Von Abenteuern und dergleichen von Yosephia (Die Geschichte eines Hobbitmädchens) ================================================================================ Kapitel 12: Ein Elb und ein Zwerg --------------------------------- Es sind wahrlich seltsame Zeiten. Träume und Sagen tauchen aus dem Gras auf und werden lebendig. – Eómer Der Weg, den sie in Begleitung König Eómers, seiner Familie und einiger anderer Würdenträger aus Rohan nach Gondor einschlugen, war eben jener, welchen das Heer der Rohirrim vor über dreieinhalb Jahrzehnten genutzt hatte, um Minas Tirith beizustehen. Tausende von Pferden waren diesem steinigen Weg, der zuweilen nicht mehr als ein Gebirgspfad war, gefolgt, um auf den Pelennor-Feldern gegen die Heerscharen Saurons zu kämpfen. Dies war der letzte Weg König Théodens gewesen – sogar in mehrfacher Hinsicht, denn sein Leichnam war auch auf diesem Weg nach dem Krieg nach Edoras zurück gebracht worden. Goldfranse genoss den gemächlichen Ritt an der Seite der Rohirrim, die sie freundlich und neugierig in ihren Kreis aufgenommen hatten und nie müde wurden, ihr Fragen zu stellen und ihrerseits Fragen zu beantworten. Nur wenn ihr Blick auf Faramir fiel, trübte sich ihre Hochstimmung, ohne dass sie es sich selbst richtig erklären konnte. Dann hatte sie jedes Mal das Gefühl, als verkümmerte etwas in ihrem Inneren. Mittlerweile glaubte sie, begriffen zu haben, warum Faramir sie angebrüllt hatte: Er konnte es wohl nicht ertragen, von einem Mädchen gerettet worden zu sein. Anscheinend schätzte er sie schon seit dem Vorfall an der Wetterspitze gering. Nun, dann war dem wohl so. Goldfranse war enttäuscht und verletzt, aber sie wollte es sich nicht anmerken lassen. Von nichts und niemandem wollte sie sich um den Genuss dieser ganzen, großen Reise bringen lassen! Auf Wunsch der Hobbits hin schlug die Reisegesellschaft einen geringfügigen Umweg ein, um dann am Ufer des Anduin nach Süden gen Osgiliath zu ziehen. Von dort aus würden sie der gut befestigten Straße nach Minas Tirith folgen. Der Anduin war – ähnlich wie der Caradhras – ein Naturphänomen von unvergleichlicher Schönheit und Majestät. Die Vorstellung, wie viele Meilen dieser Fluss bis hierher zurück gelegt hatte, ließ Goldfranse erschaudern. Eine geradezu schmerzhafte Sehnsucht regte sich stärker denn je in ihrer Brust. Der freudige Ausruf Pippins riss sie aus ihrer Starre. Ihr Blick folgte dem Fingerzeig des Hobbits nach Norden, wo ein Trupp von sonderbarer Gestalt auf sie zu kam. Die Gestalt rührte von den unterschiedlichen Mitgliedern des Trupps her: Einerseits hochgewachsene, feingliedrige Elben mit dem Banner des Düsterwalds. Andererseits stämmige Zwerge mit dem Banner des Einsamen Bergs. Dazwischen Menschen mit dem Wappen von Thal. Die Elben und Zwerge liefen locker gemischt nebeneinander, jedoch mit einer gewissen Distanz, die wohl dem gegenseitigen Unverständnis zu zuschreiben war. Nur ganz vorn liefen ein blonder Elb und ein rothaariger Zwerg so einträchtig nebeneinander, als seien sie von derselben Art. Merry und Pippin sprangen von ihren Ponys und eilten dem ungleichen Paar entgegen. Während sie genau wie die Anderen absaß, beobachtete Goldfranse, wie ihre Onkel zwei weitere der Ringgefährten umarmten. Nur sehr vage konnte sie sich an Legolas und Gimli erinnern. Sie war noch ein Winzling gewesen, als die Beiden zusammen mit Aragorn in Beutelsend gewesen waren. Was ihr noch klar in Erinnerung geblieben war, waren der schwere Zwergenhelm auf ihrem viel zu kleinen Kopf und der Anblick der mächtigen Streitaxt, die eine nahezu unheimliche Anziehungskraft auf sie ausgeübt hatte… Die vier alten Freunde kamen zu König Eómers Reisegesellschaft. Legolas und Gimli begrüßten den alten Kampfgefährten respektvoll, doch in ihrem Gebaren lag etwas Familiäres, dass Goldfranse ganz warm zumute wurde. Schließlich wandten sich Leoglas und Gimli den drei jungen Hobbits zu. Goldfranse war gar nicht aufgefallen, dass Faramir und Eómer näher an sie heran getreten waren – und sie freute sich viel zu sehr darüber, die beiden alten Reisegefährten ihres Vaters zu treffen, als dass sie sich daran stören könnte. Mit vor Aufregung geröteten Wangen trat sie vor und begrüßte erst Legolas auf Elbisch, ehe sie sich mit einem Zwergengruß an Gimli wandte. Sie hatte keine Ahnung, ob sie die kurzen, kraftvollen Worte richtig ausgesprochen hatte. In den Büchlein, das sie zum Lernen der Zwergensprache und –schrift verwendet hatte, hatte es dazu keine Anmerkungen gegeben. Dennoch musste sie es halbwegs verständlich hervorgebracht haben, denn Gimli pfiff anerkennend, ehe er in Zwergenmanier den Oberkörper etwas nach vorn neigte und in seiner Muttersprache etwas brummte, was Goldfranse von ihren Studien her vage als Erwiderung ihres Grußes wieder erkannte. „Und da dachte ich, die Auenländer könnten mich nicht mehr überraschen“, wechselte Gimli in die gemeine Sprache und musterte Goldfranse mit vergnügt funkelnden Augen. „Ich würde gerne mehr können, aber leider hatte ich nur ein einziges kleines Buch zum Lernen“, erklärte Goldfranse verlegen. „Nun, wir sind noch ein paar Tage unterwegs und in Minas Tirith werden wir sicher auch Zeit füreinander finden“, erwiderte der Zwerg gutmütig. Goldfranse strahlte über das ganze Gesicht und konnte ihrer Freude in keiner ihr bekannten Sprache genug Ausdruck verleihen, also ließ sie sich hinreißen und umarmte den Zwerg, der sie um ein gutes Stück überragte. Dass Eómer und Faramir einander besorgt ansahen – und dass Legolas das auffiel und er sie daraufhin noch aufmerksamer musterte – bemerkte sie gar nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)