi fuhr hochkonzentriert, ließ sich durch nichts ablenken – und Kogorô zog es vor, aus dem Fenster zu schauen, um seinen Fahrer nicht zu irritieren.

Und während vor seinen Augen die Straßen Londons, die an ihm vorbeizogen, langsam weniger hektisch wurden, die Häuser langsam kleiner und die Gärten drumherum größer wurden, kam er dennoch nicht umhin, aus den Augenwinkeln immer wieder zu ihm zu spähen. Er fühlte, wie sein Gewissen ihn piesackte mit tausendundeiner weißglühenden Nadel.

Auch wenn Shinichi nicht eine einzige Silbe gesagt hatte – noch nicht – so ahnte er, dass es irgendwann passieren würde.

Irgendwann kam das Gespräch zwischen ihnen beiden.

Würden die Anschuldigungen kommen.

Bestimmt.
 

Nur den Zeitpunkt… bestimmte wohl der junge Superintendent neben ihm allein.
 

Cedric Bakersfield wohnte in einem kleinen Reihenhaus, besaß das Eckgrundstück – ein hübsches kleines Häuschen, mit einem Vorgarten, der gepflegt war wie ein Schmuckkästchen.

Das Hobby der Hausherrin, schätzte Shinichi – ein sorgsam gekiester Weg führte zur Tür, belegt mit großen Granitplatten, daneben zwei Blumenrabatte, in denen in schwarz gemulchten Beeten rote Rosen wucherten, eingerahmt mit weißen, roh behauenen Marmorsteinen – das ganze eingebettet in einem samtig-saftigen, grünen Rasenteppich und gekrönt von dem alabasterweißen Standbild einer Katze, die auf der ersten Stufe zur Tür hockte. Im Fenster darüber starrte ihnen eine echte Katze entgegen, schwarz wie die Nacht mit Bernsteinaugen, miaute ihnen lautlos entgegen, zeigte dabei ihren roten Rachen und ihre weißen, spitzen Zähne.

Shinichi schritt, immer noch stumm, voran, stieg die eine Stufe hoch, kramte seine Marke heraus, bevor er klingelte – und merkte, wie in ihm das Unbehagen wuchs. Kogorô blieb einen Schritt hinter ihm stehen.

Shinichis Finger berührte kaum den Klingelknopf, als die schwere Holztür auch schon aufschwang.

Offenbar wurden sie erwartet.
 

Allerdings, so stellte sich heraus, als sie drinnen um einen kleinen Tisch gruppiert saßen, hatte nicht Cedric ihnen geöffnet, sondern dessen Mutter. Mary-Ann Bakersfield, eine kleine, äußerst zierliche Frau in ihren Endfünfzigern, bot ihnen Earl Grey mit Zitrone und Shortbread an und fing ungefragt an zu reden, noch ehe Shinichi eine Frage stellen konnte.
 

„Ceddie is devastated.“, meinte sie, als sie sich schließlich zu ihnen setzte, nachdem sie das übrige Geplänkel über das Wetter, die Royals, das Wetter, die Rosen, das Wetter, den neuen Premier und das Wetter endlich abgeschlossen hatten.

Shinichi hatte gerade zu einer Frage ansetzen wollen, als sie nun von selber auf das Thema kam. Kogorô seufzte lautlos, stopfte den fünften Shortbreadfinger in sich hinein, wobei ihm langsam der buttrige Geschmack leichte Übelkeit verursachte, und versuchte, den zunehmend genervten Gesichtsausdruck von seinen Zügen zu vertreiben, sowie milde interessiert und leicht anteilnahmsvoll auszusehen. Er verstand nicht viel, aber ein paar Namen kamen ihm immerhin aus der Presse ein wenig bekannt vor.
 

Na endlich. Ich dachte schon, sie hört nie auf über Herzogin wieheißtsiedochgleich zu schwadronieren.
 

„Absolutely devastated. They wanted to marry, you know. Next weekend.“

Shinichis Schultern strafften sich unwillkürlich – aber noch sagte er nichts.

„She already got her wedding dress from the shop. Her mother showed it to us yesterday. We are thinking about burying her wearing it. We are not decided yet, of course. It’s too… it’s just too…”

Die alte Frau schaute Shinichi ins Gesicht. Eine Träne begann, ihre Wange runterzulaufen.

Shinichi schluckte hart, griff in seine Sakkotasche, zog eine Packung Taschentücher hervor, reichte ihr eines, drückte dann kurz ihre Hand, während sie versuchte, ihre Tränen zu trocknen. Ihre Lippen zitterten, etwas, das sie versuchte zu verstecken, indem sie sie fest aufeinanderpresste.
 

„I am very sorry, Mrs. Bakersfield.“
 

Shinichis Stimme klang leise. Kogorô stutzte – er hatte das echte Bedauern in seiner Stimme sehr wohl gehört.

„If you don’t mind, we’d like to talk to Cedric now. I promise, we’ll be very tactful. We only have a few questions.”

Mary-Ann Bakersfield fixierte ihn mit ihren wässrigen Augen.

Lange schaute sie ihn einfach nur an, ihre Miene unbewegt.
 

Gerade als Kogorô sich fragte, wie lange Shinichi noch warten wollte, nickte die Frau, kaum wahrnehmbar. Sie schlug die Augen nieder, schaute kurz gedankenversunken in ihren mittlerweile lauwarmen Tee.
 

„I guess, you must do this.“

Die Worte klangen rau, leicht kratzig.

„And I know, that you just want to help us. You want to find Erin’s murderer. We want him to be found, too… so it seems, we have to help each other.“
 

Shinichi nickte.

„That is true.“

„Then go and talk to him. But please, really behave as tactful as you can, just as you have promised… as he is not himself, at the moment. Please don’t mind, if he …“
 

Sie hielt inne, als sie das traurige Lächeln auf Shinichis Lippen bemerkte.

Und dann geschah etwas, das er nicht hatte vorhersehen können.
 

„Oh. Did you also… lose somebody beloved…?“
 

Shinichi starrte sie an, kurz zeigte sein Gesicht einen erschrockenen Ausdruck. Kogorô zog die Augenbrauen hoch.

“No.”, presste er schließlich hervor.

„Fortunately not.“
 

Sie schaute ihn an, sagte nichts mehr. Er ahnte, dass sie sich ihren Teil dachte, und war im Moment mehr als froh, dass Kogorôs Englisch so dermaßen dürftig war.

Er kippte das Tröpfchen Tee, das noch in seiner Tasse schwappte, runter, stand auf.

„Last door, on the right hand side.“
 

Der junge Superintendent nickte kurz, bedeutete dann Kogorô, der die Unterhaltung schweigend verfolgt hatte, mit ihm zu kommen.
 

Cedric Bakersfield lag rücklings ausgestreckt auf seinem Bett, als sie eintraten. Er schien von ihnen keine Notiz zu nehmen; sein Blick war ausdruckslos an die Zimmerdecke gerichtet, wo das Modell eines Doppeldeckerflugzeugs der Gebrüder Wright hing. Das Zimmer sah aus, als hätte man sie etwa zehn Jahre in der Zeit zurückgeworfen – eine Wand mit einer hellblauen Tapete, auf der das Sonnensystem abgebildet war, komplett mit den Sternbildern der westlichen Hemisphäre, großzügig überpflastert mit Postern von Rockstars und Autorennfahrern, deren Zeit gekommen und längst wieder gegangen war; ein weiterer Modellflieger, der auf dem Schrank zwischengelandet war und dort einer Horde arg angestaubter Dinosaurier Gesellschaft leistete. In einer Vitrine standen Automodelle, daneben Bilderrahmen, in denen Urkunden und Zeugnisse gerahmt waren, ein paar Pokale und Medaillen, die von seiner Fußballkarriere in seiner Schulzeit kündeten. Regale voller Ordner und medizinischer Fachliteratur, definitiv die jüngsten Objekte in diesem Zimmer, sowie ein Schreibtisch, über dem eine Pinnwand hing und auf dem ein Laptop stand, daneben verstreut Stifte und ein Notizblock.
 

Dies war ganz offensichtlich Cedrics ehemaliges Kinderzimmer.
 

All das hatte Shinichi in sich aufgenommen, als er in das Zimmer getreten war, nachdem auf sein Klopfen kein „Come in!“ gefolgt war.
 

Hängen blieb sein Blick jedoch an etwas anderem.
 

Auf dem Boden vor dem Bett lag ein Foto, gerahmt.

Ein Pärchen in einer Gondel des London Eye.

Er sah gut aus – Haare blond und kräftig wie Stroh, kurz geschnitten und verwegen frisiert, dazu sanfte, braune Augen die in der Sonne bernsteinfarben schienen. Markante Gesichtszüge, ein breites Kinn, ein ebenso breites, glückliches Grinsen – und in seinem Arm Erin, diese Elfe mit ihren hellen, graublauen Augen, den hohen Wangenknochen, dem fröhlichen Lächeln und den kinnlang geschnittenen, rotblonden Haaren.
 

Ein Foto aus glücklichen Tagen.
 

Sie beide hielten ein Champagnerglas hoch, in ihrem schwamm deutlich ein kleines, rundes, funkelndes Schmuckstück – offenbar ihr Verlobungsring.
 

Shinichi schloss die Augen, merkte, wie sein Puls zu rasen begann. Er atmete scharf die Luft ein, hielt sie an, zählte leise bis zehn, versuchte, seinen Kopf wieder klar zu kriegen, indem er sich auf den Rhythmus seines Atems konzentrierte. Kogorô schaute ihn an – und erst jetzt begriff er.
 

Wie nah ist das hier dran an… deiner Situation vor fünf Jahren…?
 

Shinichi stieg über die leeren Bierdosen, die unzähligen vollgerotzten Taschentücher und die Flaschen hinweg, die den Boden übersäten, bis er am Bett angekommen war. Die Luft war geschwängert vom Gestank des Alkohols und dem Geruch eines Menschen, der eben jenen konsumiert hatte. Er ging um das Bett herum, zog den Rollladen hoch, legte damit das ganze Elend, das das schmeichelhafte Dämmerlicht, in dem das Zimmer bis jetzt gelegen hatte, versteckt hatte, offen und öffnete das Fenster – und diese Handlung war es schließlich, die den bisher reglosen Bewohner dieses Zimmers aufschrecken ließ.
 

„What the…“, begann er mit schwerer Zunge zu sprechen, als er inne hielt und dem jungen Mann mit den Augen folgte.

Shinichi hatte das Foto aufgehoben, blickte es mit undefinierbarer Miene an. Sorgsam klappte er dann den Standfuß aus dem Rahmen, stellte das Bild auf dem Nachtkästchen ab, sich des Blickes, mit dem ihn Cedric bedachte, wohl bewusst.

Dann zog er seine Marke aus seinem Sakko, klappte sie auf, hielt sie dem Mann, der sich mittlerweile auf seine Ellenbogen hochgestemmt hatte, vor die Nase. Von dem jungen, erfolgreich aussehenden Mann auf dem Bild war nichts mehr geblieben. Fahle, blasse Haut, eingefallene Wangen, dunkle Schatten unter seinen Augen, die ihnen sämtlichen Glanz zu rauben schienen, das Haar wirr und strohig.

Der junge Kerl war nicht einmal mehr ein Schatten seiner selbst.
 

Und für diese Veränderung reicht diese eine Nachricht, dass einem das Liebste auf der Welt gewaltsam genommen wurde.
 

„Detective Superintendent Shinichi Kudô, Scotland Yard. We have a few questions concerning your fiancée, Erin Shaughnessy, Mr. Bakersfield.”
 

Kogorô schluckte, schaute den jungen Detective an. Shinichi hatte sich bemerkenswert gut im Griff – dennoch entging ihm die Anspannung im Körper des jungen Mannes nicht. Er kannte Shinichi gut genug, um zu wissen, wann ihn eine Situation mehr angriff, als er es wollte – er hatte ihn beobachten können, jahrelang.

Er kannte den Mann, der vor ihm stand, fast genauso gut wie er seine Tochter kannte.

Und er wusste, dies her war eine solche Situation.

Definitiv.
 

Cedric Bakersfield hingegen hatte der Name seiner Geliebten wieder zurück ins Bett geschlagen.

Er starrte die Decke an, sein Blick leicht neblig und unfokussiert.

„She’s dead.“, raunte er heiser.

„That’s right.“

Der junge Beamte schluckte, ließ seinen Blick über die Anzahl der Dosen streifen.

Irgendetwas war sonderbar hier, und irgendetwas beunruhigte ihn. Er wusste nur noch nicht, was.

„She was murdered, as you might know. We are here to ask you some questions. Could you perhaps tell us about the last time you saw her? Has she told you something about that job with these dresses?“

Er zog ein Bild heraus.

„She was found wearing this one. Has she…“
 

„Doesn’t interest me…“, murrte der junge Mann. Er verzog das Gesicht, krallte seine Hände in seine Bettdecke.

„She’s dead. Dead! Murdered. And nobody’ll bring her back to me. Nobody, nobody, fucking nobody… What the hell do you want here, you can’t bring her back to me, too, ‘cause such a goddamned bastard has…”

Shinichi schluckte hart.

„Right. But we are able to stop this bastard, as you call him…“

„Stop doing what? Committing new crimes, killing another young woman? Ha!“

Er richtete sich etwas auf, schaute Shinichi wütend und mitleidig zugleich an.

„You poor freak. You really believe you can do anything… who knows, perhaps you can, perhaps you can’t. It just doesn’t interest me. My Erin is gone. My Erin. My…“

Kraftlos fiel er zurück in die Kissen, seine Augen wurden matt.

Shinichi wandte sich alarmiert um – Kogorô wusste sofort, was er meinte. Hektisch begann er, den Boden abzusuchen, während Shinichi zum Bett trat.

„What substance did you swallow, Cedric…?“

„What is left, what is it, that this live could give me, now, that my Erin is dead…“, gurgelte der Angesprochene heiser, als Shinichi ihn an den Schultern griff, nach vorne zog und sein Kopf dabei nach hinten kippte.

„I don’t want this anymore… we wanted to marry, we planned kids… She had this beautiful dress already… and now…“

Er fing an zu husten, als Shinichi ihn weiter nach vorne beugte, ihn zwang sich aufzusetzen. Und gerade als Kogorô die Pillenschachtel aus dem Mülleimer zog, hörte er ein Würgen – dann das spritzende Geräusch von Erbrochenem auf Teppichboden.

Als ihm der Geruch in die Nase stieg, kämpfte er selbst mit der Übelkeit, schaffte es aber immerhin noch, zum Fenster zu gehen und es ganz zu öffnen, riss beide Flügel weit auf. Shinichi seinerseits stand neben Cedric, hielt den Mann an der Schulter fest, damit er nicht von der Bettkante stürzte, als er sich übergab.

Er schluchzte hemmungslos, hustete, spuckte und verschluckte sich immer wieder, was ihn nur noch weiter zum Würgen brachte. Shinichi redete leise und auf Englisch auf den Mann ein, schaute dann zu Kogorô, der am Fenster stand.

„Fragen Sie seine Mutter, ob sie etwas zu trinken hat für ihn. Ich ruf den Krankenwagen. Was war in der Schachtel?“

„Schlaf… Schlaftabletten.“, murmelte Kogorô. Er konnte den Blick kaum von dem jungen Mann abwenden, der mittlerweile seinen Kopf in seine Hände gestützt hatte, trocken hustete und weinte.

„We need a glass of water. Können Sie sich das merken?”

Shinichis erstaunlich sachliche Stimme riss ihn aus seiner Starre. Er nickte.

„Klar.“
 

Anscheinend hatte er die Botschaft überbringen können – fast im nächsten Moment kam eine kalkweiße Mrs Bakersfield mit einem Glas Wasser ins Zimmer gestürzt, das sie ihrem Sohn in die Hand drückte und an die Lippen setzte, begann mit Engelszungen auf ihn einzureden, streichelte ihm übers Haar, knöpfte ihm das beschmutzte Hemd auf und zog es ihm aus. Shinichi hatte ihn mittlerweile auf die Fensterbank gesetzt, damit ihm vom Geruch seines eigenen Erbrochenen nicht noch einmal übel wurde. Er selbst hingegen telefonierte offenbar schon mit dem Krankenwagen, bemerkte Kogorô. Unsicher blieb er im Gang stehen, überließ es dem jungen Mann, mit der Mutter zu reden, mit Cedric noch einmal zu sprechen, und dann anschließend den Sanitätern die Situation zu erklären, sowie ihnen die Schachtel der Tabletten in die Hand zu drücken.

Und zog innerlich den Hut, als er sah, wie gefasst Shinichi mit all dem umging.
 

Er wollte sich umbringen, weil er ohne sie nicht mehr leben wollte.

Und du…

Du behältst die Nerven, lässt dich nicht aus der Ruhe bringen, wie…

Wie schaffst du das?

Wie wird man so… wie du?
 

Cedric ließ alles ohne Gegenwehr über sich ergehen. Ihm war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen und sämtlicher Glanz aus den Augen.

Stumm rannen ihm immer noch die Tränen über die Wangen, mit seinen Händen umklammerte er das Foto seiner Freundin, als man ihm in den Krankenwagen half.
 

Als der Krankenwagen abgefahren war und sie im Freien standen, schien der Schock ihn erst so richtig zu fassen zu kriegen.

Kälte kroch Shinichi in die Glieder, als er an die zerschlagene, gebrochene Gestalt dachte, die sie soeben in den Krankenwagen gehoben hatten.

Er ballte die Fäuste, kämpfte gegen die Erinnerung an, die sich ihm aufdrängen wollte – Bilder jener Nacht, der Film in seinem Kopf, der ihm zeigte, wie Ran gestorben war.

Und das schier übermächtige Gefühl der Tage danach, als ihm erst richtig klar wurde, was es für ihn bedeutete, sie nie wieder zu sehen.

Weil sie tot war.
 

Er schloss die Augen, versuchte durchzuatmen, die Bilder zurückzudrängen, in die Ecke zurückzuschieben aus der sie hervorgekrochen gekommen waren, sie wegzusperren.
 

Sie sind ohnehin falsch, Idiot. Sie lebt doch. Ran lebt! Du weißt das. Du hast sie gesehen.

Nimm dich zusammen, verdammt.

Gerade vor ihm.
 

Dennoch konnte er das Zittern kaum unterdrücken, das ihn schüttelte.

Kogorô neben ihm war blass geworden, blieb auf dem Gehsteig stehen.

„Shinichi…“

Der Angesprochene fuhr auf, wich der Hand aus, die Kogorô ihm auf die Schulter legen wollte.

„Danke, aber ich brauch ihr Mitleid nicht. Nicht mehr, heißt das.“

Shinichis Stimme klang nüchtern, als er die Beifahrertür öffnete, Kogorô bedeutete, einzusteigen. Seine Hände zitterten kaum mehr, als er den Motor anließ, und darauf war er fast stolz.
 

Kogorô hingegen war kalter Schweiß auf die Stirn getreten.

Und ihm wurde jetzt erst klar, was er beinahe angerichtet hätte, damals, vor fünf Jahren.

Er sah den jungen Mann neben sich an und brach fast in Panik aus.
 

Vor seinen Augen tauchte dieses eine Bild wieder auf – dieses eine Bild, das ihn hatte kaum schlafen lassen, in den ersten Wochen danach.
 

Das Bild von Shinichi, vom kalten Regen bis auf die Haut durchnässt, besudelt mit ihrem Blut, in seinen roten, glasigen Augen das pure Entsetzen, die nackte Angst, und sein Gesicht nass von seinen Tränen.
 

Und er hörte seine eigene Reaktion dazu – in dieses Bild der Verzweiflung, der Trauer, mischte sich seine Stimme, hart, unbarmherzig und voller Wut.
 

Was hast du ihr angetan?!

Sie ist tot, wegen dir!

Das hier ist deine Schuld!

Geh weg von meiner Tochter, hörst du! Lass sie los, fass sie bloß nicht wieder an!

Verschwinde!

Verschwinde, und lass dich nie wieder blicken!
 

Verschwinde!
 

Er hatte es vergessen. Verdrängt.

Damals schon.

Wollte ihn nicht sehen in seinen Träumen, wollte sich nicht vorwerfen, dass er ihn in sein Verderben getrieben hatte, dass er ihn niedergetreten hatte, als er seine Hilfe gebraucht hätte.

Es war ihm egal gewesen, wie es Shinichi ging, alles was gezählt hatte, war seine Tochter, die um ihr Leben kämpfte, das zumindest hatte er sich eingeredet. Shinichi war selbst Schuld an seinem Elend, nicht er.

Dass Shinichi es auch tat, um sein Leben, seinen Verstand, kämpfte, hatte ihn nicht interessiert.
 

Shinichi hatte ihn nicht interessiert.
 

Und nun hatte er sehen dürfen, wie es ihm vielleicht gegangen war.

Schuld wühlte in seinen Eingeweiden, schien sein Innerstes nach Außen stülpen zu wollen, und nur mit Mühe bekam er die Übelkeit, die in ihm aufsteigen wollte, in den Griff. Allein der Gedanke, wenn Ran je erfahren hätte, dass er sich etwas derartiges hätte antun könne, wegen seiner Lüge, das…
 

Eine Katastrophe.

Und er dankte Gott in diesen Minuten, dass er es nicht hatte bis zum Äußersten kommen lassen. Dass offenbar irgendjemand da gewesen war, um Shinichi beizustehen, ihn zu halten, ihm wieder aufzuhelfen.

Dass es jemanden gegeben hatte, der dazu in der Lage gewesen war.
 

Dann wandte er sich um, blickte Shinichi, der das Auto die Straße hinunterlenkte, lange an. Langsam krochen ihm die Worte über die Lippen, langsam und leise, aber dennoch… irgendetwas trieb ihn dazu an, sie auszusprechen. Er musste es wissen.

Wenn er sich mit seiner Tat endlich auseinandersetzten wollte, dann musste er auch diesen Aspekt kennen.

Dann musste er wissen, wie es Shinichi wirklich gegangen war.
 

„Shinichi?“
 

Shinichi blinzelte, wandte dann kurz den Kopf von der Straße, um Kogorô einen Blick aus den Augenwinkeln zuwerfen zu können.
 

„Shinichi, wie hast du… damals, als… hast du…“ Der Rest seines ohnehin konfusen Satzes ging in unbestimmten Gurgeln unter, als der Mut ihn verließ.
 

Shinichi stöhnte innerlich auf.

„Was?“, hakte er dann ein. Seine Stimme übertönte kaum das Geräusch des Motors.

Er wusste genau, worüber Kogorô nun offenbar reden wollte – aber wenn er dieses Gespräch führen wollte, dann sollte er das ordentlich tun und die Dinge beim Namen nennen, so sehr er sich vor ihnen auch fürchtete.

Ein lautes Aufstöhnen signalisierte ihm, das seine Rechnung aufging.

„Das weißt du. Das gerade eben.“

Kogorô schluckte.

„Ich… kenne dich gut genug um zu wissen, dass dir das gerade eben nahegegangen ist, auch wenn ich zugeben muss, dass ich neidisch darauf bin, wie gut du dich im Griff hast…“

„Kommt mit der Zeit.“

Shinichi lächelte bitter. Kogorô überging den Kommentar.

„Ich kann nur mutmaßen, wie nahe das wirklich dran war an deiner Situation damals… und da…“

„Denken Sie sich, um Ihr Gewissen zu erleichtern, fragen Sie mich, ob ich mich umbringen wollte, wie der arme Teufel gerade eben.“

Shinichi starrte ihn an, die Wut noch immer in seinem Blick, allerdings riss er sich zusammen.

„Meine Antwort? Es geht Sie nichts an. Ich habe Sie damals nicht interessiert, und wahrscheinlich tu ich‘s heut noch nicht. Und nur, damit Sie nachts besser…“
 

Er setzte den Blinker, bog sachte um die Ecke, wollte die Auffahrt zur Autobahn nehmen.
 

„Shinichi…“

Kogorôs Stimme klang geschlagen.

„Ich weiß, das war nicht richtig…“
 

Shinichi trat scharf auf die Bremse, fuhr links ran. Zornig presste er seine Lippen aufeinander, atmete einmal tief ein.
 

„Nicht richtig.“, wiederholte er dann leise, schaute seinen Beifahrer dabei nicht an.

„Nicht richtig, das ist alles, was Ihnen einfällt? Sie haben mir verdammt nochmal mein Leben zur Hölle gemacht. Und nicht nur meins. Auch das meiner Eltern. Und jetzt erdreisten Sie sich…“
 

Er schloss die Augen – dann öffnete er die Tür, stieg aus, trat in das Feld neben der Auffahrt, versuchte, die frische Luft wirken zu lassen, mit ihrer Hilfe seine Fassung wieder zu erlangen, die Kontrolle über sich und seine Emotionen zurückzuerlangen. Er wollte dieses Gespräch nicht führen und er wollte sich von Kogorô nicht in diese Ecke seines Kopfes drängen lassen, all die Türen öffnen, hinter denen er die Erinnerungen an diese Zeit so sorgsam verschlossen hatte.

Er wollte nicht.

Dann hörte er die Beifahrertür zufallen und ahnte, dass dieser fromme Wunsch umsonst war.
 

„Ja. Verdammt, du hast ja Recht.“, hörte er Kogorôs aufgebrachte Stimme auf sich zukommen.

„Ich gebe zu, die ersten Wochen konnte ich nicht so wirklich gut schlafen, aber meinen Entschluss, dir die Unwahrheit zu sagen, habe ich nicht angezweifelt. Ich war wütend. Du… wegen dir ist meine Tochter fast gestorben!“

Kogorôs Worte hämmerten sich in sein Ohr. Shinichi vergrub seine Hände in seinen Hosentaschen, hatte die Schultern hochgezogen, der Wind blies ihm kühl ins Gesicht, während hinter ihnen die Autos vorbeirauschten.
 

„Verdammt, denken Sie, das weiß ich nicht?! Wenn ich Sie erinnern darf: ich war dabei! Ich. War. DABEI! Verdammt!“
 

Der Wind riss ihm die Worte von den Lippen. Er hatte sich Kogorô zugewandt, seine Augen funkelnd vor Zorn.

„Und ich sehe auch den Grund, warum Sie mich angelogen haben, ich bin doch nicht blöd, verdammt, und das wissen Sie auch. Sie wollten Ihre Tochter beschützen. Mich aber jetzt zu fragen, wie ich damit zurechtgekommen bin, ist…!“

„Es tut mir Leid.“

Kogorô nuschelte die vier Wörter in seinen nicht vorhandenen Bart. Shinichi, der gerade ausholen wollte, um seinem gegenüber quer ins Gesicht zu schmettern, was er von ihm hielt, hielt inne.

„Ach. Jetzt auf einmal.“

Seine Stimme klang staubtrocken.

„Nur, weil Sie jetzt gesehen haben…“

„Ja.“

Der Polizist nickte.

„Ja, verdammt. Weil ich jetzt gesehen habe. Weil ich… weil ich weiß, dass ich es damals einfach nicht sehen wollte.“
 

Er schluckte hart.

„Ich weiß, warum ich dich angelogen habe. Ich hab‘s mir leicht gemacht, ich redete mir ein, du wärst selbst Schuld an deinem Elend. Du hattest dich mit diesen Leuten angelegt, und du hattest auf sie nicht besser aufgepasst, du hattest dir das also selber eingebrockt.“

Shinichi schnappte nach Luft, starrte ihn fassungslos an.

„Ja, so einfach hab ich es mir gemacht. Versucht, zumindest, und es klappte die meiste Zeit ganz gut.“

Kogoro murmelte die Worte leise, schaute auf den Boden, weil er den Blick aus seinen Augen nicht ertrug.

„Aber ich habe jetzt gesehen, dass ich fast… dass auch ich fast einen Menschen auf dem Gewissen hätte haben können. Deshalb…“
 

Er rieb sich übers Gesicht.

„Für einen Moment sah ich… ich…“
 

Shinichi biss sich auf die Lippen, wandte den Blick ab, ließ ihn über die Felder schweifen, schluckte hart.
 

„Ich muss es wissen. Hast du… daran gedacht, dir… Wäre ich fast…“
 

Der junge Detektiv strich sich über den Hals mit einer Hand, als er merkte, wie sich ein Kloß zu bilden schien. Langsam ließ er sich gegen das Auto sinken, spürte das kalte Metall der Karosserie im Rücken.

„Warum…“, murmelte er leise.

„Weil ich meinen Fehler einsehe, Shinichi. Zu spät, ich weiß. Aber ich sehe ihn ein! Und ich wollte nie, dass du… ich dachte gar nicht daran, dass du…

Ich dachte nur an Ran. Ich wollte sie in Sicherheit, und das war sie ohne dich.“

„Da haben Sie Recht.“

Kogorô fuhr herum, als hätte er sich verhört.

Shinichi bemerkte den überraschten Blick auf seinem Gesicht, merkte, wie sich seine Mundwinkel zu einem traurigen Lächeln verzogen.

„Deshalb habe ich sie auch weggeschickt gestern. Deshalb wäre ich auch damals gegangen… ich hätte ihr gern den Grund dafür genannt, und ich hätte zweifellos gern die letzten Jahre nicht in dem Wissen verbracht, dass sie tot ist.“

Sein Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals, und der Wunsch, Rans Stimme zu hören, jetzt gleich, war fast übermächtig.

„Aber ich hätte sie immer weggeschickt.“
 

Er riss sich zusammen, ließ sich ins Gras sinken.
 

Auch für mich gibt es kein Happy End in dieser Geschichte… ich weiß das. Aber wann… wann finde ich mich damit ab?

Gerade jetzt.

Jetzt, wo ich weiß, dass sie lebt.
 

Kogorô nahm neben ihm Platz. Shinichi holte Luft, schob seine Gedanken beiseite, setzte neu an.
 

„Auf jeden Fall wäre ich gegangen. Ich wollte sie nicht in Gefahr bringen. Das wollte ich nie. Ich… hab immer alles getan, was ich konnte, um sie zu schützen. Um sie da raus zu halten. Ich hab sie angelogen, nur deswegen. Damit sie in Sicherheit ist. Und dann…“

Er biss sich kurz auf die Lippen.
 

„Dann hatten sie mich, und verhörten mich, und wie sie so über mich forschten, bekamen sie auch…“

Er schluckte, blinzelte. Er wollte unbedingt vermeiden, Kogorô von dieser Droge zu erzählen.

„… raus, wer sie war. Wer Ran war. Und wo alles andere versagt hatte, wussten sie nun, was funktionieren würde, um mich kleinzukriegen, mich zum Reden zu bringen. Mit welchem… Mittel man mir wirklich beikam.“

Er brach ab. Kogorô schluckte, schaute ihn abwartend an.
 

„Sie fanden es wohl über Shiho raus, wer ich bin, meine ich. Wer Conan war. Ich meine, es ist… dumm gelaufen, damals. Die Sache mit dem Ausflug, die Tatsache, dass die Kinder sie als Erwachsene gesehen hatten, und dass Sie sie suchen sollten – mit diesem Video.“
 

Kogorô nickte langsam. Er erinnerte sich an dieses Filmchen, sah es beinahe vor seinem inneren Auge flimmern.
 

„Bitte, liebe Dame, melden Sie sich bei uns! Wir würden Ihnen gerne danken…“
 

Der Chor der Detective Boys hallte ihnen wie ein Richterspruch in den Ohren.
 

„Sie schickten Shiho eine Drohung und mir eine Warnung. Und ich wusste, dass ich nun handeln musste. Der Bell Tree Express war nur der Anfang gewesen, das war mir klar. Also brauchte ich einen Plan.“

Kogorô betrachtete ihn wortlos. Shinichi wich seinem Blick aus, schüttelte stur den Kopf.

„Ich…“, fing er an.

„Ich war ein relativ kleiner Fisch in ihren Augen, bis dahin. Richtig interessant war immer schon Shiho gewesen, als Ex-Mitglied und Chemikerin der Organisation, und sie war eine Verräterin; sie hatte das Gift erfunden, das mich in diese Lage gebracht hatte. Und hätte es funktioniert, wie es hätte funktionieren sollen, dann säßen wir jetzt ohnehin nicht hier. Dann läge ich jetzt in einem Loch auf dem Tokioter Zentralfriedhof, würde mir Blümchen von unten ansehen und alles wäre in bester Ordnung.“

Shinichis Lippen kräuselten sich zu einem bitteren Lächeln – seine Augen blickten ernst auf die trockenen Grashalme vor ihm. Hinter sich hörte er nichts außer dem leisen, regelmäßigen Klicken der Warnblinklichtanlage. Kogorô sagte nichts, holte nur eine Zigarette aus seiner Sakkotasche, steckte sie an und nahm einen Zug.
 

„Da ich Shiho auf keinen Fall als Köder benutzen wollte, musste ich aus mir einen größeren Fisch machen. Einen, der so groß war, dass man ihn lebend fängt, um ihn zuerst ein wenig im Aquarium schwimmen zu lassen und anzuschauen, bevor man ihn schlachtet, ausnimmt und verspeist.“

Kogorôs Augen wurden groß.

Er hatte von der Email gehört – gesehen oder gelesen hatte er sie nie.
 

Shinichi wandte den Kopf.
 

„Ich hab… den Professor darum gebeten, es aufzunehmen, wenn aus… Conan Shinichi wird. Wie das Gift wirkt. Man musste glauben, was ich sagte. Dass der berühmte Schülerdetektiv, der seit Jahren mehr oder minder verschwunden war, gerüchteweise sogar tot, noch lebte, mitten unter ihnen, als Grundschüler. Also nahm ich das Gegengift und ließ den Professor draufhalten.“

Er biss sich auf die Lippen.

„Irgendwie muss ich das auch noch wiedergutmachen…“

Mit einer fahrigen Bewegung fuhr er sich durch die Haare.

„Gut. Ich brachte also meine Mutter dazu, mit Ai und dem Professor nach Sapporo zu verschwinden, und Sie und Ran fuhren, wenn Sie sich erinnern, zur Preisverleihung eines Gewinnspiels, dessen Teilnahme Sie vergessen hatten, in ein Hotel außerhalb Tokios.“

Er überging Kogorôs überraschten Gesichtsausdruck, als ihm aufging, wer ihn tatsächlich ins Hotel eingeladen hatte, damals, vor fünf Jahren. Shinichi fuhr unbeirrt fort.

„Dann, nachdem ich… alle nötigen Vorbereitungen getroffen hatte, schrieb ich meinen Text, hängte mein Video in den Anhang und gab bekannt, dass ich die Emailadresse des Bosses hatte und, das war gelogen, seine Identität, und dass ich sie ausplaudern würde, wenn man außer mir noch jemand anderen holen würde. Ich schickte diese Mail einmal ans FBI, dann zur Polizei, und schließlich zur Organisation, zum Boss selbst.“

Shinichi biss sich auf die Lippen.

„Sie kamen noch am selben Tag.“
 

Kogorô stöhnte auf.

Shinichi schluckte hart.

„Leider… ging der Plan dann ein wenig schief, wie Sie ja wissen. Sie und Ran kamen früher wieder, weil Ran Wind davon bekommen hatte, dass ich in Tokio gewesen war und nun in Schwierigkeiten steckte. Das machten die sich zunutze. Und so kam es zu diesem Abend, überhaupt… sie lauerten uns auf, verletzten Ran schwer, sie erlitt einen Herzstillstand… und dann kamen Sie und haben mir fast einen Trommelfellschaden gebrüllt, zugegebenermaßen mein kleinstes Problem an diesem Abend. Nun also zu Ihrer Frage – wollte ich mir etwas antun…?“
 

Shinichi zupfte einen Grashalm, drehte ihn in seinen Fingern.
 

„Fassen wir mal zusammen. Sie haben einem neunzehnjährigen Teenager, dem man seit Tagen durch die Mangel gedreht hatte, und der gerade miterlebt hatte, wie seine Freundin stirbt, erzählt, dass eben jene tot ist – dass jede Rettung für sie zu spät war.“

Er atmete aus, langsam.

„Ich muss Ihnen nicht sagen, dass ich Ihnen ohne Wenn und Aber glaubte. Sie kannten mich, seit ich klein war, mit Ran noch im Sandkasten gespielt habe. Wir wurden größer, und Sie begannen, mich nicht mehr so zu mögen – wohl aus dem Beschützerinstinkt heraus, den jeder Vater gegenüber seiner Tochter zu haben pflegt. Ran war Ihr Ein und Alles, und das respektierte ich. Ich bin ihr nie zu nahe gekommen. Ich hätte mich nie getraut, sie war mir wichtig, sie kannte mich – sie kannte mich wirklich, jede Seite von mir, nicht nur den eingebildeten, arroganten Krimifreak, und sie war nicht nur wegen meiner Eltern mit mir befreundet. Sie war meine beste Freundin.“

Seine Stimme war leise geworden, sein Blick in die Ferne geschweift, ehe er sich wieder sammelte, Kogorô wieder fixierte.

„Dann wurde ich zu Conan und ich wohnte zwei Jahre bei Ihnen… und als Sie mir diese Lüge auftischten, wussten Sie all das. Sie wussten, dass ich Rans bester Freund war. Sie wussten, dass ich Rans… dass Ran in mich verliebt war, und dass… dass ich sie auch liebte. Und Sie kannten mich, weil ich zwei Jahre bei Ihnen gelebt habe, und abgesehen von der Riesenlüge, auf der das alles fußte, so dachte ich, und nennen Sie mich jetzt ruhig naiv, dass wir… irgendwie auskamen, miteinander. Ich dachte, vielleicht bessert sich unser Verhältnis, nachdem Sie mir wegen Conan den Kopf abgerissen hätten, selbstverständlich – aber immerhin kannten Sie mich jetzt gut, Sie kannten mein wahres Ich, ich dachte… das hilft.“

Kogorô schluckte hart, strich sich übers Gesicht.

Shinichi atmete schwer, kämpfte sichtlich mit sich.

„Dann passierte also diese Katastrophe. Ich konnte verstehen, dass Sie wütend waren. Dass Sie mich von Ran fernhalten wollen, weil ich es war, der sie in Gefahr gebracht hatte. Und hätten Sie mich gebeten, ich wäre gegangen. Ich wäre so oder so gegangen, ich war, verdammt nochmal, ein körperliches Wrack, nach der Behandlung, die man mir hatte angedeihen lassen, und ein Teenie, dessen Freundin grad fast umgebracht worden wäre wegen seiner eigenen Dummheit. Ich wollte mich so ohnehin keinem antun, und Ran nochmal in Gefahr bringen – nie im Leben. Niemals. Ich… Sie hätten mich also nicht anlügen müssen, eine Bitte hätte gereicht. Nicht einmal das wäre nötig gewesen.“

Er stand auf, blickte ihn von oben herab an, in seinen Augen pures Unverständnis.

„Ich war ihr Freund! Ich wollte nie, dass ihr was passiert, das müssen Sie doch gewusst haben! Sie kannten mich doch als Conan, ich hab immer auf sie aufgepasst, ich war immer da für sie, ich… und dann erzählen Sie mir, dass sie tot ist, und ich… ich…“

Er griff sich an die Stirn, blinzelte, als leiser Kopfschmerz sich bemerkbar machte. Kogorô starrte ihn bestürzt an. Shinichi sammelte sich.

„Ich hatte Ihnen also vertraut, es gab keinen Grund für mich, Ihnen nicht zu glauben. Ich hatte Sie doch auch kennengelernt in diesen zwei Jahren…“

Shinichi räusperte sich, schüttelte den Kopf.

„Ich hatte Ihnen geglaubt. Und auch wenn ich Sie dafür verabscheue, was Sie mir angetan haben, meine Eltern deswegen durchmachen mussten, indem sie mich irgendwie wieder auf die Beine bringen mussten, und das war ein hartes Stück Arbeit… so verstehe ich es. Sie hatten Angst um Ihre Tochter und wollten, dass ich sie nie wieder in Schwierigkeiten bringe. So ist das doch.“

Er schaute Kogorô an, fest. Kogorô nickte unmerklich.
 

„Also bekommen Sie von mir jetzt eine Antwort. Ja, ich dachte ans Sterben, anfangs. Ich hab mir oft gewünscht, einfach einzuschlafen, und nicht mehr aufzuwachen, und gleichzeitig hätte ich es als unfair empfunden, weil das doch ein so viel sanfterer Tod gewesen wäre als ihrer. Aber nein, an Selbstmord dachte ich nie. Und seien wir ehrlich, hätte ich es versucht, dann stünde ich nicht hier.“

Er lachte bitter.

„Ich bin schließlich kein Anfänger, und wenn ich etwas anfange, dann ziehe ich es durch. Aber ich… hab meine Eltern gesehen, die Sorge in ihren Augen, den Schmerz, den sie fühlten, weil sie mit mir litten. Ich wollte ihnen nicht das antun, was ich Ihnen angetan hatte. Ich wollte nicht noch jemandem sein einziges Kind nehmen.“

Shinichi schloss die Augen, atmete aus.

„Außerdem wollte ich nicht feige sein. Sah das Schicksal vor, dass ich leben sollte, gut, dann würde ich eben leben – aber auch nicht mehr als das. Abgesehen davon hatte ich diese Rechnung noch offen. Habe ich immer noch.“
 

Er wischte sich über die Augen, räusperte sich. Sorgsam zog er sein Sakko glatt, klopfte Grashalme und Dreck von seiner Hose, ehe er sich Kogorô erneut zuwandte.
 

„Jetzt beantworten Sie aber auch mir eine Frage.“

Kogorô zog sich am Auto hoch, streifte sich die Grassamen von der Hose.

„Was du willst.“

Er schaute den jungen Mann vor sich an. Shinichi biss sich kurz auf die Lippen, sah in die Sonne, überlegte kurz, ehe er seine nächsten Sätze formulierte.
 

„Ich verstehe, warum Sie mich belogen haben. Was ich nicht verstehe ist, warum Sie Ran belogen haben.“
 

Kogorô wich seinem Blick aus.

„Ich wollte, dass sie dich vergisst, dich nicht sucht. Ich wusste, wie sehr sie dich liebt, wie sehr sie an dir hängt, ich wollte… einfach sichergehen, dass sie nie wieder durch dich in Gefahr gerät.“

Shinichi blickte zu Boden, hatte die Hände in die Hosentaschen gerammt.
 

„Ich wäre doch aber gegangen, ohne ihr zu sagen, wohin.“

Er lächelte traurig.

„Ich hätte auch nicht gewollt, dass sie mir folgt. Aber ich… wollte nie, dass sie glauben muss, ich hätte sie einfach weggeworfen wie ein kleiner Junge sein kaputtes Spielzeug, einfach liegen gelassen, nachdem das Spiel zu Ende war. Sie war doch alles, was mich das überhaupt hat durchstehen lassen. Sie…“

Shinichi verstummte, atmete keuchend ein und aus, wurde nur mit Mühe Herr über seine Gefühle. Kogorô ächzte, schaute ihn an. Sah einen jungen Mann, der fünf Jahre durch die Hölle gegangen war. Wegen ihm.

Shinichi hob den Kopf, und ihre Blicke kreuzten sich. Jeglicher Vorwurf und jegliche Wut waren aus seiner Stimme gewichen, als er nun sprach.

„Sie kannten mich doch… fast besser als meine Eltern mich kannten, und deshalb verstand ich es nicht. Ich lag am Boden, und Sie…“

Er beendete seinen Satz nicht. Kogorô wusste dennoch, was er hatte sagen wollen.
 

… und ich hab nachgetreten, völlig grundlos.

Eri hatte Recht.

Ich hätte dich fast umgebracht. Und anstatt dir endlich Vergeltung zu holen, indem du sie mir auf Immer entreißt, verzichtest du darauf.
 

Auch wenn es dich auf ewig unglücklich macht.
 

„Aber gut.“

Er räusperte sich.

„Damit… ist dann wohl alles gesagt.“
 

Shinichi drehte sich wortlos um, wanderte um den Wagen herum. Kogorô hörte die Fahrertür auf- und wieder zuschlagen. Als er seinerseits einstieg, seine Bewegungen starr und hölzern, fühlte er sich seltsam leer.
 

Als sie zurückfuhren, sprach keiner von ihnen ein Wort.


 

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Ein heikles Teilchen, dieses Kapitel. Nun, ich hoffe, ich habe es geschafft, einigermaßen IC zu bleiben.

Über euer Feedback wäre ich sehr dankbar! Vielen, vielen herzlichen Dank auch für die Kommentare zum letzten Kapitel - ehrlich, das ist ungeheuer wichtig und wertvoll für mich - und es macht so viel mehr Spaß!

Nächstes Kapitel also nächste Woche, ab da dann wöchentlich weiter. Ich hoffe, der Rhythmus macht euch dann nicht doch zu viel Stress, aber ihr habt es euch so gewünscht ;)
 

Beste Grüße,

Eure Leira



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Kommentare zu diesem Kapitel (14)
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Von:  Leylis
2016-11-22T12:47:08+00:00 22.11.2016 13:47
Ahhhhhh, Kogorô ist da. Wahrscheinlich völlig hilflos in England mit all dem Englisch... XD

Und er kommt bisher zu gut weg... jemand möchte ihm bitte mal dringend die Meinung sagen... so richtig mein ich.
Heiji, warum denn nicht? War zwar mit Shinichi so abgesprochen, aber nicht mal ein kleiner Ausraster?
Vielleicht kommen ja die Kudôs nochmal zum Zug.

Shinichis Reaktion + Gespräch mit Kogorô finde ich dann aber wieder super stimmig und genauso hatte ichs auch erwartet... erhofft? vllt ein unpassendes Wort, aber das alles passt einfach soooo gut zu Shinichis Charakter und man liests doch gern, wenn er dem treu bleiben kann. =)
Von:  Reshin
2016-11-18T18:41:35+00:00 18.11.2016 19:41
Uff, das Kapitel war hart. Und echt viel, es wird mir immer zum Verhängnis wenn ich mir sage "ein Kapitel noch" ;)
Kogoro hat doch endlich eingesehen, was er angerichtet hat. Sehr gut. Ging trotzdem smoother als ich mir gedacht hätte.
Ich mochte Kogoro noch nie wirklich xD aber hier kommt er fast sympatisch rüber. Fast. Immerhin kann man in der Serie ja auch nicht in ihn reinschaun... das is beim lesen leichter ;)
Bin schon gespannt auf Heji und Jenna. Und auf das zweite Gespräch mit Ran, ich hoffe er kommt noch dazu.. außerdem bin ich jetzt bei Kapitel 18 und es gibt 48 OMG
Von:  Shelling__Ford
2016-01-20T11:33:12+00:00 20.01.2016 12:33
Hallöchen Leira,

also auf ein neues ^.^

*lach* Der Arme Shinichi, so will man ja auch nicht aus dem Schlaf gerissen werden >//<,
Aber er häts ja wisssen können *seufs* wenigstens hat Heiji ihn so vorwarnen können, obwohl ich finde das er noch mal recht glimpflich daovn gekommen ist.

Ganz Presse-like der Artikel find ich, haste wirklich ausgezeichnet hinbekommen! Schön reißerisch mit ein Paar fakten, und viel Spektulationen! Aber dennoch hab ich ein wenig aufgeatmet, denn es hätte ja wirklich schlimmer kömmen können als die Spekulationen über Shinichi und Ran und... Shinichi und SONOKO XD Gott ich stel mir die beiden grad wirklich vor *lach* er kann froh sein wen Makoto nicht runter kommt um sicher zu gehen das seiner Sonoko nichts passiert ^^, wenn ich da so an seine Kontrontation mit Kid denke würde das böse für unseren Detektiv ausgehen *lach*
Aber zurück zum Text *räusper*

Shinichis reaktion war natürlich auch sehr passend ^^, so konnte er seinen Chef auch gleich ein wenig mehr von seiner halben Lüge überzeugen, himmel Junge- wenn das alles raus kommt ist die Kacke aber wirklich am Dampfen *seufs* aber erst einmal hat er ihm es ja abgekauft, ne wirklich andere wahl hat er ja auch noch nicht, denn ohne seinen Holmes wird der fall nicht so schnell gelöst werden schätze ich.

Jedenfalls war unser Herr Detektiv nicht der einzige mit einer fast Schlaflosen Nacht- denn die gute Jenna hat ja auch einiges hinter hinter sich... bzw. schaut ihren Chef dann doch mit einem anderen Blick an heute Morgen. Ich finde man hat die Spannung die sich zwischen ihnen aufbaut da ganz gut gemerkt- wen die wüsste was da noch alles mit drin hängt XD ich glaube das wäre selbst für die Taffe Rothaarige Polizisten ne nummer zu viel. Das Heiji ihn da nen wenig verraten hat ist natürlich nicht nett... aber er weiß ja auch wie es ist wenn der Herr Kudo mal wieder einem etwas vorenthält, insovern finde ichs legitim das du es so machst und ihn ein wenig was erzählen lässt.

Wie immer fand ich die Englischen Parts in dieser Story merh als angenehm zu lesen. Man kommt so in Gedanken einfach besser in England an und es ist denoch alles flüssig zu lesen und es macht auch einfach Spaß ^.^
Vielen Dank also für den kleinen ausflug jedesmal...

Aber nu zum Kern dieses Kapitels, denn jetzt kommts ja nu wirklich Dicke...
Korgoro Mori, ausgerechne er *seufs*
Wenn Shinichi auf irgendwen hätte verzichten können dann auf ihn schätze ich mal.
Puh- bei der Reaktion der beiden hab ich echt die Luft angehalten! Ich mein Shinichi ist ja wirklich noch ruhig geblieben... man merkt das er eben nicht mehr 17 ist bzw. er hatte ja auch keine andere wahl... was will er auch tun, er kann Kogoro ja schlecht den hals umdrehen. Und dennoch war es heftig und absolut genial zu lesen!
Du hast auch die Spannung zwischen ihnen über die ganze Zeit sher gut halten können! War überaus spannend zu lesen, wie Korgor ihn da mustert und beobachtet, man hatte das Bild wirklich gut vor augen, wie er da sitzt und mit Gedanken mehr bei Shinichi ist ... vorallem dann wo er mit Cedrics Mutter redet, bzw. später dann ja auch... Himmel Mori war in der Situation ja wirklich fast nutzlos- ich meine das passt zu ihm! Und denoch steht man da ja als Leser irgendwie daneben und beobachtetd die ganze Sache und denkt sich das er mal langsam in die Pötte kommen muss um Shinichi zu helfen und das gröbste zu verhindern.

Natürlich eine sehr heftige Szene auch für uns als Leser, weil wir Shinichi ja so noch nicht gesehen haben, und wie Korgoro projezieren wir ihn aber in diesem Moment natürlich in das ganze Hinein. Ein klein wenig wird man also selbst in Kogoros Lage versetzt (die Schuldgefühle mal außeracht gelassen) hat mir wirklich außerordentlich gut gefallen und spricht wie bisher alles in dieser Story für dein großartiges Talent als Autor!!

Die "Ausprache" war ja schon bitter nötig danach... ich musst wirklich zwischendruch immer schlucken, weil - wenn Shinichi seine Eltern damals nicht gehabt hätte- und das jemand wie er überhaupt über sowas nachdenkt spricht eigentlich schon für sich...
Kogoro hat den Gedanken daran wie sehr Shinichi leidet die Jahre über wohl einfach ein wenig verdrängt. Aber mit dieser Schuld muss er jetzt leben, denn auch wenn Shinichi jetzt bescheid weiß nimmt das nicht die Jahrelange last von seinen Schultern nein... er hat allen Grund wütend auf Korgro zu sein. Erst recht nach Conan, ein finde ich sehr gutes Argument, schließlich kannte er ihn darduch ja auch sehr gut! Er hätte keinen Grund gehabt ihn anzulügen, bzw. in dem glauben zu lassen...

Das ist ne Suppe die Kogroro sich selbst eingebrockt hat, ob er die jemals ganz auslöffeln kann wage ich ja zu bezweifeln.

jedenfalls ein ausgesprochen gutes und auch aufschlussreiches Kapitel ^.^
Ich freu mich schon aufs näcchste ;)

Ganz liebe Grüße,
diene Shelling
Von:  nessie91
2015-09-27T20:37:25+00:00 27.09.2015 22:37
So tschuldige dass es diesmal etwas länger gedauert hat zu antworten. War die Woche sehr stressig auf Arbeit -.- Aber genug von mir. Zur Story: auch dieses Kapitel hat mich wieder von den Socken gehauen. Ich fand es wieder super emotional und packend. Der Artikel am Anfang war echt zum Schießen. So theatralisch und dramatisch - ich mochte ihn :-)
Aber nun der wichtigste Teil des Kapitels: das Zusammentreffen von Shinichi und Kogoro. Es hätt sich ja schon vorher angedeutet, dass Kogoro doch einige Gewissensbisse plagen und er doch mit seiner damaligen Entscheidung etwas hadert. Deshalb war es abzusehen, dass ihn das Ganze doch sehr mitnimmt, wenn er Shinichi erst einmal persönlich trifft. Dem ist ja anzumerken wie schlecht es ihm die letzten Jahre ging. Ich fand das Treffen echt emotional und sehr passend. Shinichi war zwar sauer aber logisch und pragmatisch wie er nun einmal ist, kann er eine Sache halt auch von mehreren Seiten betrachten. Ich muss sagen immer wenn Shinichi von den Kahren erzählt, in denen er dachte, Ran sei tot, bin ich immer total mitgerissen. Du verpackst das ganze so realistisch und so emotional - ich kann gar nicht anders als Shinichi noch mehr zu lieben als vorher :D

Bin gespannt, wie es weitergeht! Bis zum nächsten Kapitel.

Viele Grüße
Vanessa
Von:  Linelus
2015-09-27T11:08:57+00:00 27.09.2015 13:08
Was für ein gewaltiges Kapitel! Ich hab schon riesige Augen gemacht, als ich die Wörterzahl gesehen habe, aber es zu lesen... wird spannend, es in einen kompakten Kommi zu verfassen :)
Zunächst mal: ENDLICH!! Ich dachte schon unser Sherlock würde niemals schlafen, geschweigedenn VERschlafen. Dementsprechend spannend war es zu sehen, wie er reagiert, wenn er den Bericht liest. Da haben die Herrschaften auf jeden Fall ganze Arbeit geleistet, Theatralik vom allerfeinsten. Es mit einer Seifenoper zu vergleichen trifft es perfekt, es ist so schmierig, dass es schon wieder lächerlich ist - ich versteh beim besten Willen nicht, wer sich so Klatschblätter kauft. Die bleiben sogar beim Zahnarzt im Wartezimmer für mich links liegen *schauder* Dementsprechend wunder ich mich nicht über Shinichis Lachanfall, denn wie gesagt, es ist lächerlich, wenn man seine Geschichte kennt. Für die, die allerdings schon lange gierig auf Informationen über "ihren" Sherlock Holmes sind, über den privat so gut wie nichts bekannt ist, ist das natürlich ein gefundenes Fressen. Allerdings weiß ich nicht, wie gefasst ich darauf reagiert hätte - die Medien ziehen meine Geliebte direkt ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu einer Zeit, in der ich mir nicht sicher sein kann, ob dieses schwarze Pack nicht in unmittelbarer Umgebung lauert.
Ob es eine kluge Entscheidung ist, seinen Vorgesetzten so dreist anzulügen, können wir vermutlich ziemlich klar verneinen. Jenna find ich klasse, sie hat ihre Hausaufgaben sehr sehr gründlich gemacht und damit ins Schwarze getroffen. Was für ein cleveres Mädel... schätze, sie hätte fast alle Schlussfolgerungen auch ohne Heijis Hilfe ziehen können, einfach klasse.

Das Aufeinandertreffen mit Kogoro hab ich mir bissel anders vorgestellt muss ich zugeben. Hätte nicht damit gerechnet, dass er sofort vom schlechten Gewissen gepackt ist, so kennen wir ihn eigentlich nicht. Im Manga wird er viel grober, schwerfälliger in dargestellt Sachen Emotionen dargestellt, ich hab damit gerechnet dass er sich zunächst versucht zu rechtfertigen und mehr zu verteidigen. Bewundernswert find ich, wie gut Shinichi sich im Griff hat, ich hab damit gerechnet, dass er mehr rum brüllt oder irgendwas kaputt haut, so zornig wie er auf Mori war.
Das Zusammentreffen mit dem Verlobten des zweiten Opfers war emotional sehr schön geschrieben, aber eigentlich war diese Begegnung in der Geschichte nur wichtig, um Kogoro mit der Nase voran auf das Leid von Ran und Shinichi zu stoßen, oder? ;) Ich meine, er ist wegen dem japanischen Mädchen da, wieso sollte er bei dem Gespräch mit der Familie des zweiten Mädels vor Ort sein, noch dazu wenn er kaum ein Wort Englisch versteht ^^
Wie gesagt, ich mochte diesen Abschnitt trotzdem sehr, die Verzweiflung und Hilflosigkeit schwappt sehr gut über und verfehlt die Wirkung auf unseren Sherlock und seinen verhassten Schwiegervater ganz offensichtlich nicht. Was ich immer wieder ein bisschen lustig finde ist, dass Shinichi zwar oft denkt, dass er nicht darüber reden will und sich alle anderen gefälligst zum Teufel scheren sollen, er will ja immerhin seine Ruhe haben - aber wenn der einmal anpackt, blubbert er wie ein Wasserfall :D

Ich bin sehr gespannt, wo uns die Entwicklung hin führt, mal sehen wann es zu einem Gespräch mit Ran kommt. Außerdem brenne ich sehr auf das Gespräch mit unserer Schneiderin und ihrem Künstler :)
Von:  Diracdet
2015-09-24T20:35:01+00:00 24.09.2015 22:35
Hallo Leira,

ein weiteres, sehr langes Kapitel, also hoffe ich, ich kriege alles zusammen, was ich sagen wollte.

Zuerst mal gefällt mir der Titel, er passt ganz gut, auch wenn man ihn schon für ein paar der letzten Kapitel hätte nutzen können – vor allem gegen Shinichi (Heiji – Shinichi, Sonoko und Shiho – Shinichi, Yusaku und Yukiko – Shinichi, Ran – Shinichi, Eri – Shinichi, und, zur Abwechslung, Yukiko – Sharon).

Die Presse... ich schwanke ein wenig, denke aber, du bist da noch zu nett, stellst sie zu positiv dar. Nicht, dass sie nicht etwas erfinden würden, und die Art Story, die man da rausliest, trifft so ungefähr meine Erwartung, was ich ja schon bei Jenna damals gesagt habe. Aber sie würden sich noch etwas anders ausdrücken. Du weißt ja, die Unwahrheit sagen, ohne zu lügen. Es noch ein bisschen mehr so formulieren, dass das ungeschulte Auge sagen würde, es ist genau so, wie sich The Reporter das ausmalt, ohne dass sie etwas als Fakt hinstellen. Und umgekehrt, würden sie niemals ungefragt zugeben, dass sie nicht verstanden hätten, was gesagt wurde. Vielleicht mehr so „außer Hörweite...“, was den Eindruck vermittelt, nicht die Journalisten hätten wem aufgelauert, sondern Sherlock und seine... ehemaligen Bekannten, um mal in der Sprechweise zu bleiben, hätten bewusst vermieden wollen, gesehen oder gehört zu werden. Wie gesagt, nicht falsch, aber stark auf etwas hindeutend, was eben nicht stimmt. Es wirkt noch zu spekulativ für die Yellow Press.
Der andere Punkt, der mich halt weiterhin ein wenig stutzig macht: haben die in London immer noch keinen auftreiben können, der japanisch sprechen kann?? Das überrascht mich da doch sehr. Spätestens bei der Szene müssen die es doch bereuen.
Darüber hinaus... so falsch liegen sie ja gar nicht, oder? Man könnte die Frage von der Zeitung nach der Anzahl gebrochener Herzen schon stellen. Ran ist klar, Shiho weiß ich nicht gena, würde aber vorsichtig sein, es abzulehnen. Bei Sonoko hingegen wüsste ich auch gerne, wie es ihre Sicht auf die Mannheit der Welt beeinflusste, vielleicht auch bezüglich Makoto, wenn sie so etwas miterlebte.

Shinichis Erklärung an den AC ist an sich gut. Schnell ausgedacht und durchaus glaubwürdig. Die Idee gefiel mir. Was mich ein wenig stutzig macht, ist trotzdem sein Versuch, es so extrem zu verbergen. Mag sein, dass er Angst hat, die volle Wahrheit ans Licht treten zu lassen, aber eigentlich kann er die Lawine nicht aufhalten mehr. Rans Beziehung zur Organisation, die man im Netz findet, ist auch kein großes Geheimnis. Umgekehrt, Montgomery muss er vertrauen können und so könnte er zumindest einigermaßen offen das Problem ansprechen. Dem Vorgesetzten gegenüber das zu verheimlichen, macht es sehr schwierig. Und ob er die Version glaubt – nachdem er die Bekanntschaft mit Heiji bereits verschwiegen hatte – ist auch fraglich. Kurzum, Shinichi ist fast nur in Verteidigung, anstatt die Flucht nach vorne anzutreten. Man kann es auch so sagen, statt dieses Thema so aus der Welt zu schaffen, dass er sich auf The Artist konzentrieren kann, schafft er sich nur neue Hindernisse, die ihm allmählich die Decke auf den Kopf fallen lassen.

Und nun weiß es Jenna. Gutes Mädchen. Wie gesagt, deine weiblichen Charaktere in dieser Geschichte sind allesamt ziemlich schlau. Und Heiji, Kogoro und Shinichi... naja.
Jedenfalls, damit hat er ein weiteres mögliches Leck, um die Wahrheit der Presse zu verraten. And again, just get a guy from a japanese restaurant down the street to translate the articles on the net! Or the dialogues.

So, lange genug um das eigentliche Thema herum gedrückt. Kogoro. Puuh. Ich hatte, als ich zuerst fertig gelesen hatte, meine Zweifel muss ich sagen. Es schien mir zu schnell und zu radikal sein Wandel von seinem Auftritt am Anfang der Geschichte, als ihn Eri anspricht. Aber, nachdem ich es nochmal durch gegangen bin, kann ich sagen, dass du es doch sehr gut motiviert hattest und ich es wirklich gut finde.
Also punktuell, Shinichis Reaktion am Anfang ist wohl topp. 'Einfach Klappe halten und mitkommen, klar?' Und vielleicht ist es auch das beste, was er tun konnte, wenn er sowieso im Moment gereizt war und dann mit dieser Schlüsselperson in seienr persönlichen Katastrophe der letzten Jahre konfrontiert wird.
Zum zweiten, dass Kogoro mit der Erkenntnis, dass Shinichi bescheid weiß, dass Ran lebt, schnell 2 und 2 zusammen zählen konnte und wusste, was ihn genau beschäftigte passt da auch gut ins Bild. In dem Sinne weiß ich nur nicht, wie ehrlich seine Entschuldigungen am Anfang wirklich waren. Ob das nur mehr Selbstschutz war, vielleicht auch berechtigt im Sinne,d ass er ja wusste, dass er gelogen hatte.
Ich denke, ohne die Szene beim Verlobten des zweiten Opfers wäre das Ende nicht so überzeugend gewesen. Wie ich oben meinte, dann wäre mir Kogoros Sinneswandel doch etwas schnell und abrupt zu Ende gegangen. Doch mit dieser Darstellung passte es mehr. Einfach den Gedanken – auch für uns – ins Spiel bringen, dass man in so jungen Jahren, nach dem plötzlichen, unerwarteten Verlust des geliebten Menschen vor dem Nichts steht und absurde Gedanken einen durchdringen. Macht es wirklich glaubhafter.
Einen kleinen Einwand hätte ich trotzdem. Nicht zu sagen, dass er so eine Entwicklung hätte voraus ahnen müssen, aber, über die ganzen letzten 5 Jahre, hat da Kogoro keinen Gedanken daran verschwendet, was diese Aussage bei Shinichi ausgelöst hatte? Immerhin, sein 'Plan' ist ja besser als erwartet aufgegangen und damals ist definitiv Shinichi gegangen, ohne zu erfahren was passiert ist, also überzeugt, ihr Blut an seinen Händen zu haben. Meinst du, Kogoro wäre wirklich so... nun, kaltherzig oder Tunnelblick geschädigt, das nie auch nur ins Auge zu fassen? Ich tue mich damit doch schwer, muss ich sagen.
Ich bleibe aber dabei, wie du den Sinneswandel aufgezogen und motiviert hat, hat mir sehr gut gefallen, ein bisschen ist mir Kogoro nur zu gefühlsarm, wenn er erst heute die Konsequenzen aus Shinichis Sicht zum ersten Mal betrachtet.

Bis zum nächsten Mal.
Liebe Grüße,
Diracdet
Von:  Vertschl
2015-09-23T10:09:47+00:00 23.09.2015 12:09
Hallo Leira,
wieder ein schönes Kapitel! Damit dass Kogoro eher "zahm" rüber kommt, habe ich absolut nicht gerechnet. Im Anime wurde er ja öfters als Hitzkopf dargestellt. Aber gut, mit dem Alter kommt die Weisheit ;)
Oje, oje das Foto.. Organisation lässt grüßen..
Wie Jenna Shinichi in dem Kapitel die Fakten aufzählt.. Fantastisch und dann schlägt sie sich auch gleich auf Rans Seite. :)

AC Jackson Montgomery hatte sich bemerkenswert gut im Griff, als er das Büro betrat.
Philipp Montgomery schaute seinen Mitarbeiter über seine Brille hinweg bedauernd an.
My name is Jackson Montgomery, I am the Assistant Commissioner of New Scotland Yard.
Ich glaub du siehst auf was ich hinauswill.

Wieder Sapporo/Deutschland wie bereits angemerkt.

Zum Englischen:
*) Superintendent! Here are you! Here you are! wenn schon, so wie du es weiter unten geschrieben hast ;)
*) HOW ARE THOSE WOMEN? who
*) The coup lasted well over a week, and you were disappeared for about ten days, without a trace. you were missing weil disappear without a trace gibts zwar, aber in dem Kontext blieb er verschwunden von daher missing. oder du schreibst you diappeared and were gone for ten days
*) „Jenna… I do that mean seriously." I do mean that seriously.
*) „I did. And I know, that’s a favour I should not ask you for. Will you… keep silent, for me?“ should not ask of you
*) I want them to attend to the right one.“ attend? attend sb heißt jemanden begleiten, attend alleine teilnehmen. meinst du I want them to go after the right one? go after sb = jemanden verfolgen
*) oh, hallo Jillian. hello
*) get him into your care. so noch nie gehört. Ich würde das mit care generell umschreiben und sagen and look after him oder was auch immer du damit sagen willst
*) "I am afraid, this is growing into dimensions we could’ve never have anticipated.“ jetzt machst du's kompliziert.. we never could have anticipated oder we could have never anticipated
*) We are not decided yet, of course. are? wie kommst du darauf? Kann ja gut sein, dass ich das so nur nicht kenne. Hört sich für mich aber nicht schön an.. we have not

Bis zum nächsten Mal!
Lg Vertschl
Von:  Amayane
2015-09-21T20:04:24+00:00 21.09.2015 22:04
Liebe Leira,
Wie immer habe ich das neue Kapitel sehnsüchtig erwartet und wieder lässt du einen sprachlos zurück. Ich konnte gar nicht aufhören zu lesen und war total gefesselt von Shinichis und Kogoros Zusammentreffen. Du hast ihr Gespräch so real beschrieben, besser hätte es glaub ich keiner in Worte fassen können. Auch der Zwotungsartikel sorgte für eine Überaschung. Zum einen war es wirklich an der Zeit, dass die Presse in Shinichis Vergangenheit rum wühlt, bei den Vermutungen die dabei angestellt wurden, wusste ich aber nicht ob ich lachen oder weinen sollte, da Kudo Ran so verleugnet.
Alles in allem aber wie immer ein sehr gelungenes Kapitel, bei dem du es wieder geschafft hast, die Leser in deine Welt zu entführen. Du hast dafür gesorgt, dass ich einfach baff bin und nur WOW denken kann. Ich kann es kaum erwarten das es weiter geht und freu mich schon riesig auf das nächste Kapitel.
Liebe Grüße
Amayane
Von:  Black_Taipan
2015-09-21T20:01:35+00:00 21.09.2015 22:01
Liebe Leira,

was für ein gelungener Montagabend. Ich konnte den Text nicht aus der Hand legen. So viel Emotionen - Wut, Trauer, Reue, Mitleid. Es ging hin und her. Und obwohl wir ja uns denken konnten, dass Kogoro die Verstärkung ist, die aus Tokyo anreist, war es doch spannend die ganzen Reaktionen zu sehen. Besonders die Reaktionen auf den Zeitungsartikel...l

Das Kapitel hatte nach all dem Drama und den emotionalen Dingen auch einige lustige Szenen. Heijis Kommentare am Telefon und dann Heiji und Shinichi zusammen sind in lustiger Paar. :)

Sehr gut fand ich den Teil mit Cedric, Shinichi und Kogoro. Es war als hätte ich einen Film vor meinen Augen mit dem verwahrlosten Zimmer, den Dosen, dem jungen Mann und den beiden Polizisten. Und das Kinderzimmer, in welchem sich nichts geändert hat und in dem jetzt der Mann liegt und nicht weiter kommt. Und dann gleichzeitig Kogoro als Beobachter nebenbei, dem langsam klar wird, was er angerichtet hat... es hätte so viel einfacher werden können!
Kogoro hat im Affekt gehandelt und Shinichi belogen und sich dann nie getraut etwas zu sagen oder verdrängt. Interessant daran finde ich, dass es häufig im wahren Leben so läuft. Man weiss eigentlich, dass etwas falsch ist und doch schafft man es sich mit Ausreden zu beruhigen. Shinichi macht es ähnlich, in dem er seine Probleme (gewisse Leute würden sagen, dass er einmal zum Psychologen gehen müsste...) in der tiefsten Ecke seines Kopfes versteckt. Und schnell sind dann ein paar Jahre vergangen.
Ich eiss zwar nicht, ob Shinichi wirklich so handeln würde - wir haben leider nicht soviel Material in den Mangas - ich kann mir aber schon vorstellen dass er bei so einem persönlichen Thema so emotional reagiert. Es gefiel mir auch, weil es ein Thema ist, das normalerweise eher selten vorkommt... Shinichi hat einen wichtigen Teil seines Lebens bei Kogoro gelebt und auch wenn beide ihre Mackeen haben so haben sie sich doch auch aneinander gewöhnt. Kogoro muss hier einiges wieder gut machen...

Allgemein frage ich mich ob Shinichi in den nächsten Tagen mal zu etwas Ruhe kommt. Denn ich glaube nicht dass Ran ruhig zurücklehnen wird. Und der Fall geht ja auch weiter... ich bin ja gespannt ob Heiji und Jenna an der Uni fündig werden... Jenna hatte mit ddie ja bereits einen guten Riecher. :)
Ich freue mich aufs nächste Kapitel! Vielen Dank!

Beste Grüsse, taipan

Von:  Kikili
2015-09-20T14:03:13+00:00 20.09.2015 16:03
Liebe Leira,

was für ein Kapitel!
Für Shinichi wird es wirklich einfach nur schlimmer und schlimmer. Seine Vergangenheit holt ihn mit jeder weiteren Person mehr ein. Ich an seiner Stelle würde mich fragen was das Schicksal mit mir vorhat.

Zu nächst einmal der Zeitungsartikel. Da hat Miss Shelley aber ganze Arbeit geleistet.
Ich finde den Artikel gut gelungen, da ich mir sehr gut vorstellen kann, dass die Klatschpresse endlich was über ihren Sherlock Holmes berichten kann. Kein Wunder das die aus dem Ganzen so eine riesen Sache machen.
Mich wundert es, dass Shinichi Montgomery so dreist angelogen hat. Befürchtet er denn nicht, dass die Zeitungen weiter in seiner Vergangenheit kramen werden? Es ist doch nur eine Frage der Zeit, bis sie herausfinden welchen Stellenwert Ran in seinem Leben hat. Und dann wird er ja erst recht Ärger bekommen. Immerhin war Montgomery schon nicht begeistert, dass Shinichi ihm die Beziehung zu Heiji verschwiegen hat. Da bin ich mal gespannt, wie sich das entwickeln wird.
Darüber hinaus wundert es mich, dass Shinichi nicht in Panik geraten ist. Wenn er vermutet, dass Gin in der Nähe lauert, dann hätte ich erwartet, dass er jetzt richtig durchdreht. Denn wie Shinichi dachte auch Gin, dass Ran tot ist. Jetzt ist er dank dem Artikel auf dem neusten Stand und erfreut sich an der Tatsache Shinichi jetzt so richtig schaden zu können. Mich interessiert es sehr, ob wir Gins Reaktion auf den Artikel erfahren werden.

Jenna hat mir sehr gut gefallen. Jetzt wo sie mehr über Shinichis Vergangenheit weiß und ihn menschlich vielleicht besser verstehen kann, hoffe ich dass die Beziehung zwischen den beiden freundschaftlicher wird. Bis zu diesem Zeitpunkt war es doch recht professionell.

Die Konfrontation zwischen Kogoro und Shinichi ist dir sehr gelungen. Schön finde ich, dass wir immer wieder Kogoros Einschätzungen und Gedanken bezüglich Shinichi erfahren.
Auch wenn Kogoros Entschuldigung ziemlich spät kommt und diese erst kommt nachdem er gesehen hat, wie Shinichi auf die Situation mit dem jungen Mann reagiert hat, so bin ich doch froh dass er es überhaupt einsieht. Schön ist, dass Shinichi immer wieder auf die Beziehung zwischen ihnen beiden hinweist. Er deutet immer wieder an, dass sie sich doch eigentlich so gut kennengelernt haben. Somit ist für ihn Kogoros Vorgehen noch unverständlich.

Ich freue mich sehr, dass es nächste Woche bereits weitergeht.
LG Kikili



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