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Kindheitsmomente

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
[style type="italic"]Charaktere: Narzissa Black (7), Lucius Malfoy (8)

Weitere Charaktere: Bellatrix Black (11), Andromeda Black (9)[/style] Komplett anzeigen

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Mutprobe

Narzissa Black hatte den Kopf ängstlich zwischen die Schultern gezogen, während sie mit weitaufgerissenen Augen auf das dunkle Holz starrte. Das kleine Herz schlug ihr bis zum Hals. Wenn sie mucksmäuschenstill war, glaubte sie, Geräusche hören zu können. Ein Scharren und Rascheln begleitet von bösem Gelächter.

„Ich will doch nicht“, bestimmte sie entschieden und machte Anstalten, ihr Kinderzimmer wieder zu verlassen.

„Das geht nicht, du hast gesagt, dass du es holst“, wandte eine Jungenstimme anklagend ein.

„Ich hab jetzt aber keine Lust mehr.“

Narzissa hatte schon einen Schritt über die Türschwelle gesetzt, als sie zwei Hände packten und unnachgiebig wieder in ihr Zimmer zerrten. Wütend funkelte sie den hellblonden Jungen an, der mit in die Luft gerecktem Kinn auf sie herabsah. Dann wanderte ihr Blick vorsichtig weiter zu dem großen Kleiderschrank. Er kam ihr riesig vor, wie er fast die halbe Wand einnahm und bis zur hohen Decke reichte. Narzissa wusste, dass er trotz der vielen Roben und Kleider im Inneren immer noch viel Platz für sie selbst bot. Das hatte sie herausfinden müssen, als Bella sie einmal dadrin eingesperrt hatte. So war ihr aber auch klar, dass im Inneren des Schrankes genug Platz war, um andere Dinge zu beherbergen…

„Ich kann Andromeda fragen, ob sie mir ihre Festrobe leiht“, versuchte Narzissa es erneut.

Lucius sah sie jedoch nur mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Wenn wir schon Hochzeit spielen, dann musst du auch was Feines anhaben.“

„Aber das muss ja nicht von mir sein“, entgegnete Narzissa.

„Doch“, erklärte Lucius, „weil deine Roben dir am besten passen. Du solltest nichts Zweitbestes nehmen.“

Narzissa sah ein, dass sie mit diesem Argument nicht aus ihrer verzwickten Situation kommen würde; also versuchte sie es anders. „Dann musst du aber vorgehen“, sagte sie und drückte sich hinter den Jungen, der fast einen Kopf größer als sie selbst war.

Verwundert dreht sich Lucius um. „Ein Ehrenmann geht nicht einfach an die Kleiderschränke von Damen“, sprach er, was sehr danach klang, als hätte er das auswendig gelernt.

In einem anderen Momenten hätte sich Narzissa sogar gefreut, dass Lucius sie eine Dame nannte (auch wenn es natürlich außer Frage stand, dass sie eine war), doch in diesem Moment wollte sie alles tun, um so weit weg wie möglich von diesem Kleiderschrank zu kommen.

„Aber ich möchte da nicht dran“, brach es schließlich aus ihr heraus und ihre Unterlippe begann gefährlich zu zittern. „B-Bella hat nämlich gesagt, dass da eine Sabberhexe drin ist.“

Kaum waren die Worte raus, begannen ihre hellblauen Augen unheilverkündend feucht zu schimmern. Hastig biss Narzissa sich auf die Zunge, doch der aufkommende Schmerz machte alles nur noch schlimmer. „U-und wenn ich nicht … artig bin, dann … dann w-wird die Sabberhexe mi-mi-mich fressen.“

Dieses Mal entschlüpfte ihr ein tiefes Schluchzen, während die ersten Tränen über ihre Wangen rollten. Lucius, der sie mit einem überheblichen Lächeln bedachte, machte alles sogar noch schlimmer, denn sie merkte, dass sich der Junge über sie lustig machte.

„Das ist doch nur ein Märchen“, meinte dieser da selbstbewusst. „Sowas darfst du Bella nicht glauben. Sie will dich nur ärgern.“

„Ich hab aber Geräusche gehört!“, beharrte Narzissa verärgert und stampfte mit geballten Fäusten auf.
 

Noch immer waren Lucius’ Gesichtszüge von mitleidiger Arroganz gezeichnet. Narzissa wusste, dass er sie für ein dummes, kleines Mädchen hielt und das ärgerte sie.

„Geh doch nachsehen“, sagte sie schließlich patzig und verschränkte in kindlicher Wut die Arme vor der Brust.

„Das werde ich auch“, erklärte Lucius blasiert. Würdevoll wandte er sich von Narzissa ab und bedachte den großen Schrank mit einem aufmerksamen Blick. Wenn er nun genauer darüber nachdachte, war ihm das Möbelstück bisher gar nicht so groß vorkommen. Es schien geradezu riesig und musste bestimmt die ganze Wand einnehmen. Vorsichtig wagte Lucius einen Schritt vor. Bei so einer Größe konnte sich tatsächlich alles Mögliche in dem Schrank verstecken. Lucius schluckte und machte einen weiteren Schritt. Es war nicht mehr viel. Hinter sich glaubte er, die angespannten Blicke von Narzissa in seinem Rücken zu spüren. Sie erinnerten ihn daran, dass er Contenance bewahren musste. Also nahm er Haltung an und setzte einen fest entschlossenen Schritt tiefer in das Zimmer hinein. Es trennte ihn nun nicht mehr viel von dem gewundenen, silbernen Türgriff.

Plötzlich hielt er inne. War da ein Rascheln gewesen? Hastig sah er sich zu Narzissa um, die ihn geradezu erwartungsvoll beobachtete. Noch immer war eine Spur von Angst in ihren hübschen Gesichtszügen zu erkennen und weckten ein mulmiges Gefühl in Lucius. Was wenn sie recht hatte? Er hatte von den Sabberhexen gehört. Es waren abscheuliche Kreaturen. Sie entführten kleine Kinder und verspeisten sie später mit Haut und Haar. Die bloße Vorstellung verursachte eine Gänsehaut.

„Deine Schwester hat ganz bestimmt gelogen“, verkündete er deshalb laut, wie um sich selbst von der Richtigkeit seiner Worte zu überzeugen. Er schenkte Narzissa ein Lächeln, dass nur halb so selbstsicher war, wie er es gerne gehabt hätte. „Du wirst schon sehen.“

Erwartungsvoll sah ihn das kleine Mädchen aus seinen blauen Augen an.

„Willst du nicht zu mir kommen?“, fragte er dann. „Es wird bestimmt nichts passieren.“

„Nein.“

„Aber das sind doch alles nur Lügenmärchen von Bella. Eine Sabberhexe kann da nicht drin sein.“

„Dann geh gucken“, erwiderte Narzissa.

„Feigling.“

„Selber Feigling!“

Verärgert funkelten sich die beiden Kinder an, bis Lucius mit einem schweren Schlucken den Blick abwandte. Nun galt es seine Ehre als Junge zu verteidigen. Zögernd streckte er die Hand nach dem silbernen Griff aus. Irgendwo glaubte er ein Rumpeln zu hören, während sich seine Finger langsam um das kühle Metall schlossen. Da waren wirklich Geräusche! Oder?
 

Lucius’ Puls beschleunigte sich. Unwillkürlich kniff er die Augen fest zusammen.

Jetzt oder nie!

Es knallte.

Mit einem Schrei sprangen die beiden blonden Kinder zurück und sahen sich entsetzt in dem Kinderzimmer um. Alles war wie vorher, vollkommen unberührt. Der Schrank stand nach wie vor an der gleichen Stelle, die Tür war unbewegt.

Schweratmend sahen sich Lucius und Narzissa an. Im Hintergrund hörten sie ein weiteres Knallen und Rumpeln und dann eine laute Stimme, die fürchterlich mit jemandem schimpfte.

Mit einem Anflug von Erleichterung grinsten sie sich an, bis ihnen bewusst wurde, dass es noch nicht vorbei war.

„Siehst du, da ist eigentlich nichts“, meinte Lucius schnell. „Du kannst jetzt unbesorgt an deinen Kleiderschrank.“

„Gar nicht, du hast noch nicht nachgesehen“, wandte Narzissa ein.

„Doch, doch das habe ich. Ich habe gemerkt, dass da nichts war, als ich den aufmachen wollte.“

„Du hast Angst.“

„Hab ich nicht!“

Aufgebracht lief Lucius los und hielt kurz vor dem großen dunklen Holz wieder inne.

„Ich habe keine Angst“, erklärte er, wobei er die Nase hoch in die Luft reckte.

Gespannt hielt Narzissa den Atem an, als sich der Junge zu der Schranktür drehte und vorsichtig daran zog. Zuerst klemmte sie. Sie sah, wie Lucius schon wieder zurücktreten wollte und fasste sich schließlich ein Herz. Langsam trat sie neben ihn, die kleinen Hände entschlossen zu Fäusten geballt, um sich gegen jedes Ungeheuer wehren zu können, das aus den Untiefen ihres Kleiderschranks hervorschießen würde.

„Und los!“, rief Lucius.

Mit einem heftigen Ruck zog er an der Schranktür. Diese öffnete sich mit einem lauten Knarren, dann stürzte auf einmal ein schwarzes Ungetüm auf ihn drauf. Dem armen Jungen blieb nichts anderes übrig, als schützend die Arme vor den Kopf zu reißen, als er auch schon mit einem lauten Schrei unter der gewaltigen Masse begraben wurde.
 

„Was ist denn hier los?“, fragte Andromeda, die den Tumult gehört hatte.

Neben ihr steckte ihr Ebenbild den Kopf zur Tür herein. Im Gegensatz zu ihrer Schwester fiel es Bellatrix jedoch schwer, bei dem Anblick, der sich ihr bot, die Ruhe zu bewahren. Unter schallendem Gelächter lief sie in Narzissas Kinderzimmer und ging fröhlich um den Kleiderhaufen, unter dem Lucius vergraben war.

„Oh wolltest du eins der hübschen Kleider meiner Schwestern tragen?“, feixte sie. Mit einem breiten Grinsen wandte sie sich an ihre jüngste Schwester, die sie mit hochrotem Kopf anfunkelte. „Was glaubst du? Sollen wir ihm bei der großen Auswahl nicht behilflich sein?“

Plötzlich begann sich der Kleiderhaufen zu bewegen und mit zerzaustem Haar stieg Lucius Malfoy daraus hervor. Wütend funkelte er Bellatrix an, während er verzweifelt versuchte, wieder etwas Würde zurückzugewinnen.

„Du blöde Ziege“, fauchte er. „Das ist deine Schuld.“

„Meine Schuld?“, fragte Bellatrix unschuldig. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Oh doch, du hast deiner kleinen Schwester von dieser Sabberhexe erzählt und dabei geplant, da-“

Doch Bellatrix fiel ihm lachend ins Wort. „Du hast Zissy doch nicht etwa geglaubt.“

Lucius’ puterrote Wangen waren ihr jedoch Antwort genug. Lachend lief sie um die beiden herum. „Du bist ja schön doof“, sagte sie. „Sabberhexen können doch gar nicht in unser Haus kommen, dafür ist Vater viel zu mächtig.“

„Aber du hast gesagt, dass sie sich in die Häuser von Kindern schleichen“, wandte Narzissa vorsichtig ein.

„Das machen sie auch“, erklärte Bellatrix. „Aber nur bei dummen Muggeln.“

Dann wandte sie sich fröhlich von den beiden ab und lief wieder zu Andromeda zurück.

„Nun denn, viel Spaß bei der Sabberhexen-Jagd“, frohlockte Bellatrix, hakte sich bei Andromeda ein und machte sich auf den Weg zurück in den Salon, um Dinge zu tun, die ältere Kinder nun mal so taten.

Narzissa indessen rief eine Hauselfe herbei und befahl ihr, Ordnung in das angerichtete Chaos zu schaffen. Danach schworen Lucius und sie sich, dass niemand von diesem Vorfall erfahren würde.
 

ENDE


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vorgegebenes Wort: Kleiderschrank Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Apricot
2015-09-15T12:20:59+00:00 15.09.2015 14:20
:'D Das hat mir sowas von den Tag gerettet! ♥ Der OS ist richtig, richtig niedlich - und das nicht nur, weil ich Kindheitsgeschichten von Lucius, Narzissa, Bellatrix, etc. sowieso schon liebe. Die ganze Vorstellung davon, wie ein hochroter Lucius aus dem Kleiderhaufen hoch schaut und Narzissa und er sich gegenseitig dazu pushen, doch endlich diesen Schrank aufzumachen... herrlich. Und wie unglaublich angeberisch Lucius ist |D Das stell ich mir bei ihm als kleines Kind richtig, richtig putzig vor. :D
Ah, mal ganz abgesehen davon, dass der Schreibstil natürlich super ist. Lässt sich wunderbar leicht lesen und man kommt auch schnell rein, das ist awesome! :3
Die perfekte Art seinen Tag ein bisschen zu versüßen. Danke dafür~ ♥
Antwort von:  SweeneyLestrange
15.09.2015 22:27
Hi,

aaaaaaw danke für das liebe Feedback! Das ist eigentlich alles, was ich mit diesen Geschichten bewirken möchte - also dass sie Lesern den Tag versüßen usw. Zu hören, dass das bei jemandem gelungen ist, ist wirklich wunderschön <33
Ja, ich glaube, Lucius war als keines Kind echt so ein kleiner, eingebildeter Angeber, aber bestimmt auch auf seine Weise sehr putzig :DD
Und nichts zu danken, ehrlich! Ich danke dir für diese total liebe Rückmeldung, damit hast du mir meinen Abend versüßt <3

LG, Sweeney


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