In der Höhle der Löwin von Calafinwe (How Paimon should have been) ================================================================================ Prolog: -------- "Ich verstehe noch immer nicht, warum wir Hakuei mitnehmen...", murmelte Ren Koumei. Er stand neben seinem älteren Bruder vor einem exotisch wirkenden Gebäude, dessen ungezählte verschlungene Türme sich in den wolkenverhangenen Himmel erstreckten. Pfützen auf dem Boden zeugten davon, dass es bis vor kurzem geregnet hatte und die sandbraunen Wände des Bauwerks trugen nicht zur Verbesserung der allgemeinen Stimmung bei. "Der Priester erachtet es als notwendig." „Aber sie ist eine Frau! Ist ein Dungeon nicht viel zu gefährlich für sie?“ Zunächst erhielt er keine Antwort. Die Baumwipfel der vereinzelt herumstehenden Bäume klapperten im Wind. In der Nacht zuvor hatte es gedonnert und gestürmt, aber entgegen der allgemeinen Erwartung hatte es eher wenig geregnet. Früh morgens hatten Koumeis Diener ihn aus den Federn geworfen und gemeint, er müsse sich sofort fertig machen, um zu seinem großen Bruder zu stoßen. Trotzdem hatte es über zwei Stunden gedauert, bis er ausreichend gefrühstückt hatte und die Diener ihn dann zu allem Überfluss noch in die Badewanne gesteckt hatten, bevor sie ihm beim Ankleiden halfen. Und sehr zu seinem Leidwesen hatten sie ihm die so ungeliebte und selten benutzte Kampfausrüstung angezogen. Auf seine wiederholten Fragen, was denn eigentlich los sei, hatten sie ihm gar nicht geantwortet. Ren Kouen beugte sich zu seinem Bruder hinüber. „Ich glaube, er hat einen Fehler gemacht...“, flüsterte er. Ren Koumei starrte seinen Bruder fassungslos an. Erst im zweiten Moment klappte er den Unterkiefer wieder nach oben. „Das gibt er offen zu?!“, fragte er dann entgeistert. Kouen schüttelte den Kopf. Komei folgte dem Blick seines Bruders, der den Rücken einer schlaksigen Person traf. Sie trug eine schwarze Pluderhose und das ebenfalls schwarze Oberteil war eher sparsam bemessen. Ein langer, kugeliger Zopf schwarzer Haare hing fast bis auf den Boden hinab, während die Beine bequem in einem Schneidersitz ruhten und nicht den Eindruck erweckten, als wäre ihr in der Luft schwebender Besitzer einfach nur irgendwer. Links und rechts standen Soldaten in voller Rüstung aufgereiht, um der Zeremonie die gewisse Feierlichkeit zu verleihen. Hakuei stand einige Schritte hinter ihren Brüdern und starrte gedankenverloren auf den Eingang des Dungeon. "Und warum muss ich mit?", fragte Koumei, als er die Gesten des Priesters einige Augenblicke stumm mit den Augen verfolgt hatte. Ren Kouen drehte ihm den Kopf zu, ohne eine Miene zu verziehen. Ohne Vorwarnung schlug er seinem Bruder auf den Hinterkopf, was diesen nach vorne taumeln ließ. "Damit du was lernst! Und vielleicht auch irgendwann mal einen zweiten Djinn dein Eigen nennen kannst." Der zweite imperiale Prinz rieb sich den Hinterkopf, um den Schmerz zu vertreiben. Er zog es vor, seinen Gesprächspartner nicht weiter zu reizen. Dafür blieb auch gar nicht die Zeit, denn der Priester schien am Ende der Zeremonie angekommen zu sein. Seine Fußsohlen berührten sanft den feuchten Erdboden. Er machte noch einige elegante Handbewegungen und verbeugte sich dann dezent vor dem Dungeon. Danach drehte er sich zu den kaiserlichen Geschwistern um. "Es wäre dann soweit...", meinte Judar lapidar. "Schön, dann können wir ja", meinte Kouen. Ohne seine Geschwister anzusehen, trat er vor und blieb vor dem Priester stehen. "Was ist?", fragte dieser. Der Oberkommandeur der Streitkräfte Kous verschränkte die Arme und sah Judar streng an. "Du wirst uns natürlich begleiten, Priester!" Der Schwarzhaarige zuckte erschrocken zurück. "Was? Wieso das denn?" Ren Kouen nahm ihn in den Schwitzkasten und schleifte ihn zum Dungeon. Er zerrte den Priester die wenigen Stufen zum Eingang hinauf, während Koumei und Hakuei in angemessener Entfernung folgten. "Als Bestrafung dafür, dass du unerlaubt ein Dungeon heraufbeschworen hast!" "Was? Damit habe ich nichts zu tun‼", echauffierte er sich, "Ich würde nie SIE herholen!" Kouen funkelte ihn wütend an. Kommentarlos stieß er ihn in den Eingang und folgte dann nach einem tiefen Atemzug mit Bruder und Schwester. Kapitel 1: ----------- Hakuei stand auf einer Galerie und blickte in einen leeren Raum hinab. Marmornes weiß strahlte ihr entgegen, die Wände, der Boden sowie die Decke schienen von selbst zu strahlen. Rechts führte eine geschwungene Treppe hinab. Bisher traute sie sich aber noch nicht so recht, ihr zu folgen. Die kaiserliche Prinzessin hatte die Galerie bereits mehrmals abgesucht, doch nichts ließ auf eine Tür oder einen ähnlichen Ausgang schließen. Und das bereitete ihr ein mulmiges Gefühl, da sie sich zuerst auf der Galerie wiedergefunden hatte, nachdem sie das Gebäude betreten hatte. Allein. Von ihren Geschwistern oder dem Priester war weit und breit nichts zu sehen und auch unten hatten sie sich nicht befunden. Das war Hakueis erste Vermutung gewesen, weshalb sie sich weiter als nötig über das Geländer gebeugt hatte, um hinunter blicken zu können. Nun war die junge Frau mit den dunkelblauen Haaren gewiss nicht ängstlich, aber die Worte des Oberkommandeurs hallten noch in ihren Ohren nach. 'Solange wir nicht getrennt werden, passiert uns nichts...' Ren Kouen hatte bereits zwei Dungeons erfolgreich gelöst, er musste es schließlich wissen. Nur kurz hatte Hakuei gezögert, direkt bevor sie den Dungeon betreten hatte. Kouen hatte so entschlossen gewirkt, selbst dann noch, als er gemerkt hatte, dass der Priester wegen des Dungeons ziemlich beunruhigt war. Die Prinzessin versuchte sich daran zu erinnern, was Judar gesagt hatte, kurz bevor Kouen ihn durch den Eingang geschubst hatte. "War es 'nie sie beschwören!'?", überlegte sie. Was hatte er damit gemeint? Wer war 'sie'? Aber was noch viel wichtiger war, wo waren die Männer hingeraten? Hakuei seufzte, es half schließlich nichts, hier zu warten und zu hoffen, dass sie vielleicht doch noch kommen würden, um sie zu holen. Sie wartete bereits seit einer Stunde und langsam wurde es ihr leid. Die Prinzessin wandte sich der Treppe zu und ging vorsichtig hinüber. Kouen hatte ihr eingebläut, größte Vorsicht im Dungeon walten zu lassen. Überall konnten Fallen lauern. Eine unebene Bodenblatte, auf die man trat und die einen Mechanismus in Gang setzte, der Pfeile auf einen abschoss. Seltsam aussehende Steine, die sich in Monster verwandelten, wenn man sich ihnen näherte. Schlingpflanzen, die sich als Seile tarnten und die einen angriffen, wenn man sie in die Hand nahm. Oder auch ein gähnend tiefer Abgrund, wo zuvor noch eine Treppenstufe gewesen war. Als sie am oberen Ende ankam, griff sie nach dem Geländer, um sich notfalls retten zu können. Stürzte sie jetzt, konnte sie sich das Genick brechen. "Dann wollen wir mal..." Hakuei atmete einmal tief durch und setzte dann den Fuß auf die erste Stufe. Nichts tat sich. Sie verharrte noch einige Augenblicke und ließ dann den angehaltenen Atem entweichen. Sie drückte mehrmals mit dem Fuß gegen die Stufe, aber sie schien stabil zu sein und auch keine versteckte Falle zu besitzen. Sie atmete noch einmal tief durch und meisterte die zweite Treppenstufe ohne Probleme. Bei der dritten befand sie, dass es hier wohl keine Falle geben würde. Bei der vierten machte es 'klick'.   ***   "Da hinten ist er!", rief eine von ihnen mit verträumter Stimme. Zahlreiche Füße hasteten durch den Gang, vorneweg ein Paar ohne Schuhe, dahinter die meisten mit Schuhen. Der barfuß Laufende hechelte wie ein Hund nach einem Ausdauerlauf. Sport war er eindeutig nicht gewohnt. Natürlich, Judar hätte auch schweben können, aber er wollte sich sein Magoi sparen. Gut möglich, dass das hier noch ziemlich hässlich wurde. Also hässlicher, als es das jetzt schon war. Die Frauenhorde, die ihn gerade mit schmachtenden Rufen verfolgte, hätte er zwar mit einem Fingerschnippen beseitigen können, aber dafür gingen ihm die leicht bekleideten Damen noch nicht zu sehr auf den Zeiger. Und noch machten seine Beine mit. Allerdings fragte er sich schon, wie lange er wohl noch würde laufen müssen. Seitdem er das Dungeon betreten – nein, seitdem er in es hineingestoßen worden war – befand er sich in diesem Gang und von der Kou-Bande war weit und breit nichts zu sehen. Der Magi war in diesem Gang erwacht und viele der Frauen hatten sich über ihn gebeugt. Er schauderte, als er daran zurück dachte. Eine hatte sich bereits an seiner Pluderhose zu schaffen gemacht, während ein paar andere seinen Oberkörper betatscht hatten, während eine weitere nur gelangweilt das Gesicht verzogen und ihn als 'abgemagerten Lulatsch' bezeichnet hatte. Judar war erbost aufgesprungen und hatte fast seine Hose eingebüßt, da das eine Weib sie immer noch festhielt. Barsch hatte er ihre Hand von sich geschlagen, die Position seines Kleidungsstücks in Ordnung gebracht und dann mit einigen schnellen Blicken die Lage sondiert. Danach hatte ihm jemand an den Hintern gefasst. Mit einem empörten Quieken war Judar aus der Frauengruppe herausgesprungen und hatte sich in Bewegung gesetzt. Seitdem war er auf der Flucht und seine Hoffnung, früher oder später eine Abwechslung in Form einer Treppe oder einer Tür in diesem weiß erstrahlenden Gang zu passieren, schwand mit jedem Meter, den er zurück legte. "Nun, immerhin scheint es hier sonst keine Fallen zu geben...", hechelte er. Die Füße seiner Verfolger schienen auf diesen Kommentar hin etwas aufgeholt zu haben. "Nun renn doch nicht so schnell...!", sang jemand mit zuckersüßer Stimme hinter ihm. "Hah!" Judar rannte weiter und achtete schon gar nicht mehr richtig auf seine Umgebung. Völlig abgelenkt davon, immer außer Reichweite seiner Verfolgerinnen zu bleiben, hätte der Magi auch um Haaresbreite die Nische übersehen, die viele Meter weiter auf der rechten Seite eingelassen war. Abrupt bremste er ab, rutschte aber nichtsdestotrotz auf dem glatten Boden aus. Judar rappelte sich in die Höhe und stürmte zurück in der Hoffnung, endlich einen Fluchtweg gefunden zu haben. Zu spät erkannte er, dass es sich bei dem vermeintlichen Seitengang um eine Sackgasse handelte. Als sich der Magi zurückziehen wollte, stürmten seine Verfolgerinnen hinter ihm heran und schnitten ihm jeden Fluchtweg ab. "Haben wir dich endlich!", freute sich eine. 'Redet sie mit mir oder mit meiner Hose?', fragte Judar sich, als er ihrem Blick folgte. Eine zweite streckte bereits ihre Hände nach seinem Oberkörper aus. Der Magi stolperte nach hinten in das Zimmer voller Kissen.   ***   Kouen raste vor Zorn, im wahrsten Sinne des Wortes. Aus einem puren Selbsterhaltungstrieb heraus hatte er seine Astaroth Djinn-Ausrüstung angelegt, sobald er sich alleine in dem Dungeon wiedergefunden hatte. Ein hellblauer Flammenbogen rahmte ihn ein und flackerte aufgeregter als sonst. Auch der Djinn schien die besondere Situation wahrzunehmen. Kouen hatte sich in einem Zimmer voller Kissen befunden, was an sich erst einmal nichts Schlimmes dargestellt hatte. So weich war er noch nie in einem Dungeon gelandet. Was ihn zu dem Zeitpunkt mehr zur Weißglut getrieben hatte, war die Tatsache, dass er mit beiden Armen an die Wand gefesselt worden war! Und dass er sich nicht als einziger in dem Raum befunden hatte. Links und rechts des imperialen Prinzen hatten sich leicht bekleidete Frauenleiber in den Kissen geräkelt. Kouen tobte vor Wut. Als er angefangen hatte, an seinen Fesseln zu rütteln, waren zwei der Damen wach geworden und hatten sich gestreckt, als hätten sie eine besonders lange Nacht hinter sich gehabt. Die Blonde, die zu seiner linken lag, rollte sich auf den Rücken und blinzelte mehrmals. 'Wer bist denn du?' hatte sie dann gefragt. Der Prinz hatte nicht geantwortet, sondern nur weiter an seinen Fesseln gezerrt. Durch das Geklapper wurden allmählich auch die anderen wach und irgendwann hatte Kouen sich in einer Menge aus Frauen befunden, die ihn zuerst verwundert, danach recht interessiert angesehen hatten. Er hatte geseufzt und dann Astaroths Djinn-Ausrüstung angelegt. Prompt hatte der Prinz die Fesseln aus ihrer Verankerung gerissen und war aus den Kissen gesprungen. Der Blick der Damen hatte sich von interessiert zu lüstern gewandelt. 'Kommst du wieder?' wollte eine wissen, während sie ihn von oben bis unten musterte. Kouen hatte eher ausweichend auf die Frage geantwortet und sich dann daran gemacht, einen Ausgang aus dem Zimmer zu finden. Irritierend, dass sich keine der Damen daran zu stören schien. An der gegenüberliegenden Wand hatte er eine kleine Nische entdeckt, durch die er sich gerade so hat durchzwängen können. Der Gang, in dem er sich daraufhin wiedergefunden hatte, sah auch nicht besonders vielversprechend aus. Einer Intuition folgend hatte er sich nach rechts gewandt und war gefühlte Stunden lang nur in diese eine Richtung gelaufen. Weder von Koumei, noch von Judar war eine Spur zu finden. Und in welcher Lage sich seine Halbschwester Hakuei gerade befand, mochte sich Kouen gar nicht ausmalen. Die Ärmste war mit Sicherheit völlig verängstigt. Ein Gefühl sagte dem imperialen Prinzen aber, dass Hakuei in Sicherheit war. Und dieses Gefühl beunruhigte Kouen irgendwie. 'Dieser verfluchte Magi... Wenn ich ihn in die Finger kriege... ... Wenn man vom Teufel spricht' Kouen hatte gerade angefangen, Judar in Gedanken in der Luft zu zerreißen, als er dessen Schreie vernahm. Eigentlich klang es eher wie das verzweifelte Kreischen eines Schweins, das gerade festgestellt hatte, dass es sich auf der Schlachtbank befand. Kouen blieb stehen und wartete ab. So sehr er den Magi gerade eben auch verflucht hatte, das Kou Imperium würde niemals auf Judar verzichten können. Also woher waren die Schreie gekommen? Und schon wieder war da so ein Gefühl, dass Kouen ganz genau wusste, in welcher Situation der Magi sich gerade befand. Der Prinz blickte sich einmal um, aber er war nach wie vor allein. Erst, als er erneut Schreie und danach weibliche Stimmen vernahm, war er ziemlich sicher, dass Judar sich hinter einer der Seitenwände des Ganges befand. Und dass es ihm wohl gerade so erging, wie Kouen etwa eine halbe Stunde zuvor. 'Ob sie ihn auch ans Bett gefesselt haben?' Der imperiale Prinz zuckte mit den Schultern und beschloss, zu dem Raum zurückzukehren, aus dem er vorhin geflüchtet war. Eilig hatte er es nicht. Kapitel 2: ----------- Groß und blau schwebte sie vor ihr, eigentlich fast riesig im Vergleich zu der winzig wirkenden Kammer, in der Hakuei sich befand. Doch das war nicht der Grund, warum die imperiale Prinzessin ein hochrotes Gesicht hatte und sich fast nicht traute, etwas zu sagen. In einer Ecke der Kammer kicherten Abkömmlinge der Djinn – sie hatte sich als Paimon vorgestellt – vor sich hin und Hakuei war sich ziemlich sicher, dass sie der Mittelpunkt der allgemeinen Heiterkeit war. Aber wie soll sie auch mit jemandem umgehen, der ihr fast nackt gegenüber stand? Oder schwebte, in Paimons Fall. Und die Abkömmlinge, sie schienen wohl sowas wie Dienerinnen zu sein, hinterließen auch keinen besseren Eindruck. "Und du willst wirklich keinen Tee?", fragte die Djinn nun erneut. Paimon war sich bewusst, warum sich ihre Besucherin so zierte, ignorierte es aber und verhielt sich so wie immer, wenn sie mit Mädchen oder Frauen zu tun hatte. "Danke, das ist... äh...sehr nett...", stotterte die Prinzessin. "Meine Güte, dass ihr jungen Dinger heutzutage so verklemmt sein müsst." Hakuei blickte beschämt auf ihre Hände, die sie auf ihren Schoss gelegt hatte, nur um nicht wieder die ... Erscheinung der Djinn im Blickfeld zu haben. "Also sollen wir es lieber direkt hinter uns bringen?", fragte Paimon. "Ich... ähm... bin nicht alleine hier..." "Jaja, die Lackaffen. Mit denen kann ich nicht viel anfangen..." "... Zwei sind meine Brüder..." Die Djinn blickte abschätzig auf ihre Besucherin herab, bevor sie ihr einige Meter entgegen schwebte. "Nur, damit wir uns richtig verstehen... Männern leihe ich meine Kraft nicht, egal, wie gut sie aussehen mögen. Und soweit ich das von hieraus überschauen kann, bist du die einzige Frau in eurer Gruppe." Hakuei nickte fast unmerklich. "Ich möchte meine Brüder aber ungern zurück lassen. Und Kouen wird nicht begeistert sein, wenn Judar auf dem Weg hinaus abhandenkommt." "Judar, hah", kommentierte Paimon. "Dass der sich hier blicken lässt, hätte ich im Traum nicht gedacht... Aber sei unbesorgt, euer Magi ist bei mir in besten Händen." Hakuei wusste anfangs nicht, was sie mit dieser Aussage anfangen sollte. ‚In den besten Händen sein‘ hörte sich nun nicht danach an, dass ihm irgendein Leid zugefügt wurde. Doch als wieder Gelächter aus einer der Ecken erklang, war sie sich ziemlich sicher, dass es Judar gerade auf die ein oder andere Art und Weise an den Kragen ging. "Ich hoffe, ihm passiert nichts", antwortete die Prinzessin daher. "Wie meinen Brüdern." "Ach, sei ganz unbesorgt", versicherte die Gastgeberin schnell und lehnte sich wieder zurück. "Mit Männern kennen sich meine Mädchen aus und den Halbstarken wird es nicht schaden, in einem Dungeon Erfahrungen der anderen Art zu machen... Immer dieses ewige Kämpfen und sich streiten, dann wird sich mal hier gekloppt, dann schlagen sie sich mal da die Birne ein... Ich hab nie verstanden, was Focalor und die anderen immer an diesen Machtspielchen finden. Das ist doch unnötig, findest du nicht auch? ... Keks?" Widerwillig nahm Hakuei eines der Gebäckstücke, biss aber noch nicht hinein. "In unserem Königreich ist es nicht unüblich, sich gegenseitig im Kampf zu messen...", erzählte die Prinzessin. Paimon legte den Kopf schief. "Ich hab nichts gesagt", versicherte Hakuei schnell. "Gegen freundschaftlichen Wettkampf habe ich nichts", stellte die Djinn klar. "Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass euer Königreich nicht gerade zu den friedfertigsten gehört." Hakuei erwiderte nichts. Wieso sollte sie auch? Leugnen hatte keinen Zweck, das würde womöglich nur dazu führen, dass die Djinn ungehalten wurde. Und es stimmte ja auch, Kou war gerade dabei, ein Nachbarreich nach dem anderen dem eigenen Herrschaftsgebiet einzuverleiben. Dass sich ein Djinn eine kritische Meinung erlaubt, ist nur natürlich, denn in anderen Teilen der Welt wird Kous Machtstreben schließlich auch bewertet. "Aber um auf deine Männer zurück zu kommen..." Hakuei blickte auf. "Meine Männer?!" "Ja, deine Männer... Koumei ist ein richtiger Charmeur!" Die imperiale Prinzessin war sprachlos. Wieso ausgerechnet Koumei?   ***   "Und was hat er dann gesagt?", fragte eine der Damen, die gerade dabei war, eine Erdbeere in die flüssige Schokolade zu tauchen. Koumei räusperte sich einmal. "'Damit du einen zweiten Djinn dein Eigen nennen kannst' oder so hat er sich ausgedrückt." "Tatsächlich? Wie unhöflich... Andererseits..." "Hm?", machte der imperiale Prinz gedankenverloren, während er sich gerade dem Nagel des linken Zeigefingers seines Gegenübers zuwandte und begann, diesen mit der Nagelfeile zu polieren. Dass sie ihn mit einer goldenen Fußfessel an die Wand gekettet hatten, störte Koumei nicht weiter. Er hatte sich nicht groß gegen die Behandlung gewehrt, die man ihm erteilt hatte und war bisher relativ kooperativ, was ihm das Wohlwollen der anwesenden Damenschaft einbrachte. Sicher würde er nicht mehr sehr lange brauchen, bis er ihr Vertrauen vollends gewonnen hatte und sie ihn freiwillig, und ohne dass er seine Überzeugungskraft hätte einsetzen müssen, wieder von der Fessel befreiten. Eigentlich war es bei den Damen ziemlich angenehm. Es gab verschiedene Erfrischungen, die sie ihn alle haben probieren lassen und die mal mehr, mal weniger alkoholisch ausgefallen waren. Dazu gab es frische Früchte, die man wahlweise pur oder mit Schokoladenüberzug essen konnte. Immer wieder steckten sie ihm Weintrauben, Erdbeeren oder Kirschen in den Mund, komischerweise immer dann, wenn er gerade wieder zu einer längeren Geschichte ansetzen wollte. 'Die nichts mit Kouen zu tun hatte...', dachte er. Gerade so, als ob sie es riechen würden, wenn er etwas von sich selber erzählen wollte. Koumei hatte erfahren, dass sie seinem großen Bruder bereits über den Weg gelaufen waren, er sich aber bedauerlicherweise dagegen entschieden hatte, den Nachmittag mit den Damen zu verbringen. Jetzt war es an ihm, die Anwesenden über Kouen zu informieren. "Was meint ihr mit 'andererseits'?", fragte Koumei stattdessen. "Wir wären uns nie begegnet, hätte euer Bruder euch nicht mit ins Dungeon zitiert. ... Und ihr könntet uns nun keine Geschichten über ihn erzählen!" "Das ist wohl wahr..." Eine der Damen schob ihm erneut eine mit Schokolade glasierte Frucht in den Mund. Immerhin waren sie darauf bedacht, dass auch er sich wohl fühlte. Nachdem Koumei sich allein in dem Dungeon wieder gefunden hatte und es für eine schlechte Idee befunden hatte, einfach so in einem menschenleeren Gang herumzustehen und darauf zu warten, dass man ihn abholte, hatte er sich selbständig auf den Weg gemacht. Es hatte sich angefühlt wie Stunden, bevor er das erste Mal einem anderen Menschen begegnet war. Oder einem Abkömmling des Djinn, so genau hatte der imperiale Prinz das zu dem Zeitpunkt noch nicht gewusst. Gut erzogen, wie er war, hatte er den Damen einen schönen Tag gewünscht und sie dann darüber befragt, ob ihnen andere seiner Art begegnet waren. Sie hatten höflich vernein, ihm dann aber angeboten, dass er mit ihnen und noch einigen anderen Damen den Nachmittag verbringen könne. Und weil ihm das sinnvoller erschien, als planlos in dem Dungeon herum zu laufen – wenn jemand das Labyrinth löste, kam jeder noch lebende Insasse sowieso wieder mit raus – hatte er zugesagt. 'Außerdem kann mich Kouen so nicht herumkommandieren...', dachte er und genoss das Stückchen Ananas. Gut, der große Bruder würde ihm im Nachhinein dann vermutlich die Hölle heiß machen, wenn er von Koumeis Handhabung der Situation erfuhr, aber damit konnte er leben. Der Prinz war es gewohnt, von Kouen die Leviten gelesen zu bekommen. Genüsslich legte sich Koumei in die weichen Kissen zurück und begann dann, die Nägel der anderen Hand zu polieren.   ***   "Oh mann, das werd' ich euch nie vergessen!" "Sei still! Du lockst sie nur auf unsere Fährte!" Judar und sein Retter eilten gemeinsam eine schmucklose Treppe hinab. Nachdem Kouen sich vergewissert hatte, dass aus dem Gang keine versteckte Gefahr lauerte, war er in das Zimmer hineingestürmt, aus dem er Judars Schreie gehört hatte. Dem Magi war es nicht groß anders als ihm selbst ergangen, nur dass er im Eifer des Gefechts seine schwarze Hose eingebüßt hatte. Kouen hatte kurzerhand dessen Fesseln aus den Angeln an der Wand gerissen, hatte sich den hilflosen Magi über die Schulter geworfen und war wieder aus dem Zimmer hinaus gestürmt. Im Vorbeigehen hatte er noch dessen Hose vom Boden aufgesammelt, die direkt am Eingang gelegen hatte. Die anwesenden Damen – oder wohl vielmehr die Peinigerinnen – waren zu perplex von der Attacke, dass sie lediglich mit Schweigen auf Kouens Kommen und Gehen reagiert hatten. "Ehrlich, ich werde alles machen, was ihr verlangt!" Nachdem der imperiale Prinz sich mit seiner Last weit genug entfernt hatte, so dass er sich sicher war, dass sie nicht mehr verfolgt wurden, hatte er Judar abgesetzt und ihm seine Hose gegeben. Schnell war der Magi in das Kleidungsstück hinein geschlüpft und hatte dann angefangen, Kouen auf Knien für seine Errettung zu danken. Gerade, dass er ihm nicht die Füße geküsst hatte. "Und nun?", fragte Judar. "Zur Djinn geht es geradeaus." Die beiden waren am Ende der Treppe angekommen, die einen Arm einer Kreuzung darstellte. Kous Prinz war froh, den Magi in das Dungeon hinein gestoßen zu haben, denn er kannte sich hier am besten aus. Und wenn er sagte, dass die Kammer der Djinn geradeaus lag, konnte man sich darauf verlassen. Andererseits wussten sie nach wie vor nicht, wo Hakuei und Koumei stecken mochten. Sein kleiner Bruder würde sich vermutlich gerade irgendwo in einem Berg aus Kissen räkeln, da war sich Kouen ziemlich sicher. 'Und vermutlich hat er auch schon längst vergessen, weshalb wir hier sind und wird die Behandlung der Damen in vollsten Zügen genießen...', dachte Kouen. Er wusste nicht, wie er Koumei noch dazu bewegen konnte, endlich etwas aus seinen Fähigkeiten und Talenten zu machen. Gemeinsam wären sie ein unschlagbares Team, wenn sein kleiner Bruder nicht am liebsten immer nur auf der faulen Haut liegen oder die Tauben des imperialen Hofes füttern würde. Aber darüber konnte er sich Gedanken machen, wenn sie wieder aus diesem verfluchten Dungeon draußen waren. Kouens Sorge galt momentan mehr seiner Halbschwester Hakuei. Die Damen, auf die sie bisher getroffen waren, hatten sich alle ziemlich interessiert gezeigt. Das war bei Judar nicht anders gewesen als bei Kouen selbst und er vermutete, dass sie auch Koumei nicht schlecht behandelten. Wie die Damen allerdings auf eine andere Frau reagieren würden, die von außen eindrang, wollte der Prinz lieber nicht so genau wissen. Natürlich gab es die Möglichkeit, geradeaus zu gehen und den Schatz der Schätze zu holen, den es in diesem Irrgarten gab. Je schneller, desto schneller würden die hier alle auch wieder raus kommen. Andererseits, wenn Hakuei irgendwo feststeckte, womöglich verletzt, dann würde er sich das niemals verzeihen, nachdem er sie extra darum gebeten hatte, mitzukommen. Und er würde Judar dazu verdonnern, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. "Wir gehen nach links", entschied der Prinz. Kapitel 3: ----------- "Und dann hat er die Wäscheleine genommen und ist mit ihr aus dem Fenster gesprungen in der Annahme, dass ihn der dürre Ast halten würde..." "Nein!" "Doch! Wir durften natürlich tagelang nichts sagen und mussten uns unser Gelächter verkneifen, wenn er mit einem Kissen in der Hose um die Ecke gekommen ist." Paimon und ihr Gast saßen immer noch beim Tee. Nachdem die Djinn davon erzählt hat, was Koumei gerade so trieb und Hakuei befand, dass es wohl Schlimmeres gibt, was einem in einem Dungeon wiederfahren konnte, waren die beiden Frauen dazu übergegangen, Astaroths Streiche aus dessen Vergangenheit zu erörtern. Irgendwie schien die Djinn über alles im Bilde zu sein, selbst darüber, mit welchen ihrer Kollegen Hakueis Brüder aufwarteten. Und aus irgendeinem Grund hatte es Astaroth getroffen, dessen Vergangenheit nun ausführlichst vor der imperialen Prinzessin ausgebreitet wurde. Hakuei wurde den Verdacht nicht los, dass zwischen Paimon und Astaroth irgendwas vorgefallen sein musste, aber sie traute sich nicht, danach zu fragen. Stattdessen aß sie einen Keks nach dem anderen, die irgendwie nie zur Neige zu gehen schienen und beschränkte sich darauf, hin und wieder ihren Unglauben kund zu tun. Die Djinn wollte gerade eine neuerliche Eskapade aus der Vergangenheit erzählen, als etwas ihre Aufmerksamkeit zu erregen schien. "Ist etwas passiert?", fragte die Prinzessin einige Augenblicke später. "Wie man es nimmt. Deine Herren der Schöpfung haben gerade zusammen gefunden", erzählte Paimon und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die zierliche Gestalt vor sich. "Ein Glück!" "Hm. Prinz Bodybuilder scheint nicht gerade erfreut zu sein..." "Prinz 'Bodybuilder'? Sollte ich mir Sorgen machen?" "Offensichtlich ist er nicht so begeistert davon, was sein kleiner Bruder tut... Oder eher nicht tut." "Streiten sie etwa?" "Nein, das nicht. Aber Kouen war eben auch nicht gerade zimperlich, wenn ich das mal so sagen darf..." "Was?", fragte Hakuei nun ehrlich entsetzt. "Ist Koumei etwa verletzt?" "Nur ein blaues Auge... Ich frage mich, ob die seelischen Schmerzen durch die wüsten Beschimpfungen von dem körperlichen Schmerz geblockt werden können..." "Ein blaues Auge ist schlimm genug!" "Er wird es wohl überleben. Aber mittlerweile wundert es mich nicht mehr, dass Astaroth sich für Prinz Kouen entschieden hat. Vom Charakter her sind sie sich ja schon recht ähnlich, die beiden..." Darauf hatte Hakuei keine Antwort. Sie kannte schließlich nur ihren Halbbruder, wie Astaroth früher gewesen war, wusste sie schließlich nicht. Sie hoffte nur, dass Kouen es Koumei nicht zu lange übel nahm. Der ältere der beiden war oft aufbrausend und schnell zu erzürnen, wenn etwas nicht nach seinen Wünschen verlief. Koumei dagegen war eine sanfte Seele, die eigentlich niemandem etwas zu Leide tat, solange sich derjenige nicht auf der anderen Seite schien er sich die Situation jedoch ziemlich bequem gemacht zu haben, sehr zum Ärger seines großen Bruders. "Kannst du sie nicht herholen, so wie du mich hergeholt hast?", fragte Hakuei kleinlaut. Die Djinn grinste. "So mit Rutsche und dann auf einem Berg aus Kissen landen? Das hat Spaß gemacht, nicht?", kicherte sie. "Dummerweise befinden sich die Herren der Schöpfung auf derselben Ebene wie wir und es ist unwahrscheinlich, dass sie noch mal eine Treppe hinauf steigen. Euer Magi weiß sehr genau, wo es lang geht." "Dann sind sie auf dem Weg hierher?" "Ja, in der Tat."   ***   "Das hätte wirklich nicht sein müssen..." Koumeis Stimme klang etwas belegt, gerade so, als ob er mit den Tränen kämpfen würde. Vermutlich saß ihm aber eher noch der Schreck im Bauch darüber, dass sein großer Bruder so unangemeldet in das Zimmer gestürmt war, einen Blick auf die Szenerie vor sich geworfen hatte und dann wüst das Schimpfen angefangen hatte. Mit Brachialgewalt hatte er die Fußfessel aus der Wand gerissen, an dessen anderem Ende er Koumei vermutet hatte, nur um dann festzustellen, dass sich sein Bruder scheinbar bereits selbst befreit hatte. Oder von den in dem Raum befindlichen Damen freigelassen worden war. Jetzt schlurften die imperialen Prinzen im Gänsemarsch den Gang entlang, den Kouen zuvor mit Judar gekommen war. Der Magi hielt sich schlauerweise aus der ganzen Angelegenheit heraus. Er hatte lediglich einen großen Brocken Eis hervorgezaubert, den sich Koumei nun an die Stirn hielt. Dessen linkes Auge war bereits gefährlich angeschwollen. "Wärst du nicht so faul, wäre es nicht dazu gekommen", konterte Kouen. "Ich dachte, wir sollen an Ort und Stelle bleiben, wenn wir voneinander getrennt werden... Das hast du zumindest Hakuei gesagt." "Das gilt für Hakuei! Bis wir sie finden, damit ihr nichts passiert... Von DIR war nie die Rede!" Kouen stapfte wutschnaubend weiter. Er konnte schon die Kreuzung sehen, deren rechte Abzweigung direkt zu der Treppe führte, die er vorhin mit dem Magi gekommen war. Wenn er sich nicht täuschte – und falls die Djinn nichts an den örtlichen Gegebenheiten verändert hatte, während sie seinen kleinen Bruder eingesammelt hatten – lag am Ende des linken Ganges die Schatzkammer. Immerhin wussten sie nun, dass Hakuei sich bereits dort aufhielt. Gesprächig waren die zahlreichen Damen allemal. "Judar, wie sieht es aus? Ist der Djinn noch in der Kammer?" "Ja", antwortete der Magi pflichtschuldig. "Der Djinn ist übrigens eine 'sie' und heißt Paimon..." "Ein weiblicher Djinn! Na da bin ich ja mal gespannt." Koumei entging nicht, wie sich der Magi am Hinterkopf kratzte. "Du sag mal, warum warst du eigentlich so besorgt, kurz bevor wir in das Dungeon gegangen sind?", fragte er Judar. Der Magi zuckte ertappt zusammen und blieb dann stehen. Die beiden imperialen Prinzen taten es ihm gleich. "Paimon ist... speziell..." "'Speziell'? Interessant!", konstatierte Kouen. "Kannst du etwas deutlicher werden?" Judar drehte sich zu den beiden um und musterte den älteren einmal von oben nach unten. Kouen lief immer noch mit Astaroths Djinn-Ausrüstung herum. Manchmal fragte der Magi sich schon, wie er das anstellte. Normale Menschen hatten bei weitem nicht so viel Magoi, als dass sie damit ewig hausieren könnten. Aber seit er in diesem Dungeon wieder auf den imperialen Prinzen getroffen war, hatte Kouen die Djinn-Ausrüstung nicht abgelegt. Gut, er hatte bisher auch noch nicht wirklich viel gekämpft, dazu gaben Paimons Abkömmlinge keine Veranlassung. Aber warum er nicht in seine übliche Palastgewandung zurückgekehrt war, war dem Magi ein Rätsel. "Paimon kann ziemlich oberflächlich sein... Wenn sie Lust dazu hat... Oder ihr langweilig ist..." Kouen sah nun ungläubig ebenfalls an sich herab. "Oder ihr der Gegenüber gefällt...", fügte Judar hinzu. Mit einem Summen hatte der ältere der beiden Brüder schnell die Djinn-Ausrüstung abgelegt, die so gut wie seinen kompletten Oberkörper freilegte. Koumei erstickte sein Kichern in einem Hustenanfall, woraufhin ihm sein Brüder erneut einen wütenden Blick zuwarf. "Ich sollte vielleicht dazu sagen, dass das nicht unbedingt etwas bringt", meinte der Magi. "Wie gesagt, sie ist speziell..." "Dann lasst es uns lieber schnell zu Ende bringen." Täuschte Koumei sich oder hatte es sein Bruder auf einmal eilig? Statt etwas zu sagen, zuckte er nur mit den Schultern und folgte Kouen dann in den linken Gang hinein.   ***   Hakuei bekam gerade die hundertste Tasse Tee eingeschenkt, zumindest kam es ihr so vor, als es an der Tür klopfte. "Ah, das werden deine Männer sein!", verkündete Paimon aufgeregt. Die Djinn hatte gerade eine Geschichte über Dantalion zum Besten gegeben, in die auch Astaroth involviert gewesen war, aber die imperiale Prinzessin hatte nur noch mit einem Ohr zugehört. Einerseits waren die vielen Geschichten aus der Vergangenheit ziemlich interessant, aber andererseits ermüdeten sie auch ziemlich, weshalb Hakuei es nun auch gar nicht richtig wahrnahm, dass Paimon einige ihrer Abkömmlinge schickte, die Tür zu öffnen. "Na wen haben wir denn da?", säuselte die Djinn, als Kouen in die Kammer geschlurft kam, gefolgt von Koumei und Judar. "Och, was für eine Enttäuschung!", meinte sie dann eingeschnappt. Die Herrin des Dungeon musterte die Neuankömmlinge einmal von oben bis unten. Auf Kouen, der seine übliche Palastrobe trug, blieb ihr Blick länger haften. Hakuei ihrerseits stellte schnell die Teetasse hin und beeilte sich dann, aufzustehen und ihren Halbbrüdern und dem Magi entgegen zu kommen. "Da seid ihr ja endlich..." Kouen trat auf sie zu und nahm sie in Augenschein. "Hakuei... Geht es dir gut? Bist du nicht verletzt?" "Nein... Lediglich mein Rücken tut etwas weh...", antwortete die Prinzessin. Ihr Halbbruder machte ein Gesicht, als ob er sich selbst dafür die Schuld geben würde. "Vom vielen Rumsitzen auf den Kissen!", fügte Hakuei schnell hinzu. "Wie ist es euch ergangen..." "Nun..." Kouen klang erleichtert, dass es seiner Schwester gut ging und warf dann einen Blick auf die anderen beiden. Judar stand wie üblich ziemlich gelangweilt daneben, wenn die imperialen Geschwister gemeinsam etwas ausheckten. Die Schwellung an Koumeis linker Augenbraue war mittlerweile wieder etwas zurück gegangen, aber ihm war anzusehen, dass er hier so schnell wie möglich weg wollte. "Rumsitzen?", fragte Kouen. Hakuei antwortete nicht, sondern warf nur einen Blick auf ihre Gastgeberin, die groß und blau über dem Geschehen schwebte und seit ihrer Begrüßung geschwiegen hatte. "Das ist also die Djinn...", murmelte der ältere der beiden Brüder. Paimon kam schweigend, aber mit einem verschmitzten Grinsen heran geschwebt und stupste ihn einmal gegen die Brust, woraufhin sich Astaroth's Djinn-Ausrüstung automatisch aktivierte. Kouen sah an sich herab und wurde rot im Gesicht, während der hellblaue Flammenring zuckte, als ginge es um sein Leben. "Och...", kommentierte sie enttäuscht. "Ich glaube, er lässt sich nicht erweichen...", presste Kouen hervor. Die anderen drei verfolgten schweigend das Schauspiel. Einerseits waren sie viel zu geschockt ob der Behandlung, die Paimon ihrem Anführer angedeihen ließ. Andererseits traute sich niemand, etwas zu sagen aus Angst, nachher von ihm zurechtgewiesen zu werden. "Also...", fuhr er fort. Paimon schwebte wieder huldvoll zurück. "Nur damit es klar ist, wegen mir hätten wir nicht warten müssen..." "Warten womit?", fragte nun Koumei. "Na, dass ich euch meine Kräfte leihe... ... Oder wohl eher ihr..." Die Brüder warfen einen Blick auf Hakuei, die nun beschämt zu Boden sah. Nur Judar schien das ganze nichts anzugehen. "Ich übertrage meine Kräfte nur auf Frauen...", erklärte Paimon weiter. "Hat er euch das nicht erzählt?" Der Magi verschränkte die Arme und sah trotzig zur Seite, nur um Kouens wütenden Blick nicht begegnen zu müssen. "Deswegen sollte Hakuei unbedingt mitkommen...", schloss Koumei. "Können wir dann?", fragte die Djinn. Ohne einen weiteren Kommentar ihrer Besucher abzuwarten, erstrahlte sie plötzlich in goldenem Licht, bevor es auf Hakueis Fächer zuströmte und von diesem aufgesogen wurde. Nach einem kurzen Augenblick bildete sich ein achtzackiger Stern mit Kreisumrandung auf dem Fächer, bevor die vier in ein tiefes schwarzes Loch fallen. Epilog: -------- Hakuei sah angestrengt auf ihren Gegenüber. Nachdem die Geschwister und ihr Magi heil aus dem Dungeon heraus gekommen waren, hatten Koumei und Judar sich erst einmal verabschiedet. Der imperiale Prinz, weil er ein Bad nehmen und sich danach frische Kleidung anziehen wollte. Zumindest hatte er das gesagt. Viel wahrscheinlicher war, dass er schnurstracks unter die Bettdecke gekrochen war und jetzt den Schlaf der Erlösten schlief. Der Magi hatte sich damit entschuldigt, irgendwelche wichtigen Dinge nachprüfen zu müssen, die er nicht näher erklären konnte, als Kouen ihn darauf angesprochen hatte. Also war Hakueis älterem Halbbruder nur seine Schwester geblieben, die er hätte anschreien können, was er aber partout nicht wollte. Nicht Hakuei, die Ärmste, die wegen Judar schon so viel hat mitmachen müssen. 'Obwohl...', dachte Kouen. "Konzentrier dich!", meinte er beschwichtigend, als sie es auch nach dem zehnten Versuch noch nicht geschafft hatte, die Djinn-Ausrüstung anzulegen. Einen Tag nach ihrem Ausflug war der imperiale Prinz mit seiner Halbschwester hinaus in den Hof gegangen, um ihr beim Üben und Trainieren zu helfen. "... Ich versteh wirklich nicht, warum sie ausgerechnet mir ihre Kraft leihen will, wenn sie mich nicht mal die Ausrüstung anlegen lassen lässt..." "... Versteh einer die Frauen...", murmelte Kouen in seinen Bart. "Was?" "Nichts... Immer mit der Ruhe. Wenn du es heute nicht schaffst, ist das nicht schlimm... Ich hab damals auch ein paar Tage gebraucht..." "Und Koumei über ein Jahr!", konterte Hakuei frustriert. "Ja, aber du bist doch besser als Koumei!" Kouen sah, wie sich seine Schwester erneut konzentrierte. Plötzlich explodierte eine Rauchwolke um sie herum und er zuckte zurück. Dass ein Dungeon-Eroberer die Djinn-Ausrüstung bereits am ersten Tag nach der Eroberung anlegen konnte, hatte er noch nicht erlebt und damit hatte er auch gar nicht gerechnet. Jetzt stand er viel zu nah an seiner Schwester dran und wurde von der Rauchwolke eingehüllt. Einige Minuten später klappte er die Kinnlade nach unten. "Kannst du nicht wo anders hinschauen?!", fragte Hakuei mit hochrotem Kopf. Kouen kam der Aufforderung erst dann nach, als er das aufreizende Äußere seiner Schwester ein zweites Mal in Augenschein genommen hatte. Lahm drehte er sich um und kehrte ihr den Rücken zu. 'Dass die Frauen mich immer auf die Schippe nehmen müssen...', dachte er.     ~ FIN ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)