In der Höhle der Löwin von Calafinwe (How Paimon should have been) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Hakuei stand auf einer Galerie und blickte in einen leeren Raum hinab. Marmornes weiß strahlte ihr entgegen, die Wände, der Boden sowie die Decke schienen von selbst zu strahlen. Rechts führte eine geschwungene Treppe hinab. Bisher traute sie sich aber noch nicht so recht, ihr zu folgen. Die kaiserliche Prinzessin hatte die Galerie bereits mehrmals abgesucht, doch nichts ließ auf eine Tür oder einen ähnlichen Ausgang schließen. Und das bereitete ihr ein mulmiges Gefühl, da sie sich zuerst auf der Galerie wiedergefunden hatte, nachdem sie das Gebäude betreten hatte. Allein. Von ihren Geschwistern oder dem Priester war weit und breit nichts zu sehen und auch unten hatten sie sich nicht befunden. Das war Hakueis erste Vermutung gewesen, weshalb sie sich weiter als nötig über das Geländer gebeugt hatte, um hinunter blicken zu können. Nun war die junge Frau mit den dunkelblauen Haaren gewiss nicht ängstlich, aber die Worte des Oberkommandeurs hallten noch in ihren Ohren nach. 'Solange wir nicht getrennt werden, passiert uns nichts...' Ren Kouen hatte bereits zwei Dungeons erfolgreich gelöst, er musste es schließlich wissen. Nur kurz hatte Hakuei gezögert, direkt bevor sie den Dungeon betreten hatte. Kouen hatte so entschlossen gewirkt, selbst dann noch, als er gemerkt hatte, dass der Priester wegen des Dungeons ziemlich beunruhigt war. Die Prinzessin versuchte sich daran zu erinnern, was Judar gesagt hatte, kurz bevor Kouen ihn durch den Eingang geschubst hatte. "War es 'nie sie beschwören!'?", überlegte sie. Was hatte er damit gemeint? Wer war 'sie'? Aber was noch viel wichtiger war, wo waren die Männer hingeraten? Hakuei seufzte, es half schließlich nichts, hier zu warten und zu hoffen, dass sie vielleicht doch noch kommen würden, um sie zu holen. Sie wartete bereits seit einer Stunde und langsam wurde es ihr leid. Die Prinzessin wandte sich der Treppe zu und ging vorsichtig hinüber. Kouen hatte ihr eingebläut, größte Vorsicht im Dungeon walten zu lassen. Überall konnten Fallen lauern. Eine unebene Bodenblatte, auf die man trat und die einen Mechanismus in Gang setzte, der Pfeile auf einen abschoss. Seltsam aussehende Steine, die sich in Monster verwandelten, wenn man sich ihnen näherte. Schlingpflanzen, die sich als Seile tarnten und die einen angriffen, wenn man sie in die Hand nahm. Oder auch ein gähnend tiefer Abgrund, wo zuvor noch eine Treppenstufe gewesen war. Als sie am oberen Ende ankam, griff sie nach dem Geländer, um sich notfalls retten zu können. Stürzte sie jetzt, konnte sie sich das Genick brechen. "Dann wollen wir mal..." Hakuei atmete einmal tief durch und setzte dann den Fuß auf die erste Stufe. Nichts tat sich. Sie verharrte noch einige Augenblicke und ließ dann den angehaltenen Atem entweichen. Sie drückte mehrmals mit dem Fuß gegen die Stufe, aber sie schien stabil zu sein und auch keine versteckte Falle zu besitzen. Sie atmete noch einmal tief durch und meisterte die zweite Treppenstufe ohne Probleme. Bei der dritten befand sie, dass es hier wohl keine Falle geben würde. Bei der vierten machte es 'klick'.   ***   "Da hinten ist er!", rief eine von ihnen mit verträumter Stimme. Zahlreiche Füße hasteten durch den Gang, vorneweg ein Paar ohne Schuhe, dahinter die meisten mit Schuhen. Der barfuß Laufende hechelte wie ein Hund nach einem Ausdauerlauf. Sport war er eindeutig nicht gewohnt. Natürlich, Judar hätte auch schweben können, aber er wollte sich sein Magoi sparen. Gut möglich, dass das hier noch ziemlich hässlich wurde. Also hässlicher, als es das jetzt schon war. Die Frauenhorde, die ihn gerade mit schmachtenden Rufen verfolgte, hätte er zwar mit einem Fingerschnippen beseitigen können, aber dafür gingen ihm die leicht bekleideten Damen noch nicht zu sehr auf den Zeiger. Und noch machten seine Beine mit. Allerdings fragte er sich schon, wie lange er wohl noch würde laufen müssen. Seitdem er das Dungeon betreten – nein, seitdem er in es hineingestoßen worden war – befand er sich in diesem Gang und von der Kou-Bande war weit und breit nichts zu sehen. Der Magi war in diesem Gang erwacht und viele der Frauen hatten sich über ihn gebeugt. Er schauderte, als er daran zurück dachte. Eine hatte sich bereits an seiner Pluderhose zu schaffen gemacht, während ein paar andere seinen Oberkörper betatscht hatten, während eine weitere nur gelangweilt das Gesicht verzogen und ihn als 'abgemagerten Lulatsch' bezeichnet hatte. Judar war erbost aufgesprungen und hatte fast seine Hose eingebüßt, da das eine Weib sie immer noch festhielt. Barsch hatte er ihre Hand von sich geschlagen, die Position seines Kleidungsstücks in Ordnung gebracht und dann mit einigen schnellen Blicken die Lage sondiert. Danach hatte ihm jemand an den Hintern gefasst. Mit einem empörten Quieken war Judar aus der Frauengruppe herausgesprungen und hatte sich in Bewegung gesetzt. Seitdem war er auf der Flucht und seine Hoffnung, früher oder später eine Abwechslung in Form einer Treppe oder einer Tür in diesem weiß erstrahlenden Gang zu passieren, schwand mit jedem Meter, den er zurück legte. "Nun, immerhin scheint es hier sonst keine Fallen zu geben...", hechelte er. Die Füße seiner Verfolger schienen auf diesen Kommentar hin etwas aufgeholt zu haben. "Nun renn doch nicht so schnell...!", sang jemand mit zuckersüßer Stimme hinter ihm. "Hah!" Judar rannte weiter und achtete schon gar nicht mehr richtig auf seine Umgebung. Völlig abgelenkt davon, immer außer Reichweite seiner Verfolgerinnen zu bleiben, hätte der Magi auch um Haaresbreite die Nische übersehen, die viele Meter weiter auf der rechten Seite eingelassen war. Abrupt bremste er ab, rutschte aber nichtsdestotrotz auf dem glatten Boden aus. Judar rappelte sich in die Höhe und stürmte zurück in der Hoffnung, endlich einen Fluchtweg gefunden zu haben. Zu spät erkannte er, dass es sich bei dem vermeintlichen Seitengang um eine Sackgasse handelte. Als sich der Magi zurückziehen wollte, stürmten seine Verfolgerinnen hinter ihm heran und schnitten ihm jeden Fluchtweg ab. "Haben wir dich endlich!", freute sich eine. 'Redet sie mit mir oder mit meiner Hose?', fragte Judar sich, als er ihrem Blick folgte. Eine zweite streckte bereits ihre Hände nach seinem Oberkörper aus. Der Magi stolperte nach hinten in das Zimmer voller Kissen.   ***   Kouen raste vor Zorn, im wahrsten Sinne des Wortes. Aus einem puren Selbsterhaltungstrieb heraus hatte er seine Astaroth Djinn-Ausrüstung angelegt, sobald er sich alleine in dem Dungeon wiedergefunden hatte. Ein hellblauer Flammenbogen rahmte ihn ein und flackerte aufgeregter als sonst. Auch der Djinn schien die besondere Situation wahrzunehmen. Kouen hatte sich in einem Zimmer voller Kissen befunden, was an sich erst einmal nichts Schlimmes dargestellt hatte. So weich war er noch nie in einem Dungeon gelandet. Was ihn zu dem Zeitpunkt mehr zur Weißglut getrieben hatte, war die Tatsache, dass er mit beiden Armen an die Wand gefesselt worden war! Und dass er sich nicht als einziger in dem Raum befunden hatte. Links und rechts des imperialen Prinzen hatten sich leicht bekleidete Frauenleiber in den Kissen geräkelt. Kouen tobte vor Wut. Als er angefangen hatte, an seinen Fesseln zu rütteln, waren zwei der Damen wach geworden und hatten sich gestreckt, als hätten sie eine besonders lange Nacht hinter sich gehabt. Die Blonde, die zu seiner linken lag, rollte sich auf den Rücken und blinzelte mehrmals. 'Wer bist denn du?' hatte sie dann gefragt. Der Prinz hatte nicht geantwortet, sondern nur weiter an seinen Fesseln gezerrt. Durch das Geklapper wurden allmählich auch die anderen wach und irgendwann hatte Kouen sich in einer Menge aus Frauen befunden, die ihn zuerst verwundert, danach recht interessiert angesehen hatten. Er hatte geseufzt und dann Astaroths Djinn-Ausrüstung angelegt. Prompt hatte der Prinz die Fesseln aus ihrer Verankerung gerissen und war aus den Kissen gesprungen. Der Blick der Damen hatte sich von interessiert zu lüstern gewandelt. 'Kommst du wieder?' wollte eine wissen, während sie ihn von oben bis unten musterte. Kouen hatte eher ausweichend auf die Frage geantwortet und sich dann daran gemacht, einen Ausgang aus dem Zimmer zu finden. Irritierend, dass sich keine der Damen daran zu stören schien. An der gegenüberliegenden Wand hatte er eine kleine Nische entdeckt, durch die er sich gerade so hat durchzwängen können. Der Gang, in dem er sich daraufhin wiedergefunden hatte, sah auch nicht besonders vielversprechend aus. Einer Intuition folgend hatte er sich nach rechts gewandt und war gefühlte Stunden lang nur in diese eine Richtung gelaufen. Weder von Koumei, noch von Judar war eine Spur zu finden. Und in welcher Lage sich seine Halbschwester Hakuei gerade befand, mochte sich Kouen gar nicht ausmalen. Die Ärmste war mit Sicherheit völlig verängstigt. Ein Gefühl sagte dem imperialen Prinzen aber, dass Hakuei in Sicherheit war. Und dieses Gefühl beunruhigte Kouen irgendwie. 'Dieser verfluchte Magi... Wenn ich ihn in die Finger kriege... ... Wenn man vom Teufel spricht' Kouen hatte gerade angefangen, Judar in Gedanken in der Luft zu zerreißen, als er dessen Schreie vernahm. Eigentlich klang es eher wie das verzweifelte Kreischen eines Schweins, das gerade festgestellt hatte, dass es sich auf der Schlachtbank befand. Kouen blieb stehen und wartete ab. So sehr er den Magi gerade eben auch verflucht hatte, das Kou Imperium würde niemals auf Judar verzichten können. Also woher waren die Schreie gekommen? Und schon wieder war da so ein Gefühl, dass Kouen ganz genau wusste, in welcher Situation der Magi sich gerade befand. Der Prinz blickte sich einmal um, aber er war nach wie vor allein. Erst, als er erneut Schreie und danach weibliche Stimmen vernahm, war er ziemlich sicher, dass Judar sich hinter einer der Seitenwände des Ganges befand. Und dass es ihm wohl gerade so erging, wie Kouen etwa eine halbe Stunde zuvor. 'Ob sie ihn auch ans Bett gefesselt haben?' Der imperiale Prinz zuckte mit den Schultern und beschloss, zu dem Raum zurückzukehren, aus dem er vorhin geflüchtet war. Eilig hatte er es nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)